Im Superlabor

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Themenheft von Hochparterre, Januar 2025

Im Superlabor Das Swiss Center for Design and Health ( SCDH ) in Nidau testet, erforscht und lehrt, wie sich mit Design die Gesundheit verbessern lässt.

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Die Extended-Reality-Simulationsfläche misst 560 Quadratmeter.

Cover und Rückseite: Im SCDH sind Expertinnen im Einsatz, um mit Design die Gesundheit zu verbessern.


Themenfokus Die Inhalte dieses Hefts erscheinen auch als Themenfokus auf der Website von Hochparterre: scdh.hochparterre.ch

Editorial

Aus allen Blickwinkeln Inhalt

5 Das Wohlbefinden im Zentrum 2019 gegründet, widmet sich das Swiss Center for Design and Health ( SCDH ) ganz dem Vernetzen, Erforschen und Begleiten.

10 Der heilige Gral der Designmethodik Minou Afzali, Leiterin der Forschungsabteilung, über evidenzbasiertes Design und Interdisziplinarität am SCDH.

13 Verstehen zwischen Kartonwänden Auf der Simulationsfläche im Living Lab nehmen Baupläne zum ersten Mal konkrete Formen an.

17 « Was würde Florence Nightingale denken ? » Mittels präziser Simulation testen Ärztinnen, Architekten und Pflegende, was digital gestützte Pflegemodelle können.

20 Erleben, diskutieren, weiterentwickeln Blick auf aktuelle Projekte am SCDH.

Die Herausforderungen sind gross: ein kosten- und personalmässig überlastetes Gesundheitssystem, sich ständig verändernde Betriebsabläufe, die Sicherheit von Patientinnen und Mitarbeitenden, langjährige Planungshorizonte und vielschichtige Bauaufgaben. Gebäude, Systeme und Prozesse für die Gesundheit sind eine in verschiedenster Hinsicht komplexe Angelegenheit. Um diese zu gestalten, gibt es in der Schweiz seit 2022 ein einzigartiges Kompetenzzentrum. Das Swiss Center for Design and Health ( SCDH ) in Nidau bei Biel stellt allen, die im Gesundheitsbereich entwerfen, planen, bauen und arbeiten, ein vielseitiges Angebot zur Verfügung, um Projekte zu testen, zu überprüfen und zu optimieren. Dieses Heft blickt hinter die Fassade des SCDH und zeigt, wie seine Dienstleistungen die Planung von Gebäuden, Systemen und Prozessen im Gesundheitsbereich unterstützen und verbessern. Im Fokus stehen Simulationen, die Projekte und Prozesse in einer realistischen Testumgebung überprüfbar machen. Dabei werden Planungsfehler frühzeitig erkannt und können rasch und kostengünstig behoben werden. Am SCDH treffen sich die an solchen Planungen beteiligten Fachpersonen. Architektinnen erleben, wie Pfleger und Chirurginnen in den von ihnen entworfenen Grundrissen arbeiten. Das Spitalmanagement lernt die Überlegungen hinter den Architekturplänen zu verstehen. All diese Fachpersonen und Akteurinnen haben in den grosszügigen Räumlichkeiten des SCDH die Möglichkeit, eine gemeinsame Perspektive zu entwickeln. Diese kommt uns allen zugute, dann nämlich, wenn wir in den vollendeten Projekten betreut, operiert und gepflegt werden. Urs Honegger

Die Bilder in diesem Heft An drei Tagen war der Berner Fotograf Marco Frauchiger im SCDH zu Besuch und hat das rege Treiben im Living Lab festgehalten. Seine Bilder führen grossformatig durch den Themenfokus und dokumentieren die Vielseitigkeit und die Dynamik des Angebots in der grossen Industriehalle in Nidau.

Dieses Themenheft / dieser Themenfokus ist eine journalistische Publikation, entstanden in Zusammenarbeit mit Partnern. Die Hochparterre-Redaktion prüft die Relevanz des Themas, ist zuständig für Recherche, Konzeption, Text und Bild, Gestaltung, Lektorat und Übersetzung. Die Partnerinnen finanzieren die Publikation, genehmigen das Konzept und geben ihr Einverständnis zur Veröffentlichung. Impressum Verlag Hochparterre AG Adressen Ausstellungsstrasse 25, CH-8005 Zürich, Telefon +41 44 444 28 88, www.hochparterre.ch, verlag@hochparterre.ch, redaktion@hochparterre.ch Geschäftsleitung Deborah Fehlmann, Roderick Hönig Redaktionsleitung Axel Simon Leitung Themenhefte Roderick Hönig Konzept und Redaktion Urs Honegger Fotografie Marco Frauchiger, www.marcofrauchiger.ch Art Direction Antje Reineck Layout Jenny Jey Heinicke Produktion Nathalie Bursać Korrektorat Rieke Krüger Lithografie Team media, Gurtnellen Druck Stämpfli AG, Bern Herausgeber Hochparterre in Zusammenarbeit mit Swiss Center for Design and Health ( SCDH ) hochparterre.ch / scdh Themenheft in Deutsch, Englisch oder Französisch bestellen ( Fr. 15.—, € 12.— ) und als E-Paper lesen

Themenheft von Hochparterre, Januar 2025 — Im Superlabor — Inhalt

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In den realitätsnahen Testräumen werden Pflegeprozesse simuliert und diskutiert.

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Stefan Sulzer ist Managing Director des SCDH. Sein erklärtes Ziel ist es, das Kompetenzzentrum als führende Organisation an der Schnittstelle von Design und Gesundheit zu etablieren.

Raphael Huber ist Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung und Co-Leiter der Werkstätte. Als gelernter Möbelschreiner liegt seine Expertise in den Bereichen Planung, Produktion und Montage.

Barbara Schwärzler ist Co-Leiterin der Material-Kollektion des SCDH. Die Farbgestalterin und Innenarchitektin hat zahlreiche Konzepte für Bauten im Gesundheitswesen entwickelt und ist Expertin für Materialien und Farben.

Das Wohlbefinden im Zentrum 2019 als Kompetenzzentrum gegründet, widmet sich das Swiss Center for Design and Health ( SCDH ) ganz der Gestaltung im Gesundheitsbereich. Das Ziele dabei: vernetzen, erforschen und begleiten. Text: Eveline Rutz

Baustellengeräusche sind am Swiss Center for Design and Health ( SCDH ) nichts Ungewöhnliches. Denn auch zweieinhalb Jahre nach dem Bezug der Räumlichkeiten wird hier weiter umgebaut. Die Auseinandersetzung mit Gestaltungsprozessen gehört zur DNA des Kompetenzzentrums in Nidau. In der lichtdurchfluteten Industriehalle werden Entwürfe für Neu- und Umbauten, Konzepte für visuelle Kommunikation sowie Prozesse und Systeme evaluiert. 2500 Quadratmeter stehen dafür maximal zur Verfügung. Der Fokus liegt auf dem Bereich Gesundheit. Design, das hier entsteht, soll das Wohlbefinden fördern. « Wir bieten Projektverantwortlichen einen neutralen Ort, um sich aus unterschiedlichen Perspektiven auszutauschen und Ideen breit zu testen », sagt der Managing Director Stefan Sulzer in seinem Büro, das sich auf einer Galerie im Eingangsbereich befindet. Durch die Glasfronten überblickt er einen grossen Teil der Anlage. « Hier arbeiten Professorinnen und Praktiker auf Augenhöhe zusammen », sagt er. Und spricht damit nicht nur die rund 30 Mitarbeitenden an, die Erfahrungen aus unterschiedlichen Disziplinen und Berufsfeldern mitbringen. Sulzer meint auch jene Menschen, die die Dienstleistungen und Angebote des Kompetenzzentrums nutzen.

