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Helios Media GmbH | ISSN 1610-5060 | Ausgabe 06/14 | Dezember 2014 | 7,20 Euro
Kritisch Seit 65 Jahren prägt die Bundespressekonferenz die Arbeit der Hauptstadtpresse Medien 74
Britisch Droht den Liberal Democrats dasselbe Schicksal wie der FDP? International 68
Beste Wahl
P o l i t i k awa r d 2 0 1 4 D i e N o m i n i e r t e n . D i e G e w i nn e r . D i e G a l a . A u s s e r d e m : E i n B l i c k a u f d i e Wa h l k a m p f t r e n d s
I N 6 M O N AT E N Z U M P U B L I C A F FA I R S M A N A G E R
E X E C U T I V E E D U C A T I O N
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Pflichtlektüre
Appetithappen
S
elfies, Secco, Standing Ovations: Auf einer feierlichen Gala hat politik&kommunikation am 24. November die Preisträger des Politikawards 2014 ausgezeichnet. In puncto Themen und Ressourcen könnten die Gewinner kaum unterschiedlicher sein. Dennoch verbindet sie zweierlei: eine klare Botschaft und ein feines Gespür für die jeweilige Zielgruppe. So gelang es beispielsweise den Sozialdemokraten in Düsseldorf im Vorfeld der Oberbürgermeisterwahl, mit einer auf ihren Kandidaten zugeschnittenen Kampagne Wechselstimmung zu erzeugen. Die Initiative „Save Fulbright“ wiederum zeigt, wie selbst mit kleinem Budget von Wien aus Washingtoner Politik beeinflusst werden kann. Wer anfängliche Erfolgsaussichten und Ergebnisse der genannten Beispiele vergleicht, kommt zwangsläufig zu dem Schluss: „Campaigns do matter!“ Welche Strategie sie verfolgten und wie sie diese konkret umsetzten, haben die Verantwortlichen der Shortlist- und Gewinner-Kampagnen für p&k zusammengefasst (ab Seite 24). Können wir das Kapitel „Kampagnenjahr 2014“ also mit den Worten abschließen: Ende gut, alles gut? Nein. Parteien und Kampagnenmacher lassen sich gern von Wahlkampftrends aus den USA inspirieren. Manch kluger Schachzug, den sich Strategen dort abgucken können, ist aus demokratischen Gesichtspunkten allerdings fragwürdig. Wodurch zeichnen sich die jüngsten Kampagnen aus? Und welche transatlantischen Trends dürften sich hierzulande durchsetzen? Diesen Fragen geht Andrea Römmele, Professorin an der Hertie School in Berlin, nach. Für p&k lässt sie das Kampagnenjahr Revue passieren und schlägt im Hinblick auf taktische Demobilisierung von Wählern kritische Töne an (ab Seite 56). Um maximale Mobilisierung geht es dagegen Peter Tauber. Seit acht Monaten ist der CDU-Generalsekretär im Amt. Beim Postenpoker nach der Bundestagswahl hatte den Hessen kaum jemand auf der Liste. Umso beachtlicher fällt die Zwischenbilanz aus: Tauber ist anders als die anderen Generäle. Er gibt weder den Wadenbeißer noch den Großstrategen. Er wirkt in seine Partei hinein, versucht, sie einer Frischzellenkur zu unterziehen. Hat die Kanzlerin 2013 mit Tauber ein Ass aus dem Ärmel gezogen? Wer ist der Mann, der Parteiveranstaltungen nicht mit Mikrofon sondern Headset moderiert? Robin Alexander porträtiert Merkels Modernisierer, den p&k als „Aufsteiger des Jahres“ ehrt (ab Seite 48). Nicht nur Parteifunktionäre treibt das Thema Partizipation um. Spätestens seit den Massenprotesten gegen Stuttgart 21 ist die Debatte um frühe Öffentlichkeitsbeteiligung in vollem Gange.
