Eine Motorradreise durch den Böhmerwald

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REISEN // TSCHECHISCHE REPUBLIK // BÖHMERWALD UND SÜDBÖHMEN

Bukolisc

Text: Dr. Ingrid Gloc-Hofmann // Fotos: Helmut Hofmann, Dr. Ingrid

Gloc-Hofmann

kristallklare Seen und Geheimnisvolle Wälder, Hochmoore, Burgen und malerische Schlösser – Flüsse, anmutige Städtchen, trutzige berührten Natur. und das alles in einer erfrischend un

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he Welt

Verschwiegen: das böhmische Grenzland mit der jungen Moldau in unberührter Flusslandschaft.

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or Jahren drosselte man am Grenzübergang in Wald­ münchen/Höll automatisch das Tempo, fuhr bedächtig, mit gewisser Anspannung und leicht gesenktem Haupt an den wachsamen Zollbeamten vorbei und war erleichtert, wenn keine zeitraubende Kontrolle anstand. Dank der EU fährt man heute entspannt durch das Grenz­ örtchen, die Zollgebäude sind Souvenirbuden und Restaurants gewichen. Dennoch, Gleichma­ cherei ist nicht! Die selbstbe­ wussten Tschechen verweigern bis heute den Euro und schwö­ ren auf ihre Kronen. Dies ist nur eines der Anzeichen dafür, wie unterschiedlich es bei unseren östlichen Nachbarn zugeht. Dort, hinter dem knapp 900 Meter hohen Bergkamm, werden wir es erleben. Kaum haben wir diesen überwunden, erschließt sich uns ein beeindruckendes Szenario. Wir blicken hinab in die weite Ebene von Domažlice, kurven durch das steil am Hang platzierte Bergörtchen Klenčí mit seinen bei aller Plege ver­ witterten Häusern und wenden uns den

V

nördlichen Ausläufern des Böhmer­ waldes zu. Eine sattgrüne Hügellandschaft mit ruhigen, alten Dörfern umgibt uns. Wir schwingen über nicht minder ruhige Nebenstraßen Richtung Süden. Bald er­ spähen wir die Burg von Velhartice, dann die romantische Wehrkirche von Petrovice und die alte Synagoge von Hartmanice; ansonsten sind wir alleine

fahren wir entgegen und so steigt auch unsere Fahrstrecke an. Entlang des Wassers geht es noch durch dicht bewal­ detes, schattiges Gebiet, dann lüftet sich die Landschaft beim Anstieg. Über knackige Spitzkehren ziehen wir hinauf bis auf über 1000 Höhenmeter in die oberen Gebiete des Böhmerwaldes und ins Zentrum des Nationalparks Šumava. Modrava ist eine kleine Gemeinde im Hohen Böhmerwald, die lange Zeit von der Glasindustrie domi­ niert wurde, bis sich im 19. Jahr­ hundert Holzfäller hier nieder­ ließen. Das bemerkenswerteste Gebäude ist das ehemalige Säge­ werk, ein stattlicher Fachwerk­ bau mit weiß getünchten Wän­ den. Von weit oben haben wir es im Blickfeld, denn wir residieren im erhöht platzierten Hotel Klostermannhütte, einem für den Club böhmischer Tou­ risten 1924 erbauten Berghaus. Noch mehrere enge Kehren auf steigender und schmaler, nicht gerade perfekt asphal­ tierter Bergstraße durch dichten Wald, und schon beinden wir uns auf der luf­ tigen Hochebene von Filipova Huť und Horská Kvilda. Typisch holz­ und stein­

» TOLLER START IM WILDEN TEIL DES BÖHMERWALDS « unterwegs, umgeben von unberührter Natur. Dann tauchen wir in das Tal der Otava ein, lang gezogene, lotte Kurven folgen dem Flusslauf bis zum fröhlich dahin sprudelnden Wildbach Vydra, dem Fluss der Fischotter. Ganz bezau­ bernd liegt dort das Örtchen Rejštejn, wo sich Kanu­ und Kajakfahrer tum­ meln, um den Wildluss zu bezwingen, der von der Wasserscheide auf den Höhen des Böhmerwaldes kommt. Der

Das malerische Städtchen Rejštejn liegt am Eingang zum Naturreservat Šumava, wo eine Holzbrücke den Wildluss Vydra passiert (oben). Die Naturzonen im Hochland lassen sich zu Fuß erkunden. Holzstege führen zu Torfmooren, abgelegenen Seen und Tierparadiesen wie der Eulen-Voliere in Borová Lada (rechts).

