Themenheft von Hochparterre, September 2023
Stadtquartier am Stadtrand
Die Dächer versprechen Paris, der Spielplatz Lebensqualität vor der Haustür. Auf dem Glasi-Areal in Bülach ist ein dichtes Stück Stadt entstanden. Porträt eines ungewöhnlichen Wohnquartiers.
Arbenita Rarifi ( 24 ) rechts besucht ihre Schwester bei der Arbeit. Sie sitzen auf der Piazza Santeramo. Im Glasi-Quartier gefällt es ihr sehr gut: « Ich fühle mich wie in Albanien – nur das Meer fehlt. »
Das Glasi-Areal schwarz liegt am nördlichen Stadtrand von Bülach gleich neben dem Bahnhof.
Inhalt
4 Einleben im Eigenleben
Eine szenische Reportage über das Leben im neuen Glasi-Quartier.
14 Vier Meinungen
Einschätzungen des Nachhaltigkeitsexperten, des Stadtpräsidenten, der Landschaftsarchitektin und des Urbanisten.
16 Die Dichte-Wette
Eine Architekturkritik , ein Übersichtsplan und ein Vergleich mit drei weiteren Arealüberbauungen im Raum Zürich.
22 Der gelbe Balken
BIM als Schlüsselelement bei der Planung.
Das Heft zur Planungsgeschichte Das erste Themenheft zur Überbauung auf dem Glasi-Areal heisst ‹ Stadt in der Hauptrolle › und dokumentiert das Projekt und seine Planung. Es ist zum Spatenstich 2019 erschienen. Bestellen unter shop.hochparterre.ch
Editorial
Glasi im Reality-Check
2002 stellte die Glashütte Bülach ihre Produktion nach 111 Jahren ein. 2013 luden die drei Entwicklungspartner Steiner, Logis Suisse und Baugenossenschaft Glattal Zürich elf Teams zu einem städtebaulichen Studienauftrag ein. Gewonnen haben ihn Duplex Architekten mit 21 ‹ Schrägen Typen ›, wie mein Kollege Axel Simon die Häuser im ersten Themenheft von Hochparterre zur ungewöhnlichen Planungsgeschichte des Glasi-Areals bezeichnete siehe ‹ Das Heft zur Planungsgeschichte ›. 2022 sind die ersten Bewohner in das 42 00 0 Quadratmeter grosse Stadtquartier neben dem Bahnhof Bülach gezogen, im Frühsommer 2023 waren alle 583 Wohnungen belegt. Das zweite Themenheft zum Glasi-Quartier versucht nun einen Reality- Check und geht der Frage nach, welche städtebaulichen, architektonischen, aussenräumlichen und siedlungsgemeinschaftlichen Versprechen erfüllt worden sind – und welche nicht. Anna Raymann hat sich vor Ort umgesehen, mit Bewohnerinnen, Gewerbetreibenden und Angestellten gesprochen, die Landschaftsarchitekten getroffen und ihre Eindrücke zu einer szenischen Reportage zusammengefügt. Viviane Ehrensberger fragt in ihrer Architekturkritik, ob die städtebauliche Wette aufgeht, welche die Architekten mit ihrem Entwurf eingegangen sind. Nicht überall, lautet ihr Fazit. Zudem vergleicht sie die Dichte und die Haustypologie des Glasi-Quartiers mit anderen dichten Stadtquartieren im Kanton Zürich. Reto Westermann ist der dicken gelben Linie nachgegangen, die alle Ausführungspläne in eine äussere und eine innere Schicht unterteilt und die Planungszuständigkeiten zwischen den beiden beteiligten Architekturbüros Duplex und Itten + Bre chbühl regelt. Bülachs Stadtpräsident kommentiert die Bedeutung des neuen Quartiers für die Stadt, zwei unabhängige Spezialisten und eine Spezialistin bewerten Städtebau, Landschaftsarchitektur und Nachhaltigkeit. Die Bilder für dieses Heft hat Christian Senti gemacht. Roderick Hönig
Impressum
Verlag Hochparterre AG Adressen Ausstellungsstrasse 25, CH-8005 Zürich, Telefon +41 44 444 28 88, www.hochparterre.ch, verlag @ hochparterre.ch, redaktion @h ochparterre.ch Geschäftsleitung Andres Herzog, Werner Huber, Agnes Schmid Verlagsleiterin Susanne von Arx Konzept und Redaktion Roderick Hönig
Fotografie Christian Senti, www.christiansenti.com Art Direction Antje Reineck Layout Barbara Schrag Produktion Linda Malzacher Korrektorat Rieke Krüger Lithografie Team media, Gurtnellen Druck Stämpfli AG, Bern Herausgeber Hochparterre in Zusammenarbeit mit Baugenossenschaft Glattal Zürich, Logis Suisse AG und Seraina Investment Foundation hochparterre.ch / glasi Themenheft bestellen ( Fr. 15.—, € 12.— ) und als E-Paper lesen
Einleben im Eigenleben
Im Glasi-Quartier in Bülach leben in knapp 600 Wohnungen rund 1200 Menschen. Beim Spaziergang durch die Gassen ergeben sich überraschende Begegnungen mit einigen von ihnen.
Quodrat Haskemi Foto Seite 10 trägt die Einkaufstüte über der Schulter, den Hausschlüssel hat er bereits in der Hand. Der 24-Jährige studiert Biochemie, seit einem knappen Jahr wohnt er im Glasi-Quartier. « Wir haben für unsere WG eine Wohnung ausserhalb der Stadt Zürich gesucht, weil man einfach einen besseren Standard bekommt für sein Geld. Ich bin entweder an der Uni oder zu Hause, eine Party-WG sind wir nicht. » Vor dem Haus vis-à-vis sieht es mehr nach Dolce Vita aus. Hier hat man die Zeit dafür, es ist das Ü50-Haus –« Und ich, ich bin 81 ! », sagt die Bewohnerin, die ihren Namen lieber für sich behält. « Ich bin fit, immer unter wegs, trinke mal hier und mal dort einen Apéro. Im Haus hat sich eine richtige Clique gefunden, die sich regelmässig trifft. »
Die Dächer versprechen Paris, der gepflästerte Stadtraum eine Piazza in Italien. Wir sind aber weder da noch dort, sondern in Bülach Nord. Zwischen mehrspuriger Bahnlinie und temporeicher Autobahnzufahrt ist in den vergangenen Jahren ein eigenständiges Stück Stadt entstanden. Auf dem Areal, wo bis in die 1970er-Jahre die berühmten grünen Einmachgläser von der Glashütte hergestellt wurden und wo das Feuer in den Brennöfen noch bis 2002 loderte, stehen heute 22 neue Gebäude. Sie bieten rund 20 000 Quadratmeter Gewerbefläche und 583 Wohneinheiten – 112 in Eigentum und mehr als die Hälfte gemeinnützig ver waltet. Es gibt Wohnungen für Familien, Einzelpersonen, Betagte, junge Paare und solche für Menschen in Ausbildung. Die einen sprechen von Durchmischung, andere von Begegnung.