Was denken Politiker auf Kommunal-, Regional- und Landesebene über dieses Thema? Wie viel Mitsprache wollen sie Bürgern zugestehen? Diesen Fragen widmet sich eine Studie, die die Macromedia Hochschule München mit p&k und dem Thinktank DialogGesellschaft durchgeführt hat. Die Ergebnisse lassen aufhorchen: Großprojekte ohne Öffentlichkeitsbeteiligung hält auf dem politischen Parkett kaum jemand für möglich. Ob der laute Ruf nach mehr Partizipation allerdings ernsthaft Gehör findet, darf angesichts einiger Antworten von Studienteilnehmern bezweifelt werden. In diesem Sinne: „Campaigns do matter!“
Herzlichst, die Redaktion
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pol it ik & kommunikation | Dezember 2014 CC_TK_BildText_DirekterDraht_Dd1_PolitikKommNr4_85x125_PF.indd 1
05.08.14 14:06
Inhalt
6/14
In dieser Ausgabe politik&kommunikation 6/14 – Dezember 2014
74 Entschlossen: Gregor Mayntz, Vorsitzender der Bundespressekonferenz, erklärt im Interview, warum der Verein auch in Zeiten von Twitter relevant bleibt
„Sie sind angesehen, weil sie glaubwürdig geblieben sind, authentisch, jeder auf seine Weise.“
44 Verdient: Hans-Jochen und Bernhard Vogel (Foto) erhalten den Politikaward für ihr Lebenswerk
3 Pflichtlektüre 6 Berliner Blasen: Zahlen und Zitate 7 Unser Liebling: Mitch McConnell 8 Ausgekuppelt: der etwas andere p&k- Nachrichtenrückblick 9 Politikfoto und Expertentipp 10 Parteizentrale versus Partyzelt Glosse von Viktoria Bittmann 12 Der Bösewicht von der SPD Beim Wrestling ist Matthias Ilgen eine gute Show wichtiger als Sympathien – Sechster und letzter Teil der Fotoserie über Hobbys von MdBs von Laurin Schmid & Martin Koch Politik 14 16
4
Gehören die Kinderrechte ins Grundgesetz? Pro und Kontra von Sönke Rix & Marcus Weinberg Smarte Partizipation?! Hat die Politik aus den Protesten gegen Stuttgart 21 gelernt? Eine Studie über frühe Öffentlichkeitsbeteiligung von Lars Rademacher & Klaus Lintemeier
22
Mut zum Kontrollverlust Fast alle Bundesministerien sind auf Twitter aktiv. Doch es besteht Verbesserungspotenzial. von Martin Fuchs
Politikaward 2014 24 44
Beste Wahl Die Nominierten und Gewinner aus den Kategorien Kampagnen von politischen, gesellschaftlichen und öffentlichen Institutionen, Corporate Social Responsibility und Innovation des Jahres präsentieren sich Zwei Vögel Das Brüderpaar der deutschen Politik: Die Preisträger in der Kategorie Lebenswerk, Hans-Jochen und Bernhard Vogel, im Doppelporträt von Alfons Pieper
48 52
Merkels Fitmacher Peter Tauber hat das Amt des CDU- Generalsekretärs neu erfunden von Robin Alexander Kuschelkurs mit Volker und Tarek Die schwarz-grüne Landesregierung in Hessen wurde anfangs kritisch beäugt. Dass sie so rund läuft, liegt vor allem an Volker Bouffier und Tarek Al-Wazir von Gerhard Kneier
Kampagne 56 58
Die neue Entinhaltung Welche Wahlkampftrends zeichnen sich ab und wie sind diese zu bewerten? von Andrea Römmele Das kontrollierte Datenmeer Jan Schiele und Felix Matschinske von der Medienagentur Lucid entwickeln Apps für Kunden aus Politik und Verbandswesen von Anne Hünninghaus
pol it i k & kommunikation | Dezember 2014
Cover: www.thinkstock.com; Fotos: Julia Nimke; Laurin Schmid
Kompakt
„Knallharter VollkontaktKampfsport mit choreografischen Anteilen“
48 Aufgestiegen: CDU-Generalsekretär Peter Tauber
52
12 Unerschrocken: Matthias Ilgen steigt als Wrestler in den Ring
Vertraut: Die Koalitionäre Tarek Al-Wazir (l.) und Volker Bouffier
62
Als die Schweden das „Volksheim“ erfanden Mit einer groß angelegten Kampagne warben die Sozialdemokraten in Schweden für den Wohlfahrtsstaat von Marco Althaus
Public Affairs Wer steuert wen? Interessenvertreter beeinflussen die Politik – und das ist auch gut so von Daniel März & Johannes Pütz Team Berlin Welche Hauptstadtrepräsentanzen sind 2014 in Berlin neu hinzugekommen? p&k hat den Überblick von Viktoria Bittmann und Martin Koch
68
Abstieg auf Raten 2015 wählen die Briten ein neues Unterhaus. Droht den Liberal Democrats dann ein ähnliches Schicksal wie der FDP? von Aljoscha Kertesz
Medien 70 72 74
Bücher Im Sumpf der Eitelkeiten Rezension von Mark Leibovichs Buch „Politzirkus Washington“ von Jeanne Wellnitz „Gelebte Pressefreiheit“ Die Bundespressekonferenz prägt seit 65 Jahren die politische Berichterstattung. Ein Interview mit dem Vorsitzenden Gregor Mayntz von Martin Koch
Szene 76 Gala Die wichtigsten Events 80 Karrierekurve Bodo Ramelow 82 Mein Lieblings... p&k fragt Bundestagsabgeordnete nach dem, was ihnen lieb und teuer ist 83 Porträt in Zahlen Michael Müller 84 Personen und Karriere Cordes leitet Corporate Affairs bei Reemtsma, Knollmann lobbyiert für den vfa 88 Ossis Welt Das Politikbilderbuch 90 Letzte Seite / Impressum
Fotos: Julia Nimke; Laurin Schmid
64 66
International
pol it ik & kommunikation | Dezember 2014
5
Kompakt
„Schauen Sie mal: wie ein Hausschlüssel!“, entfährt es Mahmut Özdemir (SPD), als er den Zündschlüssel des alten Porsche 912 entdeckt.
6
pol it i k & kommunikation | Dezember 2014
Kompakt
Der Bösewicht von der SPD Und sonst so? Dass Bundestagsneuling MAtthias Ilgen landesweit bekannt ist, verdankt er seiner Leidenschaft: In der Freizeit steigt er als Wrestler in den Ring. Sechster und letzter Teil der p&k-Serie über Hobbys von Abgeordneten.
