Zeitreise nach St. Florian

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Eine Zeitreise nach mit der Florianerbahn.

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Der Bahnhof kurz nach seiner ErÜffnung. In der rechten Bildhälfte ist noch eine beim Bau verwendete Kipplore zu sehen. Dahinter das Sparkassenhaus und das Stift. Um 1913.

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Eine Zeitreise nach St. Florian mit der Florianerbahn. August 2013, ISBN: 978-3-9503469-4-7

Autoren: Manfred Carrington, Andreas Reiter, Mag. Konstantin Putz, Mag. Kurt Jedliczka Herausgeber: Lentia-Verlag, Manfred Carrington, 4030 Linz/Ebelsberg, Panholzerweg 1, Tel. 0732/320585-0, info@Lentia.at, www.Lentia.at Grafik, Reproduktion und Bildbearbeitung: Herkules Artwork Werbeagentur (Manfred Carrington, Andreas Reiter, Daniela Pfaffeneder, Stefanie Schütz, Ernst Schwarzenberger, Jasmin Ouaghnane), Panholzerweg 1, 4030 Linz/Ebelsberg, www.herkules-artwork.at Wir bedanken uns für Fotomaterial und tatkräftige Unterstützung bei: Aberl Kurt, Archiv Club Florianerbahn, Baumberger Karl, Fam. Böck, Böck Josef, Dastl Horst, Forster Ewald, Fortelka Klaus, Fam. Gradwohl, Grömer Gerhard, Hain Siegfried, Hauke Erwin, Dr. Hawlik Heinrich, Heibl Maria, Fam. Heibl (Aigner), Heinrich Josef, Heinzl Rudolf, Hermann Harald, Hirscher Christoph, Hinterecker Johann, Fam. Hochreiner, Fam. Höll, Fam. Jandl, Jedliczka Robert, Jungwirth Kurt, Kabelka Ernst, Karrer Grimoald, Kemmetmüller Horst, Kiener Helene, Knoll Otfried, Kögler Irmgard, Kramar Michael, Kuk Oskar, Fam. Kusper, Langthaler Margarethe, Lichtenauer Alois, Linninger Rudolf, Luft Alfred, Machner Helga, Mackinger Gunter, Marktgemeinde St. Florian, Fam. Mayer (Marienhof), Mayrbäurl Johannes, Meyer Arthur, Österreichische Gesellschaft für Eisenbahngeschichte, Fam. Pfistermüller, Prix Jörg, Fam. Quadlbauer, Reischl-Kaun Ulrike, Rieß Maria, Salzer Christine und Manfred, Senn Heidi, Scharf Franz, Fam. Scheinecker, Fam. Schicklberger, Schmied Peter, Schmid Roland, Schnitzler Arnold, Fam. Schreiberhuber, Schrempf Robert, Fam. Sommer, Spaller Engelbert, Steinhäusl Wolfgang, Stiftsarchiv St. Florian (DDr. Karl Rehberger und Dr. Friedrich Buchmayr), Ing. Taferner Harald, Tramclub Basel, Fam. Trauner, Fam. Weberberger, Wimmer Walter, Windtner Georg, Winkler Renate, Fam. Zaiser

Quellen und Literatur: Festschriften Musikverein Markt St. Florian, Festschriften Freiw. Feuerwehr Markt St. Florian, Festschriften Betriebsfeuerwehr Stift St. Florian, Festschrift Kriegsopferverband, Festschrift Freiw. Feuerwehr Rohrbach bei St. Florian, Festschrift Gendarmerie St. Florian, Bahn im Bild 12: Die Unternehmung Stern & Hafferl I, Wien 1980, Bahn im Bild 80: Die Unternehmung Stern & Hafferl III, Wien 1991, Bernauer: St. Florian in der NS-Zeit. Linz 2005, Carrington, Reiter: Der Süden von Linz. Ebelsberg 2007, Carrington, Reiter: Ebelsberg & Pichling bei Linz. Ebelsberg 2008, Dietscher: Siebzig Jahre Florianerbahn. Linz 1983, Hauke: Die Florianerbahn von der Lokal- zur Museumsbahn. Linz o.J., Hoffmann: Bauernland Oberösterreich. Linz 1974, Kure: Linz an der Tramway. Klagenfurt 1997, Linzer Volksblatt (div. Ausgaben), Linzer Tagespost (div. Ausgaben), Putz: Elektrisch in die Provinz. (Dipl.) Graz 1995, Rehberger, Wunschheim: 500 Jahre Markt St. Florian. St. Florian 1993, Rehberger, Wunschheim: St. Florian in alten Ansichten. Zaltbommel 1997, Scharf: Häuserchronik Marktgemeinde St. Florian. St. Florian, Schnitzler, Binder, Jedliczka: Lokalbahn Ebelsberg-St. Florian. St. Florian o.J., Sternhard: Straßenbahn in Linz, Wien 1980, Wunschheim: 100 Jahre Kaiser-Franz-Josef-Schule. St. Florian 1998.

Mit freundlicher Unterstützung von:

Außerdem bedanken wir uns bei den zahlreichen Inserenten, die zur Verwirklichung dieses Projekts beigetragen haben.

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Liebe Leser und Leserinnen! Die Florianerbahn ist 100! Als Fünfjähriger bin ich im Sommer 1973 noch mit der „Flocki“ über die Wiesen und Felder zwischen Ebelsberg und St. Florian getingelt, bevor die Bahn Ende des Jahres eingestellt wurde. Es ist eine von vielen schönen Erinnerungen, die mich stark mit meiner Heimat Ebelsberg-Pichling verbinden und schließlich vor einigen Jahren dazu bewogen haben, die Geschichte des Orts zu erforschen und gemeinsam mit Andreas Reiter in Buchform herauszugeben. Die Beschäftigung mit der Vergangenheit ist für uns beide zur Leidenschaft geworden. Deshalb habe ich den Lentia-Verlag mit dem Ziel gegründet, Geschichte lebendig aufzubereiten und einem breiten Publikum zugänglich zu machen. So sind dem 600-seitigen Standardwerk „Der Süden von Linz“ bereits mehr als 20 erfolgreiche und hochqualitative historische Publikationen gefolgt (einen Auszug aus unserem Verlagsprogramm finden Sie ab Seite 180). Dass wir uns mit diesem Buch nun St. Florian und der Florianerbahn widmen, war angesichts der traditionell engen Beziehung zu Ebelsberg gewissermaßen ein logischer Schritt. Es gibt viele persönliche

Berührungspunkte. Zudem haben wir im Zuge unserer Forschungen stets viel Unterstützung von DDr. Karl Rehberger und Dr. Friedrich Buchmayr (Stiftsarchiv) erfahren. Als der Club Florianerbahn mit Obmann Mag. Kurt Jedliczka wegen des Florianerbahn-Jubiläumsbuches auf uns zu kam, stand einer gedeihlichen Zusammenarbeit nichts mehr im Wege. Mag. Konstantin Putz hat dafür seine detailreiche Diplomarbeit zur Verfügung gestellt. Ein herzliches Dankeschön an dieser Stelle! Unser gemeinsames Ziel war keine eisenbahntechnische Abhandlung. Vielmehr wollten wir mit dem umfangreichen lokalhistorischen Teil zeigen, dass die Florianerbahn ein großer Bestandteil der Florianer Geschichte ist und trotz ihrer Einstellung vor Jahrzehnten als Legende weiterlebt. Wir hoffen, das ist gelungen. Bedanken möchte ich mich abschließend für die enorme Hilfsbereitschaft all jener Personen, die mich mit Bildmaterial und ihrem Wissen unterstützt haben und damit beigetragen haben, Geschichte für die nächsten Generationen festzuhalten. Ebenso sei den großzügigen Sponsoren und Förderern gedankt, ohne die solche aufwendigen Buchprojekte nur schwer realisierbar wären.

Manfred Carrington Geschäftsführer Lentia Verlag

I N H A L T Das Augustiner Chorherren-Stift St. Florian......... Seite 10 Markt und Gemeinde St. Florian......................... Seite 36 St. Florians Landwirtschaft................................. Seite 84 Die Entwicklung des Verkehrswesens................ Seite 100 Die Lokalbahn St. Florian – Ebelsberg................ Seite 108 5


Triebwagen 1 vor dem Bahnhofsgeb채ude 1973.

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Gratulation zum Jubiläum! Mit der Erfindung der Eisenbahn im 19. Jahrhundert veränderte sich das Verkehrswesen nachhaltig. Anfangs herrschte auch Skepsis vor: Fuhrleute fürchteten die Konkurrenz und durchaus seriöse Wissenschafter stellten Berechnungen auf, dass die hohe Geschwindigkeit gesundheitsschädlich sei. Doch angesichts der großen Vorteile des neuen Transportmittels war es kein Wunder, dass immer neue Linien gebaut wurden, ja ein regelrechter Eisenbahnboom einsetzte. So entstand auch Anfang des vorigen Jahrhunderts der Plan, Linz und Steyr durch eine zweite Bahnlinie zu verbinden, vor allem um die Versorgung der beiden Städte mit landwirtschaftlichen Produkten zu erleichtern. 1908 wurde ein dementsprechendes Aktionskomitee gegründet, dem der Bürgermeister der damals selbständigen Gemeinde Ebelsberg vorstand. Da die Steyrer Kaufmannschaft Widerstand leistete, wurde die neue Eisenbahnlinie vorerst nur zwischen Ebelsberg und St. Florian errichtet. Am 1. September 1913 konnte die neue, elektrisch betriebene Lokalbahn feierlich eröffnet werden. Sechzig Jahre

100 Jahre Florianerbahn Zu diesem besonderen Jubiläum darf ich dem Club Florianerbahn als Initiator der Festveranstaltungen und für das Engagement bei der Erhaltung und Sanierung der Remise sowie der Original-Zuggarnitur der Florianerbahn vorweg den Dank aussprechen. Mit dem „Start“ der elektrisch betriebenen Lokalbahn am 1. September 1913 gab es eine moderne öffentliche Verkehrsverbindung von St. Florian nach Ebelsberg. In den Nachkriegsjahren wurden bis zu einer Million Fahrgäste pro Jahr gezählt; diese nahmen jedoch durch die steigende Motorisierung stetig ab. Mitte 1972 kündigte sich das Ende des Betriebes der Florianerbahn an und mit 1. Jänner 1974 wurde dieser auch offiziell eingestellt. In späteren Jahren wurde dann noch ein Museumsbahnbetrieb geführt. Viele Florianerinnen und Florianer fuhren mit der Bahn, die auch liebevoll „Flocki“ genannt wurde, in die Schule, zur Arbeit oder zu Besorgungen in die Landeshaupt-

lang bestand diese Regionalverbindung, da jedoch die Auslastung immer geringer wurde, die Strecke sanierungsbedürftig und ein wirtschaftlicher Betrieb nicht mehr möglich war, wurde die Linie eingestellt. Am 1. Jänner 1974 verkehrte die Florianerbahn, unter großer Anteilnahme der Bevölkerung, zum letzten Mal. Bereits kurz darauf entstand der Plan, die Strecke als Museumsbahn weiterzuführen und so dieses technische Denkmal zu erhalten. Auch wenn ein Fahrbetrieb derzeit nicht möglich ist, so vermitteln doch die Remise, die gerade originalgetreu renoviert wird, und die alten Garnituren einen Einblick. Dies alles erfordert großen materiellen und auch ideellen Einsatz. Ich danke daher dem Club Florianerbahn, seinem Obmann Kurt Jedliczka und seinen Helferinnen und Helfern für ihr ehrenamtliches Engagement sehr herzlich. Sie helfen mit, ein Stück der Geschichte und der Identität unseres Landes zu bewahren. Zum 100-jährigen Bestehen der Florianerbahn gratuliere ich dem Club und allen Freunden der Florianerbahn ganz herzlich und wünsche weiterhin viel Freude an ihrer wichtigen Aufgabe. stadt Linz. Es werden damit zahlreiche liebe Erinnerungen verbunden und die Bahn hatte nicht nur eine historische Bedeutung, sondern stellte ein gewisses „Wahrzeichen“ für St. Florian dar. Die Marktgemeinde St. Florian ist Eigentümer der Trasse und auch der Remise sowie des „Alten Bahnhofs“. Deshalb unterstützt die Gemeinde den Club auch finanziell bei der Sanierung des historischen Remisen-Gebäudes. Ich gratuliere zur Herausgabe dieses Buches und bedanke mich bei den Autoren und dem Verlag sowie bei all jenen, die „Material“ zur Verfügung gestellt haben. Ein herzliches Dankeschön im Namen der Gemeinde nochmals dem gesamten Team des Clubs Florianerbahn unter Obmann Kurt Jedliczka, das mit großer Begeisterung und fachlicher Kompetenz großartige ehrenamtliche Arbeit leistet und unzählige Stunden in dieses Projekt investiert. Viel Erfolg und Freude auch weiterhin bei der Erhaltung unserer Florianerbahn!

Dr. Josef Pühringer Landeshauptmann

Robert Zeitlinger Bürgermeister von St. Florian

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Blick テシber Markt und Stift St. Florian in Richtung Linz. Dazwischen liegen der テ僕berg und die Ortschaft テ僕kam.

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Neue Ziele für den Öffentlichen Verkehr Als vor 100 Jahren die Florianerbahn in Betrieb genommen wurde, stand das Eisen­ bahn­­wesen in seiner ersten Hochblüte. In den Ballungsräumen wurden, ebenso wie vielen Regionen, zig neue Strecken errichtet. Heute, nach­ dem viele Bahnlinien eingestellt wurden und der motorisierte Individualverkehr einen vermeintlichen Siegeszug gefeiert hat, stehen wir wieder vor einer Hochblüte des Eisenbahnwesens. Denn schon lange wurden in ganz Europa nicht mehr so viele neue Strecken eröffnet, wie in den letzten zehn Jahren. Das Motiv heute ist es, den beinahe im Verkehr versinkenden Städten Entlastung zu verschaffen. Nur schienengebundene Verkehrsmittel können in den Ballungsräumen die Pendlerströme, die Schülerinnen und Schüler und viele andere Bevölkerungsgruppen schnell, komfortabel, sicher und pünktlich befördern. In Oberösterreich haben wir uns zum Ziel gesetzt, bis 2025 den Anteil des öffent­ li­ chen Verkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen deutlich zu steigern. Dazu gehört es, innovative Projekte zu verfolgen. Ein solches Projekt könnte u.a. auch die Wieder­

errichtung einer Schienenverbindung in den Raum Asten/St. Florian sein. Eine Skizze dazu findet sich im Gesamtverkehrskonzept für den Großraum Linz, das im Laufe des Jahres 2013 im Oö. Landtag diskutiert wird. Es wird vorgeschlagen von einem zukünftigen Verkehrsknoten in Pichling (mit West­ bahn, Straßenbahn, Park & Ride Anlage) eine Verbindung Richtung St. Florian zu etablieren. Eine zukünftige S-Bahn-artige Verbindung auf der 900mm Spurweite der Linzer Straßenbahn kann als Zubrin­ger zur Westbahnstrecke für die täglichen Fahr­gäste sehr attraktiv sein. Im Raum St. Florian wäre auch eine Verknüpfung mit Regionalbuslinien mög­ lich. Auch birgt diese Strecke ein beträchtliches Potential für Freizeitverkehre. Generell ist die Zeit momentan reif, wieder in größeren Maßstäben für den öffentlichen Verkehr zu denken. Abschließend möchte ich meine Hochachtung und meinen Dank für die Arbeit der Freunde der Florianerbahn zum Ausdruck bringen. Ihrem ehrenamtlichen Engage­ment verdanken wir, dass nach wie vor ein Großteil der historisch wertvollen Fahrzeuge und die denkmalgeschützte Remise erhalten sind.

Happy Birthday, „Flocki“

groß war der Andrang der „Flocki“-Fans bei der Abschiedsfahrt am 1. Jänner 1974. Auch wenn die Florianerbahn seit diesem Zeitpunkt nicht mehr als öffentliches Verkehrsmittel verkehrt und mittlerweile auch der Museumsbetrieb eingestellt werden musste, so „lebt“ die Florianerbahn Dank des unermüdlichen Engagements des Clubs Florianerbahn bis heute weiter und kann heuer ihren 100. Geburtstag feiern. Die liebevollen und detailgetreuen Renovierungen der Remise und die Original-Garnituren ermöglichen einen einzigartigen Blick in die Vergangenheit. Dem Team des Clubs Florianerbahn ist es zu verdanken, dass diese Zeitzeugen auch für künftige Generationen erhalten bleiben. Im Namen unseres Familienunternehmens Stern & Hafferl gratuliere ich der Florianerbahn ganz herzlich zum Jubiläum und zur Veröffentlichung dieses Buches voller nostalgischer Erinnerungen, historischer Details und prächtiger Bilder, welche die Geschichte der „Flocki“ auf eindrucksvolle Weise Revue passieren lassen.

Im heurigen April wurde das 100-jährige Bestehen der Attergaubahn mit einem großen Fest in Attersee gebührend gefeiert. 2012 durften wir den 100. Geburtstag der Traunseebahn festlich begehen. Die beiden von Stern & Hafferl erbauten Bahnen sind zwar alte Damen, erfreuen sich aber bis heute großer Beliebtheit. So wie die beiden Lokalbahnen wurde auch die Florianerbahn einst von den visionären Köpfen unseres Familienunternehmens Stern & Hafferl errichtet. Der Bahnbau wurde damals für eine fixe Pauschalsumme durchgeführt und zeigte somit, dass Stern & Hafferl an den Erfolg dieses Projektes glaubte. Am 1. September 1913 wurde die Lokalbahn feierlich eröffnet. Mehr als 60 Jahre hat Stern & Hafferl die Florianerbahn betrieben. Für Generationen von Fahrgästen und Mitarbeitern war die Florianerbahn, die liebevoll „Flocki“ genannt wurde, täglicher Begleiter zur Schule, zum Arbeitsplatz und zum Einkaufen. Bis zu ihrer Einstellung hatte die Bahn etwa 12 Millionen Fahrgäste befördert. Entsprechend

Ing. Reinhold Entholzer Verkehrs-Landesrat

Ing. Günter Neumann Geschäftsführer Stern & Hafferl Verkehrsgesellschaft m.b.H.

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Blick auf das Stift um 1930: Im Vordergrund das Schillhubergut in Weilling 15. Es wurde bereits 1282 urkundlich erwähnt. Dahinter der Lokalbahnhof und das Sparkassengebäude, links das Gerichtsgebäude (heute Sparkasse) und anschließend die Häuser am Markt. 10


Das Augustiner Chorherren-Stift St. Florian „Das Stift St. Florian liegt eine halbe Stunde von der Poststraße zwischen Enns und Linz in einem schönen und fruchtbaren, durch sanfte waldbekränzte Anhöhen gebildeten Thale, das sich gegen Osten öffnet, und welches ein Bach, die Ipf in trägem Lauf durchfließt. Auf einer Terrasse der nördlichen Hügelreihe erhebt sich das Stiftsgebäude, zu dessen Füßen der Markt gleichen Namens sich hinzieht“. So beginnt der spätere Propst und „Reichshistoriograph“ Jodok Stülz seine 1835 erschienene Geschichte des Stiftes St. Florian, das als geistiger und wirtschaftlicher Mittelpunkt in einer der „schönsten Gegenden des Traunkreises“ thronte. Schon im 4. Jahrhundert soll es über dem angeblichen Grab des 304 in der Enns ertränkten Märtyrers Florian eine klosterähnliche Niederlassung gegeben haben, wie Mauerreste unter

der Stiftsbasilika beweisen. Das um 800 erstmals schriftlich erwähnte Kloster erlitt bei den Einfällen der Awaren und Ungarn schwere Schäden. 1071 reformierte Bischof Altmann von Passau das Klosterleben und restaurierte Kirche und Klostergebäude. Seither sind hier Augustiner Chorherren ansässig. Mit dem Kloster entstand ein Dorf, das Kaiser Friedrich III. auf Bitten des „ehrsamen, geistlichen und andächtigen“ Propstes Leonhard 1493 zum Markt erhoben hatte. Seither waren die weltliche und klösterliche Geschichte in St. Florian eng verbunden. Denn spätestens seitdem Kaiser Maximilian I. einige Frühlingstage 1514 im Stift verbrachte und mit päpstlicher Erlaubnis nach den Gebeinen des heiligen Märtyrers Florian graben ließ, wurde der Ort zum Ziel von immer

Unten: Die ältesten Fotoaufnahmen des Stifts fertigte der Linzer Fotograf August Red 1870 an. Ein Bild der Serien ist unten zu sehen und zeigt den Innenhof mit dem Brunnen. In diesem Trakt befindet sich die Bibliothek.

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In der „Topographia Florianensis“ von 1743 ist diese Stiftsansicht aus der Vogelperspektive enthalten. Die kolorierte Federzeichnung stammt von Karl Anselm Heiß und zeigt das Kloster nach der barocken Umgestaltung. 12


mehr Pilgern, die wiederum eine gute Einnahmequelle für den Ort darstellten. Und das obwohl die gesuchten Reliquien nie gefunden werden konnten.

Das Stift als weltliche Autorität Über die Jahrhunderte lenkte das Stift als Grundherrschaft die Geschicke seiner Untertanen, die wiederum zehent- und robotpflichtig waren. Die Pröpste stellten also die weltliche Autorität im Ort. Propst Peter Maurer setzte beispielsweise 1531 eine Marktordnung auf, die insbesondere für Bäcker, Fleischhauer und Gemischtwarenhändler (Fragner) bindend war und eine Fleischbeschau, Qualität und Gewicht von Brot oder das Angebot an Waren des täglichen Bedarfs regelte. Maße und Gewichte hatten sich an der Stadt Enns zu orientieren. Die Marktordnung war zugleich eine Feuerordnung, verpflichtete im Ernstfall alle Bürger zur Hilfeleistung oder schrieb quartalsmäßige Inspektionen der Rauchfänge vor. Später folgten verschiedene andere Handwerksordnungen, etwa für Binder, Schuster und Schneider. Mit seinen eigenen Besitzungen sowie den Zehent- und Robotleistungen seiner Untertanen befand sich das Stift also in einer politischen und wirtschaftlichen Position, die es zum autarken Kloster machten.

Reformation ohne Einfluss auf den „Wirtschaftsbetrieb“ Indessen scheint es um die geistliche Autorität des Stiftes gerade in jener Zeit schlecht bestellt gewesen zu sein, als die Ideen Martin Luthers sich wie ein Lauffeuer verbreiteten und auch das Land ob der Enns zu einem fast ausschließlich evangelischen Land machten. Propst Sigmund Pfaffenhofer (1553-1572) nahm es mit der Religion nicht so genau und schickte sogar zwei Studenten nach Wittenberg. Protestantische Gottesdienstformen hielten Einzug. Viele Geistliche heirateten oder sanken - wie später geurteilt wurde - auf „das Concubinat“ herab. Andere verließen das Stift. Dennoch gelang es, das katholische Erbe weiter zu bewahren. Der Position des Stiftes hat die Reformation nicht geschadet. Im Gegenteil: Mit der Rückkehr zum Katholizismus erlebte es eine neue Blüte.

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1603 bekannten sich nur mehr 20 Untertanen öffentlich zum protestantischen Glauben und an den späteren Bauernkriegen beteiligten sich die Florianer nur widerwillig.

Bedeutender Aufschwung, Ausbau und Umbau Mit Propst David Fuhrmann betrat 1667 ein Mann der Tat die Bühne. Zunächst sanierte er die Wirtschaft des Stiftes. Der 1676 erbaute repräsentative Meierhof gibt noch heute Zeugnis von dem neuen Selbstverständnis unter Fuhrmann. Als sein Hauptwerk gilt allerdings die umfassende Neugestaltung des Stifts. Es erlebte infolge des Sieges über die Türken bei Wien (1683) als Wallfahrtsort einen bedeutenden Aufschwung, denn der heilige Florian galt als Patron gegen äußere Bedrohungen des Landes. Was hier durch den Mailänder Baumeister Carlo Antonio Carlone, den Tiroler Jakob Prandtauer und den Steyrer Gotthard Hayberger in 66-jähriger Bauzeit geschaffen wurde, gilt bis heute als Barockjuwel des Landes. Manche Handwerksmeister der StiftsbaustelLinke Seite: Pilger in Begleitung des Klerus anlässlich des Kirtages zum Jubiläum des Märtyrertodes des Hl. Florian im Jahre 1904. Stift und Meierhof sind mit Girlanden geschmückt. Unten: Chorherren und Generalabt Propst Josef Sailer (Mitte), um 1910.

le siedelten sich im Markt an. Auch hoher Besuch stellte sich ein: 1732 besuchte Kaiser Karl VI. das Stift. 1743 kam das Herrscherpaar Maria Theresia und Franz von Lothringen. Dazu musste die Straße zwischen Linz und St. Florian ausgebessert werden. „Der Pfarrer kann den Untertanen Dispens erteilen, weil sie an zwei Feiertagen arbeiten müssen.“ Im Marmorsaal wurde das Mittagessen eingenommen. Beim ersten Trunk der Kaiserin wurden der Böller im Hof und 36 Böller im Herrengarten abgefeuert. Das Volk durfte beim Essen zuschauen und brach „fortwährend in Jubelgeschrei und Glückwunschrufe aus“. Die „Kaiserzimmer“ sind noch heute zu besichtigen. Insgesamt erlebte das Stift einen Aufschwung. Wertvolle Bücher und Kunstschätze wurden gesammelt. Darauf sollte sich die wissenschaftliche Tradition des Stiftes mit der bekannten „Historikerschule“ im 19. Jahrhundert stützen. Letztlich erlebte auch die Klostergemeinschaft einen regen Zulauf. Die Seelsorge durch Augustiner Chorherren erstreckte sich über ganz Oberösterreich. Aktuell werden 33 Pfarren rund um den Wimberg, im Raum Feldkirchen/Donau, bei Wallern, Vöcklabruck und Umgebung, in der Riedmark, Pfarren im Nordwald um Lasberg sowie die Umgebung von St. Florian und einige Linzer Pfarrgemeinden (Ebelsberg, Kleinmünchen und Pichling) betreut.

Während die Kirchen Samesleiten (oben) und Rohrbach (unten) 1786 abgetragen wurden, existiert das ehemalige Stiftsspital (Mitte) als Kirche St. Johann noch heute.

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Das Stift als kulturelles Zentrum Das wohl bekannteste Aushängeschild des Stiftes sind die Florianer Sängerknaben, die mit dem Gründungsjahr 1071 zu den ältesten Knabenchören der Welt gehören. Gemeinsam mit den angestellten Musikern erfüllen sie bis heute viele Aufgaben im Gottesdienst, bei Theateraufführungen oder anlässlich des Besuchs hoher Gäste. Überhaupt pflegt das Stift eine lange Musiktradition, die bis ins 9. Jahrhundert zurückreicht. Im 15. Jahrhundert besaß die Stiftskirche bereits zwei Orgeln. Mit dieser Musik ist der Name Anton Bruckner (1824-1896) untrennbar verbunden. Der gebürtige Ansfeldner wurde 1837 als Sängerknabe aufgenommen. Später kam er zuerst als Lehrer und dann als Stiftsorganist zurück in das Stift. Und selbst nach seiner Berufung zum Domorganisten in Linz bzw. zum Hoforganisten in Wien blieb Bruckner dem Ort treu. Er verbrachte hier Urlaube, komponierte oder spielte Orgel. Am 11. Oktober 1896 starb Bruckner in Wien und wurde auf eigenen Wunsch in der Gruft der Stiftsbasilika, direkt unter seinem Lieblingsinstrument – der großen Orgel des Franz Xaver Krismann – bestattet. Auch für seine prächtige Stiftsbibliothek mit Deckenfresken von Bartolomeo Almonte und Antonio Tassi ist das Stift berühmt. Heute werden dort 150.000 Bände aus der Zeit vor 1900 verwahrt. Den wertvollsten Schatz stellen die rund 800 mittelalterlichen Handschriften dar. Die Bibliothek bildete zugleich

die Grundlage für die bekannte St. Florianer Historikerschule, der bahnbrechende Gelehrte aus den Bereichen Geschichte, Archäologie und Theologie angehörten. Große Namen sind zum Beispiel Franz Kurz und Franz X. Pritz, der die erste Landeskunde von Oberösterreich verfasste. Josef Gaisberger gilt als Begründer der wissenschaftlichen Archäologie in Oberösterreich. Jodok Stülz hat das oberösterreichische Urkundenbuch herausgegeben und Wilhelm Pailler Volksliedgut gesammelt. Auf dem Gebiet der Entomologie (Käferkunde) machte sich der Ebelsberger Pfarrer Mathias Rupertsberger verdient, doch er war auch Historiker und brachte 1912 das mustergültige Buch „Ebelsberg – Einst und Jetzt“ heraus.

