113 Hektar Chancenland

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Themenheft von Hochparterre, November 2019

113 Hektar Chancenland

Basel vor dem Boom: Ein Heft über riesige Transformationsareale und Quartiere im Wandel, über fordernde Stimmbürger und das Leben im Dreiland.

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Heute prägen Zwischennutzungen die Quais im Norden Basels. Schon bald dürfte das Quartier Klybeck an den Rhein wachsen – falls die Hafenbahn verschwindet.

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Editorial

Inhalt

4 Stadtkarte Ein Blick auf Areale und Verkehrsträger, Bauten und Projekte.

6 « Baden, picknicken, feiern und spielen » Ein Gespräch über Städtebau.

8 Süsser Vogel Zukunft Im Norden soll das Klybeck-Areal, die Keimzelle der Chemieund Pharmaindustrie, zum neuen Stadtteil werden. Rundherum wächst zaghaft eine trinationale Agglomeration heran.

16 « Bezahlbarer Wohnraum für alle » Ein Gespräch über Wohnpolitik.

18 Ein Herzstück, drei Implantate Im Süden sollen drei benachbarte Areale zu einem neuen Subzentrum werden. Das bietet Chancen für das Gundeldinger Quartier und die chaotische Bahnhofsumgebung.

2 6 « Das Maximum ist nicht das Optimum » Ein Gespräch über Bodenpolitik.

2 8 Wandel zum Familienliebling Im Westen hat die Stadtreparatur St. Johann nicht nur Gutes gebracht. Neue Areale bieten nun neue Chancen. Das politische Seilziehen sagt viel über die neue Bewohnerschaft aus.

34 Wie viel Stadt darf es sein ? Ein Städtevergleich zwischen Zürich, Genf, Basel und Bern.

36 Bauten und Projekte Eine Auswahl jüngerer Bauten und anstehender Projekte.

Basel vor dem Boom

Im Norden kommt zusammen, was Basel prägt: Grenzlage und Rhein, Hafenwirtschaft und Pharmaindustrie, bestehende Quartiere und riesige Industriebrachen. Im Hafengebiet und auf dem Klybeck-Areal, wo die Basler Chemie entstand, könnten innerhalb einer Generation doppelt so viele Menschen zuziehen wie heute in den Quartieren dazwischen wohnen. Der Süden und der Westen stehen vor ähnlichen Entwicklungsschüben. Basel ist gefordert, diese sozialverträglich zu gestalten. Dabei hat der Kanton mehrere Trümpfe in der Hand: Erstens sind 113 Hektar Transformationsareale eine Jahrhundertchance, das Wachstum zen­trums­nah zu bewältigen, ohne funktionierende Stadtteile umzupflügen. Zweitens steckt Basel in einem Wirtschaftsboom, der es erlaubt, öffentliche Anliegen selbstbewusst einzufordern. Drittens ist das erwartete Wachstum – 20 0 00 Einwohner und 30 000 Arbeitsplätze bis 2035 – verglichen mit Städten wie Berlin, Wien, Zürich oder Genf relativ moderat. Die Herausforderungen sind ebenso zahlreich: Seit Jahren wächst die Zahl der Arbeitsplätze stärker als die Bewohnerschaft, was den Wohnungsmarkt unter Druck setzt. Die Regierung muss nun selbst handeln, die zarte Genossenschaftsblüte befeuern und kluge Anreize für die private Immobilienwirtschaft schaffen, deren Geld aufgrund tiefer Zinsen allzu locker sitzt. Als wäre das nicht genug, muss der Stadtkanton neue Sub­zen­tren schaffen, die neue Dichte mit Freiräumen kompensieren und die von Kantons- und Landesgrenzen fragmentierte Agglomeration trinational vernetzen. Was also kann Basel von den Entwicklungen der Vergangenheit lernen ? Wie sieht eine zeitgemässe Bodenpolitik auch für Gewerbetreibende aus ? Wie schafft man angemessenen Wohnraum für alle sozialen Schichten ? Drei Gespräche mit Kantonsvertretern und externen Fachfrauen suchen nach Antworten. Drei Reportagen berichten über den Norden, den Süden und den Westen, wo die Areale aufeinandertreffen. Der Immobilienberater Wüest Partner, mit dem wir seit Langem unsere Stadthefte schreiben, analysiert statistisch vergleichend, wie städtisch Basel wirklich ist. Schliesslich streifte der Basler Fotograf Christian Aeberhard kreuz und quer durch die Stadt. Es wird interessant, seine Momentaufnahmen vor dem Bauboom mit dem zu vergleichen, was kommen wird.  Palle Petersen

Impressum Verlag Hochparterre AG  Adressen  Ausstellungsstrasse 25, CH-8005 Zürich, Telefon +41 44 444 28 88, www.hochparterre.ch, verlag @ hochparterre.ch, redaktion @ hochparterre.ch Verleger  Köbi Gantenbein  Geschäftsleitung  Lilia Glanzmann, Werner Huber, Agnes Schmid  Verlagsleiterin  Susanne von Arx  Konzept und Redaktion  Palle Petersen  Fotografie  Christian Aeberhard, www.christian-aeberhard.ch  Art Direction  Antje Reineck  Layout  Juliane Wollensack  Produktion  Linda Malzacher  Korrektorat  Lorena Nipkow, Elisabeth Sele  Lithografie  Team media, Gurtnellen  Druck  Stämpfli AG, Bern Herausgeber  Hochparterre in Zusammenarbeit mit Wüest Partner und dem Kanton Basel-Stadt Bestellen  shop.hochparterre.ch, Fr. 15.—, € 12.—

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Weil am Rhein ( D )

Huningue ( F )

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Saint-Louis ( F ) 8

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Hégenheim ( F )

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Allschwil 13

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Binningen

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Münchenstein

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Themenheft von Hochparterre, November 2019 —  113 Hektar Chancenland — Stadtkarte

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Transformationsareale Lörrach ( D )

ein ( D ) S

Inzlingen ( D )

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Riehen Bettingen

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S

T echnoport ( F ) Q uartier du Lys ( F ) Hafen Hüningen ( F ) / Weil am Rhein ( D ) Z one Sud ( F ) Hafen Basel siehe Seite 10 Bell Volta Nord siehe Seite 30 Novartis K lybeck-Areal siehe Seite 10 BaseLink ( Allschwil ) Westfeld siehe Seite 30 Rosental Roche Wolf siehe Seite 20 Am Walkeweg siehe Seite 20 Dreispitz siehe Seite 20 D reispitz ( Münchenstein ) P olyfeld ( Muttenz ) S tettenfeld ( Riehen ) L andesgrenze K antons- und Gemeindegrenze Transformationsareale Basel-Stadt Transformationsareale Basel-Landschaft Transformationsareale D  /  F Autobahn Autobahn geplant ( Rheintunnel ) Eisenbahn S -Bahn S-Bahn geplant ( Herzstück ) Tram Tram geplant Schiff

Bauten und Projekte siehe Seite 36 1 Gewerbehaus Grid 2 Wohnhaus Sonnenfänger 3 Naturhistorisches Museum und Staatsarchiv 4 Quartierergänzung Volta Ost 5 Wohnüberbauung Maiengasse 6 Amt für Umwelt und Energie 7 Umbau Kaserne 8 Kirchenzentrum St. Christophorus 9 Genossenschaftshaus Stadterle 10 Erlenmatt Ost, Baufeld 1 A & B 11 Bâleo Erlenmatt 12 Claraturm 13 Kunstmuseum Basel 14 Meret-Oppenheim-Hochhaus 15 Baloise Park 16 Nauentor 17 Wohnhaus Hochstrasse 18 Wohn- und Geschäftshaus Syd 19 K indergarten Riehen

Grenzach-Wyhlen ( D )

Birsfelden

Plan: Kanton Basel-Stadt Bearbeitung: Hochparterre

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Muttenz

Pratteln

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Momentaufnahme aus der Denkwerkstatt: Wie entwickelt sich das Bahnhofsgebiet bis 2050 ? Illustration: Stephan Liechti

« Baden, picknicken, feiern und spielen » In der Mitte der Rhein und rundherum Grenzen. Areale, die aus jüngsten Entwicklungen lernen sollten. Hochhäuser und Pharmagiganten. Wie das alles zusammenkommt. Interview: Palle Petersen

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Beat Aeberhard, vor Ihrem Job als Basler Kantonsbaumeister waren Sie Zuger Stadtarchitekt. Seit 2000 ist Zug um ein Drittel, Basel bloss um 3 Prozent ge­wachsen. Ist das neue Amt gemütlicher ? Beat Aeberhard: Keineswegs. Die Städte sind vergleichbar: Beide haben eine prononciert auftretende Wirtschaft, die stärker wächst als die Bevölkerung. Beide verstehen sich als Stadtstaat. Und in beiden prägen heterogene Inseln die städtebauliche Entwicklung. Schon in Zug hat mich das beschäftigt: Wir erarbeiten einzelne Stadtbausteine nach allen Regeln der Kunst, vergessen dabei aber den Zusammenhang, die Freiräume und ihre Vernetzung. In Basel haben wir letztes Jahr eine städtebauliche Begleitgruppe gegründet, ein informelles Gremium von Ortskundigen und Aussenstehenden, das sich alle paar Monate trifft. Astrid Staufer, Sie sind als Architektin vor allem in und um Zürich präsent. Hat sich Ihre Sicht auf Basel verändert, seit Sie gemeinsam mit Angelus Eisinger und Andreas Bründler Teil dieser Begleitgruppe sind ? Astrid Staufer:  Vorher kannte ich vor allem die Einzelbauten der Neunzigerjahre. Nun beginne ich, die Stadt zu verstehen. Wir versuchen eine Gesamtlektüre, sprechen explizit nicht über Bauten und Ensembles, sondern über Zwischenräume. Unser Zugang ist idealistisch. Wir ignorieren technische und rechtliche Hürden und werfen einen unvoreingenommenen Blick auch auf weit fortgeschrittene Planungen. Besonders beeindruckt hat mich, wie der Zeichner Stephan Liechti die Debatten abbildet. So merken wir, ob wir vom Gleichen sprechen. Was zeigt seine Zeichnung des Bahnhofsgebiets ? Astrid Staufer: Der Bahnhofplatz blickt eigentlich in die falsche Richtung. Ein neuer Bahnhof könnte die Achse von der Margarethenstrasse zur Heuwaage stärken, die stadt-

räumlich wichtiger wäre als die Passerelle von Gundeldingen zum Aeschengraben. Doch der historische Bahnhof und die Passerelle sind identitätsstiftend. Richtig wäre darum wohl ein zweiter Übergang, der langfristig zum wichtigeren werden könnte. Beat Aeberhard:  Die Logik des Basler Bahnhofs ist die oben liegende Verbindung quer zu den Gleisen. Würde man diese verlängern, liesse sich die Margarethenbrücke zum Platz mit Gleiszugang ausbauen. Dasselbe gilt für das Nauentor als Ersatz des Postreitergebäudes. Zur Entlastung der Passerelle haben die SBB eine Unterführung vom Meret-Oppenheim-Platz zum Elsässer Tor vorgeschlagen, also in eine Tiefgarage. Für das Shoppingcenter mag das sinnvoll sein. Doch die Zeichnung zeigt, wie viel plausibler drei oben und quer liegende Achsen wären. Astrid Staufer:  Und dann merkt man, dass eine Längsverbindung fehlt. Die heute leer stehenden SBB-Hallen könnten dabei zu wichtigen Bindegliedern werden. Im nächsten Schritt geht es um die ganze Schicht zwischen Bahnhof und Nauentor mit ihren Einzelbauten. Beat Aeberhard:  Mit dem Meret-Oppenheim-Hochhaus, dem Nauentor, den Türmen der Baloise und dem Turm der BIZ entsteht hoffentlich ein kraftvolles Bild, das die exaltierten Einzelarchitekturen absorbieren kann. Hochhäuser als Zeichen städtebaulicher Knoten und als Allzweckwaffe zur Stadtreparatur ? Beat Aeberhard: Das wohl kaum. Der Reflex, an wichtigen Orten ein Hochhaus zu bauen, ist falsch. Die linearen Zen­ tren der Gründerzeitquartiere zeigen das: die Gü­ter­stras­se im Gundeli, die Klybeckstrasse in Kleinbasel, die Elsässerstrasse im St. Johann. Auch unsere Zeit muss städtebauliche Akzente ohne dominante Vertikalen formulieren können. Im Übrigen ist der Umkehrschluss genauso verkehrt. Hochhäuser entstehen oft aufgrund wirtschaftlicher Opportunitäten. Das Roche-Areal ist ein weithin sichtbares Zeichen für ein globales Life-Science-Unternehmen, kein Ort für die allgemeine Stadt.

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Astrid Staufer:  Aber ein wertvolles Zeichen im Stadtkontext.

Hier zeigt sich die globale Vernetzung, die Basel so reich gemacht hat. Und hier zeigen sich die Kräfteverhältnisse: Letztes Jahr haben Novartis und Roche weltweit jeweils mehr als fünfzig Milliarden Franken umgesetzt. Das Budget des Kantons beträgt gerade einmal vier Milliarden. Beat Aeberhard: Offensichtlich geht es hier vorab um den Platzbedarf von Roche. Aber spricht daraus nicht auch eine unglaubliche Treue des familiengeführten Konzerns zum Standort Basel ? In der Agglomeration wäre eine solche Expansion für Roche sicherlich deutlich einfacher. Basel rechnet bis 2035 mit 20 000 neuen Einwohnern und 30 000 neuen Arbeitsplätzen. Wo soll das alles hin ? Beat Aeberhard: Es gibt überschaubare Ausnützungsreserven, und punktuell sind auch Aufzonungen sinnvoll, nämlich dort, wo weder Ökokorridore, wertvolle oder zu junge Baubestände noch bereits dicht bebaute Gebiete sind. Mit 113 Hektar auf Transformationsarealen hat Basel die Möglichkeit, den Löwenanteil des Wachstums zen­trums­ nah zu bewältigen, ohne die funktionierenden Quartiere umzupflügen. So lautet der politische Wille. Astrid Staufer: Das ist fantastisch. Grossflächige Aufzonungen würden eine gnadenlose Ersatzneubauwalze nach sich ziehen. Die Entwicklung der Areale schützt die bestehenden Strukturen und hilft ausserdem, Sub­zen­tren zu etablieren. Eine hohe Dichte ist dort also doppelt sinnvoll. Basel als polyzentrische Stadt – ein Zukunftsbild ? Beat Aeberhard: Das muss das Ziel sein. Dabei ist eine Besonderheit interessant: Basel ist ein Stadtstaat. Das hat viele Vorteile. Die Wege sind kürzer, wir bewilligen unsere Bebauungspläne selbst. Seit 1977 schöpft der Kanton die Hälfte der Planungsmehrwerte ab. Das ist grossartig. Umgekehrt ist Basel aber auch von Kantons- und Landesgrenzen umgeben. Das verkompliziert die Infrastrukturplanung. Allein einheitliche Tarife zu etablieren, ist schier unmöglich. Darum hat Basel noch immer kein effizientes S-BahnNetz. Die beiden gros­sen Bahnhöfe, der Badische Bahnhof und der Bahnhof SBB, funktionieren de facto wie Sackbahnhöfe. Das Herzstück soll dieses Problem bis 2035 lösen. Es bringt unter anderem die Stationen Wolf und Klybeck. Hier werden die Subzentren Basels entstehen. Kommt die S-Bahn für die Entwicklung im Basler Norden nicht zu spät ? Beat Aeberhard: Sie kommt knapp. Allerdings gibt es auch neue Tramlinien. Jene, die durch das Klybeck-Areal führt, folgt einem historischen Gleisbogen. Das ist das Tolle am Weiterbauen. Der Bestand bietet Strukturen, auf die sich aufbauen lässt. Das Klybeck-Areal mit seinen riesigen Bauten kann ein total spannendes Stück Stadt werden. Seine Massstäblichkeit weiterzustricken, kommt Investorenwünschen entgegen und bietet typologische Chancen. Astrid Staufer: Das gilt auch für den Bestand. Hier stehen Meilensteine der Industriegeschichte, auf die man sich schlicht beziehen muss. Das schafft plausible Lösungen, weil man dem Zeitgeist weniger ausgeliefert ist als auf der grünen Wiese. Ausserdem sind Erfindungen möglich. Auf dem Sulzer-Areal in Winterthur wurde eine Halle zur Parkgarage und eine andere zum kollektiven Raum eines Wohnhauses. Es wäre undenkbar, so etwas neu zu bauen. In Zürich Nord hat man in den Nullerjahren wenig stehen lassen. Was kann Basel daraus lernen ? Astrid Staufer: Durchmischung, Durchmischung, Durchmi­ schung. Schon während meines Studiums prophezeite unser Soziologieprofessor, der Computer werde Wohnen und Arbeiten wieder vereinen. Doch noch immer bauen wir Wohnsiedlungen und Bürokomplexe. Für die Stadt der kurzen Wege wäre ein Verhältnis von Einwohnern und Arbeitsplätzen von eins zu eins ideal.