W
restling – in Deutschland auch Catchen genannt – ist in erster Linie Schaukampf. Matthias Ilgen beschreibt es als „knallharten Vollkontakt-Kampfsport mit choreografischen Anteilen“. Die Griffe, Tritte und Sprünge sind echt. Doch ganz anders als beim politischen Schlagabtausch geht es nicht unbedingt darum, dem Gegner zu schaden sondernd darum, eine gute Show für das Publikum abzuliefern. Seit 2013 sitzt der Husumer Ilgen für die SPD im Bundestag. Sein Hobby hat ihn landesweit bekannt gemacht. Beim Wrestling verkörpert er den Bösewicht, im Fachjargon „Heel“ genannt. Seine Aufgabe ist es, die Antipathie des Publikums auf sich zu ziehen, damit der Held, das „Babyface“, glänzen kann. Nach seiner Wahl in den Bundestag riet ein Freund Ilgen dazu, sein ungewöhnliches Hobby nicht zu verpol it ik & kommunikation | Dezember 2014
stecken, sondern lieber offensiv damit umzugehen. Mit der Schlagzeile „Hulk Ilgen“ erschien ein kurzes Porträt im „Spiegel“. Das war „ein super Aufschlag für den Beginn einer glanzvollen Medienkarriere,“ erklärt Ilgen mit nordisch trockenem Humor. Zusammen mit seinem Mitarbeiter Soeren van Heck zeigt uns Ilgen an diesem Tag im Paul-Löbe-Haus einige Ringergriffe. Der 31-jährige Abgeordnete hat sichtlich Spaß bei der Sache. Sein Mitarbeiter erträgt es mit Geduld. „Mir geht es perfekt“, versichert er, nachdem er sich aus der Umklammerung seines Chefs befreit.
Was halten eigentlich die Parteigenossen von seinem Hobby? „Die Fraktion findet es klasse“, sagt Ilgen. Der Beweis folgt auf dem Fuße, als Uwe Beckmeyer gut gelaunt eine Seitentreppe herunterkommt. „Darf ich Euch helfen?“ ruft der Staatssekretär Ilgen zu. Ilgen, der seinen Mitarbeiter gerade noch im Würgegriff hielt, nutzt die Begegnung, um mit Beckmeyer die Details eines gemeinsamen Betriebsbesuches abzuklären. Auch Gesundheitspolitiker Edgar Franke lässt es sich wenig später nicht nehmen, mit Ilgen im Schwitzkasten für die Kamera zu posieren. Ilgens Wrestling-Karriere ruht seit seinem Einzug in den Bundestag. Die Politik hat jetzt Vorrang. Aber auch in manchem Politiker steckt ein Stück Wrestler, findet Ilgen. Das falle ihm beispielsweise bei den Generalsekretären der Union auf. Die seien so etwas wie die „Heels“ der Politik. © Matthias Ilgen
Foto s : L au ri n Sch mi d T e x t: M arti n ko c h
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Politik
Smarte Partizipation?! Was deutsche Politiker über frühe Öffentlichkeitsbeteiligung bei Bau- und Infrastrukturprojekten denken und warum es immer noch kein Erfolgsmodell für Beteiligung und Dialog gibt. V on L ars R adem ach er u n d K l aus Li nt e m e i e r
M
ehr als 80 Prozent der Deutschen wünschen sich mehr Mitsprachemöglichkeiten in politischen Entscheidungsprozessen. Zivilgesellschaftliche Initiativen auf lokaler Ebene, Bürgerbewegungen und der steigende Einfluss von Nichtregierungsorganisationen (NGO) sind nur einige Beispiele für den immer deutlicher wahrnehmbaren Wunsch, gesellschaftliche Entwicklungen aktiv mitzugestalten. Mittlerweile sind in Publikationen der Bertelsmann Stiftung mehr als hundert Bürgerbeteiligungsformate verzeichnet. Den Kern vieler Verfahren bilden dialogorientierte und indirekt angelegte Beteiligungsformen, die einer „Wiederentdeckung von Formen der öffentlichen Debatte über Angelegenheiten des Gemeinwesens“ gleichkommen und im Wesentlichen dazu dienen, Entscheidungen vorzubereiten. Dem stehen Verfahren gegenüber, die direktdemokratische Entscheidungen über Sachfragen ermöglichen sollen und dafür konkrete, meist elektronische Abstimmungsverfahren brauchen. Während bei der dialogorientierten Variante Öffentlichkeit und Bürger lediglich gehört und in den Entscheidungsprozess
ren in Politik und Verwaltung, wie Andrea Römmele und Henrik Schober betonen. In diesem Kontext spielte frühe Öffentlichkeitsbeteiligung in den vergangenen Jahren eine zunehmend wichtige Rolle. 2012 hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ein Handbuch für gute Bürgerbeteiligung veröffentlicht. Dieses wurde parallel zum 2013 in Kraft getretenen „Gesetz zur Verbesserung der Öffentlichkeitsbeteiligung und Vereinfachung von Planfeststellungsverfahren“ (PlVereinhG) entwickelt, in dem die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung Niederschlag gefunden hat. Der Verein Deutscher Ingenieure (VDI) hat darauf mit dem Entwurf der Richtlinie VDI 7000 zur „Frühen Öffentlichkeitsbeteiligung bei Industrie- und Infrastrukturprojekten“ reagiert, die 2014 intensiv diskutiert wurde. Die Richtlinie hat bislang noch den Status eines Entwurfs (Gründruck) und wird voraussichtlich 2015 verabschiedet. Die VDI 7000 geht über die gesetzlichen Vorgaben und Erwartungen hinaus, „da sie Öffentlichkeitsbeteiligung als integrierten Teil des Projektmanagements von Infrastruktur- und Industrieprojekten begreift“, wie Joachim Schwab
