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Für die Gastwirtin
Frauen und Führungspositionen Gender-Gap: Gleichstellungsrätin Michela Morandini berichtet von ihrer Tätigkeit
Michela Morandini ist Südtirols Gleichstellungsrätin und soll dafür sorgen, dass Frauen und Männer gleich behandelt werden. Mit welchen Themen sie tagtäglich konfrontiert wird, erzählt sie im folgenden Interview mit der HGVZeitung.
Als Gleichstellungsrätin ist es Ihre Aufgabe, dafür zu sorgen, dass Frauen und Männer gleich behandelt werden. Mit welchen Problemen werden Sie tagtäglich konfrontiert? Morandini: Das Büro der Gleichstellungsrätin zählt zu den vier Schlichtungsstellen, die beim Südtiroler Landtag angesiedelt sind, und ist Anlaufstelle für Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts am Arbeitsplatz. Die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wenden sich hauptsächlich wegen Mobbing, Unvereinbarkeit von Familie und Beruf, Kündigungen von jungen Müttern, wegen Diskriminierungenam Arbeitsplatz und sexueller Übergriffe am Arbeitsplatz an mich.
In welchen Bereichen gibt es noch die größten Unterschiede zwischen den Geschlechtern? Laut Global Gender Gap Report, einem vom Weltwirtschaftsforum jährlich erstellten Bericht, hat Italien in denBereichenArbeit und Politik den höchstenAufholbedarf. Was die Arbeit betrifft, geht es um die geringe weibliche Partizipation am Arbeitsmarkt, die Einkommensunterschiede von Frauen zu Männern, die Unterrepräsentation der Frauen in denToppositionenund den geringen Anteil von Expertinnen und Technikerinnen. All dies ist das Ergebnis vonvorherrschendengesellschaftlichen Strukturen. So sindFrauen nochimmer diejenigen, die hauptsächlich für die Erziehungs-, Betreuungs- undFamilienarbeit zuständig sind. Dies hat einen Einfluss auf die AttraktivitätvonweiblichenMitarbeitern. Was den Bereich Politik betrifft, geht es um die aktivepolitische Beteiligungvon Frauen, sprich um politische Macht. Werden Frauen in Entscheidungsprozesse nicht involviert, besteht das Risiko, dass gewisseThemen untergehen.
Welche Nachteile haben Frauen? Als Gleichstellungsrätin führe ich regelmäßige Analysen durch. So kam bei der Studie zur Situation von Frauen in Südtirols GroßbeGleichstellungsrätin Michaela Morandini
trieben (Betriebe mit mehr als 100Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern)2018 raus, dass Frauen in höherem Ausmaß als ihre männlichen Kollegen befristet angestellt sind, in Teilzeit arbeiten (und somit Erwerbslücken haben), die Elternzeit zu mehr als 90 Prozent von Frauen in Anspruch genommen wird und Frauen weitgehend von Führungspositionen ausgeschlossen sind. Diese Aspekte treffen auch auf den öffentlichen Bereich in Südtirol zu.
Mit welchen Vorurteilen werdenFrauenkonfrontiert? In diesen Jahren habe ich in meinen Beratungen schon vieles gehört. Junge Frauen berichten, dass ein männlicher Kollege ihnen vorgezogen wird, weil sie schwanger werden könnten. Mütter berichten, dass ihnen bestimmte Arbeitspositionen nicht angeboten werden, da davon ausgegangen wird, dass sie aufgrund der Kinder ablehnen werden. Kürzlich hat mir eine dienstältere, hochqualifizierte weibliche Fachkraft erzählt, dass ihr eine Führungsposition nicht angeboten wurde. Als sie den Grund bei ihremVorgesetzten in Erfahrung bringen wollte, gab dieser an, erfahren zu haben, dass ihre Mutter erkrankt ist und er angenommen hat, dass sie die Pflege übernimmt.
Wie können Familie und Beruf besservereint werden? Es handeltsichumMaßnahmen auf drei Ebenen. Politische Entscheidungsträgerinnen und -träger müssen Maßnahmen setzen, um z. B. flächendeckend unterstützende Dienstleistungen für Eltern oder Pflegende anzubieten. Unternehmen müssen ein Welfare-System anbieten, mitkonkreten Unterstützungsangeboten für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Auf der Ebene derFamilien- undPaarbeziehungmuss über diegerechte Aufteilung der Familienarbeit gesprochen werden. All dasmuss voneinem öffentlichen Diskurs und Maßnahmen zum Abbau von Genderstereotypen begleitet werden, z. B. bereits in der Erziehungs- und Bildungsarbeit.