Beat Aeberhard:  Wir sind hier gut auf Kurs. Allerdings muss die Balance nicht auf jedem Areal, sondern innerhalb der Stadtteile stimmen. Nehmen wir den Süden: Der Dreispitz dürfte etwa ausgeglichen werden, auf dem Wolf entstehen wohl deutlich mehr Arbeitsplätze, am Walkeweg bauen wir eine reine Wohnsiedlung für 700 Menschen. Bodennahes, wenig dichtes Wohnen direkt neben den Hochhäusern beim Dreispitz – ich finde das toll. Astrid Staufer:  Den Reiz dieses Gegensatzes kann ich verstehen. Aber dieses Bild – die Kinder spielen vor der Haustür im Garten –, können wir uns das so zen­tral noch leisten ? Heisst Durchmischung nicht auch Durchmischung von Eigentümerschaften ? Beat Aeberhard:  Natürlich müssen unterschiedliche Bauträger zum Zug kommen, damit sich die sozialen Schichten mischen. Auf dem Klybeck- und dem Westquai können wir das steuern, denn hier gehört uns das meiste Land. Auf dem Klybeck-Areal nebenan haben wir uns fünf Hektar als Wirtschaftsflächen gesichert. Zudem ist das Ziel von einem Drittel gemeinnütziger Wohnungen im Richtplan festgeschrieben. Ich bin zuversichtlich. Aber die Gefahr bleibt, dass private und genossenschaftliche Inseln entstehen, so wie auf der Erlenmatt. Apropos: Dort wirkt der Bebauungsplan wie aus der Zeit gefallen. Sollten wir prozesshafter planen ? Beat Aeberhard: Ich glaube durchaus an den grossen Plan, aber nicht im Sinne von Bauvolumen, sondern von Aussenräumen und robusten Grundstrukturen. Wir müssen die Verkehrswege und Freiräume definieren. Nutzungsvorstellungen ändern sich schnell. Aktuell wollen alle nur Wohnungen bauen, aber das wird kippen. Und damit ändern sich die Typologien. Das Gebaute muss offen bleiben. Astrid Staufer:  Und das Unbebaute möglichst intensiv. Man sieht es in den Flussbädern und Parks: Die Menschen wollen nicht nur wohnen, sondern auch baden und picknicken, feiern und spielen. Erst grosszügige Freiräume machen Dichte lebenswert. Als unverrückbare leere Mitte bietet der Rhein eine einmalige Chance. Beat Aeberhard: Unser Ziel ist es, dass die Areale nachher mehr Freiraum bieten als vorher. Der Dreispitz macht es vor: Weil ein Parkplatz zum Park wird, bleibt die Hälfte unbebaut. Das Gundeli profitiert, und das schafft Akzeptanz für die Hochhäuser. Ähnliche Chancen bieten sich im Norden für die Quartiere Klybeck und Kleinhüningen. Astrid Staufer: Zu einer robusten Grundstruktur gehören aber auch soziale Infrastrukturen. Schulhäuser, Bäder und Sportplätze kommen in der Stadtentwicklung chronisch zu spät. Das muss Basel besser machen. Beat Aeberhard:  Einverstanden. Auf dem Klybeckquai könnte eine Schule als Initialnutzung Familien anziehen. Im Übrigen gehören Gemeinschaftsbauten nicht auf Restparzellen, sondern an die besten Lagen. Last but not least: Wie wird Basel klimafit ? Beat Aeberhard: Wie alle Städte macht auch Basel jetzt einen Richtplan Klima. Bei den Arealen geht es um viel Grün, um die erwähnten S-Bahn-Stationen und um sanfte Mobilität. Im Schulbau wenden wir uns von den gängigen Hightech­lösungen ab, und die Wohnsiedlung am Walkeweg wird auto­arm. Das klingt jetzt vielleicht lächerlich ? Nicht lächerlich, aber zu wenig radikal. Wie wäre es mit einem Quartier, das eigene Nahrungsmittel produziert und Massstäbe im ‹ urban manufacturing › setzt ? Beat Aeberhard: Als Planer können wir bloss den Rahmen abstecken, Anreize schaffen und Initiativen nicht durch blödsinnige Vorgaben verhindern. Attraktive Areale ziehen hoffentlich Menschen an, die etwas tun wollen. Falls jemand Nahrungsmittel auf einem alten Hallendach produzieren will: Unsere Türen stehen offen.

Astrid Staufer ( * 1963 ) führt das Büro Staufer & Hasler Architekten in Frauenfeld und Zürich. Sie ist Professorin an der Technischen Universität Wien und CoLeiterin am Institut Konstruktives Entwerfen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur.

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Beat Aeberhard ( * 1969 ) ist seit 2015 Kantonsbaumeister von Basel-Stadt. Zuvor war er Stadtarchitekt von Zug und selbstständiger Architekt. Er hat in Zürich und Lausanne Architektur und in New York Urban Design studiert.

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Süsser Vogel Zukunft Basels Norden steht vor einem Bauboom. Die Zutaten: eine Brache, zwei Quais, ein drittes Hafenbecken und viele Grenzen. Mittendrin: die Quartiere Klybeck und Kleinhüningen. Text: Palle Petersen

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Der Hafenkran symbolisiert, was die Entwicklung im Norden Basels bestimmt – Grenzlage und Rhein, Hafenwirtschaft und Pharmaindustrie. Seit zwei Jahren blickt der stählerne Riese vom östlichen Rheinufer hinüber zum Novartis-Campus. Jahrzehntelang hatte er gegenüber im Hafen St. Johann gestanden. 2005 vereinbarten Basel und der Pharmagigant dann einen Deal: Novartis bezahlt 100 Millionen Franken, erhält Land vom Kanton und darf einen geschlossenen Campus bis fast an den Rhein bauen. Der Kanton verlagert den Hafen. Der Kran ist ein Geschenk des Konzerns an die Stadt und steht für die Ära Vasella, in der dieser nicht nur Bauten von Stararchitekten sammelte wie andere Panini-Bilder, sondern auch Momente kulturgeschichtlichen Feingefühls an den Tag legte. Ersatzflächen für den Hafen fanden sich rasch im Auhafen Muttenz und im Hafen Kleinhüningen östlich des Rheins. Ebenso rasch erkannte man, dass Hafen- und Stadtentwicklung zusammengehören. Ein erstes städtebauliches Leitbild identifizierte die Hafenbahn als Pro­ blem und legte dar, wie das Quartier Klybeck an den Rhein wachsen könnte. 2011 kam der Paukenschlag: Im Jahr zuvor hatte der Kanton eine Testplanung durchgeführt. Anschliessend arbeiteten der quirlige Holländer Winy Maas von MVRDV, das Basler Urbanisten-Urgestein Philippe Cabane und der Architekt Martin Josephy ihren Beitrag zur grenzüberschreitenden Entwicklungsvision aus. Sie schlugen vor, bei der Mündung des Flüsschens Wiese in den Rhein einen Brückenschlag nach Frankreich zu wagen und die Quais zur Insel für ein Hochhauscluster umzugraben.

« Die Aufgabe war eine Steilvorlage für einen unerschrockenen Wurf », sagt Cabane heute. Erschrocken waren damals aber alle: Die Basler über die Hochhausinsel, deren Schimpfname ‹ Rheinhattan › noch heute in den Köpfen sitzt. Die Franzosen in Hüningen über ihre Industrieflächen, die die Visualisierung als Naherholungsgebiet zeigte. Die Deutschen in Weil am Rhein darüber, dass die Basler ungefragt Visionen für ihr Gemeindegebiet produzierten. Doch wie das mit Visionen so ist: Damals forderten Maas, Cabane und Josephy die Neue Rheinbrücke, einen S-Bahn-Anschluss und die Einbindung von Novartis in die Planung. Und heute ? Die Rheinbrücke ist im Agglomerationsprogramm gesetzt, dürfte aber kaum vor 2025 gebaut sein. Das Herzstück und die S-Bahn-Station Klybeck sind frühestens 2035 fertig. Und Novartis hat seine Stammländer östlich des Rheins an die grossen Player der Schweizer Immobilienwirtschaft verkauft. Der Hafen: Gut Planung will Weile haben Dass Stadtentwicklung sich oft langsam vollzieht, ist eine soziokulturelle Chance: Auf dem Klybeckquai hat der Kanton in den letzten Jahren verschiedene Zwischennutzungen angesiedelt. Rund um die Besetzung ‹ Wagenplatz › und die Halle einer Logistikfirma stehen Bars und Food­ trucks, Handwerkstätten, ein Tonstudio und ein Skatepark – die charmante Mischung improvisierter Holz- und Metallarbeiten, die zweitklassige Lokale als urbanen Chic reproduzieren. Diese Bricolage ist echt und zieht am Wochenende bis zu 5000 Menschen an. Seit mehr als fünfzehn Jahren ist Thom Waltert beim Kanton für den Basler Norden zuständig. Der bärtige Mann spricht flüssig über Pharmarenditen und Investorenlogik, Logistik und Bahntechnik. Auf dem Dach des Siloturms →

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Die Hafenbahn, eine Zäsur zwischen Wohnquartieren und Rheinufer. Der Hafenkran, ein Geschenk von Novartis an die Stadt. Das Hafengebiet, eine Jahrhundertchance. Themenheft von Hochparterre, November 2019 —  113 Hektar Chancenland — Süsser Vogel Zukunft

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3Land Entwicklungsvision 2011, Planungsvereinbarungen 2012 / 2016 / 2020, Raumkonzept 2015, Freiraum- und Naturschutzstudie 2017, trinationale Verkehrsstudie 2018, städtebauliches IBA-Zertifikat 2019 Projektträger:  Kanton Basel-Stadt, Ville de Huningue, Stadt Weil am Rhein, IBA Basel 2020, Trinatio­ naler Eurodistrict Basel TEB, Ville de Saint-Louis, Saint-Louis Agglomération, Département du HautRhin, Landkreis Lörrach Fläche:  4 300 000 m²

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Hafen Testplanung 2010, Vertiefung 2012, Programmation und kooperativer Entwurf für ein städtebauliches Konzept in Arbeit, Bezug ab 2023 Eigentümerin:  Kanton Basel-Stadt Fläche:  210 000 m² Bruttogeschossfläche Projekt:  450 000 m² Ausnützungsziffer: 2,1 Nutzungspotenzial:  bis zu 5000 Einwohner und 5000 Arbeitsplätze

Konzeption Plan: Metron /  Planungsamt Basel-Stadt Bearbeitung: Hochparterre

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Huningue ( F ) Weil am Rhein ( D ) Dreiländerbrücke Neue Rheinbrücke Westquai Klybeckquai Hafenbecken 3 Novartis Campus Klybeck-Areal Perimeter Klybeck-Areal bestehende ÖPNVLinien neue ÖPNV-Linien bestehende Grünräume neue Grünräume neues strukturierendes Grün strukturierender öffentlicher Raum neue Parzellen neue Gebäude

Plan: Raumkonzept 3Land, 2015 Bearbeitung: Hochparterre

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Klybeck-Areal Planungsvereinbarung 2016, Testplanung 2018, Bebauungspläne der Teilgebiete ab 2022 / 23, Bezug ab 2024 Eigentümerin: Central Real Estate, Swiss Life Fläche:  300 000 m² Bruttogeschossfläche Bestand:  76 500 m² Bruttogeschossfläche Projekt:  600 000 bis 900 000 m² Ausnützungsziffer:  2,0 bis 3,0 Nutzungspotenzial:  bis zu 10 000 Einwohner und 5000 Arbeitsplätze

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Perimeter K lybeckplatz mit neuer S-Bahn- / Tramstation S tadtachsen Rückbau Hafenbahn Gebiete höherer Dichte Arbeitsgebiet Biocluster bis 2030 Abklärungen Denkmalpflege orthogonale Raumstrukturen Horburg- und Uferpark Rhein / Wiese Uferpromenaden neu / bestehend Abstimmung Bebauung / Freiraum S -Bahn neu   Tram neu / bestehend mögliche Schulstandorte

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→ aus rotem Backstein, den Hans Bernoulli 1926 erbaut hat, sagt er: « Die Stadtentwicklungspläne für Klybeck und Kleinhüningen sind mehr als hundert Jahre alt. Die Expansion des Hafens und der Industrie machten diese aber zur Makulatur. Nun haben wir die Chance, die Fäden wieder aufzunehmen und das Gebiet zu verweben. » Aktuell berät der Kanton zwei Vorlagen: Der Baukredit für ein drittes Hafenbecken brächte das Containerterminal ‹ Gateway Basel Nord › entscheidend voran. Das Becken und das Terminal sollen die Umschlagskapazitäten fast vervierfachen und durch die Kombination von Schiff, Stras­se und Schiene helfen, den Güterverkehr innerhalb der Schweiz weiter auf die Bahn zu verlagern. Bezüglich der Hafenbahn verhandelt der Kanton dagegen lediglich einen Planungskredit – trotz zahlreicher gemachter Abklärungen. Wie viel, wann und ob die Hafenbahn verschwindet, ist darum fraglich: Indem die Politik das Geschäft nachgelagert hat, hat sie das Pfand aus der Hand gegeben, die Verlagerung im Gegenzug für den Bau des Beckens einzufordern siehe Kommentar Seite 13. Das Raumkonzept 3Land: Rheinstadt ohne Grenzen Auch rund um den Hafen ist viel passiert. 2012 trafen Basel, Hüningen und Weil eine Planungsvereinbarung. Aus dem Basler Anstoss sollte eine gemeinsame Vision werden, ein « Pilotraum für Europa » gar. 2015 präsentierte das deutsch-französische Büro LIN das neue ‹ Raumkonzept 3Land › für eine trinationale Stadt am Rhein. Sie ist vier Qua­drat­kilo­meter gross und erstreckt sich beidseits des Rheins weit in den Norden. Die Szenarien Park und Halb­ insel ergänzen die Inselvision. Brücken für Fussgänger und Fahrradfahrerinnen verknüpfen das Westquai mit Weil und das Klybeckquai mit dem Uferweg, der vor dem NovartisCampus nach Hüningen führt. Über die Neue Rheinbrücke, das Herz dieser Rheinstadt, verbinden Tram- und Buslinien die Schweiz und Frankreich. Die Brückenköpfe sind Teil gut vernetzter Freiräume. Aus­ser­dem gibt es ‹ Urbane Vis-à-Vis ›, was grenzüberschreitend koordinierte Nutzungen bedeutet: Gegenüber den Basler Quais liegt ein Hüninger Wohn- und Arbeitsquartier, dahinter gruppieren sich Neue Industrien rund um die Biotechproduktion von Novartis. Weiter nördlich hat sich der Weiler Hafen in ein Mischquartier mit Sport- und Kulturangeboten verwandelt, das auf die Wohn- und Freizeitbauten am Hüninger Bootsanlegeplatz hinüberblickt. Süsser Vogel Zukunft. Die Gegenwart sieht freilich anders aus: Noch ist das 3Land ein Hinterland, in dem drei Gemeinden einander und dem Rhein den Rücken zuwenden. Das Zen­trum von Weil liegt weit östlich hinter den Rangiergleisen. Zum Rhein hin präsentiert sich das Städtchen mit 30 0 00 Einwohnern eher vorstädtisch: Steakhaus und Outlet, das Rhein-Center als postmoderne Spätgeburt autogerechten Shoppings und der Rheinpark, der derzeit saniert und erweitert wird. Das urbane Hafenviertel steht zwar noch aus, doch immerhin hat Weil den Hafen aus der Quasiselbstständigkeit wieder in die städtische Verantwortung genommen und ist handlungsfähig. Gegenüber in Hüningen fahren derweil bald die Bagger auf. Das Projekt ‹ Les Jetées › verspricht weis­se Hochhäuser mit Wohnungen, Büro- und Geschäftsflächen, ein Alterszentrum und ein Hotel. Für das alte Garnisonsstädtchen mit 7000 Einwohnern, von denen die meisten noch heute in der Industrie arbeiten, ist das ein gros­ser Schritt. Gemessen an den 3Land-Plänen für Hüningen, die kleinste Gemeinde mit den grössten Entwicklungsflächen, ist das Projekt bloss ein erstes Bausteinchen. Ungeachtet der baulichen ist die trinationale Agglomeration längst gelebte Realität. Im Elsass spries­sen Einfamilienhäuser, denn