Oben: Unter dem Portrait Anton Bruckners hat sich der Kirchenchor mit Sängerknaben 1906 zur Probe im Musiksaal des Stifts versammelt. Am Cembalo der Komponist und Chorherr Franz Xaver Müller. Unten: Die Republik Österreich ehrte 1954 den Komponisten Anton Bruckner mit der Herausgabe einer 1.000-Schilling-Note. Auf der Rückseite trug sie die Brucknerorgel. Linke Seite: Stift und Markt St. Florian im Jahre 1772.

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Das Stift als wirtschaftliches Zentrum Noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts verdingte sich der Großteil der Florianer als Tagelöhner im Dienst des Stifts, das das wirtschaftliche Rückgrat der ganzen Region bildete. Mit eigenen produzierenden, verarbeitenden und erhaltenden Betrieben bildete es ein autarkes Gefüge.

Landwirtschaft des Stifts Weil die Stiftsökonomie stets mit gutem Beispiel vorangegangen war, konnte die Landwirtschaft in der Gegend von St. Florian bereits „zweckmäßig betrieben“ und auf eine „hohe Stufe“ gebracht werden. Seine Impulskraft war nicht zu unterschätzen, zumal ein Großteil der Bauern in der Umgebung dem Stift untertänig waren. Wie dicht das Netz der zehent- und robotpflichtigen Häuser war, zeigen die sogenannten „Florianer Pläne 1740–1783“ von Karl Anselm Heiß und Ferdinand Edangler, die sich bis heute erhalten haben. Nach der Bauernbefreiuung 1848 fie-

len die Einnahmen aus den Zehentleistungen zwar weg, aber die eigenen Flächen des Stifts machten es immer noch zum größten Grundbesitzer der Region. Noch heute werden 230 Hektar bewirtschaftet. Die stiftseigene Landwirtschaft – seit 1996 ein Demeter Betrieb – ist im Meierhof Hohenbrunn untergebracht. Der repräsentative Stiftsmeierhof, worin früher Werkstätten, Erhaltungsbetriebe und Stallungen für Kühe und Schweine untergebracht waren, entspricht schon lange nicht mehr seiner ursprünglichen Funktion. Nach seiner Renovierung wurde darin 1984 das Feuerwehrmuseum untergebracht.

Oben: Ansicht des Meierhofes, um 1676. Unten: Gemälde von Franz Ferdinand Runk, um 1795.

Linke Seite: Luftaufnahme von 1956: Von unten links verläuft die Stiftstraße (ehem. Linzer Straße). Gutsverwaltungskanzlei und Gesindewohnungen (1), Kutschen und Schlittengarage (2) (wurde 1973 abgerissen), Stube und Küche des Meierhofes (3) (heute Eingangsbereich des Feuerwehrmuseums), Pferdestall (4), Selche mit Schlot (5), Schmiede mit Schlot (6), Feuerwehrdepot der Stiftsfeuerwehr (7), Wagenschupfe (8) (für Leiter und Roßwägen), Schweinestall (9), Kuhstall (10), Stiftsbrauerei mit Schlot (11), Stiftsbäckerei (12), Fleischhauerei (13), Kellerstüberl (14) (der Stiftskeller war mit dem Keller des Meierhofes durch einen Gang verbunden), Meierhofküchengarten (15), Stiftsbauhof (16), Wohnhaus (17), Remise (18) (oben Wohnungen, unten Garagen für Gerätschaft, dahinter hatten die Mieter Holzhütten und einen kleinen Garten), Gärtnerhaus mit dahinterliegender Gärtnerei (19), Zimmerei (20), Pavillon (21), Holzstadl (22), Futtersilos (23), Hubertushof (24) (war vorerst als Eiskeller geplant, später für Wohnungen umfunktioniert), Verwalterhaus (25) (Landwirtschaft und Jäger), Orgelbauer Windtner (26), Hayböck (27) (ehemaliges Gasthaus „Zum Hasen“), Klaffenböck am Ölberg (28), Friedhof (29), Stiftsbasilika (30), Marienkapelle (31) (hohe Fenster), Kaiserzimmer (32), Bläserturm (33), Gasthaus „Zum Goldenen Löwen“ (34). 19


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Oben und unten: Der 1730 errichtete Meierhof Hohenbrunn 4. Rechts hinten das ehem. Försterhaus (Schabes), 1956. Links: Weide der Pinzgauerkühe, die vom Meierhof auf eine Wiese nahe des Bahnhofs der Florianerbahn (im Hintergrund) getrieben wurden. Linke Seite unten: Nach dem Ersten Weltkrieg erwarb der Wirtschaftsdirektor des Stifts Johann Wolfsteiner den ersten Ackerschlepper, Marke Fordson. Er lief wie alle übrigen Zugmaschinen der damaligen Zeit auf Eisenrädern.

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Oben: Arbeiter der Stiftsgärtnerei mit der Ernte vor dem Wohnhaus nächst den Gemüsegärten, um 1930. Rechts: Rechnung der Stiftsgärtnerei an Frau Spaller vom Lughamergut aus dem Jahre 1921.

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Nebenbetriebe zur Verarbeitung und Erhaltung Um die Produkte herstellen und verarbeiten zu können, beschäftigte das Stift früher eigene Bäcker oder Fleischhauer, die im Meierhof untergebracht waren. Dass es dabei hin und wieder zu Reibereien mit den Gewerben des Marktes kam, ist beispielsweise von 1792 bekannt. Damals endete ein seit 1788 laufender Prozess zwischen zwei Fleischhauern im Markt und dem Stiftsfleischhauer, weil dieser auch außerhalb des Stiftes Fleisch verkaufte. Ein umgekehrtes Beispiel dieser Konkurrenz war der Tischler Johann Georg Grabmer – ein Vertreter der um 1780 entstandenen Möbelkunst des „Florianer Bauernbarocks“. Marmorierungen und Furniermalerei ahmten dabei Intarsien (Einlegearbeiten) nach. Als „Gäutischler“, der sein Handwerk beim Stiftstischler Stephan Jegg gelernt hatte, musste er sich auf Weichholzmöbel beschränken, durfte keine Gesellen halten und seine Produkte weder im Stift noch im Markt absetzen. Für die Erhaltung der riesigen Anlagen des Stifts waren eigene Maurer und Zimmerer angestellt. Eine stiftseigene Schmiede befand sich ebenfalls im Meierhof. Eine Gärtnerei, die es heute noch gibt, aber verpach-

tet ist, war für die Gartenanlagen zuständig. Am Ipfbach gehörte die Hofmühle zum Stiftsbesitz, daneben eine Wäscherei. Der Fischbedarf konnte über die eigenen Teiche gedeckt werden. Berühmt geworden ist zum Beispiel auch die vom Chorherren Josef Schmidberger (17731844) gegründete und geführte Baumschule, aus der jährlich mehr als 10.000 Setzlinge in die Monarchie versandt wurden. Als Pomologe erhielt Schmidberger, der in seinem Garten rund 1.000 Obstsorten hatte und nicht weniger als 21 Bücher schrieb, viele Auszeichnungen.

Forstwirtschaft und Sägewerk

„Florianer Bauernbarock“ von Johann Georg Grabmer.

Zur Bewirtschaftung seiner ausgedehnten Waldungen besaß das Stift seit jeher ein eigenes Sägewerk. Es befindet sich seit seinem Neubau 1839 hinter dem Schloss Hohenbrunn und wurde 1900 modernisiert. Bis in die 1970er Jahre bezog es seine Energie aus der Wasserkraft. Das Säge- und Hobelwerk zählt noch heute zu den Wirtschaftsbetrieben des Stifts. Verarbeitet werden unter anderem Hölzer aus dem stiftseigenen Forstbetrieb mit rund 700 Hektar, die sich im Streubesitz von Vöcklabruck über St. Florian, Kronsdorf und Pulgarn bis nach St. Peter am Wimberg erstrecken.

Oben: Der Granitstein wurde Anfang der 1970er-Jahre bei Umbauarbeiten des Sägewerks freigelegt. Womöglich deutet er auf die Errichtung 1784 hin. Unten: Hochzeitsfahrt der Eheleute Heibl vom Kniebergergut in Ölkam. Die heutige Stiftsstraße ist 1952 noch unbefestigt.

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Oben: Ergebnis einer Hasenjagd, in der vorderen Reihe der Rentmeister und Augustiner Chorherr Franz Worel, um 1935.

Das Jagdwesen in St. Florian Angesichts des großen Waldbesitzes war die Jagd ein integraler Bestandteil der Stiftsbetriebe, zumal auch das Jagdrecht bei den Grundherrschaften lag. Mit dem Jahr 1848 wurde dem Stift dieses Recht weitgehend entzogen. Somit musste es die Jagd bei der Gemeinde pachten, was erstmals 1859 für die Dauer von sechs Jahren geschah. Geistliche durften an Jagden nur unter Einhaltung bestimmter Bedingungen mitwirken.

Oben: Anerkennungsdiplom für den Stiftsjäger Anton Weixelbaumer von 1928. Anfang des 20. Jahrhunderts hatte das Stift mit seinen weitläufigen Besitzungen wieder eine Eigenjagd. Der Einfachheit halber wurde auch das Jagdrecht der Gemeinde mitverwaltet. Links: Florianer Jägerschaft vor dem 1681 erbauten barocken Gartenpavillon, um 1900.

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Die Stiftsbrauerei St. Florian Manche dem Stift angeschlossenen Betriebe haben sich bis in die neuere Zeit erhalten. Der heute noch bestehende Getränkehandel ist etwa ein Überbleibsel der 1957 geschlossenen Brauerei, die noch im 19. Jahrhundert neben der Ziegelei die größte Unternehmung des Umkreises bildete. 1864 wurden hier 2.480 Eimer Unterzug und 11.650 Eimer Lager gebraut. Übrigens gab es vor 200 Jahren in Oberösterreich noch mehr Brauereien als Kirchen! Der Weg zur Schank war also statistisch gesehen kürzer als in die Messe. Die

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Zahl der Bräuhäuser sank allmählich mit der steigenden Transportfähigkeit. Immerhin beschäftigte das Florianer Bräuhaus 1930/31 aber noch acht Arbeiter unter Braumeister Alois Feichtinger. In der NS-Zeit wurde die beschlagnahmte Brauerei wie gewohnt weitergeführt, während die hiesige Weinkellerei mit jenen der Stifte Wilhering, Kremsmünster und Schlägl als Weinkellereien des Reichsgaues Oberdonau mit Sitz in St. Florian zusammengefasst wurde. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der Betrieb zusehends unrentabel. Zu groß war die Konkurrenz.


Linke Seite: Aquarell der 1957 geschlossenen Stiftsbrauerei, welche im Meierhof untergebracht war. Die Schlote existieren heute nicht mehr. Rechts: Der Weinbau des Stiftes mit einem Weinberg in Rohrbach dürfte bis in die Spätantike zurückreichen. Hausnamen wie der Weinberger oder Weinzirl zeugen noch heute von der einstigen Bedeutung. Auch in Niederösterreich verfügte das Stift über eigene Weinberge, die allerdings im Zuge der Säkularisation Ende des 18. Jahrhunderts enteignet wurden. Danach bezog die Stiftskellerei den Wein aus den Weingärten seiner Pfarren. Das Bild zeigt die Abfüllung in Flaschen, um 1910. Unten: Der heute von Familie Till geführte Stiftskeller ist ein Überbleibsel der Stiftskellerei.

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Die Stiftsziegelei Heute erinnert die Ziegeleistraße an den einstigen Standort eines großen und markanten Betriebes in St. Florian: die Ziegelei. Sie bestand seit Jahrhunderten, um den enormen Bedarf der ständigen Stiftsbaustelle zu decken. Das Ziegelbrennen für den Eigenbedarf war übrigens auch bei den Bauern sehr verbreitet. Fast jedes Haus hatte seine eigene Lehmgrube. Vertiefungen im Gelände zeugen noch heute davon. Unmittelbar nach dem Ersten Weltkrieg wurde mit ihrer Erneuerung begonnen. Zwi-

schen 1918 und 1920 entstanden ein neues Maschinenhaus, eine Ziegelpresse, ein Ringofen mit 12 Kammern und ein 36 Meter hoher Schlot. Die Ziegelei bot auch vielen Frauen eine Beschäftigung. Im Jahre 1923 war die Hälfte der Belegschaft weiblich. Während der NS-Zeit war die Ziegelei an die Reichswerke Hermann Göring verpachtet, wurde aber – bevor der Pachtvertrag am 31. März 1943 auslief – schon am 19. Mai 1942 wegen des geringen Ertrags eingestellt. 1973 schloss der Betrieb nach einem Großbrand am 17. März.

Oben: Die Luftaufnahme von 1956 zeigt die 1577 gegründete Stiftsziegelei. Vor ihrer Schließung 1973 wurde sie als „Stiftsziegelwerk St. Florian KG“ geführt. Produziert wurden unter anderem Deckenfüllziegel oder Drainagerohre, auch Dachziegel wurden hergestellt. Wie das Bild zeigt, wurde der Lehm direkt hinter der Fabrik abgestochen. Heute erinnert nur mehr der Straßenzug an die einstige Ziegelei.

Links: Die neu angeschaffte Ziegelpresse, um 1920.

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Im Juli 1937 beging die Stiftsfeuerwehr ihr 90-jähriges Bestandsjubiläum. Nach einem Festabend in Andreas Derflers Gasthaus stellte ein historischer Festzug den Höhepunkt der Veranstaltung dar. Er führte vom Stiftsmeierhof durch den Markt. Die Einladung vermerkte: „Feuerwehrkameraden in Uniform sowie Zivilpersonen mit Festabzeichen haben Anspruch auf Fahrtermäßigung der Straßenbahn LinzEbelsberg-St. Florian.“

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Die Stiftsfeuerwehr Schon 1747 erließ Propst Johann Georg sehr genaue Vorschriften für die Dienstnehmer des Stifts bezüglich Brandbekämpfung. Aus der folgenden Zeit sind verschiedene Anschaffungen für den abwehrenden Brandschutz überliefert (tragbare Kübelspritze 1795, Feuerspritze mit Pferdebespannung 1811, Feuerpatschen 1835). Die Feuerordnung von 1836 überließ das Kommando bei Löscharbeiten einem Beamten des Stifts und dem Marktrichter. 1847 wurde die Betriebsfeuerwehr des Stiftes als erste Feuerwehr Oberösterreichs gegründet. Sie rekrutierte sich ausschließlich aus Angestellten der zahlreichen Stiftsbetriebe – Bäcker, Fleischhauer, Tischler, Wagner, Kellermeister, Bierbrauer oder Gärtner. Kommandant bzw. Hauptmann dürfte immer der Braumeister gewesen sein. Der 1894 erfolgte Zusammenschluss von Markt- und Stiftsfeuerwehr fand 1920 ein Ende. 1936 konnte eine Rosenbauer-Tragkraftspritze R 25 angekauft werden, bevor

die Wehr während der NS-Zeit wieder einen Teil der Marktfeuerwehr darstellte. Als selbstständige Freiwillige Betriebsfeuerwehr wurde sie 2003 aufgelöst.

Ganz oben: Angehörige der Stiftsfeuerwehr, um 1930. Oben: Fahrzeugweihe im Innenhof des Stifts, 1926.

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Oben: Transport der in St. Florian hergestellten Glocke nach Niederneukirchen. Dort wurde das Geläut am 4. März 1923 geweiht. Der Stangenwagen befindet sich heute im Sumerauerhof. Rechte Seite oben: Ansicht der Gießerei auf einem Aquarell von Ferdinand Weeser-Krell. Vorne ist ein Glockentransport, hinten die Florianerbahn zu erkennen.

Die Glockengießerei Im Ersten Weltkrieg benötigte die Rüstungsindustrie alle verfügbaren Metalle und so auch die meisten Glocken des Landes. Hinterlassen wurde nur mehr ein bescheidener Rest des Geläuts. Vor diesem Hintergrund und in der Hoffnung auf ein baldiges Kriegsende gründeten die Diözese Linz und mehrere Klöster des Landes am 17. Februar 1917 die Gießerei in St. Florian. Ihr erster Direktor war der oberösterreichische Glockengießer Anton Gugg, der bis 1914 in Linz seine eigene Gießerei betrieben hatte. Am 27. November 1919 wurden in St. Florian die ersten fünf Glocken gegossen. Ihre Zahl steigerte sich bis zum Anschluss 1938 auf beachtliche 1.618 Stück. In der NS-Zeit wurde die Gießerei enteignet und Eigentum des Reichsgaus Oberdonau. Zwar wurde die Produktion nach dem Krieg wieder aufgenommen, doch stagnierte der Bedarf an Glocken, deren Herstellung 1973 aufgegeben wurde. Die Metallwarenfabrik wurde bis zum Konkurs 1994 weiter betrieben. Rechts: Die Arbeiter posieren stolz vor der neu gegossenen Pummerin (rechts Gruber Hans aus Pichling), 1952. Ganz rechts: Polierarbeiten durch Hr. Windhager Franz an einer neuen Glocke, 1962.

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Das Schloss Tillysburg

Offiziersgesellschaft des in Enns garnisonierten k.u.k. Dragonerregiments Nr. 4 mit Erzherzog Franz Ferdinand (auf der Leiter) vor dem Schloss Hohenbrunn, um 1883.

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Das westlich von Volkersdorf gelegene Schloss Tillysburg war einst der Stammsitz der Volkerstorfer. Nachdem Ortlof von Volkerstorf 1256 den Schreiber von Enns im Refektorium des Stiftes St. Florian erstochen hatte, wurde er von König Ottokar seiner Lehen für verlustig erklärt. Die Burg wurde abgetragen. Dennoch gelang es Ortlofs Sohn Heinrich wieder in den Besitz des Lehens zu gelangen. Die Burg wurde ebenso wie nach dem Brand 1558 wieder aufgebaut. 1616 starb der Mannesstamm der Volkerstorffer aus. 1629 erwarb Graf Werner t‘Serklaes von Tilly die Burg und ließ sie neu errichten. Es folgten Umgestaltungen und Besitzerwechsel. 1764 veräußerte Ludovica von Weichs die Herrschaften

Tillysburg und Stein an das Stift St. Florian. Im dortigen Hofgarten wurden fortan „wälische Bäume, Pomeranzen“, Feigen und Gewürznelkenbäume gezogen. 1789


wurde der Richtplatz von Tillysburg verkauft. Das dortige Landgericht verhängte, wie aus dem Protokollbuch 1704-1794 hervorgeht, fünf Todesstrafen durch Enthauptung, Erhängen oder Rädern. 1809 diente das Schloss als Lazarett, wo 2.000 bis 3.000 Verwundete einquartiert waren. Als es im Jänner 1810 aufgelöst wurde, fragte der Verwalter an, auf wessen Kosten das Gebäude wieder hergestellt werden sollte. 1841 verkaufte das Stift schließlich das Schloss an den Grafen O‘Hegerty.

Jahrhunderts aus Sicherheitsgründen abgetragen. Bis 1875 diente Hohenbrunn als Sommersitz der Prälaten, ehe sich hier die Orgelbauerfamilie Mauracher ansiedelte, die mit dem Umbau der Großen Orgel in der Stiftskirche beauftragt worden war. Später diente das Schloss als Wohnhaus und seit 1967 als oberösterreichisches Jagdmuseum.

Oben: Luftaufnahme der Tillysburg von 1956. Rechts vorne an der Tillysburgstraße das Gasthaus Weberberger, dahinter der ehem. Schmied (Tillysburg 16), links hinten liegt Oberndorf. Unten: Zeichnung des Schlosses Hohenbrunn mit dem nicht mehr bestehenden Wasserturm.

Das Schloss Hohenbrunn Das Schloss Hohenbrunn wurde unter Propst Johann Baptist Födermayer (17161732) errichtet, der St. Florian eine Reihe von Prachtbauten bescherte (z.B. Südflügel des Stiftsgebäudes). Jakob Prandtauer (1660-1726) zeichnete für die Planung verantwortlich und schuf mit dem Schloss seinen einzigen Profanbau. Es gilt als die barocke Idealisierung des für das Land typischen Vierkanthofes. Jedoch durften weder Auftraggeber Födermayer noch Baumeister Prandtauer die Fertigstellung erleben. Der Name „Hohenbrunn“ rührt von einem hier zwischen 1719 und 1724 errichteten Brunnenwerk mit einem hohen Wasserturm her, das das Stift mit Trinkwasser versorgte. Der Turm in der Mitte der Südfront des Schlosses wurde im ersten Viertel des 19.

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Markt und Gemeinde St. Florian Die Gemeindevorstehung des Jahres 1906 setzte sich zusammen aus Bürgermeister Leopold Spaller (Bildmitte mit Zivil-Verdienstkreuz) sowie den Gemeinderäten Leopold Heibl, Josef Straßmayr, Josef Sterbenz, Heinrich Hirscher, dem Chorherren Georg Brunbauer, Dr. Josef Feßler, Franz Linninger, Paul Zeilinger, Michael Eckl, Josef Danmayr, Johann Heibl, Alois Glück, Leopold Spat, Sebastian Gruber, Franz Mauhart, Leopold Zeindl und Franz Winkler, Gemeinde-Polizeidiener Karl Huber sowie dem Hilfsbeamten Josef Riederer.

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Im Schatten des Stifts entwickelte sich der Markt prächtig. Die enge Verflechtung mit dem Kloster war über Jahrhunderte gesellschaftlicher, politischer und wirtschaftlicher Antrieb. Damit verkraftete der Ort auch jene Krisen, die Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts über die Bevölkerung hereinbrachen. Die Kriegslasten mit ihren Einquartierungen und Truppendurchzügen in der Franzosenzeit (1800, 1805 und 1809), bei denen Gewalt und Raub an der Tagesordnung standen, belasteten die Florianer schwer. Beispielsweise sahen sie sich im Gefolge der Schlacht bei Ebelsberg (3. Mai 1809) mit 16.000 hier lagernden napoleonischen Soldaten konfrontiert! Auch der Marktbrand 1813 gehörte zu den großen Katastrophen: Von etwa 100 Häusern fielen 39 den Flammen zum Opfer.

Seuchen wie zuletzt die Cholera 1855, die 56 Personen dahinraffte, gehörten ebenso zu den regelmäßigen Plagen. Zumindest gab es seit 1825 in St. Florian einen Arzt, der unter Propst Michael II. Arneth (18231854) im Baderhaus (Bachgasse 2) angesiedelt wurde. Damals zählte der Markt rund 1.000 Einwohner in 168 Häusern. 1835 bestritten fünf der im inneren Marktbereich ansässigen Familien ihren Lebensunterhalt mit einer eigenen Landwirtschaft. Außerdem gab es fünf Schuster, fünf Weber, vier Bäcker, vier Schneider und drei Fleischer und eine Vielzahl anderer Gewerbe. Dass es hier 13 Wirte gab, darf ebenso nicht vergessen werden. Im Vergleich zum nahen Ebelsberg nimmt sich die Zahl allerdings bescheiden aus.


Linz/Pichling

Tödling

1848 entstand aus den verschiedenen Katastralgemeinden (rot) und Konskriptionsortschaften (grün) die Ortsgemeinde St. Florian als Verwaltungsebene. Heute zählt die 44,12 km² umfassende Ortsgemeinde St. Florian 6.045 Einwohner.

Linz/Mönchgraben

Asten/Raffelstetten

Bruck bei Tödling

Linz/Ebelsberg

Gemering Ölkam Linz/Wambach

Taunleiten

Asten

Rohrbach

Ansfelden

Samesleiten

Schitteraichet

Enns/ Kristein

St.Florian Weilling Oberndorf

Hohenbrunn

Enzing Unterweidlham

Enns/ Volkersdorf

Ansfelden/Fleckendorf

Tillysburg

Mickstetten

Oberfraunleiten Niederneukirchen/Dörfl

Niederfraunleiten

Fernbach

Bruck bei Hausleiten

Oberweidlham Hausleiten

St.Marien/ Kurzenkirchen

1848 - Die Gemeinde entsteht 1848 – das Jahr des Umbruches. Zumindest teilweise. Denn die Revolution trug nur in manchen Bereichen Früchte. So etwa in der Aufhebung der Grundherrschaft, die auf Antrag Hans Kudlichs im Juli 1848 beschlossen worden war. Der Bauer wurde aus seiner persönlichen und wirtschaftlichen Abhängigkeit von der Obrigkeit befreit. Er war von nun an Herr über sein eigenes Land – was natürlich dem Stift als einstiger Grundherrschaft aus ökonomischer Sicht empfindlich zusetzte. Es musste sogar Verwaltungspersonal abbauen, zumal ihm auch die niedere Gerichtsbarkeit abhanden kam. Von der Revolution blieb auch eine verwaltungstechnische Neuerung, die die „Ortsgemeinde“ als kleinste Verwaltungseinheit festlegte. Ortsgemeinden wurden zur Grundlage des Staates. Im Fall von St. Florian zählten hierzu nun die Ortschaften: Gemering, Taunleiten, Samesleiten, Unterweidlham, Oberweidlham, Tillysburg, Fernbach, Niederfraunleiten, Enzing, Mickstetten und Rohrbach. Als neues Gemeindeamt wurde die ehemalige Kaserne vom Stift erworben und adaptiert. Hier wurde auch die Gendarmerie untergebracht.

Hagelsberg/Than

Niederneukirchen

Mausbach Niederneukirchen/ Grünbrunn

Hagelsberg/Penking Hofkirchen

Im Jahr 1850 wählten die Florianer ihren ersten Bürgermeister, Andreas Schlager – seines Zeichens Stiftsangestellter. Er amtierte bis 1861. In dieser Zeit erlebte die rund 4.000 Seelen zählende Ortsgemeinde einen gehörigen Aufwind. Immerhin wurde sie zum Zentrum des Gerichtsbezirkes St. Florian, der 29 Steuergemeinden (=Katastralgemeinden) umfasste. Dazu gehörten unter anderem Ebelsberg, Hofkirchen und Niederneukirchen. Neben der Schaffung einer „Fahrpost“ initiierte Bürgermeister Schlager die erste Sparkasse Oberösterreichs, die 1856 gegründet - im Stift untergebracht war. Sie war mit der Gemeinde eng verbunden (z.B. war der Gemeinde- auch Sparkassenbeamter) und sollte mit ihren erwirtschafteten Gewinnen als wichtiger Impuls- und Kapitalgeber für St. Florian und Ebelsberg fungieren. Mit ihrer Hilfe konnten beispielsweise die Volksschule in St. Florian, das große Feuerwehrdepot in Ebelsberg und mehrere Wohnbauten realisiert werden.

Auflistung der Florianer Ortschaften mit der Jahreszahl ihrer ersten urkundlichen Erwähnung und ihrer ursprünglichen Namensform.

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Um das Privileg, sich „Kaiser Franz Josef-Jubiläumsschule“ nennen zu dürfen, musste 1898 angesucht werden. Das repräsentative Bauwerk strahlte zum Thronjubiläum in frischem Glanz, doch ein Tisch für das Konferenzzimmer wurde nicht bewilligt. Diesen musste der Schulleiter aus seiner Dienstwohnung beistellen.

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Schule und Bildung Die ersten Nachrichten über eine Marktschule, die aber „Pfarrschule genannt und vom Stift geführt wurde, finden sich im 16. Jahrhundert. Für den Unterricht überließ das Kloster dem Markt das Haus Nr. 11. Durch die „Allgemeine Schulordnung“ von 1774 wurde das Schulwesen staatlich geregelt und die Schulpflicht eingeführt. In weiterer Folge stieß das damalige Schulhaus an seine räumlichen Grenzen, weshalb die Schule 1824 in das Haus Nr. 9 übersiedelte. 1837 trat hier Anton Bruckner als Sängerknabe in die 3. Klasse ein (1895/6 wurde eine Privatvolksschule des Stiftes für Sängerknaben gegründet). 1845 kam Bruckner wieder als Lehrgehilfe nach St. Florian, bis er 1855 zum Domorganisten berufen wur-

de. Eine im Jahr 1900 von der Liedertafel St. Florian am ehemaligen Schulhaus angebrachte Tafel erinnert daran. Indessen wuchs die Schülerzahl immer mehr an. Der Schulleiter klagte über Platznot und die schlechten sanitären Verhältnisse im Schulhaus. Dennoch sollten noch Jahre vergehen, ehe man sich zum Bau eines eigenen Gebäudes entschloss. 1895 war es endlich soweit. Die Errichtung im „Obstgarten beim Binderstadl“ an der Hohenbrunner Straße wurde beschlossen. Am 4. Oktober 1898 erfolgte die Weihe der „Kaiser-Franz-Josef-Jubiläumsschule“. Das Schuljahr begann mit 431 Kindern. Die Hauptschule entstand erst 1949 im Gebäude des ehemaligen Ortskrankenhauses.