Das SCDH vernetzt, begleitet und berät Akteurinnen der Wissenschaft, Wirtschaft, und der öffentlichen Hand. Es betreibt Werkstätten und Testanlagen, stösst Forschungsarbeiten an, kooperiert mit Hochschulen und veranstaltet Weiterbildungen. In Nidau treffen sich Designer, Planerinnen, Wissenschaftler und Nutzerinnen und profitieren von der vielfältigen Designexpertise. « Wer in einem Spital oder Schulhaus arbeitet, weiss viel über die Prozesse und Wege », sagt Sulzer. Es lohne sich, dieses praktische Wissen frühzeitig in Simulationen einzubeziehen. « So lassen sich teure Baufehler und spätere Anpassungen vermeiden. » Die Bedürfnisse der Nutzenden zu berücksichtigen, erhöhe zudem die Akzeptanz von Projekten. Das SCDH wurde 2019 als öffentlich-private Partnerschaft gegründet. Es wird vom Bund, dem Kanton Bern sowie privaten Partnern finanziert und von einer Aktiengesellschaft getragen. Seit 2022 ist es operativ tätig, ab 2030 soll es schliesslich selbsttragend sein. Nidau sei ein idealer Standort, sagt Sulzer, « nicht nur verkehrstechnisch ». Die Lage zwischen der Deutschschweiz und der Romandie sei bereichernd. « Sie animiert dazu, über den eigenen Landesteil hinauszublicken. » Im Team wird denn auch Deutsch und Französisch gesprochen. →

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Das Living Lab

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1 Realitätsnahe Testräume S. 17 Im Living Lab können Räume nachgebaut, gestaltet, eingerichtet und getestet werden. Die Simulation von Arbeits- und Behandlungsprozessen sowie das Testen von Produkten sind so im realitätsnahen räumlichen Umfeld möglich. Die Testräume dienen als Simulations- und Forschungsplattform und als Showroom für Herstellungsfirmen. Fotos: Ramon Lehmann

2 Küche / Catering Fürs Mittagessen oder eine Pause zwischendurch steht im Living Lab ein Küchenund ein Cateringbereich zur Verfügung.

3 Openspace-Bereich Hier stehen Modellbaumaschinen, Haushaltsnähund Handmaschinen sowie Drucker, die von externen Projektpartnern gemietet und genutzt werden können.

4 Material-Kollektion S. 22 Die physische und digitale Material-Kollektion indexiert auf wissenschaftlicher Evidenz basierend gesundheitsfördernde und ressourcenschonende Materialien. Damit will das SCDH Planerinnen, Designern und Architektinnen ein Werkzeug an die Hand geben, das die Auswahl passender Materialien erleichtert und fundiertes Wissen zu den Werkstoffen und ihrer Anwendung bereitstellt. 5 Extended-Reality-Simulationsfläche S. 13 Auf der grössten Extended-Reality-Simulationsfläche der Schweiz können Grundrisse im Massstab 1 : 1 auf den Boden projiziert und mit Leichtbauwänden sowie Mobiliar ergänzt werden. Geplante Räume werden dreidimensional, Grundrisse begeh- und erlebbar. In Simulationsworkshops werden sie mit allen Anspruchsgruppen getestet und optimiert.

6 Testanlagen In den Testanlagen kann die Wirkung von Faktoren wie Licht, Farbe, Akustik oder Haptik unter kontrollierten und reproduzierbaren Bedingungen untersucht oder die Barrierefreiheit überprüft werden. Die Testanlagen werden je nach Auftrag oder Forschungsfrage anders aufgebaut und ausgestattet.

7 Metallwerkstatt Eine gut ausgerüstete Metallwerkstatt unterstützt die Dienstleistungen und Forschungsprojekte des SCDH und macht damit Co-Prototyping möglich.

8 Holzwerkstatt Teil des Living Lab ist eine professionell eingerichtete Holzwerkstatt. In ihr können die Testoder Simulationsumgebungen auf das entsprechende Projekt angepasst oder Ideen für Innovationen umgesetzt werden.

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→ Es ist wissenschaftlich gut dokumentiert, dass sich Gestaltung auf die Gesundheit auswirkt. Das SCDH trägt dazu bei, dass diese Befunde in die Praxis umgesetzt werden. « Wir arbeiten evidenzbasiert und leisten Wissenstransfer », sagt Minou Afzali, die die Forschungsabteilung leitet siehe ‹ Der heilige Gral der Designmethodik ›, Seite 10. Sie und ihr Team bringen Erkenntnisse aus Studien in Projekte ein. Sie evaluieren laufende Arbeiten und veröffentlichen die Resultate. Das Kompetenzzentrum arbeitet mit Universitäten, Verbänden, Stiftungen sowie Partnern aus der Privatwirtschaft zusammen. Es verfügt über ein Scientific Board und ein Internationales Advisory Board. « Wir tauschen uns regelmässig aus, diskutieren aktuelle Themen und greifen relevante Fragen auf », so Afzali. Minou Afzali führt durchs Living Lab und die vier Testräume, die dort momentan stehen. In ihnen werden Raumkonzepte, Innovationen von Start-ups und verschiedene Materialien getestet siehe ‹ Realitätsnahe Testräume ›, Seite 7. Je nach Projekt müssen Materialien anderen Ansprüchen genügen. In einem Operationssaal dürfen beispielsweise keine elektrostatischen Entladungen entstehen. « Um Menschen und Maschinen zu schützen, muss der Boden kontrolliert ableiten », sagt Barbara Schwärzler, Innenar-

« Wer in einem Spital oder Schulhaus arbeitet, weiss viel über die Prozesse und Wege. » Stefan Sulzer, Managing Director

chitektin und Farbgestalterin. Sie hat an ihrem Arbeitsplatz diverse Muster liegen und verweist auf einen blaugrauen Belag, der infrage käme. Das passende Material zu finden, sei zeitintensiv, sagt sie. « Ein gutes Netzwerk und Fachwissen sind dabei hilfreich. » Zusammen mit der Designforscherin Meri Zirkelbach ist Schwärzler am SCDH für den Aufbau der Material-Kollektion verantwortlich. Ziel ist es, gemeinsam mit Lieferantinnen und Anwendern Produkte zusammenzutragen, die sich in Gesundheitsbauten bewährt haben. Besonderen Wert legen sie dabei auf Innovationen. Eine erste und sich stetig entwickelnde Kollektion soll ab Anfang 2025 physisch in Nidau sowie digital zur Verfügung stehen siehe ‹ Material-Kollektion ›, Seite 7.

Die Werkstätten seien für das SCDH unverzichtbar, sagt Stefan Sulzer. « Sie tragen dazu bei, dass wir Designprozesse fachkundig und effizient begleiten können ». Für private Unternehmen seien sie keine Konkurrenz: Das SCDH entwickelt selbst keine marktfähigen Produkte. « Man sollte viel mehr simulieren », sagt Sulzer abschliessend. Das interdisziplinäre und partizipative Vorgehen führe stets zu besseren Resultaten. Gerade bei komplexen Vorhaben sollte sich die Methode seiner Meinung nach etablieren: als zusätzliches Tool im Planungsprozess.