hier sind nicht nur die Löhne halb so hoch wie in Basel, sondern auch die Hauspreise. Weil es sich in Südbaden so günstig einkaufen lässt, schieben die Elsässer munter ganze Einkaufswagen über die Grenze. Man spricht vom ‹ magischen Dreieck › – Wohnen in Frankreich, Arbeiten in der Schweiz, Einkaufen in Deutschland. Wie auch immer Wirtschaft und Währungskurse sich entwickeln: Die 2007 gebaute Dreiländerbrücke zwischen Weil und Hüningen und die 2014 und 2017 eröffneten Tramlinien nach Weil und Saint-Louis sind erste zaghafte Äste, die den fragmentierten Raum zusammenzurren. Wann die ersten ‹ ­Drämmli › über die Neue Rheinbrücke fahren, kann niemand sagen. 3Land ist ein Prozess. Wird mehr daraus als ein Patchwork lokaler Planungen mit ein paar Brücken ? Auf dem Bernoulli-Silo singt Thom Waltert ein Loblied: « G emeinsam verhandeln wir die Zukunft im Norden Basels und arbeiten an einer gesellschaftlichen und städtebaulichen Vision. » Regelmässig treffen sich Beamte und Politikerinnen aus drei Ländern, einem Bundesland, einer Region und vier Städten, ad­mi­nis­t ra­tiv begleitet vom ‹ Trinationalen Eurodistrict Basel › und inhaltlich von der Internationalen Bauausstellung ‹ IBA Basel 2020 ›. Die IBA ist ein auf zehn Jahre angelegter Prozess zur Regionalentwicklung mit dem Motto ‹ Gemeinsam über Grenzen wachsen ›. 3Land ist eines ihrer ambitioniertesten von insgesamt 53 Projekten. Wie kein anderes steht es für eine interdisziplinäre und trinationale Planung. IBA-Direktorin Monica Linder-Guarnaccia sagt: « Das 3Land hat Massnahmen zur Biodiversität beschlossen und einen gemeinsamen Kriterienkatalog für städtebauliche Projekte etabliert – das ist beispielhaft. » Nächsten Sommer feiert die IBA während hundert Tagen ihr Abschlussjahr. Als sichtbares Zeichen wäre die Neue Rheinbrücke diesem fraglos gut angestanden. Das Klybeck-Areal: Perlen und Milliarden Während 3Land ein Mehrgenerationenprojekt ist, könnte es auf dem Klybeck-Areal sehr bald sehr schnell gehen. 2016 haben Novartis und BASF mit dem Kanton eine kooperative Arealentwicklung in sechs Schritten vereinbart und mit Diener & Diener, Hans Kollhoff, OMA und Albert Speer zügig eine Testplanung durchgeführt. Danach aber beschlossen sie, das Marktpotenzial auszuloten. Nach Phase eins herrschte darum anderthalb Jahre Stillstand. Diesen Sommer wurde bekannt, dass Swiss Life und Central Real Estate – ein Konglomerat, zu dem die Baloise Versicherung, die Zuger Pensionskasse und eine Anlagestiftung der Credit Suisse zählen – das Areal übernehmen. Für etwa eine Milliarde Franken, wie man munkelt. Die unter « Anlagenotstand » leidenden Investoren dürften nicht nur viel Geld investieren wollen, sondern aufgrund der bezahlten Landpreise auch müssen. Die Testplanung basiert auf einer Ausnützung von 3,0. Milchbüchleinrechnend darf man davon ausgehen, dass auf dem Areal in den nächsten zwanzig Jahren gegen drei Milliarden Franken investiert werden. Der Syntheseplan legt dafür eine robuste Grundlage: Die höchste Dichte platziert sie im Südwesten zur Stadt und zum Rhein hin. Am Klybeckplatz, dem Herz mit S-Bahn-Station, kommen die wichtigsten Stras­sen zusammen. Eine neue Tramlinie führt auf einer wieder belebten historischen Achse entlang eines dichten Arbeitsgebiets zum Uferpark Wiese. Der Horburgpark könnte erweitert werden. So viel Arbeit für das eigentlich Offensichtliche ? So naheliegend scheint das Resultat von vier internationalen Planerteams und vier partizipativen Begleitveranstaltungen. So hundskommun, findet der Verein ‹ Zukunft Klybeck ›. Er wünscht sich ein Autoverbot, Kanäle und Hängebrücken zwischen →

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Verlassene Hallen und Gewerbebauten am Klybeckplatz. In zwanzig Jahren könnten hier Hochhäuser über einer unterirdischen S-Bahn-Station stehen.

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→ Hochhäusern und sammelt Unterschriften für 50 Prozent gemeinnützigen Wohnanteil. Der Wunsch nach Ambition und Wagemut ist verständlich, denn das Klybeck-Areal ist kein beliebiges Immorado. 1864 entstand hier jene Keimzelle rund um die Teerfarbenproduktion, die via Ciba, Geigy und Sandoz 1996 im Novartis-Konzern mündete und wo der Chemiker Albert Hofmann 1943 im Eigenversuch den ersten LSD-Trip der Geschichte erlebte. Mehr als 150 Jahre Industriegeschichte haben ihre Spuren hinterlassen – im Westen die weis­se Backsteinstadt, im Osten die rote. Beiderorts gibt es markante Bestandesbauten, die schweizweit ihresgleichen suchen. Für den Charakter des werdenden Stadtteils sind sie eine Steilvorlage, für überraschende Wohnformen und Nutzungen sind sie eine Chance. Die Kontaminationen und der im Innern oft schlechte Zustand sind eine echte Herausforderung. Die Perlen abzuräumen, wäre aber allzu plump. Der Norden: Jahrhundertchance und offene Fragen Mit dreissig Hektar ist das Klybeck-Areal der PostPanamax-Tanker unter den Basler Arealen – anderthalbmal grös­s er als das Sulzer-Areal in Winterthur und so gross wie die Zürcher Areale Maag und Escher-Wyss zusammen. Gemeinsam mit dem rund zwanzig Hektar gros­ sen Hafenareal soll die Entwicklung im Basler Norden zwei Drittel des Wachstums aufnehmen, das der Kanton bis 2035 anpeilt. Vom 3Land-Potenzial ganz zu schweigen. Die Jahrhundertchance wirft auch Fragen auf: Welche Ge­fah­ren für die Durchmischung liegen darin, dass das Klybeck-Areal nur wenigen Grossinvestoren gehört ? Nutzt die Politik ihre Kraft in einer Phase guter Konjunktur, um ausreichend Bestand und Freiräume, Schulen und Kindergärten zu sichern ? Genügen neue Tramlinien, bis das Herzstück die unterirdische S-Bahn-Station Klybeck bringt ? Scheitern Gewerbeflächen und belebte Erdgeschosse an aktuellen Marktrealitäten und mangelndem Erfindergeist ? Wie flankiert der Kanton die Entwicklung für die 10 000 Menschen in Kleinhüningen und Klybeck, die oft zum ökonomisch schwächeren Rand der Gesellschaft gehören und um die herum all das passiert ? Und wird der neue Stadtteil klimafit ? Auf den Quais hat der Kanton die Dinge selbst in der Hand, schliesslich gehört ihm das meiste Land. Die zwischengenutzten Flächen auf dem Klybeckquai warten darauf, dass weitere Baurechte auslaufen. Auf dem Westquai ist es ab 2029 so weit, und auch hier untersuchen der Kanton, die Logistiker und die Denkmalpflege bereits, wie sich die Schiffsanlegeplätze neu ordnen und wo sich die Getreidesilos unterbringen lassen. Eine Nutzungsstudie und ein kooperativer Entwurf sollen die Quai-Konzepte aus der ‹ Rheinhattan ›-Zeit auf den neusten Stand bringen. Pläne über Pläne Derweil blickt der stählerne Hafenkran stoisch auf den Rhein. Gut möglich, dass er dereinst zur Bar wird, mit einer Buvette und dem Partyschiff ‹ Nordstern › nebenan. Gut möglich, dass die Hafenbahn noch eine Weile in den Morgenstunden lärmt und die Mieter der angrenzenden Genossenschaftshäuser weiterhin Sprüche auf die Fassade schreiben wie: « Die Häuser denen, die drin wohnen. » Gut möglich, dass noch manch überraschende Wendung kommt. Blickt man vom Bernoulli-Silo auf das Quartier Kleinhüningen, in dem die alte Kirche des einstigen Fischerdorfs und ein paar niedliche Wohnhäuser mit den gewaltigen Hafenbauten und Infrastrukturen ein wunderbar grossstädtisches Durcheinander bilden, wünscht man sich weniger Pläne, Synthesen und Gremien. Lieber etwas mehr Wilder Westen. Excusez: Wilder Norden.

« Bahnhofsverlagerung, Becken und Terminal gehören zusammen » « S eit mehr als einem Jahrzehnt ringt Basel um eine koordinierte Entwicklung von Hafenwirtschaft und Stadt. Das neue Hafenbecken mit kombiniertem Terminal für Schiff, Bahn und Strasse entspricht dabei nationalen Zielen. Es geht um Versorgungssicherheit und einen LKW-armen Güterverkehr von Rotterdam nach Genua. Becken und Terminal politisch zu trennen, ist taktisch nachvollziehbar. Doch die Verlagerung der Hafenbahn aufzuschieben, die Zäsur also nicht gemeinsam mit der neuen Hafenanlage anzupacken, ist gefährlich. Sollte die Bahn zurückbleiben, wird sie die Entwicklung von Kleinhüningen und Klybeck noch lange hemmen. Für diese Quartiere ist der Zugang zum Rhein essenziell. »  Rainer Klostermann ( * 1958 ) führt das Atelier Feddersen & Klostermann in Zürich. Seit 2006 war er an verschiedenen Planungen im Hafengebiet und auf dem Klybeck-Areal beteiligt.

« Lassen sich Engagierte und Kapitalgeber verheiraten ? » « Zurzeit gibt es in Basel mehrere Dutzend Zwischennutzungen. Als grosse Freiflächen sind jene am Hafen einzigartig und vor allem wochenends sehr beliebt. Welchen Wert hat das für die Stadt ? Ich glaube, dass es immer neue Brachen geben wird, dennoch frage ich mich, wie wir in die Zukunft tragen können, was bei Zwischennutzungen entsteht. Sollten wir nicht Initialnutzungen etablieren, die zur permanenten Bereicherung werden ? Die Investoren kämpfen doch stets um Aktivität auf den Arealen. Spannend wäre es, Win-win-Situationen zu schaffen: die sozio­ kulturell Engagierten und die Investoren mit langfristigen Perspektiven zu verheiraten, um nach gemeinsamen Spielregeln zu wirken. »  David Herrmann ( * 1983 ) leitet den Verein ‹ I_LAND ›, einen Zusammenschluss am nördlichen Klybeckquai. Ausserdem entwirft er Nutzungskonzepte für lebendige Stadtquartiere.

« In zehn bis fünfzehn Jahren könnte ein neues Quartier stehen » « Wir rechnen mit einem Bauvolumen von rund anderthalb Milliarden Franken auf unserem Teil des Klybeck-Areals. Den Grossteil der Fläche wollen wir behalten und selbst entwickeln. Wichtiger als viele Eigentümer ist, dass verschiedene Planer wirken. Die Grösse und der Zeit­hori­zont erlauben das: Bis Ende 2020 wollen wir Stras­sen und Freiräume, die Topografie der Bau­masse, die Lage von Schulen und Kindergärten sowie sämtliche Nutzungen bestimmen. Ein lebendiger Stadtteil braucht genügend Gewerbeflächen, aktive Erdgeschosse – und preisgünstige Wohnungen. Das Drittel, auf das der Kanton im Richtplan zielt, ist eine realistische Vorgabe. Nun gilt es, mit der Öffentlichkeit, den Genossenschaften und Vereinen einen Konsens zu finden. Wir wollen ein breit abgestütztes Projekt entwickeln und die Bewilligungsprozesse effizient gestalten, sodass wir ab 2021 in sinnvollen Etappen bauen können. In zehn bis fünfzehn Jahren könnte ein neues Quartier stehen und leben. Eine Planungswüste dient niemandem. »  Renato Piffaretti ( * 1967 ) leitet seit 2017 die Schweizer Immobilienabteilung von Swiss Life. Im Juli 2019 hat diese auf dem Klybeck-Areal sämtliche Flächen und Planungspflichten des Chemiekonzerns BASF übernommen.

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Seit 2007 verbindet die Dreiländerbrücke das französische Hüningen mit dem deutschen Weil am Rhein. Folgt bald der franko-helvetische Brückenschlag ?

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Astrid Heymann ( * 1969 ) ist seit 2016 Direktorin von Liegenschaften Stadt Zürich, die Landreserven und Baurechtsverträge, rund 9200 stadteigene Wohnungen und 1000 Gewerbe­ flächen bewirtschaftet. Da­vor bewirtschaftete die Architektin und Immobili­ en­fachfrau bei einer An­ lagestiftung die Pensionskassengelder und war als Präsidentin der Zür­cher Wohnbaugenossenschaft Kalkbreite tätig.

Lukas Ott ( * 1966 ) leitet seit 2017 die Abteilung für Kantons- und Stadtentwicklung von Basel-Stadt, zu der die Fachstellen ‹ Wohnraumentwicklung ›, ‹ Stadtteilentwicklung ›, ‹ Diversität und Integration › sowie ‹ Grundlagen und Strategien › gehören. Davor war der Soziologe Stadtrat und halbamtlicher Stadt­präsident von Liestal und führte ein eigenes Büro für Politikforschung und Kommunikation.