Linke Seite oben: Reigentänze der Schuljugend am Turnplatz um 1935. Damals gab es für die Kinder auch schon eine vormilitärische Erziehung am Platz des Christlich-Deutschen Turnvereins. Unten: Die 2. Klasse der Volksschule St. Florian im Jahr 1937.

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Oben: Eine Prozession um 1970. Hinten sind der „Rübenspitz“ und die genossenschaftliche Tankstelle in der Linzer Straße zu sehen. Mitte: Der Elektriker Grimoald Karrer, welcher seit 1928 in St.Florian tätig war, um 1950. Unten: Eröffnung des 1966 zwischen Linzer und Stiftstraße errichteten Lagerhauses St. Florian. 40


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Luftaufnahme von 1956 mit den Villen an der Linzer Straße. Zu sehen sind: Tierarzt Zeilinger (1), Milchgeschäft Reiter (2), Kiener an der Schulgasse (3), Villa Fosek-ehem. Apotheke (4), Dr.Fessl -Gemeindearzt (5), Volksschule (6), Rauchfangkehrer Hirscher (7), Greißlerei Kopf (8), Elektrogeschäft Karrer (9), Lackiererei Jungwirth (10), Schneiderei Mayr (11), Gemeindewohnhäuser (12), Ziegelei (13), Pavillion (14), Stiftszimmerei (15).

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Gesundheitswesen in St. Florian Die sanitäre Versorgung musste immer schon zu den Hauptanliegen der Gemeinde zählen. Nach der verheerenden Cholera-

Epidemie 1855 hatte eine 1883 gebildete Sanitätskomission Vorkehrungen gegen einen neuerlichen Ausbruch zu treffen und war unter anderem dafür verantwortlich, den Kanal vor dem Schulhaus abzudecken. 1884 wurde der Grundstein für ein neues Krankenhaus der Marktgemeinde an der Wiener Straße gelegt. Seine Eröffnung erfolgte vier Jahre später, 1888. Wie schon im Stiftsspital (1983 geschlossen), an dem sich früher auch die Gemeinde finanziell beteiligt hatte, oblag die Führung des Hauses den Barmherzigen Schwestern vom Heiligen Kreuz. 1939 wurde das Krankenhaus zu einer Blindenanstalt umgewandelt. Seit 1949 beherbergt das Gebäude die Hauptschule.

Et quis digent volorem poruptatur, nis magnatem fugiatiam lam ut quiandemqui dolleni magnatem ipiet volupta im ellenia qui dolest odit earum qui ullorepe rem voluptatis volorum velibus mollaut fugitium dolupta tiunto everro tempori tatur? Uga. Am quisquas ea-

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Die Kinderbewahranstalt 1861 gründete der spätere Stiftsdechant und Ehrenbürger Philipp Mayr eine „Kleinkinderbewahranstalt“. Wo sie untergebracht war, lässt sich heute nicht mehr feststellen. Jedenfalls dürfte der vorhandene Platz schon 1865 nicht mehr ausgereicht haben, weshalb ein eigenes Haus gesucht werden musste. Zu diesem Zweck kaufte das Stift 1868 das Haus Markt 44, das dem Lohnkutscher Johann Ackerl gehörte, der darin einige Jahre ein Kaffeehaus betrieben hatte. Die Betreuung der Kinder übernahmen drei Barmherzige Schwestern vom Heiligen Kreuz. Sie hatten auch die Leitung der „Industrieschule“ (Arbeitsschule) für Mädchen über, die im selben Haus untergebracht war. Ältere Schulmädchen lernten dort nähen, spinnen und stricken. Später sollten sie durch die Ausübung der Fertigkeiten die Möglichkeit eines eigenen Einkommens haben. Aus diesen Ursprüngen der Kinderbewahranstalt entstand der heutige Caritas-Kindergarten.

Oben und links: Die Zeichnung von 1895 zeigt über der Ansicht von Markt und Stift die Kleinkinderbewahranstalt, die zusammen mit der „Industrieschule“ im „Sattlerhaus“ untergebracht war. Betreut wurde der Kindergarten von Kreuzschwestern aus Chur/Schweiz (links). Linke Seite oben: Das 1888 eröffnete „Neue Krankenhaus“ an der Wiener Straße. Linke Seite unten: Gruppenaufnahme aus der Arbeitsschule für Mädchen, um 1910.

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Das Vereinswesen von St. Florian Das Jahr 1848 hinterließ nicht nur die Bauernfreiheit, sondern auch die Vereinsfreiheit. In St. Florian konstituierten sich in der Folge mehrere Zusammenschlüsse. Zu den ersten gehörte der 1856 gegründete Männer-, Ehefrauen- und Jünglingsbund.

Die Freiwilligen Feuerwehren Markt St. Florian, Rohrbach und Bruck/Hausleiten Angesichts der 1847 gegründeten Stiftsfeuerwehr sah man im Markt zunächst keine Veranlassung, eine eigene Feuerwehr zu gründen. Erst als der Ziegeleistadel in der Nacht vom 26. auf den 27. März 1871 brannte und das Feuer aufgrund fehlender Ausrüstung und Ausbildung nicht gelöscht werden konnte, ersuchte die Gemeindevorstehung den Chorherren Engelbert Mühlbacher, Statuten für eine Marktfeuerwehr zu erstellen. Sie konstituierte sich 1872. 72 Mann leisteten den Handschlag. Durch die pachtweise Überlassung des Hofrichtergartens für die Errichtung eines Zeughauses und eines Turnplatzes unterstützte das Stift 1875 das neu geschaffene Institut. Die Spritze war vorher im Gemeindehaus

(Thannstraße 2) untergebracht. Für die Beistellung von Pferden zur Spritzenbespannung erhielten deren Besitzer 5 Gulden innerhalb des Gemeindegebiets. Außerhalb des Gemeindegebiets verdoppelte sich die Entlohnung. Auch dem vorbeugenden Brandschutz kam mit der Gründung der Feuerwehr größere Bedeutung zu. Unter Berufung auf die Feuerordnung von 1873 drängte die Gemeinde auf die Entfernung noch vorhandener Strohdächer. Neue Strohdächer wurden ohnehin nicht mehr genehmigt. 1900 entstand eine Sanitätsabteilung, 1901 die FF Rohrbach. Die Freiwillige Feuerwehr Bruck/Hausleiten wurde erst 1923 gegründet. Im selben Jahr erfolgte der Ankauf einer Motorspritze durch die Marktfeuerwehr. Aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse wurde jedoch vom Ankauf einer ent-

Oben: Der historische Wagen vor dem Depot beim Meierhof anlässlich des Feuerwehrjubiläums 1897 erinnert an Zeiten, bevor das Löschwesen auf Vereinsbasis organisiert wurde. Linke Seite oben: Einladung der Musikkapelle zu einer Theatervorstellung 1926. Linke Seite unten: Aufnahme der FF Bruck/Hausleiten 1926, drei Jahre nach ihrer Gründung.

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Oben: 1939 erhielt die Feuerwehr des Marktes St. Florian ein neues Lรถschfahrzeug der Marke Ford, aufgebaut vom Linzer Hersteller Rosenbauer. Unten: Mannschaftsaufnahme der Freiwilligen Feuerwehr Rohrbach mit dem Kommandanten Johann Straร mayr von 1905. 46


sprechenden Zugmaschine zunächst Abstand genommen. Allerdings konnte man sich der Modernisierung nicht verweigern. Schon 1926 wurde ein Feuerwehrauto in den Dienst gestellt. Mit dem „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich wurden die Feuerwehren als Vereine aufgelöst, umstrukturiert und als „Hilfspolizeitruppen“ neu gegliedert. Schon 1939 verfügte die FF St. Florian über eine HJ-Feuerwehrgruppe. Ab 1942 wurden sogar Mädchen als Feuerwehrhelferinnen dienstverpflichtet. Nach dem Krieg erlangten die FF Rohrbach und Bruck/Hausleiten wieder ihre Selbstständigkeit. Genauso wie die Markt- und Stiftsfeuerwehr wurden sie als Körperschaften öffentlichen Rechts in das oö. Feuerwehrbuch eingetragen.

Oben: Die 1879 gegründete Feuerwehrmusikkapelle,1882. Links: Feuerwehrübung vor der Fleischerei Derfler (Kiener) am Marktplatz, 1930.

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Musikverein

Oben: 1910 errichtete der Verschönerungsverein dieses Wetterhäuschen am Fürstenberg.

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1875 entsprang der jungen Marktfeuerwehr St. Florian der Wunsch, eine eigene Musikkapelle zu gründen. Der Plan wurde ziemlich rasch verwirklicht. Noch im selben Jahr wurden Instrumente angekauft. Bis 1902 blieb die Musik ein Teil der hiesigen Feuerwehr, ehe sie am 22. April als „Musikkapelle St. Florian“ im Gasthof Bauchinger neu gegründet wurde. 1926 wurde sie offiziell als Verein anerkannt. Übrigens hielt die Kapelle die Florianer Theatertradition hoch. Aus dem Erlös der Vorstellungen konnten Instrumente gekauft werden. 1947 erfolgte der Zusammenschluss mit der Liedertafel zum „Musikverein St. Florian“. Die Liedertafel geht wiederum auf die Gründung durch Bezirksrichter Eugen Ritter von Mahsari 1887 zurück. Der ursprüngliche Männergesangsverein widmete sich auch dem Theaterspiel. 1908 wurde daraus ein gemischter Chor, der die Florianer Theatertradition aufrecht erhielt.

Verschönerungsverein Anlässlich des 40-jährigen Thronjubiläums von Kaiser Franz Josef 1888 wurde im Markt St. Florian der erste Verschönerungsverein des Landes gegründet. Zu den ersten Maßnahmen zählte die Herstellung von befestigten Gehsteigen, Wanderwegen oder einer Aussichtsterrasse am Aichetwald. Darüber hinaus setzte sich der gemeinnützige Verein für die Verbesserung der sanitären Situation ein. Eine Kanalisation wurde am Fürstenberg gebaut. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde er als „Fremdenverkehrsverein Markt St. Florian“ weitergeführt. Als Verschönerungsverein besteht er noch heute.

Gesellenverein 1861 wurde in St. Florian der Gesellenverein nach dem Vorbild Adolf Kolpings gegründet. Ihm gehörten nur Männer an. Ziel war die religiöse, sittliche und berufliche Weiterbildung. Das Vereinslokal befand sich im Stift und auch die Leitung oblag den Chorherren.


Oben: Bei feierlichen Anlässen - wie hier 1907 im Bereich des Friedhofs - trug die 1902 gegründete „Musikkapelle St. Florian“ Hüte mit Federbusch anstelle ihrer einfachen Kappen. Links: Aufnahme zum 40. Bestandsjubiläum des Gesellenvereins im Jahre 1901. In der Mitte Franz Xaver Müller als Präses. Aufgenommen wurden ledige Handwerksgesellen aus St. Florian und Umgebung mit unbescholtenem Lebenswandel.

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Linke Seite oben: Die Gastwirtschaft „Zum Märzenkeller“ von Michael Windtner im Haus Markt 96 war einst auch ein Warenhaus mit einer Durchfahrt für Verladetätigkeiten. Der zugemauerte Torbogen über der Eingangstür zeugt davon. Das Gasthaus, wo 1888 schon Bälle stattfanden (Einladung unten), wird heute von Familie Pfistermüller betrieben. Die Aufnahme stammt von 1920. Linke Seite unten: Das Gasthaus des Rudolf Breinesberger „Zum Hasen“ an der heutigen Schlagerstraße, 1912. Eine Abzweigung von der Linzer Straße führte durch das Haus und mündete unterhalb wieder ein. Unten: Die Familie Weberberger betreibt seit 1926 das Gasthaus in Tillysburg. Zur Zeit der Aufnahme 1936 wurden im selben Haus eine Gemischtwarenhandlung sowie eine Bäckerei und Trafik geführt. Bereits 1750 wurde hier das Gast- und Fleischergewerbe ausgeübt.

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Aufnahme von 1956: Die ehemalige Marktmühle (1) (Traussner) war bis in die 60er-Jahre in Betrieb. Obwohl sie unmittelbar unterhalb der Hofmühle mit der Wasserkraft des Ipfbaches betrieben wurde, war das durch das starke Gefälle möglich. Die Hofmühle (3) gehörte dem Stift. Heute wird die Turbine als Pumpwerk für das Wasser zum Stift verwendet. Zwischen den beiden Mühlen befand sich die Wäscherei des Stiftes (2). Weitere Gebäude an der Linzer Straße: Spenglerei Hayböck (7), Gasthaus Zeilinger (8), Grafenhaus (9), Spaller (10), Forster (11), Altenheim (12), Volksschule (13), Hirscher (14), Karrer/Jungwirth (15); Tankstelle (16), Lagerhaus (17), Ziegelei (18), Milchgeschäft Reiter (19); der 1974 abgebrannte Stiftsstadel (20), die ehemalige Remise (21) und die Bäckerei Seidl am Fürstenberg (22).

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Im Bild rechts außen befand sich der Schnabel-Schuster(4), oberhalb die Bäckerei Hubert Pürstinger (5) und links an der ehem. Steyrer Straße parken einige Autos vor der KFZ-Werkstätte von Josef Wipplinger (6), welcher auch einen Puch-Motorräder, Fahrrad- und Nähmaschinenhandel betrieb.

Ganz oben: Die Marktmühle um 1910, der damalige Besitzer war Matthäus Scherer (später Traussner). Weitere Mühlenbetriebe in St. Florian waren die Hofmühle, die Quadlbauermühle in Enzing und die Eisenhubermühle in Niederfrauenleiten. Auch der Zehetner zu Gemmering hatte eine eigene Hausmühle. Oben: In der Autolackiererei von Kurt Jungwirth (rechts) in der Linzer Straße. Die Firma ging aus einer ehemaligen Sattlerei in der Thannstraße hervor. 1949 übersiedelte der Familienbetrieb an den neuen Standort, bevor 1960 die Umstellung auf die Lackiererei erfolgte.

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Rechts: Der gebürtige Florianer und akademische Bildhauer Franz Forster bei der Arbeit. Im Laufe seines künstlerischen Lebens hat er mehr als 500 Werke geschaffen - darunter Arbeiten für den MariaEmpfängnis-Dom in Linz oder Glockenreliefs für die Pummerin in Wien. In St. Floiran stammen etwa das Kriegerdenkmal, die Florian-Reliefs am ehemaligen Gemeindeamt und auf dem Hochbehälter, das Schleierbrett für die Brucknerorgel u.v.m. von ihm. Forster starb 1993 in St. Florian. Die Aufnahme rechts zeigt sein Atelier am Fürstenberg.

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Links: Das Geburtshaus des Künstlers Franz Forster (Jg. 1896) am Füstenberg 1. 1894 gründeten seine Eltern Franz Sales und Theresia hier eine Gemischtwarenhandlung. 1924 kehrte der Bildhauer in das Haus zurück und arbeitete hier bis an sein Lebensende. Unten: Das Milchgeschäft Reiter an der Linzer Straße. Rechts der Tierarzt Zeilinger. Links hinauf führt die Schulgasse in die Stiftstraße, 1951.

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Oben: Aufnahme um 1910 der Bäckerei Zeilmayr (heute Fürstenberg 9). Die Bäckerei wurde später unter den Namen Nestler und letztlich bis Mitte der 1970er Jahre unter Hans Seidl geführt. Der mit 1885 datierte Granitbogen ist heute noch erhalten.

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Links: Das Haus der ehem. Bäckerei Zeilmayr befindet sich am Fürstenberg Nr. 9. Später wurde die Bäckerei unter den Namen Seidl und Nestler geführt, um 1910. Unten: Der unbefestigte Fürstenberg mit der Bäckerei Seidl (links) und dem Hutmacher Heinrich Kogler. Rechts oben die Westseite des Gasthauses „Zum Löwen“, 1951. Linke Seite unten: Der Huf- und Wagenschmied Stögmüller (vormals Löscher) befand sich einst in der Linzer Straße, um 1960.

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Rechts: Die Binderei Zaiser in Fraunleiten Nr. 2. Neben Fässern wurden auch Sautröge oder Surschäffer erzeugt. Im Hintergrund die aufgeschlichteten Dauben für die Fassherstellung, dahinter die Mühle Eisenhuber, 1949. Linke Seite: Das Gastgewerbe wurde in Zeilingers Wirtshaus „Zum Grünen Baum“ in der Linzer Straße 11 schon seit 1732 ausgeübt. Die Aufnahmen aus den Fünfzigerjahren (unten) zeigen die Wirtsleute bei der Arbeit.

Rechts: Ein Mostfass im Hof Weinberger (rechts Josef Scheinecker), Hohenbrunn 13, verladen zum Transport nach Linz. Mitte der 50er-Jahre gab es noch Rekorderträge von 400 Eimern (22.400 Liter) Most. Ein Hauptabnehmer war das Gasthaus Zacherl in Linz/Franckviertel. Der Wirt war als sehr kritischer Sommelier bekannt. Jährlich gab es aufwendige Mostverkostungen am Weinbergerhof bevor es zum Geschäftsabschluss kam.

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Im Haus von Aloisia Ehrenhauser, welche am Speiserberg ein Gasthaus, eine Bäckerei und eine Trafik führte, war auch an der Linzer Straße der Frisör Gustav Wimmer eingemietet (rechtes Bild). Im Drächslerhaus (Markt 68) daneben betrieb Herr Kastberger eine Wagnerei. Daran anschließend befand sich die Schmiede Stögmüller sowie das Kaufhaus Hirscher und das Gasthaus Eisenhuber. Aufnahme von 1951.

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Ansichtskarte von 1915: Links die Gemischtwarenhandlung Alois Glück und die Apotheke „Zum Hl. Florian“. Heute ist in diesem Haus in der Linzer Straße 3 der Tierarzt Ebner untergebracht. Die Linzer Straße wurde auch als Schmiedegasse bezeichnet. Unten: Im Haus Linzer Straße 3 (Markt 67) ist die Auslage des Schuhgeschäftes von Florian Obermair zu sehen. Im ehemaligen Apothekerhaus befand sich die Gemischtwarenhandlung sowie Radiohandel- und Reparaturen Wiesinger, 1951.

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Aufnahme von 1956: In der Bildmitte die Kreuzung Linzer Straße / Speiserberg / Thannstraße. Im Kreuzugsbereich das Hainhaus mit der Volkskreditbank (1), das Kaufhaus Linninger (2), das Feuerwehrhaus mit Schlauchturm (3), das Gemeindehaus (4), Gasthaus „Zur Traube“ (5), das Schuhgeschäft Obermayr (6), Ehrenhauser (7), Wagner Kastberger (8), Schmied Stögmüller (9), Wiesinger (10), Kaufhaus Hirscher (11), das Gasthaus Eisenhuber (12); am Fürstenberg stehen die Häuser der Bäckerei Seidl (13), dem Hutmacher Kogler (14) und dem Gasthaus „Zum Goldenen Löwen“ (15). 62


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Oben, zum Stift gehörend die, Remise (16) und Meierhof (17). Der sichtbare Trakt des Stiftes zeigt das Landeshauptmannzimmer (18), den Marmorsaal (19), den Sängerknaben-Konvikt (20) und das Anfang der 80er-Jahre abgetragene Palmenhaus (21). Oben rechts: An der Kreuzung Linzer Straße/Speiserberg/ Thannstraße, um 1965.

Oben: Rohrbacher Bauern bei der Auffahrt zum Erntedankfest auf der Linzer Straße. Rechts die Bäckerei Ehrenhauser, in der Mitte die Wagnerei Kastberger, links hinten der Schmied Stögmüller, um 1970. 63


Links: Eingangsbereich des ehemaligen Krankenwärterhauses (Spallerhaus, Markt 73) in der Linzer Straße 13, um 1900. Unten: Am 31. August 1919 veranstaltete die neu gegründete Kriegsopfergruppe St. Florian ein Invalidenfest zur Spendensammlung. Die Aufnahme zeigt den Umzug vor dem Meierhof. Rechte Seite oben: Ein Motorradrennen am Speiserberg. Die Siegeskränze werden schon bereitgehalten. Rechts das Gasthaus „Zum Goldenen Löwen“, wo bereits 1713 ausgeschenkt wurde. Wirte waren u.a. Josef Sterbenz oder Andreas und Klara Derfler sowie Familie Wandl. Heute führt Familie Wimhofer die Wirtschaft. An der Ecke zum Speiserberg befand sich eine Filiale der Greißlerei Hain, um 1930. Rechte Seite unten: Speiserberg mit dem Gasthaus „Zum Goldenen Löwen“ und dazugehörigem Stadl, dahinter der Meierhof, 1951.

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Rechts: Die GreiĂ&#x;lerei Josef Sterbenz (später Hain) am Marktplatz 15, um 1900. Das noch bestehende Granitbogentor ist mit dem Jahr 1800 datiert. Am Bild unten ist dasselbe Haus zu sehen. Unten: Szene vom Faschingsumzug 1927 mit Filiale der Volkskreditbank im Hintergrund. Dahinter liegen die Reintalgasse sowie Hametingers Gasthaus und Fleischerei. Linke Seite: Der Rauchfangkehrer Hirscher mit seinen Gesellen.

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Rechts: Szene aus der damals noch unbefestigten Linzer Straße um 1930. Links das „Maßgeschäft“ von Rudolf Grasböck, dahinter die Schmiede Stögmüller und der Friseur Wimmer. Rechts die Häuser 3-9. Ganz rechts ist ein Teil des Gasthauses Zeilinger zu erkennen. Unten: Der „Johannes-NepomukAltar“ beim Feuerwehrdepot am Speiserberg im Rahmen einer Fronleichnamsprozession um 1910. Der Speiserberg bezieht übrigens seinen Namen von der Armenausspeisung im 17. Jahrhundert.

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Et quis digent volorem poruptatur, nis magnatem fugiatiam lam ut quiandemqui dolleni magnatem ipiet volupta im ellenia qui dolest odit earum qui ullorepe rem voluptatis volorum velibus mollaut fugitium dolupta tiunto everro tempori tatur? Uga. Am quisquas eatur, solupis dolorep ernatus

Oben: Am Fuße des Speiserberges, gegenüber der Mauer des Prälatengartens, befand sich das Gasthaus „Zur Traube“, das zum Zeitpunkt der Aufnahme um 1900 von Michael Hain (später Krawinkler, Födermmayr, Till) geführt wurde. Es beherbergte zwischen 1919 und 1955 das örtliche Kino (betrieben vom Verein der Witwen und Waisen bzw. KOV), erlebte einige bauliche Veränderungen und wird heute wieder in den Originalzustand versetzt. Rechts: 1854 wurde die 1730 errichtete Kaserne in der Thannstraße 2 als Gemeindehaus adaptiert. Hier war auch die Gendarmerie untergebracht. Nachdem 1995 das ehemalige Sparkassenwohnhaus zum Gemeindeamt umfunktioniert worden war, wurde das Gebäude abgetragen.

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Rechts und oben: Am 1. Juni 1962 veranstaltete der KOV St. Florian die Einweihung des vom Bildhauer Forster geschaffene Kriegerdenkmales am Friedhof. Es nahmen fünf Musikkappellen und 51 Vereine teil. Das Bild rechts zeigt den Obmann des Kriegsopferverbandes Johann Hinterecker (rechts mit Hut), vor ihm steht Bürgermeister Hoislbauer und der Friseur Gsöllpointner (mit mehreren Orden).

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Links: Goldene Hochzeit von Johann und Rosina Schreiberhuber vom Gattermayrgut in Samesleiten 7, 1959.

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Oben: Der sogenannte „Finstere Gang“ wurde unter Propst Födermayr (1716-1732) als Verbindung zwischen Marktplatz und Friedhof geschaffen. Während des Zweiten Weltkrieges diente er als Luftschutzraum. Die flankierenden Bürgerhäuser der Aufnahme um 1910 zählen in ihrem Kern zur ältesten Bausubstanz des Marktes. Links: Der Marktplatz mit Derflers Fleischerei und Gasthaus (rechts). Rechte Seite oben: In den beiden Häusern (Markt 17) betrieb Andreas Derfler (später Kiener) eine Fleischhauerei, ein Gasthaus und eine kleine Landwirtschaft. Das seit 1700 hier ausgeübte Fleischhauerhandwerk führt heute Alfred Heinisch fort, um 1900. Rechte Seite unten: Am Marktplatz von links: das Hofrichterhaus berherbergte einst die Bediensteten des Marktgerichts - vom Gefängnis­ meister bis zum Grundbuchführer. Heute ist darin die Sparkasse untergebracht. Anstelle des Grasböckhauses steht heute das Hotel Florianerhof, rechts davon das Gasthaus Erzherzog Franz Ferdinand, das Gasthaus Hametinger und ganz rechts die Greißlerei Hain mit der VKB, um 1930.

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Oben: Der Postbeamte Kapplinger mit dem Postwagen beim Verladen in die Lokalbahn um 1935. Die Stempel zeigen die vom hiesigen Postamt in den Jahren 1858 bis 1939 verwendeten Varianten. Links: Postkartenmotiv der Florianerbahn 1939 vom Linzer K체nstler Max Kislinger. Rechte Seite oben: Der Postmeister mit Gattin und seinen Mitarbeitern (2 v.l. Karl Kapplinger, Postadjunkt) im Hof des ehem. Postgeb채udes (Marktplatz 2). Rechte Seite unten: In der Bildmitte (rechts vom Choleradenkmal) das ehem. Postgeb채ude. Zuvor (1824-1898) war darin die Schule.

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Ansturm auf die Sparkasse am Weltspartag 1968. Für die Kinder gab es einen eigenen Schalter in Fliegenpilzform, für die älteren eine Ausstellung von Flugzeugmodellen unter dem Motto „Zuerst sparen - dann reisen“. Die Sparkasse war 1954 in das ehemalige Hofrichterhaus am Marktplatz eingezogen (Bild linke Seite oben).

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Oben links und rechts: Die Bäckerei Leitner befand sich bis 1947 im Althaus Markt 14 (heute Marktplatz 6), ehe sie durch Heirat mit der ebenfalls am Marktplatz gelegenen Bäckerei und Gastwirtschaft Kemmetmüller zusammengelegt wurde. Heute befindet sich dort die Bäckerei Alfred Zitterl. Oben: Alle Hände voll zu tun hatte der Bäckermeister Arnold Leitner (2.v.r.) beispielsweise 1956, als Ungarnflüchtlinge vorerst in der Kaserne Enns, später im Lager Asten untergebracht waren und er sie mit 1500 kg Brot, 3.000 Brioche, sowie 12.000 Krapfen für ein Wochenende versorgen musste. Rechts: Hof der Bäckerei Leitner nach den Renovierungsarbeiten, rechts die Schaukästen des 1957 eröffneten Kinos des Kriegsopferverbandes. Linke Seite: Der steinerne Marktbrunnen war 1605 anstelle eines Holzbrunnens errichtet worden. In den Jahren 1814 und 1955 wurde er renoviert. Im linken Gebäude befand sich 1824 bis 1898 die Volksschule, danach das Postamt. Im mittleren Haus übernahm Karl Baumberger 1969 die Konditorei von Anna Ganser. Im selben Haus befand sich damals der Friseursalon von Karl Gsöllpointner. 1976 übersiedelte Baumberger in das Lokal des Stoffgeschäftes Eisserer. Das Gebäude diente einst als Pfarrschule. Das Relief „Jesus, der Göttliche Kinderfreund“ unter dem Mittelfenster erinnert noch heute an die Nutzung des Gebäudes als Schulhaus, um 1970.

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Neben dem traditionellen Florianikirtag Anfang Mai fanden jährlich zahlreiche andere Veranstaltungen und Umzüge statt. Ein Hauptorganisator war der Kriegsopferverband. Die Ortsgruppe St. Florian wurde 1919 mit dem Ziel gegründet, Kriegsbeschädigten, Witwen oder Waisen finanziell oder mit Lebensmitteln bzw. Wohnraum zu unterstützen. Zur Spendenakquise wurden Bälle, Theateraufführungen, Seefeste, Faschingsumzüge und dgl. veranstaltet. Außerdem betrieb der Verein ein eigenes Kino. Er trug einen wesentlichen Anteil am gesellschaftliche Leben in St. Florian.

