basel.stadt. Neu erschienen
Rasante Entwicklung
BaZ | Donnerstag, 14. April 2011 | Seite 32
Verdingbub sucht den Heiligen Gral
Der in Basel lebende Herbert Blaser verarbeitet seine Wahrheitssuche in einem Krimi
Ralph Schindel
Es gibt zwar mit Basel, Riehen und Bettingen nur drei Gemeinden im Kanton Basel-Stadt, dennoch wissen die wenigsten Bescheid über die kleinste. Wer sich trotzdem für die rund 1200 Einwohner zählende Gemeinde Bettingen interessiert, kann seinen Wissensdurst nun mit der neuen Dorfgeschichte stillen. Im Gegensatz zu jener über Riehen lädt hier bereits das Titelbild zum Lesen und Stöbern ein. Das Buch ist in acht Kapitel unterteilt, die die Themen Geografie, Politik und Gemeinschaft, Entwicklungen vom Bauern- zum Pendlerdorf, Schule und Freizeit, das Verhältnis zu den Nachbarn im Lauf der Zeit und die Religion abdecken. In allen Kapiteln wird die rasante Entwicklung des «basel-städtischen Engadins» spürbar. Spannend sind die Anekdoten aus früherer Zeit und die Kurzporträts von Einwohnern, die mit schönen Fotografien von Ursula Sprecher illustriert sind. So erfährt man, dass das Restaurant Brohus in den 50er-Jahren einen veritablen Zoo bewirtschaftete, zu dem sogar ein Gepard gehörte. Oder dass der abtretende Gemeindepräsident Willi Bertschmann von 76 Gemeinderäten der 24. aus der Familie Bertschmann seit 1799 ist. GUT PORTIONIERT. Nicht verschwie-
gen werden die Probleme, die das Basler Bergdorf nebst aller ländlichen Idylle eben auch hat. So haben die Bettinger schon früh Arbeit ausserhalb des Dorfes gesucht. Die Gemeinde musste und muss deshalb einige Anstrengungen unternehmen, um das dörfliche Leben in Schwung zu halten und Bettingen nicht zur reinen Schlafsiedlung werden zu lassen – etwa durch die Übernahme des Cafés Wendelin und den Dorfladen. Die Texte sind auch für Aussenstehende verständlich geschrieben und gut portioniert. Zusätzliche Hin gucker sind die vielen – auch historischen – Bilder. Es lohnt sich, mehr über die kleinste basel-städtische Gemeinde erfahren zu wollen. Bettingen – Geschichte eines Dorfes, von Sibylle Meyrat und Arlette Schnyder, 176 Seiten, Friedrich Reinhardt Verlag. Auf der Gemeindeverwaltung Bettingen für 35 Franken erhältlich oder gegen Unkostengebühr bestellbar: angelika.stadelmann@bettingen.ch, Tel. 061 606 99 99. Im Buchhandel kostet es 45 Franken.
wochenmärkte nordwestschweiz
Aesch: Dorfplatz, Sa 9–13 Uhr. Arlesheim: Dorfplatz, Fr 9–11 Uhr. Basel: Marktplatz, Mo, Mi, Fr 6–19 Uhr; Di, Do, Sa 6–13.30 Uhr und jeden Monat am zweiten und letzten Samstag bis 18 Uhr.
peter de marchi
In Herbert Blasers (45) Krimi «Cratalis» kommt ein Basler Kommissar den Hintergründen für einen Massenselbstmord auf dem Scheltenpass auf die Spur. Aber eigentlich fängt alles im Emmental an.
«E Chlapf a Gring» wäre weniger schlimm gewesen, weniger schlimm als die ständige Angst davor, sich zu versündigen, die ständige Angst, dem Bösen ausgesetzt zu sein. Herbert Blaser ist als Verdingbub auf einem Bauernhof im Emmental aufgewachsen. Nein, nicht das klassische Schicksal des Verdingbuben: karge Kost, harte Bettstatt, schuften bis zum Umfallen, Schläge. Herbert Blaser fühlt sich aufgehoben, ist Teil der Familie – diese Familie aber gehört der Pfingstgemeinde an, christliche Fundamentalisten, Frömmler. «Ich musste beichten, mich kasteien, um Vergebung bitten. Schuldgefühle noch und noch.» Das prägt seine Jugend.