« Die Werkstätten sind für das SCDH unverzichtbar. » Stefan Sulzer, Managing Director

Swiss Center for Design and Health Das Kompetenzzentrum im bernischen Nidau fördert Design, das der Gesundheit dient. Es begleitet und erforscht Gestaltungsprozesse und ist in den Bereichen ‹ Visuelle Kommunikation ›, ‹ Objekte und Umwelt › sowie ‹ Systeme und Prozesse › tätig. Es unterstützt Projektverantwortliche mit Analysen, Beratungen, Forschung, Co-Prototyping und Simulationen. Das SCDH führt zudem Weiterbildungen und öffentliche Veranstaltungen durch. Es vernetzt Fachleute aus Wissenschaft, Politik und Praxis. Das Zentrum ist 2019 als öffentlich-private Partnerschaft gegründet worden. Es wird vom Bund, dem Kanton Bern und privaten Partnern finanziert. Seit 2022 ist es in Nidau operativ tätig. Ab Anfang 2025 wird eine eigene Material-Kollektion das Angebot ergänzen. www.scdh.ch

Alles unter einem Dach Das SCDH kann auch selbst Prototypen realisieren. Die Werkstätten in Nidau sind für Arbeiten in Metall, Holz, Kunststoff, Textil und Karton ausgerüstet. « Die Wege sind kurz », sagt Co-Leiter Raphael Huber, der Möbelschreiner ist. So könne man schnell reagieren, wenn bei Tests oder Simulationen etwas angepasst werden müsse. Zudem liessen sich Ideen für Innovationen unkompliziert und effizient umsetzen. Die räumliche Nähe der einzelnen Bereiche sei einzigartig, sagt Huber beim Gang durch die Werkstätten. « Die Nähe inspiriert und lässt Interessantes entstehen. » Für eine Orientierungstafel sind beispielsweise Holzplatten mit Blech verleimt worden. Dieses ist magnetisch und sorgt dafür, dass auf dem Signaletik-Element wechselnde Schilder angebracht werden können. « Verschiedene handwerkliche Kenntnisse und Fähigkeiten spielen hier zusammen », sagt Huber.

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Auf den Boden projizierte Grundrisse und einfach verschiebbare Pappwände ermöglichen das flexible Testen von geplanten Spitalgebäuden.

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Wie lässt sich mit Gestaltung die Gesundheit fördern? Minou Afzali leitet die Forschung am SCDH und sagt: Diese Frage muss interdisziplinär beantwortet werden.

Der heilige Gral der Designmethodik

Text: Meret Ernst

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Das Swiss Center for Design and Health ( SCDH ) richtet sich an alle, die sich für die Schnittstellen interessieren, an denen sich Architektur und Design mit Fragen der Gesundheit treffen. « Diese Schnittstellen werden nicht nur in gebauten Räumen fassbar », erklärt Minou Afzali, Leiterin Forschung. Unter « Räume » versteht sie die gebaute und gestaltete Umwelt. Dazu gehören auch digitale Räume, etwa eine Plattform, die Pflegefachpersonen in der Onkologie mit Informationen und Austauschmöglichkeiten versorgt, oder etwa hybride Settings der Telemedizin, die uns zu Hause unterstützen. Die Menschen im Zentrum Als promovierte Sozialanthropologin interessiert sich Minou Afzali dafür, wie Menschen in analogen, digitalen und hybriden Räumen in Bezug auf ihre Gesundheit interagieren. Und als diplomierte Designerin weiss sie auch, dass alles gestaltet ist – nicht nur Räume, sondern auch die Interaktionen und Objekte, die darin ihre Wirkung entfalten. Das reicht vom Kinderpflaster bis zum Anästhesieschlauch, vom Wartezimmer in der Urologie-Praxis bis zum Operationssaal, vom Spitexbesuch bis zur Beratung in der Telemedizin. Auch das Gesundheitssystem ist gestaltet: Es ist politisch so gewollt. Es bildet denn auch den Systemhorizont, an dem sich das SCDH ausrichtet. Darin eingebettet sind der Technologietransfer, die Kooperationen mit diversen Praxis- und Forschungspartnerinnen und der Aufbau der Weiterbildung. Die Angebote werden unter den Stichworten ‹ Visuelle Kommunikation ›, ‹ Objekte und Umwelt › sowie ‹ Systeme und Prozesse › gebündelt. « Unser Ziel ist es, in allen diesen Bereichen Designlösungen und Standards zu erforschen und zu entwickeln, die die Gesundheit fördern », sagt Minou Afzali. Dem heiligen Gral der Designmethodik folgend, werden die Angebote des SCDH menschenzentriert, partizipativ und iterativ entwickelt: « Wir stellen die Menschen ins Zentrum unserer Bemühungen ; wir beziehen die Perspektiven aller Beteiligten von Anfang an mit ein und wir wissen auch, dass wir eine gestalterische Lösung im steten Überprüfen finden. » Als Forscherin jedoch ist Minou Afzali besonders am vierten Grundsatz des SCDH interessiert: dem evidenzbasierten Vorgehen. Kann Architektur heilen ? Denn über allen Bemühungen steht die Frage, ob und wie sich Gesundheit und Gestaltung aufeinander beziehen lassen. Immerhin entspricht es unserer Alltagserfahrung, dass die gebaute Umwelt, die Produkte, mit denen wir interagieren, oder die Dienstleistungen, die wir in Anspruch nehmen, auf unser Wohlbefinden abfärben. Aber kann Architektur heilen ? Allein bestimmt nicht, sagt Minou Afzali und fängt überzogene Ansprüche ein. « Es gehören viele weitere Faktoren dazu, dass wir gesund sind. » Als Wissenschaftlerin will sie es genau wissen: Welchen messbaren Einfluss haben Architektur und Design auf die Gesundheit ? Dazu gibt es gesicherte Erkenntnisse. Eine in der Fachzeitschrift ‹ Science › erschienene Studie von 1984 markiert den Anfang der Forschungsrichtung Evidenzbasiertes Design, kurz EBD. Unter der Leitung des amerikanischen Professors Roger Ulrich evaluierte ein Forschungsteam Aufzeichnungen von 46 Patienten, die zwischen 1972 und 1981 in einem Krankenhaus im Bundesstaat Pennsylvania die Gallenblase hatten entfernen

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lassen. Die 23 Personen, die ins Grüne blicken konnten, lagen weniger lange im Spital, erhielten weniger negative Kommentare in den Aufzeichnungen der Pflegenden und nahmen weniger starke Schmerzmittel ein als die andere Hälfte der Gruppe. Diese lag in ähnlichen Zimmern, deren Fenster waren allerdings auf eine Backsteinwand gerichtet. Geht es um die Gesundheit, ist der nachweislich stresslindernde Bezug zur Natur nur einer von vielen Faktoren. Eine Fülle von Studien hat mittlerweile aufgezeigt, wie gut konzipierte und gestaltete Räume, Objekte und Prozesse Spitalinfektionen, medizinische Fehler, Patientenstürze oder Verletzungen des Personals verringern, den Stress von Patientinnen und Pflegenden reduzieren, Produktivität, Sicherheit sowie die ökologische und ökonomische Nachhaltigkeit verbessern können. Dieses gesicherte Wissen ist die Basis für neue Forschungs- und Designfragen. Auch für die Forschenden am SCDH. « Wir überprüfen den Forschungsstand und erarbeiten mit unseren Forschungs- und Praxispartnern die Ausgangslage. Fehlen Evidenzen, schaffen wir sie », so skizziert Minou Afzali das Vorgehen. « Darauf aufbauend identifizieren wir Lösungs- und Optimierungsoptionen. » Funktionale Anforderungen an Räume für die Gesundheit basieren auf einer langen Tradition. Tatsächlich steckt viel Wissen in Richtlinien, Standards und Vorgaben. Weshalb braucht es trotzdem neue Evidenz ? « Es stimmt, wir bauen seit vielen Jahrhunderten Räume für die Gesundheit. Aber wir forschen und gestalten in spezifischen Kontexten und für unterschiedliche Bedürfnisse », sagt Minou Afzali. Was auf eine Patientengruppe wohltuend wirke, sei für eine andere beängstigend. Je nach Kontext ergeben sich widersprechende Evidenzen. Gestaltung ist immer kontextabhängig. Dabei geht es auch um wahrnehmungspsychologische Fragen. Und damit sind wir mittendrin: Wie kann ästhetische Evidenz erhoben werden ? Um diese Frage zu beantworten, arbeiten am SCDH auch Designund Architekturschaffende. Hochgradig interdisziplinär Das Team des SCDH fasst den Begriff Evidenz breit. Minou Afzali: « Daten erheben, beobachten, gestalten und testen – das alles gehört zum evidenzbasierten Gestalten. Und stets gehen wir, wie in jeder Forschung, vom Stand des Wissens aus. » Dieser Stand wird im SCDH aktiv bewirtschaftet, indem Symposien zu Gesundheitsthemen veranstaltet und Gastforschende oder an einem Projekt beteiligte Partner aus dem Hochschulkontext eingeladen werden, ihr Wissen zu teilen und es gemeinsam voranzubringen. « Die Forschenden bringen ihre Expertise mit ein, sie nutzen unser Know-how oder unsere Infrastruktur und können dadurch für ihre Projekte spezifische Antworten finden », erklärt Minou Afzali. Dieser Austausch ist hochgradig interdisziplinär. Das wiederum ist eine Anforderung des grossen Forschungsgebiets Gesundheit. Denn Gesundheit ist laut WHO mehr als die Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechen. Sie umfasst das vollständige körperliche, geistige und soziale Wohlergehen. Dieses forschend zu gestalten, ist eine grosse Aufgabe, die sinnvollerweise gemeinsam angepackt werden sollte.