Mehr als die Hälfte der Befragten glaubt, dass Großprojekte ohne Beteiligung der Öffentlichkeit kaum möglich sind. einbezogen werden, entscheiden sie bei direktdemokratischen Formen mit. Gerade bei großen Infrastrukturprojekten gehen die Erwartungen besonders deutlich auseinander respektive treffen direktdemokratische Beteiligungswünsche der Öffentlichkeit auf etablierte Verfah8
betont. In Baden-Württemberg seien Landesbehörden verpflichtet, dritte Vorhabenträger auf die Richtlinie hinzuweisen. Allerdings komme ihr keine rechtliche Verbindlichkeit zu; auch gebe sie nicht den „Stand der Beteiligungstechnik“ wieder, urteilt Schwab und empfiehlt den Behör-
den Zurückhaltung: „Methodenberatung gehört weder zum behördlichen Auftrag, noch besitzen Behörden die dafür notwendige Kompetenz oder verfügen über die entsprechenden Ressourcen.“ Damit liegt der Ball bei der Politik, die sich überlegen muss, wie viel Bürgerbeteiligung sie will – einerseits um die bestehende Lethargie und Legitimationskrise zu überwinden, andererseits um den Beteiligungswünschen nachzukommen. Doch will sie das überhaupt? Wie weit möchten sich politische Entscheider dem Bürger öffnen, wie viel Öffentlichkeitsbeteiligung wollen sie zulassen? Und wer will den meisten Austausch mit dem Bürger: Landes- oder Kommunalpolitiker? Das wollten wir von denen wissen, die unmittelbar von Bau- und Infrastrukturmaßnahmen betroffen sind – als Landtags- oder Kreistagsabgeordnete, als Ministerialbeamte, Landräte, Stadtverordnete oder Kommunalpolitiker. Im Rahmen eines Befragungsprojekts, das die Macromedia Hochschule München gemeinsam mit dem Thinktank DialogGesellschaft pol it i k & kommunikation | Dezember 2014
Foto: www.thinkstock.com
Massenproteste gegen „Stuttgart 21“: Hat die Politik die richtigen Lehren gezogen?
und „politik&kommunikation“ durchgeführt hat, wurden über 2.000 deutsche Politiker aller Entscheidungsebenen befragt. Von den 272 Teilnehmern arbeiten 58 Prozent auf Landesebene (Mitglied des Landtages oder Ministerium), elf Prozent sind auf regionaler Ebene (Landräte, Kreistage) tätig und 24 Prozent in Kommunen (Stadtoder Gemeinderäte und Bürgermeister). In einem ersten Schritt ging es um die Frage, ob die mit Bau- und Infrastrukturprojekten befassten Politiker die Notwendigkeit einer erweiterten und vorgezogenen Öffentlichkeitsbeteiligung grundsätzlich bestätigen. Mehr als die Hälfte aller Befragten (53 Prozent) glaubt, dass große Projekte ohne frühe Öffentlichkeitsbeteiligung kaum mehr möglich sind. Allerdings ist der Glaube an die Leistungsfähigkeit von Beteiligungsverfahren begrenzt, denn laut 60 Prozent der Befragten garantiert frühe Öffentlichkeitsbeteiligung keinen reibungslosen Ablauf. Dabei lassen sich neuralgische Punkte identifizieren: So heben einzelne Teilnehmer hervor, dass die Ergebnisse von pol it ik & kommunikation | Dezember 2014
Beteiligungsverfahren in das Projektmanagement überführt respektive verbindlich werden müssen. Im Planungsprozess kann die frühe Öffentlichkeitsbeteiligung vor allem die Funktion erfüllen, Bürgern und Interessengruppen zu signalisieren, dass sie ernst genommen werden (63 Prozent) und dass Partizipation und Dialog gewünscht sind (53 Prozent). Analytisch betrachtet liefern Beteiligungsverfahren Hinweise darauf, welche Aspekte besonders kritisch betrachtet werden und daher Teil der Risikobewertung im Blick auf Verfahrenshemmnisse oder Rechtsstreitigkeiten werden sollten. Eine der größten Überraschungen unter den Ergebnissen ist die Vielzahl an Kommentaren, die vor überzogenen Erwartungen an Beteiligungsprozesse warnen. Dies ist umso erstaunlicher, als wir hierzu keine direkte Frage gestellt hatten. Aus Sicht der Politiker ersetzen die Beteiligungsverfahren aufgrund fehlender Legitimation nicht den Planungsprozess und entlasten auch das Genehmigungsverfah-
ren nur in geringem Umfang. Zum anderen könne der Eindruck entstehen, die Öffentlichkeit dürfe wirklich mitentscheiden: „Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung simuliert nur eine scheinbare Mitbestimmung. Diese muss durch neue Elemente erweitert werden, die eine verbindliche, basisdemokratische Partizipation ermöglichen“, schreibt ein Teilnehmer. Immer wieder kommt die Forderung auf, es solle am Anfang festgelegt werden, ob ein Verfahren informativen oder tatsächlich partizipativen Charakter habe. Einige Befragte sehen zudem die Gefahr einer Verzerrung der Ergebnisse, da sich die Mehrheit der Bevölkerung nicht beteilige und sich somit Partikularinteressen durchsetzen könnten: „Die Überbewertung öffentlich vorgetragener Einzelinteressen kann dazu führen, dass die schweigende Mehrheit faktisch entmachtet wird und die Mandatsträger einer nur scheinbaren Mehrheit folgen.