Der Glasi-Platz setzt einen selbstbewussten und selbstverständlichen Auftakt. Dabei stellt die Topografie des Geländes gerade hier die gewohnte Wegführung infrage ; fünf Meter Höhenunterschied galt es zu überwinden. Das ermöglicht nun eine breite, bepflanzte Treppe. Vor dieser steht Adrian Aeschbacher, Landschaftsarchitekt bei Studio Vulkan. Nachdem Vogt Landschaftsarchitekten den Wettbewerb 2013 gewonnen hatte, führte Studio Vulkan den Masterplan aus. « Ich weiss nicht, wie oft wir über diesen Ort diskutiert haben », sagt Adrian Aeschbacher und deutet auf die Treppe. « Mal war es eine Böschung,
Michael Degkwitz ( 65 ) hat sein Haus in Bülach an seine Tochter übergeben und ist im Glasi-Quartier in eine 3½-Zimmer-Wohnung gezogen. Der pensionierte Jurist schätzt die Durchmischung: « Das Quartier ist toll, um neue Menschen kennenzulernen. Ich fühle mich wie in einer neuen Stadt, ohne die alte Stadt verlassen zu haben. »
Iris Beck ( 89 ) wohnt in Kloten und ist nach einer Knieoperation zur Reha im Tertianum Glasi. Die einstige Pflegerin und genüssliche Raucherin meint: « Es war recht, die Physio kam aufs Zimmer. Wer einen Willen hat, findet auch einen Weg ! »
Rico Kohli ist Velomechaniker und agogischer Betreuer im ‹ Velowerk ›. « Das erste Fahrrad, das wir hier verkauft haben, war ein Jugend-Mountainbike für den Schulweg – typisch für ein Quartier, in dem so viele Familien wohnen. » Text Seite 9
Mürsel Erenoglu ( 25 ) ist frisch verheiratet:
« Meine Mutter hat die Wohnung für uns gefunden. Sie ist katzentauglich und nahe beim Bahnhof. » Der Logistiker fährt trotzdem mit dem Auto zur Arbeit nach Kloten, er hat einen Tiefgaragenplatz.
Donatella Dossone ( 29 ) ist Kellnerin im Café
‹ Moka Italia › an der Piazza Santeramo
« Wir sind ein kleines Familienunternehmen. Davor haben wir privat Kaffee ausgeschenkt, aber als wir diesen Raum fanden, dachten wir: ‹ Jetzt wagen wir es ! › »
mal eine abschliessende Wand, mal ein Brunnen, mal eine durchgehende Treppe, der jedoch die Balkone der angrenzenden Häuser in die Quere gekommen wären. » Gerade jetzt ist die Treppe der Pausenplatz für eine Angestellte des Supermarkts. Angelehnt an die Stufen überblickt sie die freie Fläche, auf der künftig auch mal ein Floh- oder ein Wochenmarkt stattfinden soll.
Ein einfaches Strassennetz verbindet die insgesamt vier Quartierplätze. Um jedes Gebäude ziehe sich eine differenzierte Vorzone, so der Landschaftsarchitekt. « Die Grundlage ist ein Baukastenprinzip. Wohnen und Gewerbe haben ihre eigenen Gestaltungselemente. Daraus ergibt sich ein relativ einfaches Grundkonzept: Die verschiedenen Bausätze addieren sich über das Ensemble hinweg in unterschiedlichen Kombinationen. Das macht das Ganze interessant. » Die Hauptachsen sind teilweis e farbig asphaltiert, Pflastersteine oder Platten ebnen den Weg zu den Hauseingängen, dazwischen versickert Wasser im Kies. Die Autos der Anwohnerinnen sind in der Tiefgarage darunter versorgt, oberirdisch gibt es Stellplätze für Trottinetts und Velos.
« Die Verkehrsanbindung ist ideal », sagt Nicola Spina, der in Glattbrugg arb eitet. « Aber ich will trotzdem zurück aufs Rad. Jeden Tag mit dem Velo zur Arbeit – je den Tag 40 Kilometer ! » Er bringt sein Fahrrad ins ‹ Velowerk › der Stiftung Wisli, das Anfang Jahr an den Ahornhof gezogen ist. Menschen mit psychischen Beeinträchtigungen finden hier ein sicheres Arbeitsumfeld. Spina hat dem Team ein Möbel für die Werkstattküche geschenkt, das er selbst nicht mehr brauchte. Er wird mit Vornamen begrüsst, ein Service steht an. Ein paar Tage müsse er sich aber schon gedulden, bis er wieder aufs Rad könne, sagt Teamleiter Martin Rüfenacht Foto Seite 7. « Zu unserem alten Standort kam man mit einem Platten kaum hin. Jetzt sind wir ‹ mitts im Chueche ›. » Das erste Fahrrad, das sie am neuen Standort verkauft hätten, sei ein Jugend-Mountainbike gewesen, erzählt sein Kollege Rico Kohli Foto Seite 6. « Für den Schulweg. » Das p asst zum neuen Lokal, vor dem die Kinder auf dem Spielplatz herumtoben und ein Zweijähriger auf seinem Laufrad hin und her wackelt.
Am Ahornhof wurden – wie könnte es anders sein – ausschliesslich Ahornarten gepflanzt. Ihre Stämme sind mal knorrig und verästelt, mal glatt, der Rote verliert alle paar Monate die Blätter. Adrian Aeschbacher legt den Kopf in den Nacken. Der 60 Meter hohe Wohnturm ‹ Jade › von Wild Bär Heule hat 19 Stockwerke. « Die Herausforderung ist die menschliche Dimension. Wir mussten herausfinden, wie viel Gründichte dieses Quartier erlaubt. Je weiter man den Strassenzügen nach innen folgt, desto grüner wird es. » Bei der Piazza Santeramo hat Studio Vulkan versucht, die unterschiedlichen Grössenmassstäbe mit einer üppigen Bepflanzung in mehreren gepflästerten Töpfen zu brechen. Bei den Erdgeschosswohnungen bilden Gehölze, Sträucher und Stauden einen natürlichen Sichtschutz. Auch hier galt es, Dichte und Offenheit in der Gestaltung abzuwägen. An manchen Stellen haben Bewohner bereits zur Gartenschere gegriffen, um die Aussicht freizuschneiden. Der Landschaftsarchitekt sieht das gelassen: « Man muss realistisch sein. Irgendwann sind wir weg, und dann gehört der Raum ganz seinen Bewohnerinnen. »
Ob sie aus dem Obst der Bäume im kollektiven Vorgarten dann tatsächlich Marmelade kochen ? Dafür will René Fuhrimann, Leiter des Fachbereichs Zusammenleben bei der BGZ, sorgen. Schon vor dem Einzug
Mimoza Ilazi ( 38 ) kümmert sich im Glasi- Quartier um die Vermietung der Gemeinschaftsräume. Sie wohnt mit ihrem Mann und den drei Kindern in einer Wohnung mit Blick auf die beiden Spielplätze. Text Seite 12
Thiago Marques ist mit Frau und Kind ins Glasi-Quartier gezogen: « Wir schätzen den Spielplatz vor der Wohnung. » Er findet es super, dass der Denner so lange offen ist, und ist gespannt, wie sich das Quartier entwickelt.
Der Biochemie-Student Quodrat Haskemi ( 24 ) wohnt im Glasi-Quartier in einer WG. « Hier bekommt man einfach einen besseren Standard für sein Geld als in Zürich. » Text Seite 4
Anca Cioaca stammt aus Rumänien und ist Ingenieurin bei Renault. Sie muss sich im Quartier erst noch zurechtfinden, weil alles neu ist. « Es ist gut , dass es so viele Familien hat », meint sie.