Minou Afzali ist studierte Produktdesignerin, promovierte am Institut für Sozialanthropologie der Universität Bern und forschte und lehrte an der Hochschule der Künste Bern als Professorin für Social Design im Bereich Design und Gesundheit. Minou Afzali ist Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung des SCDH und leitet dort die Abteilung Forschung.

Evidenzbasiertes Design ( EBD ) Der Begriff tauchte zuerst im Gesundheitswesen auf. Den Anfang markiert die Studie ‹ View Through a Window May Influence Recovery from Surgery › (erschienen in: Science 224( 4647 ):420 – 1 ) von Roger S. Ulrich. Seit 2007 veröffentlicht das Fachmagazin ‹ Health En­ vironment Research & Design Journal › ( HERD ) Studien, die Fragen der Gesundheit und Gestaltung in Relation setzen. Methodisch gesehen verlangt EBD, gestalterische Entscheidungen auf Grundlage validierter Forschungsergebnisse zu treffen. Das setzt ein regelbasiertes Vorgehen voraus, das den Grundsätzen wissenschaftlichen Arbeitens folgt. Die gestalterischen, sprich baulichen und designbezogenen Entscheidungen werden begründet und die Ergebnisse überprüft, was zu neuer Evidenz führt. Die Forschung in diesem Bereich ergibt, wie sich die Gestaltung der analogen und digitalen Umgebung auf das Wohlbefinden der Systemteilnehmenden auswirkt. EBD als Methode wird auch im UX Design diskutiert. Studien zur Effizienz der Nutzung von digitalen Schnittstellen basieren hauptsächlich auf Erkenntnissen, die seit den 1980er-Jahren in der Usability-Forschung erhoben wurden.

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Im Living Lab treffen sich Fachleute aus verschiedensten Bereichen und entwickeln eine gemeinsame Perspektive.

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Monika Codourey ist Mitglied der erweiterten Geschäftsleitung des SCDH und Leiterin des Living Lab. Sie ist promovierte Architektin mit Schwerpunkt transdisziplinäre Forschung und Expertise im Healthcare-Bereich.

Verstehen zwischen Kartonwänden Die grösste Simulationsfläche der Schweiz steht im SCDH. Hier können Grundrisse und Räume im Massstab 1 : 1 nachgebaut und getestet werden. Text: Urs Honegger

560 Quadratmeter gross ist die Extended-Reality-Simulationsfläche im Living Lab. Damit ist sie schweizweit die grösste. Grundrisse lassen sich hier im SCDH in Originalgrösse auf den Boden projizieren und können mit Leichtbauwänden und Mock-ups aus der hauseigenen Werkstatt sowie echtem Mobiliar ergänzt werden. Geplante Räume werden so dreidimensional, Grundrisse begeh- und erlebbar. In Simulationsworkshops werden bereits im frühen Projektstadium Planungsfehler identifiziert und korrigiert. Dieses Vorgehen optimiert die Planungssicherheit wie auch die Arbeitsprozesse und kann Kosten sparen. Mit Rollenspielen der Realität ein Stück näher Das Konzept der Simulationen basiert auf einer Methode, die die amerikanische Intensivpädiaterin Nora Colman siehe ‹ Simulation verbessert die Architektur ›, Seite 14 bei der Planung des Atlanta Children’s Hospital entwickelt hat. « Als Gastforscherin hat sie mit uns den kriterienbasierten Einsatz der Simulationsmethode trainiert », erklärt Monika Codourey, Leiterin des Living Lab. Als Erstes wird mit dem Praxispartner festgelegt, was und in welchen Szenarien getestet wird. Je nach Fragestellung wird das Vorgehen anders aufgesetzt. Auf der Simulationsfläche nehmen Baupläne erstmalig konkrete Formen an. « Zwischen den Kartonwänden gelangt man zu anderen Erkenntnissen als am Computer oder in einem virtuellen Raum », sagt Monika

Codourey. Meist würden bereits beim Aufbau Schwachstellen deutlich. Etwa, dass ein Durchgang zu schmal bemessen ist. Weniger augenfällige Mängel liessen sich in den Simulationen erkennen, die von SCDH-Mitarbeitenden geleitet und moderiert werden. « Wir spielen mehrere Szenarien realitätsnah durch », so Codourey. Neben Arbeitsabläufen werden meist auch logistische Prozesse oder Notfallsituationen getestet. Die Beteiligten nehmen im Living Lab die projektierten Räume eins zu eins wahr. « Sie schätzen etwa Wegstrecken viel besser ein und begreifen räumliche Kontexte, die sie auf dem Plan kaum bemerken würden », so Codourey. Niemand kenne die Arbeitsabläufe so gut wie die künftigen Nutzerinnen – auch nicht die Planenden und Architekten. Die Nutzer wiederum haben oft Mühe, Pläne zu verstehen. Eine Simulation erleichtert deshalb die Kommunikation zwischen den Beteiligten. Ungefähr die Hälfte der Simulationsteilnehmer beobachtet das Geschehen und macht sich Notizen. Die andere Hälfte schlüpft in Rollen, die sie aus ihrem Berufsalltag kennen. Im Debriefing tragen die Anwesenden ihre Beobachtungen zusammen. « Bereits kleine Veränderungen können viel bewirken », sagt Monika Codourey. Man schaffe damit Räumlichkeiten, die den Nutzerinnen dienten. Das sei gerade angesichts des aktuellen Fachkräftemangels entscheidend. →

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« Simulation verbessert die Architektur » Nora Colman, wie überzeugen Sie Krankenhausmanagerinnen und Architekten davon, dass sich eine Simulation lohnt ? Nora Colman: Indem ich ihnen die möglichen Sicherheitsverbesserungen und Kosteneinsparungen aufzeige. Wir wissen, dass die gebaute Umgebung die Sicherheit der Patientinnen beeinflusst. Schlecht gestaltete Räume führen zu höheren Personalkosten, weil sie ineffizient betrieben werden, oder sie können kostspielige Sicherheitsprobleme verursachen. Wer gibt normalerweise den Anstoss, in der Planung eine Simulation anzuwenden ? Im Planungsprozess werden Architektinnen auf Fragen stossen, bei denen das Spitalmanagement nur schwer entscheiden kann. Das gibt den Architekten die Gelegenheit zu sagen: Wir könnten diesen Bereich in einer Simulation testen. So erhalten wir umfassendere Informationen, die bei der Entscheidungsfindung helfen. Gleichzeitig erhält das Management die Möglichkeit zu sagen: Dieser Raum wird ganz anders aussehen, als wir es gewohnt sind. Wir möchten das Feedback unserer klinischen Teams einholen, damit wir gute Entscheidungen treffen können. Welche Vorteile bringt die Simulation den Architekturbüros im Planungsprozess ? ‹ Work as imagined › ist selten ‹ work as done ›. Planende können einen Raum entwerfen und sich die Nutzung vorstellen, aber die Realität sieht oft anders aus. Die Klinikmitarbeitenden interagieren möglicherweise ganz anders damit. Simulation macht diese Unterschiede sichtbar. Was ziehen die Klinikmitarbeitenden aus einer Simulation ? Sie haben oft Mühe, eine zweidimensionale Zeichnung in den Kontext ihrer Arbeit zu übertragen. Wenn ein Raum nicht ihren Bedürfnissen entspricht, entwickeln sie alternative Lösungen, um ihre Arbeit zu erleichtern. Diese Alternativen können jedoch unsicher oder ineffizient sein, deshalb ist es wichtig, sie frühzeitig in den Planungsprozess einzubeziehen. Haben Sie ein Beispiel dafür? Als wir unser Krankenhaus in Atlanta bauten, planten wir die Raumaufteilung und stellten sicher, dass alle Geräte ihren Platz hatten. Auf dem Papier sah alles grossartig aus. Aber als die Klinikmitarbeitenden den Raum in der Simulation nutzten, konnten sie den Kopf des Bettes nicht erreichen, sobald ein Patient an Geräte angeschlossen war. Simulation zwingt sowohl die Architektinnen als auch das Spitalmanagement, über den typischen Planungsprozess hinauszudenken. Es hilft allen, die Architektur aus der Perspektive derjenigen zu sehen, die den Raum auch tatsächlich nutzen werden.

