N° 120 – Thema: Die ersten 100 Tage nach der Bundestagswahl

Wahlplakate im ExpertenCheck

So arbeitet die Zentrale der SPD

politik & kommunikation

Wie die neue Koalition entsteht und wie man darauf Einfluss nimmt

Quadriga Media Berlin GmbH ISSN 1610-5060 Ausgabe III/2017 — Nº 120 www.politik-kommunikation.de

Das Machtsystem Ursula von der Leyen

Brummen ist einfach.

Weil die Sparkassen und die Landesbanken den Motor unserer Wirtschaft am Laufen halten. zierer Nr.

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sparkasse.de

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Editorial

Die Luft am Gipfel­ kreuz

III/2017

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ie Zeit kurz vor und nach einer Bundestags­ wahl kann auch fernab von Pathos als Gipfel des bundes­politischen Geschehens bezeich­ net werden: Die Berg­ steiger und ihre Sherpas sind lange und mühsam in die sauerstoffarme Zone hinauf­gestiegen, und eine Klet­ tergemeinschaft erreicht zuerst das ersehnte Gipfelkreuz, während andere weiter unten fest­hängen oder bei man­ chen bereits im Zwischen­lager die Luft ausging.

Der Weg in diese Höhen war nicht immer von Sonne beschienen: Der Bundestagswahlkampf 2017 dürfte als eher unspannend in die Geschichte eingehen. Der Abstand zwischen den ersten beiden Gipfelaspiranten war über die vergangenen Monate hin­ weg groß und selbst das Kanzler­duell brachte die Wählerschaft nicht in Wal­ lung. Wähler wie auch Wahlkämpfer trugen jedoch zu den Regenwolken der Kletterpartie bei, indem manche von ihnen an harten und so noch nicht da gewesenen Social-Media-Tiefflügen beteiligt waren – von Fake bis Hass.

Es ist an der Zeit, vom Gipfel aus auf den Aufstieg zurückzublicken.

Robin Alexander zieht eine macht­ tektonische Bilanz der Großen Ko­­ alition: Welche Machtzentren gab es und wer hat sich für die Zukunft in Position gebracht (ab Seite 40)? Einen kritischen Blick auf die Wahlplakate der Parteien wirft Dominik Pietzcker und kommt dabei zu Urteilen, die

nicht alle erfreuen werden (ab Seite 60). Wie Ursula von der Leyen es aus der Politikferne bis in eines der höchs­ ten Ämter geschafft hat, zeichnet Peter Dausend nach (ab Seite 46).

Der Schwerpunkt dieser Ausgabe beschäftigt sich jedoch mit dem Blick auf das Geschehen nach der Wahl: Kajo Wasserhövel beleuchtet, was in den Wochen der Sondierungsgesprä­ che und Koalitionsverhandlungen zu erwarten ist (ab Seite 16), während Hendrik Hagemann und ­Dominika Fellner den Fokus darauf richten, wie Interessenvertreter diese wich­ tigen Wochen begleiten (ab Seite 24). ­Mirjam Stegherr erklärt sodann, wie Politiker und andere Akteure im Umfeld der Politik die ersten 100 Tage in einer neuen Funktion gestal­ ten und vor allem überleben können (ab Seite 32).

Wann auch immer die neue Bundes­regierung stehen wird: Die Klettergemeinschaften werden wei­ terziehen, vorbei an Bilder­buch­ panoramen und nebligen Abgrün­ den, denn der nächste Berg zeichnet sich schon am Horizont ab.

In eigener Sache: In diesen Tagen feiert unser Magazin seinen 15.­Geburtstag! 120 Mal erschien bis­ her politik&kommunikation, 640 Mal unser Newsletter politik­szene, 14 Mal haben wir den Politik­award verliehen.

Während­dessen gab es fünf Bundes­ tagswahlen, vier Bundes­präsidenten, drei Europa­wahlen, zwei Bundeskanz­ ler und eine Bundestags­auflösung. Es bleibt ­spannend!