Themenheft von Hochparterre, September 2023 Stadtquartier am Stadtrand Einleben im Eigenleben
Mustafa Eraslu ( 28 ) macht zurzeit eine Zweitausbildung in Verkauf und Beratung in der Massschneiderei ‹ Sanazza › an der Piazza Santeramo. Sein Bruder wohnt im Quartier. « Hier ist viel los, es gibt viele Läden und Musik. »
Rahel betreibt im Quartier den Secondhandladen ‹ by Mira ›. « Im Glasi-Quartier gibt es endlich kleine, bezahlbare Gewerberäume, wie sie in Bülach lange fehlten. Unsere Stammkundschaft kommt auch hierher. »
Sarah Föllmi ( 29 ) ist Kindergärtnerin Sie liebt die Aussicht aus ihrer Wohnung: « Sie gibt mir ein Grossstadtgefühl. » Auch der Veloimporteur Laurenz Oswald ( 21 ) findet es sehr schön im GlasiQuartier – « und Sarah wohnt hier ! »
hat die Genossenschaft den ersten Kontakt unter den künftigen Nachbarn ermöglicht. « Wer in eine neue Wohnung zieht, muss sich neu orientieren. Das setzt eine gewisse Offenheit voraus, und man kann diese Menschen gut ansprechen. Wenn sie schon jahrelang an einem Ort wohnen, ist es viel schwieriger, sie für ein nachbarschaftliches Engagement zu gewinnen », so René Fuhri mann. Einen Monat vor dem Einzugstermin luden Logis Suisse und die BGZ, die Bauträger der meisten Mietwohnungen im Glasi-Quartier, zu einem Willkommensanlass ein. Erste Chatgruppen wurden gegründet, inzwischen gibt es sogar eine App für das Quartierleben. In den Gruppen entscheiden die Mieter, welches Mobiliar sie für die halböffentlichen Bereiche möchten.
Unten beim Gleisfeld stehen die ersten Hochbeete, die eine Gruppe Anwohnerinnen mit Frühlingszwiebeln und Erdbeeren bepflanzt. Andere engagieren sich für das Quartierfest oder bauen gemeinsam einen Kindertreff auf. Die Genossenschaft brachte Erfahrungen aus ihren anderen Siedlungen ein und begleitet gemeinsam mit Logis Suisse nun auch hier Projekte. René Fuhrimann: « Die Gruppen haben sich schnell gefunden und tragen aktiv zum Zusammenleben bei. Ziel ist es, eine Quartierorganisation aufzubauen, die über ein eigenes Budget verfügt und möglichst autonom funktioniert. » Auch die Nachbarn aus den Eigentumswohnungen werden angesprochen, das Quartier gehört allen.
Mimoza Ilazi Foto Seite 10 hat sich schon vor dem Einzug um ein Engagement für die Gemeinschaftsräume beworben. Nun kümmert sie sich um die Vermietung. « Gerade plane ich ein Kaffeekränzchen für die Nachbarn, damit man sich näher kennenlernt. Die Gemeinschaftsräume eignen sich hervorragend dafür, die Tür steht allen offen. Wenn ein Kindergeburtstag gefeiert wird, kriegen alle Kinder, die vorbeikommen, ein Stück vom Kuchen. » Seit anderthalb Jahren wohnt die 38-Jährige mit ihrem Mann und den drei Kindern im Glasi-Quartier, es war eines der ersten Häuser, die bezugsbe reit waren. Jedes Kind hat ein eigenes Zimmer, jetzt gerade sind sie aber draussen. « In Deuts chland konnten die Kinder nur auf den Spielplatz, wenn ich dabei war. Hier sind sie den ganzen Tag selbständig unterwegs. »
Vom Balkon im vierten Stock hat Mimoza beide Spielplätze im Blick. « Ich habe neulich zu meinem Mann gesagt: Unsere Kinder können hier die Kindheit leben, wie wir sie gehabt haben. »
Zwischen Mittags- und Kaffeezeit am Nachmittag ist es ruhig in der Cafeteria der Altersresidenz Ein Stockwerk darüber blickt eine Dame in Lila über den GlasiPlatz, ihre Locken sitzen wie frisch gedreht. Ein Gruss geht nach unten, wo eine Nachbarin den Rollator über das Pflaster schiebt. Heute hat sie leider keine Zeit zum Plaudern. « Ich muss zum Einkaufen, der Mann wartet schon. » – « Ja, ja, so ist das. Zum Glück ist hier alles so nah. » – « Beim nächsten Mal wieder, gell ! » ●
OffiziellesBülach
Aha-Erlebnis in der Glasi
« Unsere Stadt bietet einen super Mix: Wir haben ruhige Einfamilienhaus-Quartiere, mässig verdichtete Wohnüberbauungen, eine historische Altstadt und neu auch ein sehr urbanes, dichtes Viertel. Für jeden Geschmack gibt es also den passenden Wohnraum. Die Glasi ist eine Bereicherung für Bülach, eine Art Sprung in die Zukunft und eine Reaktion auf das Bevölkerungswachstum. Denn hier in ‹ Büli ›, dem Zentrum des Zürcher Unterlands, hat sich die Zahl der Einwohnerinnen seit 2000 nahezu verdoppelt. Für Menschen, die Wert auf das Ländliche in Bülach legen, ist dieser Sprung gross. Blickt man jedoch mit der städtebaulichen Brille auf die Glasi, ist klar: Sie ist gelungen. Ich könnte mir auf jeden Fall vorstellen, dort zu leben. In Barcelona aufgewachsen, schätze ich das urbane Leben mit der typischen Mischung aus Wohnen, Arbeiten und Gewerbe sehr. Als Stadtpräsident ist es eine Herausforderung, die neuen Einwohner – immerhin mehr als 1200 Mens chen – zu integrieren. Wie werden aus den Bewohnerinnen der Glasi Bülemerinnen ? Ich möchte unbedingt verhindern, dass sie sich nur zwischen GlasiQuartier und Bahnhof respektive Autobahn bewegen. Es
braucht Zeit, bis das neue Quartier und die Stadt zusammenwachsen, aber auch konkrete Massnahmen, die die Anbindung fördern. Wir planen eine Passerelle über die Gleise und eine bessere Unterführung. Es ist gut, dass es im Glasi-Quartier ein vielfältiges Angebot an Geschäften und ein Bistro gibt. Wir möchten die Menschen aus Bülach und der Umgebung dorthin bringen, damit die Geschäfte florieren. Ich bin überzeugt, dass viele bei einem Quartierspaziergang ein Aha-Erlebnis haben und merken, dass die Atmosphäre mit den gut gestalteten Plätzen und Gassen wirklich attraktiv und aussergewöhnlich ist. » Mark Eberli ist seit 2014 Stadtpräsident von Bülach. Von 2006 bis 2014 war der EVP-Politiker als Stadtrat für das Ressort Soziales und Gesundheit zuständig.