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Spritzig und beschaulich zugleich: Die Hochlagen des Böhmerwaldes bieten alles, vom Fahrvergnügen bis zum Naturerlebnis. gemauerte Gehöfte beleben wie bunte Sprenkel die Berglandschaft. Torfmoore sind in diesen oberen Lagen eine kleine Sensation. Jezerní slať und Chalupská slať lassen sich über Holzstege begehen und bieten an ihrem Ende wunderbare Ausblicke auf die Hochmoorlandschaft mit dem größten Moorsee Tschechiens. Dann folgt Borová Lada, ein kleines Straßendorf mit kaum 300 Einwohnern und einer Eulen­Voliere.

Kurs Süd vom Böhmerwald zur Moldau In den oberen Lagen des Böhmerwaldes, beim Städtchen Kvilda, entspringt die Warme Moldau, einer der Zulüsse der Moldau, der wir uns nun an die Fersen heften. Südlich von Volary vereinigen sich die Warme Moldau und die aus dem Bayerischen Wald kommende Kalte Moldau, um von nun an als der be­ kannte, von Bedřich Smetana sinfonisch vertonte Fluss weiterzusprudeln. Wäh­ rend unserer lotten Fahrt in tiefer gele­ gene Geilde Richtung Süden verändert sich die Landschaft schlagartig. Sanfte mediterrane Töne kommen ins Spiel. Das hügelige Land weitet sich zum fer­ nen Horizont. Wir ziehen durch Horní Planá, den Geburtsort des österreichischen Bieder­ meier­Autors Adalbert Stifter. Er be­ schrieb seine Heimatregion und wandte sich schon Mitte des 19. Jahrhunderts durchaus kritisch gegen die massiven

Waldrodungen. Rund um Horní Planá dehnt sich der Lipno­Stausee aus. Die aufgestaute Moldau bildet eine riesige, verlockende Wasserläche vor der Kulisse saftig grüner Wälder und Wiesen. Am Anleger in Horní Planá hat man die Chance, den See per Fähre zu passieren. Eine tolle Gelegenheit, um der ande­ ren Seeseite des bayerisch­böhmischen Grenzgebiets einen Besuch abzustatten. Denn hier beindet sich ein interessantes Industriedenkmal, der Schwarzenberger Schwemmkanal. 1775 legte der Ingeni­ eur Joseph Rosenauer die ersten Pläne vor, um die Wasserscheide zwischen Moldau und Donau im Gebiet der Fürsten Schwarzenberg zu überwinden. Diese technische Meisterleistung wurde im 18. Jahrhundert ausgeführt und im 19. Jahrhundert erweitert. Über den

Schwemmkanal konnte das Holz des Böhmerwaldes erschlossen und mühelos bergab transportiert werden. Ob per Fähre oder über ein verwunschenes kleines Sträßchen, auf idyllischen Wegen gelangt man in das abgelegene, tief im Wald versteckte Gebiet von Jelení, wo das Wasser des Schwemmkanals teils in engen Einfassungen dahinließt und streckenweise sogar unterirdisch gefasst ist. Beeindruckt stehen wir vor einem dieser Kanaltunnel, dessen Tor an eine Festung erinnert. Urlaubsparadies der Tschechen ist nicht nur der Böhmerwald, sondern auch die Region rund um den Lipno­ Stausee. Ausgedehnte Hotel­ und Ap­ partementanlagen wurden in den letzten Jahren gebaut sowie Cafés und Restau­ rants entlang der Straße. Segel­ und

Technische Meisterleistung des 19. Jahrhunderts: Kanaltunnel des Schwarzenberger Schwemmkanals.

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Mit der Fähre tuckert man ab Horní Planá gemütlich über den Lipno-Stausee zum bayerisch-böhmischen Grenzgebiet. Auslugsboote tummeln sich auf dem Wasser, Wasserratten darin. Wir neh­ men ein abseitig gelegenes Sträßchen, das durch Kiefernwälder entlang des Seeufers führt. Dann stehen wir auf der riesigen Staumauer. Auf der einen Seite plätschert das kleine Flüsschen Moldau zwischen gewaltigen Steinbrocken dahin. Auf der an­ deren Seite glitzert die riesige Wasserläche des Lipno­Sees. 1959 entstand der See mit dem Bau eines Kraftwerks im Mol­ dautal. Mit dieser Maßnahme sollten die Region und die lussabwärts liegenden Städte wie Český Krumlov, České Budějovice und Prag vor Über­ schwemmungen geschützt werden. Ein sinnvolles Unternehmen! Dennoch lagen im Sommer 2002 diese Städte unter

