Antisexismus-Reader

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Reader zur Anti-Sexismus-Initiative

Sozialistische Jugend www.sjoe.at



Inhalt

1. Warum macht die SJ eine Anti-Sexismus-Initiative?

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2. Was ist Sexismus überhaupt?

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3. Geschlechtergerechte Sprache: Wozu und Wie?

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4. Schulungskonzept für antisexistische Gruppentreffen Einleitung und Rahmenbedingungen Grundsätzliche Moderationshinweise Konzept I Konzept II

Anhänge Anhang 1: Anhang 2: Anhang 3: Anhang 3a: Anhang 4: Anhang 5: Anhang 6: Anhang 7: Anhang 7a: Anhang 8: Anhang 9:

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18 Übung: Arzt-Rätsel Hintergrundinfos: Geschlechtergerechte Sprache Übung: Rollendruck und Partyszene Übung für Konzept II: Geschichte fortsetzen Hintergrundinfos: Rollenbilder Hintergrundinfos: Geschlechterkonstruktion Übung: Immer-manchmal-nie Übung: Zahlen raten Übung für Konzept II: Zahlen raten Hintergrundinfo: Sexismus in Zahlen Übung: Gruppenvereinbarungen

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5. Mögliche antisexistische Aktionen

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In unserem Grundsatzprogramm haben wir 2004 festgestellt:

Warum macht die SJ eine Anti-Sexismus-Initiative? Warum diese Initiative? Warum dieser Reader? Sexismus steht für die Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts. Was in der Definition für beide Geschlechter gilt, bekommen vor allem Frauen zu spüren. Sexismus hat viele Gesichter: Frauen werden mit blöden Witzen, durch Ausklammern in der Sprache, durch das Übergehen in Diskussionsrunden „klein gemacht“ und nicht ernst genommen. Frauen haben in Strukturen, in denen Männerbünde den Ton angeben, schlechtere Aufstiegschancen und werden nach wie vor auch im Berufsleben wegen ihres Geschlechts diskriminiert. Sie arbeiten in schlecht bezahlten Bereichen, oft prekär beschäftigt, verdienen auch bei gleichen Aufgaben um dein Drittel weniger als ihre männlichen Kollegen und sind in den Führungsetagen nicht zu finden. Frauen werden in der Werbung, in Medien und Filmen zu Sexobjekten gemacht, zu einer Ware, die zum Verkauf steht. Tiefpunkt sexistischen Verhaltens sind körperliche Übergriffe gegen Frauen, sexuelle Belästigung, Vergewaltigung oder andere Akte physischer Gewalt.

„Die Sozialistische Jugend ist eine (…) antisexistische Organisation, die neben dem Widerspruch zwischen Arbeit und Kapital auch den Widerspruch der Geschlechter erkennt und die Gleichstellung von Frauen nicht als Nebenwiderspruch betrachtet. Unser Ziel ist die völlige Gleichstellung von Mann und Frau.“

Tatsache ist: In unserer Gesellschaft ist Sexismus allgegenwärtig. Ob in der Werbung, im Fernsehen, beim Witzerzählen mit FreundInnen und Bekannten. Und es ist so präsent, dass es uns selbst oft nicht auffällt und wir es sogar als „normal“ erachten, welche Rollenbilder transportiert und wie Frauen diskriminiert werden. Tatsache ist daher ebenso: Auch in der Sozialistischen Jugend gibt es Sexismus, auch in der SJ ist Sexismus allgegenwärtig. An einer großen Organisation, wie es die SJ ist, kann eine so grundlegende Tendenz in unserer Gesellschaft nicht spurlos vorbeigehen. Die Einzahlung des SJ-Mitgliedsbeitrags und auch die Wahl in eine Funktion ist noch kein Garant dafür, ein jahre-, oft jahrzehntelang anerzogenes und angewöhntes Verhalten abzulegen. Eine vom Verbandsvorstand und der Frauenpolitischen Kommission im Sommer durchgeführte Analyse der Geschlechterverhältnisse hat das bestätigt: 100% der befragten Frauen und 88% der befragten Männer sehen die SJ als männlich dominiert an. 89% der befragten Frauen gaben an, sexistische Äußerungen in der SJ wahrzunehmen – und das auf allen Ebenen der Organisation. Sexismus schränkt aber nicht nur die betroffenen Frauen sondern uns alle ein. Wenn Frauen in einer Gruppe, bei einer Veranstaltung, in einem Gremium mit Witzen und Sprüchen heruntergemacht werden, wenn sie in Diskussionen übergangen werden, wenn sie sich durch unser Verhalten unwohl fühlen, dann schadet das uns allen: Denn es macht uns als Organisation insgesamt schwächer! Nicht nur die Erfüllung des politischen Anspruchs in den eigenen Reihen ist Anlass für die Initiative: Wenn Frauen sich in der SJ nicht einbringen können, nehmen wir unseren Gruppen, Veranstaltungen und Gremien Ideenlieferantinnen und Verantwortungs-