Städtebau
Blockrandbebauung ohne Innenhöfe
« Am Anfang des Glasi-Quartiers stand ein Versprechen:
‹ Wir machen eine gute und richtige – sprich dichte – Stadt mit einer vielfältigen Erdgeschossnutzung ›, hiess es. Auf dem Schwarzplan und auf den Modellfotografien sah es auch wirklich so aus. Das hat mich interessiert. Obwohl ich mich frage, weshalb – lange vor Projektierungsbeginn –der gesamte Bestand an alten Fabrikgebäuden plattgemacht wurde. Damit wurde auch die ganze Geschichte des Areals mitsamt ihren biografischen Verknüpfungen ausradiert. Die riesigen kompakten Häuser simulieren eine allseitig zum Strassenraum hin orientierte Blockrandbebauung. Die Innenhöfe für Gemeinschaftliches wurden allerdings weggelassen. Über dem Sockelgeschoss vermögen die bauliche Dichte und die architektonische Qualität zu überzeugen. Mir fällt aber auf, wie problematisch die Topografie des Geländes sich ausgewirkt hat. Das für ein lebendiges Stadtquartier so zentrale Sockelgeschoss funktioniert zu grossen Teilen nicht: Es entstehen keine Beziehungen zwischen Erdgeschossnutzung und Stadtraum. Ähnliches stelle ich bei den Schwellenräumen zwischen privatem und öffentlichem Raum fest. Auf den Modellbildern waren sie braun eingefärbt. Nun ist daraus ein minimaler Streifen Abstandsgrün geworden, Flächen für
Grüngutcontainer und Einwurfschächte für unterirdische Abfallcontainer. Dass das Glasi-Quartier über vier Plätze verfügt, ist an sich schön. Zwei davon sind aber im Grunde lediglich Kinderspielplätze. Und die anderen beiden sind mit Zugängen zu den Tiefgaragen verstellt. Die Raumentwicklerin Sibylle Wälty vom ETH Wohnforum hat vorgerechnet, dass es für ein attraktives und urbanes Leben die sogenannte 10-Minuten-Gesellschaft braucht. Das erfordert in einem Radius von 500 Metern 10 00 0 Einwohner und 5000 Arbeitsplätze. Davon ist das Glasi-Quartier mit Umgebung weit entfernt. Für mich ist klar: Es ist kein Stück Stadt, sondern eine als Stadt maskierte Wohnsiedlung. Das ist nicht per se schlecht. Das Getue um die ‹ richtige und dichte Stadt › kann man für mich in Zukunft einfach weglassen. » Stefan Kurath ist Architekt und Urbanist mit eigenem Büro in Zürich und Thusis. Seit 2012 ist er Professor für Architektur- und Städtebauentwurf am Departement Architektur, Gestaltung und Bauingenieurwesen der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Winterthur. 2014 wurde er Co-Leiter des Instituts Urban Landscape der ZHAW.
Landschaftsarchitektur
Grosse Plätze, abwechslungsreiche Pflanzenauswahl
« Im Glasi-Quartier hat jede Fläche ihre Bedeutung, alles ist klar und sorgfältig gestaltet. Die Plätze sind überraschend gross. Aufgrund der Pläne hätte ich diese eindrückliche Wirkung nicht erwartet. Die Strassen und Gassen, die schräg in unterschiedliche Richtungen führen, sowie die Querbezüge zum Gleisfeld verleihen den Plätzen zwischen den hohen Gebäuden eine grosszügige Dimension. In den Gassen ist es erstaunlich hell, und ich stelle erfreut fest, dass auch eine hohe Dichte Helligkeit zulässt. Sie wirken aber übernutzt, sie müssen zu viel leisten: ein schmaler Weg, die begrünte Vorzone, Container, Abfallbehälter und sogar öffentliche Parkplätze ! Das ist schade, vor allem, weil es unter der Glasi eine riesige Tiefgarage mit direkten Zugängen von zwei Plätzen gibt. Der grüne Filter entlang der Häuser ist atmosphärisch, rhythmisch gut strukturiert und vielfältig. Die Pflanzenauswahl ist abwechslungsreich, die hohen Bäume, die dicht an die Gebäude gepflanzt sind, setzen tolle Akzente. Man erkennt die Tradition einer Gartenkultur. Eine umsichtige Pflege wird nötig sein, und ich hoffe, dass die Bäume richtig gross werden können. Würde man das Areal heute planen, wäre die Begrünung der Fassaden sicher ein Thema. Der offene Kiesweg entlang der Gleise ist cool. Schön zu sehen, dass hier schon nach kurzer Zeit Aneignungen stattgefunden
haben. Die Urban-Gardening-Kisten ? Die gehören einfach dazu ! Im Gegensatz zum Gleisweg ist die Seite zur Schaffhauserstrasse enttäuschend: Sie wirkt abweisend und unattraktiv, sie weckt keinerlei Neugier, das Glasi-Quartier zu besuchen. Die Erdgeschossnutzung mit Veloladen, Wäscherei, Coiffeur, Bistro und Lebensmittelgeschäft ist positiv. Offen ist, ob die Nachfrage gross genug ist, um die Plätze städtisch zu beleben. » Beatrice Friedli hat 1986 das Büro Klötzli Friedli Landschaftsarchitektur in Bern mitgegründet. 2013 war sie Mitglied des Preisgerichts im städtebaulichen Studienauftrag ‹ VetropackAreal ( Glasi ) Bülach Nord ›. Seit 2007 ist sie Dozentin für Landschaftsarchitektur an der Ostschweizer Fachhochschule OST.
Nachhaltigkeit
Bäume auf der Tiefgarage
« Zuerst einmal fallen auf dem Glasi-Areal die extrem kompakten, würfelartigen Gebäude auf. Die Typologie der ‹ dicken Häuser › wurde auch b ei Siedlungsentwicklungen wie dem Hunziker-Areal der Baugenossenschaft ‹ Mehr als Wohnen › in Zürich aufgenommen. Der Würfel ist die günstigste Form, um graue Energie zu reduzieren: Ein kompaktes Gebäude mit vielen Wohnungen braucht weniger Fassaden und Dächer als viele einzelne Gebäude mit derselben Anzahl Wohnungen. In Bezug auf die graue Energie steht das Glasi-Quartier sehr gut da – zumindest auf den ersten Blick. Dass rund ein Fünftel der knapp 600 Wohnungen Eigentumswohnungen sind, beeinträchtigt die Bilanz, denn aufgrund der in der Regel höheren Anforderungen steckt in Eigentumswohnungen mehr graue Energie. Zudem gibt es im Unterschied zu den Genossenschaftswohnungen keine Belegungsvorschriften. Ein zentraler
Hebel bei der Reduktion von grauer Energie ist der Verzicht auf Tiefgaragen. Das sind regelrechte Energieschleudern, weil viel Beton im Boden verbaut wird. Für das GlasiQuartier hat es 602 Parkplätze in der Tiefgarage. Das ist bedauerlich, vor allem wenn man bedenkt, dass der Bahnhof in unmittelbarer Nähe liegt. Zudem sind einige Bäume auf den Plätzen – also auf der Tiefgarage – gepflanzt worden, was no ch mehr Beton bedeutet, weil die Decken tragfähig sein müssen. » Jörg Lamster, Dipl. Ing. Architektur und Städtebau, ist Gründer und Geschäftsleiter von Durable Planung und Beratung, Partner bei Wüest Partner sowie akkreditierter Berater für 2000-WattAreal-Zertifizierungen.
Die Dichte-Wette
Bei der Planung des Glasi-Quartiers ging das Büro Duplex Architekten eine Wette mit sich selbst und mit Bülach ein: Verträgt die Stadt so viel Dichte ? Eine Architekturkritik.
Bülach steckt mitten in einem rasanten Transformationsprozess. Seit der Jahrtausendwende ist die Zürcher Agglomerationsgemeinde um rund 40 Pr ozent gewachsen, Ende 2022 verzeichnete sie mehr als 23 00 0 Einwohner Damit wird ein verändertes Selbstverständnis einhergehen: Bülach wird vom grossen Dorf zur Stadt. Massgeblich dazu beigetragen haben die neuen Quartiere Bülachguss und Glasi in Bülach Nord.