Wasser, nahm doch das Jahrhundert­ hochwasser hier seinen Lauf. Zurück auf die Straße. Ab der Stau­ mauer nimmt die Moldau wieder ihren natürlichen Verlauf an, bezwingt die Teufelsfelsen­Passage Čertova stěna und

ter eine herausragende Sehenswürdigkeit präsentiert. Das Zisterzienserkloster Vyšší Brod liegt idyllisch am Ufer der Moldau, seine weißgetünchten Mauern spiegeln sich malerisch im Wasser. Dann folgt Rožmberk nad Vltavou, wo Burg und Schloss derer von Rosenberg Ort und Moldauschleife bewa­ chen. In traumhafter Lage am Fluss entdecken wir das „Restau­ rant Motopark“, das mit der Prä­ sentation alter Maschinen um Kundschaft wirbt. Viele Tsche­ chen sind Motorradfans, vor allem wenn es um historische Fahrzeuge geht. Rosenberg ist nicht der einzige Ort, in dem dieses Faible geplegt wird. Von da an ist die Moldau ein be­ liebtes Wassersportrevier. Kanu­ und Kajakfahrer tummeln sich in den Som­ mermonaten zuhauf und mit Riesen­ geschrei und Gelächter geht es immer wieder über die zahlreichen Strom­ schnellen der Wehre. Die Landstraße folgt exakt den Windungen des Flusses – eine prächtige Etappe mit weitgezoge­ nen, eleganten Kurven. Oft fegen einhei­ mische Motorradfahrer in nicht gerin­ gem Tempo an uns vorbei. Wir fahren zwar zügig, aber etwas entspannter, schließlich wollen wir auch den visuellen Genuss mitnehmen. Vielleicht kein schöner Anblick, aber das bedeutendste Unternehmen der Umgebung ist die Papierfabrik in Větřní, an deren aus­

» TECHNIK, PRUNK UND GLANZ ENTLANG DER MOLDAU « setzt ihren Weg über Stock und Stein in verschlungenen Windungen und Schlei­ fen fort. Die Naturregion des Böhmer­ waldes weicht nun der historisch und kulturell reich gesegneten südböhmi­ schen Region, die uns alle paar Kilome­

Rožmberk nad Vltavou: Der Stammsitz der Rosenberger gehört zu den malerischsten Städtchen im Moldautal. 92 REISE MOTORRAD 1/2015


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gedehnten Anlagen wir vorbeirollen, um zwei Kurven weiter die Silhouette von Český Krumlov zu erblicken. Ohne Zweifel ist die UNESCO­Welterbe­ Stadt ein Highlight, was zum Makel massenhafter Besucherscharen führt. Aber man kann es niemandem verübeln. Auch wir stehen fasziniert auf der Aus­ sichtsplattform über einer Moldau­ schleife, blicken zur Altstadt mit engen Gassen und Kirchen und auf die dahin­ ter liegende Burg­ und Schlossanlage mit ihren ausgedehnten Gärten. Nicht minder attraktiv, aber zeitgemä­ ßer ist České Budějovice, eine lebendige, junge Stadt in historischem Gewand. Alte, traditionelle Häuser und urige Kneipen unter den Arkaden säumen den mit 132 auf 137 Metern größten Markt­ platz der Tschechischen Republik. Viele bürgerliche Gaststätten locken zur Ein­ kehr. Wir ziehen die Lokale vor, in de­ nen sich die ausgehfreudigen Tschechen amüsieren. Eines gefällt uns besonders gut, U tří sedláku, bei den drei Bauern. Hier herrscht eine vergnügliche, unge­ zwungene Stimmung bei deftiger böh­ mischer Küche und süigem Bier. Und über die Preise kann man auch nicht

meckern: keine vier Euro für einen Bra­ ten mit Knödel und Kraut!

Ein Tag im Südböhmischen Talkessel Weil es hier im Süden so schön ist, geradezu mediterran, einsam, friedlich und angenehm frisch, entscheiden wir uns für eine ausgedehnte Südroute und peilen wiederholt das Moldautal an. Doch diesmal nehmen wir den Weg über Zlatá Koruna. Der winzige Ort wird an drei Seiten vom Fluss umgeben und in seinem Zentrum thront das gar nicht kleine, bereits im 13. Jahrhundert gegründete Zisterzienserkloster Heilig­ kreuz. Im weiten, sanft hügeligen Land Südböhmens lassen wir uns treiben und genießen perfekte Rundumsichten bis hinein nach Österreich, wo die Hügel des nahen Waldviertels auszumachen sind. Dann wechseln wir auf kleine Ne­ benstraßen, kommen in schmale Täler, passieren kleine Flüsschen, dann geht’s wieder hinauf auf sattgrüne Hochebenen mit endlosen Feldern. Dank guter Aus­ schilderung inden wir das etwas ver­ steckt gelegene Hammerwerk Buškův hamr, wo sich am plätschernden Bächlein Ziegen und andere Haustiere tummeln.