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Die Architektur beeinflusst also nicht nur die Qualität der Versorgung, sondern auch das Wohlbefinden der Mitarbeitenden. Räume ohne klinischen Input zu gestalten, führt zur Überlastung der Mitarbeitenden. Klinikmitarbeitende wollen nicht in Räumen arbeiten, die nicht auf ihre Bedürfnisse abgestimmt sind. Wenn ein Krankenhaus die Angestellten nicht in den Planungsprozess einbezieht, signalisiert es damit, dass die Meinung der Arbeitenden nicht geschätzt wird, was die Moral weiter untergräbt und die Personalfluktuation erhöht. Und Fluktuation ist teuer. Sind Architektinnen Ihrer Erfahrung nach bereit, sich auf den Prozess der Simulation einzulassen ? In den USA beobachten wir einen kulturellen Wandel. Architekten binden zunehmend Endnutzerinnen in ihre Prozesse ein, aber auch die Krankenhausleitungen müssen offen dafür sein. Simulationen führen oft zu Designänderungen, und beide Parteien müssen bereit sein, diese anzunehmen. Ziel der Simulation ist es nicht, die Architektur zu kritisieren, sondern sie zu verfeinern und zu verbessern, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. Ist Spitalarchitektur nicht standardisierbar ? Die Gesundheitsversorgung ist sehr nuanciert und je nach Krankenhaus, Land und sogar je nach Team sehr anders. Es gibt keine Einheitslösung für das Design von Krankenhäusern, weil jedes System die Pflege unterschiedlich organisiert. Architektinnen müssen eine Balance zwischen Standardisierung und Individualisierung finden. Das funktioniert nur, wenn sie mit den Klinikpersonal zusammenarbeiten, um zu verstehen, wie die Versorgung in ihrem spezifischen Umfeld abläuft.

Nora Colman ist Assistenzprofessorin für Pädiatrie und praktizierende Ärztin für pädiatrische Intensivmedizin am Children’s Healthcare of Atlanta ( USA ). Die Simulationsexpertin erforscht den Einfluss von Architektur und Design auf die Patientensicherheit. Colman war Organisatorin vieler grosser Simulationsprojekte bei der Planung von Spitälern und hat am SCDH einen zweitägigen Workshop zum Thema ‹Hospital design and care delivery› geleitet.

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Wie stellen Sie sicher, dass Architekten und Krankenhausmanager während des Simulationsprozesses klar miteinander kommunizieren ? Alle Beteiligten müssen ein gemeinsames Verständnis der Ziele und Grenzen der Simulation haben. Gewisse Designelemente können nicht verändert werden, und das muss von Anfang an klar sein. Wir verwenden auch Werkzeuge wie die Fehlermöglichkeits- und Einflussanalyse ( FMEA ), um Probleme nach Sicherheits- und Effizienzkriterien zu priorisieren. Es ist wichtig, dass sich der Architekt und die Krankenhausbetreiberin einig sind, wie nach der Simulation Entscheidungen getroffen werden. Die Entscheidungen müssen ganz nach oben getragen werden, um sicherzustellen, dass die Erkenntnisse aus der Simulation auch umgesetzt werden. Simulationen sind aufwendig und scheitern oft an den Kosten. Die Kosten sind besonders für Spitäler ein Thema. Die Simulation erfordert Zeit und Personal, was auf den ersten Blick abschreckend wirkt. Aber sie muss nicht teuer sein. Wir können Simulationen skalieren, von einem einzelnen Raum bis zu einer ganzen Abteilung. Es geht darum, den Krankenhäusern die langfristigen Kosteneinsparungen zu verdeutlichen. Je früher man Planungsfehler entdeckt, desto günstiger ist es, sie zu beheben. Haben Sie ein Beispiel ? Wir verwenden ein Konzept namens Kosten-Einfluss-Kurve. Dieses zeigt, wie kostengünstig Änderungen in der frühen Planungsphase sind, während sie nach Beginn des Baus viel teurer werden. In einem Fall musste eine Notaufnahme komplett umgebaut werden, was Millionen gekostet hat. Mit Simulationen kann man solche Probleme frühzeitig erkennen und so sowohl Bau- als auch Betriebskosten langfristig einsparen. Welche Rolle kann das SCDH in diesem Prozess spielen? Die Verwendung von Simulationen zur Überprüfung von Krankenhausdesigns ist eine relativ neue Anwendung. Nur wenige wissen, wie man sie richtig durchführt. Selbst wenn ein Krankenhaus Simulationen für die Ausbildung

verwendet, ist das nicht dasselbe wie die Überprüfung einer physischen Umgebung. Und auch Architekturbüros, die auf Krankenhausplanung spezialisiert sind, fehlt dieses Wissen. Das SCDH bietet den nötigen Raum und die Expertise für die Durchführung der Simulationen. Kann diese Expertise über die Planung eines einzelnen Projekts hinausgehen ? Das SCDH ist neutral und an kein bestimmtes Architekturbüro, Krankenhaus oder an einen Lieferanten gebunden. Deshalb ist es der ideale Ort für Zusammenarbeit und Innovation. Es bietet die Möglichkeit, Architektinnen, Klinikmitarbeitende und Krankenhausleitungen zusammenzubringen. Das SCDH ist eine einzigartige Plattform, die einen neuen Standard für die Architektur von Gesundheitseinrichtungen weltweit setzen könnte. Was bedeutet das für Architekturschaffende? Ein Architekturbüro könnte am SCDH Kompetenzen entwickeln, die es in verschiedenen Ländern nutzen kann. Man könnte Gesundheitspersonal aus zehn verschiedenen Krankenhäusern in eine universelle Architektur integrieren. Ein Entwurf mit diesen spezifischen Merkmalen würde für viele Projekte funktionieren. Und dieses Grunddesign könnte man dann weiter optimieren und an die individuellen Bedürfnisse anpassen. Interview: Urs Honegger

« Die Kosten sind besonders für Spitäler ein Thema. » Nora Colman, Intensivärztin und Simulationsexpertin

Auswirkung der simulationsgestützten Prüfung der Krankenhausplanung auf die Kosteneinflusskurve Kurve nach Wideman ( 2001 ) sowie Christensen und Manuele ( 1999 ) Projektende

Tiefe Kosten

Hohe Kosten

Projektstart

Projektzeitplan Prüfung des Entwurfs per Simulation Kostenkurve mit Prüfung. Die Kosten können vor dem Bau beeinflusst werden. Kostenkurve ohne Prüfung. Anpassungen sind nach dem Bau mit hohen Kosten verbunden.