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Oben: Blick in die Wiener Straße. Rechts das Bauschreiberhaus, links der Kindergarten, das Haus des Transportunternehmens Alois Grillmayr und hinten das Sparkassengebäude, 1951. Rechts: Das sogenannte Sparkassengebäude wurde von Baumeister Kaun im neubarocken Stil 1911 geplant. Es wurde als Wohnhaus genützt, ehe es 1977 die Gemeinde erwarb und 1995 als Gemeindeamt adaptierte. Das Bild auf der linken Seite unten zeigt die Gleichenfeier. Darüber ein Sparbuch von 1920. Linke Seite oben: Die Konsumund Spargenossenschaft befand sich im vorderen Teil des Hauses Markt 15 (heute Gasthaus „Zur Kanne“).

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Unten: Dreschen mit der Dampfmaschine am Marienhof in Rohrbach 16, um 1900. Das Haus hieß einst Krawinklgut und zählte zu den größten Besitzungen der Umgebung. Nach der Jahrhundertwende erwarb es die aus Stronsdorf stammende Adelige Maria Kammel Edle von Hardegger, welche den bereits 1378 erwähnten Hof in Mariengut umbenannte. Ganz unten: Ackern mit Pferd, um 1920. Das Bild zeigt Georg Salzner vom Buxbaumgut in Rohrbach 12, welches bereits 1404 erwähnt wurde und zur Herrschaft Stift St. Florian gehörte.

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St. Florians Landwirtschaft Im 19. Jahrhundert blühte die Gegend um St. Florian. Mehrere Reisende brachten das hier Gesehene schwärmerisch zu Papier. Hier herrsche ein Wohlstand, der selbst in den glücklichsten Ländern selten sei. Nirgendwo in der österreichischen Monarchie würde man so reiche Bauern finden wie hier, die mit keinem Hofrat in Wien tauschen würden. Der Schriftsteller J.A. Schultes verglich die hiesigen Höfe 1809 mit „kleinen Schlössern“. Die hier anzutreffende, charakteristische Form ist der Vierkanthof mit seiner nach allen vier Seiten geschlossenen Dachkonstruktion. Im Franziszäischen Kataster sind 195 solcher Höfe eingetragen. Aufgrund des Reichtumes galten hier ganz andere Maßstäbe: So normierte das Gesetz die Wirtschaftsgröße des „Ganzbauern“ auf 10 Joch Grund, wobei 2 Joch Wiesen oder Wald einem Joch Acker gleichgerechnet wurden.

Im Urteil der Florianer Landbevölkerung galt die Bezeichnung „Ganzbauer“ hingegen erst bei einem Bauern mit vier Pferden und beiläufig 40 Joch Grund! Dass dieser Wohlstand hart erarbeitet war, geht aus den Aufzeichnungen über die Arbeits- und Lebensbedingungen auf einem Florianer Bauernhof vor der Mechanisierung hervor. Ihnenzufolge begann der bäuerliche Tag um 4 Uhr früh. Bis um halb sechs Uhr war es im Stall zum Rossputzen und -füttern, im Sommer auch noch zum Futterführen. Bei den Rindern und Schweinen ging es ebenso in den Stall. Das Frühstück mit „Sei“ (Rahmsuppe) und „Milchsuppe“ gab es um halb sechs Uhr, das „Untermischl“ um halb neun. Zu Mittag gegessen wurde nach dem Läuten der Hausglocke um dreiviertel zwölf. Die Tischgemeinschaft gliederte sich dabei wie die Rangordnung im Haus

Das bereits 1378 erwähnte Gut Meier in Bach (heute im Besitz der Familie Huber) in Niederfraunleiten 23 nächst dem Grünbrunnerbach war einst dem Stift St. Florian untertan. Das kolorierte Foto von 1930 zeigt die Bauern und das Gesinde. Über die Pferde definierte sich der Wohlstand der Bauern, die Milch wurde mittels Hundekarren ausgebracht.

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Oben: Das Gesinde vom Kniebergergut (Ölkam 6) beim Mähen mit der Sense, um 1930. Die Magd ganz rechts bringt Jause und Mostkrug. Unten: Der Sumerauerhof in Samesleiten 15. Der Hof wurde bereits 1275 erwähnt und war auch ein Zehenthof des Stiftes St. Florian. Die Aufnahme stammt von 1910. Damals waren das ganze Jahr über 20 Knechte und Mägde sowie 10 dienstverpflichtete „Häuslleut“ und Erntehelfer beschäftigt. Der Viehbestand beim Ausbruch des 1. Weltkrieges betrug 13 Pferde, 50 Rinder (Kühe und Jungvieh) sowie 20 Schweine. 1978 wurde der Hof, welcher zu den größten Oberösterreichs zählt, als regionales Freilichtmuseum eröffnet.

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nach Hierarchie: Es gab den Hausknecht, der teilweise auch Rossknecht war. Unter ihm arbeiteten der Prügelknecht (2. Pferdeknecht) und der Dritte (3. Pferdeknecht) sowie der Stallbub. Bei den Frauen gab es die große Dirn, die „Außigeherin“, die fallweise auch im Stall mitarbeiten musste, und die kleine Dirn, sowie die Saudirn, Stalldirnen, Köchin und Küchenmädchen. Die Arbeit war hart, die Entlohnung für das Gesinde erfolgte im 19. Jahrhundert nur jährlich. Gewohnt wurde in bescheidenen Verhältnissen, wo nur Küche, Stube und Stübchen – der Wohnraum der Bauernfamilie – geheizt wurden. Dass es etwa im Haus Lughammer schon in den 1920er-Jahren ein eigenes Bett für jede Person gab, galt als Errungenschaft. Maschinelle Unterstützung der bäuerlichen Arbeit war natürlich vor der „totalen Mechanisierung“ ab ca. 1950 sehr rar, wenngleich die ersten Traktoren Oberösterreichs unter anderem in St. Florian eingesetzt wurden. In diesem Zusammenhang ist ganz interes-

sant, dass 1929 auf den Feldern des Stifts ein Vergleichspflügen mit zehn Traktoren stattfand. Die Flächenleistung betrug damals 0,26 bis 0,72 Hektar pro Stunde. Eine dampfbetriebene Dreschmaschine gab es für St. Florianer Höfe hingegen schon seit 1875. 1891 führte man hier sogar eine Versicherungspflicht für sämtliche Arbeiten beim Einsatz dieser Maschine ein. 1924 konnte ein Elektromotor für die Gemeindedreschmaschine beschafft werden, da viele Bauernhöfe bereits elektrifiziert waren. 1862 lehnte der Landesausschuss in Linz die Errichtung einer „niederen“ Ackerbauschule für 40 Zöglinge in Hohenbrunn ab, um die sich das Stift bemüht hatte. Einerseits empfand man die Baukosten als zu hoch, andererseits bestand der Propst auf der Ernennung der Lehrer. So wurde die Schule wenig später in Irnharting bei Gunskirchen eröffnet und 1875 auf das Ritzlmayrgut in Nettingsdorf verlegt, welches als „Keimzelle“ der heutigen, 1970 eröffneten Höheren Landwirtschaftlichen Lehranstalt in St. Florian gilt.

Der Innermairhof in Taunleiten 10, um 1900. Das bereits 1527 erwähnte Gut wurde 1881 bei einem Brand zerstört und danach gegenüber neu errichtet.

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Von der Grundherrschaft zur Ortsgemeinde Die nebenstehende Karte vereint drei verschiedene Formen der Landesverwaltung in sich. Zunächst verzeichnet sie ämtliche Untertänigkeitsverhältnisse der Häuser in und um St. Florian. Entsprechend dem Feudalsystem waren deren Bewohner verschiedenen Grundherrschaften zehent- und robotpflichtig - unter ihnen das Stift. Um den Zehent entsprechend eintreiben und verwalten zu können, verfügte das Stift über die verschiedenen „Ämter“, so etwa das Hofamt, das Schilhuber-Amt oder das Gemering-Amt in größeren Bauernhöfen. Die Untertanen waren weit über das Land verteilt. Es gab keinen flächenmäßig geschlossenen Verband. Für den Staat, der neben Steuern auch Rekruten für das Heerwesen beanspruchte, war es inmitten dieser vielen Grundherrschaften kaum möglich, ein genaues Bild über die Bevölkerung und Steuerleistung erhalten. Kaiserin Maria Theresia nahm also die Schaffung einer eigenen Verwaltungseinheit selbst

Karte von 1826 88

in die Hand. Mit den „Konskriptionsgemeinden“ (hier grün dargestellt) wurde erstmals eine genaue Zählung der Bevölkerung, des Zugviehs und eine Hausnummerierung durchgeführt. Im Unterschied zum losen Verband der Grundherrschaft war diese Verwaltungseinheit auf einem relativ kleinen Gebiet in sich geschlossen. Joseph II. ließ im Rahmen einer Steuerregulierung das Land vermessen. Größe und Ertragfähigkeit waren ausschlaggebend für die Bemessung des bäuerlichen und herrschaftlichen Grundbesitzes. Daraus entstanden die Steuer- oder Katastralgemeinden (hier rot dargestellt). Sie sind über 60 Jahre älter als das Konstrukt der Ortsgemeinde (politische Gemeinde), die nach der Revolution 1848 nach Aufhebung der Grundherrschaft geschaffen wurde. Die Ortsgemeinde fasste mehrere Katastralgemeinden zusammen und bildet noch heute die Basis der Landesverwaltung. Heute zählt die 44,12 km² umfassende Ortsgemeinde St. Florian 6.045 Einwohner.


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Ganz oben: Fotoaufnahme vom Wolfsjäger (Fam. Weinmair, heute Luger) in Rohrbach 27. Das Windrad im Hintergrund diente zur Wasserförderung. Oben: Das Kniebergergut (Ölkam 6) war einst dem Stift St. Florian untertan und musste den Zehent nach Gemering abliefern. Linke Seite: Plan der Stiftsbesitzungen von 1772. Er zeigt in der Bildmitte die Ortschaft Rohrbach mit den dem Stift untertänigen Höfen und der Kirche. Oben sind die Höfe der Ortschaft Ölkam („Ellkhamb“) zu erkennen.

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Oben: Das Gesinde mit dem Besitzer des Gutes Mair am Bach vor dem Gedenkkreuz, welches um 1873 von Johann und Klara Ebner errichtet wurde. Die Aufnahme stammt von 1901. Links: Der Eingang des Bauernhauses Meier zu Weiling. Am Torbogen sind die Initialen der Besitzer Georg und Klara Sommer angebracht. Die Aufnahme zeigt Klara Sommer ganz links, um 1900. Rechte Seite oben: Die Ortschaft Weiling von 1956 mit den Konskriptionsnummern: Gusterhäusl Nr. 1 (abgetragen), Meier zu Weiling (Sommer) Nr. 2, Weixl­ baumer Nr. 4, Binderhaus Nr. 5, Zaiser (Metz) Nr. 6, Obermayrgütl Nr. 7 (abgetragen) und Zaiserhäusl Nr. 16. Rechte Seite unten: Die Müller der Mühle zu Enzing (im Besitz der Familie Quadlbauer). 1864 wurden dort Girardkessel eingebaut. Die Francisturbine gibt es heute noch.

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Um den Absatz der landwirtschaftlichen Erzeugnisse sicherzustellen, gründeten 50 Bauern aus St. Florian unter Federführung des Chorherren Benno Brunbauer am 17. Jänner 1909 die „Lagerhausgenossenschaft St. Florian – Enns“. Das erste Lagerhaus wurde in Kottingrath/Enns 1910/11 erbaut. Ein Neubau am Bahnhof Enns wurde zwar schon in den Zwanzigerjahren diskutiert, gelangte aber erst 1943 zur Ausführung. 1966 konnte das Lagerhaus mit genossenschaftlicher Tankstelle direkt in St. Florian errichtet werden (Bild rechts). Das Bild zeigt im Vordergrund den Rübenplatz und hinten die Ziegelei. Das Lagerhaus wurde 2012 abgetragen. Oben und links: Ende der 1950er-Jahre investierte die Genossenschaft in Sattelsprühgeräte der Firma Rosenbauer, die hier beim ehemaligen Gasthaus Handlbauer in Fernbach 26 aufgestellt sind. Nach der Lieferung wurde gefeiert. Die Aufnahme oben zeigt die Bauernschaft und die Wirtin (ganz links). 95


Oben: Der Schuhmacher und Feuer­ wehrkommandant Mathias Plank führe nebenberuflich eine kleine Landwirtschaft am Reschengut (Schicklberger) in Rohrbach. Sein Sohn Ferdinand war einst ein Chorherr des Stifts, ließ sich jedoch laisieren und wechselte ins St. Florianer Bankwesen. Rechts und rechte Seite unten: Die Hochreinerschmiede in Rohrbach. Heute befindet sich hier die Otahal Maschinenbau GmbH (Wolferner Straße 14), um 1950. Rechte Seite oben: Die Pferdezüchter im Gebiet um St. Florian trugen jährlich eine Pferdeschau aus, bei der die besten Zuchtergebnisse prämiert wurden. Das Bild rechts zeigt den Rossknecht vom Kniebergergut (Ölkam 6).

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Oben: Gesinde des Lughammergutes (Spaller) in Enzing 10 vor der Dampfmaschine. Die Transmission führt zur Dreschmaschine in den Stadel, um 1930. Unten: Zehetner zu Gemering - auch „Jahreszeitenhof“ genannt - gehört mit seinen 76 mal 86 Metern zu den größten Vierkantern Oberösterreichs. Rechte Seite oben: Beim Salzner vulgo Fessl in Taunleiten 13, um 1925. Stolz präsentiert ein Sohn des Hauses sein neues Puch-Waffenrad. Rechte Seite unten: Die Familie Heibl vom Aignergut in Oberndorf 4 freut sich über den neuen Elektromotor der anstatt der Dampfmaschine die Dreschmaschine antreibt, um 1935.

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Die Entwicklung des Verkehrswesens Marode Straßen und Wege

Rechts: Die Postkutsche hält am Marktplatz vor dem Gasthaus Erzherzog Franz Ferdinand. Unten: Eine bespannte Holzfuhre in Niederfraunleiten nächst dem Gut Mair in Bach.

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In den 1860er-Jahren herrschte im Gemeindesäckel gähnende Leere. Die größten Brocken hatte St. Florian mit den Ausgaben für Schule und Armenversorgung zu stemmen. Aber auch die Kosten für die Erhaltung von Wegen, Straßen und Brücken schlugen mit einem Betrag von 420 Gulden (1869) zu Buche. Die Straßen und Wege waren nämlich zu Beginn des Jahrhunderts noch ziemlich marod. Nur unter größten Anstrengungen konnten sie einigermaßen instand gehalten werden. In oft knie-, ja hüfthohe Schlaglöcher warf man dann und wann einmal Reisigbündel, Steine und Erde, prügelte da und dort ein versumpftes Stück mit neuen Stämmen aus, aber bis dahin mussten immer erst ungezählte Räder und Achsen gebrochen, Hunderte der armen Gäule zuschanden geschlagen und gefallen sein. Nicht umsonst hatte jeder Fuhrmann den „Fellreißer“ anhängen, um dann gleich auf der

Straße dem Pferd wenigstens noch die Haut abziehen und beim nächsten Gerber versilbern zu können. Überhaupt waren die Fuhrwerker rauhe Burschen. Da überhöhtes Tempo im Ortsgebiet schon 1893 ein Problem darstellte, beschloss die Gemeinde die Aufstellung von vier Warntafeln bei den Markteingängen: „Schnellfahren und das Knallen mit der Peitsche durch den Markt ist bei Strafe von 2 bis 10 Gulden oder mit Arrest von 5 bis 48 Stunden verboten.“


Der Landverkehr war also mühsam und langsam. Kein Wunder, dass „Mobilität“ noch bis Mitte des 18. Jahrhundert ein eher abstrakter Begriff für die ländliche Bevölkerung war.

Die „Westbahn“ eröffnet neue Perspektiven Ganz neue Dimensionen des Personenund Warenverkehrs eröffnete die KaiserinElisabeth-Bahn. Seit 1858 verkehrte sie zwischen Wien und Linz und benötigte dafür acht Stunden. Trotz des eher beschaulichen Tempos konnten Tonnagen, die früher auf dem langsamen und mitunter gefährlichen Wasserweg transportiert werden mussten, jetzt auf der Schiene ihren Bestimmungsort erreichen. Für die Florianer Bauern war nun der Bahnhof Asten zur Drehscheibe des Güterverkehrs geworden, den alle ausgeführten Produkte des getreidereichen, rund 25.000 Joch umfassenden Gebiets passieren mussten. So wissen wir aus den Aufzeichnungen des Astener Stationsvorstehers, dass allein zwischen August 1864 und Juli 1865 20.822 Metzen Weizen, 4595 Metzen Korn und 33.224 Metzen Ha-

Eine Kutsche an der Gabelung Fürstenberg und Linzer Straße. Links im Haus die Greißlerei der Familie Forster, rechts das Fürsthaus. Um 1900.

fer zum „Export“ verladen wurden. Die Zahl von rund 55.000 Metzen ist ganz beachtlich, wenn man bedenkt, dass die Jahresernte sämtlicher Stiftsgründe (157 Joch) 1865 rund 5.000 Metzen ausmachte.

Unten: Szene vom Bergergut in Oberndorf 8. Ein Jauchefass wird mit dem Ochsengespann transportiert.

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Unten: Ein „Pilgerzug“ hält am Bahnhof Pichling, wo die Wallfahrer bei der nahegelegenen Haltestelle auf die Lokalbahn umstiegen, um zum Stift zu gelangen, um 1930. Rechte Seite unten: Die Bahnhaltestelle Asten/St. Florian befand sich nächst dem Tagerbach auf Pichlinger Gebiet. Die Straße östlich des Pichlingersees (heute Raffelstettner Straße) führte Richtung Tödling.

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Dass im genannten Zeitraum von der Gerste hingegen nur 407 Metzen ausgeführt wurden, hat einen so banalen wie einleuchtenden Grund: Den wertvollen Rohstoff beanspruchte vor allem das Florianer Brauhaus! Die Wichtigkeit Astens als Umschlagplatz lässt sich auch in den folgenden Jahrzehnten am Umstand ablesen, dass dorthin seit 1895 drei mal täglich ein bespannter „Omnibus“ verkehrte und die Gemeindevorstehung noch im selben Jahr bei der Betriebsdirektion der k.k. Staatsbahnen um Änderung des Stationsnamens in „Asten – St. Florian“ ansuchte, weil sie größtenteils von den Bewohnern St. Florians frequentiert werden würde. 1903 wurde die Straße von St. Florian über Taunleiten zum Bahnhof Asten errichtet.

Erschließung des Hinterlandes Im ausgehenden 19. Jahrhundert war die Errichtung der Hauptbahnlinien weitgehend abgeschlossen. „Durch die Eisen-

bahn verschwinden die Distanzen, die materiellen Interessen werden gefördert, die Kultur gehoben und verbreitet.“ Karl Ritter von Ghega, der Erbauer der Semmeringbahn sollte damit Recht behalten. Das Verkehrsmittel hatte sich im Güter- und Personenverkehr etabliert. Regionen, die nunmehr von der Eisenbahn berührt wurden, konnten sich wirtschaftlich entwickeln oder erhielten zumindest positive Impulse. Es entstanden neue Betriebe und die Möglichkeit eines erleichterten Warenaustausches. Es zeigte sich, dass Lokalbahnen nicht nur den bereits bestehenden Verkehr aufnehmen konnten, sondern selbst dazu beitrugen, diesen zu vermehren. Auch die ersten Straßenbahnen eroberten die Städte. Etwa Linz, wo ab 1880 eine Pferdetramway vom damaligen „Westbahnhof“ (heute Hauptbahnhof) zum Urfahrer Hinsenkampplatz führte. Sie wurde 1897 elektrifiziert.


Indes lag die „Provinz“ noch fernab jeglicher verkehrstechnischen Erschließung. Ihr drohte die Gefahr des Abrutschens in die Bedeutungslosigkeit. Die Problematik offenbarte sich besonders am Beispiel Steyr. Die damals wichtigste Industriestadt Oberösterreichs geriet ins verkehrstechnische Abseits. Umso stärker machte sich der Wunsch nach Nebenbahnen breit, die das Hinterland erschließen und die Hauptbahnen verbinden sollten. Die Regierung ebnete mit ihren Lokalbahngesetzen vom 25. Mai 1880 und 17. Juni 1887 sowie einer in Aussicht gestellten Steuerfreiheit auf 30 Jahre den Weg zum Bau und Betrieb solcher Bahnen. Doch im Unterschied zu Bayern, wo der Staat das Lokalbahnwesen trug, überließ man ihre Errichtung hierzulande privatem Engagement.

Streckenende sollte wiederum Steyr bilden. Diese Tatsache belegt, dass die ersten diesbezüglichen Pläne schon Jahre vor dem Projekt der späteren Florianerbahn auf dem Tisch lagen. Warum sie allerdings nicht weiterverfolgt wurden, geht aus den Quellen nicht hervor.

Unten: Seit 1899 bestand eine Fahrpostverbindung zwischen St. Florian und Linz. Im Bild rechts ist das Pulverdepot des Kaufgeschäfts Hain zu erkennen, um 1925.

Bahnpläne schon um 1900 Das ersprießliche Gedeihen von Lokalbahnen im ganzen Land hat sich wohl auch in St. Florian niedergeschlagen. Die Gemeindeväter diskutierten nämlich eifrig über die Perspektiven, die eine solche Bahn für St. Florian bieten würde. Der erste Vorschlag in diese Richtung stammt bereits aus den 1890er-Jahren. Es lag damals nahe, eine Lokalbahn nach Asten zu errichten. Am dortigen Bahnhof wurde – wie schon erwähnt – ein Großteil der landwirtschaftlichen Erzeugnisse aus dem Florianer Gebiet umgeschlagen. In weiterer Folge, so die damalige Absicht, sollte auch eine Verbindung nach Enns entstehen. Noch im 19. Jahrhundert genoss Enns für St. Florian aufgrund räumlicher Nähe weitaus mehr wirtschaftliche Relevanz als Linz! Das drückte sich mitunter auch in der inoffiziellen Ortsbezeichnung „St. Florian bei Enns“ aus. (1910 sollte der Ortsname von „St. Florian in Oö.“ auf „St. Florian im Traunkreis geändert werden. Der Gemeinderat beschloss aber, dass „St. Florian“ ohne Beifügung genügen müsste, da der Markt zu den „ältesten und berühmtesten Orten Oberösterreichs“ zähle). Dennoch setzte sich im Mai 1900 die Überzeugung durch, dass eine Bahnverbindung zur Landeshauptstadt Linz wohl die nachhaltigere Option wäre. Das andere

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Motor- statt Muskelkraft Zu der Zeit, als über die Errichtung einer Lokalbahn diskutiert wurde, begann sich das Zeitalter der motorisierten Fortbewegung langsam abzuzeichnen. 1899 befuhr das erste Automobil die Wiener Reich­ straße. Schon 1902 wurde ein Autorennen von Paris nach Wien abgehalten, bei dem die Florianer Feuerwehr Streckenposten zu stellen hatte. Diese Art der Mobilität war klarerweise damals nur Eliten vorbehalten. Das Fortbewegungsmittel war noch lange Zeit das Pferd. In den Fünfzigerjahren beschlug der hiesige Schmied noch mehr als tausend Hufe. Auch die Landwirtschaft setzte auf das Pferd als Zugtier, während in ärmeren Gegenden des Landes eher der Ochsenzug verbreitet war.

Oben: Ein Lastwagen der Stiftskellerei wird von der Feuerwehr genutzt, die darauf eine Rosenbauer-Tragkraftspritze verladen hat. Die Aufnahme entstand 1937 vor dem Stiftsmeierhof. Unten: Vor dem Forsterhaus am Fuße des Fürstenberges wird mit dem neuen Auto posiert. Damals waren private Fahrzeuge noch Besonderheiten, um 1925.

Links oben: Die Bäcker Leopold und Robert Leitner. Mit ihrer Beiwagenmaschine (der Seitenwagen noch links) lieferten sie ihre Waren ins „Gai“, um 1935. Links: Der Transportunternehmer Grillmayr (im weißen Mantel) chauffiert eine Gruppe Florianer Müller und Bäcker auf einem Ausflug zum Feuerkogel.

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Rechts: Ende der 30er-Jahre wurde mit dem Autobahnbau begonnen (im Bild das Reichsautobahnlager in Tödling). Kriegsbedingt wurde der Bau erst in den 50ern fortgesetzt. Unten: Autounfall der Kanzlerfamilie Schuschnigg in der Nähe des heutigen Pichlingersees 1935 in Tödling. Herma von Schuschnigg war auf der Stelle tot. An der Unglücksstelle wurde ein Marterl aufgestellt.

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Erst nach dem Ersten Weltkrieg begann die Motorisierung des öffentlichen Verkehrs. 1924 wurde eine Autobuslinie St. Florian – Sierning – Steyr eingeführt. Aufgrund der schmalen, noch auf Fuhrwerke ausgelegten Straßen mussten Ausweichstellen geschaffen werden. Für die erforderliche Mehrbeschotterung musste der Betreiber der Linie aufkommen. Die Asphaltierung der Straßen im Bereich von St. Florian erfolgte erst ab den 1950erJahren. Zu jener Zeit wurde auch der während der NS-Zeit begonnene Autobahnbau wieder aufgenommen. Der Individualverkehr sollte die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts prägen – und letztendlich auch so mancher Lokalbahn den Todesstoß versetzen. Links: Das Auto als Statussymbol in den 1960erJahren. Hier eine Aufnahme vor der FlorianerbahnHaltestelle Taunleiten.

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Die Lokalbahn St. Florian – Ebelsberg Die „schöne Idee“ einer Traunkreisbahn

Interessentenkommitee zur Errichtung der Bahn: In der Mitte Propst Josef Sailer, links davon Statthalterei-Rechnungsrat Alfred Erhard, rechts der Direktor der Bank für Oö. und Salzburg, Franz Edlinger. Außerdem der Bürgermeister von St. Florian, Leopold Spaller (2.v.l.) und der Linzer Bürgermeister Franz Dinghofer (3.v.l.) In der hinteren Reihe ganz links der Ebelsberger Bürgermeister Rudolf Postl und der Ebelsberger Pfarrer Matthias Rupertsberger (3.v.l.).