« B ezahlbarer Wohnraum für alle » In Basel und Zürich steigen die Mietpreise. Das macht die Wohnfrage zum umkämpften Politikum. Ein Gespräch über Möglichkeiten und Grenzen städtischer Interventionen. Interview: Gabriela Neuhaus

Die Leerwohnungsbestände in Zürich und Basel betragen 0,14 und 1,0 Prozent. Trotz steigender Mieten bleibt städtischer Wohnraum äusserst begehrt. Weshalb greift die öffentliche Hand in diesen Markt ein ? Astrid Heymann: Die Nachfrage nach Wohnungen im höher­ preisigen Segment führt zu Verdrängung und sozialen Um­ wälzungen. Wohnen in der Stadt muss aber für eine breite Bevölkerung bezahlbar sein, nicht nur für die Besserver­ dienenden, die der attraktive Wirtschaftsstandort anzieht. Die Stadt muss Wohnraum für alle bieten. Lukas Ott:  Nebst der Verantwortung, auch für Geringverdie­ nende Wohnraum zu schaffen, sehe ich folgende Wechsel­ beziehung: Die Aufwertung, die wir in den Städten gezielt gesucht haben, stärkt eine urbane Mittelschicht. Diese hat den Anspruch, dass die Aufwertung, von der sie profi­ tiert, ohne Verdrängung erfolgt. Wie bringt man das unter einen Hut ? Astrid Heymann: In Zürich fokussiert sich die Diskussion heute fast ausschliesslich auf den gemeinnützigen Woh­ nungsbau, also auf kommunale und genossenschaftliche Bauträger sowie auf städtische Stiftungen. Die Gemeinde­ ordnung verlangt, dass bis 2050 ein Drittel aller Wohnun­ gen gemeinnützig sind. Damit sichert man eine Durch­ mischung, weil es für diese Wohnungen Vergaberegeln gibt. Die restlichen knapp 70 Prozent des Wohnungsbe­ stands sind davon aber nicht betroffen. Dort kommt es teilweise zu gros­sen Umwälzungen und einer Entmischung infolge von Neu- und Ersatzneubauten. Lukas Ott: Zürich ist für uns ein Vorbild, weil ihr schon länger gezielt auf gemeinnützige Wohnbauträger achtet. Nebst der Förderung von Wohnbaugenossenschaften

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­ ietet ihr im eigenen Portfolio im grossen Stil Wohnungen b für Geringverdienende an und habt eine Stiftung für be­ zahlbaren Wohn- und Gewerberaum geäufnet. Auch in Ba­ sel brauchen wir künftig all diese Standbeine. Unser Ziel ist angesichts des späteren Einstiegs bescheidener: Bis 2050 soll ein Viertel aller Wohnungen gemeinnützig sein. Was kann man neben der Förderung von Genossenschaften sonst noch tun ? Lukas Ott:  In Basel haben wir in den letzten zwanzig Jahren vor allem auf Subjektförderung als wohnungspolitisches Instrument gesetzt: Bedürftige wurden direkt mit Wohn­ geld unterstützt, etwa in Form von Familien-Mietzinsbei­ trägen. Wenn die Mieten steigen, wird aber auch die Sub­ jekthilfe teurer. Deshalb gewinnt die Objektförderung, wie Zürich sie praktiziert, auch bei uns wieder an Bedeutung. Astrid Heymann: In Zürich erhalten Sozialhilfebezüger die Wohnkosten ebenfalls erstattet, was aber wiederum zu anderen Verwerfungen auf dem Wohnungsmarkt führen kann, weil die Beiträge nicht an eine Mindestgrösse oder einen bestimmten Standard der Wohnung geknüpft sind. Wenn sich die Situation auf dem Wohnungsmarkt weiter verschärft, worauf vieles hindeutet, dürften wir auch bei uns neue Formen der Subjektförderung diskutieren. Lukas Ott:  Es braucht sowohl Objektförderung als auch Sub­ jekthilfe. Wenn wir in unseren Städten Aufwertung ohne Verdrängung wollen, müssen wir bei steigender Wohnkos­ tenbelastung bezahlbaren Wohnraum für alle anbieten – nicht nur für die schwächsten Haushalte. Astrid Heymann:  Viele kommen ohne Sozialhilfe aus – solan­ ge sie günstig wohnen. Erst wenn die Miete steigt, brau­ chen sie Unterstützung. Es ist allerdings fraglich, ob wir das angestrebte Drittel an preisgünstigem Wohnraum in Zürich je erreichen: Je mehr die Privaten bauen, desto schneller müssen wir und andere Gemeinnützige hinter­ herbauen. Die Ressourcen der Stadt sind jedoch stark

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­begrenzt. Vermutlich werden wir die städtischen Landre­ serven in Zukunft mehrheitlich für Infrastrukturbauten wie Schulen nutzen müssen und nur wenige grossflächige Re­ serven für neue Wohnungen zur Verfügung stellen können. Lukas Ott: In Basel sind wir in der glücklichen Lage, dass wir in der Kernstadt sechs Transformationsareale von insgesamt 113 Hektar haben. Diese können wir einsetzen, um unsere Ziele in den Bereichen Wohnen und Arbeiten zu erreichen. Angesichts des Aufholbedarfs beim Wohn­ raum gilt es, mit einem zusätzlichen Angebot eine dämp­ fende Wirkung auf dem Wohnungsmarkt und bei der Miet­ zinsentwicklung zu erreichen. Welche Instrumente stehen zur Verfügung, um diese Ziele zu erreichen ? Astrid Heymann: Die Stadt kann immer dann Einfluss neh­ men, wenn ein Projekt auf städtischem Bauland entsteht. In Zürich gilt bei neuen und neu verhandelten Baurechts­ verträgen seit drei Jahren, dass ein Drittel der Wohnungen subventioniert sein muss. Die Genossenschaften haben daran keine Freude. Aber zurzeit ist es das probate Mittel, um die Durchmischung zu sichern. Erschwerend kommt hinzu, dass die Auflagen für Bauprojekte laufend zuneh­ men. Ein Beispiel: Wer Ausnützungsreserven oder einen Arealbonus konsumieren will, muss künftig als Mehr­ wertausgleich preisgünstigen Wohnraum erstellen. Das ist sinnvoll und politisch gewollt, aber irgendwann kippt es, und dann sagen die Investoren: ohne mich. Lukas Ott: Deshalb müssen wir sowohl für den gemeinnüt­ zigen wie für den privatwirtschaftlichen Wohnungsbau gute Rahmenbedingungen und Anreize für preisgünstige Wohnungen schaffen. In Basel diskutieren wir derzeit über die Schaffung eines Solidarfonds, der geringverdienenden Haushalten hilft, Anteilscheine für Genossenschaftswoh­ nungen zu erwerben. Astrid Heymann:  Die Stadt Zürich gibt ihr Bauland zu einem Richtwert ab, der 14 bis 18 Prozent der Erstellungskosten beträgt. Das ist sensationell wenig und somit ein Anreiz, der uns zu Forderungen berechtigt. Lukas Ott: Seit Jahrzehnten setzt Basel-Stadt auf das part­ nerschaftliche Baurechtsmodell, das zwischen den In­te­ res­sen von Baurechtgeber und -nehmer vermittelt. Zudem werden wir in den Planungsvereinbarungen für die Areale mindestens ein Drittel preisgünstigen Wohnraum verlan­ gen. Damit nehmen wir alle Bauträger in die Pflicht.

Astrid Heymann:  Es gibt auch einen bautechnischen Bereich,

der die Kosten treibt, aber kaum thematisiert wird: Wie technisiert müssen Wohnungen sein ? Was gehört zum Standard ? Die Beantwortung dieser Fragen bleibt bei Neu­ bauten wie bei Sanierungen eine Herausforderung. Wie lassen sich Preissteigerungen beim Bestand verhindern oder bremsen ? Lukas Ott: Wie andere Städte sind wir – nebst der gros­sen Nachfrage von Zuzügern – mit einem hohen Anlagedruck der Hauseigentümer konfrontiert. Aufgrund der hohen Li­ quidität werden viele bestehende Liegenschaften zu früh oder auf zu hohem Niveau saniert – weshalb die Mietzinse munter weiter steigen. Astrid Heymann:  Genf und die Waadt verlangen nach Sanie­ rungen während fünf Jahren eine Mietzinsdeckelung. In Zürich ist das noch kein Thema. An die Privaten können wir nur über Informationen und Appelle herantreten. Lukas Ott:  Trotz der Deckelung nach Sanierungen verzeich­ net Genf schweizweit die höchsten Mietzinssteigerungen. Diese Fehlentwicklung beruht auf zu wenig Neubau und darauf, dass der gesamte Wohnungsbestand reguliert wird. Deshalb werden wir uns in Basel bei der künftigen Mietzinskontrolle und -deckelung auf die preisgünstigen Wohnungen beschränken, um gezielt in diesem Segment verfrühte und luxuriöse Sanierungen zu verhindern. Zusammengefasst: Auf dem eigenen Land, im eigenen Portfolio engagieren die Städte sich für kostengünstige Mietobjekte – private Investoren hingegen haben weitgehend freie Hand ? Lukas Ott: Jein. Es ist immer einfacher, im eigenen Zustän­ digkeitsbereich Ziele umzusetzen. Wollen wir bezahlba­ ren Wohnraum für alle, müssen wir die Privatwirtschaft mit ins Boot holen. Wir versuchen, unsere Vorgaben gut auszutarieren. Die Investoren können mit klaren, wenn auch strengen Vorgaben leben. Astrid Heymann: Wenn vom Wohnungsmarkt die Rede ist, spricht man rasch und viel über die institutionellen, gros­ sen Anleger, die mehrheitlich renditeorientiert arbeiten. 60 Prozent des Wohnungsbestands gehören jedoch Pri­ vaten. Viele von ihnen haben ein Interesse daran, dass die Stadt sich für alle entwickelt. Sobald wir uns aber in den wirklich tiefpreisigen Segmenten bewegen, wird es schwierig – sie werden an die Ränder verdrängt. Sich ih­ nen zu widmen, ist eine kommunale Aufgabe.

Vier Wohninitiativen angenommen Im Sommer 2018 nahm das Basler Stimmvolk vier Initi­ ativen zum Thema Wohnen an. Drei davon lancierte der Mieterverband Basel, die Verfassungsinitiative ‹ Recht auf Wohnen › stammte von der Initiative Netzwerk Wohnen. Die beiden Gesetzesinitiativen ‹ Mieterschutz beim Einzug › sowie ‹ Mieterschutz am Gericht › sind bereits um­ gesetzt: Seit dem 1. November 2018 müssen Neumietende per Formular informiert werden, wenn es bei ihrer Woh­ nung Mietzinserhöhungen gibt. Tiefere Gerichtsgebühren bei Mietstreitigkeiten und der Verzicht auf Parteienent­ schädigung sollen zudem das Kostenrisiko für Mietende vor Gericht senken. Die ‹ Wohnschutzinitiative › verlangt Mietzinskontrollen und eine Bewilligungspflicht für sämt­ liche Sanierungen, Umbauten und Renovationen, sobald

der Leerwohnungsbestand unter 1,5 Prozent liegt. Ähnli­ che Gesetze kennen die Kantone Genf und Waadt. Der Um­ setzungsvorschlag der Basler Regierung geht weniger weit: Er schlägt vor, die Mietzinse bei Sanierungen, Umbauten oder Abbrüchen bloss bei preisgünstigen Wohnungen zu kontrollieren. Eine paritätische Kommission für Mietwohn­ raum soll beurteilen, was als preisgünstiger Wohnraum gilt und wie hoch Mietzinsaufschläge maximal sein dürfen. Die Initiative ‹ Recht auf Wohnen › spricht jeder Ein­ wohnerin das Recht auf eine Wohnung zu, die nicht teurer ist als ein Drittel des Haushaltseinkommens. Zur Umset­ zung schlägt der Regierungsrat mehrere Massnahmen vor, darunter eine öffentlich-rechtliche Wohnbaustiftung, ein vereinfachtes Genehmigungsverfahren für preisgünstigen Wohnungsbau, einen Zielwert für subventionierte oder vergünstigte Wohnungen der öffentlichen Hand oder von Wohnbaugenossenschaften sowie die Definition subven­ tionierter Wohnungen.

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Ein Herzstück, drei Implantate Der Bahnhof SBB strapaziert die Nerven von Nutzern, Anwohnerinnen und Betreibern. Ein Netzumbau und mehrere Arealentwicklungen versprechen Besserung. Text: Deborah Fehlmann

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Herzog & de Meuron verweilen seit diesem Sommer Pend­ lerinnen, spielen Kinder am Brunnen und treffen sich An­ wohner zum Kaffee. Dass die Einheimischen den Ort auf Anhieb angenommen haben, bestätigt Beatrice Isler, die Die Ankunft in Basel bleibt Bahnreisenden verwirrend in sich seit Jahrzehnten in Quartierarbeit und Politik enga­ Erinnerung. Auf das Gleisfeld mit Aussicht auf Gebäude­ giert. Die Ur-Gundeldingerin lobt den neuen Stadtraum, rückseiten folgt der Tiefgaragencharme unter dem Postrei­ kritisiert aber: « Die SBB vermarkten den Platz als Ge­ tergebäude, bevor der Zug das Perron erreicht. Ist der Weg schenk, das die Öffentlichkeit frei bespielen kann. Tat­ durch die Bahnhofshalle und das Gewusel des Central­ sächlich verlangen sie aber Miete. » Mit der ‹ Neuen Gruppe bahnplatzes geschafft, liegt noch die breite Nauen­stras­se Bahnhof › vertritt Isler die Anliegen der Bevölkerung rund zwischen Fussgängern und Elisabethenanlage. Hier sitzen um den Bahnhof. So forderten die Gundeldinger seit jeher Studentinnen im Café und ältere Herren mit Bierdosen eine bessere Fuss- und Veloverbindung über die Gleise. auf der Bank. Dass der schnellste Weg ins Stadtzentrum quer durch den Park führt, erschliesst sich Ortsfremden Alte Probleme und neue Chancen nur bedingt. Nebenan lärmen Baumaschinen. Zwischen Die vertrackte Situation hat eine lange Geschichte: Aeschengraben und Nauenstrasse baut die Baloise ein Als die Arbeiter 1859 den ersten Basler Centralbahnhof ganzes Geviert neu. Ein fast neunzig Meter hoher Büro- bauten, verlegten sie die Gleise nach Saint-Louis und über und Hotelturm wird den Höhepunkt des Ensembles bilden. den Rhein zum Badischen Bahnhof, der damals auf der Entworfen haben ihn, wie auch den Masterplan des Areals, grünen Wiese stand. Der heutige Bahnhof SBB lag südlich die Basler Architekten Miller & Maranta. Zusammen mit der Stadtmauern. Als diese verschwanden, entstand der weiteren Bauten von Diener & Diener und Valerio Olgiati Aeschengraben als städtische Achse mit dem Cen­tral­ wird das Hochhaus einen Platz zur Stras­se fassen. Damit bahn­platz als Auftakt. Schon bald wuchs südlich davon erhält der Aeschengraben einen städtebaulichen Auftakt. das Arbeiterquartier Gundeldingen. Den östlich angren­ Auch südlich der Gleise empfängt das Gundeli, wie zenden Dreispitz erschloss man über einen Gleisbogen die Bewohner ihr Quartier Gundeldingen liebevoll nennen, und nutzte ihn als Materiallagerplatz. Der Güterverkehr die Reisenden mit einer neuen Landmarke. Auf dem Meret- wurde noch weiter ostwärts verlagert, auf den Wolf. Mit­ Oppenheim-Platz vor dem gleichnamigen Hochhaus von te des 20. Jahrhunderts hatte sich die Bebauung dicht →

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Ankunft in Basel: Der Centralbahnplatz ist mehr Knoten als Platz. Im Hintergrund wachsen die Neubauten des Baloise Parks. Themenheft von Hochparterre, November 2019 —  113 Hektar Chancenland — Ein Herzstück, drei Implantate

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Nordspitze Dreispitz Städtebaulicher Wettbewerb 2017, Bebauungsplan 2021, Baubeginn offen Eigentümerin:  Christoph Merian Stiftung, Basel ; Migros Basel Planer:  Herzog & de Meuron, Basel ( Architektur ) ; Michel Desvigne, Paris ( Landschaft ) ; ZPF Ingenieure, Basel ( Baustatik ) ; Basler & Hofmann West, Basel ( Nachhaltigkeit ) ; Rapp Trans, Basel ( Verkehr ) ; Odinga Picenoni Hagen, Zürich ( Wirtschaftlichkeit )

Perimeter:  59 000 m² Bruttogeschossfläche Projekt:  185 000 m² ( inkl. Bestand, exkl. Parking ) Ausnützungsziffer: 3,2 Nutzung:  Wohnen 47 %, Einkaufszentrum 22 %, Büro / Dienstleistung 16 %, Bildung / Freizeit / Gastro /  Kultur 13 %, Gewerbe 2 %

Wolf Städtebaulicher Studienauftrag 2017, Richtprojekt und städtebauliches Konzept 2018, Bebauungsplan in Arbeit, Baubeginn 2024 Eigentümerin: SBB Planer Richtprojekt:  Christ & Gantenbein, Basel mit EM2N Architekten, Zürich ; Maurus Schifferli, Landschaftsarchitekt, Bern ; Cabane Partner, Basel ; ewp, Effretikon Perimeter:  167 000 m²

Bruttogeschossfläche:  182 000 m² Ausnützungsziffer: 1,09 Nutzung:  Wohnen 40 %, Gewerbe / Logistik 34 %, Büro / Dienstleistung 20 %, öffentliche Einrichtungen /  Verkauf / Gastronomie 6 %, Umschlagplatz / Freiverlad bestehend

Am Walkeweg Arealentwicklungsstudie 2018, Bebauungsplan zweite Stufe 2020, Bau­ beginn 2022 Eigentümerin: Einwohnergemeinde der Stadt Basel, vertreten durch Immobilien Basel-Stadt ; SBB Immobilien Planer:  Camponovo Baumgartner, Zürich ( Städtebau ) ; extrā Landschaftsarchitekten, Bern ; Edelmann Energieberatung, Thale ( D ) ; Dencity, Burgdorf ( soziale Beratung ) Perimeter:  61 000 m²

Bruttogeschossfläche Projekt:  56 000 m² Ausnützungsziffer: 1,1 Nutzung:  Wohnen 70 % ( vor allem 2½-Zimmer- bis 4½-Zimmer-Wohnungen, Clusterwohnungen ), Primarschule und Kindergarten 13 %, Büro- /  Gewerbeflächen 8 %, Tramdepot 8 %, Werkhof Stadtgärtnerei 1 %

Die Nordspitze bringt dominante Hochhausrotunden und öffentliche Freiräume. Visualisierung: Herzog & de Meuron

Ein Steg verbindet die langgezogene Hofraumfigur des SBB-Areals Wolf mit dem Dreispitz. Fotografie Stadtmodell

Am Walkeweg entsteht eine Gartenstadt im Gleisbogen. Plan: Camponovo Baumgartner

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Der neue Meret-Oppenheim-Platz mit Brunnen und Hochhaus bildet einen grossstädtischen Auftakt in das beschauliche Quartier Gundeldingen.