“ Politiker sehen vor allem in der ersten Projektphase, in der am meisten Einfluss genommen werden kann, den größten Bedarf an öffentlicher Beteiligung (41 Prozent). Bisher wird im Rahmen von Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren vor allem über bestehende Pläne diskutiert. Stattdessen wünschen sich viele Befragte eine längere Diskussion über die grundlegenden Fragen, ob und was gebaut werden soll. Für Großprojekte brauche es einen breiten gesellschaftlichen Konsens. Nach der ersten Planungsphase sehen allerdings nur wenige Befragte einen Sinn in der Fortsetzung der Beteiligungsverfahren. Lediglich bis zum Abschluss eines Genehmigungsverfahrens solle die Öffentlichkeit einbezogen werden, schlagen knapp 15 Prozent der Befragten vor. Auch kurz vor Beginn von Baumaßnahmen steht Öffentlichkeitsbeteiligung nicht hoch im Kurs. Stakeholder Management wird offenbar noch nicht als zentraler Managementprozess, sondern lediglich als punktuelle und zeitlich begrenzte Risikominimierung verstanden. Eine zweite Gruppe beurteilt die Lage anders: Immerhin 36 Prozent der Befragten halten öffentliche Beteiligungsverfahren in allen Projektphasen für geboten – von grundlegenden Fragen über Entwurfsdiskussion und Planfeststellung bis zur Durchführung. Deutsche Politiker auf Landes-, Regional- und Kommunalebene sehen vor allem sich selbst (77 Prozent) und die jeweiligen Vorhabenträger (70 Prozent) in der Ver9
Politik
Abb. 1: Welche Funktion erfüllt frühe Öffentlichkeitsbeteiligung? (n=272, Mehrfachnennungen möglich, Angaben in Prozent) antwortung für frühe und aktive Öffentlichkeitsbeteiligung. In Mecklenburg-Vorpommern sind Projektträger bereits auf mehr Bürgerbeteiligung verpflichtet; andere Bundesländer dürften nachziehen. Doch auch Behörden, Bürger oder zivilgesellschaftliche Gruppen sehen die Befragten je nach Fall mit in der Pflicht. Einzelne Berufsgruppen – vertreten durch entsprechende Verbände – sind bislang nicht im Fokus. Infrastrukturprojekte werden als lokales Ereignis zwischen Kommune, Vorhabenträger und Genehmigungsbehörden interpretiert. Einige glauben sogar, dass mehr Bürgerbeteiligung nur lokal Sinn ergibt, aber nicht bei überregionalen oder übergeordneten Projekten, bei denen die Verantwortlichkeiten schwerer zu identifizieren sind. Fragt man allerdings danach, ob sich die Branchenverbände stärker als bisher engagieren sollten, fällt das Bild differenzierter aus: Knapp 35 Prozent der Befragten glauben, mithilfe von Verbänden könnten Beteiligungsverfahren höhere Bekanntheit erlangen; 30 Prozent glauben das nicht. Engagement erwartet wird als Spitzenverband vor allem vom Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) (23,8 Prozent) sowie vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), dem Verband beratender Ingenieure (VBI) und dem Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen (GdW). Es dominiert das didaktische Ziel, Planern und Verantwortlichen die Bedeutung von Öffentlichkeitsbeteiligung näherzubringen. Neben den Industrieverbänden sehen Politiker auch Umwelt- und Sozialverbände, Architektenkammern, Städte- und Gemeindetage sowie die Industrie- und Handelskammern in der Verantwortung. Während die Befragten eine Vielzahl relevanter Stakeholder ausmachen, dominieren als wichtigste Instrumente der Beteiligung noch immer die klassische Bürgerinformationsveranstaltung (87 Prozent) und die Entwurfspräsentation (51 Prozent). Weitere Instrumente wie Ständige Planungskonferenzen (32 Prozent) oder Workshops zwischen Vorhabenträgern und Betroffenen (41 Prozent) treten in den Hintergrund.
Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung schafft Vertrauen und zeigt dem Bürger und Anspruchsgruppen, dass sie ernst genommen werden.
63,24
Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung ermöglicht aktive Partizipation durch Dialog und Gesprächsbereitschaft.
53,31
Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung dient vor allem als Frühwarnsystem und zur Risikominimierung (z. B. durch Verhinderung späterer Rechtsstreitigkeiten).
41,91
Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung führt zu einer Verbesserung der Planungsprozesse und Planungsergebnisse.
35,66
Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung entlastet die Genehmigungsverfahren.
16,18
Frühe Öffentlichkeitsbeteiligung ist ein Steuerungsinstrument in der öffentlichen Diskussion.
34,56
Abb. 2: Wer soll für eine frühe Öffentlichkeitsbeteiligung sorgen? (n=232, Mehrfachnennungen möglich, Angaben in Prozent) Der jeweilige Vorhabenträger
70,26
Die Kommune bzw. die politisch verantwortlichen Instanzen
77,16 6,03
Verbände und Vereinigungen (z. B. VDI, VCI, VDMA) Die genehmigende Behörde
23,71
Die beteiligten Bürger
13,36
Zivilgesellschaftliche Institutionen (z. B. Bürgerinitiativen, Kirchen, NGOs)
10,34
Sonstige und zwar: ...