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Wie bereits erwähnt lag die Absicht, die Städte Linz und Steyr über St. Florian und Wolfern mit einer Lokalbahn zu verbinden bereits Anfang des 20. Jahrhunderts auf dem Tisch. Warum der Absicht keine konkreten Maßnahmen folgten, ist heute nicht mehr zu belegen. Allerdings dürfte das Projekt schon damals beharrliche Unterstützer gefunden haben, die mit neuen wirtschaftlichen Impulse in der landwirtschaftlich ertragreichen Region spekulierten. Dementsprechend hegte in erster Linie das Stift als größter Grundbesitzer vitale Interessen an der schnellen und bequemen Ausfuhr seiner Produkte. Dass mit dem Bahnbau auch die Elektrifizierung des Linzer Hinterlandes einhergehen konnte, war dabei ein angenehmer Nebeneffekt. In die selbe Kerbe schlug die Sparkasse St. Florian. Im November 1908 regte sie die Gründung eines Komitees an, das das Bahnprojekt auf die sprichwörtliche Schiene bringen sollte. Als dessen Exponenten traten Generalabt Josef Sailer, Propst des

Stifts St. Florian, Dr. Franz Dinghofer als Bürgermeister von Linz und Mag. Rudolf Postl, Bürgermeister der Marktgemeinde Ebelsberg, auf. Gemeinsam mit der Linzer Tramway- und Elektrizitäts-Gesellschaft Linz-Urfahr (TEG) suchten sie am 15. Dezember 1908 beim k.k. Eisenbahnministerium „um Bewilligung zur Vornahme der technischen Vorarbeiten für eine elektrische Lokalbahn von Ebelsberg über St. Florian und Maria Laah nach Steyr mit einer Abzweigung von Taunleiten zur Station Asten-St. Florian der k.k. Staatsbahn an.“ Die auf ein Jahr befristete Vorkonzession wurde – für die damalige österreichische Bürokratie ganz ungewöhnlich – binnen zwei Wochen erteilt. Die Kontakte zu den beiden Ingenieuren Josef Stern und Franz Hafferl bestanden zu diesem Zeitpunkt bereits. Ihre Kompetenz lag auf dem Bau von elektrischen Lokalbahnen, die im Unterschied zur herkömmlichen Dampftraktion kostengünstig errichtet und betrieben werden konnten. Für die 36,7 km lange Strecke Kleinmünchen – Ebelsberg – St. Florian – Steyr veranschlag-


ten sie 2,6 Mio. Kronen. Die Schätzung wurde im August 1909 dem Eisenbahnministerium vorgelegt. Grundlage dieser Streckenführung bis Kleinmünchen war die Tatsache, dass die Linzer TEG ihre elektrische Tramway bereits 1902 an die Traunbrücke herangeführt und damit ein großes Gebiet inklusive der noch nicht eingemeindeten Gemeinden St. Peter und Kleinmünchen erschlossen hatte. Im eingleisigen Betrieb wurden hier 6 Motorwagen zu 28 Sitzplätzen und 3 Anhängewagen zu 24 Sitzplätzen eingesetzt. Der Zusammenschluss mit der zu errichtenden Bahn sollte am linken Traunufer erfolgen. Grundbedingung war allerdings der vollkommene Neubau der noch hölzernen Brücke.

de, so daß sie nicht mehr das mindeste Interesse an der in Aussicht gestellten Bahn haben“ konnte. Die Gemeinde habe wie auch die Gemeinde Losensteinleiten nur unter dem Vorbehalt finanzielle Beiträge zum Projekt in Aussicht gestellt, dass die Strecke auch über Dietach führen würde. Das Aktionskomitee reagierte darauf, indem es auf die gewichtigeren Interessen der Stadt Steyr verweis, allerdings den Wünschen der beiden Gemeinden entgegen kommen würde, wo immer dies möglich sei.

Unten: Die 1902 eröffnete Halte­ stelle der Linzer Tramway am linken Ufer der Traun. Am unteren Bild ist die hölzerne Traunbrücke zu sehen, an deren Brückenkopf die Straße geschottert und gewalzt wird.

Verschiedene Interessen Obwohl das ausgearbeitete Projekt entlang der Strecke viele begeisterte Anhänger fand, begannen sich spätestens bei der Trassen- und Stationskommission vom 8. bis 10. März 1910 erste, jedoch bereits massive Unstimmigkeiten abzuzeichnen. Eine Trassenänderung hatte dazu geführt, „dass die Gemeinde Gleink durch die neue Trasse ganz außer Betracht gelassen wur-

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Rechts unten: Rechnung der Elektrizitätswerke Stern & Hafferl an den Florianer Baumeister Kaun über die Installation von „32 Auslässen für Glühlicht“ vom Oktober 1913. Die Brüder Kaun hatten 1911 das Baugeschäft von ihrem Onkel Breinesberger erworben und 1913 die Zimmermeister-Konzession erhalten.

Doch bald gärte es auch in Steyr selbst. Dort befürchtete ein Teil der Geschäftsleute eine Abwanderung der Kundschaft nach Linz und somit einen erheblichen Wettbewerbsnachteil. Darüber hinaus war man sich uneins über Streckenführung und Endpunkt der Bahn im Stadtgebiet. Der größere und einflußreichere Teil der Bevölkerung war für einen Endpunkt in Steyrdorf, während andere eine Einbindung in den Staatsbahnhof der KronpinzRudolfs-Bahn wünschten. Da die geplante Lokalbahn von der Nordseite her den Stadtrand erreicht und dann bis zum Bahnhof die ganze Stadt durchquert hätte, war klar, dass hier eine für alle Beteiligten gleichermaßen befriedigende Lösung schwer zu finden wäre. Folglich wurden drei Varianten ausgearbeitet: Die Lokalbahn sollte beim Vorort Wieserfeld das Stadtgebiet erreichen und durch die Sierninger Straße und die Kirchengasse in starkem Gefälle bis zur Vorstadtkirche St. Michael führen. Nach Querung der beiden Brücken über Steyr und Enns hätte die Bahn ihren Endpunkt beim Bahnhof gehabt. Problematisch an dieser Führung war

Die Bahnpioniere Stern & Hafferl Die Ingenieure Josef Stern und Franz Hafferl gehörten zu den privaten Pionieren des Bahnbaus in Österreichs. Sie begegneten einander bei der Erricht­ ung der Kremstalbahn. Ihr 1883 gegründetes Büro in Wien hatte sich auf die Planung und den Bau von Lokalbahnen spezialisiert. Zu ihren Projekten gehörten etwa Teile der Wiener Dampftramway (1884-1886), die Bahnstrecke Haiding - Aschach (1885-1886), die Bitinner Lokalbahn (1885), die Debrecziner Lokalbahn (1886), die Strecke Reichenberg - Gablonz (1887-1888), die Teilstrecke Micheldorf- Klaus an der Kremstalbahn (1888), die Salzkammergut-Lokalbahn Bad Ischl - Mondsee - Salzburg (1890-1894) sowie die Gurktalbahn Treibach Althafen- Klein Glödnitz (1897-1898). Insgesamt projektierten sie 126 Strecken mit insgesamt 2700 km Länge. Tatsächlich gebaut wurden allerdings nur 29 Strecken mit rund 500 km – darunter die elektrische Lokalbahn in Gmunden (1894). Dorthin übersiedelten Stern & Hafferl mit ihrer Firma und widmeten sich immer intensiver dem Bau von Kraftwerken. So wurde auch gegen den Widerstand der Schifffahrt ein Kraftwerk am Traunfall errichtet, an das Lambach, Roitham, Laakirchen, Oberweis und Gmunden angeschlossen wurden. Wegen des enormen Aufschwunges am Sektor der Elektrizität gründeten die Ingenieure 1906 die „Elektrizitätswerke Stern und Hafferl Aktiengesellschaft“. In den folgenden Jahren errichtete das Unternehmen die Hochdruckwerke Offensee und Schwarzensee (1908/09) sowie das nur teilweise realisierte Großprojekt im Gosaugebiet mit fünf geplanten Staustufen (1910/13).

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allerdings, dass der Einhaltung der erforderlichen Breite eine ganze Häuserzeile hätte geopfert werden müssen. Schon damals verwehrte man sich aus konservatorischer Sicht dagegen: Es würden mit der Häuserzeile in der Kirchengasse die Anklänge einer Stadtbefestigung fallen, nachdem „in der zweiten Hälfte des abgelaufenen Jahrhunderts so maches interessante Bauwerk in den meisten Fällen als nur vermeintliches Verkehrshindernis der damals besonders grassiereden Modernisierungssucht zum Opfer fiel – freilich ohne zu bedenken, daß man dadurch auch die materiellen Inter­ essen der Stadt tief geschädigt hat, indem man Dinge aus dem Weg räumte, welche ihrer Originalität, ihres hohen historischen Interesses wegen eine Hauptattraktion für Fremde gebildet hätten“. Diese Einwände veranlassten die Ausarbeitung einer Alternative von Kegelpriel über die „bucklige Wiese“ durch die Waffenfabriksinsel, über eine neu zu erbauende Brücke zum rechten Ufer der Steyr und von dort entlang der Nordseite des Lambergschen Schlosses über die Ennsbrücke zum Bahnhof. Hier handelte es sich um eine


technisch sehr anspruchsvolle und mit einer neuen Brücke sehr kostspielige Variante, weshalb sie wieder verworfen wurde. Die dritte Möglichkeit stellte die Trassierung durch die Vorstadt Ort dar. Aus Gleink kommend und an der Artilleriekaserne vorbei würde die Bahn dann in weitem Bogen die Schlüsselhofgasse erreichen, welcher sie bis zur Kirche St. Michael folgen sollte. Anschließend wäre sie ident mit der anfänglich vorgeschlagenen Strecke gewesen, nur mit dem Unterschied, dass keine Gebäude geopfert hätten werden müssen.

Das Aktionskomittee zieht die Notbremse Doch in Steyr war man sich nach wie vor uneins. Ganz abgelehnt wurde der Vorschlag, die Bahn vorerst nur bis Steyrdorf zu errichten, weil eine spätere Verlängerung nur die erste Variante zugelassen hatte. Die unklare Lage in Steyr, die immer wieder massive Einwände hervorbrachte, veranlasste schließlich das Aktionskomitee, den Bahnbau von Kilometer 25 (bei Wolfern) bis Steyr gänzlich zurückzuziehen.

Probleme auch am anderen Streckenende Am anderen Streckenende in Ebelsberg gestaltete sich die Lage ebenso schwierig. Baron Johann Kast, der 1897/98 Landeshauptmann von Oberösterreich und 18971899 k.k. Ackerbauminister gewesen war, gab zu Protokoll, dass er für seine Person nicht das mindeste Interesse an der Errichtung der Bahn habe und somit auch keinen Grund abtreten werde. Infolge weigerten sich auch drei andere Ebelsberger Grundbesitzer, Flächen herzugeben obwohl sie die Lokalbahn grundsätzlich befürworteten. Das eigentliche Problem stellte allerdings die Traunbrücke dar. Das schon damals als „vorsündflutlich“ bezeichnete Bauwerk hatte wahrhaft schon bessere Tage gesehen. Jährlich wiederkehrende Hochwässer und Eisstöße setzten dem hölzernen Tragwerk zu und verursachten kostenintensive Reparaturen. Auch der aufkommende Automobilverkehr trug das seine zur Verschlechtung bei. „Die Brücke befindet sich in einem Zustande, daß es wirklich das Beste wäre, wenn jemand einmal auf

derselben eine Dynamitpatrone verlieren würde“, konstatierte Bürgermeister Postl anlässlich einer Versammlung im Landtag. Schon lange forderten die Ebelsberger eine Sanierung, doch sie fanden bei den zuständigen Stellen wenig Gehör. 1909 war die Situation schließlich untragbar geworden. Das Februar-Hochwasser, bei dem sich die gesamte Linzer Vorstadt zu einem See verwandelte und der Straßenbahnbetrieb Richtung Ebelsberg eingestellt werden musste, beschädigte – zusammen mit dem nachfolgenden Juli-Hochwasser – das Tragwerk der Brücke nachhaltig. Zusammen mit dem

Einladung zur Interessentenversammlung im Februar 1909 in St. Florian. Hier konnten die Anrainer der projektierten Trasse ihre Anliegen vorbringen.

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Auszug aus dem Kommissionsprotokoll vom Februar 1911. Es beinhaltet unter anderem den Wunsch, für „entlegenere Ortschaften“ Verladestellen einzurichten. Diese wurden jedoch nie realisiert.

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beabsichtigten Bahnbau rechnete man sich nunmehr gute Chancen auf einen Neubau in Eisenkonstruktion aus. Die Angelegenheit ging vor die zuständigen Ministerien, die angesichts leerer Staatskassen allerdings nicht willens waren, die Baukosten selbst zu stemmen. Insofern kamen ihnen Interessenten gerade recht, um Beiträge einzufordern. So erhielt zum Beispiel die Gemeinde Linz die Aufforderung, sich mit einem Beitrag zu beteiligen, weil über die Ebelsberger Brücke der Rohrstrang der Wasserleitung für Linz (!) geführt werde. Ein wesentlich bedeutenderer Beitrag sollte allerdings von den Beteiligten der Lokalbahn eingefordert werden. Um den geplanten Zusammenschluss mit der Linzer Tramway zu erreichen, waren sie auf die Ausführung der Brücke inklusive Bahntrasse angewiesen.

Die Lokalbahn-Gesellschaft hielt hierfür den Betrag von 50.000 K im Vergleich zu den Gesamtbaukosten in der Höhe von 985.000 K für angemessen. Damit sei der Regierung nicht gedient, erklärte hingegen der Minister für öffentliche Arbeiten bei einer Audienz des Komiteemitgliedes Andreas Malzer (Chorherr und Sparkassendirektor in St. Florian). Auf dessen Bitte, einen akzeptablen Betrag zu nennen, erklärte Minister August Ritt, „dass er glaube, mit 140.000 Kronen einen Brückenbau durchsetzen zu können.“ Dagegen argumentierte das Komitee: „Wir erlauben uns jedoch zu bemerken, daß eine Brücke, über welche sich ein lebhafter Automobilverkehr abwickelt und welche stark genug sein muß für die verschiedenen Militärtransporte etc., auch stark genug sein dürfte für die frag-


Der Ebelsberger Vormarkt mit an der Kreuzung Kremsmünsterer Straße - Wiener Reichstraße, um 1910. Rechts das Gasthaus „Zum schwarzen Bock“.

liche Mitbenützung durch die elektrische Kleinbahn. Die neue Reichstraßenbrücke wird eine solche erster Güte sein und demnach Vehikel von 18 bis 20 Tonnen (Dampfstraßenwalzen und dergleichen) tragen können. Nachdem unsere schwersten Lasten hingegen ein Gewicht von 17 Tonnen nicht überschreiten werden, so glauben wir, daß eine Verstärkung der Brücke wegen der elektrischen Kleinbahn nicht in Betracht kommen kann.“ Die Einwände waren vergebens.

Das ganze Projekt in Trümmern? Von dem ursprünglichen Plan, die Städte Linz und Steyr zu verbinden, musste sich das Aktionskomitee also spätestens 1910 verabschieden. Es haperte an beiden Streckenenden. An einen Anschluss von Steyr war nicht mehr zu denken und der Brückenneubau in Ebelsberg war zum Politikum geworden, dessen Lösung noch lange nicht in Aussicht stand. Daher „erschien es geradezu geboten – sollte nicht überhaupt das ganze Projekt in Trümmer gehen – wenigstens den ersten Streckenteil Ebelsberg-St. Florian zur Ausführung zu bringen.“ (Jahresbericht 1915). Man arbeitete sofort ein Detailprojekt aus, das am 30. September 1910 dem Eisenbahnministerium vorgelegt wurde. Die politische Kommission erfolgte vom

21. bis 24. Februar 1910. Dabei taten sich zwar keine existentiellen Schwierigkeiten auf, doch musste ein Konsens mit den Anrainern hergestellt werden: Etwa gaben die Ebelsberger Hausbesitzer Denkmayr, Maurer und Hauptmann zu bedenken, dass die Straße im Nadelöhr beim (1938 abgetragenen) Kornblumhaus so eng sei, dass sie durch Schwierigkeiten hinsichtlich des Abladens von Heu, Kohle, Eis usw. durch die Bahn wirtschaftlich geschädigt werden. Der Wirt Ozlberger und der Schmied Pickl verlangten indes eine Station an der Einmündung der Kremsmünsterer Straße im Vormarkt und erhofften sich dadurch vermutlich Vorteile für ihre Gewerbe. Pichlinger Bauern verlangten die Trasse so auszuführen, dass sie beim Obstklauben oder dem Ausbringen von Langholz nicht behindert werden. Die Bauern in Bruck, Tödling und Ölkam wünschten sich Verladestellen. Obwohl eine solche Einrichtung in Bruck zweifellos Aussicht auf Rentabilität gehabt hätte, wurde sie nie errichtet.

Konzession für einen Torso Inzwischen war genügend Kapital gezeichnet worden, um sofort mit der Konzessionsverhandlung am 11. Mai 1912 zu beginnen. Das Unternehmen Stern und Hafferl erklärte sich bereit, den Bau zu einer fixen Pau-

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Beim Faschingsumzug 1912 hier vor dem Ebelsberger Feuer­ wehrdepot - machte man sich über die Schwierigkeiten des Lokalbahnprojekts lustig (siehe Faschingsnarr mit Klingelbeutel).

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schalsumme zu übernehmen, den Betrieb nach Fertigstellung zu führen und die Bahn gegebenenfalls nach Steyr zu verlängern. Am 19. August 1912 wurde die Konzession „zum Baue und Betriebe einer schmalspurigen Lokalbahn vom Marktplatze in Ebelsberg nach St. Florian in Gemäßheit der Bestimmungen des Eisenbahnkonzessionsgesetzes vom 14. September 1854 R.G.Bl. Nr. 238 sowie des Gesetzes vom 8. August 1910 R.G.Bl. Nr. 149 erteilt.“ Die Konzessionäre verpflichteten sich, den Bau der Strecke in längstens zwei Jahren zu vollenden und während der gesamten Konzessionsdauer von 90 Jahren ununterbrochen in Betrieb zu halten. Der Staatsverwaltung blieb das Recht vorbehalten, den Betrieb der Bahn wann immer zu übernehmen und während der noch laufenden Konzessionsdauer für Rechnung der Konzessionäre zu führen. Dazu kamen dann noch Bestimmungen hinsichtlich der Gründung einer Aktiengesellschaft, der Ausgabe von Prioritätsaktien und der Erstellung eines von der Staatsverwaltung zu genehmigenden Tilgungsplanes, und das Recht des Staates, die

Bahn jederzeit einzulösen, wenn gewisse Bedingungen erfüllt werden sollten. Weitere Punkte behandeln den Bau und die Ausrüstung der Bahn, zum Beispiel Grunderwerb, Unter- und Oberbau, Hochbauten, Fahrbetriebsmittel und elektrotechnische Betriebseinrichtungen, sowie den Bereich Betrieb. Darunter fielen die Personen- und Gütertarife, Leistungen für die Postanstalt, für die Staatstelegraphenanstalt, die unentgeltliche Beförderung von Staatsbeamten bei Dienstreisen, aber auch die Beförderung von Schüblingen und Häftlingen, sowie Sendungen für Zwecke der Staatspferdezuchtanstalten. Am 1. November 1912 legte die Bau- und Betriebsunternehmung Stern und Hafferl ein Offert vor, in dem sie „die vollkommene. entsprechend solide, kunstgerechte und zeitgemäße Herstellung“ der Lokalbahn für eine Pauschalvergütung von 730.000 Kronen in Aussicht stellt. Die Bahn würde spätestens am 19.August 1914 den Betrieb aufnehmen können, wie dies in der Konzessionsurkunde festgesetzt war. Für jeden Tag, um den dieser Termin überschritten werde, wollte


Et quis digent volorem poruptatur, nis magnatem fugiatiam lam ut quiandemqui dolleni magnatem ipiet volupta im ellenia qui dolest odit earum qui ullorepe rem voluptatis volorum velibus mollaut fugitium dolupta tiunto everro tempori tatur? Uga. Am quisquas ea-

Stern und Hafferl eine Konventionalstrafe von 100 K an die Konzessionäre entrichten. Das Angebot wurde akzeptiert, die Finanzierung erfolgte durch Ausgabe von PrioritätsZahlung Allgemeine Sparkasse Linz Land OÖ. Stadt Linz Sparkasse St. Florian Städtische Sparkasse Linz Stift St. Florian

Kronen 250.000,175.000,200.000,150.000,50.000,50.000,-

Gemeinde St. Florian Brauerei Zipf Bank für Oberösterreich u. Salzburg Heinrich Franck & Söhne TEG Hoffmann & Comp., Kirchdorf Kraus & Schober, Linz Aktienbrauerei Linz Kleinmünchner Baumwollspinnerei Lambacher Flachsspinnerei Private Gesamt

50.000,30.000,20.000,10.000,10.000,3.000,2.000,1.000,1.000,1.000,16.000,730.000,-

und Stammaktien. Insgesamt standen also 1.079.000 K zur Verfügung. Hiervon waren 730.000 K dem Bau inkl. Reservefonds gewidmet. Der Rest war als Beitrag zur Errichtung der Ebelsberger Brücke (140.000 K) und für die eventuell doch noch zustande kommende Verlängerung nach Steyr reserviert. Immerhin hatte man dort eine Einigung erzielt und bereits eine Begehungsund Enteignungskomission durchgeführt. Eine endgültige Entscheidung verhinderte allerdings der Ausbruch des Ersten Weltkrieges. Später wurde die Verlängerung nie wieder thematisiert. Die neu geschaffene Aktiengesellschaft konstitutierte sich erst nach der Betriebseröffnung am 7. Februar 1914, die Eintragung ins Handelsregister erfolgte ein Monat später.

Eine von zwei beim Bau eingesetzten Feldbahnen im Bereich der späteren Haltestelle Pichling. Unten: Plan der charakteristischen 308 Fahrleitungsmasten.

Der Bau beginnt 1913 erlebte Ebelsberg einen für die damaligen Verhältnisse sehr turbulenten Frühsommer. Denn neben der Einquartierung von Militär, das hier auf Manöver war, wurde mit dem Bau der Florianerbahn begonnen. Beim Weinzierl in Tödling hoben dutzende

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Oben: Bahnhof St. Florian in der Erbauungszeit noch ohne Remise. Vor dem Bahnsteig stehen die Kipploren der Feldbahn, Mai 1913. Unten: Größere Erdbewegungen waren lediglich entlang des Schiltenberges und in der sogenannten „Uferkurve“ notwendig. Dort posieren Arbeiter für die wohl bekannteste Aufnahme vom Bau der Florianerbahn. Vor der Lok Bauingenieur Straßer (3.v.l.) und der Pichlinger Schmied Heizinger (4.v.l.) mit Gattin. Er schmiedete die Schwellennägel für die Florianerbahn.

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Arbeiter eine Schottergrube aus. Über die eilig verlegten Rollgleise wurde das Material mittels Kipploren und zwei Feldbahnen an seinen jeweiligen Bestimmungsort im Verlauf der Wiener Reichstraße gebracht, wo – besonders zur Freude der Kinder – eine Dampfwalze tätig war. Ende Juni konnte im Markbereich mit den Arbeiten begonnen werden. Dort erschwerte allerdings der Platzmangel das Vorankommen. Besonders bei der Engstelle im Bereich des Kornblumhauses, die landläufig auch als die engste Stelle zwischen Paris und Konstantinopel bezeichnet wurde, konnte nur nachts gearbeitet werden. Außerdem musste die Annakapelle gegenüber der heutigen Kaserne verlegt, Masten aufgestellt und Leitungsdraht gespannt werden. Am 20. Juli waren die Geleise im ganzen Markt bis zum Friedhof hergestellt und die Kanäle


wieder instand gesetzt. Auch zum Bahnbetrieb notwendige Telefonleitung im Gemeindehaus nach St. Florian war vollendet. Das anhaltende Schlechtwetter konnte den Baufortschritt nicht beeinträchtigen. Dafür hatte der Pichlinger Frächter und Gastwirt Josef Reisetbauer (heute Duschanek) mit aufgeweichten Straßen zu kämpfen. Sein Auftrag: Die Abholung der per Bahn nach Asten gelieferten Motorwägen mit einem Einzelgewicht von rund 16 Tonnen. Die Herstellerfirma, Grazer Waggonfabrik, hatte dafür ein eigenes Fuhrwerk zur Verfügung gestellt. Boten mussten dem Gespann vorausgeschickt werden, um die Straße frei zu machen. Mit seiner schweren Fracht quälte sich Reisetbauer bis nach „Neugebau“, wo die Wagen auf die Schienen gestellt und mit Pferden nach St. Florian gezogen wurden. Währenddessen entstand in St. Florian ein

Aufnahmegebäude. Daran schlossen sich zwei Kanzleiräume, der Warteraum, die vom Bahnsteig aus zugänglichen Toiletten sowie die Wärterwohnung an. Im ersten Stock gab es eine Beamtenwohnung, darüber eine Mansarde und zwei Trockenböden. Außerdem enstand eine zweigleisige Wagenremise, wo 1915 ein hölzerner Abbau angeschlossen wurde. In St. Florian wurde darüber hinaus der von den Elektrizitätswerken Stern und Hafferl gelieferte Strom umgeformt. In den unbesetzten Haltestellen Taunleiten, Bruck, Pichling und Ufer begnügte man sich mit Wartehäuschen aus Holz, die zur Bahnseite hin offen, den Fahrgästen ausreichend Schutz bei Schlechtwetter boten. In Ebelsberg wollte man ursprünglich ein Wartehaus neben dem Kriegerdenkmal errichten, mietete aber erst 1929 Räumlichkeiten am Marktplatz an.

Unten: Arbeiter im Bereich der Uferkurve werden mit Most versorgt. Der Waldrand des Schiltenberges musste gerodet werden. Die Trasse bestand aus insgesamt 12.755 Querschwellen und 9,724 km Vignolschienen.

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Oben: Der Erรถffnungszug am Ebelsberger Marktplatz. Rechte Seite unten und rechts: Einzig der Girlandenschmuck und die beiden weiร gekleideten Ehrendamen gaben der sonst recht bescheidenen Erรถffnung am 1. September 1913 einen festlichen Anklang. Eine der Damen (im Bild rechts) war Anna, die Tochter des Tischlermeisters Johann Leixl in St. Florian 53.

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Rechts: Fahrplan, der am Tag der Eröffnung in den Linzer Zeitungen abgedruckt wurde.

Keine Feierlichkeiten zur Eröffnung am 1. September 1913 Die Errichtung der Florianerbahn wurde in Rekordzeit bewältigt. Dennoch war dem Aktionskomitee am Tag der Eröffnung nicht zum Feiern zumute. „Mit freudiger Hoffnung haben wir begonnen, aber mit Bedauern müssen wir heute gestehen: Nach nahezu fünfjähriger Arbeit nur ein halber Erfolg!“ (VB 31.08.1913). Es gäbe nun zwar eine Bahnlinie zwischen Ebelsberg und St. Florian, aber nur eine Luftlinie bis Steyr. Auch der Anschluss an die Linzer Tram sei nicht geglückt, obwohl die Regierung eine Fertigstellung der Traunbrücke bis Ende 1912 in Aussicht gestellt hätte.

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Am 1. September 1913 verließ der Eröffnungszug (EM 2 mit zwei Beiwagen) um 06.22 Uhr in aller Stille und Bescheidenheit, ohne jede Feier, den Bahnhof St. Florian und erreichte um 06.50 Uhr Ebelsberg. Lediglich zwei Ehrenmädchen verteilten Blumensträuße an die ersten Fahrgäste. Von den 96 Sitzplätzen waren nur 42 besetzt. Nichtsdestotrotz entwickelte sich das Aufkommen schon im ersten Betriebsmonat äußerst positiv. An Sonn- und Feiertagen mussten sogar die Frachtenwagen zur Personenbeförderung eingesetzt werden, da die vorhandenen Kapazitäten nicht ausreichten. So wurden schon im September 1913 9.455 Personen befördert. Bis Ende des Jahres sollte die Zahl auf 26.216 stei-

gen. Um die Zugsfrequenz verdichten zu können, wurde bei der Haltestelle Bruck eine zusätzliche Ausweiche errichtet.

Linke Seite: Die Lokalbahn erklimmt die Steigung Richtung Ebelsberger Friedhof. Rechts das 1898 eröffnete Feuerwehrdepot. Im Hintergrund ist die Bedarfshaltestelle „Ebelsberg-Vormarkt“ zu sehen, um 1914.

Lokalbahn Ebelsberg – St. Florian Spurweite: .......... 900 mm Streckenlänge: ......9,646 km (1939), auf 0,7 km Gleis im Straßenplanum, sonst eigener Bahnkörper Eröffnung: .......... 2. September 1913 Stilllegung:......... 1. Jänner 1974 Betriebsart:........ Elektrischer Betrieb mit 650 V Gleichstrom Eigentümer:........ Lokalbahn Ebelsberg – St. Florian AG Konzession: ........ Lokalbahn, ab 26. September 1938 Straßenbahn

Oben: Hinter dem Ipfbachbrückerl ist der Lokalbahnhof zu erkennen. Rechts davon die Wagenremise.

Die Staatsbahnen sehen eine Konkurrenz erwachsen In Zusammenhang mit den Verhandlungen um eine neue Traunbrücke sah sich die Lokalbahn plötzlich einer Forderung seitens des k.k. Eisenbahnministeriums konfrontiert. Wegen der eventuellen Konkurrenzierung der Staatbahnen und eines angeblichen Entganges an Fahrgästen sollte die Florianerbahn jährlich 8.000 K abführen. Allen Protesten zum Trotz blieb die Staatsbahn bei ihrer Forderung. Erst der Kriegsausbruch beendete den Streit bis auf weiteres.

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Links: Eine Prioritätsaktie. Insgesamt wurden etwas mehr als 1 Mio. Kronen gezeichnet. Linke Seite: Pläne des Fuhrparks, der sich aus drei Triebwagen (unten), drei Personenbeiwagen (oben) und zwei Gepäckwagen zusammensetzte. Hersteller war die Grazer Waggonfabrik. Unten: Postkartenmotiv mit einem Triebwagen und den zwei Gepäckwagen vor dem Bahnhof, dahinter das Sparkassengebäude und das Stift. Belegschaft um 1914. Die Bediensteten tragen Eisenbahneruniformen mit dem Flügelrad als Symbol.