→ um das Gleisfeld geschlossen, das den Stadtkörper noch heute teilt. Derweil scheinen die Ansprüche an die Bahninfrastruktur und ein qualitätsvoller Städtebau nur schwer vereinbar. Seit 2003 ist die Passerelle zwischen Bahnhofshalle und Meret-Oppenheim-Platz in Betrieb. Im Vergleich zur früheren Unterführung ist sie leistungs­ fähiger und attraktiver, doch zu Stosszeiten schon heute überlastet. Eine zusätzliche Unterführung ist frühestens 2035 fertig. Darum denken die SBB aktuell nicht nur darü­ ber nach, die alte Unterführung zu öffnen, sondern wollen auch eine provisorische zweite Passerelle für Fussgänger bauen. « Die Velofahrer sollen nun wieder Jahre auf eine bessere Anbindung warten », sagt Beatrice Isler. Die ‹ Neue Gruppe Bahnhof › setzt sich dafür ein, dass das Provisori­ um eine Velospur erhält. Was Basel bräuchte, ist ein Befreiungsschlag. 2011 scheiterte die Idee, das Gleisfeld als ‹ CentralParkBasel › zu überdecken, an der Urne. Bessere Chancen hat die ak­ tuelle Studie ‹ Bahnknoten Basel › von den Kantonen beider Basel, den SBB und der Deutschen Bahn. Sie schlägt vor, die städtischen Bahnhöfe mittels Durchmesserlinie zu einem Herzstück zu verbinden und das regionale S-BahnNetz trinational auszubauen. Im Juni hat der Bund den Projektierungskredit bewilligt. Das birgt die Möglichkeit, die Situation um den Bahnhof zu entwirren: Die Planer von Herzog & de Meuron regten an, die Margarethenbrücke

zum städtischen Platz mit Gleis­an­s chluss auszubauen. Damit entstünde nicht nur ein neues Bahnhofsportal, son­ dern auch eine attraktive Verbindung von Gundeldingen über die Heuwaage in die Altstadt. Unabhängig von der Infrastrukturplanung entstehen derzeit am Gleisfeld neue Gelegenheiten, den Gordischen Knoten zu lösen. Beim Bahnhof wollen Post und SBB das Postreitergebäude, das über den Gleisen liegt und im Volks­ mund auch ‹ Rostbalken › genannt wird, umbauen. Das neue Nauentor soll die Gleisquerung mit mehreren Einkaufs-, Dienstleistungs- und Gastronomiegeschossen verbinden, aus denen drei Wohnhochhäuser wachsen. Urbaner Acker Der Spaziergang durch Gundeldingen zum Dreispitz dauert eine Viertelstunde, doch nach einer Querstrasse ist der grossstädtische Empfang vergessen. Das Gründer­ zeitquartier mit dem rechtwinkligen Strassenraster und der homogenen Blockrandbebauung ist städtebaulich eine Welt für sich, geprägt von Kleingewerbe, entspannten Cafés und Kneipen. An der Reinacherstrasse endet diese Idylle abrupt. Wie ein Keil schiebt sich das Dreispitz-Areal von Süden bis ans Gleisfeld. Der Baumarkt und der MPark Dreispitz, die seine Spitze besetzen, haben je die Dimensi­ on eines Gundeldinger Häuserblocks. Der Grund für diesen markanten Bruch: Der Dreispitz ist in Privatbesitz. Nach →

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Heute von Logistik und Infrastruktur geprägt soll der Güterbahnhof Wolf sich in wenigen Jahren in ein lebendiges Stadtquartier verwandeln.

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→ dem Willen von Christoph Merian und seiner Frau gin­ gen die fünfzig Hektar Ackerland, die etwa hälftig in den beiden Basler Halbkantonen liegen, nach deren Tod 1886 in den Besitz der Christoph Merian Stiftung ( CMS ) über. Diese vergibt das Land heute im Baurecht und fördert mit den Erträgen gemeinnützige Projekte in ganz Basel. Um die Jahrtausendwende begann die Stiftung mit der Umstrukturierung des abgeschlossenen Waren- und Zoll­ frei­lagers. Den Anfang machte das Gebiet um den heuti­ gen Freilagerplatz in der Mitte des Dreispitz, wo sich der Vision der CMS folgend Wohnraum, Kreativwirtschaft, Bildungseinrichtungen und Kulturinstitutionen wie das Haus der elektronischen Künste versammeln. Alte Hallen wurden umgenutzt, daneben entstanden Neubauten wie ‹ Helsinki Dreispitz › von Herzog & de Meuron, ‹ Oslo Nord › von ffbk und das Transitlager, das der Däne Bjarke In­ gels umbaute und erweiterte. Derzeit nimmt die CMS die sechs Hektar gros­se Nordspitze in Angriff. Hier plant sie ein gemischtes Stadtquartier mit hohem Wohnanteil, das Gundeldingen und den Dreispitz verbinden soll. 2017 ge­ wannen Herzog & de Meuron den städtebaulichen Wettbe­ werb. Den Auftakt bilden drei zylinderförmige Türme, die das Quartier und die Umgebung dominieren. Eine bebaute Achse mit Büroflächen und Wohnungen über öffentlichen Erdgeschossen führt die Stras­sen­flucht der Gü­ter­stras­se fort. Zen­tra­ler Bestandteil des Projekts sind zwei gros­se Frei­flä­chen. Die nördliche ist eine nach Margaretha Meri­ an benannte Grün­anlage. Die südliche soll als Adele-Dutt­ weiler-Feld zum sozialen Zen­trum des Quartiers werden. Auf dem Dach der Parkgarage ist eine öffentliche Nutzung geplant. Visualisierungen aus dem Wettbewerb zeigen Pflanzenzucht, Kinderbetreuung und Beachvolleyball. Der Entwurf verbindet zwei Hauptanliegen der CMS und der grössten Baurechtsnehmerin auf dem Areal, der Migros Basel: Gemäss der Entwicklungsvereinbarung mit dem Kanton soll das Quartier bei hoher baulicher Dichte ein grosszügiges Freiraumangebot aufweisen. Von die­ sem wird auch Gundeldingen profitieren, dem es zurzeit an öffentlichen Grünflächen mangelt. Über die gros­sen Bauvolumen erhält die CMS im Gegenzug die für ihre För­ dertätigkeit notwendigen Erträge und die Migros genü­ gend Entwicklungsspielraum. Das Bauen in die Höhe ist angesichts der knappen Platzverhältnisse in Basel wohl­ tuend und angemessen. Einige Fragen bleiben spannend: Werden alteingeses­ sene Gundeldinger und zuziehende Dreispitzlerinnen das Adele-Duttweiler-Feld tatsächlich gemeinsam be­ackern ? Wird das Gundeli nicht vielmehr zum Durchgangsquartier zwischen Dreispitz und Bahnhof ? Mit dem Ausbau der Haltestelle Dreispitz im Osten des Areals will der Kanton das verhindern. Der Irène-Zurkinden-Platz mit Einkaufs­ möglichkeiten und Bike & Ride soll als Gegengewicht zum Meret-Oppenheim-Platz im Westen funktionieren. Gartenstadt im Hinterland Die Anbindung des Trams an die S-Bahn existiert be­ reits. Die städtebauliche Qualität des Knotenpunkts Drei­ spitz lässt indes auf sich warten. An der Kreuzung, wo die Wart­e ck Invest bis 2022 ein vierzig Meter hohes Wohnund Geschäftshaus und den Irène-Zurkinden-Platz baut, liegt derzeit eine Brache. Kaum einsehbar erstreckt sich im Bereich des Gleisbogens dahinter das Areal der künfti­ gen Siedlung ‹ Am Walkeweg ›. Im Rahmen zweier Studien­ aufträge wünschte sich der Kanton, der das Land besitzt, hier ein ökologisch nachhaltiges Wohnquartier mit durch­ schnittlichen Mietpreisen. Das Siegerprojekt entwarfen Camponovo Baumgartner Architekten aus Zürich. « Hier ist Niemandsland, und doch kommt vieles zusammen »,

sagt Luca Camponovo. « Ein Friedhof trifft auf eine Dro­ genabgabestelle, daneben liegen Familiengärten und ein Wohnheim für Asylsuchende. » Der eigentümliche Ort fas­ zinierte die Architekten. Ihren Entwurf leiteten sie des­ halb aus seiner Geschichte ab. « D er Gleisbogen prägt die Ausrichtung fast der gesamten umliegenden Bebauung. Mit dieser starken Form wollten wir arbeiten », führt Cam­ ponovo aus. Die künftige Siedlung liegt im Halbrund, die Fläche zwischen Gleisbogen und Walkeweg wird zum Park, das Wegnetz der Familiengärten gibt die Gliederung der Baufelder vor. Um die neue Schule und den mittigen Quar­ tierplatz gruppieren sich flache Zeilenbauten, deren Höhe zum Irène-Zurkinden-Platz ansteigt. Indem ihre aussen­ liegenden Erschliessungen und Vorgärten sich mit dem öffentlichen Raum verweben, verkörpern sie die Idee des bodennahen Wohnens im Grünen. Wie passt die Garten­ stadt-Romantik in die raue Umgebung zwischen Gewerbe und Gleisfeld ? Camponovo sieht den Kontrast positiv: « Das Reihenhaus, wie wir es hier vorschlagen, ist in Basel beliebt, kommt aber selten vor. Soll das Wohnungsange­ bot der Stadt viele Bevölkerungsschichten ansprechen, ist typologische Vielfalt entscheidend. » Hortus conclusus am Gleisfeld Jenseits des Gleismeers arbeiten die SBB auf dem Are­ al des Güterbahnhofs Wolf an einer dritten Vision für ein neues Stück Basel. Den kaum hundert Meter breiten und über einen Kilometer langen Streifen spielen sie dafür frei, wenn der internationale Containerterminal vor­aus­sicht­ lich 2021 ins ‹ Gateway Basel Nord › umziehen wird. Umge­ ben von einem Autobahnzubringer im Norden, Gleisen im Süden und Logistik im Osten ist das Areal vordergründig unwirtlich. « Angesichts der vielen Lärm- und Gefahren­ quellen musste der städtebauliche Studienauftrag zuerst beantworten, ob es sich hier qualitätsvoll leben lässt », sagt SBB-Projektleiter Philippe Marti. Weil kein Entwurf die Jury auf Anhieb überzeugte, synthetisierten zwei Teams ihre Ideen in einem Richtprojekt: Die langgezogene Hof­ raumfigur lieferten Christ & Gantenbein. Der abgeschirm­ te Freiraum ist unverzichtbar, denn die Störfallvorsorge verbietet Aussenräume auf die Gleise. Der Vorschlag, die verschiedenen Funktionen nebeneinander anzuordnen, anstatt sie zu stapeln, stammt von EM2N. Die klar getrenn­ ten Schwerpunkte von Wohnen im Westen und Gewerbe im Osten ermöglichen eine Umsetzung in Etappen. Das historische Dienstgebäude und zwei denkmalge­ schützte Hallen in der Arealmitte bleiben erhalten. Hier ziehen Gastronomiebetriebe und öffentliche Dienstleistun­ gen ein. Mit Taxistation, Velogarage und Fernbusbahnhof werden sie zur Verkehrsdrehscheibe des neuen Stadtteils. In einer der Hallen deutet Philippe Marti auf die Überreste einer Fussgängerbrücke zwischen dem Dachwerk: « Diese Verbindung, die früher zum Dreispitz führte, wollen wir wie­ derbeleben. Sie soll auch die künftige S-Bahn-Haltestelle Wolf im Gleisfeld erschliessen. » Mit der direkten Verbindung über die Gleise rücken die drei städtischen Implantate im Südosten Basels zu­ sammen und dank des neuen S-Bahnhofs Wolf näher ans Zen­trum. Ob die Vernetzung auch in den Köpfen der Be­ wohnerinnen und Bewohner gelingt, wird sich zeigen. Was bedeuten die Veränderungen für die heutige Stadt ? « Na­ türlich bereiten sie manchen Sorgen, beispielsweise sind die Mieten im Quartier bereits gestiegen », sagt Beatrice Isler. « Aber Veränderungen gehören zum Gundeli. Früher war es das Quartier der Arbeiter, heute ist es jenes der Pendler. Hier kommen Menschen aus hundert Ländern, allen Altersgruppen und sozialen Schichten zusammen. Das Quartier wandelt sich und bleibt doch das gleiche. »

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Quartieridylle und Shoppingtempel: Am Dreispitz treffen grossmassstäbliche Gewerbebauten auf die kleinteilige Bebauung von Gundeldingen.

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Julia Selberherr ( * 1986 ) ist seit 2014 Immobilienberaterin bei Wüest Partner, seit 2018 als Director. Davor forschte sie an der ETH Zürich und promovierte auf dem Gebiet des Bau- und Infrastrukturmanagements.

Rolf Borner ( * 1973 ) arbeitet seit 2005 bei Immobilien Basel-Stadt, seit 2015 als deren Geschäftsleiter. Davor forschte er an der ETH Zürich und promovierte auf dem Gebiet der Baubetriebswissenschaften.

« Das Maximum ist nicht das Optimum » Seit zehn Jahren mehrt Basel seinen Landbesitz. Die aktive Boden- und Immobilienpolitik spült nicht nur Millionen in die Staatskasse, sondern stärkt auch die Volkswirtschaft. Interview: Pieter Poldervaart

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2016 nahm das Basler Stimmvolk die ‹ Neue Bodeninitiative › an – ein Paradigmenwechsel ? Rolf Borner:  Nein, im Gegenteil. Die Initiative war ja der ehe­ malige Gegenvorschlag der Regierung. Schon davor kauf­ ten wir mehr Land, als wir verkauften, und gaben Land in der Regel im Baurecht ab. Die Initiative verpflichtet den Kan­ ton nun aber dazu, in Perioden von fünf Jahren nicht weni­ ger Land zu besitzen als zu Beginn der Periode. Aus­ser­dem ist die Grundhaltung – Boden nicht verkaufen, sondern im Baurecht abgeben – nun gesetzlich festgeschrieben. Die Abgabe im Baurecht verstehe ich dabei als atmendes Ge­ fäss: Wir kaufen ein Areal, entwickeln es von Grund auf und können etwa die Hälfte für Stras­s en, Grünflächen, Schulen oder Kindergärten nutzen. Den Rest geben wir im Baurecht ab. Die öffentlichen Bedürfnisse kommen zuerst. Liegt eine solche aktive Bodenpolitik im Trend ? Julia Selberherr: Die öffentliche Hand versucht stets, die räumliche Entwicklung zu lenken – mit Planungsinstru­ menten, finanziellen Anreizen und Abgaben und eben auch mit dem Kauf von Boden und Immobilien. In Zeiten der Innenentwicklung hat Letzteres eine gewisse Logik und Dringlichkeit. Derzeit betreiben zahlreiche Gemein­ den eine aktive Bodenpolitik, um beispielsweise verdich­

tetes oder preisgünstiges Bauen zu fördern oder Unterneh­ men anzuziehen. Der Kanton Freiburg hat sich kürzlich mit einem Gesetz profiliert, das ihn beauftragt, Grundstücke zu erwerben, zu entwickeln und an das Gewerbe abzugeben. Im Ausland beobachten wir Ähnliches: In den USA kaufen eigens gegründete Land Trusts ökologisch schützenswerte Flächen, um sie vor der Besiedelung zu bewahren. In Hong­ kong gibt der Staat Boden ausschliesslich im Baurecht ab. Rolf Borner: In Deutschland sieht man, welche Probleme entstehen, wenn solche Dinge nicht möglich sind. Nach der Wiedervereinigung waren viele Gemeinden finanziell am Anschlag und mussten ihr Tafelsilber veräussern. Heu­ te können sie keine Genossenschaften fördern, indem sie Boden im Baurecht abgeben, weil sie schlicht keinen mehr besitzen. Darum diskutiert Berlin nun über Enteignungen und hat einen Mietdeckel verfügt. Von 2016 bis Ende 2018 kaufte Basel netto 93 000 Qua­drat­meter Fläche und verkaufte bloss 7000 Quadratmeter. Hat sich dieses Vorgehen finanziell gelohnt ? Rolf Borner: Tatsächlich ist unser Immobilienportfolio im Finanzvermögen dadurch um 660 Millionen Franken ge­ wachsen, und wir generieren jährlich Mieteinnahmen von 87 Millionen Franken sowie Einnahmen aus Baurechtszin­ sen von 43 Millionen Franken. Der Grund für die Zukäufe – insbesondere auf den Arealen Rosental, Lysbüchel und Syngenta – ist aber nicht Gewinnstreben. Durchmischte