Viel Freude beim Lesen wünscht

Georg Milde Herausgeber

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Inhalt Ausgabe III 2017

76 Sie sind dann mal weg Kurzporträts: Diese Abgeord­ neten scheiden 2017 aus dem Bundestag aus von Aljoscha Kertesz

80 Was man von großen Rednern lernen kann Das Machtsystem Ursula von der Leyen

12 Election Circle Politikexperten geben eine persönliche Prognose ab, wie die Bundestagswahl 2017 ausgehen könnte

40 Die Machttektonik der Großen Koalition Eine Analyse der Machtzentren und -zirkel der Groko von Robin Alexander

Herausragende Beispiele aus der Zeitgeschichte von Jörg Hackeschmidt

Wahlkampf 2017 56 Selfie-Grüße aus den WahlkampfZentralen Fotostrecke

Titelthema 16 Tauziehen im Knäuel

46 Willkommen in der Von-der-LeyenShow!

Welche Rolle spielen Vorbereitung, Interessenlagen und Taktik für die Koalitionsverhandlungen? von Kajo Wasserhövel

Machtsystem und Berater der Verteidigungsministerin von Peter Dausend

24 Die ersten 100 Tage nach der Bundestagswahl aus der Sicht von Interessenvertretern

50 Erst 18 und schon ein Mythos

Wie sie sich vorbereiten und auf das Geschehen Einfluss nehmen von Hendrik Hagemann und Dominika Fellner

28 Die Erwartungs­ vollen von ­Berlin-Mitte Eine Typologie derer, die nach der Bundestagswahl auf neue Perspektiven hoffen von Georg Milde

32 Schweigen verboten

Die Arbeitsweise des WillyBrandt-Hauses von Andreas Niesmann

3 Editorial 5 Schnappschuss 6 Expertentipp 8 Fankurve 10 Das Büro von ...

84 Bücher 85 Impressum

60 Plakative Langeweile Analyse der Plakatmotive der Parteien zu den Themen Familie und Innere Sicherheit von Dominik Pietzcker

68 Warum das deutsche Wahlsystem besser ist als sein Ruf Ein Zwischenruf von Robin Mishra

70 Das Internet bedroht unseren Wahlkampf Dieser Eindruck ist zumindest bei vielen entstanden. Eine nüchterne Bestandsaufnahme von Martin Fuchs

72 Buzz, Buzz, wir brauchen Buzz Was ging im Netzwahlkampf?

Zahlen und Fakten

Wie funktioniert die SPD-Parteizentrale?

86 Ein Wahlkampf, so ­dynamisch wie ein ­Wiegenlied Je finsterer die politische Lage, umso betulicher das Gerede darüber von Viktoria Bittmann

So wird um den Koali­tions­ vertrag gerungen

Schonfrist? Fehlanzeige! Über frühe und gnadenlose Bilanzen in der Politik von Mirjam Stegherr

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Schnappschuss

DAS ­HÄTTEN WIR UNS GEWÜNSCHT, aber dieser Bundestagswahl­ kampf hatte wenig Leidenschaft zu bieten. Im Ernst: Selbst in seiner heißesten Phase war der Wahlkampf allenfalls lau.

Mehr Herzblut in der politischen Auseinander­setzung wünschte sich auch Norbert Lammert in seiner letzten Bundestags­ rede: Es gebe „zweifellos im­ mer wieder herausragende De­ batten, aber bei selbst­kritischer Betrachtung sollten wir einräu­ men, dass immer noch zu häufig geredet und zu wenig debattiert wird“. Noch mehr Debattenkul­ tur unter: https://parliament­ fights.wordpress.com.