Viele Ansätze werden als zu aufwendig empfunden und daher komplexen oder krisenhaften Situationen vorbehalten. Auch der E-Democracy wird keine besondere Bedeutung beigemessen: 37 Prozent der Befragten betrachten digitale Verfahren zur Meinungs- und Willensbildung skeptisch; 20 Prozent glauben, dass diese Instrumente nur einen kleinen Teil der Bevölkerung ansprechen. Ein Blick auf die Vielfalt der Stakeholder verrät jedoch, dass mit den gewählten Hauptmedien viele Gruppen unzureichend bedient werden.
Info-Veranstaltungen für Bürger gelten auch im digitalen Zeitalter als das wichtigste Instrument der Beteiligung. 10
4,04
Nichts davon, sondern: ...
2,59
Das trifft sowohl auf die breite Streuung politischer Entscheider als auch auf die unterschiedlichen Kreise von Betroffenen zu. Zusammen mit der Geringschätzung von Verfahren wie der Szenarioplanung und den geringen Werten, die Dialogelemente und Entscheidungsplattformen erreichen, offenbart sich ein antiquiertes Verständnis von Stakeholdern. Doch letztere sind meist konkrete Gruppen, haben Namen, Interessen, Ziele und sind mit anderen Gruppen vernetzt (McVea & Freeman 2005). Für die Politik bedeutet das, sich künftig viel stärker auf einzelne Stakeholder und deren Interessen einzulassen und für ein Projekt spezifische und individuelle Stakeholder-Landkarten zu entwickeln, um Erwartungen zu kennen. pol it i k & kommunikation | Dezember 2014
Konvent für Deutschland
Roman-Herzog-Medienpreis / Auslobung 2014/2015 Europa am Scheideweg Vereinigte Staaten von Europa oder Konföderation souveräner Staaten? Die Europäische Union steht am Scheideweg. Bei der letzten Europawahl manifestierten sich die Vorbehalte gegen eine weitere Zentralisierung der EU in bisher nicht gekanntem Ausmaß. Europakritische und Euro-skeptische Parteien reüssierten beim Volk. Die gemeinsame Währung erzwingt schleichend die Aufgabe nationaler Souveränität, gegen die sich nicht nur Widerstand in der Bevölkerung, sondern auch bei Regierungen mancher Mitgliedstaaten regt. Die nationale Budgethoheit wollen alle behalten, mit dem Fiskalpakt eingegangene Verpflichtungen wie selbstverständlich brechen. Allerdings wird immer dann Solidarität eingefordert, wenn andere für die eigene Überschuldung mithaften sollen. Die europäischen Institutionen wie auch die nationalen Regierungen scheuen eine breite gesellschaftliche Debatte über die langfristige institutionelle Verfasstheit der Europäischen Union. In Brüssel scheint sich das muddling through auch in der neuen Amtsperiode von Kommission und Parlament fortzusetzen. Doch wer die Europäische Union als politische, wirtschaftliche und soziale Kraft in der globalen Welt langfristig etablieren will, muss sich endlich über ihre institutionelle Verfasstheit grundsätzlich Klarheit verschaffen. Vor diesem Hintergrund lobt der Konvent für Deutschland e. V. zum fünften Mal den Roman-Herzog-Medienpreis aus, der mit 5.000,- Euro dotiert ist. ndischen Die Beiträge müssen in inlä Juni 2015 erschienen sind. 30. zum er www. bis unt und sind 4 n 201 age r reibungsunterl gereicht werden, die im Jah cht worden sein. Die Aussch ntli isträger öffe (Pre ver n Es können alle Beiträge ein sch die Teu -Me ich line Ulr On Hörfunk/TV und/oder Journalistin), Prof. Dr. en ie tsch (Fre r deu ttne im n, Plä e die cherau Ank tme Vos Prin gehören an: Zeitung) Dr. Henning e abrufbar. Der Fachjury mitt (Verleger der Fuldaer Sch l hae Mic en. Die .), oss e.V d chl konvent-fuer-deutschland.d lan ges Deutsch htsweg ist aus er (Juryvorsitz, Konvent für ist der 30. Juni 2015. Der Rec uss chl des 10117 3, sen r.13 Ein 2012/2013), Oswald Metzg ). hst urg dric mb Frie Ha lanie Vockert, der Freien und Hansestadt t für Deutschland e. V., Me ven Kon an: (Erster Bürgermeister a. D. den sen ein e Dezember 2015 statt. Bitt ent-fuer-deutschland.de Preisverleihung findet im r-deutschland.de , www.konv -fue ent onv @k info 12, 66 Berlin, Tel. 030 / 20 45
Politik
Abb. 3: Welche sind die wichtigsten Methoden und Instrumente? (n=222, Mehrfachnennungen möglich, Angaben in Prozent) 51,35
Öffentliche Bürgerinformationsveranstaltungen
87,39
Ständige Planungskonferenzen, die die Vorhaben begleiten und zwischen den beteiligten Gruppen Kompromisse finden
32,88
Workshops zwischen Vorhabenträger und den Betroffenen
41,44
Regelmäßige Medienangebote wie Newsletter und kontinuierliche Pressearbeit
44,59
Dialogmedien wie Web 2.0, über die ständig neue Informationen angeboten und Dialogangebote gemacht werden
29,28
Gründung von Projektbeiräten respektive Installation von Ombudsleuten und Mediationen, die Partizipation sichern und im Konfliktfall vermitteln
28,38
Bürgerentscheide
14,41
Szenarioplanung, in der auch Krisenszenarios durchgespielt und Krisenpläne entwickelt werden
11,26
Sonstige und zwar: ...