Das Stadtverständnis der beiden nur durch die Schaffhauserstrasse getrennten Wohnquartiere könnte gegensätzlicher nicht sein: Im Bülachguss ist das Gewerbe in einem historischen Backsteingebäude angeordnet, die Wohnungen sind in offenen Blockrandbauten untergebracht, dazwischen spannt sich ein Park auf. Ein gleichermassen bekanntes wie erprobtes Konzept aus dem Hause Diener & Diener, das p otenzielle Konflikte zwischen den unterschiedlichen Nutzungsgruppen reduziert: geschäftiges Alltagsleben hier, ruhige Wohnoase mit Grünraum dort. Die Mehrfamilienhäuser mit Eigentums- und Mietwohnungen wurden als fünf eigenständige Siedlungen von verschiedenen Architekturbüros gestaltet.
Ein Stück Stadt auf der leer geräumten Brache Ganz anders im Glasi-Quartier. Hier waren Duplex Architekten für den Städtebau und für sämtliche Gebäude – mit Ausnahme des Hochhauses von Wild Bär Heule –verantwortlich. Beim Wettbewerb 2013 präsentierte sich das ehemalige Vetropack-Areal als leer geräumte Brache. Nicht einmal das gewachsene Terrain sei noch auszumachen gewesen, erinnert sich Duplex-Co-Gründer Dan Schürch. Ein Weiterbauen oder Anknüpfen an bestehende Strukturen stand also nicht zur Wahl, und es lag bei den Architekten, die Rahmenbedingungen zu bestimmen. Duplex näherte sich der Aufgabe konzeptionell und dachte das gesamte Areal als sechsgeschossiges Gebäudevolumen, aus dem das Büro strahlenförmig Gassen herausschnitt. So entstanden 21 viele ckige Häuser, die spitzwinkligen Restflächen an den Kreuzungspunkten der Gassen weiteten sich zu vier Plätzen.
Der Schwarzplan besticht durch grafische Eleganz und Klarheit. Erst beim Herauszoomen fällt der eigenartige Massstab der Gebäude auf: dicke Häuser, die mit ihrer ungewohnten Geometrie irgendwo zwischen den grossen Fussabdrücken der einstigen Industriebauten und den offenen Blockrändern im Bülachguss einzuordnen sind. So viel Dichte wie im Glasi-Quartier gibt es in der Region höchstens noch in der historischen Altstadt von Bülach. « Wir haben kein Quartier entworfen, sondern ein Stück Stadt. Wir sind mit uns selbst eine Wette eingegangen und haben behauptet: Bülach verträgt so viel Dichte », sagt Dan Schürch selbstbewusst.
Gemeinsame Interessen
Die drei Entwicklungspartner Baugenossenschaft Glattal Zürich ( BGZ ), Logis S uisse und Steiner sowie die Seraina Investment Foundation bieten im Glasi-Quartier eine umfangreiche Palette an Wohn- und Gewerberäumen an. « Die kompakten Baukörper in Kombination mit den prägnanten Strassen, Gassen und Plätzen haben uns überzeugt. Weil die Gebäude der verschiedenen Bauträger nach einem Vorschlag von Duplex Architekten über das ganze Areal verteilt sind, hatten alle Projektpartner ein Interesse daran, die Zwischenräume gut zu entwickeln », s o Marianne Dutli Derron von Logis Suisse. Auch Tobias Meyer von der Seraina Investment Foundation, Bauherrin von fünf Häusern mit Eigentums- und Mietwohnungen, Büros und einem Alters- und Pflegezentrum, meint: « Das Architekturkonzept ist sehr tragfähig. Die Fassaden und die Aussenräume wurden gemeinsam besprochen und abgestimmt. Beim Innenausbau hatte jeder Bauträger seinen Teilprojektleiter beim Totalunternehmer Steiner und konnte den Ausbau individuell bestimmen. Wir sind uns mit unseren differenzierten Flächen- und Nutzungsangeboten nicht in die Quere gekommen, sondern haben uns gut ergänzt. » Äuss erlich sind die Gebäude der gemeinnützigen Bauträger nicht von denen der Investoren zu unterscheiden. Die Hauseingänge liegen mehrheitlich an den Gassen, damit die Erdgeschossflächen an den Plätzen attraktiv sind für Gemeinschaftsräume, Kitas, Läden und Gastronomiebetriebe. Dank der Quersubventionierung über die Wohnungen konnten die Erdgeschosse bereits grösstenteils
Glasi-Quartier, 2022 / 23
Glasi-Platz 1, Bülach ZH
Bauherrschaft: Baugenossenschaft Glattal Zürich ; Logis Suisse, Zürich ; Steiner, Zürich ; Seraina Investment Foundation, Zürich Projektentwicklung, Totalunternehmer und Baumanagement: Steiner, Zürich
Architektur: Planergemeinschaft Duplex, Zürich, und Itten + Brechbühl, Bern ; Wild Bär Heule, Zürich ( Hochhaus )
Landschaftsarchitektur: Vogt, Zürich ( Wettbewerb ) ; Studio Vulkan, Zürich ( Masterplan )
Bauingenieure: Henauer Gugler, Zürich ; K2S, Wallisellen
Bauphysik: Kopitsis, Wohlen
Gebäudetechnik HSL: Getec, Zürich ; Gruner Gruneko, Zürich Gebäudetechnik Elektro: HHM, Zürich ; HKG, Schlieren
Auftragsart: städtebaulicher Studienauftrag, 2013
Schützenmattstrasse
Gebäude und Plätze
1 Glasi-Platz
2 Wohn- und Pflegezentrum
3 Piazza Santeramo
4 Ho chhaus ‹ J ade ›
5 Henri- Cornaz-Platz
6 A hornhof
7 Gewerbehaus ( im Bau )
8 Bürohaus
9 G esundheitszentrum ( in Planung )
10 F ussgängerpasserelle ( in Planung )
Plan: Duplex Architekten
Schaffhauserstrasse
Entwerfen im Telefonspiel
« Wir konnten die Bauträger nach dem Wettbewerb davon überzeugen, dass wir gleichzeitig Vielfalt und Einheit herstellen können », sagt Dan S chürch. Vier interne Designteams teilten sich die Gestaltung der Fassaden und der Wohnungen auf und gaben sie in einer Art Telefonspiel aneinander weiter: Zuerst entwarfen sie um die Plätze herum, dann an den Rändern und schliesslich an den Strassen. Um die Komplexität zu reduzieren, kombinierten sie vier Arten von Putz, vier Sockel, vier Fenster, vier Sonnenschutzarten und vier Geländer immer wieder neu. Vorgegeben war lediglich die Dreiteilung der Fassaden: Sockel, Mitte, Dach. « Spürt man das oder nicht ? Ist es eine Einheit oder fällt es auseinander ? Ich bin mir selbst no ch nicht ganz sicher », meint Dan Schürch schmunzelnd.
Aus den Wohnungsgrundrissen ist der Versuch abzulesen, möglichst viele rechtwinklige Zimmer aus den polygonalen Fussabdrücken der Gebäude zu schälen. Ab der Bauprojektphase übernahm Itten + Bre chbühl in Absprache mit Duplex die weitere Planung der Grundrisse siehe
‹ Der gelbe Balken ›, Seite 22. Auffallend ist die Positionierung der Balkone, die wo immer möglich auf die Plätze ausgerichtet sind. Daran angeordnet sind offene Wohnzimmer mit Zeilenküchen, die verwinkelten Restflächen werden in Korridore, Nasszellen und Reduits aufgeteilt. Die meisten Wohnungen sind übereck angelegt, auf typ ologische Experimente wurde weitgehend verzichtet. Dennoch: In zwei Häusern gibt es Clusterwohnungen, in einem weiteren separat zumietbare Zimmer, und in einem Gebäude mit Kleinwohnungen haben die Küchen ein inneres Fenster, das auf das Treppenhaus geht – das hat Duplex zur Stärkung der Hausgemeinschaft b ereits im Hunziker-Areal umgesetzt.