INFO // Budweiser Budvar Bei der Originalmarke Budvar oder Bud­ weiser handelt es sich um ein Bier nach ursprünglicher Budweiser Brauart, das nur in České Budějovice gebraut wird. Jährlich werden bis 1,5 Millionen Hektoliter Bier produziert, womit Budějovický Budvar neben dem Pilsner Urquell zu den größten tschechischen Brauereien und den meist­ verkauften Biermarken im Ausland gehört. Das berühmte Bier hat eine lange Tradi­ tion. Der Verleih der Brauberechtigung durch König Ottakar II. Přemysl wird auf 1265 datiert. 1795 gründeten deutsche Bürger das Bürgerliche Brauhaus „Bud­ weiser Bürgerbräu“ und 1895 tschechische Brauer als Aktiengesellschaft das heutige „Budvar“. Bereits 1875 exportierte man nach Amerika. Immigranten aus Budweis

Das Budweiser-Stammlokal Masné krámy. brachten das Rezept mit, woraufhin unter der Regie von Anheuser­Busch „Budweiser“ produziert wurde. Daraus entwickelte sich eine der langwierigsten interkontinentalen Markenstreitigkeiten. 2010 entschied der Europäische Gerichtshof, dass die tsche­ chische Brauerei die älteren Rechte auf den Namen habe, somit Anheuser­Busch seine Marke namentlich nicht schützen lassen könne und diese nun als „Anheuser­ Busch Bud“ anbietet.

Český Krumlov steckt voller Highlights: Die seit dem 13. Jahrhundert bedeutende Stadt war Residenz der Witigonen, Rosenberger und Schwarzenberger. Altertümliche Häuser, Paläste und Kirchen schmiegen sich in enge Gassen innerhalb einer Moldauschleife. Darüber wacht die ausgedehnte Schlossanlage.

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Sehr lohnenswert ist eine Brauereibesich­ tigung in dem riesigen Brauereiareal, die einen mit der Herstellung des Bieres vertraut macht und eine Verkostung im Lagerkeller einschließt. Zur Geschichte des Bieres gehört auch das Traditionslokal „Masné krámy“. In dem auf das 16. Jahrhun­ dert zurückgehende Gebäude im Zentrum von Budweis befanden sich ursprünglich die Fleischbänke. Die Halle, die im Stil einer Basilika mit Seitennischen für die Händler erbaut war, wurde 1954 als Restaurant eröfnet und 2007 nach modernen Maß­ stäben und unter Berücksichtigung des historischen Erscheinungsbildes total renoviert. Heute ist Masné krámy ein stim­ mungsvolles Lokal, in dem schon immer und ausschließlich Budějovický Budvar ausgeschenkt wird.  www.budejovickybudvar.cz/de  www.visitbudvar.cz/de  www.masne-kramy.cz/de


Das Rathaus in Prachatice punktet mit reichen Sgraitto-Ornamenten (links). Verträumt: das Schlösschen in Žumberk (rechts). Wir gleiten an Weilern mit heraus­ geputzten Häusern, stattlichen Kirchen, Gehöften und malerischen Anwesen vorbei. Völlig unerwartet entdecken wir das romantische Schlösschen in Žum­ berk. Kein Mensch weit und breit. Erst im nächsten Dorf bleiben wir an der einzigen Straßenkreuzung zur Orientierung stehen, wobei uns zwei Bauern unaufdringlich und freundlich interessiert be­ äugen. Nur zwei Kilometer vor der Grenze zu Österreich erbli­ cken wir wieder eine Burg mit Schlossanlage, diesmal in Nové Hrady. Die Stadt liegt südlich der Teichland­ schaft Wittingauer Seenplatte. Inmitten des wuchernden Grüns dehnen sich große Wasserlächen aus, glitzernd und blendend im Sonnenschein. Die riesigen Weiher gehören zum südböhmischen Fischzuchtgebiet. Eng an eng schließen sie aneinander an, nur unterbrochen von schmalen Dämmen, die alleengesäumte Sträßchen aufnehmen. Viele Wege führen durch den Böh­ merwald und so haben wir uns für die Rückreise die Trasse der ehemaligen Salzstraße ausgesucht. Ein Abstecher bringt uns zunächst in das Bauerndorf Holašovice, wo sich rund um den Dorf­ weiher Höfe in südböhmischem Bauern­ barock gruppieren. Herrlich renovierte Häuser mit ausschweifenden Giebeln und bunt bemalten Ornamenten haben