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Wie wirken sich digitale Prozesse auf Patienten, Pflegende und Ärztinnen aus ?

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« Was würde Florence Nightingale denken ? » Mittels präziser Simulationen untersuchen Ärztinnen, Architekten und Pflegende, was digital gestützte Pflegemodelle zu leisten vermögen. Das Potenzial ist gross – genauso wie die Herausforderungen. Text: Mirjam Rombach

In einem gemütlich eingerichteten Wohnzimmer sitzt zusammengesunken ein älterer Mann. Seine Brust hebt und senkt sich schwerfällig. Fast scheint er wegzudämmern, als ihn ein Klopfen aufschreckt. Mühsam stemmt er sich aus dem Sessel und öffnet einer jungen Frau die Tür. Sie trägt einen grünen Kittel und einen prall gefüllten schwarzen Koffer, den sie behutsam auf dem Holztisch platziert. Sofort fängt der Mann an zu erzählen, klagt über Herzrasen und die Angst, ohnmächtig zu werden. Beide tragen Filzpantoffeln über den Schuhen, hoch über ihren Köpfen schweben riesige Scheinwerfer. Die Szene ist Teil des Symposiums ‹ Building trust: Designing for remote care › des Swiss Center for Design and Health. Ein Kreis von Beobachterinnen verfolgt das Geschehen aufmerksam, macht Notizen und filmt mit dem Smartphone. Viele gehören dem Team des SCDH an, das für den zweitägigen Anlass vier Testszenarien vorbereitet hat. Die Simulationen sollen zeigen, wie sich die Einbindung digitaler Prozesse in die Gesundheitsversorgung auf Patienten, Pflegende, Ärztinnen und Angehörige auswirkt. Fallbeispiel ist die Geschichte eines herzkranken Mannes, der soeben aus dem Krankenhaus entlassen und zu Hause hospitalisiert worden ist. ‹ Hospital at Home › nennt sich das Konzept, das eine klinische Versorgung in den eigenen vier Wänden vorsieht.

Diskutiert wird hier viel: Jeder Handgriff, jede Entscheidung der Beteiligten wird während des Debriefings analysiert. « War der Prozess nicht fast zu perfekt ? Widerspiegelt dieser geduldige Umgang tatsächlich die Realität ? », fragt Dean Harder die Teilnehmerinnen. Der Professor der Berner Fachhochschule hat das Symposium mitorganisiert und ist Mitglied des Scientific Board am SCDH. Anwesend sind auch verschiedene Mitglieder des internationalen Advisory Board, angereist aus Schweden, Kanada und den USA. In der weitläufigen Halle finden Menschen aus der öffentlichen Gesundheit, Pflege, Medizininformatik, Sozialanthropologie, Chirurgie, Notfallmedizin, aus Design und Architektur zusammen. Die Gruppe bewertet den Einsatz des digitalen Kommunikationstools besonders konzentriert. Gemäss Skript stellt die Spitex-Angestellte einen Videoanruf mit dem zuständigen Kardiologen des Spitals her, der via Fernkonsultation Anweisungen gibt und den Herzpatienten beruhigt. Der Bildschirm dafür steckt im schwarzen Koffer, der ausserdem medizinisches Zubehör enthält. Obwohl die anwesenden Fachleute in der demonstrierten zweistufigen Behandlung Vorteile sehen, erkennen sie auch kritische Punkte. Diese betreffen vor allem die Rolle der Pflegenden, deren Aufgabenspektrum durch die technologische Unterstützung wächst. Die Auseinandersetzung mit digital gestützten Pflegemodellen ist dringend nötig: Nur wer Erfahrungen samDas Wissen der Nutzerinnen abholen Als Protagonisten wirken Pflegefachfrauen, Ärzte und melt, kann beurteilen, welche Tools gebraucht werden und Mitarbeiterinnen. Auch Schauspieler sind mit dabei. Ob- wie ihre Handhabung aussehen soll. Als Schnittstelle zwiwohl ihnen die Erfahrungen der Patienten fehlen, sind ihre schen Patienten, Angehörigen und Spital zu interagieren, Gefühle während des Rollenspiels wichtige Indikatoren. macht Pflegende zu zentralen Figuren. Ihr Wissen gilt es «Die Methode der Simulation ist in der Designforschung an die Tech-Entwicklerinnen weiterzugeben. « Sie sollen sehr wertvoll», sagt Minou Afzali, Forschungsleiterin des Technologien entwickeln, die uns dabei helfen, den PaSCDH. « Diese Szenen am eigenen Leib zu erfahren, ist ein tienten zu helfen », fordert eine Medizininformatikerin. guter Ausgangspunkt für eine Diskussion. » Die ehemalige Pflegefachfrau hatte zuvor die Rolle der →

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Hält eine Therapeutin die Onlinesitzung auf dem Sofa ab, so muss der Bildschirm auf Augenhöhe sein, das Mobiliar entsprechend designt.

→ Spitex-Angestellten übernommen. Dass der schwarze Koffer mit dem Bildschirm die Bedürfnisse des Pflegepersonals nicht berücksichtigt, ist offensichtlich – immerhin wiegt er zwölf Kilogramm. Für jemanden, der täglich Städte durchquert, um nach Kranken zu sehen, dürfte dies kaum praktikabel sein. Hybride Räume gestalten Die Simulation wirft viele technologische Fragen auf. Doch auch der physische Raum spielt eine wichtige Rolle. Vielerorts hinkt er der Entwicklung hinterher: Spitäler haben oft nur wenige Büros, für Pflegefachleute sind ohnehin kaum welche vorgesehen. Wo also lassen sich die in der Telemedizin notwendigen Videogespräche durchführen ? Finden sie in einer Umgebung voller akustischer und visueller Störungen statt, dürfte der Kontakt für die Patienten wenig vertrauensbildend sein. Dabei ist Vertrauen zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Behandlung. In den « realitätsnahen Testräumen », wie die Wohnungskulissen intern heissen, können Faktoren wie Licht, Farben oder Materialien und ihr Einfluss auf die Erfahrungen der Nutzenden überprüft werden. Wichtiger aber ist die Möglichkeit, in diesen Räumen Handlungsabläufe auf die Probe zu stellen. Denn obwohl Patientinnen die Sprechzimmer während einer Fernkonsultation nicht physisch betreten, ist deren Gestaltung elementar. Wie diese eingerichtet sind, will also sorgfältig geplant und auf diverse Szenarien abgestimmt sein. Hält eine Therapeutin die Onlinesitzung auf dem Sofa ab, so muss der Bildschirm auf Augenhöhe sein, das Mobiliar entsprechend designt. Schliesslich blicken sich Arzt und Patientin auch in der Praxis geradeaus ins Gesicht. « Therapie und Technologie sollten miteinander gedacht werden, sie bilden ein System. Die Technik darf nicht erst hinterher implementiert werden », so fasst es eine anwesende Psychoanalytikerin zusammen. Spitäler entwickeln sich immer mehr zu hybriden Orten, die sowohl für die herkömmliche als auch für die digitale Gesundheitsversorgung gebaut werden. Wie komplex deren Planung sein wird, zeigt sich am SCDH deutlich. Man braucht sich lediglich die ‹ User Journey › einer digitalen Konsultation vorzustellen, angefangen beim digitalen Warteraum in der Praxis. Dementsprechend akribisch hat das Team das Skript für die Testszenarien vorbereitet. Wo der Schwerpunkt jeweils liegen soll, ist genau definiert. « Im Operationssaal beispielsweise spielt das Infektionsrisiko eine wichtige Rolle, in einem Altersheim ist es eher die Sicherheit der Bewohnenden », sagt Minou Afzali.