Die Nachbarschaft fördern
« Während der Bauzeit, als die Gerüste die Gassen noch enger erscheinen liessen, gab es kritische Stimmen », sagt Bülachs Stadtpräsident Mark Eberli. « Viele Ur-Bülemer schüttelten den Kopf und fragten sich, wer denn so dicht wohnen wolle. Sie befürchteten ein Ghetto. » Er selbst habe keine Angst vor der Dichte und sei von Anfang an überzeugt gewesen vom Konzept. Nun freut sich Mark Eberli, dass das Versprechen der Architekten, dass eine hohe Dichte zu guten Räumen führe, eingelöst wurde: « Das Quartier ist s ehr hell und erdrückt einen nicht. Viele sagen immer noch, dass sie hier nicht wohnen könnten, es sei zu urban, aber es sei viel besser, als sie es erwartet hätten. » Allerdings muss die Stadt die Entwicklung des Quartiers eng begleiten: « Wir versuchen, Nachbarschaften zu fördern, etwa mit dem Bülacher Strassenfestival. Es ist wichtig, dass die Glasi-Bewohnerinnen nicht nur zum Bahnhof und wieder zurück gehen, sondern dass sie sich zugehörig fühlen. Die Bülemer wiederum müssen ins Quartier kommen, etwa zum Einkaufen. »
Damit das Glasi-Quartier keine anonyme Siedlung wird, hat Logis Suisse zu Beginn der Vermietung eine umfangreiche Website mit farbigen Visualisierungen, ausführlichen Hausporträts und Blogs von fiktiven Bewohnern aufgeschaltet. Die BGZ organisierte einen Monat vor dem Einzug mehrere Veranstaltungen mit Kennenlernworkshops für die zukünftigen Bewohnerinnen. Die gemeinnützigen Bauträger wissen, dass ein breites Raumangebot allein noch nicht für ein lebendiges Quartier sorgt. Mit einem Siedlungscoaching kümmern sie sich darum, dass Nachbarn mit ähnlichen Interessen zusammenfinden und die vielen Gemeinschaftsräume genutzt werden. « Bei Eigentumswohnungen ist die Arbeit nach dem Einzug abgeschlossen, bei Genossenschaften fängt sie dann erst richtig an », so Thomas L ohmann von der BGZ. Er ist
Typologische Experimente
Arealüberbauungen lassen immer wieder städtebauliche Experimente zu, die neue Formen des Zusammenlebens erproben. Beim Vergleich des Glasi-Quartiers mit drei weiteren Überbauungen im Raum Zürich aus den vergangenen Jahren – Richti-Areal, Hunziker-Areal und Zwicky Süd – fallen die Parallelen der lärmexponierten Lage und der Nutzungsdurchmischung auf. Die städtebaulichen Antworten allerdings fielen sehr unterschiedlich aus.
Richti-Areal, 2014
Wallisellen ZH
Typologie: Blockrand
Kurzbeschrieb: Das Richti-Areal ist ein nach Wallisellen transplantiertes Stück Gründerzeitstadt. Ein zeichenhaftes Hochhaus bildet das Gegenüber des Glattzentrums, grosse Blockränder mit begrünten Innenhöfen prägen das restliche Areal. Eine arkadengesäumte Haupterschliessung mit Knick durchquert das Areal von Nordwest nach Südost, zwischen den Blockrändern sind schmale Gassen ausgebildet. Im Zentrum liegt ein dreieckiger Hauptplatz.
Bauherrschaft: Allreal, Zürich
Städtebau: Vittorio Magnago
Lampugnani, Mailand
Architektur: Wiel Arets, Amsterdam ; Vittorio Magnago Lampugnani, Mailand ; SAM, Zürich ; Diener & Diener, Basel ; Joos & Mathys, Zürich ; Max Dudler, Zürich
Fläche: 72 000 m²
Dichte: 2 ,0
Hunziker-Areal, 2015
Zürich
Typologie: dicke Häuser
Kurzbeschrieb: Asymmetrische, rund 30 × 50 Meter grosse Kuben sind lose über das Areal verteilt und bilden spannungsvolle Zwischenräume aus. Gassen und Strassen öffnen sich immer wieder auf unterschiedlich gestaltete Plätze. Die Fassaden der von verschiedenen Architekturbüros realisierten Wohnhäuser unterscheiden sich stark und tragen zur sehr heterogenen Erscheinung des Quartiers bei.
Bauherrschaft: Baugenossenschaft
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Städtebau: Arge Futurafrosch, Zürich, und Duplex, Zürich
Architektur: Futurafrosch, Zürich ; Duplex, Zürich ; Müller Sigrist, Zürich ; Miroslav Šik, Zürich ; Pool, Zürich
Fläche: 40 200 m²
Dichte: 1,7
Zwicky Süd, 2016
Dübendorf ZH
Typologie: Scheiben, Blocks und Hallen
Kurzbeschrieb: Vier abgeknickte Wohnscheiben auf Stützen oder Hallen schirmen gegen den Lärm von Bahnviadukt und Strass en ab, die das Areal einfassen. In der Mitte stehen zwei grosse Wohnblocks. Laubengänge, Terrassen und Passerellen vernetzen die Gebäude auf verschiedenen Ebenen und machen den Zwischenraum in drei Dimensionen erlebbar.