Hoffart und Sünde. Herbert
Blaser lernt Goldschmied, besucht die Kunstgewerbeschule in Bern. Seine Liebe aber gehört dem Theater. Er schliesst sich während der Ausbildung einer freien Theatergruppe an, steht auf der Bühne. Die Gruppe aber bewegt sich im selben religiösen Umfeld wie die Emmentaler Bauernfamilie. Was gespielt wird, muss in den christlichen Rahmen passen, sonst ist Schauspielerei nur Hoffart und Sünde. Nach der Ausbildung kommt der Befreiungsschlag; Herbert Blaser haut ab, will auf eine Weltreise und landet in Marseille: «Jung, stark, aber ohne Geld», sagt er. Ohne Geld in der Fremde, Herbert Blaser meldet sich bei der Fremdenlegion. Ein Jahr später haut er ab. «Ich war ein Deserteur, aber die Ängste waren weg.» Sein Weg ist offen; er besucht Theaterschulen in Bern, Zürich und New York. Herbert Blaser beschreibt sein damaliges Gefühl: «Keine Sünde, keine Plage, keine Trübsal. Frieden in Stille, Frieden in der Vollkommenheit des Ganzen.» Die ultrareligiöse Vergangenheit hat er äusserlich abgestreift wie einen Mantel, die Fragen aber bleiben: Warum wird ein Kind im Namen Gottes so drangsaliert, warum lässt man es aufwachsen in der ständigen Angst, sich zu versündigen?»
Herbert Blaser macht sich auf die Suche nach der Wahrheit, nach dem Heiligen Gral. Er liest, reist durch halb Europa und glaubt schliesslich, die Wahrheit gefunden zu haben. In fast schon sträflicher Verkürzung: Der Heilige Gral ist das Hochzeitsgeschenk eines reichen jüdischen Kaufmanns an den Rabbiner Jesus. Wenn diese Wahrheit aber ans Licht käme, würde das ganze christliche Gottesbild in sich zusammenbrechen. Jesus wäre ein Mensch gewesen, es gäbe keine Dreifaltigkeit und damit auch keinen Heiligen Geist. direkte linie. «Ein Lügengebäu-
de würde in sich zusammenbrechen», sagt Herbert Blaser. Mit Macht, Gewalt und Unterdrückung verteidigt die Kirche seit 2000 Jahren ihren allumfassenden Anspruch auf die einzige Wahrheit. Es gibt für Blaser eine direkte Linie von den Tempelrittern, die die Wahrheit kannten und gemeuchelt wurden, hin zu den Tausenden kleinen Verdingbuben, denen eingetrichtert wird, dass das Böse in ihnen steckt, in der Natur, in allem, was sie lieben. «Nur das Gebet und der Mann Gottes kann sie sicher durch dieses Reich des Bösen führen.» Herbert Blaser hat seine religionsgeschichtlichen Studien und Reflexionen bereits als Essay in Buchform herausgegeben. Jetzt verarbeitet er das Thema als Thriller: Massenselbstmord von Sektenmitgliedern auf dem Scheltenpass. Kommissar Wyss kommt einem schaurigen Geheimnis auf die Spur: Die Sektenmitglieder wussten etwas über den Heiligen Gral und mussten dieses Wissen mit dem Leben bezahlen… Der erste Teil des Buches ist als Hörbuch beim deutschen Action Verlag erschienen. Jetzt entscheidet die Anzahl der Bestellungen und der Hörerreaktionen im Blog , ob Blasers Thriller vielleicht noch in diesem Jahr gedruckt wird. Eine Frage an den Autor Blaser drängt sich auf: Versucht er etwas billig auf der Erfolgswelle von Dan Browns Megasellern «Illuminati» und «Sakrileg» zu reiten. Blaser lacht. Seine Gralssuche habe er lange vor Dan Browns Romanen begonnen – und von Browns Erfolgen, «ja, davon träume ich».