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Im Krieg übernahmen Frauen die Stelle von eingerückten Männern, so wie Christl Reichhardt (unten), die 1916 zur Bahn kam und 1916/17 als Zugführerin arbeitete. Zu ihren Fahrgästen zählten auch Angehörige einer Bozener Rekonvaleszentenabteilung (Bild rechts vor dem Finsteren Gang). Unten eine zeitgenössische Fahrkarte .

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Hamsterverkehr erhält die Bahn Der Bahnbetrieb entwickelte sich auch in der ersten Jahreshälfte 1914 sehr erfreulich und entschädigte das Aktionskomitee für die Mühen und Rückschläge der vergangenen Jahre. Doch die Freude währte nur kurz. Am 28. Juni fielen Erzherzog Franz Ferdinand und seine Gattin in Sarajevo einem Attentat zum Opfer. Es war das auslösende Moment zur Entfesselung des Ersten Weltkrieges. Am 31. Juli wurde um 20.15 Uhr

auf den Marktplätzen von Ebelsberg und St. Florian von den Feuerwehrhornisten die Mobilmachung verkündet. Die Kriegsbegeisterung war anfangs überwältigend. Erst als sich abzeichnete, dass der Krieg nicht zu Weihnachten 1914 entschieden sei, flaute der Patriotimus ab. Zudem verschlang die Maschinerie immer mehr Ressourcen – auch menschliche. Immer mehr Männer wurden zum Militär eingezogen, darunter auch der Betriebsleiter


und der Streckenwärter der Florianerbahn. Teilweise übernahmen Frauen ihre Rolle. 1915/16 mussten die Kupferdächer des Stiftes an die Rüstungsindustrie abgeliefert werden. An die Bauern wurde appelliert, möglichst viel Getreide „für die Soldaten an der Front“ abzuliefern. Auch die regelmäßige Beschotterung der Florianer Gemeindestraße wurde aus Mangel an Arbeitskräften aufgegeben. Im Gegenzug sollten kriegsgefangene Russen in der Landwirtschaft eingesetzt werden. So wurden etwa 60 Insassen des Lagers Kleinmünchen/Wegscheid im Juli 1915 als Erntearbeiter im Ebelsberger Schulhaus einquartiert. Spätestens ab 1916 spürte die Bevölkerung die Auswirkungen des Krieges. „Der Krieg scheint nicht bloß die waffenfähige Bevölkerung, sondern auch die übrige, einschließlich der weiblichen mobil gemacht

zu haben; auf den Staats- und Privatbahnen und insbesondere den städtischen Straßenbahnen sind alle Züge überfüllt. Man sucht jetzt noch lieber als sonst für ein paar Erholungsstunden besonders an Sonn- und Feiertagen das Land auf, weil man in der Stadt viel mehr an den Krieg und sein mannigfaches Elend erinnert wird, als auf dem Lande. Der Ausflugsverkehr nach St. Florian, der Besuch des Stiftes mit seinen Sehenswürdigkeiten, scheint in Linz immer mehr bekannt und beliebt zu werden. Aber auch die Landbevölkerung fährt mit unserer Bahn, welche sich auch bei dieser einer stets steigenden Beliebtheit erfreut, zahlreich in die Stadt. Der Krieg bringt Stadt und Land mehr in Zusammenhang, und zwar nicht zuletzt infolge des Austausches von Waren und Lebensmitteln. Von Hamsterfahrten weiß

Oben: Triebwagen am Ebelsberger Marktplatz. Am Vordach des Gasthauses „Zum goldenen Greif“ (Walchshofer) ist der Hinweis auf die Haltestelle angebracht. Es gab damals noch kein Wartelokal, sondern nur Bänke vor dem Haus.

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auch unsere Bahn viel zu erzählen“, resümierte der Jahresbericht der Florianerbahn von 1918. Tatsächlich mussten monatlich 80 zusätzliche Bedarfszüge eingeführt und die Gepäckwagen zum Personenverkehr herangezogen werden, um den Andrang bewältigen zu können. Allein zwischen 1916 und 1918 wurden fast 2.700 Tonnen Nahrungsmittel transportiert. Welche Mengen allerdings in Rucksäcken und Handtaschen ihren Weg nach Linz nahmen, entzieht sich jeder Berechnung.

Die Zweigbahn bleibt ein Traum

Oben: Postkarte aus der Pflegestätte im Stift. Rund 360 Mann waren an mehr als 10.000 Verpflegstagen dort einquartiert. Außerdem gab es eine Pflegestätte für rund 200 Mann im Versorgungshaus, die aber Ende 1915 wieder aufgelassen wurde. Unten: Gedenktafel für die im Ersten Weltkrieg Gefallenen aus St. Florian – gewidmet von den „vereinigten Heimkehrern“.

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Trotz zufriedenstellender Fahrgastzahlen hatte man richtig erkannt, dass sich ein nachhaltiger wirtschaftlicher Erfolg nur mit Güterverkehr einstellen würde. Doch ohne den bereits 1908 vorgesehenen Anschluss an eine Hauptbahn hätte das Unternehmen keine Aussicht auf Erfolg. Es sollte also eine 2,3 km lange Schleppbahn von Taunleiten zum Bahnhof Asten/St. Florian errichtet werden,


Oben: Kriegsgefangene Russen 1916 in Rohrbach beim Hochreiner Schmied. Sie wurden dort zur Drainage von Feldern herangezogen.

um dort eine Verbindung zur Kaiserin-Elisabeth-Bahn herzustellen. Die Sache wurde im März 1916 neu aufgerollt, zumal ein vielversprechender Neubau eines Lagerhauses in Enns zur Debatte stand. Für Projekte dieser Art war der Zeitpunkt sicher nicht allzu günstig gewählt. Es herrschte Krieg. Es ist daher nicht verwunderlich, dass die Bewilligung aus dem Eisenbahnministerium auf sich warten ließ. Erst 1919 schien der Plan wieder Konturen anzunehmen. Am Bahnhof Asten/St. Florian sollte ein Magazin und eine Laderampe errichtet werden. Die Gemeinden Asten und St. Florian wünschten sich an zwei Punkten der Strecke die Möglichkeit für Versender, Güter bis 50 kg direkt in die Waggons laden zu können. Hinsichtlich der Spurweite wurde diskutiert, von St. Florian über Taunleiten bis zum Bahnhof ein zusätzliches normalspuriges Gleis zu errichten, um Güterwaggons rangieren zu können. Obwohl die volkswirtschaftliche Bedeutung der Stichbahn unstrittig war, ließ die Behörde nicht von sich hören. Mit der rasanten Inflation zerstreuten sich schließlich alle Ambitionen in diese Richtung. Rechts: Die Metallknappheit und das Horten von Münzen, deren Material- den Nominalwert überstieg, führte nach dem Ersten Weltkrieg zu einem Kleingeldmangel, der 1920/21 Notgeld erforderlich machte. 127


G

Die neue Traunbrücke

Unten: Über die neue Traunbrücke konnte die Linie E nach Ebelsberg geführt werden. Im Vergleich der Aufnahmen von 1929 und 1969 ist der verbreiteterte Brückenkopf zu erkennen. Links die Nepomuk-Statue, die heute gegenüberliegend steht.

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Was vor dem Krieg bereits erfolglos verhandelt worden war, gelangte Mitte der Zwanzigerjahre zu neuer Relevanz: Der Brückenneubau in Ebelsberg. Er war neben dem schon lange geforderten Dammbau und der Pflasterung des Marktbereiches das Hauptanliegen der Ebelsberger Gemeindeväter. Am 3. Jänner 1927 wurde endlich mit den Arbeiten begonnen. Tagtäglich hofften hier hunderte Arbeitslose Beschäftigung zu finden. Die neue Brücke sollte 161 m in einer Breite von 10,5 m überspannen und auch auf Schienenverkehr ausgelegt sein. Doch es stand im Laufe des Jahres 1927 noch nicht fest, ob nun die Florianerbahn oder die Linzer Straßenbahn die Brücke queren sollten. Für die Elektrizitäts- und Straßenbahn-Gesellschaft Linz (ESG, bis 1923 TEG) stellte zweifelsohne die Umsteigestation auf Kleinmünchner Seite die attraktivere Lösung dar, weshalb sie – ohne sich mit der Gemeinde Ebelsberg oder der Florianerbahn in Verbindung zu setzen – bereits im Sommer 1927 hierfür ansuchte. Natürlich blieben die Vorgänge nicht verborgen. In einer am 24. September 1927 im Gasthaus Walchshofer rasch einberufenen Interessentenversammlung nahm man „mit Befremden zur Kenntnis, daß hinter dem Rücken der Ebelsberger, also in aller Stille

ein Projekt über die Führung der Lokalbahn über die Brücke dahin eingebracht wurde, daß in Hinkunft, nach Fertigstellung der Brücke, die Lokalbahn St. Florian über die Brücke fährt und der Umsteigeverkehr nicht – was als selbstverständlich anzusehen wäre, in Ebelsberg sondern in Kleinmünchen auf der Stelle wo heute die Haltestelle sich befindet, abwickeln wird. Durch diese Maßnahme würde nicht nur der ganze Markt wirtschaftlich schwer geschädigt, sondern würde überhaupt seine Bedeutung verlieren. Dieses Projekt würde beinahe den Eindruck erwecken, daß diese Gesellschaften lediglich


um ihre Tasche, nicht im geringsten aber um das Wohl der Allgemeinheit besorgt sind.“ Wie die Sitzungsprotokolle des Gemeindeausschusses jener Zeit beweisen, hegten die Ebelsberger tatsächlich vitales Interesse am Umsteigeverkehr im Marktbereich. So meinte etwa Vizebürgermeister Johann Hauder (soz.) in dramatischem Tonfall: „Wir müssen uns klar vor Augen halten, welche Wichtigkeit die Sache hat. Würde es wirklich so kommen, daß die Florianerbahn über die Brücke nach Kleinmünchen fährt, so ist Ebelsberg verloren und ein toter Ort. Wir würden wieder um ein Stück ärmer und unsere Nachkommen würden die berechtigte Frage aufwerfen, welche Leute hier im Gemeindeausschuss beisammen gesessen sind und dies nicht verhindert haben.“ Wenige Tage später wurde Bürgermeister Johann Guppenberger beim zuständigen Landesrat Max Mayer in dieser Angelegenheit vorstellig. Als er von Linz nach Hause kam, so berichtete er, warteten schon der Betriebsleiter der Lokalbahn und der Schwager von Ing. Stern und stellten ihm ein Projekt vor, das auf dem Umsteigeverkehr am Marktplatz basierte. „Nach diesem Projekt wäre es möglich, daß weder die Häuser Ebelsberg Nr. 13 und 60 weggerissen würden, es würde auch das Kornblumhaus stehen bleiben. Es würde nur die erste Reihe Kastanienbäume am Marktplatz weggerissen. Auch wäre die Aufstellung eines schmucken Wartehäuschens am Marktplatz gedacht.“ Letzendlich überwogen die Ebelsberger Argumente und es wurde beschlossen, die Linzer Straßenbahn über die Brücke zu führen.

Hoffnungen des Zusammenschlusses Man erhoffte sich vom Zusammenschluss der beiden Betriebe nicht nur einen großen Zuwachs im Personenverkehr, sondern man hegte auch große Erwartungen im Bereich des Frachttransportes, denn in Linz war an die Errichtung einer Großmarkthalle im Bereich des Hauptbahnhofes gedacht. Dort sollte auch der Neubau des Eferdinger Lokalbahnhofes liegen. Deshalb dachte man an die Einrichtung eines sogenannten Approvisionierungsverkehrs zwischen St. Florian und Linz/Großmarkthalle via Eferdingerbahnhof. Die Auf- und Abgabe der Florianerbahngüter hätten Bedienstete der Eferdingerbahn durchgeführt. Die Linzer Tramway sollte die bereits abgefertigten Waggons ihren Garnituren beigegeben. Mit den einzelnen Frachtgütern wäre der Straßenbahnbetrieb nicht in Berührung gekommen. Alle bahneinrollenden Güter würden damit gleich am Verteilerort einlangen, wodurch die Speditionskosten vom Bahnhof zur Markthalle wegfallen würden. Der Bahntransport könnte damit konkurrenzlos billig abgewickelt werden. Für 100 kg Gemüse schätzte man die Transportkosten von St. Florian zur Markthalle auf S 1,20 bis S 1,30. Die Warendrehscheibe wurde allerdings nie verwirklicht.

Oben: Zeichnung der Motorwagen EM 1-3, EP 1-3 und der Gepäckwagen EG 4-5. Unten: Die drei Gleise des Gemeinschaftsbahnhofes. Im Hintergrund ist ein Gitterbogen der neuen Brücke zu sehen, um 1930.

Etappenziel erreicht Dank des Ebelsberger Engagements konnte der Gemeinschaftsbahnhof am Marktplatz mit drei Gleisen (I, II und IV) verwirklicht werden. Gleis I diente der Linzer Straßenbahn, Gleis II der Lokalbahn. Gleis IV war für den Rangierverkehr vorgesehen. Das 129


Abstellen von Wagen auf diesem Gleis war untersagt. Es durfte jeweils nur ein Zug verschieben. Wenn sich zwei Züge im Bahnhof befanden, galt die Regel, dass jener zuerst verschiebt, welcher fahrplanmäßig zuerst abfährt. Die Reinigung und Wartung der Stationseinrichtungen fiel den Bediensteten der Linzer Straßenbahn zu. Mittlerweile war die neue Brücke am 24. und 25. November 1928 ihrer Bestimmung übergeben worden. Die Aufnahme des Straßenbahnverkehrs erfolgte indes erst am 30. Juni 1929, nachdem die nun doch notwendige Abtragung der Häuser 60 und 13 am Brückenkopf bedeutende Schwierigkeiten verursacht hatte. „Ein ungewohnt lebhaftes Treiben belebt den Marktplatz“ der durch den Umsteigeverkehr nun das Bild eines Bahnhofes biete, schrieb die Tagespresse. Für einen bequemeren Durchgangsverkehr der Linz Tramway nach St. Florian konnte sich die Lokalbahn allerdings zunächst nicht erwärmen. Sie scheute die durch Wagenmieten erwachsenden Mehrkosten, musste sie aber bereits im Sommerfahrplan 1930 akzeptieren. Zwischen 15. Mai und 1. Oktober 1930 wurden auf der 18.68 km langen Strecke zwischen Urfahr und St. Florian erstmals durchlaufende Straßenbahnwagen eingesetzt. An Werktagen wurden sechs, an Sonn- und Feiertagen acht durchgehende Kurse geführt. Die Beiwagen mussten mit der Routentafel „Durchgangswagen Linz – St. Florian“ bzw. „St. Florian – Linz“, die Triebwagen mit dem Dachsignal „FZ“ gekennzeichnet sein. Im Juni 1931 konnte der Durchgangsverkehr noch aufrecht erhalten werden, musste danach aber eingestellt werden.

Unerfüllte Hoffnungen und die Krise bis 1938 Trotz großer Visionen blieben die in den Zusammenschluss gesetzten Hoffnungen unerfüllt. Als schlimmes Vorzeichen der Zeit bis 1938 fegte am 4. Juli 1929 – nur fünf Tage nach der Eröffnung des Anschlussverkehrs – ein Orkan über Oberösterreich hinweg und deckte das Dach der Remise in St. Florian ab. Der entstandene Sachschaden von 5.000 Schilling verzehrte den gesamten Überschuss, der in diesem Jahr erzielt worden wäre.

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Hinzu kamen in der Folgezeit die Beiträge zum Brückenneubau, die Wagenmieten an die ESG sowie unaufschiebbare Investitionen. Trotz eines kleinen Lichtblickes im Jahr 1932 verschlimmerte sich die wirtschaftliche Situation abermals, als durch die 1000-Mark-Sperre der Fremdenverkehr aus dem Deutschen Reich beinahe vollständig zum Erliegen kam. Die Lokalbahngesellschaft versuchte die Lage mit Sparmaßnahmen zu stabilisieren, doch 1935 war schließlich der Punkt erreicht, wo alle Möglichkeiten ausgeschöpft waren. Von Jahr zu Jahr hoffte die Verwaltung auf die Beseitigung der „Grenz- und Devisenschwierigkeiten“. Als 1937 noch der Oberbau saniert werden musste, explodierte der Verlustsaldo.

Politisch schwierige Zeiten Schon nach dem Ersten Weltkrieg begannen sich parteipolitische Auseinandersetzungen abzuzeichnen. Selbst in kleinen Gemeinden wie Ebelsberg und St. Florian prallten die Gegensätze aufeinander. So demonstrierten etwa 1921 hunderte Sozialisten gegen den Ebelsberger Pfarrer Mathias Rupertsberger, da er sich im Ortsschulrat

gegen die Verwendung der Schulturnhalle durch die „Roten“ stark gemacht hatte. Die sich verschlechternde wirtschaftliche Lage war zudem Wegbereiter radikaler Strömungen, die ihren Höhepunkt im Bürgerkrieg 1934 fanden. Von Kampfhandlungen blieben Ebelsberg und St. Florian weitgehend verschont. Lediglich am Schiltenberg fielen einige Schüsse. In der Nacht wurden der Ebelsberger Bürgermeister Hauder und Vizebürgermeister Zemann als Schutzbündler verhaftet und gemeinsam mit 40 Kameraden im Schloss interniert. Die Amtsgeschäfte übernahm wieder Rudolf Postl. Indes wurde die Feuerwehr des Marktes St. Florian zum Wachdienst im Linzer Stadtinneren herangezogen. Auch in den folgenden Monaten sollte sich die Lage nicht beruhigen. In der Nacht vom 25. auf den 26. Juni warfen illegale Nationalsozialisten Papierböller vor die Häuser von Ebelsberger Heimwehrfunktionären. In den Morgenstunden – kurz vor dem Passieren des ersten Zuges der Florianerbahn – sprengten sie bei der Haltestelle Ufer mit Ekrasit ein 70 cm langes Gleisstück heraus. Glücklicherweise wurde der Schaden rechtzeitig bemerkt und konnte bald behoben werden.

Linke Seite und unten: Vier Mann der Heimwehr St. Florian wurden zum Grenzschutz an der deutschen Grenze eingezogen und am Lokalbahnhof am 1. September 1933 verabschiedet.

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Oben: Häuser am Ipfbach. Links die Bäckerei Pürstinger, in der Mitte das Haus Wipplinger und rechts die Kohlenhandlung Nestler, die zum Zeitpunkt der Aufnahme um 1935 noch ein Sägewerk war. Rechts: Bäcker Robert Leitner auf seiner Puch im Innenhof des Stifts, um 1935. Linke Seite: Fahnenweihe des HeimwehrJägerbataillons Jung-Hessen Nr. 12, der Ortsgruppe St. Florian und Ansfelden mit 3.000 Teilnehmern am 18. Mai 1930. Im Bild auf der linken Seite oben - vor dem Hofrichterhaus am Marktplatz - Fürst Starhemberg als Führer der Heimwehr. Ganz links Landesführer Wenninger und Graf Revertera. Die Aufnahme unten zeigt die Spitze des Defilees beim Gasthof „Zur Traube“, dessen Hausmauer in der rechten Bildhälfte zu sehen ist.

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Oben: Girlandenschmuck und Hakenkreuzfahnen in der Wiener StraĂ&#x;e huldigen dem erfolgten Anschluss Ă–sterreichs ans Deutsche Reich. Rechts: Erntedankfest im Zeichen des Nationalsozialismus. Hinten das Post- und Telegraphenamt am Marktplatz.

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Aus der Lokalwird eine Straßenbahn Nach dem 1938 erfolgten „Anschluss“ Österreichs an das Deutsche Reich glaubte auch die Lokalbahnverwaltung, dass nun bessere Zeiten anbrechen würden. Dem Bericht zur 24. ordentlichen Generalversammlung wurden folgende Zeilen vorangestellt: „Der nachstehende Bericht über das Geschäftsjahr 1937 war bereits fertiggestellt, als jenes weltgeschichtliches Ereignis eintrat, das die Vereinigung der alten Ostmark mit dem großen deutschen Vaterlande und damit die Erfüllung eines tausendjährigen Sehnens brachte. Wir vermögen die Bedeutung dieser Schicksalswende noch nicht in ihrem vollen Umfange zu ermessen. Doch glauben wir der Hoffnung Raum geben zu dürfen, daß das herrliche Stift St. Florian, so wie einst, wieder zur Wallfahrtsstätte unserer deutschen Volksgenossen werden und damit auch unsere Bahn eine Wiederbelebung erfahren wird. Wir sind bereit nach besten Kräften unseren Teil zur nunmehr beginnenden Aufbauarbeit der Wirtschaft beizutragen und dadurch dem großen Soh-

ne unserer Heimat unseren Dank für seine befreiende Tat zu erweisen. Heil Hitler!“ Neben der Anpassung der ihrer Statuten an das deutsche Aktiengesetz wurde die Florianerbahn nunmehr als Straßenbahn eingestuft und mit der Bezeichnung „Straßenbahn Ebelsberg – St. Florian“ ins Handelsregister eingetragen. Tatsächlich wuchsen die Beförderungszahlen von 1937 auf 1938 um 25%. 1939 konnte sogar eine Zuwachsrate von 113% verzeichnet werden. Sie sollte sich noch weiter steigern, als 1941 das Stift beschlagnahmt wurde. Es wurde an den Deutschen Rundfunk verpachtet und hieß von nun an „Brucknerstift St. Florian“. Die Chorherren fanden bis zu ihrer Rückkehr nach dem Krieg Aufnahme im Meierhof Pulgarn.

Autobus anstelle der Lokalbahn? Nach dem Anschluss Österreichs war das Verhältnis zwischen der Firma Stern & Hafferl und dem Verwaltungsrat sehr gespannt. Dazu trug unter anderem die „Gedanken über die künftige Gestaltung des Lokalbahnwesens in Oberdonau“ (Linz 1941)

Ganz oben: Eine Panzerabteilung der Deutschen Wehrmacht auf ihrem Weg nach Wien am Ebelsberger Marktplatz, März 1938. Oben: Französische Kriegsgefangene im Sommerrefektorium des bereits beschlagnahmten Stifts.

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des Aufsichtsratsmitgliedes Franz Ströbinger bei. Er schrieb: „Die Firma Stern und Hafferl war die Erbauerin und Besitzerin der ersten elektrischen Großkraftwerke in Oberösterreich, und zwar im Flußgebiet der Traun; für diese Kraftwerke mussten ständige, größere Stromabnehmer geschaffen werden. Die Industrie kam nicht in dem gewünschten Ausmaße in Frage, denn soweit sie nicht an Wasserkräften gelegen und daher Selbstversorgerin war, hätte die Umstellung von Dampf- zum elektrischen Betriebe zu große Investitionen erfordert, abgesehen davon, daß der reinen Dampfbetriebe nicht allzu viele waren und diese zerstreut im Lande lagen, zu denen sich daher die Stromzuleitung nicht rentierte. Die Fa. Stern und Hafferl nahm sich nun alter Lokalbahnprojekte an, beließ ihnen selbstverständlich den Mantel des öffentlichen Interesses, ja stellte Links: Der Triebwagen trägt um 1940 bereits die Verdunkelungsklappen. Unten: Am Ebelsberger Fadingerplatz um 1940. Hinten die Gasthäuser „Zum goldenen Greif“ und „Zum goldenen Stern“.

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sogar durch Aktienzeichnung eigene Mittel zur Verfügung. Letzteres natürlich nur unter der Voraussetzung dass den Elektrizitätswerken Stern und Hafferl die Stromlieferung und der Bau- und Betriebsgesellschaft Stern und Hafferl der Bau und die Betriebsführung der Bahn übertragen wurde. Der Ertrag aus der Bauausführung, der Betriebsführung und der Stromlieferung sollten schließlich in einer Tasche zusammenfließen. (…) Die Gründung dieser Gruppe der Lokalbahnen von Oberdonau war im Grunde genommen eine rein privatkapitalistische Angelegenheit.“ Ausschlaggebend für die Differenzen war allerdings der Plan, die Bahnlinie gänzlich einzustellen und stattdessen eine Autobuslinie zu schaffen. Die Reichsautobahnverwaltung war mit dieser Idee an den Verwaltungsrat herangetreten, weil die geplante Autobahnstrecke Wien-Salzburg bzw. die bei Ebelsberg abzweigende Strecke Linz – Budweis die Trasse der Bahn zwei Mal gekreuzt hätten, was große Investitionen für Unterführungsbauten notwendig gemacht hätte. Das Thema wurde im Florianer Gemeinderat heftig diskutiert. Man befürchtete, dass die Bewohner durch die Einstellung der Bahn „einen ungeheuren Schaden erleiden“ würden. Man werde den Standpunkt „bis aufs äußerste vertreten“. Der NSDAP-Ortsgruppenleiter brachte hierzu vor, dass die Lokalbahn ohnehin mit einer Wahrscheinlichkeit von 90 Prozent verloren sei und sie im „Interesse einer größeren Sache geopfert werden“ müsse. Auch der Verwaltungsrat nahm den Vorschlag zum Ersatz der Bahn durch eine Buslinie ohne zu Zögern am 7. Juli 1939 an. Der am selben Tag abgeschlossene Vertrag sah eine Pauschalentschädigung von RM 355.000,- für die Einstellung der Linie sowie die für die Autobahn benötigten Grundstücke vor. Ein Vorschuß von RM 30.000,- wurde an die Straßenbahn ausbezahlt und sogar die bereits ausgeführten Umlegungsarbeiten für eine Unterführung der Reichsautobahn rückgängig gemacht. Der Reichsstatthalter für Oberdonau lehnte das Gesuch zur Genehmigung des Vorhabens jedoch kategorisch ab. Der Vertrag wurde 1941 für kraftlos erklärt. Die ablehnende Haltung gegenüber einer Einstellung des Schienenverkehrs lag darin begründet, dass neuerlich eine Schienenverbindung zwischen Linz

Oben: An der Haltestelle Pichling, um 1943. Links: Der Lokalbahnhof um 1940. Zur damaligen Zeit war der Weiterbestand der Florianerbahn ungewiss. Mehrere Interessenten drängten auf Ersatz in Form einer Autobuslinie.

und Steyr in Erwägung gezogen wurde. Treibende Kräfte waren diesmal aber nicht Stern & Hafferl oder die Gesellschafter, sondern die Reichsstatthalterei, die Gauwirtschaftskammer sowie die Stadt Steyr selbst. Die elektrische Schnellbahn sollte in Normalspur über Wolfern, Fernbach und St. Florian geführt werden, bei Pichling von der Trasse der Florianerbahn abzweigen und oberhalb der Ebelsberger Eisenbahnbrücke die Traun queren, um im Bereich der Zementwarenfa-

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brik Bergmann in Kleinmünchen an die Linzer Straßenbahn angeschlossen zu werden, deren Umgestaltung in Normalspur ebenfalls erfolgen sollte. Mit Fortdauer des Krieges waren die Pläne ohnehin zum Scheitern verurteilt. Für die Florianerbahn bedeutete dies hingegen einen unveränderten Betrieb. Inzwischen hatte sich in Ebelsberg und seinem Umfeld vieles verändert. Anstelle des abgesiedelten Dorfes St. Peter entstanden die Reichswerke Hermann Göring, die Eisenwerke Oberdonau und die Stickstoffwerke Ostmark. Die „Führerstadt“ erlebte mit den zuströmenden Arbeitern aus dem In- und Ausland eine regelrechte Bevölkerungsexplosion. Barackensiedlungen sollten die drückende Wohnraumnot lindern, während insbesondere am Bindermichl und Links: Die Haltestelle Ufer noch ohne Ausweichgleis. Zu beachten ist die Schutzeinrichtung unter der Starkstromleitung, 1937.