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und gut ausgenutzte Areale sind für die Volkswirtschaft als Ganzes sinnvoll. Deshalb verfolgen wir vorab zwei ­Ziele: Erstens unterstützen wir aktiv Firmen, die nach Ba­ sel kommen oder expandieren wollen. Das bringt Arbeits­ plätze und damit Steuerzahler. Zweitens fördern wir den preisgünstigen Wohnungsbau, indem wir selbst bauen oder Land an Genossenschaften abgeben. Dabei kommt seit 2010 der ‹ Partnerschaftliche Baurechtsvertrag Plus › zum Zug. Dieser staffelt den Baurechtszins über die Zeit: Während der ersten vier Jahre beträgt er 50 Prozent des vereinbarten Baurechtszinses, in den darauffolgenden vier Jahren 75 Prozent und danach 100 Prozent. So können Genossenschaften Neubauten von Anfang an mit günsti­ gen Mietzinsen erstellen, bis das System der Gemeinnüt­ zigkeit – keine Gewinnabschöpfung – nach einigen Jahren seine Wirkung auf die Mietzinse entfalten kann. Trotzdem ist der Bodenkauf nicht nur in Basel eine Goldgrube, oder ? Julia Selberherr: Angesichts der steigenden Bodenpreise in den letzten Jahren lohnt sich der Kauf tatsächlich immer. Relevanter ist aber, dass Blockaden von Privaten des Öf­ teren sinnvolle Arealentwicklungen verhindern. Hier hat die öffentliche Hand die Möglichkeit, durch den Kauf eine neue Nutzung anzustossen. Ohnehin ist das Maximum nicht immer das Optimum. Das Klybeck-Areal etwa, das kürzlich zum Verkauf stand, ist mit einem relativ gros­sen Altlastenrisiko behaftet. Weil der Kanton mit den akquirier­ ten Arealen bereits über viele Flächen verfügt, die er für verschiedene Bedürfnisse freispielen kann, war es richtig, hier einen Kauf nicht mit allen Mitteln anzustreben. Rolf Borner:  Es geht ja nicht darum, die anderen Player aus dem Markt zu drängen. Nachdem wir ein Kaufangebot für den Arealteil der Novartis geprüft hatten, kamen wir zum Schluss, darauf zu verzichten. In den letzten Jahren haben wir bereits Stück für Stück das unmittelbar anschliessen­ de Klybeckquai gekauft, das uns ebenfalls Spielraum für neue Entwicklungen im Klybeck gibt. Für uns als Entwick­ ler war die kritische Grösse erreicht. Eine aktive Bodenpolitik birgt also auch Risiken ? Julia Selberherr: Selbstverständlich. Im Grunde handelt es sich um klassische Entwicklerrisiken, schliesslich steht die öffentliche Hand beim Landerwerb im Wettbewerb mit der privaten Immobilienwirtschaft. Will sie eine ak­ tive Bodenpolitik betreiben, muss sie sich entsprechen­ de Kompetenzen und Kapazitäten erarbeiten. Gerade kleinere Gemeinden sind da schnell überfordert. Im Üb­ rigen geht es auch um politische Risiken: Neue Areale in öffentlichem Besitz ziehen das Interesse der Bevölke­ rung auf sich. Erscheinen der Kauf oder die Entwicklung intransparent, führt das rasch zu Opposition. Mangelt es an Mitsprachemöglichkeiten, landet man schnell in einer Blockade. Dann lähmen konträre Interessen der Anwoh­ nerschaft eine sinnvolle Entwicklung. Rolf Borner: Eine erfolgreiche Partizipation ist für alle Be­ teiligten anspruchsvoll. Die Allgemeinheit per se existiert nicht, sie ist die Summe der Individuen, deren Wünsche sich häufig widersprechen. Nur wenn der Spielraum des Wünschbaren von Anfang an klar ist, lassen sich Frustrati­ onen vermeiden. Aber ich gebe zu, dass wir diesbezüglich noch immer dazulernen. Der Kanton hat sein Portfolio an Baurechtsverträgen über die Jahre auf bis aktuell 700 ausgebaut. Sollte er nicht öfter selbst bauen ? Rolf Borner: Wir versuchen durchaus, als aktive Bauherrin Vorbilder zu schaffen. An der Aescherstrasse haben wir das erste Minergie-A-Eco-Mehrfamilienhaus in Basel ge­ baut. An der Maiengasse gewähren wir einen Mietzinsbo­ nus von 20 Prozent für die Neubauwohnungen – analog zur

Krankenkassenvergünstigung. Dabei gilt das Belegungs­ ziel ‹ Anzahl Personen gleich Zimmerzahl minus eins ›, und bei der Auswahl der Mieter spielt das Einkommen eine Rolle. Die Mieter müssen ihre Belegung jährlich dekla­ rieren und den Bonus neu beantragen. Ein drittes Pro­ jekt, das allerdings noch von Rekursen blockiert ist, sind 150 preisgünstige Wohnungen in Volta Ost, verbunden mit Studentenwohnen, Gewerbenutzungen und Co-Working. Julia Selberherr:  Wenn die öffentliche Hand die nötigen Kom­ petenzen hat, ist es sinnvoll, solche Leuchtturmprojekte zu realisieren. Aber es bringt wenig, die privaten Projekt­ entwickler bewusst zu konkurrenzieren. Vor allem ist das Bauen nicht die Kernaufgabe von Städten und Gemeinden. Die Landabgabe im Baurecht ist eine gute Strategie, um Entwicklungen zu ermöglichen, ohne das Land aus der Hand zu geben. Auch so behält man Mitspracherechte. Das kann freilich zum Hindernis werden, wenn internationale Investoren nichts von solchen Verträgen wissen wollen. Rolf Borner:  Wir kennen das in erster Linie bei Gewerbeflä­ chen. In Aesch Nord, wo wir Boden im Baurecht abgeben, sind gewisse Firmen nicht auf unsere Angebote eingestie­ gen. Objektiv betrachtet ergibt das zwar wenig Sinn, weil Bodenbesitz Kapital bindet, das die Unternehmen anders nutzen könnten. Zum Glück gibt es genügend andere Inte­ ressenten – vor allem im städtischen Bereich. Das Gewerbe beklagt sich häufig, aus der Stadt verdrängt zu werden. Zu Recht ? Rolf Borner:  Flächen für das Gewerbe sind tatsächlich eine schwierige Angelegenheit. Für das ‹ Projekt 215 ›, das wir auf dem Lysbüchel-Areal als Gewerbe- und Kulturhaus planten, interessierte sich bloss ein einziger Gewerbler. Nun wird es zum Kultur-, Freizeit- und Eventhaus. Ein anderes Projekt ist die ‹ Werkarena › neben dem Bell-­Areal, deren Bau noch dieses Jahr beginnt. Das Projekt sieht mehrere Geschosse vor, die wie gewerbliche Erdgeschos­ se funktionieren und sich mit Kleintransportern und Ga­ belstaplern befahren lassen. Das ermöglicht Verdichtung. In den Obergeschossen wollen wir Büro- und Laborflächen stunden-, tage-, wochen- oder monatsweise vermieten. Dazu kommen Sitzungs- und Tagungsräume. Das Interes­ se von KMU, sich einzumieten oder Stockwerkeigentum zu erwerben, ist aber enttäuschend. Gewerbebetriebe schei­ nen kurzfristiger zu investieren als Konzerne: Vielen fällt es schwer, sich heute für eine Liegenschaft zu verpflich­ ten, die erst in drei oder vier Jahren bezugsbereit ist. Julia Selberherr: Das langfristige Commitment ist für viele KMU unmöglich, und schon gar nicht will man sich als An­ kermieter verpflichten. Nochmals schwieriger und kom­ plizierter wird es, wenn mehrere Kleingewerbler beteiligt sind. Es gibt allerdings interessante Ansätze: Auf dem Zürcher Koch-Areal etwa organisiert sich ein Kollektiv von Gewerbetreibenden mit städtischer Unterstützung selbst­ ständig. Diese Art der Einbindung erscheint mir sinnvoll. Rolf Borner:  Für die Evaluation der Idee der ‹ Werkarena › ha­ ben wir in Riehen ein ähnliches Projekt besucht, bei dem drei Gewerbebetriebe die Initiative ergriffen haben und Raum für weitere KMU anbieten. Für uns steht nun im Vor­ dergrund, den Übergang vom Start-up zum kommerziellen Betrieb zu fördern. Im Technologiepark in Kleinhüningen vermietet der Kanton voll eingerichtete Labors und Büros für Start-ups. Damit Firmen, die auf gutem Weg sind und mehr Raum brauchen, nicht ins nahe Ausland oder in die Nachbarkantone abwandern, braucht es Angebote, die auf die Wachstumsphase dieser erfolgreichen Start-ups ausgerichtet sind. Der Kanton könnte selbst ein solches Gebäude erstellen, beispielsweise auf dem Rosental-Are­ al. Gerade aus volkswirtschaftlicher Sicht ist es sinnvoll, dass der Staat sich auch für solche Nischen einsetzt.

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Wandel zum Familienliebling Der Westen von Basel mausert sich vom Arbeiterquartier zum attraktiven Wohngebiet für den Mittelstand und Gutverdiener. Das freut viele, aber längst nicht alle. Text: Samuel Schlaefli

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mit ‹ Volta Mitte › einen schwarzen Bau mit feingliedriger Fassade bei, den manche Baslerinnen als ‹ Darth Vader › verspotten. Gleich daneben bauten Degelo Architekten einen geschwungenen Klinkerbau. Doch anstelle der geHeute lebt es sich gut im St. Johann: Nur wenige hundert planten Anbindung an die Stadt entstand Peripherie mit Meter rheinabwärts des Hauptsitzes von Herzog & de Meu- Wohnraum für Gutverdienende. Die Gewerbeflächen in ron trinken Praktikantinnen in der Buvette Saint L ­ ouis den Erdgeschossen blieben oft leer, und die Betonquader Cappuccino und Weisswein. In der Bäckerei Kult treffen auf dem asphaltierten Vogesenplatz laden bis heute nur sich Hipster, Jungfamilien und gelegentlich auch eine Ma- wenige zum Verweilen ein. lerin oder ein Spengler, um Sauerteigbrot zu kaufen. Im ‹ Volta Bräu › genehmigen sich indische Juristinnen und Von der Industriebrache zum Stadtquartier amerikanische Biomediziner nach der Arbeit ihr Craft-Bier Mit der Aufwertung verschwanden Arbeiterfamilien, mit Apéroplättli, nur wenige Schritte vom Arbeitsplatz ent- Marketingmanager kamen. Angelina Koch vom Stadtteilfernt – dem Novartis Campus, einer für die Öffentlichkeit sekretariat Basel-West sagt: « Viele vermissen heute begeschlossenen Stadt in der Stadt mit der höchsten Dichte zahlbaren Wohnraum im Quartier – auch Familien aus dem an weltbekannten Architekten. Mittelstand. » Es kam zu Protesten, die Schaufenster des Baus von Christ & Gantenbein gingen zu Bruch, AktivisLeben an der Verkehrsader ten sprayten Parolen gegen die Verdrängung auf die FasDas Quartier hat einen erstaunlichen Wandel hinter sade von Herzog & de Meuron. sich: Lange Zeit trieb die Angst vor der ‹ Verslumung › des Nun erhält die Stadt eine zweite Chance: Auf dem LysSt. Johann die Regierung um. Arbeiter aus der Türkei, aus büchel-Areal wächst St. Johann weiter Richtung Frankreich. Sri Lanka, Italien und Ex-Jugoslawien lebten hier günstig Auf knapp zwölf Hektar entsteht ein neues Wohn- und Gein vernachlässigten Häusern. Schwer beladene Lastwa- werbequartier. Als Coop dort sein Ver­teil­zen­trum aufgab, gen und bis zu 20 000 Autos täglich donnerten über die erwarb die Stiftung Habitat 2013 deren Grundstück und Volta­stras­se mitten durchs Quartier. Dann kam die Nord­ verkaufte den nördlichen Teil an den Kanton. Dieser ertan­gen­te. Im Tagebau wurden Tunnel gebohrt ; Bagger und kannte das Potenzial zur Transformation des Quartiers, da Bohrer rissen Anfang der Neunzigerjahre einen Graben gleichzeitig die Baurechts- und Mietverträge der SBB-Pardurch die Stadt. Verlotterte Häuser und Hausbesetzer zellen entlang der Bahnlinie ausliefen. Der Kanton will das verschwanden. « Auch viele Schweizer Familien zogen da- Areal nun gemeinsam mit den SBB und Habitat verdichten mals weg », erinnert sich Beat Aellen, Vorstand des Ver- und Platz für bis zu 3000 Arbeitsplätze und 1900 Bewoheins St. Johannsmarkt und seit mehr als dreissig Jahren nerinnen schaffen. Wohnungen im günstigen bis mittleren im Quartier wohnhaft. « Mein Sohn war einer der wenigen Preissegment sind geplant ; 30 Prozent der Wohnfläche Schweizer in seiner Schule. » Nach vierzehn Jahren Bau- sollen gemeinnützige Wohnbauträger realisieren. stellenlärm wurde die Nord­tan­gen­te 2007 feierlich eröffNoch ist Lysbüchel ein unwirtliches Niemandsland net. Seither verläuft der Verkehr vom Badischen Bahnhof mit Lagerflächen und Schwerverkehr, Schüttgut und Vernach Frankreich grösstenteils unterirdisch. laderampen. Es herrscht Endzeitstimmung: Auf den SBBDie Verkehrsberuhigung ging mit einer Quartierre- Parzellen fressen sich Baggerschaufeln in die Fassaden. paratur einher. Eilig verkaufte der Kanton Land entlang Mittendrin liegt das Abfall- und Re­cy­cling­unter­nehmen der nun ruhigeren Volta­stras­se, um die enorme Lücke der Schmoll. Inhaber Jean-Marc Wallach ist enttäuscht: Weder Baustelle zu schliessen. 2010 bauten Buchner Bründler die SBB noch der Kanton hätten das Gespräch gesucht, um das ‹ Volta Zen­trum › am Vogesenplatz. Der mächtige Block Lösungen für die Gewerbetreibenden zu diskutieren. Bis aus Sichtbeton und Glas ist bis heute ein Symbol für das Ende 2019 muss er weg, sämtliche Mitarbeiter haben die aufgewertete Quartier. Christ & Gantenbein steuerten Kündigung erhalten. Die SBB schreiben auf Anfrage: →

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Viel Grau, wenig Grün: Der Vogesenplatz zwischen Bahnhof St. Johann und ‹ Volta Zentrum › lädt auch zehn Jahre nach der Vollendung nur wenige zum Verweilen ein. Themenheft von Hochparterre, November 2019 —  113 Hektar Chancenland — Wandel zum Familienliebling

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Campus Schällemätteli Eigentümerin und Baurechtgeberin: Einwohnergemeinde Stadt Basel, vertreten durch Immobilien Basel-Stadt Baurechtnehmende Investoren:  Universität Basel ; Universitäts-Kinderspital beider Basel ; ETH Zürich Arealplanung: Planungsamt Kanton Basel-Stadt

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1 Neues Biozentrum 2 N eubau für das Depar­ tement Biomedizin der Universität Basel 3 Departement BSSE der ETH Zürich

Ausnützungsziffer: 1,8 Nutzung:  je 40 % für Arbeits- und Wohnnutzun­ gen, 20 % flexibel, klare Trennung zwischen Wohn­ nutzungen und lärmintensiven Nutzungen

1 S BB-Parzelle, Indus­ trie- und Gewerbezone 2 S BB-Parzelle, Wohnen und Arbeiten 3 Einwohnergemeinde Stadt Basel, Gewerbeund Kulturhaus 4 Einwohnergemeinde Stadt Basel, Primar­ schule Lysbüchel 5 Einwohnergemeinde Stadt Basel, Wohnbauten

Architektur Umnutzung Spital:  Arge Müller Sigrist, Zürich / Rapp Architekten, Münchenstein Architektur Neubau:  Enzmann Fischer, Zürich ; Arge Bachelard Wag­ ner / Reuter Architekten, Basel ; Arge Baumann Lukas / Scheibler & Villard, Basel ; Proplaning, Basel ( Generalplaner ) Perimeter:  35 000 m2 Bruttogeschossfläche Projekt:  68 000 m2 Ausnützungsziffer: 1,9 Nutzung:  550 Wohnungen, Gewerbe, Quartiernutzungen

1 umgenutztes Spitalgebäude 2 Neubau Felix-PlatterSpital 3 Neubauten für Wohn­ nutzung

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Volta Nord Bebauungsplan angenom­ men 2018, Umnutzungen ab 2020, Neubauten ab 2023 Eigentümerin und Investoren: Einwohner­ gemeinde Stadt Basel, vertreten durch Immobilien Basel-Stadt ; SBB ; Stiftung Habitat Perimeter:  117 000 m² Bruttogeschossfläche Projekt:  207 000 m²

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Architektur:  Ilg Santer und B + P Baurealisation, beide Zürich ( Biozentrum ) ; Nickl & Partner, München ( D-BSSE ETHZ) ; Burckhardt + Partner, Basel ( Departement Biomedizin, Wettbewerbsprojekt von Caruso St John, Zürich ) Perimeter:  46 000 m² Bruttogeschossfläche Projekt:  177 000 m² Ausnützungsziffer: 3,8 Nutzung:  Lehre und Forschung, bestehendes Spital

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Westfeld Erste Stufe Bebauungsplan 2016, Studienauftrag Städtebau und Umnutzung Felix-Platter-Spital 2017 / 18, Baurechtsvertrag 2018, Erarbeitung Bauprojekte 2019, Baubeginn 2020, Bezug 2022 / 23 Eigentümerin und Baurechtgeberin: Einwohner­ gemeinde Stadt Basel, vertreten durch Immobilien Basel-Stadt Baurechtnehmerin, Arealentwicklerin, Investorin:  Baugenossenschaft woh­ nen & mehr, Basel Städtebau: Enzmann Fischer Partner mit Lorenz Eugster, beide Zürich

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Recycling statt Abriss: Das Felix-Platter-Spital wird für Wohnungen und Gemeinschaftsräume umgenutzt, davor entstehen Genossenschaftsneubauten.