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trägerinnen. Wertvolles Potenzial geht verloren. Das zu ändern liegt nicht an denen, die sich unwohl fühlen und deshalb weniger oder gar nicht bei uns eingebunden sind. Das zu ändern liegt an uns allen, vor allem an den Männern in unserer Organisation. Es ist nicht unsere Schuld, dass es in der Gesellschaft so ist, wie es ist. Aber es wäre unsere Schuld, wenn wir es in unserer Organisation nicht anders versuchen. Wir wollen das ändern. Und wir müssen es ändern, wenn wir unsere Grundsätze und uns selbst ernst nehmen wollen. Sexismus bekämpfen ist aber nicht primär eine Frage der Moral oder der so genannten „Political Correctness“. Es geht darum, in unserer Organisation allen denselben Raum, allen dieselben Möglichkeiten zu geben. Niemandem darf durch dumme Sprüche, durch diskriminierendes Verhalten der Weg zu uns und in die SJ eingeschränkt oder verbaut werden. Unsere Initiative zielt also auf die Gleichstellung der Geschlechter in unserer Organisation ab. Sie bildet dadurch aber auch die Grundlage dafür, unseren erfolgreichen Weg der Strukturentwicklung fortzusetzen und neue Aktivistinnen und Funktionärinnen für uns zu gewinnen. Das erfordert eine gemeinsame Anstrengung von uns allen. Der Verbandsvorstand hat deshalb beschlossen, eine Antisexismusinitiative zu starten, die unsere gesamte Organisation erfassen soll. Sexismus soll ebenso wie Rassismus keinen Platz in der SJ haben. Diese Initiative will nicht moralisch anklagen. Wir wollen nicht Menschen verurteilen, sondern gemeinsam lernen und begreiflich machen, dass Sexismus nicht lustig ist, sondern Frauen demütigt. Und auch was lustig gemeint sein kann, kann von der betreffenden Person als demütigend wahrgenommen werden. Um das zu erkennen braucht es von uns einen neuen Blick auf das Thema und einen persönlichen Nachdenkprozess – denn unsere Gesellschaft macht’s uns gar nicht einfach, das zu erkennen.

Der Verbandsvorstand hat sich für diese Initiative folgende Ziele gesetzt • Wir wollen SJ-Räume zu „sexismusfreien Zonen“ machen. Unser inhaltliche Anstrengung soll optisch

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mit einem eigenen Schild mit dieser Aufschrift in jedem Gruppenlokal präsent sein. Alle VerantwortungsträgerInnen in unserer Organisation, von OrtsgruppenfunktionärInnen über Landesvorsitzende bis hin zum Verbandsvorstand, sollen sich ihrer Vorbildfunktion bewusst werden und dementsprechend handeln! Die Inhalte der Initiative sollen alle Gruppen erreichen. Infoabende, Aktionstreffen und Schulungstage sollen unsere gesamte Organisation erfassen. Der neue Folder „Nein heißt Nein“ soll bei allen Seminaren und Veranstaltungen der SJ auf allen Ebenen an die TeilnehmerInnen gehen. Kein Platz für sexuelle Belästigung auf SJ-Veranstaltungen! In jeder Landesorganisation werden zwei Männer und zwei Frauen als ExpertInnen zum Thema zur Verfügung stehen. Der Frauenanteil an den Mitgliedern in der SJ soll bis zum Verbandstag 2008 auf über 40% steigen. Derzeit liegt er bei rund einem Drittel. Ein erster Zwischenbericht 2007 wird zeigen, ob wir auf dem richtigen Weg dorthin sind.