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« Was würde Florence Nightingale wohl denken ? », fragt Nirit Pilosof, Forschungsleiterin am Sheba Medical Center in Israel, in die Runde. Auch sie gehört zu den Organisatorinnen des Symposiums. « Sie würde es bestimmt schätzen, dank der Technik so viele Daten zur Verfügung zu haben, um damit Umgebungen zu gestalten. » Die 1910 verstorbene britische Krankenschwester und Statistikerin Florence Nightingale gilt als Begründerin der modernen Krankenpflege. Unter anderem beschäftigte sie sich damit, wie sich Umgebungen auf die Gesundheit auswirken. Remote Care In der vertrauten Umgebung des eigenen Zuhauses bleiben zu können, wirkt sich positiv auf die Genesung aus. Studien zeigen, dass die Patienten im ‹ Hospital at Home › weniger lang im Bett liegen und schneller gesund werden. Für wen dieses Behandlungskonzept geeignet ist, hängt vor allem von der Art der Krankheit und der Lebenssituation ab. In der Schweiz ist die Pflege zu Hause bei Senioren verbreitet, doch die Akutversorgung deckt sie nicht ab. In anderen Ländern – etwa Norwegen, Israel oder Japan – ist man bereits weiter. Gepusht durch die Pandemie, will man nun auch hierzulande vorwärtsmachen. Dank des technischen Fortschritts würden dereinst nur noch jene Patienten im Spital behandelt, die keine andere Möglichkeit haben. Die anderen könnten zu Hause versorgt werden. Dabei geht es nicht allein um das Wohlergehen der Patientinnen. Das neue Modell verspricht auch eine Entlastung der Spitalinfrastruktur – und Sparpotenzial. Vorerst zeigt sich jedoch, dass es vor allem zeit- und personalintensiv ist. Dies könne sich mit zunehmender Erfahrung und Effizienz verbessern, meinte im Mai laut einem Zürcher Medienhaus ein Experte. Und lobte Grossbritannien: « Dank elektronischer Überwachung kümmern sich dort vier speziell ausgebildete Pflegefachkräfte gleichzeitig um bis zu 60 Patienten. » Ob dies ein wünschenswertes Szenario ist, ist fraglich. Am Potenzial der ‹ Remote Care › rüttelt es nicht. Dass die entsprechenden Technologien bald im Einsatz sein werden, bezweifelt am SCDH niemand. Deshalb will man dafür sorgen, dass ihre Implementierung im Sinne der Nutzerinnen stattfindet. Und dass Planerinnen, Architekten, Designerinnen und Softwareentwickler lernen, die Perspektive von Versorgungsleistenden und Patientinnen mitzudenken.

Dank des technischen Fortschritts könnten dereinst nur noch jene Patienten im Spital liegen, die keine andere Möglichkeit haben.

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Welche Patientinnen liegen zukünftig im Spital und welche Räumlichkeiten finden sie vor ?

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Erleben, diskutieren, weiterentwickeln

In seinen Tätigkeitsfeldern ‹ Visuelle Kommunikation ›, ‹ Objekte und Umwelt › und ‹ Systeme und Prozesse › bietet das SCDH ein vielfältiges Angebot von Analyse über Beratung, Weiterbildung bis zur Simulation und zum Co-Prototyping. Eine Übersicht aktueller Projekte. Fotos: SCDH

Ein neues Akutspital Für den Spitalneubau Biel-Brügg wurde im Rahmen eines qualitätssichernden Verfahrens 2023 ein Studienwettbewerb durchgeführt. Geplant wird ein Akutspital, das mit rund 200 Betten kompakt dimensioniert ist und die zukünftige Ambulantisierung in besonderem Masse beachtet. Der Neubau soll sich aus Prozessoptimierungsgründen klar vom ambulanten Angebot abheben und auf stationäre und technische Leistungen ausgerichtet sein. Im Rahmen von Workshops auf der Extended-Reality-Simulationsfläche des SCDH werden die Grundrisse des geplanten Neubaus anhand von Projektionen, Leichtbauwänden sowie kontextspezifischem Mobiliar und Mock-ups zusammen mit den Nutzenden überprüft und optimiert. Der Fokus liegt auf der Sicherheit der Patientinnen, dem Wohlbefinden des Personals und den Arbeitsabläufen. Es werden Operationssäle mit Ein- und Ausleitung, Patientinnenzimmer und Gänge, die Notfall- und die Intensivstation sowie die Radiologie und das Ambulatorium simuliert. Die Erkenntnisse des Simulationsworkshops wer- Umdenken beim Planen den in die weitere Konkretisierung der Planung Wie gestalten wir die Spitäler der Zukunft ? Diese des Neubaus einfliessen. Frage stand im Zentrum des Workshops ‹ Hospital design and care delivery ›. Die SimulationsexSimulationsworkshops Spitalneubau Biel–Brügg, pertin und Intensivärztin Nora Colman siehe ‹ « Si2025 bis 2026 mulation verbessert die Architektur » ›, Seite 14 nannte in Tätigkeitsfeld: ‹ Objekte und Umwelt › ihrer Eröffnungspräsentation die drei wichtigsten Angebot: Dienstleistung Aspekte des Spitaldesigns sind PatientinnenPlattform: Extended-Reality-Simulationsfläche sicherheit, betriebliche Gestaltung und architektonische Gestaltung. In den Diskussionen unter den Workshopteilnehmenden wurden mehrfach länderspezifische Unterschiede hinsichtlich der Herausforderungen in der Planung und der Gestaltung von Spitalneu- und -umbauten deutlich. Doch überall ist der Bau von Gesundheitsinstitutionen, insbesondere Spitälern, sehr komplex. Die Bewältigung dieser Komplexität erfordert die Einbeziehung aller Beteiligten. Es braucht einen Planungsansatz, der einen stetigen Dialog- und Entscheidungsprozess darstellt. Auch muss das Krankenhausmanagement geschult werden, damit es architektonische Entwurfsprozesse besser versteht. Die Architektinnen wiederum müssen die Betriebsabläufe in den Spitälern umfassend begreifen. Nach spannenden Diskussionen in Kleingruppen und im Plenum nutzten die Teilnehmenden am zweiten Tag die Extended-RealitySimulationsfläche, um die Methode der Simulation kennenzulernen und Räume und Prozesse im Massstab 1 : 1 zu evaluieren und zu optimieren. ‹ Hospital design and care delivery ›, Juni 2024 Tätigkeitsfeld: ‹ Objekte und Umwelt › Angebot: Weiterbildung Plattform: Extended-Reality-Simulationsfläche

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Optimale Erweiterung Die Rehaklinik Hasliberg ist eine renommierte Klinik im Bereich der internistisch-onkologischen, psychosomatischen und muskuloskelettalen Rehabilitation. Die Klinik verfügt über rund 80 Betten und plant diverse Baumassnahmen, etwa die Sanierung zweier Stockwerke und einen Erweiterungsbau mit 20 neuen Zimmern. Im Mai 2028 soll die neue Infrastruktur in Betrieb genommen werden. Zur Vorbereitung des Um- und Neubaus besuchten die am Bauprozess beteiligten Personen mit einem Team des SCDH die REHAB Basel. Die Klinik für Neurorehabilitation und Paraplegiologie behandelt und begleitet Patienten auf dem Weg zurück in ein lebenswertes Leben. Trotz des hochkomplexen klinischen Umfelds sollen diese sich bei ihrem oft monatelangen Aufenthalt wohlfühlen. Der Bau des Architekturbüros Herzog & de Meuron aus dem Jahr 1999 ist ein Vorzeigebeispiel unter den Schweizer Spitalbauten. Konzept und Philosophie des Baus haben sich in all den Jahren bestens bewährt. Nach dem Ausflug nach Basel besuchten die Vertreterinnen der Rehaklinik Hasliberg das Living Lab des SCDH Besser sitzen und wurden zum Thema gesundheitsfördernde Die Gemeinde Muri bei Bern möchte den öffentArchitektur geschult und sensibilisiert. lichen Raum für die ältere Bevölkerung attraktiver gestalten. Diese wünscht sich unter anderem alGesundheitsfördernde Architektur für tersfreundliche Rundwege und Sitzmöglichkeiten. die Rehaklinik Hasliberg, Dezember 2023 Für eine Abstimmung in der Bevölkerung hat das Tätigkeitsfeld: ‹ Objekte und Umwelt › SCDH eine von der Agentur komform entwickelte Angebot: Beratung Plattform: Extended-Reality-Simulationsfläche Bank als Mock-up und Prototyp realisiert. Bei der Entwicklung wurden altersgerechte Eigenschaften, die generationenübergreifende Nutzung, die kostengünstige Produktion sowie die Demontierbarkeit und Instandhaltung durch den lokalen Werkhof berücksichtigt. Der Prototyp des SCDH wird mit einem bereits bestehenden Modell der Gemeinde sowie einem Entwurf des Seniorenrats und der Bevölkerung verglichen und getestet.