Oben: Abfahrtsszene am Fadingerplatz. Wegen des kriegsbedingten Männermangels wurden Schaffnerinnen eingesetzt. Die Wagen waren damals noch mit Sonnenrollos ausgestattet, um 1943. 138


Spallerhof Trabantenstädte entstanden. Vor diesem Hintergrund war Ebelsberg am 30. November 1938 zu Linz eingemeindet worden. Die Gegend südlich der Traun galt als landschaftlich schöner Siedlungsraum und war dennoch nicht weit von den Arbeitsstätten der Linzer Industrie entfernt. Auf den beschlagnahmten Gründen des Bauerngutes Mayr zu Reith in Ufer wurde mit dem Bau von Kasernen begonnen. Im Endstadium sollten hier 8.000 Mann der SS garnisoniert werden und ihre Familien in einer zugehörigen Militärsiedlung am Ennsfeld zwischen Wiener- und Florianer Straße wohnen. Die 105 Häuser der Wambachsiedlung entlang der Kremsmünsterer Straße waren für kinderreiche oder „kriegsbeschädigte“ Familien vorgesehen.

Hier wie anderswo sprossen Barackensiedlungen aus dem Boden. Jedes einzelne Lager verfügte über eine Kapazität von mehr als 1.500 Menschen. In Ebelsberg waren vornehmlich volksdeutsche Umsiedler und ausländische Arbeiter der Eisenwerke und Reichswerke einquartiert. Die Barackensiedlung neben dem ehemaligen Bauernhof Mayr zu Reith diente zeitweilig als Lager für französische Kriegsgefangene. Solche waren auch im Stift St. Florian untergebracht und wurden von dort aus der Landwirtschaft als Arbeitskräfte zugeteilt. Weitere „Sublager“ existierten in Gemering, Rohrbach, Mickstetten, Oberfraunleiten, Fernbach, Hausleiten und Samesleiten. 1943 waren 462 ausländische Arbeitskräfte in St. Florian beschäftigt. Ihre Aufsicht oblag der Gendarmerie sowie einer aus 28 Gemeindebürgern „aller Berufsgruppen“ gebildeten „Landwacht“. Dass sich dieser rasante Bevölkerungsanstieg und die Anwesenheit von Ausländern auch auf den Betrieb der Florianerbahn auswirkte, verdeutlichen die Beförderungszahlen. Im Jahr 1937 wurden etwa 100.000 Personen transportiert, 1944 waren es über 600.000! Während des Krieges wurde der Personalstand von 11 Mann um 2 Mann und 7 Frauen verstärkt

Oben: Triebwagen 1 vor der 1938– 1943 errichteten „SS-Kaserne“ an der Wiener Reichstraße. Links: Männliche und bereits auch weibliche Belegschaft vor dem Florianer Warteraum, um 1942.

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und man war bemüht, den Bahnbetrieb in friedensmäßigem Zustand zu erhalten. Schadhafte Schwellen und Maste wurden ausgetauscht. Nur bei der Beschaffung von Oberbauschotter kam es hin und wieder zu Engpässen. Die bauliche Betriebssicherheit war also gewährleistet. Hingegen kam es an Sonntagen immer wieder zu „WildWest-Szenen“ im Bahnbetrieb. So heißt es in einem Schreiben der Lokalbahn an den Landrat in Linz vom 3. März 1943: „Insbesondere sind es Ausländer, die in Ebelsberg unsere Fahrbetriebsmittel unter Anwendung brutaler Gewalt stürmen und während der Fahrt durch ihr Benehmen Links: Eingang zum Warteraum im „Fadingerhaus“ in Ebelsberg. Das Lokal war 1929 eingerichtet worden. Unten: Arbeiten am Ebelsberger Brückenkopf um 1940. Hinten eine Garnitur der Linzer Straßenbahn. An der Hausfassade hängen trotz Kriegszeit noch immer die Werbeschilder von Shell und Coca Cola.

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Links: Ein Fronturlauber mit Familie vor dem Bahnhofsgebäude. Um 1943.

und durch ihre große Anzahl, durch tschechischen Gesang usw. der bodenständigen Bevölkerung eine Fahrt mit unserer Straßenbahn zu einer Leidensfahrt machen. Beim Zug Nr. 22 zeitigt der genossene Alkohol noch besondere Anstände. Am Sonntag, den 28. v. M. nahmen ca. 70 Personen, die beim Zug Nr. 22 ab St. Florian 18.43 wegen Vollbesetzung nicht mehr mitkommen konnten, eine bedroh-

liche Haltung gegen das Bahnpersonal ein. Dem Betriebsleiter-Stellvertreter Ude wurde hierbei das Verprügeln angetragen. Eine Schaffnerin wurde im Zug Nr. 22 derart zum Fenster gedrückt, daß das Fenster zerbrochen ist und sie mit der Hand durch das zerbrochene Fenster gefahren ist.“ Die Betriebsleitung forderte die Beistellung von Gendarmerie und insbesondere die „Erlassung eines Ausländer-Ausgangsverbotes für St. Florian“, da sie sonst ihren Verkehr an Sonn- und Feiertagen einstellen müsse.

Unten: Die Bäckerstochter Frau Ehrenhauser bringt das für Linz bestimmte Brot zum Bahnhof, um 1940. Unten: Die Haltestelle „PichlingLokalbahn“ im Kreuzungsbereich Wiener- Schiltenberg und Pichlingerstraße diente auch dem Umsteigeverkehr zwischen Lokal- und Reichsbahn, deren Haltestelle sich 300 m entfernt befand, um 1940.

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Hamsterfahrten nach St. Florian Ich erinnere mich, dass ich zusammen mit meinem Cousin Ludwig Steininger (geb. 1938, verst. 2001) im Frühsommer 1946 ein paar Mal mit der Florianerbahn zum Hamstern Richtung St. Florian aufgebrochen bin. Hamstern hieß, bei den Bauern direkt am Hof Nahrungsmittel zu erwerben und das - wenn es ging - natürlich kostenlos. Die Züge hatten einen Beiwagen mit offener Plattform, was uns Buben besonders Spaß gemacht hat. Wir sind in der Früh in Ebelsberg weggefahren und entweder in Bruck oder Taunleiten ausgestiegen. Von dort sind wir zu den einzelnen Höfen marschiert und gegen Mittag von St. Florian aus zurückgefahren. Man hat den Bauern damals nachgesagt, dass sie geizig und hartherzig waren. Das haben wir so nicht empfunden. Wenn wir in einen Hof hineingekommen sind und nicht schon vorher von einem Hund vertrieben wurden, gab es immer irgendeine Kleinigkeit für uns, und wenn es nur Wasser für die Feldflasche war. Bis Mittag bestand dann die „Beute“ in unseren Rucksäcken meistens aus einem halben oder ganzen Laib Brot, ein oder zwei Kilo Kartoffeln, Äpfeln und manchmal auch einigen Eiern. Eier unversehrt nach Hause zu bringen, war eine besondere Aufgabe, die nicht immer gelungen ist. Das Angenehme an der Florianerbahn war, dass sie nicht von den Soldaten der Besatzungsmacht kontrolliert wurde, obwohl sie direkt an der US - Kaserne Ebelsberg vorbeifuhr. Hamstern war eigentlich verboten. Die Soldaten konfiszierten die Lebensmittel. Dies ist mir bei späteren Hamsterfahrten auf der Westbahn allerdings auch nie passiert, weil Kinder nicht kontrolliert wurden. Frisches Brot vom Bauern war schon auch deswegen ein besonderer Genuss, weil der Hubner - Bäck in Ebelsberg eine Zeit lang nur hartes Gebäck aus (amerikanischem) Mais anbieten konnte. Dr. Heinrich Hawlik

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Kurzer Aufschwung nach dem Krieg Am 5. Mai 1945 erreichten die Spitzen der US-Streitkräfte Linz und überschritten nach einigen Geplänkeln am späten Nachmittag die Traun bei Ebelsberg. Die Brücke hätte eigentlich gesprengt werden sollen. Beherzte Bürger wussten dies aber zu verhindern. Auch St. Florian hätte verteidigt werden sollen. Der dortige Volkssturm stand Zeitzeugen zufolge unter dem Kommando des Betriebsleiters der Florianerbahn. Der zur Sprengung der Ipfbrücke vorbereitete Sprengstoff lagerte angeblich am Dachboden des Bahnhofsgebäudes und wurde bei Renovierungsarbeiten 1987 gefunden. In der Volksschulchronik heißt es: „Von allen Seiten drängen die siegreich vordringenden Streitkräfte der Russen und Amerikaner gegen unsere Grenzen. Jetzt wollen die ‚Eigruber-Helden‘ auch noch jedes Dorf und Haus verteidigen und errichten auch im Markt 9 Panzersperren, die zum Endsieg beitragen sollen. Auch vor dem Die Florianer Bauernhöfe waren nach dem Krieg das Ziel verbotener Hamsterfahrten. In der Lokalbahn wurde nur selten kontrolliert. Hier die Höfe Innermayr und Fessl in Tödling.


Schulhaus wir eine solche errichtet und im Schulgarten selbst wird ein Panzerloch gegraben. (…) St. Florian gleicht einem Heerlager und wimmelt nur so von Soldaten und SS, die jedoch noch rechtzeitig St. Florian am 5.5. verlassen.“ In den Abendstunden kamen auch hier die ersten US-Truppen an. Nach dem „V-E-Day“ (Victory in Europe Day, 8. Mai) bezogen sie, wo sie standen, Quartier. So auch in der Kaserne Ebelsberg oder im Stift St. Florian. Im Gegensatz zur Linzer Straßenbahn hatte die Florianerbahn den Krieg relativ unbeschadet überstanden, sodass die Fahrgastfrequenz in weiterer Folge geradezu explodierte. Zwischen 1946 und 1948 wurden jeweils mehr als 1 Mio. Personen befördert! Diese Zahl wurde später nie wieder erreicht. Dass es in dieser Zeit auch zu mancherlei Problemen mit den Besatzungssoldaten kam, belegt ein Beschwerdebrief der Betriebsführung vom Juli 1946: „Unsere Fahrer und Schaffner (…) werden von betrunkenen Soldaten so schlecht behandelt,

dass die Betriebssicherheit nicht mehr länger gewährleistet ist. Das Schlußsignal (eine Petroleumleuchte) wird jedesmal beschädigt oder weggenommen, die Dachglockensignale werden ununterbrochen betätigt, sodaß der Fahrer nicht mehr weiß, ob er Abfahren oder Anhalten soll, abgesehen davon, daß die Bremsen aus Spaß angezogen werden, um die fahrende Straßenbahn anzuhalten, wann immer und wo immer es ihnen paßt. Der Fahrer muß Gewalt anwenden gegen die Soldaten, die den Wagen selbst fahren wollen. Sonntag, den 21. Juli 1946 bekam der Schaffner einige Ohrfeigen (the conductor got a few boxes on his ear), sein Kappe und Tasche wurden weggerissen und er musste sich in die Ecke des Wagens zu seiner eigenen Sicherheit flüchten. Unsere Bediensteten melden, daß die MP kein Interesse hat beim Zug einzugreifen.“ Auch manches Klientel des berüchtigten Lagers Asten, wo 1946 eine eigene Haltestelle eingerichtet worden war, machte den Verantwortlichen zu schaffen.

Oben: US Militärpolizist an der Kreuzung Wiener Straße Kremsmünsterer Straße. Oftmals kämpfte die Bahn mit GIs unter Alkoholeinfluss. Unten: Eine „Trittbrettfahrerin“ am Ebelsberger Marktplatz.

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Der „Linzer Lido“ am Pichlinger See wurde in den 50er-Jahren zum Naherholungsgebiet und Ziel tausender Sonnenanbeter. Das Bild unten zeigt die 1949 eingerichtete Haltestelle. Rechts der Badebetrieb in den 60er-Jahren. Ganz hinten ist das Bahnwächterhaus Asten-St. Florian an der Westbahn zu sehen.

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Traun

Ebelsberg Km 0,0 Friedhof Km 0,6 Traundorferstr.

Ufer Km 2,2

Neue Haltestellen – auch am Linzer Lido Anfang der 50er-Jahre schlug sich der zunehmende Individualverkehr auch auf die Fahrgastzahlen nieder. Waren es 1950 noch 500.000 Personen, zählte man 1955 nur mehr 300.000. Nichtsdestotrotz wurde der ehemalige Gepäckwagen EG4 noch 1951 in einen vollwertigen Personenwagen umgebaut. Langsam begann der „Linzer Lido“ für tausende Linzer attraktiv zu werden, wo schon 1949 die Haltestelle „Pichling – See“ eingerichtet worden war. Ein eigener Verein trieb die Erschließung der dortigen Schottergrube als „Strandbad“ voran. Sie diente nach wie vor dem Abbau des Rohstoffes für die nahegelegene Autobahnbaustelle und wuchs täglich um 900 m³. Dennoch zählte man an Sonntagen rings um die Bagger bis zu 40.000 Badende. Zufahrtsstraßen und Sanitäranlagen wurden gebaut. Die ÖBB setzte eigene Badezüge ein, die ESG ließ sich eine sonntägliche Buslinie zwischen Ebelsberg und dem See konzessionieren. Um auch die Frequenz der „Badezüge“

Florianerbahn Haltestellen Autobahn Bundesstraße Westbahn

Pichling Km 3,5

Autobahnlager Km 4,4 der Florianerbahn verdichten zu können, wurde bei der Haltestelle Ufer eine Ausweiche gebaut. Trotz der Attraktivierung und der Einrichtung der Bedarfshaltestelle „St. Florian Hauptschule“ (1953) sackten die Fahrgastzahlen immer mehr ab. Als 1954 schließlich noch die Postbeförderung wegfiel, verschlechterte sich die finanzielle Lage der Bahn deutlich. Hinzu kam, dass beinahe ein Drittel der Fahrgäste zu Sozialtarifen befördert werden musste. Es war damit aus wirtschaftlicher Perspektive undenkbar, die durch den Autobahnbau erforderlich gewordene Verlegung der Bahntrasse bei Bruck mitzufinanzieren. 1956 wurde ein Taktfahrplan eingeführt, nach dem die Abfahrtszeiten von Ebelsberg zu allen vollen Stunden und die von St. Florian zu allen halben Stunden festgelegt wurden. Die wochentäglichen Zugpaare konnten damit von 14 auf 15 erhöht werden, an Sonn- und Feiertagen von 11 auf 15. Der Aufenthalt in Ebelsberg wurde auf fünf Minuten beschränkt. Die Zugkilometerleistung konnte damit ohne Verlängerung der Arbeitszeit erhöht werden. Trotz harter Sparmaßnahmen war im selben Jahr die Investition in eine Quecksilberdampfgleichrichteranlage notwendig geworden, welche die aus der Anfangszeit stammenden DrehstromGleichstrom-Umformer ersetzte.

St. Florian Km 9,7

Pichlinger See

Pichlinger See Km 5,0 W N S O

Bruck Km 5,6

Lager Asten Km 7,11

Traunleiten Km 7,7 Glockengießerei Km 8,4 145


Zusehends wurde die Bahn in den 60er-Jahren selbst zum Verkehrshindernis. Oben halten zwei Triebwagen im Bereich des Ebelsberger Hofes.

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Umbruch in Ebelsberg – Bahn wird zum Hindernis Trotz der schon 1938 erfolgten Abtragung des Kornblumhauses im Marktbereich, blieb die „Engstelle Ebelsberg“ der Linzer Verkehrsplanung ein Dorn im Auge. Laufend ereigneten sich hier zum Teil schwere Unfälle, dass sogar Radfahrern 1955 empfohlen wurde, ihr Fahrrad durch den Ort zu schieben. Außerdem benötigte man für die fertiggestellte Autobahn leistungsfähige Zubringerrouten. Schon 1951 begann die Diskussion um die Beseitigung des Ebelsberger „Verkehrsskandals“. 1952 legte das Stadtbauamt dem Landesbauamt zwei Vorschläge vor. Die erste Variante sah die Verbreiterung der Wiener Reichstraße im Ort unter Abtragung der historischen Bausubstanz im Südwesten vor. Ablöse- und Baukosten bezifferte man auf 4-5 Mio. Schilling. Die zweite Variante, welche trotz höherer Kosten vor allem von Baudirektor Rauscher befürwortet wurde, war als Ortsumfahrung mit eigener Traunbrücke konzipiert. Dagegen wehrten sich die Ebelsberger Geschäftsleute. Sie befürchteten wirtschaftliche Einbußen und machten gegen diese fortschrittliche Lösung mobil. Mit Erfolg. 1958 begann man mit der Abtragung von insgesamt 17 Häusern. Dadurch war es

möglich, eine vierspurige Fahrbahn mit 13 m Breite und zwei je 2,5 m breiten Gehsteigen anzulegen. Die Umgestaltung der Ortsdurchfahrt brachte nun die Florianerbahn in die problematische Situation, dass sie allmählich selbst als Störfaktor erkannt wurde. Als erste Maßnahme wurde am 2. Oktober 1963 das dritte Gleis der Ausweiche am Fadingerplatz stillgelegt und abgetragen. In weiterer Folge wollte man den Umsteigeverkehr aus dem Ortszentrum verlegen. Dabei tauchten mitunter unpraktikable Vorschläge auf. Etwa, dass die


Durch die Umbauten in Ebelsberg verliefen die Gleise nunmehr in der Straßenmitte, was zu schwierigen Verkehrssituationen führte – wie hier an der Kremsmünsterer Straße. Eine Umfahrung war von den Ebelsbergern abgelehnt worden.

Straßenbahnlinie E ihren Endpunkt in Kleinmünchen und die Florianerbahn beim Friedhof Ebelsberg haben sollte. Der Zwischenverkehr sollte mittels Autobussen abgewickelt werden. Ein zweiter Vorschlag stützte sich auf einen Gemeinschaftsbahnhof im Bereich des Friedhofes oder der Kaserne. Dies hätte zweifelsohne einen verkehrstechnisch gangbaren Weg dargestellt, doch befürchtete die Florianerbahn damit den Entgang des für sie so einträglichen Nahverkehrs zwischen den neuen Siedlungen an der Traundorfer Straße/ Hillerstraße und dem Endpunkt der Linie, was das Projekt schließlich zum Stillstand brachte. Nach einer Verkehrszählung im Mai 1968 frequentierten stündlich rund 2.000 Fahrzeuge die Ortsdurchfahrt. Die Beseitigung der letzten, den Verkehr behindernden Gebäude – in diesem Fall das Haus Wiener Straße 449 – brachte es mit sich, dass die Trasse der Florianerbahn nun an keiner Stelle mehr in der Straßenmitte lag. Der Gleiskörper querte die Straße zwei Mal in einem

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Unten: Vollbesetzter Zug Richtung Ebelsberger Friedhof mit dem Triebwagen 3 und den Beiwagen 1 und 2, um 1965.

Et quis digent volorem poruptatur, nis magnatem fugiatiam lam ut quiandemqui dolleni magnatem ipiet volupta im ellenia qui dolest odit earum qui ullorepe rem voluptatis volo-

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langegezogenen, schleifenden Schnitt. Um auf diese Gefahrenstelle aufmerksam zu machen, sah sich das Bezirksverwaltungsamt veranlasst, Tafeln mit der Aufschrift „Allgemeine Gefahr – Gegenverkehr Stra-

ßenbahn“ aufzustellen. Die Wagenführer der Florianerbahn wurden angewiesen, hier im Schritttempo zu fahren. Obwohl der Bestand der Florianerbahn in diesen Jahren schon stark gefährdet schien, kam es 1969 zu einer letzten großen Investition. Von der Lokalbahn Pforzheim-Ittersbach/BRD wurden zu günstigen Bedingungen zwei Triebwagen erworben. Mit dem Kauf dachte man, die Diskussion um die Verlegung der Endhaltestelle zugunsten der Florianerbahn entscheiden zu können. Man wollte mit den neuen Wagen bis zur Umkehrschleife der ESG in Kleinmünchen fahren und auf dieser Strecke stadteinwärts sogar noch Fahrgäste gewinnen, anstatt sie durch den Gemeinschaftsbahnhof am Ennsfeld zu verlieren. Der Kauf erwies sich allerdings als Fehlentscheidung. Die Umrüstung auf die Spurweite 900 mm gestaltete sich als so schwierig, dass die Pforzheimer Triebwägen auf der Florianerbahn nicht mehr zum Einsatz kamen.


Oben und linke Seite unten: Eine Sonderfahrt des Verbandes der Eisenbahnfreunde mit dem TW 21 der ESG vor der Wagenremise in St. Florian, 1964. Rechts: Balanceakt auf den Schienen der Florianerbahn in Taunleiten, um 1965.

Das Ende Anfang der 1970er-Jahre war die Ebelsberger Traunbrücke baufällig geworden. Abgesehen davon entsprach sie schon lange nicht mehr den Anforderungen des modernen Verkehrs. Ein Neubau war beschlossene Sache, doch wollte die Straßenbahn die Brücke mitbenutzen, mussten von Seiten der ESG 5 bis 9 Mio. Schilling aufgebracht werden. Die erforderlichen Aufwände im Bereich der Wiener Straße beliefen sich sogar auf 21 Mio. Schilling. Diesen Betrag wollte die ESG nicht aufbringen. Folglich war die Linzer Straßenbahn gezwungen, Ebelsberg von Kleinmünchen aus mit einer Autobuslinie zu bedienen. Der seit Einführung der neuen Linzer Gelenktriebwagen ab 1. März 1972 bestehende Pendelwagenverkehr Spinnereistraße/Kleinmünchen – Fadingerplatz/Ebelsberg wurde am 15. Dezember 1973 aufgegeben. Die Florianerbahn war damit wieder zum „Inselbetrieb“ geworden. Zudem war die Aktiengesellschaft praktisch zahlungsunfähig. Das Ende der Florianerbahn war gekommen. 149


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Links oben: Links die Remisenr체ckwand und der Turmwagenschuppen, im Hintergrund das Bahnhofsgeb채ude. Links unten: Ein Triebwagen in Taunleiten. Der am Bild sichtbare Rauberteich existiert heute nicht mehr. 150


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Luftaufnahme von 1956: Remise (1), Bauhnhof (2), Derflerstadl (3), Födermayr (4), Leichenbestatter Leix (5), Gasthaus und Fleischerei Hametinger (6), Gasthaus Erzherzog Fanz Ferdinand (7), Glaserei Grasböck (8), Gericht, ab 1957 Sparkasse (9), Gerichtshaus (10), Sparkassengebäude (11), Transport Grillmayr (12), Kindergarten (13), Kino (14), Kfz Waldboth (15), Kiener (16), Klement (17), Feichtl (18), Luhhammer (19), Kaun (20), Gandamarie (21), Bäckerei Leitner (22), Gasthaus und Fleischerei Kiener, vorm. Derfler (23), Uhrmacher Untermayr (24). 151


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Luftaufnahme von 1956: Bahnhof (1), Remise (2), Kaun (3), Bürgerspital-St.Johann (4), Kino (5), Kindergarten (6), Sparkassengebäude (7), Gerichtshaus (8), Gericht (9), Marktplatz (10), Schlagerhaus (11), Previergarten (12), Kaufgeschäft Hain und VKB (13), Kaunvilla (14), Husikheim (15), Dobesberger (16), Bäckerei Pürstinger (17), Schuster Schnabl (18), Kfz Wipplinger (19), Kohlenhandlung Nestler (20), Derfler-Stadl (21). Rechts: Im Betriebsgelände der Florianerbahn. Links hinten eine Halle der Firma Brüder Kaun, rechts die Schrebergärten um 1956.

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Abschied von der Florianerbahn: Erlebt und aufgezeichnet von Otfried Knoll Zu Pfingsten 1973 war ich einige Tage in Oberösterreich unterwegs, um alle Bahnen in und um Linz kennen zu lernen. Die neuen Gelenktriebwagen der ESG standen in vollkommenem Gegensatz zu der damals noch sehr altertümlichen Linzer Lokalbahn mit ihrem Pressburgerbahn-Wagenpark. Ganz besonders interessierte mich aber die Florianerbahn mit ihrem straßenbahnmäßigen Lokalbahnbetrieb, den urtümlichen Triebwagen mit den weißen Vakuumbremsschläuchen, den Beiwagen mit gänzlich offenen Plattformen, der Siemens-Fahrleitung mit den so gut proportionierten Mastauslegern. Dazu kam der Jugendstilbahnhof St. Florian mit dem Unterwerk, in dem sogar noch Quecksilberdampfgleichrichter betriebsbereit gehalten wurden. Die Triebwagen mit ihrer komplizierten Schlossmechanik an den Plattformtüren, den großen Vakuummetern, den Sandtrichtern auf den Führerständen, die Beiwagen mit ihren noch immer geschwungenen Fensterrahmen, den

Oberlichtklappen und alle Wagen mit den „Spreisselwänden“ mit den großen NickelBuchstaben „STRASSENBAHN EBELSBERG – ST. FLORIAN AG“ – all das waren Attribute, die in Österreich einzigartig geworden waren. Besonders am Bahnhof St. Florian fand ich eine für mein Empfinden perfekte Harmonie aus Technik, Ästhetik und sanfter Landschaft vor, bei dem das Bahnhofsgebäude, die Remise und die gepflegten Nutzgärten ein Ensemble darstellten, das nach der Bahneinstellung unglaublich verständnislos verändert worden ist. Ich widmete der Florianerbahn also gleich zwei Tage und lernte dabei die Mannschaft schnell näher kennen. August Hirtmayr, Franz Hahn und Helmut Mittendorfer besorgten den Fahrdienst, in der Werkstätte war August Hirtmayrs Bruder …. Schon damals kursierten Einstellungsgerüchte, aber die Mannschaft hoffte auf ein Weiterbestehen ihrer Bahn, mit der sie sich augenscheinlich besonders stark identifizierte. Sie freuten sich so über mein jugendliches Interesse an ihrem Betrieb, dass es nicht lange dauerte, bis ich auch bei einigen Zügen selbst fahren durfte. Besonders angetan hatte es mir das große Signalhorn, das mit der Auspuffluft der Vakuumpumpe einen unsagbar wehmütigen Ton erzeugte. Ich machte etliche Fotos, auch ein paar schöne Nachtaufnahmen, die ich auch der Mannschaft schickte. Gegen Ende 1973 wurde klar, dass die Florianerbahn eingestellt werden würde. So fuhr ich am 31. Dezember 1973 von Innsbruck nach Linz, um die letzten Tage der Florianerbahn mitzuerleben. Helmut Mittendorfer begrüßte mich in Ebelsberg im fahrplanmäßigen Triebwagen EM 3 erfreut und merkwürdig zugleich. Es lag eine ganz

Linke Seite oben: Der Triebwagen 1 vor dem Bahnhof St. Florian trägt bereits den „Trauerschmuck“. Unten: Der Musikverein St. Florian rüstet sich zur Begleitung der Abschiedsfahrt am Silvestertag 1973. Unten: Auch Zugführer August Hirtmayr lässt sich mit Gattin und Enkel das letzte Mal vor „seiner Bahn“ ablichten.

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eigentümliche Stimmung in der Luft. Auf der Fahrt nach St. Florian wurde mir durch vielerlei Beobachtungen bewusst, wie schwer der bevorstehende Abschied für die Florianerbahner werden würde. Auch für mich bedeutete das unmittelbare Miterleben eines Abschiedes für immer eine vollkommen neue Erfahrung. In der Ausweiche Bruck wartete schon der geschmückte und mit Spruchplakaten versehene Zug der Musikkapelle St. Florian, bestehend aus dem Triebwagen EM 1 und dem Beiwagen EP 2, geführt von August Hirtmayr. Ich stieg um, der Musikvereinszug hielt dann am Ortseingang von Ebelsberg an und fuhr, begleitet von der Musikkapelle St. Florian, langsam und unter großer Anteilnahme der Bevölkerung bis zur Ausweiche Ebelsberg. Da die Traunbrücke bereits für die Linie E gesperrt war, konnte ungehindert umgesetzt werden. Anschließend wurde in der Ausweiche Ufer wieder mit dem vollbesetzten Planzug gekreuzt, es war ein großes Hallo, denn nebenan befand sich damals noch das Gasthaus Ufer. Die Musikkapelle spielte währen der Fahrt nach St. Florian auf den Plattformen des Beiwagens, und am Bahnhof verabschiedete sie symbolisch

Szenen von der Fahrt am Silvestertag 1973 mit Trauerflor und dem Wappen des Musikvereins am Triebwagen. Die Aufnahmen entstanden bei der Ausweiche Bruck.