Herbert Blaser: «Ich fand den Heiligen Gral», Verlag novum pro. 21 Franken. Hörbuch «Cratalis» unter: > www.baz.ch/go/blaser
Schauplatz Münster. In Herbert Blasers Thriller ist die Kirche verwickelt in dunkle Machenschaften. Foto Mischa Christen
Eine Beiz schreibt Kleinbasler Geschichte Buch im herbst. Der «Alte Schluuch» an der Greifengasse war früher die Beiz auf der Gasse schlechthin. Hier verkehrte alles, Eisenleger und Matrosen, Intellektuelle, Studenten, Zuhälter, Nutten, Schauspieler und Knastbrüder. Herbert Blaser kennt die Beiz; er arbeitete selber dort am Buffet und ist heute der Lebenspartner der Tochter der langjährigen Wirtin Johanna Dettwiler. Über die Beiz hat B laser ein Buch geschrieben: «Schluuch-Geschichten – Anekdoten
und Erinnerungen aus dem berühmten Kleinbasler Lokal». Es sind Anekdoten, Erinnerungen und Erzählungen aus über 50 Jahren Kleinbasler Geschichte; illus triert mit Fotos von Gaudenz Lüdin und Georg Freuler. Das Buch wird im Herbst im Basler Spalentor Verlag herausgebracht. 2001 hat Johanna Dettwiler das Restaurant verkauft – nach 53 Jahren. Blaser lässt die wechselhafte Geschichte der Beiz aufleben, auch jene Phase, als Junkies das Kleinbasel überrollten. pdm
ausgestellt
Einsicht auf Klarsicht
Basel: Vogesenplatz, Sa 9–17 Uhr. Basel: Matthäusplatz, Sa 8–13 Uhr. Basel: Neuwarenmarkt, Barfüsserplatz, Do 7–20 Uhr. Basel: Tellplatz, Sa 8.30–15 Uhr. Basel: Meret-Oppenheim-Platz, Di, Fr 10–20 h. Binningen: Kronenweg, Fr 8.30–11 Uhr. Bottmingen: beim Werkhof, Di 8.30–11.30 Uhr. Breitenbach: Eugen-Saner-Platz, Sa 8.30–12 Uhr Liestal: Stadttor, Di- und Sa-Vormittag. Reinach: Gemeindehausplatz, Fr 8–11.30 Uhr. Riehen: Dorfkern, Fr 8–12.30 Uhr.
Märkte/Bazar nordwestschweiz und NAHES UMLAND
Basel: Flohmarkt, Petersplatz, Sa, 7.30–16 Uhr. Lörrach: Neuer Marktplatz, Di, Do, Sa 7–13 h. Saint-Louis: Place de l’Europe, Sa 6–13 Uhr. Markttermine jeweils bis Mittwoch an: > stadt@baz.ch oder per Post: Basler Zeitung Stadt, Postfach, 4002 Basel. Elsass: Flohmärkte > www.vide-greniers.org
Gläser können vieles. Sie können das Auge blenden oder als präpariertes Glas die Sicht nach aussen e rmöglichen und nach innen verhindern. Gläser vermögen aber auch die Sicht zu schärfen. Direkte Einsicht in das Präzisionshandwerk der Optik bietet dem Passanten das Brillengeschäft Spalentor-Optik an der Missionsstrasse 1. Ein grosses Fenster gibt Einblick in das Atelier, wo nicht nur der Hightech-Schleifautomat als Herzstück dieses Arbeitsraumes zu sehen ist, sondern auch andere Apparate, mit denen Brillengläser unterschiedlichen Materials bearbeitet, gemessen oder kontrolliert werden. Zudem dienen Zangen und Schraubenzieher der Richtung von Brillengestellen – Optik als Handwerk, nicht Blendwerk. hei Foto Margrit Müller