dem Dorf den Titel UNESCO­Welt­ kulturerbe eingebracht. Auch Prachatice am mittelalterlichen Handelsweg zwi­ schen Passau und Böhmerwald ist wegen seiner Sgraitto­Häuser einen Abstecher in die Altstadt wert. Dann folgen wir

markanten Burg Kašperk, das im Mit­ telalter als Bergbaustadt im Goldminen­ revier berühmt war. Heute besticht es durch seine malerische Lage und durch ein absolut sehenswertes Motorrad­ museum. Ab Hartmanice zieht es uns auf prächtigen Spitzkehren auf die Anhöhe nahe der bayerisch­ böhmischen Grenze. Auf der an­ deren Seite, im Bayerischen Wald, blickt uns mächtig der 1455 Meter hohe Großer Arber an, während wir in Železná Ruda das herbe Wintersport­ gebiet erklimmen. Von dort sausen wir durch zahlreiche Kurven hinab und be­ enden unseren Wochenendauslug zu unseren tschechischen Nachbarn am Grenzübergang Folmava/Furth im Wald. Tschüss, bis zum nächsten Mal. 

» WELTKULTURERBE TRIFFT BÄUERLICHE IDYLLE « weiter dem Verlauf der Salzstraße hinauf in den Böhmerwald. Namhafte Städt­ chen wie Vimperk, Zdíkov und Kaš­ perské Hory sind an der Strecke entstan­ den. Ein Blickfang ist das letztere, ein hübsches gotisches Bergstädtchen mit der

Verspielte Ornamente, geschweifte Giebel, fröhliche Farben: Die Häuser des Bauerndorfes Holašovice.

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Allgemeines Der Böhmerwald ist eine 120 Kilo­ meter lange Bergkette, die sich entlang der tschechisch­deutsch­ österreichischen Grenze erstreckt. Auf dessen Höhe liegt die Wasser­ scheide des Donau­ und Moldau­ gebietes. Obwohl der Böhmer­ wald geologisch ein einziges Ge­ birge ist, wird er nach den politi­ schen Grenzen unterteilt: Auf tschechischer Seite liegt der Böh­ merwald Šumava, im östlichen Bayern der Bayerische Wald und im oberösterreichischen Mühl­ viertel der ebenfalls als Böhmer­ wald bezeichnete Gebirgszug. Seit dem Mittelalter wurden die waldreichen Gebiete gerodet. Es entstanden Verbindungswege zwischen Bayern und Böhmen wie der „Goldene Steig“, der vor allem für den Salztransport wich­ tig war. Seit dem 18. Jahrhundert wurden zunehmend neue Sied­ lungen angelegt, die auf Glashüt­ tenstandorte zurückgehen. Holz blieb weiterhin der wichtigste Wirtschaftsfaktor. Große Bedeu­ tung für die Holzbringung hatte der Schwarzenberger Schwemm­ kanal, der nach den Plänen des Ingenieurs Joseph Rosenauer ab 1789 angelegt und stetig erwei­ tert wurde. Mit ihm konnte das Holz des Böhmerwaldes bis zur Großen Mühl und zu deren Mün­ dung in die Donau treiben, wo es abgefangen wurde. Während des Kalten Krieges ver­ lief hier der Eiserne Vorhang. Das militärische Sperrgebiet begüns­ tigte die ungestörte Entwicklung der Natur. So schloss sich 1994 die Drei­Länder­Region zur gemein­ samen „Euroregio Bayerischer Wald – Böhmerwald“ zusammen. Klenčí

Das RenaissanceRathaus am Marktplatz von České Budějovice. Große Teile des tsche­ chischen Böhmerwalds wurden zum „Biosphä­ renreservat Šumava“ er­ klärt. Das bedeutende und artenreiche Land­ schaftsschutzgebiet umfasst 68 064 Hektar und ist damit der größte Nationalpark der Tsche­ chischen Republik. In diesem Gebiet ent­ springt die Moldau und ließt über Südböhmen in Richtung der Haupt­ stadt Prag. 1959 wurde die Moldau mit dem Bau des Lipno­Staudamms aufge­ staut. Der See, heute ein beliebtes Tourismusgebiet, ist mit einer Fläche von 46,5 Quadratkilome­ tern der größte See der Tschechi­ schen Republik. Im Südosten grenzt an den Böhmerwald die Südböhmische Region. Den Kern bildet der Südböhmische Kessel mit dem Fischzuchtgebiet „Wittin­ gauer Seenplatte“. Verwaltungs­ sitz und zugleich größte Stadt ist České Budějovice, früher Königs­ stadt, heute Universitätsstadt. 24 Kilometer nördlich baute man seit 1987 Temelín, das größte Kernkraftwerk Tschechiens, das wegen seiner grenznahen Lage von deutscher und österreichi­ scher Seite oft kritisch beäugt wird. Ansonsten ist Südböhmen eine ruhige, entspannte und ländliche Region mit zahlreichen histori­ schen Städten, Schlössern und Anwesen der Adelsgeschlechter der Witigonen, Schwarzenberger und Rosenberger.