Bauherrschaft: Bau- und Wohngenossenschaft Kraftwerk 1, Zürich ; Anlagestiftungen Adimora und Turidomus, Pensimo Management, Zürich ; Anlagestiftung
Swiss Life, Zürich
Städtebau und Architektur: Schneider
Studer Primas, Zürich
Fläche: 11 500 m²
Dichte: 1,8
Glasi-Quartier, 2022 / 23
Bülach ZH
Typologie: Strahlenstrassen und Hausscherben
Kurzbeschrieb: Strassen und Gassen verlaufen strahlenförmig kreuz und quer durch das Areal und bilden vier Plätze aus. Aus den vieleckigen Resträumen wachsen vielseitig ausgerichtete Wohnbauten mit gewerblichen Erdgeschossnutzungen. Grössere Gebäude und ein Hochhaus schirmen das Areal gegen den Lärm der Strassen im Nordwesten und im Osten ab. Bauherrschaft: Baugeno ssenschaft
Glattal Zürich ; Logis Suisse, Zürich ; Steiner, Zürich ; Seraina Investment Foundation, Zürich
Städtebau: Duplex, Zürich
Architektur: Planergemeinschaft Duplex, Zürich, und Itten + Brechbühl, Bern ; Wild Bär Heule, Zürich ( Hochhaus )
Fläche: 41 780 m²
Dichte: 2 ,3
Die Bauherrschaften
Baugenossenschaft Glattal Zürich
Die Baugenossenschaft Glattal Zürich ( BGZ ) zählt zu den grössten Wohnbaugenossenschaften der Schweiz. Sie besitzt rund 2100 Wohnungen in Stadt und Kanton Zürich. Die BGZ wurde 1942 gegründet. Als gemeinnützige Genossenschaft bietet sie gesunden und preisgünstigen Wohnraum für alle Bevölkerungskreise an. Im Glasi-Quartier hat die BGZ nach dem Prinzip der Kostenmiete Wohnungen für Familien, Paare und Singles sowie Raum für Kleingewerbe erstellt. www.bg-glattal.ch
Logis Suisse AG
Die Logis Suisse AG ist eine gemeinnützige Wohnbauträgerin. Seit 50 Jahren schafft und sichert sie bedarfsgerechten und bezahlbaren Wohnraum für eine breite Bevölkerung. Zurzeit vermietet sie rund 3300 Wohnungen in der ganzen Schweiz, mehr als 1500 sind geplant oder im Bau. Im Glasi-Quartier hat Logis Suisse sechs Häuser entwickelt und gebaut: das Haus ‹ Maria › für Personen ab 50 Jahren, ein Mehrgenerationenhaus für gemeinschaftliches Wohnen, das Haus ‹ Elena › mit Kleinwohnungen und Wohnungen für Wohngemeinschaften sowie drei Stadthäuser für Familien oder für kombiniertes Wohnen und Arbeiten. Gewerberäume ergänzen das Angebot. www.logis.ch
Seraina Investment Foundation
Die Seraina Investment Foundation mit Sitz in Zürich ist eine Anlagestiftung nach Schweizer Recht. Sie legt Pensionskassengelder von Vorsorgeeinrichtungen aus der ganzen Schweiz langfristig und nachhaltig in Immobilienprojekten an. Ihr Portfolio umfasst Projektentwicklungen und Liegenschaften unterschiedlicher Grösse in der Deutschschweiz und in der Suisse romande. Die Seraina Investment Foundation ist Mitglied der Konferenz der Geschäftsführer von Anlagestiftungen, deren Mitglieder sich zu Qualität, Transparenz, Sicherheit und Mitsprache verpflichten. www.serainainvest.ch
Steiner AG
Das Traditionsunternehmen Steiner AG ist einer der führenden Immobiliendienstleister der Schweiz. Sein Schwerpunkt liegt auf Projektentwicklung und -realisierung. Mit einem umfangreichen Entwicklungsportfolio von mehr als sechs Milliarden Franken zählt Steiner zu den grössten Immobilienentwicklern des Landes. Das Portfolio umfasst vielfältige Projekte im Wohn-, Büro-, Industrie- und Logistikbereich. Als Totalunternehmerin trug die Steiner AG die Verantwortung für die Entwicklung und die Realisierung des Glasi-Quartiers. Zudem vermarktet das Unternehmen verschiedene Wohn- und Gewerbeflächen auf dem Areal. www.steiner.ch
zuversichtlich, dass sich die neuen Bewohner einbringen werden: « Unsere Mitglieder sind sehr aktiv und wollen das Quartier und die Gemeinde Bülach mitgestalten. »
Vorerst eine Insel
Ob die Bülemerinnen regelmässig ins Glasi-Quartier finden, wird sich zeigen. Der Weg vom Bahnhof zum Areal verläuft entlang eines Bauzauns über einen Parkplatz, die versprochene Passerelle und die verbesserte Unterführung fehlen noch. Die Gassen im Quartier führen an seiner Grenze ins Nichts. Das neue Quartier bleibt vorerst eine Insel, ein Fremdkörper. Dass das Konzept ‹ Stadt bauen › in Bülach Grenzen hat, zeigt sich auch beim Aussenraum. Weil die Überbauung auf einer dreigeschossigen Tiefgarage steht, fällt das Grün auf dem ganzen Areal spärlich aus. Aspekte wie die Hitzeminderung wurden in der Planung nicht berücksichtigt. Bedauerlich auch, dass die Zugänge zu den Tiefgaragen als schwarze Klötze ausgerechnet den Glasi-Platz verstellen, der mit seiner Lage, Grösse und Materialisierung am ehesten städtisch daherkommt.
Nicht nur im Umgang mit dem stehenden, auch im Umgang mit dem fahrenden Auto tut sich das Glasi-Quartier schwer. Das Alters- und Pflegezentrum bildet einen geschlossenen und abweisenden Lärmschutzriegel zum Autobahnzubringer Schaffhauserstrasse. Wesentlich einladender wirken die an den Gleisen gelegenen Wohnbauten mit den konkaven Fassaden und den direkten Treppenverbindungen aus den Vorgärten zu den Balkonen im Hochparterre. Und dann ist da noch das Wohnhochhaus ‹ Jade › von Wild Bär Heule Architekten. Mit einer Höhe von 60 Metern und 19 Geschossen überragt es seine Nachbarn deutlich und entzieht sich auch in der Gestaltung der rundum gleichförmigen Fassade der Logik des Quartiers. « Ein Hochhaus muss andere Anforderungen erfüllen als ein sechsgeschossiges Mehrfamilienhaus. Übernommen haben wir den Zugang zu den Wohnungen über die Gassen und die Ausrichtung der Gewerberäume zum Platz hin. Die textilartig gewobene Fassade ist unsere vertikale Antwort auf das Strassengeflecht im Städtebau », erklärt Ivar Heule.
Marrakesch in Bülach
Und nun ? Ist die städtebauliche Wette aufgegangen ? Die hohe bauliche Dichte ist in den Gassen des Glasi-Quartiers deutlich weniger spürbar, als das der Schwarzplan hatte vermuten lassen. Der Blick wird entlang der Sichtachsen in die Weite gezogen. Die zurückspringenden Mansardendächer erinnern an französische Innenstädte und verbinden sich bei schönem Wetter so mit dem Himmel, wie es sich die Architekten ausgemalt haben. Die Aufteilung der Fassadengestaltung nach Plätzen statt nach Häusern führte aber bisweilen zu harschen Brüchen und Sprüngen innerhalb einer Fassade. In der Bemühung, Vielfalt zu generieren, verlieren sich die einzelnen Bauten im nervösen Flimmern der Masse. Die Gassen und Häuser gleichen sich trotz des ungewöhnlichen Entwurfsprozesses, es fehlt an Hierarchien, an einem Vorne und Hinten, was die Orientierung vereinfachen würde. Laut Dan Schürch durchaus gewollt: « Man kann sich s o wunderbar verlaufen, richtig Marrakesch-mässig. »
Das Glasi-Areal ist nun Teil von Bülach. Die bauliche Dichte ist da und wartet auf die menschliche Dichte. Die Wohnungen sind vermietet, die Quartierbewohner fangen an, ihre Spuren zu hinterlassen. Wenn die unzähligen Veloständer genutzt werden und auch mal verbogen sein dürfen, wenn der Glasi-Markt stattfindet, wenn die Balkone mit Möbeln, Pflanzen und Sonnensegeln gefüllt werden, wird die Architektur für ein funktionierendes Quartier ein Stück weit egal. Und das ist ganz gut so. ●
Vielfältige Dachlandschaft über Bülach: Die Mansardendächer sollen die gefühlte Dichte entschärfen.
Der gelbe Balken
Die Werkplanung haben sich Duplex Architekten und Itten + Brechbühl aufgeteilt: entlang einer gelben Linie zwischen Innen und Aussen. Eine Schnittstelle mit Potenzial.
Text: Reto WestermannBeim Blick auf die Ausführungspläne für das Glasi-Areal fällt ein ungewohntes Detail ins Auge: In den Schnitten und in den Grundrissen ist überall eine dicke gelbe Linie eingezeichnet. Von den Planern « gelbe Balken » genannt, markieren die Linien die Schnittstelle zwischen den beiden beteiligten Architekturbüros – der Planergemeinschaft von Duplex Architekten aus Zürich und Itten + Brechbühl, Standort Bern. Ab der Bauprojektphase haben die beiden Büros 21 der 22 Bauten auf dem Areal gemeinsam geplant. Nur das 19-geschossige Hochhaus stammt von Wild Bär Heule Architekten aus Zürich.