Symposium 2024 Mitglieder des Scientific Board, des International Advisory Board, das SCDH-Team sowie geladene Expertinnen und Gäste trafen sich im Juli 2024 zum dritten SCDH-Symposium. Der Schwerpunkt lag auf der Entwicklung von ‹ Remote Care › und der Integration telemedizinischer Technologien in Spitälern oder dem häuslichen Umfeld der Patientinnen. Die Vorträge und die anschliessenden Diskussionen boten Einblicke in das Zusammenspiel von Fernversorgungstechnologien und gebauter Umwelt sowie deren Auswirkungen auf die menschliche Erfahrung. Es folgten Live-Simulationen verschiedener ‹Remote Care›-Szenarien auf der Extended-Reality-Simulationsfläche und in den realitätsnahen Testräumen im Living Lab. Verschiedene öffentliche Vorträge und eine Podiumsdiskussion bildeten den Abschluss des Symposiums. Das Ziel des SCDH besteht nun darin, aus den Erkenntnissen des Symposiums Empfehlungen sowie Richtlinien abzuleiten, die Entscheidungsträger, Managerinnen im Gesundheitswesen, Architekten, Designerinnen, Entwickler von neuen Technologien und medizinisches Personal informieren und sie in die Lage versetzen, das volle Potenzial von ‹Remote Care›-Modellen auszuschöpfen. Symposium 2024: Remote-Care, Juli 2024 Tätigkeitsfeld: ‹ Objekte und Umwelt ›, ‹ Systeme und Prozesse › Angebot: Weiterbildung, Simulation Plattform: Extended-Reality-Simulationsfläche, Realitätsnahe Testräume

Alterssensible Sitzmöglichkeit, Herbst bis Winter 2024 Tätigkeitsfeld: ‹ Objekte und Umwelt › Angebot: Dienstleistung Plattform: Simulation und Co-Prototyping

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Website im Praxistest

Neues Operationszentrum Um die Zukunft des Spitals Bülach zu sichern, streben die Betreiber eine aktive Entwicklung des Leistungsangebotes und ein Wachstum des stationären Angebotes an. Das zentrale Projekt ist der Betrieb eines ambulanten Operationszentrums auf dem Campus des Spitals. Die Planungen für den Operationsbereich im neuen Behandlungstrakt befinden sich im Frühjahr 2023 in der Detaillierungsphase. Im Rahmen eines Simulationsworkshops wird der aktuelle Stand der Grundrisse des OP-Bereichs zusammen mit den OP-Teams des Spitals, dem zuständigen Architekturbüro und den Expertinnen des SCDH evaluiert. Im Simulationsworkshop werden die architektonischen Herausforderungen identifiziert, die das Bauprojekt für die Sicherheit der Patienten, das Wohlbefinden der Mitarbeitenden und das Etablieren von reibungslosen Arbeitsabläufen mit sich bringt. Die Erkenntnisse fliessen in die weitere Planung des Operationsbereichs ein. Simulationsworkshop Operations-Bereich Spital Bülach, März 2023 Tätigkeitsfeld: ‹ Objekte und Umwelt › Angebot: Simulation und Co-Prototyping Plattform: Extended-Reality-Simulationsfläche

Material-Kollektion Die Material-Kollektion des SCDH ist eine Plattform für kuratierte Materialien, die die Gesundheit fördern. Die Wahl von passenden Materialien ist bei allen Neu- und Umbauten eine grosse Herausforderung. Die Materialien müssen unterschiedlichen, teils sehr hohen und spezifischen Anforderungen gerecht werden. Mit seiner Material-Kollektion gibt das SCDH Architektinnen, Designern und Planerinnen ein Werkzeug an die Hand, das die Recherche vereinfacht, die Auswahl passender Materialien erleichtert und fundiertes Wissen zu den Werkstoffen sowie ihrer Anwendung bereitstellt. Sämtliche Materialien werden anhand aktueller Forschungserkenntnisse und Erfahrungen validiert, mit detaillierten Informationen versehen und in ihrem realen Anwendungskontext veranschaulicht. Die Kollektion bietet digitale und physische Tools, eine wachsende Wissensdatenbank, evidenzbasierte Planungshilfen und Veranstaltungen.

Wie sieht eine userfreundliche Internetseite aus ? Unter diesem Aspekt überprüften Expertinnen des SCDH, der Akademischen Fachgesellschaft Onkologiepflege, der Ostschweizer Fachhochschule, der Inselgruppe und des Kantonsspitals St. Gallen die Website des Fachverbandes für Onkologiepflege Schweiz. Sie untersuchten, wo Schwierigkeiten beim Auffinden bestimmter Informationen bestehen und wie die Gestaltung der Benutzungsoberfläche von Onkologika.ch hinsichtlich Lesbarkeit und Verständlichkeit verbessert werden kann. Getreu dem partizipativen Vorgehen des SCDH wurden Nutzende aus verschiedenen Versorgungssettings und Regionen der Schweiz miteinbezogen. In einem ersten Schritt wurde eine Designanalyse durchgeführt. Diese zeigte auf, dass eine kontrastreichere Schrift auf der Landingpage zu einer besseren Lesbarkeit beiträgt, dass Aktualisierungsdaten auf den Merkblättern die Transparenz verbessern und dass Navigations- und Filterelemente sowie eine klarere Hierarchisierung die User Journey erleichtert. In einem zweiten Schritt gab eine Online-Umfrage unter 60 Pflegefachpersonen Aufschluss über die Anforderungen und Ziele von Onkologika.ch aus Sicht der Nutzenden. Die Ergebnisse aus Designanalyse und Onlineumfrage wurden in Workshops mit Pflegefachpersonen und dem Fachteam von Onkologika.ch besprochen. Ein Schlussbericht zuhanden der Onkologiepflege Schweiz fasste die Ergebnisse zusammen und gab konkrete Empfehlungen zur Verbesserung der Website. Usability-Analyse Onkologika.ch, April 2023 bis Januar 2024 Tätigkeitsfeld: ‹ Visuelle Kommunikation › Angebot: Analyse Plattform: vor Ort bei der Kundin

Material-Kollektion, Januar 2025 Tätigkeitsfeld: ‹ Visuelle Kommunikation ›, ‹ Objekte und Umwelt › Angebot: Analyse, Beratung, Simulation und Co-Prototyping Plattform: Material-Kollektion

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Welche Rolle spielt der Mensch im Spital der Zukunft ?

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Im Superlabor Im Swiss Center for Design and Health ( SCDH ) in Nidau können alle, die im Gesundheitsbereich entwerfen, planen, bauen und arbeiten, wegweisende Projekte testen, überprüfen und optimieren. In den grosszügigen Räumlichkeiten des SCDH entwickeln Fachpersonen eine gemeinsame Perspektive. Dies mit einem Ziel: Dank Design das Wohlbefinden und die Gesundheit der Gesellschaft steigern. www.scdh.ch

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Hochparterre X / 18 — Titel Artikel


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