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Eckhard Jesse Politologe und Extremismus­ forscher

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Michael Inacker Vorsitzender des Vorstands WMP Eurocom

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Reiner Holznagel Präsident des Bunds der Steuer­zahler

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Ulrike Hinrichs Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften

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Carsten Hädler Moderator und Leitender Redakteur bei WeltN24

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Jan Fleischhauer Journalist und Autor, „Der Spiegel“

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Rainer Faus Geschäftsführer Pollytix Strategic Research

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Ernst Elitz Früherer Intendant Deutschlandradio, jetzt Ombudsmann der „Bild“-Zeitung

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Nana Brink Journalistin, Moderatorin und Mediencoach

Hans Bellstedt Geschäftsführender Gesellschafter Hans Bellstedt Public Affairs

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Ihr Tipp: Wie wird die Bundestagswahl ­ausgehen?

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Die Tipps wurden bis zum 4. September abgegeben. Die schmalen Balken zeigen die Juni- (M.) und März-Werte (r.). Angaben in Prozent.

SPD –4,8

FDP +2,6

Die SPD hat seit dem März-Tipp 4,8 Punkte verloren, die CDU 4,6 Punkte zugelegt.

Der FDP trauen unsere Experten 2,6 Punkte mehr zu als beim ersten Tipp im Dezember.

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Im Juni hielten nur zwei unserer ­Experten ­Schwarz-Gelb rechnerisch für möglich, ­inzwischen sind es sieben.

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Bündnis 90/Die Grünen

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Kajo Wasserhövel Managing Partner Elephantlogic

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Axel Wallrabenstein Chairman MSL Group Germany

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Mario Voigt MdL Quadriga Hochschule Berlin

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Matthias Jung Vorstand Forschungs­gruppe Wahlen

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Barbara Junge Stellvertretende Chefredakteurin „taz“

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Gerrit Richter CEO Civey

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Eva Quadbeck Leiterin der Parlamentsredaktion und Mitglied der Chefredaktion „Rheinische Post“

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Heribert Prantl Mitglied der Chefredaktion und Ressortleiter Innenpolitik „Süddeutsche Zeitung“

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Hugo Müller-Vogg Publizist

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Hans Langguth Geschäftsführer Campaigning Zum goldenen Hirschen Berlin

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Sonstige

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Election Circle

Seit Dezember 2016 haben wir die Mitglieder unseres Election Circles viermal nach ihrer persön­ lichen Einschätzung zum Ausgang der Bundestagswahl 2017 gefragt. Die Dynamik, die in den Umfragen spätestens von Jahresbeginn an einsetzte, spiegelt sich auch in den Tipps unserer Ex­ perten. Ein Rückblick auf Trends, Stimmungen – und manchen Ausreißer.

SO HABEN SICH DIE TIPPS UNSERER EXPERTEN IM ZEITVERLAUF ENTWICKELT Durchschnitt Dezember 2016

Durchschnitt März 2017

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DIESE MINIMAL- UND MAXIMALWERTE HIELTEN UNSERE EXPERTEN FÜR MÖGLICH Niedrigster Wert (Angaben in Prozent)

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Höchster Wert (Angaben in Prozent) Michael Inacker 12/2016

Michael Inacker 06/2017 & 09/2017

Eva Quadbeck 12/2016 Carsten Hädler 06/2017

Gerrit Richter 12/2016 Mario Voigt 12/2016 Ulrike Hinrichs 03/2017 Ernst Elitz 03/2017

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Nana Brink 03/2017, 06/2017 & 09/2017 Ulrike Hinrichs 03/2017 Rainer Faus 06/2017 Barbara Junge 09/2017 Heribert Prantl 06/2017 & 09/2017 Kajo Wasserhövel 06/2017

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Nana Brink 09/2017 Carsten Hädler 09/2017 Ulrike Hinrichs 09/2017 Reiner Holznagel 09/2017 Mario Voigt 09/2017 Rainer Faus 03/2017

Hugo Müller-Vogg 12/2016

Michael Inacker 06/2017 & 09/2017 Matthias Jung 09/2017

Eva Quadbeck 12/2016 Ernst Elitz 09/2017

Gerrit Richter 12/2016 Eva Quadbeck 06/2017

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Wir freuen uns über 15 Jahre Politikaward, und das im Wahljahr.