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den Zug, bevor zunächst der Beiwagen in der Beiwagenhalle verschwand und dann der Triebwagen in die Remise gefahren wurde. Dort stand auch noch immer der Triebwagen 2 abgestellt, der nach einem monatelang zuvor erlittenen Achsbruch nicht mehr repariert worden war. Allein diese Remiseneinfahrten hatten schon fast etwas Endgültiges und das nebelige Winterwetter drückte auf die Stimmung. Der Planverkehr wurde an diesem Silvesterabend mit dem EM 3 normal abgewickelt, Helmut Mittendorfer führte die Züge im Einmannbetrieb bis Betriebsschluss. Der offizielle Abschiedstag der Florianerbahn war der 1. Jänner 1974. Ich stand zeitig auf und begleitete nahezu alle Züge, die sich zunehmend füllten. Eingesetzt war der EM 3 mit dem EP2, der EP3 stand bereit zum Ankuppeln, der EP 1 in der Beiwagenremise. War am Vormittag noch ein Beiwagen ausreichend, strömten ab Mittag die Menschen in Massen herbei und es wurde der zweite Beiwagen eingesetzt. August Hirtmayr, Franz Hahn und Helmut Mittendorfer versahen ihren Dienst präzise, in aufrechter Haltung, aber mit den Tränen kämpfend. Immer wieder verabschiedeten sich Fahrgäste wie bei einem

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Begräbnis. Hirtmayr, der sonst erst nach vollendeter Fahrt mit Genuss eine filterlose „Dreier“ geraucht hatte, zündete nunmehr eine mit der nächsten an. Ich hatte ihm und Walter Hahn je ein Packerl mitgebracht und musste natürlich die eine oder andere mitrauchen. Das Gedränge in den Zügen wurde mit Einbruch der Dunkelheit immer abenteuerlicher und so entschloss sich die Mannschaft, um 18 Uhr noch einmal mit allen drei großen Beiwagen nach Ebelsberg zu fahren. Der Vier-Wagen-Zug war bis auf den letzten Platz gefüllt, die Stimmung volksfestartig, aber bei vielen auch nachdenklich. In Ebelsberg verließen die meisten Fahrgäste den Zug Richtung Linz, ein Glücksfall, denn die Rückfahrt über die Steigung hinauf zum Ebelsberger Friedhof ging auch so nur mehr im

Schritttempo vor sich: Die Lampen in den Wagen leuchteten nur noch schwach, war doch das speisende Unterwerk in St. Florian 9,6 km entfernt und die Spannungsverhältnisse lagen wohl weit unter der zulässigen Marke. Besonders gut gefielen mir die nur mehr im Beiwagen EP 1 vorhandenen originalen Messing-Jugendstillampen, auch wenn sie in einem Anflug von Modernismus der 1960er-Jahre silbern lackiert worden waren. Merkwürdigerweise waren die Züge nach 19 Uhr nur mehr schwach besetzt, sie wurden dann nur mehr mit dem Triebwagen 3 und einem Beiwagen (2 oder 3) geführt. Der allerletzte Zug verließ Ebelsberg mit nur mehr rund 15 Fahrgästen. Die Straßenbahner waren sehr ernst und bedrückt, kaum jemand sprach im Triebwagen, nur

Oben: Am 1. Jänner 1974 verkehrte die Bahn zum letzten Mal. Die Fahrt war an diesem Tag gratis und der Andrang, wie hier am Fadingerplatz, enorm. Linke Seite: Silvestertag 1973. Der Musikverein St. Florian spielt Trauermärsche, während die Bahn in Ebelsberg einfährt. Die Aufnahme unten zeigt die Ausweiche in Ufer, dahinter die dortige Tankstelle.

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im Beiwagen ging es lustiger her. Es wurde beschlossen, im Gasthaus Ufer einzukehren und einen Abschiedstrunk einzunehmen. Gesagt, getan. Die Garnitur wurde in der Ausweiche Ufer abgestellt und alle fanden sich im Gasthaus ein. Ich hielt den schön beleuchteten Zug noch mehrmals im Bild fest, es war kein anderer Fotograf mehr zur Stelle. Nach längerem Aufenthalt im Gasthaus ich hatte ein Keli getrunken - setzte sich die mittlerweile noch kleiner gewordene Abschiedsgesellschaft wieder in Bewegung. Beim Besteigen des Triebwagens verließen August Hirtmayr die in den letzten Tagen wohl über jedes menschliche Maß geforderten Kräfte. Er sah sich unter Tränen au-

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ßerstande, den Zug weiter zu führen. Walter Hahn erging es ähnlich, er war jedoch nur als Schaffner ausgebildet. So sagten beide zu mir „Friedl, jetzt musst du das Werk vollenden. Fahr du.“ Ich protestierte schwach, aber sie ließen nicht locker. Also setzte ich den letzten Zug ordnungsgemäß in Gang. Vorbei an der inoffiziellen Haltestelle Kochlöffelberg, an Pichling, Pichling See und Bruck führte ich den EM 3 mit dem Beiwagen sicher bis Tödling. Dort hielt ich an, um ein allerletztes Foto auf der Strecke zu machen. Inzwischen hatte sich August Hirtmayr wieder gefasst und konnte die Fahrt übernehmen. Gegen Mitternacht kamen wir in St. Florian an.

Am 2. Jänner 1974 waren August Hirtmayr und ich schon früh am Bahnhof. Er hatte den mit Reisiggirlanden und schwarzen Fahnen geschmückten Triebwagen 1 schon bereitgestellt, es war bitterkalt. Wenig später kamen auch die drei weiteren Bediensteten in tadelloser Uniform mit weißen Hemden. Es war noch Zeit für ein Gruppenfoto vor dem Triebwagen, bevor Herr Dipl.-Ing. Stern und mit ihm die Mitarbeiter der Direktion Gmunden von Stern & Hafferl sowie die Vertreter der Aktiengesellschaft der Straßenbahn Ebelsberg – St. Florian eintrafen. Für sie fand an diesem Tag noch eine eigene Abschiedsfahrt statt. Anders als in

Insgesamt beförderte die Florianerbahn in den sechzig Jahren ihres Bestehens rund 12 Mio. Fahrgäste. In der Bevölkerung wurde die Lokalbahn liebevoll „Flocki“ oder „Dschungelexpress“ genannt. Entsprechend schwer fiel der Abschied. Diese letzten Aufnahmen zeigen Szenen vom Bahnhof St. Florian (unten), von der Ausweiche Ufer mit dem Gasthaus Haider „Zur Linde“ (links oben) sowie im nächtlichen Ebelsberg (links).

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Oben und rechte Seite unten: Betriebsinterne Abschiedsfahrt am 2. J채nner 1974. Das Bild oben zeigt den Triebwagen in Taunleiten, rechts unten in Ebelsberg. Ganz links der Triebfahrzeugf체hrer. Rechts und rechte Seite oben: Die Farbaufnahmen entstanden am 1. J채nner 1974.

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den trüb-nebeligen Tagen zuvor kam die Sonne zum Vorschein und ich bemerkte in Ebelsberg die erstaunten Gesichter der Menschen, als sie den „Flocki“ gänzlich unerwartet noch einmal sahen. Auf der Rückfahrt entwickelten sich Gespräche, in denen die vielleicht doch mögliche Zukunft der Florianerbahn Thema war. In St. Florian angekommen, lud Herr Stern zur Mittagstafel ein und wie wenn es selbstverständlich wäre, auch mich. Da saß ich dann unter meinen späteren Kollegen: Niemand von uns wusste damals, dass ich fünf Jahre später als Student in der Werkstätte Vorchdorf arbeiten würde, zehn Jahre später in die Direktion Gmunden eintreten und vierzehn Jahre später zum Hauptbetriebsleiter-Stv. der Firma Stern & Hafferl bestellt werden würde. Ich war ja an diesem Tag noch keine 15 Jahre alt.

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Oben: Dichtes Gedränge im Triebwagen 3 anlässlich der kostenlosen Abschiedsfahrt am 1. Jänner 1974. Links: Eine der letzten Aufnahmen des Zusammentreffens der Linien F und E am Ebelsberger Fadingerplatz, 1973. Rechte Seite oben: Kurz vor der Einstellung lockte die „Flocki“ Eisenbahnfreunde. Für sie wurden Züge zum Fotografieren zusammengestellt, 1973. Rechte Seite unten: Regelbetrieb, 1973.

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Neustart 1974

Unten: Zwischen 1974 und 1977 nahm die ÖGEG den Umbau der Gleisanlagen in St. Florian vor. Links unter der Schutzplane ist der von Vorchdorf zurückgekehrte Beiwagen 3 zu erkennen. Nach der Einstellung der Florianerbahn blieben nämlich nur EM 1–3, EP 4–5, der Turmwagen und die beiden 2-achsigen Rottenloren in St. Florian. EP 1–3 wurden auf 1.000 mm umgespurt und gingen noch 1974 an die Lokalbahn Vorchdorf-Gmunden. EP 3 wurde 1976 wieder nach St. Florian rücküberführt.

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Nur 11 Tage nach der Einstellung der Florianerbahn wurde in Linz über Initiative des jungen Eisenbahnfreundes Günther Oberbreyer am 12. Jänner 1974 die „Österreichische Gesellschaft für Eisenbahngeschichte“ (ÖGEG) gegründet. Der ursprüngliche Vereinszweck war die Erhaltung wertvoller eisenbahntechnischer Einrichtungen, wobei man in erster Linie an die Bewahrung betriebsfähiger Dampflokomotiven dachte. Die Stilllegung der beliebten Florianerbahn führte jedoch zu dem Entschluss, einen Versuch zu deren Rettung zu unternehmen und sie als Museumsbahn weiter zu betreiben. Nach zähen Verhandlungen mit den verschiedensten Stellen und Behörden konnten die Arbeiten im April 1975 aufgenommen werden. Erschwert wurden sie von Anfang an durch schon durchgeführte Demontage- u. Abtragungsarbeiten an den Gleisanlagen im Bereich der Glockengießerei (Kanalbaustelle). Zudem waren die meisten Eisenbahnkreu-

zungen bereits mit einer Asphaltdecke verschlossen. Rund die Hälfte des Bahnhof­ areals wurde von der Gemeinde St. Florian beansprucht. Es verblieben dadurch nur die Remise mit der Werkstätte sowie ein kleines Hallenvorfeld. Die noch vorhandenen Fahrzeuge Motorwagen 1-3, Beiwagen 4, der hölzerne Turmwagen und die beiden Rottenloren sowie die vorhandene Werkstatteinrichtung wurden durch die ÖGEG von Stern & Hafferl gekauft und die Trasse zwischen St. Florian und dem Ebelsberger Friedhof gepachtet.

Wiederaufbau bis 1979 Im Sommer 1977 waren die Arbeiten an Gleisen, Fahrleitung und Lichtanlagen in der Remise vollendet. Durch den Bau zusätzlicher Abstellgleise waren die Anlagen sogar umfangreicher als im Ursprungszustand und es entstand zusätzlich ein voneinander getrennter Betriebs- und Personenbahnhof. Weiters wurde mittels Anmietung zweier ESG-Turmwagen die Fahrleitung


im Bereich Ebelsberg-Fadingerplatz und Ebelsberg-Friedhof abmontiert und für eine spätere Verwendung sichergestellt. Im Jahr 1977 wurde in der Werkstätte in Eigenregie eine Dieseldraisine aus einem ÖBB-Bahnmeisterwagen und einem Transportkarren (Jenbacher-Büffel) zusammengebaut. Dieses Fahrzeug trägt, ausgestattet mit einem unermüdlichen Jenbach-20 PSMotor, noch bis heute die Hauptlast des Bahnhofverschubes. Am Samstag, den 29. Oktober 1977 wurde im Rahmen eines Tages der offenen Tür erstmals die neu errichteten Gleisanlagen sowie die vorhanden historischen Straßenbahnfahrzeuge der Öffentlichkeit präsentiert. Im Zuge dessen erfolgten auch Publikumsfahrten mit der Dieseldraisine und Beiwagen 4 zwischen St. Florian und der Glockengießerei, wo das fehlende Gleis Anfang 1978 verlegt wurde und so der Schienenstrang zwischen St. Florian und Friedhof Ebelsberg wieder geschlossen werden konnte. Allerdings musste das Teilstück Friedhof Ebelsberg – Traundorfer Straße

bald der Verbreiterung der B1 weichen. 800 m Gleis wurden demontiert. Für eine Autobushaltebucht in Pichling mussten wiederum Gleise verlegt werden. Infolge der Streckenverkürzungen blieben von ursprünglich 9,6 km nur 8,2 km übrig. Schwierigkeiten gab es auch bei der Stromversorgung, zumal es riskant erschien, die alten Umformer und Quecksilberdampfgleichrichter wieder in Betrieb zu nehmen. Nachdem auch die OKA die Spannung der Zuleitung erhöhte wurde das Inventar ohne­hin unbrauchbar. Der Ausweg bestand im Aufbau eines Generatorwagens auf dem Untergestell eines ESG-Straßenbahnbeiwagens. Das dieselbetriebene Gleichstromaggregat speiste die Fahrleitung mit 440V Spannung. Dies genügte, um den Triebwagen eine Geschwindigkeit von 18 km/h zu verleihen. Behördlich waren ohnehin nur 15 km/h erlaubt. Am 30. Dezember 1978, also genau 5 Jahre nach der Einstellung, befuhr daher wieder ein elektrisch angetriebener Zug die Strecke nach Taunleiten.

Oben: Aufnahme kurz nach der Einstellung. Ganz links der Triebwagen 2, der wegen eines Rahmenrisses zerlegt wurde, aber in Teilen immer noch vorhanden ist. Rechts daneben Triebwagen 3 und der Beiwagen 4.

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Eröffnung St. Florian – Taunleiten 1979 Am 24. November 1979 konnte der erste ca. 1,5km lange Abschnitt zwischen St. Florian und Taunleiten feierlich in Betrieb genommen werden. Bei einem Festakt und der ersten Fahrt nahmen auch der Linzer Bürgermeister Franz Hillinger und dessen Amtskollege aus St. Florian, Karl Brunbauer teil. Bis dahin waren etwa 20.000 freiwillige Arbeitsstunden geleistet worden.

Streckenerweiterung Taunleiten bis Pichling-See 1982

Oben: Neubau der Eisenbahnkreuzung Taunleiten 1981.

Rechts: Gleisbauarbeiten bei der Ausweiche Bruck 1981/82. Vorne Triebwagen 1, dahinter Triebwagen 3 und das Baufahrzeug.

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Die Eisenbahnkreuzung im Ortsteil Taunleiten, welche bereits unter einer dicken Asphaltschicht begraben war, musste völlig neu gestaltet werden. Außerdem waren neben einzelnen Schwellen ganze Streckenteile zu tauschen, um ein gefahrloses Befahren zu ermöglichen. Hierbei konnten die originalen Schienen wiederverwendet werden, als Schwellen gelangten gebrauchte ÖBB-Schwellen zum Einbau, die aber vorher auf die entsprechende Länge zugeschnitten werden mussten. 1981 gelang es, günstig eine DiodenGleichrichteranlage zu beschaffen, um den Strom direkt aus dem öffentlichen Netz zu entnehmen, wodurch das unwirtschaftliche Dieselaggregat ausgeschieden werden konnte.

Am 2. Mai 1982 konnte der Museumsbahnbetrieb feierlich bis zur Haltestelle PichlingSee (Km 4,6) verlängert werden.

70 Jahre Florianerbahn 1983 Anlässlich des runden Jubiläums wurde Beiwagen 3 in der ESG-Werkstätte generalrestauriert, frisch lackiert und vor dem Eingang des Linzer Stadtmuseums Nordico aufgestellt, wo zwischen 28. April und 15. Mai eine Sonderausstellung gezeigt wurde.

Streckenerweiterung bis Pichling-Lokalbahn 1985 In den Jahren 1983 bis 1985 erfolgte die Teilsanierung und Wiederinstandsetzung des Abschnittes Pichling-See nach „Pichling-Lokalbahn“ (Mündung Pichlinger Straße/ Wiener Straße). Somit konnte am 4. Mai 1985 die Streckenlänge der Museumsbahn auf 6km ausgedehnt werden. Bis Ende 1987 wurden dazu mehr als 92.000 freiwillige Stunden geleistet. Im Jubiläumsjahr 1988, das feierlich von 23. bis 25. September begangen wurde, konnten auch die Arbeiten an der in Eigenregie gebauten Jenbach-Pony-Lok (20 PS) abgeschlossen werden.


Die Ausflugs- und Tourismusbahn: 1993-2003 (Club Florianerbahn – CFB) In den Jahren ab 1988 zeichnete sich die nächste einschneidende Veränderung in der Geschichte der Florianerbahn ab. Nachdem sich die ÖGEG immer mehr ihrem eigentlichen Zweck, der Erhaltung der normalspurigen Dampflokomotiven und dem Betrieb der Steyrtalbahn widmete, entwickelte sich der Arbeitskreis Florianerbahn immer mehr zum Stiefkind. 1992/93 wurde ein neues Konzept für Infrastruktur-Sanierung und Bahn-Betrieb erstellt und umgesetzt. Einige führende Mitarbeiter des Arbeitskreises gründeten die Florianerbahn Forschungs- und Errichtungs GmbH (FB F&E), womit die Erhaltung und Sanierung der Infrastruktur auf professionelle Beine gestellt werden sollte. Für den Musemsbahnbetrieb wurde aus dem Arbeitskreis St. Florian der neue Verein „Club Florianerbahn“ (CFB) mit ca.

Im September 1988 beging die Florianerbahn ihren 75-jährigen Bestand. Neben Landeshauptmann Josef Ratzenböck (Bild unten) waren auch Goldhaubenfrauen gekommen, die hier vor dem Triebwagen 7 (ex Gmundner Straßenbahn GM 7, Bj. 1907) zu sehen sind.

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Unten: EM1, EP3, EP4 und Beiwagen 25 (ex. Stubaitalbahn) stellten die Stammfahrzeuge der Museumsbahn. Hinten der Bauernhof Meier zu Weiling. Ganz unten: Triebwagen 1 an der Eisenbahnkreuzung Taunleiten im Museumsbetrieb. Anlässlich des 80-jährigen Jubiläums 1993 konnte als zusätzliche Attraktion der „längste fahrende Stammtisch der Welt“ in Betrieb genommen werden.

30-40 Mitgliedern gegründet. Die vorhandenen Baufahrzeuge wurden durch die FB F&E gekauft, die historischen Straßenbahnwagen vom CFB per Nutzungsvertrag bzw. durch Kauf von der ÖGEG übernommen. Die ÖGEG zog sich damit komplett von der Florianerbahn zurück und der Arbeitskreis wurde aufgelöst. In den folgenden Jahren entwickelte sich die Florianerbahn unter der Führung des CFB weg von der klassischen Museumsbahn hin zu einer Ausflugs-, Party- und Tourismusbahn, mit Schwerpunkt auf Sonderfahrten für jeden Anlass, so z. B. für

Geburtstagsfeiern, Betriebsausflüge und Jubiläen. Zusätzlich wurden in regelmäßigen Abständen Sonderveranstaltungen und Extrafahrten in Kooperation mit dem Tourismusverband St. Florian angeboten, so z. B. Kinderprogramme am 4. Mai (FlorianiKirtag) und auch die beliebten Nikolausfahrten im Advent.

Streckensanierungen in den 90er Jahren Auf dem Gebiet der Streckenerhaltung und Sanierung konnten unter der Federführung der FB F&E und mit Unterstützung der Mitarbeiter des CFB zahlreiche Oberbausanierungen durchgeführt werden, so im Bereich Pichling-Lokalbahn, im Abschnitt zw. Haltestelle Pichling-See und Autobahnunterführung, Eisenbahnkreuzung Bruck/ Tödling, Haltestelle Lager-Asten und im Bereich der Eisenbahnkreuzung Glockengießerei, wo auch eine neue Weiche als Zufahrt zum Betriebsgelände der FB F&E eingebaut wurde. Als Oberbaumaterial gelangten gebrauchte Betonschwellen BS900 und Schienen im Profil S49 zur Verwendung, welche vom Braunkohlerevier Leipzig übernommen wurden. Im Rahmen dieser Baustellen kamen auch neue Gleisstopfmaschinen der Fa. Plasser & Theurer zum Einsatz. Für das Braunkohlerevier in Leipzig bestellte Maschinen konnten so in unmittelbarer Nähe des Herstellerwerkes in Linz unter realistischen Bedingungen getestet und in Betrieb gesetzt werden.

Reaktivierungspläne und Streckensperre 2003 Immer wieder kursierten Pläne, wonach die Florianerbahn als ÖV-Verbindung wiederbelebt werden sollte, um erstens die Wiener Bundestraße zu entlasten und zweitens eine weitere Schienenverbindung ins Linzer Umland, ausgehend von einer zukünftigen Nahverkehrsdrehscheibe Pichlingersee zu schaffen. Die Frage nach einer Wiederbelebung wurde u. a. zwischen 2000 und 2003 aufgeworfen. Damals beschäftigten sich zwei Studien mit der Thematik und kamen zu recht kontroversiellen Schlüssen. Auf der einen Seite sah die Universität Trier (2000) eine Auferstehung sehr optimistisch und

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rechnete mit einem voraussichtlichen Fahrgastaufkommen von ca. 700.000 Personen pro Jahr. Gleichzeitig lägen die Kosten für eine Reaktivierung bei ca. E 11 Mio., die Verluste pro Jahr wurden mit ca. E 300.000 beziffert. Die zweite Studie, herausgegeben von der Firma Bautechnik Linz (2003) stufte die zu erwartenden Kosten um E 10 Mio. höher ein, erwartete um ca. 270.000 Fahrgäste weniger und prognostizierte ca. E 450.000 Verlust pro Jahr. Von Seiten der Politik sah man die Wahrheit mit Kosten von ca. E 15 Mio. dazwischen liegend. Aufgrund dieses hohen Betrages und einer funktionierenden Autobusverbindung zwischen Linz und St. Florian wurden aber in Folge dann keine weiteren Maßnahmen mehr gesetzt, was die Causa „Wiederbelebung“ letztendlich wieder einschlafen ließ. 2006 trat die Firma FB F&E auf den Plan, die alte Trasse als Test- und Versuchstrecke auszubauen. Eine Gleisverlängerung sollte beim Pichlingersee die B1 queren und an die Westbahnstrecke angeschlossen werden. Doch die Anrainer erhoben Einspruch gegen dieses Projekt und auch

Oben: Jubiläumszug mit Treibwagen 1 sowie Beiwagen 3 und 4 zur 75. Jahrfeier bei der Haltestelle Pichling-See. Hinten Triebwagen 7 (SM 1). Unten: Triebwagen 11 der ESG zwischen Hauptschule und Bahnhof St. Florian, um 1995.

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die Stadt Linz sah in dem Konzept wenig bis keine Perspektiven für den öffentlichen Verkehr. Seitdem herrscht wieder Stille um eine Wiederbelebung der Florianerbahn. Im Jahre 2003 wurde schließlich der bestehende Tourismusbetrieb eingestellt, da der vorhandene Oberbau und die Fahrleitung nicht mehr den Anforderungen entsprachen. Seit diesem Zeitpunkt konzentriert sich der Club Florianerbahn auf die Sanierung und Wartung der vorhandenen historischen Straßenbahnwagen und den Erhalt der denkmalgeschützten Wagenremise in St. Florian. Die Firma FB F&E widmet sich seither anderen fachspezifischen Aufgaben.

Remisensanierung 2012-2014

Oben: Besucher am Tag des Denkmals bei dem Remisengebäude im September 2011.

Im Jahre 2006 startete der Club Florianerbahn die Gespräche und Aktivitäten zur umfangreichen Generalsanierung der mittlerweile denkmalgeschützten Wagenremise. Da auch hier während der Betriebszeit 1913–1974 und auch danach nur die notwendigsten Erhaltungs- und Sanierungsmaßnahmen durchgeführt wurden, präsentierte sich die Halle zwar nahezu im

Historische, erwähnenswerte bzw. erhaltenswerte Fahrzeuge am Remisengelände St. Florian, Stand 1.1.2013 Typ

Herkunft

Erzeuger

Status

Zustand

EM1

Ebelsberg–Florian

1913

Grazer Waggonfabrik

betriebsfähig

60er und 70er Jahre

EM3

Ebelsberg–Florian

1913

Grazer Waggonfabrik

nicht betriebsfähig

60er und 70er Jahre

EP 3

Ebelsberg–Florian

1913

Grazer Waggonfabrik

betriebsfähig

30er Jahre

EP4

Ebelsberg–Florian

1913

Grazer Waggonfabrik

betriebsfähig

60er und 70er Jahre

EP5

Ebelsberg–Florian

1913

Grazer Waggonfabrik

nur Untergestell

Fahrleitungsmontagewagen

Ebelsberg–Florian

1913

ESG Linz

1950

Rottenlore 2-achsig TW 11

statisches Museumsstück

1913

TW 17

ESG Linz

TW 21

ESG Linz

TW 41

ESG Linz

TW XIII

ESG Linz Pöstlingbergbahn

1953

BW 127

ESG Linz

BW 131

ESG Linz

(Mitteleinstiegswagen)

172

Baujahr

betriebsfähig Simmeringer Waggonfabrik

1920/1949 Grazer Waggonfabrik/ESG-Linz 1956

1913

Gräf & Stift

1914/1950 Grazer Waggonfabrik

betriebsfähig

80er Jahre

nicht betriebsfähig

60er Jahre

nur Wagenkasten nicht betriebsfähig

80er Jahre

Eigenbau ESG-Linz

betriebsfähig

70er Jahre

1949

Eigenbau ESG-Linz

nicht betriebsfähig

60er Jahre

1941

Simmeringer Waggonfabrik

Mannschaftswagen

BW 142

ESG Linz

nicht betriebsfähig

80er Jahre

TW 7

Straßenbahn Gmunden Straßenbahn Unterach– See am Mondsee

1920/1949 Gräf & Stift 1907

Grazer Waggonfabrik

betriebsfähig

70er Jahre

BW 23.202

Lokalbahn Vorchdorf-Gmunden

1912

Grazer Waggonfabrik

nicht betriebsfähig

70er Jahre

BW25

Stubaitalbahn offener Güterwagen

1903

Grazer Waggonfabrik

betriebsfähig

70er Jahre


Ursprungszustand von 1912, wies aber schon etliche Altersschäden auf wie z. B. ein sanierungsbedürftiges Dach, morsche und beschädigte Fachwerkträger, Risse und Schäden an der Innen- und Außenfassade, teilweise Zerstörungen des Holzstöckelbodens etc. Auch die hölzerne Beiwagenhalle musste mittlerweile schon baustatisch verstärkt werden um speziell im Winter die Schneelast zu tragen. Als Unterstützer konnten die Gemeinde St. Florian (welche auch Gebäude- und Grundstückseigentümer des Remisengeländes ist), das Land Oberösterreich und das Bundesdenkmalamt gewonnen werden. Das BDA übernahm zusätzlich noch die denkmalschützerische Aufsicht des Sanierungsprojektes. So konnte nach Abschluß der Finanzierung im Jänner 2012 mit den Arbeiten begonnen werden. Nach Abschluß der Sanierungen im Jahre 2014 soll die Remise wieder in neuem Glanz erstrahlen und nicht nur eine Museumshalle mit lebendiger Werkstätte darstellen, sondern auch vielmehr ein stilechtes Ambiente für Veranstaltungen und Feste aller Art in gediegenen Rahmen bieten.

100-Jahre Florianerbahn 2013 Am 1. September 2013 feiert die Florianerbahn ihren 100. Geburtstag. Trotz einer sehr bewegten Geschichte, mit zahlreichen Höhen und Tiefen, ist es in Zusammenarbeit zwischen Club Florianerbahn, Gemeinde St. Florian, Land OÖ, BDA und zahlreichen lokalen und regionalen Unterstützern gelungen, die Bahn als technisches Denkmal zu erhalten und zu schützen. Auch wenn zur Zeit kein Zug auf den alten Geleisen verkehrt und die Aktivitäten des Club Florianerbahn sich auf die Restaurierung der originalen Florianerbahn-Fahrzeuge und der Sanierung der Wagenremise konzentrieren, ist die „Flocki“ längst zur Legende geworden. Die alte Bahntrasse, welche durch die Felder zwischen St. Florian und Ebelsberg führt, die alten hölzernen Fahrzeuge und die Wagenhalle bringen uns bis heute die Vergangenheit nahe und lassen alte Erinnerungen lebendig werden. Die Bahn ist ein Stück Oberösterreichische Geschichte. Rechts oben: Im Innenraum des Beiwagens 3 an einem Betriebstag der Museumsbahn. Rechts: Der erneuerte EM 1 in der frisch restaurierten Remise, 2013. 173


182


183


ISBN: 9 78-3-9503469-4-7

184

4030 Linz / Ebelsberg, Panholzerweg 1 Tel. 0732 / 320585, info@Lentia.at, www.Lentia.at


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