editorial
CHEMIE PLUS 12-2013
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Gutes Gespür für Markt und Marzipan
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hemiedistributeure agieren an der entscheidenden Schnittstelle zwischen Industrie und Kunden. Mit anderen Worten, sie schaffen den «Markt» und bedienen ihn. Folgerichtig spüren die Chemiedistributeure Marktveränderungen am unmittelbarsten und sind aufgefordert, besonders schnell darauf zu reagieren. Im Idealfall präjudizieren sie neue Entwicklungen und handeln «proaktiv». Gerade dies wird zunehmend schwieriger (siehe «Thema des Monats», ab Seite 4). Es zeigt sich, dass die Globalisierung kein abgeschlossener, sondern ein nach wie vor dynamischer Prozess ist. Während die Emerging Markets etwa in Südamerika, aber auch in asiatischen Ländern, derzeit erste Bremsspuren aufweisen und das krisenhafte Europa bestenfalls stagniert, loten die Chemie und deren Abnehmerbranchen Wachstumschancen in anderen, noch wenig erschlossenen Märkten aus. Hier haben jene Player Vorteile, die in Kenntnis regionaler Besonderheiten rechtzeitig Netzwerke knüpfen. Gleichzeitig haben sich die europäischen Akteure grossen Herausforderungen auf dem nach wie vor schwergewichtigen «Heimmarkt» zu stellen. Hier gilt es u. a., immer wieder neue regulatorische Hürden zu überspringen. Wie sehr dabei der «Teufel im Detail» liegt, zeigt sich beispielsweise bei der Umsetzung der neuen EU-Biozid-Verordnung (Seite 8). Experten zufolge benötigen Chemiedistributeure eine gehörige Finanzkraft, um alle Herausforderungen zu bestehen. Das heisst auch, dass der gegenwärtige, von zahlreichen Übernahmen und Fusionen gekennzeichnete Konsolidierungstrend im europäischen Chemiehandel anhalten dürfte. Chancen eröffnen sich den Distributeuren aber nicht nur durch die Erweiterung, sondern auch durch die vertikale Vertiefung ihres Ange-
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bots, sprich durch die Aufnahme zusätzlicher Dienstleistungen wie etwa Marketing, Fertigung oder applikative Kundenberatung ins Programm. «Der Kunde im Fokus» – dieses Credo prägt mehr denn je auch andere Branchen, wie etwa die Labortechnik. Wie eng innovative Unternehmen dabei auch mit Forschergruppen kooperieren und wie wichtig apparativer Fortschritt für den wissenschaftlichen Erfolg ist, zeigte sich eindrucksvoll am «Chemie plus» Event bei BÜCHI Labortechnik in Flawil (Seite 16). Hightech-Analytik steht indes auch im Dienst von uns Konsumenten – zum Beispiel wenn Kontrolleure mittels Real Time PCR «echtes» Marzipan von «gepanschtem» unterscheiden und uns so den ungetrübten vorweihnachtlichen Genuss ermöglichen (Seite 62). Womit auch schon das Stichwort gegeben wäre, das mich legitimiert, Ihnen frohe Festtage sowie ein gesundes und erfolgreiches Jahr 2014 zu wünschen. Bleiben Sie «Chemie plus» gewogen!
Die Globalisierung bleibt ein dynamischer Prozess