Feiern Sie mit uns und bewerben Sie sich in sechs Kategorien: Politische Kampagne

Gesellschaftliche Kampagne

Kampagne von Bund, Ländern und Gemeinden

Digital Public Affairs

Disruptive Kampagne

Kampagne für kleine Budgets

S AV E T H E D AT E REGULÄRE DEADLINE

FINALE DEADLINE

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Tauzieh im Titel

Wenn Wahlkampf und Sondierung gemeistert sind, folgt die eigentliche Herausforderung: das Aushandeln eines Koalitionsvertrags zwischen den künftigen Regierungspartnern. Welche Rolle spielen dabei Vorbereitung, Interessenlagen und Taktik? Und wie schwer wiegt der Faktor Mensch?

Eine Analyse. von Kajo Wasserhövel

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ie Stimmen sind ausgezählt und die Wunden geleckt; die politische Landschaft stellt sich neu auf. Mit dem Ende des Wahlkampfjahres wird ein neues Kapitel in der Bundespolitik auf­geschlagen. Doch bevor die gesamte poli­ tische Landschaft in die Routinen der Regie­ rungsarbeit oder der Oppositionspolitik ein­ tauchen kann, müssen die Grundlagen für das Regierungs­ handeln und den parlamentarischen Betrieb, letztlich für das gesamte politische Geschäft in den kommenden vier Jahren, in einem Koalitionsvertrag festgelegt werden. Ein Koalitionsvertrag fixiert, was sich aus den Machtverhält­ nissen und dem Verhandlungsgeschick ergibt. Er ist keine Summe unter einer komplizierten Rechnung. Er ist das Er­ gebnis einer Reihe subjektiver und objektiver Faktoren so­ wie Interessenlagen von Parteien und Spitzenpolitikern.

Knäuel III/2017

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Titel

Schweigen verboten In der Politik wird spätestens 100 Tage nach Amtsantritt Bilanz gezogen. Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron ­legte sogar schon nach sechs Wochen im Amt die Leitlinien seiner Präsidentschaft vor. Schonfrist? Von wegen! Wie überlebt man also die Anfangszeit? von Mirjam Stegherr

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er schweigen und in sich kehren will, tut das am besten in einem Kloster“, schrieb die „Basler Zeitung“ im April.

In der Politik sei ein Schweige­gelübde fehl am Platz. Abgelegt hatte das die neue Regierungspräsidentin der Stadt, Elisabeth Ackermann. Sie hatte nach der Wahl 100 Tage lang keine Interviews gegeben, um sich in Ruhe einzuarbeiten. 100 Tage lang herrschte Funkstille – zum Ärger der Medien. „Ein Regierungsrat ist vom Stimmvolk gewählt mit dem Auftrag, vom ersten Tag an zu regieren“, hieß es in der Zeitung. Die Schon­ frist, die Ackermann für sich beanspruchte, gibt es nicht.

Das Medieninteresse an Amtsträgern ist selten so groß wie zu Beginn. Agenda, Ziele, Akzente: All das wird er­ fragt und ausgerollt. Wer nicht fachfremd wechselt, kennt die Branche, wer berufserfahren ist, das Metier, und wer sich wählen lässt, hat ohnehin zu Wahlkampfzeiten Ziele formuliert. Schon wenige Tage nach der Vereidigung stel­ len sich Regierungsvertreter den Fragen der Medien.