4,50
Abb. 4: Welche Stakeholder sind Ihrer Meinung nach am wichtigsten? (n=222, Mehrfachnennungen möglich, Angaben in Prozent)
Das deckt sich mit den Erwartungen der befragten Landes- und Regionalpolitiker: 37 Prozent glauben, dass die Notwendigkeit, die Öffentlichkeit zu beteiligen, stark steigen wird. 51 Prozent erwarten, dass dies zu deutlichem Mehraufwand in der Projektplanung und -durchführung führen wird. Wir fassen zusammen: Politiker, die sich in Deutschland auf kommunaler, regionaler oder Länderebene mit partizipativen Elementen bei Bau- und Infrastrukturprojekten konfrontiert sehen, sind grundsätzlich offen für die Erwartungen der Bürger, sich aktiv an der Planung und Gestaltung zu beteiligen. Allerdings fehlt ihnen noch die geeignete Methodik. Auch die Gefahren eines partizipativen Vorgehens sind den Befragten nur allzu präsent: Gerät ein Großprojekt in die Diskussion, wird sich der Planungszeitraum vermutlich verlängern und das Projekt könnte sogar scheitern. Deswegen empfehlen einige, partizipative Elemente nur lokal anzuwenden. Dieses Ergebnis legt ein deutliches Unbehagen unter den Befragten in Bezug auf die Leistungsfähigkeit von Beteiligungsverfahren offen – und ein Dilemma: Einerseits gehen die meisten Politiker davon aus, dass partizipative Elemente gerade bei großen Vorhaben zunehmen werden. Andererseits kümmert sich die Politik zu wenig um Verfahren und Methoden, um in Beteiligungsprozessen durch das Einbeziehen möglichst vieler Positionen tragfähige Lösungen zu finden. Damit gerät auch die grundlegende Frage in den Blick, ob Bürgerbeteiligung entscheidungsvorbereitend oder direktdemokratisch angelegt sein soll. Die befragten Politiker sind unentschieden. Dass damit ein Konflikt programmiert ist, liegt auf der Hand.
Die Nachbarn und Anwohner, die von der Maßnahme betroffen sind
72,07
Die Parlamente und politischen Fraktionen auf kommunaler und regionaler Ebene
70,27
Die Exekutive auf lokaler und regionaler Ebene wie Bürgermeister, Magistrate und Landräte
52,70
Bürgerinitiativen und Umweltschutzgruppen
45,95
Die Vorhabenträger
59,01
Lokale Institutionen, Vereine und Gruppierungen, die sich betroffen zeigen könnten
35,59
Die betroffenen Unternehmen (und Konkurrenten)
16,22
Genehmigungs- und Aufsichtsbehörden
26,58
Lars Rademacher
Wissenschaftler und Gutachter
13,51
ist Professor für PR an der h_da Hochschule Darmstadt und Research Fellow an der MHMK München. Der 42-Jährige forscht u. a. zu NGO-Kommunikation und CSR.
Medien und Presse
40,54
Sonstige und zwar: ...
12
6,31
Die vollständige Auswertung der Studie sowie Hinweise auf die im Artikel verwendete Literatur können im Internet auf der Seite www.dialoggesellschaft.de kostenlos bestellt werden.
Klaus Lintemeier ist Consulting Partner bei Johanssen + Kretschmer Strategische Kommunikation. Der 51-Jährige ist Mitgründer des Thinktanks DialogGesellschaft.
pol it i k & kommunikation | Dezember 2014
Foto: Privat (2)
Entwurfspräsentationen, öffentliche Auslage, Aufhänge und Schaukästen bei den zuständigen Behörden
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Szene
Der Spätberufene Karrierekurve: Bodo Ramelow galt lange Zeit als Heißsporn und Gewerkschaftsraufbold, der sich nicht immer im Griff hat. Dass der 58-Jährige erst im dritten Anlauf die Chance hat, Ministerpräsident von Thüringen zu werden, ist symptomatisch für seinen Lebenslauf, der sich durch Um- und Sonderwege auszeichnet.
1999
1997
1995
1956
1971
1981
1990
1994
1999
wird Bodo Ramelow als eines von vier Geschwistern im niedersächsischen Osterholz-Scharmbeck geboren. Sein Vater stirbt früh. Die Familie siedelt nach Rheinhessen und später nach Mittelhessen über. Ramelow wird evangelisch erzogen.
macht Ramelow nach dem Hauptschulabschluss bei Karstadt in Gießen eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann. Dort tritt er in die Gewerkschaft ein. Er erwirbt die kaufmännische Fachhochschulreife und arbeitet für eine Supermarktkette in Marburg.
wird er Sekretär der Gewerkschaft Handel, Banken, Versicherungen (HBV) in Mittelhessen. Dass ihm das ohne SPD-Parteibuch gelingt, ist damals eine kleine Sensation. 1986 nimmt der Verfassungsschutz Ramelow wegen angeblicher DKP-Kontakte unter Beobachtung.