Heute ist der Tourismus sowohl im Böhmerwald als auch in Südböhmen ein wichtiger Wirt­ schaftsfaktor. Die beste Werbung für die Region ist das Reiseverhal­ ten der Tschechen selbst: Die meisten Einheimischen verbrin­ gen ihren Urlaub im Böhmerwald Šumava, in der Ferienregion am Lipno­See, an der Moldau, im südböhmischen Angelparadies oder in den alten, seit der Wende hervorragend renovierten Kultur­ stätten. Highlights Das Biosphärenreservat Šumava bietet zahlreiche Attraktivitäten aus den Bereichen Flora und Fauna. Im hohen Böhmerwald, bei Kvilda und Borová Lada lassen sich auf Holzstegen zwei ausgedehnte Torfmoorgebiete begehen, Jezerní slať und Chalupská slať. Ebenfalls in Borová Lada errichtete man eine sehr interessante Eulen­Voliere. Wen es zu einer kleinen Abwechslung zieht, die Hochgebirgsregion rund um Modrava, Horní Kvilda

Domažlice

Tábor Kdyně Klatovy Folmava Písek 10 km Pocinovice WaldMo Strážov lda münchen Furth CZ u Nýrsko Velhartice im Wald Sušice HojsovaCham Stráž Kašperské Hory Železná Ruda Hluboká Nová Rejštejn Vimperk Třeboň Bayrisch Hůrka ČESKÉ Eisenstein Prachatice Kvilda Zwiesel BUDĚJOVICE Modrava M Horní Vltavice Holašovice D o Regen lda u Volary Trhové Sviny Nové Hrady Horní ČESKÝ Žumberk Prag Planá KRUMLOV Šva Kaplice Brünn rce nb Lipno- Rožmberk ers Stausee ký Dolní München kan Frymburk Dvořiště Linz Wien al Vyšší Brod

Passau

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und Kvilda ist eine reizvolle Wan­ dergegend. Neben den natürlichen Schätzen sind der Böhmerwald und Süd­ böhmen traditionsreiche Kultur­ landschaften, wo sich Kultur­ schätze seit dem Mittelalter erhal­ ten haben und eine reichhaltige Palette an Sehenswürdigkeiten anbieten. Im Böhmerwald bietet sich der Besuch der Burg Velhartice und der Burg Kašperk an. Im Berg­ baustädtchen Kašperské Hory beindet sich ein sehenswertes Motorradmuseum, das direkt am Marktplatz gegenüber der Kirche zu inden ist. Im Geburtshaus des „Dichters des Böhmerwaldes“ Adalbert Stifter in Horní Planá ist eine Ausstellung zu seinem Lebenswerk untergebracht. Von Interesse ist zudem der Schwar­ zenberger Schwemmkanal im bayerisch­böhmischen Grenz­ gebiet, der von Horní Planá per Autofähre über den Lipno­Stau­ see direkt erreichbar ist. Die Fähre verkehrt von Mitte Juni bis Mitte September einmal stündlich, zu anderen Jahreszeiten unregelmä­ ßig je nach Bedarf.  www.hrad-velhartice.cz  www.kasperk.cz/de  www.schw-kan.com Entlang der Moldau punkten malerisch gelegene Schlösser und Klöster. Das Zisterzienserklos­ ter Hohenfurth in Vyšší Brod, die Schlossanlage von Rožmberk nad Vltavou, das Kloster Zlatá Koruna und das romantische Bilderbuchschloss Frauenberg in Hluboká nad Vltavou.  www.klastervyssibrod.cz  www.hrad-rozmberk.eu  www.zlatakoruna.cz  www.klaster-zlatakoruna.eu/de  www.hluboka.cz/de Die städtischen Highlights sind ohne Zweifel die denkmalge­ schützten historischen Stadtzen­ tren von Český Krumlov (Krum­