Dass das einmal anders war, geht auf US-Präsident Franklin D. Roosevelt zurück: 1933 kündigte er Refor­ men an, mit denen er die Wirtschaftskrise bewältigen wollte und bat Medien um 100 Tage Zeit, um die Wir­ kung des „New Deals“ zu beurteilen. Bilanziert wird bis heute – ob in der Politik, Wirtschaft oder Kultur. In Wa­ shington gibt es zum Ende der 100-Tage-Frist das „White House Correspondents’ Dinner“, bei dem Hauptstadt­ presse, Präsident und ein Comedian humorvoll auf die

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ersten Tage im Amt zurückblicken. Donald Trump hat das Dinner als erster Präsident seit Jahrzehnten geschwänzt und seine eigene Bilanz vor Anhängern in Pennsylvania inszeniert. Außer Roosevelt habe kein Präsident so viele Gesetze auf den Weg gebracht wie er, sagte er – mit den Fakten hatte das wenig zu tun.

100 Tage sind ein symbolischer Anlass für jedwede Ei­ gen-­PR. Mit einer Schonfrist haben sie wenig zu tun – auch, weil Politiker sie nicht beanspruchen. Anthony Sca­ ramucci überlebte nur zehn Tage im Amt, weil er als Kom­ munikationschef des Weißen Hauses in einem fragwür­ digen Interview über Kollegen herzog. Karl-Theodor zu Guttenberg erntete Spott, weil er sich nach nur einem Monat als Bundeswirtschaftsminister mit großer Geste am Times Square ablichten ließ. Emmanuel Macron be­ stellte eineinhalb Monate nach seiner Wahl zum Staats­ präsidenten die gesamte Nationalversammlung und den Senat ins Schloss Versailles, um die Leitlinien für seine Amtszeit zu präsentieren – zu viel Show, zu wenig Subs­ tanz, befanden Opposition und Medien.

Die größte Versuchung für neue Amtsinhaber scheint das eigene Ego zu sein. Um mit Inhalten zu glänzen, prä­ sentieren Politiker gerne ein 100-Tage-Programm, wohl­ wissend, dass ein solches nur eine Absichtserklärung sein kann und man in so kurzer Zeit wenig erreicht. Daran än­ dert auch ein „120-Tage-Programm“ nichts, wie es Katja Kipping und Bernd Riexinger für die Linkspartei formu­ lierten und später titelten „120 Tage und kein Ende, die Linke baut sich weiter auf“.

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Die Macht­ tektonik der Großen ­Koalition Als Ganzes betrachtet, war die Große Koalition mit einer enormen Machtfülle ausgestattet. Doch wie sah es im Innern aus? Welche Machtzentren und -zirkel gab es, wo begann die Peripherie?

Und wer steht für die Zeit nach der Groko in den Startlöchern? Eine Bilanz. von Robin Alexander

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Erst 18 und schon ein ­Mythos 50

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Parteizentrale Um keine Bundesgeschäftsstelle ranken sich so viele Geschichten wie um das Willy-Brandt-Haus der SPD. Manche stimmen, andere nicht. Klar ist nur: Langeweile gibt es nie. von Andreas Niesmann

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as wurde nicht schon alles über dieses Haus geschrieben: „Flohzirkus“, „Schlangen­ grube“, „Haifischbecken“, „Hort des Schre­ ckens“. Nimmt man allein die Schlag­zeilen zur Grundlage, muss sich in der Wilhelm­ straße 140 in Berlin-Kreuzberg der Vorhof zur Hölle ­befinden.

Im größtmöglichen Kontrast zur öffentlichen Wahr­ nehmung stehen dagegen die Schilderungen jener Men­ schen, die hier täglich zur Arbeit gehen. Selbst wenn die Mikrofone aus sind, berichten sie von „kreativer Atmos­phäre“, ­„Offenheit“, „Teamgeist“ und ja, sogar von „Spaß“ an der Arbeit.