zieht Ramelow nach Thüringen. Er hilft beim Aufbau der Gewerkschaften und wird HBV-Landesvorsitzender. 1993 droht in Bischofferode die Schließung des Kaliwerks. Bergleute protestieren gegen westdeutsche Investoren. Ramelow schlichtet den Arbeitskampf.
tritt Ramelow als Redner bei der zentralen Maifeier der PDS in Erfurt erstmals auch parteipolitisch in Erscheinung. In den Folgejahren setzt er sich für eine engere Zusammenarbeit von SPD, Grünen und PDS ein. 1997 ist er Mitinitiator und Erstunterzeichner der „Erfurter Erklärung“.
tritt Ramelow der PDS bei. Nach seiner Wahl in den Thüringer Landtag wird er stellvertretender Fraktionsvorsitzender und zeichnet sich durch seine Rednerqualitäten aus. Sein rhetorisches Talent erklärt Ramelow selbst unter anderem mit seiner Legasthenie.
14
pol it i k & kommunikation | Dezember 2014
Fotos: Privat; Annette Rudolph (2); Picture Alliance; Marco Urban (2); flickr.com/die-linke-thueringen (CC BY-NC-SA 2.0); Die Linke
1962
2014
2005
SUPER wichtig
2006
sehr wichtig
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wird Ramelow PDS-Fraktionschef im Erfurter Landtag. Wegen seiner Streitlust wird er scherzhaft als „Ein-Mann-Opposition“ bezeichnet. Er gilt als Heißsporn, der schon mal übers Ziel hinausschießt. Heute entspannt er sich auf Spaziergängen mit Jack Russell Terrier Attila.
ist Ramelow PDS-Spitzenkandidat bei der Landtagswahl in Thüringen. Die PDS holt mit 26,1 Prozent ihr bis dahin bestes Ergebnis, die CDU verteidigt aber ihre Mehrheit. Ramelow wird erneut Fraktionsvorsitzender. Außerdem wird er in den Bundesparteivorstand gewählt.
wechselt Ramelow in die Bundespolitik. Er ist Verhandlungsführer bei der Fusion von PDS und WASG und Wahlkampfleiter bei den Bundestagswahlen. Über einen Listenplatz zieht er in den Bundestag ein und wird Vizevorsitzender sowie Religionsbeauftragter der Fraktion.
kehrt Ramelow als Spitzenkandidat in Thüringen mit einem Wahlergebnis von 27,4 Prozent in die Landespolitik zurück. Vergeblich versucht er eine rotrot-grüne Regierungskoalition zu bilden. So wird Ramelow abermals Fraktionsvorsitzender.
erklärt das Bundesverfassungsgericht die Überwachung Ramelows durch den Verfassungsschutz für verfassungswidrig. Karlsruhe hebt damit eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts auf. Ramelows Sieg hilft seiner Partei, sich als gesellschaftsfähig zu etablieren.
ist Ramelow wieder Spitzenkandidat in Thüringen. Die Linke steigert ihr Ergebnis auf 28,2 Prozent. SPD und Grüne sind bereit, eine rot-rot-grüne Regierung zu bilden. Am 5. Dezember soll Bodo Ramelow im Landtag zum ersten Ministerpräsidenten der Linken gewählt werden.
pol it ik & kommunikation | Dezember 2014
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ie iedet sich in d p&k verabsch wünscht frohe nd Winterpause u chten! Weihna
Impressum Redaktion viktoria.bittmann@ politik-kommunikation.de (V.i.S.d.P) martin.koch@ politik-kommunikation.de anne.huenninghaus@ politik-kommunikation.de jeanne.wellnitz@ politik-kommunikation.de anne.strandt@ politik-kommunikation.de Mitarbeiter dieser Ausgabe: Robin Alexander, Marco Althaus, Martin Fuchs, Aljoscha Kertesz, Gerhard Kneier, Klaus Lintemeier, Daniel März, Florian Till Patzer, Alfons Pieper, Johannes Pütz, Lars Rademacher, Andrea Römmele
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Politikkalender Stefanie Weimann termine@ politik-kommunikation.de Layout/Illustration Marcel Franke, Kim Pham Fotografen/Fotoredaktion Laurin Schmid, Julia Nimke, Marco Urban, Frank Ossenbrink Redaktionsbeirat Prof. Dr. Marco Althaus (Technische Hochschule Wildau) Prof. Dr. Günter Bentele (Uni Leipzig) Prof. Dr. Christoph Bieber (Uni Duisburg-Essen) Dr. Frank Esser (Universität Zürich) Eva Haacke (Deutscher Bundestag) Dr. Peter Köppl, M.A. (Mastermind Public Affairs Consulting)
Prof. Dr. Dr. Karl-Rudolf Korte (Uni Duisburg-Essen) Sebastian Lange (Welt Online) Prof. Coordt von Mannstein (von Mannstein) Silvana Koch-Mehrin (Women in Parliaments Global Forum) Peter Radunski (MSL Group) Prof. Volker Riegger (logos Holding) Klaus-Peter Schmidt-Deguelle (Medienberater) Maximilian Schöberl (BMW) Hajo Schumacher (Freier Journalist) Kajo Wasserhövel (Elephantlogic) Cornelius Winter (365 Sherpas)
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