mau) und České Budějovice (Budweis). Český Krumlov wird als Kulturdenkmal auf der Liste des UNESCO­Welterbes geführt. In der renovierten Mühle an der Moldau ist eine Ausstellung von Motorrädern untergebracht. In České Budějovice beindet sich im Kleinen Salzhaus das Südböh­ mische Motorradmuseum, eine der größten Ausstellungen his­ torischer Motorräder der Tsche­ chischen Republik. Das nahe gelegene historische Städtchen Prachatice besticht vor allem mit seinen Sgraito verzierten Häu­ sern am Stadtplatz. Nicht entge­ hen lassen sollte man sich den Besuch von Holašovice. Auch dieses hervorragend renovierte, typische Dorf mit Höfen in süd­ böhmischem Bauernbarock ist UNESCO­Weltkulturerbe.  www.krummau.de  www.visitceskebudejovice.cz  www.motomuseum.cz  www.prachatice.eu  www.holasovice.eu Im südböhmischen Kessel sei der Besuch der Hammerschmiede Buškův hamr, einer wasserbe­ triebenen Maschinenschmiede empfohlen. Das Anwesen ist auf der >157< zwischen Kaplice und Trhové Sviny ausgeschildert. Ebenfalls lohnen sich Schloss Žumberk und Burg Nové Hrady.  www.zumberk.com  www.hrad-novehrady.eu/de Klima und Reisezeit Die meisten Gebiete des Böhmer­ waldes gehören dem kühlen mit­ teleuropäischen Mittelgebirgs­ klima an. Die Südseite mit den südlichen Berghängen und dem Tal der Moldau können schon der gemäßigt warmen Zone zuge­ rechnet werden, während Süd­ böhmen durchaus warmes, sonni­ ges und trockenes Klima aufweist. Großklimatisch beindet man sich im Übergangsbereich von atlan­ tisch­westeuropäischer zu konti­ nental­osteuropäischer Zone, was ein Mischklima begünstigt, das Elemente beider Grundtypen ver­ einigt. Schneereiche Winter und gemäßigte Sommer im hohen Böhmerwald, heiße Sommer im Süden und allgemein angenehme Frühjahrs­ und Herbstmonate sind charakteristisch. So sind auch die Monate von Ende April bis in den Oktober hinein ideal zum Motorradfahren. Essen und Unterkunft Ja, die Braten und Knödel, die haben es in sich! Die böhmische Küche ist eine sehr deftige und herzhafte. Suppen sind gut ge­ würzt, ob Rinder­, Kartofel­ oder

Knoblauchsuppe – an Knoblauch wird nicht gespart. Zu Lenden­, Schweinebraten oder Gegrilltem wird Rot­, Sauer­ oder Süßkraut serviert. Dazu gibt es die berühm­ ten Knödel, wahlweise aus Sem­ mel­ oder Kartofelteig. Vegetarier haben es nicht ganz so leicht, werden aber auch fündig. Zu be­ achten ist, dass auf der Speise­ karte angebotene „vegetarische Gerichte“ nicht unbedingt leisch­ los sind, sondern einfach nur etwas leichtere und leischarme Kost meinen. Fleischlose Gerichte indet man unter der Rubrik „bez­ masé jídla“. Da gibt es eine sehr schmackhafte Palette: Gebackene Gemüse wie Blumenkohl, geba­ ckenen Käse, Kartofel­ und Ge­ müsegerichte sowie bunte Salate. Nicht zu vergessen sind die lecke­ ren Süßspeisen, die jedem auch als Nachspeise schmecken wer­ den: Palatschinken in allen Varia­ tionen, Obstknödel mit Quark und Butter serviert, und eine breite Auswahl an Kuchen. Zum Abschluss gönnt man sich einen Schnaps, typisch sind Sliwowitz und Becherovka aus Karlovy Vary. Die Autoren empfehlen folgende Hotels: • Hotel Klostermannova chata in Modrava/Hoher Böhmerwald  www.klostermannovachata.cz • Schlosshotel Zdíkov in Zdíkov/ Böhmerwald  www.schlosshotel-zdikov.de • Hotel Klika in České Budějovice  www.hotelklika.cz • Penzion Centrum in České Budějovice  www.penzioncentrum.cz Reiseführer und Landkarten • Michael Bussmann, Gabriele Tröger, Südböhmen­Böhmer­ wald, Michael Müller Verlag, Erlangen, 2014, ISBN 978­3­ 89953­831­1, 16,90 Euro • Die Generalkarte Tschechien 1, Westböhmen/Mittelböhmen, Mairs Geographischer Verlag, 1:200.000, ISBN 3­89525­015­5, 8,99 Euro Wichtige Adressen Informationen zur Region, zu Sehenswürdigkeiten, Unterkünf­ ten und Gastronomie erhalten Sie unter  www.npsumava.cz/de  www.boehmerwaldjournal.de  www.tschechische-gebirge.de/ boehmerwald  www.jiznicechy.cz

INFO // Motorrad fahren öhmerwald und Südböhmen sind ideale Regionen für unbe­ schwertes Motorradfahren. Auf den Nebenstraßen ist man meist alleine unterwegs, allerdings muss man sich auf weniger guten Asphalt einstellen. Insbesondere im Böhmerwald kann in Kurven Rollsplitt liegen. Die großen Überlandstraßen sind perfekt ausge­ baut, aber verkehrsreich und oft stark von Lastwagen befahren. Auf­ passen sollte man mit dem Tempo, da hier gerne geblitzt wird.