Das Willy-Brandt-Haus, Hauptquartier der SPD: Es ist berühmt, berüchtigt, ein Mythos. Und das mit gerade einmal 18 Jahren. Seit 1999 residiert der Parteivorstand in dem vom Braunschweiger Architekten Helge Bofin­ ger entworfenen Gebäude. Die Dreiecksform erinnert an den Bug eines Schiffs. Bläulich schimmernder Stahl, hel­ ler Kalkstein, getöntes Glas – und auf dem Dach weht die rote SPD-Fahne. Herzstück im Innern ist das Atrium, ein gigantischer, lichtdurchfluteter Raum mit einer Decken­ höhe von 26 Metern. Hier finden Ausstellungen, Partei­ veranstaltungen und Pressekonferenzen statt. Und hier steht die überlebensgroße Statue des Namensgebers Willy Brandt. Über die Bronzefigur des Bildhauers Rainer Fet­ ting erzählt man sich im Haus, dass sich auch die größten Parteivorsitzenden neben ihr plötzlich ganz klein fühlten.

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Seine Architektur mag ungewöhnlich sein, noch un­ gewöhnlicher aber sind die Geschichten über das Haus. Über keine andere Parteizentrale im politischen Berlin wird so viel geschrieben, geschimpft, gelacht, geflucht.

Und keine andere bietet dafür so viel Anlass.

Kritik an der Parteiführung aus dem Konrad-Adenauer­ Haus? Kaum vorstellbar. Querelen im Karl-LiebknechtHaus? Spielen in der Berichterstattung keine Rolle. Ein neuer Name für das ehemalige Thomas-Dehler- und heu­ tige Hans-Dietrich-Genscher-Haus? Bekommt kaum ei­ ner mit. Und die Bundesgeschäftsstelle der Grünen? Hat noch nicht mal einen eigenen Namen.

Das Haus als eigenständiger Akteur Das Willy-Brandt-Haus hingegen findet statt. In Ar­ tikeln, in Gesprächen, in Beiträgen für Funk und Fern­ sehen. Die SPD-Zentrale ist mehr als ein bloßer Dienst­ leistungsapparat für Verwaltungstätigkeiten. Das Haus scheint fast schon ein eigenständiger Akteur zu sein. Es bewertet die politische Lage und das Personal. Es leidet unter Stimmungsschwankungen: Es jubelt über Erfolge und verzweifelt an Niederlagen. Das Haus steht für vie­ les – nur für eines nicht: Langeweile.

Juliane Seifert kennt diese Geschichten. Alle. Und sie mag sie nicht mehr hören. Die Bundesgeschäftsführerin der SPD sitzt in einem hellen, nüchternen Büro im fünf­

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Wahlkampf

Plakative Langeweile Mit Apps für den Haustürwahlkampf, einem begehbaren Wahlprogramm und diversen Online-Tools hat dieses Wahljahr einige Innovationen hervorgebracht. Auch 2017 waren die Kampagnen aber nicht ohne Wahlplakate zu denken. Wie haben sich die Parteien in den vergangenen Wochen präsentiert und was ist davon handwerklich zu halten? Eine Analyse der Plakatmotive zu den Themen Familie und Innere Sicherheit.

von Dominik Pietzcker

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ommunikation ist Reduktion von Komplexi­ tät. Das gilt ganz besonders im Ausnahme­ zustand des Wahlkampfs. In kürzester Zeit und auf begrenztem Raum die prägnanteste Aussage treffen – in dieser Königsdisziplin der Massenkommunikation üben sich die deutschen Parteien seit vielen Jahrzehnten.

Manche politische Slogans sind dem kollektiven Gedächt­ nis erhalten geblieben, andere mangels Strahlkraft und Stringenz längst in Vergessenheit geraten. „Keine Expe­ rimente!“ (Konrad Adenauer, 1957) ist in nur zwei Wor­ ten ein beredtes Plädoyer für das Fortschreiben der be­ stehenden Verhältnisse. Ein Vorbild für 2017?

Neben dem Fokus auf das Spitzenpersonal der Par­ teien lässt sich auch der eine oder andere Themenschwer­ punkt identifizieren. Die Klassiker „Familie“ und „Innere Sicherheit“ bieten sich an, um eine eigene politische Po­ sition zu markieren. Was haben die Parteien ihren Wäh­ lern in diesen Feldern auf ihren Plakaten versprochen?