Was sollten Unternehmen in ihrer Unternehmenskultur ändern? In Zeiten von Fachkräftemangel lautet die Frage eher: „Was müssen Unternehmen tun, um attraktiv zu sein bzw. zu bleiben?“ Eine Antwort liegt in den lebensphasenorientierten Arbeitsmodellen. Es gibt Lebensabschnitte, in denen beispielsweise mehr Flexibilität vonseiten der Arbeitnehmerinnen und -nehmer benötigt wird. Dankdigitaler Unterstützung ist in vielen Branchen und Arbeitsbereichen einiges möglichgeworden. Eines muss jedochangemerktwerden: Arbeitsbeziehungen müssen durch ein Nehmen und Geben gekennzeichnet sein.
Welche positiven Beispiele kennen Sie? VorbildlicheLeistungenvon Unternehmen beginnen bei der EinrichtungvonKindertagesstätten, über Dienstleistungen wie z. B. Wäscheservice, Mensadienst bis hin zu flexiblen Arbeitszeiten. Auch sind Unterstützungsmöglichkeiten für pflegende Angehörigevonseiten des Unternehmens gute Beispiele. hb
Auf zwei Beinen steht frau besser! Zusatzrente: Claudia Messner von Pensplan informiert über die Absicherung im Alter
32,6 Prozent: So viel weniger Rente erhalten Frauen in Südtirol heute durchschnittlich im Vergleich zu Männern; bei der reinen Altersrente liegt die Differenz sogar bei rund 50 Prozent. Zurückzuführen sei diese Ungleichheit auf gesellschaftliche Faktoren und unterschiedliche Lebensentwürfe von Frauen und Männern: niedrigere Löhne, atypische Arbeitsverträge, Jobpausen und Teilzeitarbeit wirken sich auch künftig stark auf die Rente aus“, erklärt Expertin Claudia Messner von der Beratungsstelle Pensplan. Denn für alle, die nach 1995 in das Berufsleben eingestiegen sind, gilt: Man bekommt als staatliche Rente das, was man im Laufe seines Lebens eingezahlt hat. In Zahlen ausgedrückt etwa die Hälfte oder auchweniger des letzten Gehalts.
Zweites Standbein
„Eine gute Möglichkeit, um sich ein zweites Standbein für einen guten Lebensstandard im Alter aufzubauen, ist die Zusatzrente: für Frauen mit ihrer speziellen Erwerbsbiografie, egal ob als Angestellte oder Unternehmerin, ein Muss“, ist Messner überzeugt. Die Zusatzrente sei nicht nur eine wertvolle Ergänzung zur staatlichen Rente, sondern biete auch eine Reihe von anderen Vorteilen: von der steuerlichen Absetzbarkeit der eingezahlten Beträge (auch für die eigenen Kinder) über die Flexibilität (das angesparte Kapital steht in bestimmten Fällen auch vorzeitig zur Verfügung) bis hin zur Sicherheit, denn die Position im Zusatzrentenfonds kann nicht gepfändet werden. Außerdem kann frau frei bestimmen, wer im Fall ihres Ablebens ihr Geld aus dem Zusatzrentenfonds erhält, unabhängig von der gesetzlichen Erbfolge. Nicht zuletzt unterstützen Land und Region die Frauen beim Aufbau ihrer Rente, und zwar unabhängig von deren Einkommenssituation.
Pensplan ist Anlaufstelle
In Südtirol ist das regionale Welfareinstitut Pensplan mit seinem Büro in Bozen und den Infopoints im ganzen Land die erste Anlaufstelle, wenn es um unabhängige und kostenlose Beratung zur Zusatzrente geht. Neben der persönlichen Beratung für die Bevölkerung erbringtPensplan auch eine Reihe von Dienstleistungen für die konventionierten Zusatzrentenfonds Laborfonds, Raiffeisen Offener Pensionsfonds, Pensplan Profi und Plurifonds. Die entsprechend niedrigen Verwaltungskosten dieser Fonds kommen wiederum den Mitgliedern zugute.