B

Die beschriebene Route beginnt am Grenzübergang Waldmün­ chen/Höll. Von hier führt eine Bergstraße die Anhöhe hinauf und auf der anderen Seite bergab in den Talkessel von Domažlice. Weiter geht es auf der 22 Richtung Klatovy, wobei man kurz nach Kdyně auf eine kleine Straße abbiegt. Auf einsamer Strecke fährt man nach Strážov, Petrovice und Hartmanice am Einstieg in den Nationalpark Böhmerwald. Eine kurvenreiche Strecke führt durch die idyllische Landschaft entlang der Flüsse Otava und Vydra. Kurz nach Rejštejn zweigt eine weitere Route ab, ein leicht holpe­ riges Sträßchen, das erst schattig durch dichten Wald führt und sich dann in Serpentinen in die Höhe schwingt, wo man mit Srní und Modrava den Hohen Böhmerwald erreicht. Auf der kargen Höhe geht es über Filipova Huť nach Kvilda. Ab hier folgt die 167 dem Lauf der Warmen Moldau. Bei sanftem Gefälle geht es allmählich in tiefere Lagen die Südseite des Böhmerwaldes hinab. In Horní Vltavice biegt man auf die 4 ab, um nur drei Kilometer später auf die 39 abzuzweigen. Großzügig, mit gutem Asphalt aus­ gestattet, gibt sich die Straße als perfekte Motorradroute. Es mangelt nicht an Kurven, Auf­ und Abfahrten und hervorragenden land­ schaftlichen Ausblicken. Volary, Horní Planá und der Lipno­Stausee sind die Highlights der Strecke. Weiter entlang des Sees geht es ab Černá v Pošumaví auf der 163 bis zur Lipno­Staumauer und Vyšší Brod. Nun folgt ein fahrerisches Glanzstück, die Route durch das Moldautal auf der 160 über Rožmberk nad Vltavou bis Český Krumlov. Auf schneller, aber auch viel befahrener Landstraße, 39 und 3, erreicht man zügig České Budějovice. Für eine Rundfahrt im malerischen Südböhmischen Talkessel bietet sich folgende Route an. Man verlässt České Budějovice Richtung Süden auf der 3, biegt in Planá ab auf die 143 und wieder in Křemže nach Zlatá Koruna. Das kleine, verwunschene Sträßchen kringelt sich nahe der Moldau und mündet kurz vor Český Krumlov auf die 39. Von hier kann man über die 160 nochmals das Moldautal genießen. An dessen südlichen Ende biegt man links auf die 163 bis Dolní Dvořiště, folgt dann der gut ausgebauten 3 und begibt sich ab Kap­ lice auf die einsamen Nebenstraßen. Auf der 157 geht es bis Trhové Sviny, dann auf der 156 mit kleinem Abstecher nach Žumberk, nach Nové Hrady und vorbei an zahlreichen Weihern auf der 154 nord­ wärts Richtung Třebon, wo man sich wieder westwärts Richtung České Budějovice wenden kann. Westwärts verlässt man České Budějovice im Südwesten der Stadt in Richtung Dubné. Im Örtchen Čakov zweigt man zum Bauerndorf Holašovice ab und kann dann westwärts auf abgeschiedenen, kurvigen Sträßchen bis Prachatice fahren. Etwas lotter geht es dann auf der sehr gut ausgebauten 141 und 145 bis Vimperk, womit man wieder mitten im Böhmerwald einliegt. Die 145 windet sich auf der Anhöhe über Zdíkov, Stachy und Kašperské Hory, wo sie auf perfekten Kehren hinab ins Vydra­Tal schwingt. Ein kurzes Stück folgt man nun derselben Strecke wie auf der An­ fahrt. In Hartmanice aber zweigt man ab auf die 190, um sich den westlichen Höhen des Böhmerwaldes zuzuwenden. Immer wieder Aufahrten, Serpentinen, dann lange Passagen auf den Hochlächen, das markiert die Route über Železná Ruda, den Wintersportort Špičák und Hojsova Stráž, bis sich die Strecke bergab windet entlang des Nýrsko­Stausees und zur Stadt Nýrsko. Weiter auf der 190 geht es über Všeruby nach Česká Kubice und zur nahe gelegenen Grenze Folmava, wo man das bayerische Furth im Wald erreicht.

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