CDU Widerspruch zwecklos: die hohe Kunst der Selbstaffirmation Der CDU ist es gelungen, ihr Regierungsprogramm auf zehn Worte zu komprimieren. Auf ihren Plakaten hat sich die Kanzlerin „für ein Deutschland, in dem wir gut und gerne leben“ ausgesprochen. Das ist nicht sonderlich auf­ regend, will es auch gar nicht sein. Als Partei an der Macht hat es die CDU nicht nötig, zu polarisieren, sondern ver­ folgt konsequent eine argumentative Umarmungsstrate­ gie. Dieser politische Würgegriff hat durchaus doktrinäre Züge, denn der affirmative Charakter der Plakate duldet keinen Widerspruch. Beispiele für diese Kommunikation aus einer Position der Überlegenheit liefern die folgenden Aussagen: „Für Sicherheit und Ordnung“, „Für mehr Res­ pekt vor Familien“, „Für eine starke Wirtschaft und sichere Arbeit“ und „Europa stärken heißt Deutschland stärken“.

Es ist die gekonnte Aneinanderreihung sprachlich gefälli­ ger Allgemeinplätze, die perfekt Ton und Stimmung hier­ zulande trifft. Als Bürger wünscht man sich schließlich keine Republik im Niedergang, in der Chaos, Orientie­ rungslosigkeit und prekäre Wirtschaftsverhältnisse herr­ schen. Auch hat sich seit dem Brexit herumgesprochen, dass nationale Alleingänge unkalkulierbare Risiken ber­ gen. Das Bekenntnis zu Europa gehört zum guten politi­ schen Ton in einem Land, das von der Wirtschaftsstruk­ tur innerhalb der EU am meisten profitiert.

Auffallend am CDU-Layout ist zudem die patriotische Note. Auf jedem der abstrakt designten Plakatmotive wur­ den die Nationalfarben Schwarz-Rot-Gold unübersehbar untergebracht. Die Aussage ist klar: Die Union und die Kanzlerin repräsentieren das Land. Die Kampagne ist im strengen Sinne ein Bekenntnis zu Deutschland, wie es ist

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Berlin, 24 – 26 August 2017

In unserer Juni-Ausgabe zeigte das Foto auf S. 32 nicht den genannten ­Thomas Westphal, Leiter Vorstandsbüro und Vertrauter des Vorsitzenden der Links­fraktion, Dietmar Bartsch, sondern den gleichnamigen Leiter der ­Abteilung E: Europa­politik im Bundesministerium der Finanzen. Benjamin Seifert ist nicht wie auf S. 27 unserer Juni-Ausgabe dargestellt Sprecher des ­SPD‑Generalsekretärs Hubertus Heil, sondern seit Katarina Barleys Ernennung zur Bundes­familienministerin als Pressesprecher und Leiter der Pressestelle im BMFSFJ tätig. Für Hubertus Heil spricht seit dem 12. Juni Franziska Pommer.

Wir bitten um Entschuldigung.