Stiftung Habitat das ehemalige Coop-Weinlager in Lysbüchel Süd zu 65 preisgünstigen Wohnungen um. Für die Brache davor liess die Stiftung einen Überbauungsplan entwerfen und vergibt nun zwölf Parzellen im Baurecht. Bestehende Genossenschaften und Interessengruppen, die eine solche gründen wollen, arbeiten zurzeit an Projekten für kleinteilige Häuser mit acht bis zehn Wohnungen. « Wir wollen das Quartier weiterbauen », sagt Raphael Schicker, der die Projektentwicklung bei Habitat leitet. « D eshalb bevorzugen wir kleine Parzellen und eine vielfältige Architektur. » Die Stiftung Habitat plant hier ein alternatives Modell zur bisherigen Volta-Entwicklung mit seinen grossmassstäblichen Solitären. Dass sie es ernst meint mit dem sozialen Wohnungsbau, hat die Stiftung 200 Meter entfernt mit dem kürzlich bezogenen Familienhaus Hüningerstrasse bewiesen. Einige der 17 Wohnungen, die ausschliesslich an Familien mit drei oder mehr Kindern vergeben werden, passen sogar ins Sozialhilfebudget. Entsprechend waren sämtliche Wohnungen sofort vermietet, oft an Menschen mit kleinen Budgets aus dem Ausland, darunter auch anerkannte Flüchtlinge. Bestandteil des Bauprojekts ist eine mehrsprachige Quartierbibliothek im Erdgeschoss. Schicker dämpft Das Quartier mikro-genossenschaftlich weiterbauen jedoch zu hohe Erwartungen: « GenossenschaftswohnunDerzeit baut Immobilien Basel-Stadt auf der Lysbüchel- gen im Neubau sind zumindest am Anfang nicht unbedingt Parzelle des Kantons ein ausgedientes Lager- und Büro- günstiger. » Wirklich preiswerter Wohnraum sei oft alt und gebäude zur dringend benötigten Primarschule und zu vernachlässigt – und solcher werde auch hier verloren neuen Büros um. Direkt nebenan wird ein Gebäude zum gehen. Immerhin: Sämtliche Genossenschaften auf Ha­bi­ Kultur- und Gewerbehaus umgenutzt. Zwei gros­se Wohn- tat-Land sind zur Kostenmiete verpflichtet. Bei einem Verneubauten sollen ab 2023 folgen. Gleichzeitig baut die kauf ist der maximale Gewinn auf 10 Prozent limitiert. →

→ « Mit den Betrieben besteht oder bestand seit Jahren ein reger Austausch. Es wurden mögliche Ansiedlungen am Standort diskutiert. Daraus resultierte jedoch keine konkrete Umsetzungsidee. » Der Konflikt ist nicht neu: Die SBB sind mit 6,5 Hektar Grundstück der grösste Player auf dem Areal. Die ansässigen Firmen und der Gewerbeverband gingen gegen den Grossratsbeschluss für den Bebauungsplan, den der Kanton ausgearbeitet hatte, auf die Barrikaden. Sie beklagten die Verdrängung des Gewerbes und die Unvereinbarkeit der zukünftigen Wohn- und Gewerbenutzungen. Das Lamento blieb trotz Referendum chancenlos: Das Basler Stimmvolk nahm ‹ Volta Nord › mit 61 Prozent an. Die Aussicht auf mehr und bezahlbaren Wohnraum überwog die Interessen des lärmenden Gewerbes. Kein ­Wunder: Der Leerwohnungsbestand in Basel liegt aktuell bei 1,0 Prozent. Es herrscht Wohnungsnot, wenn auch weniger ausgeprägt als in Zürich oder Genf. Mit der Annahme der ‹ Wohnschutz­initiative › und der Initiative ‹ Recht auf Wohnen › siehe Seite 17 reagierte die Bevölkerung 2018 zum wiederholten Mal auf die sich verschärfende Situation und verpflichtete den Kanton zum Handeln.

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Das Quartier weiterbauen: Auf dem Lysbüchel-Areal vergibt die Stiftung Habitat zwölf Parzellen im Baurecht für Genossenschaftshäuser mit acht bis zehn Wohnungen.

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Westfeld: ein Stück Stadt Seit 2014 nimmt das Wohnraumfördergesetz den Kanton hinsichtlich des gemeinnützigen Wohnungsbaus in die Pflicht. Damit setzte ein Umdenken im Umgang mit frei werdenden Arealen ein. Zum Beispiel im Iselin-Quartier, das westlich ans St. Johann grenzt. Als das dortige Felix-Platter-Spital einen Neubau auf einem nahe gelegenen Parkplatz plante, um den Spitalbetrieb während der Bauzeit aufrechterhalten zu können, entschied der Regierungsrat, das frei werdende Areal im Baurecht abzugeben. « D och damals fehlte eine Wohnbaugenossenschaft, die ein Areal von 3,5 Hektar hätte entwickeln können », sagt Andreas Courvoisier, Stadtentwickler und Vizepräsident der Baugenossenschaft ‹ wohnen & mehr ›, die er mit Gleichgesinnten 2015 gründete. Idee und Name lehnen sich an die Zürcher Wohnbaugenossenschaft ‹ Mehr als wohnen › an, die das Projekt unterstützt. Mehr als drei Dutzend Genossenschaften, mehrere Stiftungen, Firmen und Privatpersonen zählen zu den Mitgliedern. « Unser Ziel war von Anfang an, nicht einfach eine weitere Wohnsiedlung zu bauen, sondern ein Stück Stadt », so Courvoisier. Mitte Juli sind die Rückbauten bereits in vollem Gang. ‹ Wohnen & mehr › plant und baut das Westfeld-Areal in enger Zusammenarbeit mit Quartierorganisationen, Genossenschaften und künftigen Nutzern. Mehr als 400 Wohnungen entstehen in mehreren Neubauten, 130 im alten Spitalgebäude, das Fritz Rickenbacher und Walter Baumann 1967 bauten. Andreas Courvoisier führt durch die nach Linoleum riechenden Spitalgänge, beleuchtet von fahlem Neonlicht. Aus den Technikkästen an den Decken hängen Kabel, die Feuerlöscher stehen aufgereiht im Flur. Von Raum zu Raum eilend erzählt Courvoisier von künftigen Nutzungen: Das alte Therapiebad wird zum Kindergarten, die Grosskantine zum Fitnesscenter, die Bettenzimmer zu Wohnungen. 250 Millionen Franken beträgt das Gesamtbudget für das Westfeld, rund ein Viertel kostet der Umbau des Spitals. Ist das verhältnismässig ? Courvoisier verweist auf eine Testplanung, laut der Umbau und Neubau wirtschaftlich ebenbürtig sind. Im Umbau sieht er jedoch andere Vorteile: weniger graue Energie, weniger Abbruch, weniger Lastwagenfahrten. Und vor allem: « Die Geschichte dieses Orts bleibt dem Quartier erhalten, ebenso ein markanter Orientierungspunkt für die Umgebung. Genau das fehlt neuen Wohnsiedlungen oft. » Vom obersten Stockwerk zeigt Courvoisier Richtung Frankreich auf ein weiteres Projekt seines Büros. Sein Traum eines länderübergreifenden Landschaftsparks zwischen Saint-Louis, Hégenheim, Allschwil und Basel wird nach acht Jahren Planung Realität. Etappenweise vernetzt der ‹ IBA Parc des Carrières › bis 2026 artenreiche Flächen, grenzüberschreitende Fuss- und Velowege sowie Begegnungs- und Spielorte. Durch einen grünen Korridor wird der Park mit dem Westfeld verbunden sein. Es ist absehbar, dass das städtisch-grüne Mikroquartier mitten im Iselin in wenigen Jahren attraktiv und gefragt sein wird – vorausgesetzt, die Erdgeschosse füllen sich mit Leben und die Wohnungen bleiben bezahlbar. Baustellenmüde Familienväter bei der Tschudimatte Weiter stadteinwärts rollt auf dem Schällemätteli derweil eine Welle von Baustellen an. Seit 2013 entsteht hier das neue Bio­zen­trum – ein wuchtiger Glasquader, der den Basler Hochhausboom nun auch in die Innenstadt trägt. Die mehrmals verschobene Eröffnung und Kostenüberschreitungen von mindestens 30 Millionen Franken machen ihn zum Sorgenkind. Nicht weit entfernt liegt die Baugrube für das neue Departement für Biosysteme der ETH Zürich. Ab 2021 soll zudem das alte Bio­zen­trum ei-

nem neungeschossigen Ersatzneubau des Departements Biomedizin der Universität Basel weichen. Eine neue Tramlinie soll das Universitäts-Kinderspital beider Basel sowie das neue Bio­zen­trum nebenan besser erschliessen. Die Quartierbewohner sind zunehmend baustellenmüde. Das zeigt der Widerstand gegen das geplante Parkhaus des Kinderspitals unterhalb der heutigen Grünfläche Tschudimatte mit Anschluss an das Vogesen-Schulhaus. In sieben Wochen hatte ein Petitionskomitee um den Architekten Renato Mösch fast 3600 Unterschriften zusammen. « S chon jetzt sind die Lärm- und CO -Grenzwerte in ² den Schulzimmern teils überschritten », sagt Mösch. « D er Parkhausbau würde zu einer weiteren, dreijährigen Baustelle führen. » Im Mai blieb das Schulhaus eine Woche leer, Schüler und Lehrerinnen standen wegen des Baulärms im Streik. Mösch unterbreitete der Regierung Vorschläge, wie der Parkplatzbedarf mit sanften Eingriffen gedeckt werden könnte. Doch eigentlich geht es ihm um mehr: « Dass die rot-grüne Regierung den Langsamverkehr propagiert und gleichzeitig den Ausbau von Parkmöglichkeiten im Stadtzentrum vorantreibt, ist unverständlich. » Basel West bleibt widerständig: Waren es vor zehn Jahren noch vor allem Autonome, die gegen Gentrifizierung durch die Stras­sen zogen, protestieren heute junge Eltern lautstark gegen Baulärm und fehlende Beteiligung an der Stadtplanung. Ein Sinnbild für den Wandel des einst verslumten Problemkinds der Stadt.

« Die Durchmischung steigt » « Im St. Johann lebte ursprünglich die Arbeiterschaft. Bis heute wohnen hier vergleichsweise viele Menschen mit Migrationshintergrund, mit niedrigen Einkommen, Arbeitslose und Sozialhilfeempfänger. Doch das Quartier wandelt sich seit einigen Jahren stark: Während früher viele Besserverdienende und Familien insbesondere aus dem unteren, rheinnahen St. Johann wegzogen, siedeln sich nun viele wohlhabende Familien wieder hier an – das zeigt sich auch an den Schülerzahlen. Die Veränderungen führten zwar zu höheren Mietpreisen, aber auch zu einer besseren sozialen Durchmischung. »  Nicole Fretz ( * 1975 ) ist Projektleiterin bei der Fachstelle Stadtteilentwicklung und ehemalige Co-Leiterin des Stadtteilsekretariats Basel-West.

« Ich möchte niemals wegziehen » « Die Entwicklungen auf dem Lysbüchel-Areal finde ich gut, das kann etwas Schönes werden. Nur der ständige Baulärm, der seit zwei Jahren andauert, ist eine echte Belastung. Das Quartier ist anonymer geworden, und viele haben Angst, ihre Wohnung zu verlieren. Früher kannte ich hier Dutzende von Leuten. Viele sind weggezogen, ich kenne nicht mal mehr alle Bewohner in meinem Haus. Vor den Neubauten an der Voltastrasse sieht man oft Zügelwagen mit englischen Beschriftungen ; die Menschen kommen und gehen. Der Alte Zoll und der Bahnhof St. Johann mit seinen Alternativnutzungen sind bis heute kleine Kultur­ oasen. Ansonsten ist die Gegend rund um den Volta- und den Vogesenplatz tot. Ich wohne in einem der alten ‹ Papageienhäuser › an der Hüningerstrasse und bezahle mehr als 1000 Franken pro Monat für eine 3-Zimmer-Wohnung. Eigentlich ist das bereits zu viel für mich. Ich liebe dieses Quartier und möchte niemals wegziehen. Aber auch ich habe Angst, meine Wohnung zu verlieren. »  Ali ­Meraihia ( * 1972 ) arbeitet beim Verein für Gassenarbeit ‹ Schwarzer Peter › und wohnt seit vierzig Jahren im St. Johann.