Schnittstelle im Gebäude
Üblicherweise werden Projekte von der Grösse des Glasi-Areals in Baufelder unterteilt und diese einzelnen Planungsbüros zugeordnet – so wie das beim Hochhaus geschah. Für die 21 Gebäude wählten die Beteiligten einen anderen Weg: Die Schnittstellen der Büros verliefen innerhalb der Häuser. Duplex Architekten schlugen diese ungewöhnliche Lösung vor, nachdem sie den städtebaulichen Wettbewerb gewonnen hatten. Das Büro überzeugte den Arealentwickler davon, mit Ausnahme des Hochhauses keine separaten Wettbewerbe für die einzelnen Bauten durchzuführen. So behielt Duplex das Zepter in der Hand und konnte die im Wettbewerb entwickelte Grundidee fortführen – insb esondere die einheitliche Gestaltung des Quartiers. Dass Duplex alle Gebäudefassaden selbst entwarf, brachte aber auch eine Herausforderung in der Umsetzung mit sich: In kurzer Zeit sollten die Architekten ganze 21 Gebäude weiterentwickeln. In der Vorprojektphase verteilte das Büro die Arbeiten auf die verschiedenen Standorte. Vier Teams – zwei in Zürich sowie je eines in den Filialen in Düsseldorf und in Hamburg –entwarfen unabhängig voneinander Bauten nicht auf einzelnen Baufeldern, sondern von den vier Quartierplätzen aus denkend. « Dadurch err eichten wir eine gestalterische Diversität », sagt Pr ojektleiter Thomas Hauser von Duplex im Rückblick.
Ab der Bauprojektphase reichten die Kapazitäten nicht mehr aus. Der Projektentwickler und Totalunternehmer Steiner holte das grosse Architektur- und Generalplanungsbüro Itten + Bre chbühl an Bord. Damit war die Planergemeinschaft geboren. Blieb die Definition der Schnittstelle. « Wir haben üb erlegt, welche Teile uns besonders am Herzen liegen: die Gebäudehülle und die Treppenhäuser », so Thomas Haus er. Itten + Bre chbühl übernahm also die Grundrisse und die Leitung des gesamten Planungsteams. Die Zuständigkeitsgrenzen wurden in den Plänen gelb markiert – die Geburt des gelben Balkens.
Die Verantwortlichen bei Steiner zeigten sich mit der unkonventionellen Lösung einverstanden. Alle drei Wochen trafen sich die Architektinnen vor Ort in Bülach, dazwischen erfolgten die nötigen Absprachen per Video oder am Telefon. « Bei den ersten G ebäuden mussten wir die Abläufe und Prozesse noch verfeinern, danach lief es problemlos », sagt B enjamin Hulliger von Itten + Bre chbühl, Gesamtprojektleiter der Planergemeinschaft.
Am Anfang gab vor allem die Abstimmung für die zweidimensionalen Werkpläne zu tun. Auf den ersten Blick unerhebliche Details wie Strichstärken oder Schriftgrössen mussten festgelegt werden. « Auch das Zusammenfügen der Pläne aus den beiden Büros war nicht ganz einfach », erzählt Thomas Hauser. Dass die Zusammenarbeit trotz ungewohnter Schnittstellen so gut lief, hat zwei Gründe: die gegenseitige Wertschätzung und das Building Information Modeling ( BIM ). « Ein solches Miteinander funktioniert nur, wenn man Respekt vor dem Werk der Autoren hat », meint Benjamin Hulliger. Heisst: Architektonisch wenig relevante Anpassungen, etwa die exakte Positionierung von Türen oder Korrekturen an den Steigzonen, führte Itten + Bre chbühl selbständig aus, der Rest wurde mit Duplex abgesprochen, insbesondere die Materialisierung oder die Farbgebung. Mit der Gründung der Planergemeinschaft wurde auch BIM eingeführt – und das dreidimensionale Modell erwies sich als Schlüsselelement der Zusammenarbeit: « Ohne BIM wäre die Koordination entlang der Schnittstellen extrem schwierig gewesen », meint Silas Hählen, BIM-Manager und Projektleiter beim Glasi-Areal. Die Teams konnten den Stand der Arbeiten jederzeit einsehen und Konflikte entlang der gelben Balken erkennen. So zeigten sich etwa Differenzen bei den Höhenkoten von Brüstungen und Stürzen oder zwischen Balkonplatten und Geschossdecken.
Gewinn für beide Partner
Nicht nur die Schnittstellen zwischen den Teams der beiden Büros galt es zu regeln, sondern auch diejenigen mit dem Totalunternehmer und den Bauherrschaften der Wohnbauten, der Logis Suisse, der Baugenossenschaft Glattal ( BGZ ) und der Seraina Investment Foundation. Kurt Williner von der BGZ hat das Glasi-Projekt als Leiter Bau und Unterhalt bis Sommer 2022 b etreut. « Für uns war die Schnittstelle unproblematisch. Sie hatte den Vorteil, dass wir für unsere sechs Gebäude seitens Architektur nur zwei Ansprechpersonen hatten », sagt er. Aufseiten des Totalunternehmers dauerte die Angewöhnung etwas länger. « Steiner hätte ein Architektur bü ro für alle Baufelder bevorzugt. Aufgrund der Kapazitäten waren es am Ende zwei Büros mit einer ungewohnten Schnittstelle », so Thomas Hauser.
Die Verantwortlichen beider Architekturbüros sind sich einig, dass die Zusammenarbeit entlang der gelben Balken nicht nur zur Qualität des Resultats beigetragen hat, sondern dass sie auch eine Bereicherung war. « Wir würden es sofort wieder so machen », sagt Silas Hählen von Itten + Bre chbühl. « Das Ergebnis überzeugt, und wir haben viel voneinander gelernt. » Duplex hat einen vertieften Einblick in die Gesamtleitung von Grossprojekten und in das BIM-Management erhalten. Umgekehrt schätzte Itten + Brechbühl die hohen Ansprüche von Duplex an die Gestaltungsqualität und das konsequente Eintreten für deren Einhaltung über alle Phasen hinweg. Gut möglich also, dass der gelbe Balken künftig auch anderswo auftaucht, wenn eines der beiden Büros an einem Projekt beteiligt ist. ●
Stadtquartier am Stadtrand
21 Jahre nachdem die Glashütte Bülach ihre Produktion eingestellt hat, sind alle 583 Wohnungen auf dem 42 000 Quadratmeter grossen Glasi-Areal bezogen. Das Themenheft dokumentiert und kommentiert das Stück Stadt, das neben dem Bahnhof Bülach entstanden ist. Es fragt, welche städtebaulichen, architektonischen, aussenräumlichen und siedlungsgemeinschaftlichen Versprechen erfüllt worden sind –und welche nicht. Bewohnerinnen, Architekten, Gewerbetreibende, Landschaftsarchitekten, Bauherrinnen und Expertinnen geben Antworten und Einschätzungen. www.glasi-buelach.ch
Studio Vulkan, Zürich Wohnbaugenossenschaften Schweiz, Regionalverband Zürich Match Communications GmbH, Zürich Gallati Kommunikation, ZürichSie lesen lieber auf Papier?
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