Bildnachweise S.3: Julia Nimke; S.4: Laurin Schmid; S.5: dpa; S.6: Dominik Butzmann, Privat, Birgit Reichert / dpa, Annette Hauschild, Thomas Hederich, Privat; S.8: SPD, Marco Urban, Eventpress Stauffenberg, Laurin Schmid, SPD, CDU, Wikimedia Commons / Christian Doppelgatz/KUXMA/CC BY-SA 3.0 de, Bündnis 90/Die Grünen, Anke Illing, CSU; S.9: CDU, Bernd Weißbrod/dpa, Laurence Chaperon, spdfraktion.de, Die Linke, SPD, Gerd Seidel, CDU (2), Ilja C. Hendel/BMF, Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Büro Gerd Müller, Bundespresseamt, CSU, CDU; S.10: Reto Klar, Laurin Schmid (7), S.12: Patrick A., Privat, Eventpress Stauffenberg, Philipp Jester, Agata Szymanska-Medina, Claudius Pflug, BVK, Bund der Steuerzahler Deutschland, Juergen M. Pietsch, Heiko Kießling, Forschungsgruppe Wahlen; S.13: David Oliveira, Privat, Laurence Chaperon, Catherina Hess, Andreas Krebs, Götz Schleser, Laurence Chaperon, Tobias Koch, Privat; S.22: Thomas Imo; S. 26: FleishmanHillard Germany (2); S.30: Julia Nimke; S.33 picture alliance / abaca; S.34 Privat, S.35: World Economic Forum / Benedikt von Loebell; S.36 Marco Urban; S. 40 Marco Urban; S.42/43: picture alliance / Sven Simon, Marco Urban, S. 43 : picture alliance / Sven Simon; S. 44: picture alliance / dpa, Marco Urban (2), Privat; S. 46: Laurin Schmid; S.47: Nicole Sturz; S. 48: picture alliance, Julia Nimke, picture alliance / AP Images, picture alliance / dpa (2), Michael Kappeler/dpa, Michael Kappeler/dpa, S. 49: Laurin Schmid, Marco Urban (2), picture alliance / XAMAX/ dpa, picture alliance/Geisler-Fotopress; S.50: Laurin Schmid, S. 54: Werner Schuering; S. 55: SPD, CDU; S.56: FPP, Rasmus Tanck; S.57: CDU, Die Linken; S.60/61: CDU (2) S.62: SPD (2), FDP, S.64: FDP, Die Grünen; S.65: Die Grünen; S. 66: AFD (2), Linke (2); S. 67: Vanessa Davaroukas; S.68: Thinkstock, Linda Fittante; S.71: Privat; S. 76: picture alliance / dpa, Bundestag.de / Jan van Aken / Lichtblick / Achim Melde; S.77: Marco Urban, picture alliance / Gregor Fischer/dpa, Marco Urban, dpa; S.78: Marco Urban; S.79: Marco Urban, Claus Morgenstern; S: 80: picture alliance / akg; S.81: picture-alliance / dpa, Peter Popp/dpa; S. 82: Die Hoffotografen; S. 86: Julia Nimke

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Fotograf/Fotoredaktion Laurin Schmid, Jana Legler Redaktionsbeirat Prof. Dr. Marco Althaus ­(Technische Hochschule Wildau) Eva Haacke (Deutscher Bundestag) Prof. Dr. Dr. Karl-Rudolf Korte (Uni Duisburg-Essen) Sebastian Lange (WeltN24) Prof. Coordt von Mannstein (von Mannstein) Silvana Koch-Mehrin (Women in Parliaments Global Forum) Peter Radunski (MSL Group) Prof. Volker Riegger (logos Holding) Klaus-Peter Schmidt-Deguelle (Medienberater) Maximilian Schöberl (BMW) Dr. Hajo Schumacher (Freier Journalist) Kajo Wasserhövel (Elephantlogic)

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Autoren dieser Ausgabe: Robin Alexander, Peter Dausend, Dominika Fellner, Martin Fuchs, Dr. Jörg Hackeschmidt, Hendrik Hagemann, Aljoscha Kertesz, Dr. Robin Mishra, Andreas Niesmann, Prof. Dr. Dominik Pietzcker, Mirjam Stegherr, Kajo Wasserhövel

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Redaktion Viktoria Bittmann (V.i.S.d.P.) viktoria.bittmann@politikkommunikation.de Anne Hünninghaus anne.huenninghaus@politikkommunikation.de

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Herausgeber Rudolf Hetzel, Dr. Georg Milde

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Wer den Wahlkampf macht und wer schon heute das Danach plant Nein, natürlich nicht!

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Wichtige Macher im Umfeld der Mächtigen finden Sie im Heft.

Wie die neue Koalition entsteht und wie man darauf Einfluss nimmt

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