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Wie viel Stadt darf es sein ? Was prägt die vier grössten Schweizer Städte ? Wie städtisch ist Basel ? Eine Spurensuche entlang von Dichte und Freiräumen, Haushaltstypen, Wirtschaft und Bautätigkeit. Text: Patrick de Caes

Der Richtplan geht davon aus, dass der Kanton BaselStadt bis 2035 um 20 000 Einwohner und 30 000 Arbeitsplätze wächst. Im Kanton mit 200 000 Einwohnern entspricht das einem jährlichen Wachstum von 0,6 Prozent. Das ist viermal so hoch wie das Durchschnittswachstum seit 2000 – aber noch immer deutlich tiefer als die Wachstumsraten von Genf und Zürich. Hohe Dichte Bezüglich der Einwohnerdichte hat die Stadt Basel mit 8300 Menschen pro Quadratkilometer Siedlungsfläche gegenüber 7500 in Zürich die Nase vorn. Genf ist mit 14 700 Menschen pro Quadratkilometer noch deutlich dichter. Die lebendigen Quartiere Gundeldingen und Mat­ thä­us zeigen, dass es oft gerade die hohe Dichte ist, die den städtischen Charakter eines Siedlungsgebiets prägt. Mit der Innenentwicklung rückt der Freiraum auch in Basel ins Zen­trum der Diskussionen. Als zentralster und grösster Erholungsraum der Stadt trägt der Rhein viel zum Basler Selbstverständnis bei. Dennoch hat Basel ein eher geringes Freiraumangebot – sogar, wenn man Landwirtschaftsflächen, Wälder und Gewässer miteinbezieht. Während in Bern rund 40 000 Einwohner auf einen Qua­ drat­kilo­meter Erholungsfläche kommen, sind es in Basel doppelt so viele. Nur in Genf sind es noch etwas mehr. In diesem Sinne erfüllt Basel die Vorstellung einer typischen Stadt: hohe Siedlungsdichte, knapper Erholungsraum.

ihre Arbeitskräfte brauchen passende Geschäftsflächen und Wohnraum. Während in Zürich, Genf und Bern weniger als 10 Prozent der Bevölkerung in der Industrie arbeiten, sind es in Basel 23 Prozent. Die Zeiten, in denen die Industrie mit Lärm, Gestank und Schmutz einherging, sind allerdings zunehmend vorbei. Längst prägen hochmoderne Büro- und Laborbauten der Chemie- und Phar­ma­in­dus­ trie das Basler Stadtbild. Diese Wirtschaftszweige sind es denn auch, die den Löwenanteil dazu beitragen, dass der Kanton mit einem Bruttoinlandprodukt von 170 000 Franken pro Kopf die höchste Wirtschaftsleistung erbringt – gefolgt vom Kanton Zug mit 154 000 Franken pro Kopf. Ausgeglichene Wohnungspreise Immobilienökonomisch betrachtet hat die Attraktivität einer Stadt buchstäblich ihren Preis. Zum einen ist die Wohnungssuche schwierig: Vom steigenden Wohnungsleerstand, wie er in vielen Regionen zu beobachten ist, spürt man in den Grossstädten nichts. Wie Zürich, Genf und Bern verfügt auch Basel über einen Wohnungsleerstand von weniger als 1 Prozent. Zum anderen sind die Immobilienpreise hoch: Eine 75 Quadratmeter gros­se Neubau-Mietwohnung kostet in Basel monatlich 250 Franken mehr als im Schweizer Mittel. In Genf und Zürich sind es nochmals 1000 Franken mehr. Auch die Unterschiede der Mieten von Neu- und Altbauwohnungen driften rasant auseinander. Das Spektrum der Angebotspreise, der Unterschied zwischen dem 90- und dem 10-Prozent-Quantil, ist in Zürich dreimal und in Genf doppelt so hoch wie in der Gesamtschweiz. Basel liegt im Durchschnitt. Dennoch sind die Mietpreise für Neubauwohnungen in den letzten zehn Jahren auch hier um 10 Prozent gestiegen.

Viele Einpersonenhaushalte Der attraktive Arbeitsmarkt und das vielseitige Kulturund Freizeitangebot ziehen junge Erwachsene in die Städte: Der Anteil der 20- bis 39-Jährigen liegt in Zürich, Genf, Bern und Basel bis zu 9 Prozent höher als im Schweizer Mittel ( 27 Prozent ). Für Singles scheint das Leben in der Stadt besonders anziehend. Der Anteil der Einpersonenhaushalte liegt in den Städten etwa 10 Prozent über dem Schweizer Mittel. Mit 48 Prozent belegt Basel den Spitzenplatz. Das dürfte sich in naher Zukunft kaum ändern, denn fast jede zweite Haushaltsbildung ist ein Einpersonenhaushalt. Was in Basel im Vergleich zu den anderen Städten auffällt: Hier sind die Senioren nicht unter-, sondern übervertreten.

Chancenreicher Boom Die Neubautätigkeit Basels fiel in den letzten Jahren gering aus. Seit 2006 ist der Wohnungsbestand in der Schweiz um 12 Prozent gestiegen. Mit Ausnahme von Zürich ( 10 Prozent ) konnten die Städte Genf ( 3 Prozent ), Bern ( 4 Prozent ) und Basel ( 3 Prozent ) nicht mit diesem Tempo mithalten. Mit den gros­s en Entwicklungsarealen in der Pipe­line dürfte sich das bald ändern. Der neue Wohnraum siedelt sich vermutlich zwar eher in der oberen Hälfte des Preissegments an. Dennoch dürfte die Angebotsausweitung das Mietzinsniveau dämpfen, und die Förderung des preisgünstigen Wohnungsbaus könnte diesen Effekt noch verstärken. Der Entwicklungsschub birgt überdies die Chance, ein Problem zu korrigieren, unter dem viele Starke Wirtschaft Hinter der bevorstehenden baulichen steht die wirt- Städte leiden: Der Anteil der 1- und 2-Zimmer-Wohnungen schaftliche Entwicklung Basels. Der Wandel von der Indus- liegt mit knapp 36 Prozent deutlich unter den 48 Prozent trie- zur Wissens- und Dienstleistungsgesellschaft hatte der Einpersonenhaushalte. Darum ist der Markt für Kleinzur Folge, dass diverse Industrieareale frei wurden. Die wohnungen angespannt. Aus­ser­dem verbrauchen einige wirtschaftliche Attraktivität Basels erfordert aber auch Personen mehr Wohnfläche, als sie eigentlich wollen. Dem eine stärkere Verdichtung: Wachsende Unternehmen und sollten Neubauten entgegenwirken.

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Dichte Einwohner / km² Fläche Einwohner / km² Siedlungsfläche Einwohner / km² Erholungs- und Grünanlagen Einwohner / km² Erholungs- und Grünanlagen, Landwirtschaft, Wald, Gewässer

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Haushaltsstruktur und Wohnungsbestand nach Zimmerzahl Einpersonen-­ haushalte Mehrpersonenhaushalte 1 - und 2-ZimmerWohnungen 3 +-ZimmerWohnungen

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Bevölkerungsentwicklung indexiert ( 2000 =  100 )

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Neubautätigkeit MFH indexiert ( 2007 =  100 )

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Bauten und Projekte 1  Gewerbehaus Grid, ab 2022 Hegenheimermattweg, Allschwil Auftrag:  Direktauftrag, 2017 Entwickler, Bauherrin:  Senn Resources, St. Gallen Architektur:  Herzog & de Meuron, Basel HLKS:  Aicher, De Martin, Zweng, Luzern Umgebung:  Vogt, Zürich Investitionskosten:  ca. Fr. 150 Mio. Geschossfläche:  81 787 m² 2  Wohnhaus Sonnenfänger, 2021 Burgfelderstrasse 218 – 240, Basel Auftrag:  Wettbewerb auf Einladung, 2016 Bauherrin:  Neue Wohnbaugenossenschaft Basel ; Wohngenossenschaft Bünd­ner­stras­se, Basel Architektur:  Nord Architekten, Basel Baumanagement:  Büro für Bauökonomie, Basel Bauingenieure:  Schnetzer Puskas, Basel Umgebung:  Meta, Basel Baukosten ( BKP 2 ):  Fr. 41 Mio. Geschossfläche:  20 306 m²

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3  Naturhistorisches Museum und Staatsarchiv, ab 2027 Entenweidstrasse / Vogesenplatz, Basel Auftrag:  selektiver Wettbewerb, 2015 Bauherrin:  Kanton Basel-Stadt Architektur:  EM2N, Zürich Baumanagement:  Andreas Akeret, Bern Bauingenieure:  Schnetzer Puskas, Zürich Baukosten ( BKP 2 ):  Fr. 168,5 Mio. Geschossfläche:  21 183 m² 4 Quartierergänzung Volta Ost, 2023 Elsässerstrasse / Voltastrasse, Basel Auftrag:  Wettbewerb, 2015 Bauherrin:  Immobilien Basel-Stadt Architektur:  Studio Trachsler Hoffmann, Zürich Baumanagement:  Caretta + Weidmann, Zürich Bauingenieure:  Synaxis, Zürich Umgebung:  Mettler, Berlin Baukosten ( BKP 2 ):  Fr. 44,7 Mio. Geschossfläche:  18 200 m² 5  Wohnüberbauung Maiengasse, 2018 Maiengasse / Hebelstrasse, Basel Auftrag:  offener Wettbewerb, 2013 Bauherrin:  Immobilien Basel-Stadt

Architektur:  Esch Sintzel, Zürich Bauingenieure:  Ernst Basler + Partner, Zürich Umgebung:  Schmid, Zürich ( Mitautoren ) Baukosten:  keine Angaben Geschossfläche:  8472 m² 6  Amt für Umwelt und Energie, 2021 Spiegelgasse 15, Basel Auftrag:  selektiver Wettbewerb, 2013 Bauherrin:  Hochbauamt Basel-Stadt Architektur:  Jessenvollenweider, Basel Baumanagement:  B + P Baurealisation, Basel Bauingenieure:  SJB Kempter Fitze, Frauenfeld Fassade:  GKP Fassadentechnik, Aadorf Haustechnik, Energie, Nachhaltigkeit:  Waldhauser + Hermann, Münchenstein Baukosten ( BKP 2 ):  ca. Fr. 12,9 Mio. Geschossfläche:  2541 m² 7  Umbau Kaserne, 2021 Kasernenstrasse 23, Basel Auftrag:  offener Wettbewerb, 2013 Bauherrin:  Hochbauamt Basel-Stadt Architektur:  Focketyn Del Rio Studio, Basel Baumanagement:  Caretta + Weidmann, Basel

Bauingenieure:  Schnetzer Puskas, Basel Baukosten ( BKP 2 ):  ca. Fr. 40 Mio. Geschossfläche:  9000 m² 8  Kirchenzentrum St. Christophorus, 2020 Kleinhüningeranlage 25 – 31, Basel Auftrag:  Wettbewerb auf Einladung, 2015 Bauherrin:  Römisch-Katholische Kirche Basel-Stadt Architektur:  Lorenz Architekten, Basel Bauleitung:  B + P Baurealisation, Basel Bauingenieure:  Jauslin Stebler, Basel Umgebung:  Westpol, Basel Baukosten ( BKP 2 ):  Fr. 15 Mio. Geschossfläche:  4300 m² 9  Genossenschaftshaus Stadterle, 2017 Erlenmatt Ost, Basel Auftrag:  Wettbewerb auf Einladung, 2014 Bauherrin: Wohngenossenschaft Zimmerfrei, Basel Architektur:  Buchner Bründler, Basel Bauingenieure:  Ulaga Partner, Basel Holzbauingenieure:  Makiol Wiederkehr, Beinwil am See Fassadenplaner:  Christoph Etter, Basel Baukosten ( BKP 2 ):  Fr. 12,8 Mio. Geschossfläche:  5618 m²

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5  Foto: Kuster Frey

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9  Foto: Daisuke Hirabayashi Themenheft von Hochparterre, November 2019 —  113 Hektar Chancenland — Bauten und Projekte

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11  Foto: R. Dürr

10  Foto: Ralph Feiner

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19  Foto: Ruedi Walti

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10  Erlenmatt Ost, Baufeld 1 A & B, 2017 Signalstrasse, Basel Auftrag:  Studienauftrag, 2014 Bauherrin:  Stiftung Habitat, Basel ; Verein Abilia, Basel Architektur:  Galli Rudolf, Zürich Bauleitung:  Proplaning, Basel Bauingenieure:  Rapp Infra, Münchenstein Holzbau, Brandschutz:  Pirmin Jung, Rain Baukosten ( BKP 2 ):  keine Angabe Geschossfläche:  6570 m² 11  Bâleo Erlenmatt, 2019 Erlenstrasse / Signalstrasse, Basel Auftrag:  Studienauftrag, 2014 Bauherrin:  Credit Suisse Funds, Zürich ; Siat Immobilien, Zug ; Interswiss Immobilien, Zug Totalunternehmer:  Losinger Marazzi, Basel Architektur:  Morger Partner, Basel Bauingenieure:  Schnetzer Puskas, Basel Umgebung:  Fontana, Basel Gesamtkosten ( BKP 1 – 9 ):  Fr. 160 Mio. Geschossfläche:  44 000 m² 12  Claraturm, 2021 Riehenring / Clarastrasse, Basel Auftrag:  Wettbewerb auf Einladung, 2007 Bauherrin:  IG Balintra AG c / o UBS Fund Management Switzerland, Basel Totalunternehmer:  Halter, Basel

Architektur:  Morger Partner, Basel Bauingenieure:  Schnetzer Puskas, Basel Umgebung:  Vogt, Zürich Investitionskosten:  ca. Fr. 120 Mio. Geschossfläche:  34 698 m² 13  Kunstmuseum Basel, 2016 St. Alban-Graben 20, Basel Auftrag:  selektiver Wettbewerb, 2009 Bauherrin:  Bau- und Verkehrsdepartement, Basel Architektur:  Christ & Gantenbein, Basel Bauingenieure:  ZPF, Basel Fassadenplaner:  Emmer Pfenninger Partner, Münchenstein Baukosten ( BKP 2 ):  Fr. 78 Mio. Geschossfläche:  11 481 m² 14  Meret-Oppenheim-Hochhaus, 2019 Meret-Oppenheim-Platz 1, Basel Auftrag:  Wettbewerb, 2002 ( Entwurf 2010 ) Bauherrin:  SBB Immobilien, Olten Architektur:  Herzog & de Meuron, Basel Bauingenieure:  wh-p, Basel Umgebung:  Westpol, Basel Gesamtkosten ( BKP 1 – 9 ):  Fr. 140 Mio. Geschossfläche:  30 285 m² 15  Baloise Park, 2020 Aeschengraben 25 – 33, Basel Auftrag: Bebauungsplan und Planerwahlverfahren, 2014

Bauherrin:  Basler Leben, Basel Bebauungsplan:  Miller & Maranta, Basel Architektur:  Miller & Maranta, Basel ( West ) ; Diener & Diener, Basel ( Süd ) ; Valerio Olgiati, Flims ( Ost ) Innenausbau Hotel:  Matteo Thun & Partners, Mailand Umgebung:  August + Margrith Künzel, Binningen Investitionskosten:  ca. Fr. 350 Mio. Geschossfläche:  49 900 m²

Umgebung:  Fontana, Basel Baukosten ( BKP 2 ):  Fr. 12,4 Mio. Geschossfläche:  4649 m²

16  Nauentor, ab 2028 Gartenstrasse 143, Basel Auftrag:  Testplanung, 2013 Bauherrin:  Postfinance, Bern ; SBB, Bern Bebauungsplan:  Morger Partner, Basel Architektur:  Planerwahlverfahren, 2020 Investitionskosten:  ca. Fr. 450 Mio. Geschossfläche:  127 000 m²

18  Wohn- und Geschäftshaus Syd, 2022 Münchensteinerstrasse / Walkeweg, Basel Auftrag:  Architekturwettbewerb, 2009 ; Investorenwettbewerb, 2018 Grundeigentümerin:  Einwohnergemeinde Basel-Stadt Baurechtnehmerin, Bauherrin:  Warteck Invest, Basel Architektur:  Bachelard Wagner, Basel Umgebung:  Berchtold Lenzin, Basel Baukosten ( BKP 2 ):  Fr. 45 Mio. Geschossfläche:  10 000 m² ( EG bis 4. OG Gewerbe, 5. bis 11. OG Wohnen )

17  Wohnhaus Hochstrasse, 2021 Hochstrasse 4 / 6 / 8, Basel Auftrag:  anonymer Studienauftrag, 2008 Bauherrin:  Anlagestiftung Turidomus, Zürich ( vertreten durch Pensimo Management ) Totalunternehmer:  Allreal, Bern / Zürich Architektur:  Zita Cotti, Zürich Bauingenieure:  Schnetzer Puskas, Basel

19  Kindergarten Riehen, 2018 Paradiesstrasse, Riehen Auftrag:  Studienauftrag, 2013 Bauherrin:  Gemeinde Riehen Architektur:  Miller & Maranta, Basel Bauingenieure:  Fürst Laffranchi, Aarwangen ( Massivbau ) ; Neue Holzbau, Lungern ( Holzbau ) Bauökologie:  CSD Ingenieure, Zürich Gesamtkosten ( BKP 1 – 9 ):  Fr. 5,6 Mio. Geschossfläche:  1045 m²

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113 Hektar Chancenland Bis 2035 will Basel Platz für 20 000 Einwoh­ er und 30 000 Arbeitsplätze schaffen – und zwar n möglichst sozialverträglich. Dabei hat der Kanton mehrere Trümpfe in der Hand, vor allem 113 Hektar zen­trums­nahe Trans­for­ma­tions­ areale. Die Herausforderungen sind zahl­reich, denn der Wohnungsmarkt ist angespannt, ein funktionierendes S-Bahn-Netz fehlt, Kantonsund Landesgrenzen erschweren die Planung innerhalb der zunehmend trinationalen Agglo­ meration. Drei Gespräche, drei Reportagen, eine statistische Analyse und eine Fotostrecke por­trä­tie­ren die Stadt vor dem Bauboom.

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Hochparterre X / 18 —  Titel Artikel


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