Jeder und jede von uns trägt in diesem Prozess Verantwortung. Niemand von uns kommt als Experte oder als Expertin auf die Welt. Aber jeder und jede von uns muss sich als FunktionärIn damit auseinandersetzen, damit es gelingt Vorbild sein zu können und Vorurteile abzubauen. Um diese Verantwortung auch wahrnehmen zu können, haben wir dir mit diesem Reader die wichtigsten Informationen zusammengestellt. Darin findest du die Dinge, die du wissen musst, um für Diskussionen, für Gruppenabende oder auch für Situationen im Alltag gerüstet zu sein. Schau dir diese Unterlage bitte aufmerksam an, nutze die verschiedenen darin enthaltenen Angebote und Möglichkeiten. Wenn dir etwas unklar ist oder du anderer Meinung bist und das diskutieren möchtest, dann melde dich bitte bei deiner Landesorganisation oder im Verbandssekretariat. Wir sind dafür dazu, dich zu unterstützen und freuen uns über jede Anmerkung, Frage oder auch konstruktive Kritik. Viel Erfolg mit dieser Unterlage! Gemeinsam schaffen wir’s! Ludwig Dvorak Torsten Engelage 5


Wo kommt Sexismus überall vor?

Sexismus was ist das eigentlich? Unter Sexismus wird die Benachteiligung eines Menschen aufgrund seines Geschlechts verstanden. Doch gerade im Hinblick auf die realen Geschlechterverhältnisse meint dieser Begriff vor allem die Benachteiligung von Frauen. Sexismus basiert auf dem Vorurteil, dass Frauen den Männern körperlich und geistig unterlegen sind, einfach weil sie Frauen sind. Deutlich wird dies einerseits in allen uns geläufigen Vorurteilen und sexistischen Witzen und andererseits – etwas versteckter – durch strukturelle Benachteiligung, also Benachteiligungen die sich aufgrund politischer Rahmenbedingungen ergeben, wie z.B. weniger Lohn für gleiche Arbeit, usw.

Familie und FreundInnenkreis: In unserer Familie lernen wir zum ersten Mal, was Männer und Frauen zu tun haben - schon alleine dadurch, dass wir unsere Mütter abwaschen und kochen sehen, während unsere Väter von der Arbeit nach Hause kommen oder irgendetwas reparieren. Auch wenn es heutzutage anders scheinen könnte, ist die Mehrheit der Frauen noch immer alleine für den Haushalt und die Kindererziehung zuständig (nur rund 3% aller Menschen in Karenz sind Männer). Aber auch oft harmlos gemeinte Frauenwitze fallen unter Sexismus, da sie alle das Bild von einer dummen, schwachen Frau vermitteln und prägen. Beruf und Arbeitswelt: Frauen verdienen bis heute 30% weniger als ihre männlichen Kollegen für die gleiche Arbeit. Gleichzeitig arbeiten Frauen und Männer nach wie vor in so genannten „typischen“ Berufen und immer noch sind es in erster Linie Männer, die in Firmen, Behörden und öffentlichen Einrichtungen die Spitzenpositionen besetzen. Weil eben hauptsächlich Männer in führenden Positionen in allen gesellschaftlichen Bereichen sitzen, ist es nur logisch, dass die ganze Welt nach männlichen Prinzipien gestaltet ist und funktioniert. Da das schon sehr lange der Fall ist, haben wir alle diese Realität so tief verinnerlicht, dass sie den meisten von uns gar nicht mehr auffällt, weil es eben „normal“ ist. Medien und Werbung: Egal welche Zeitschriften wir durchblättern, welches Plakat wir sehen, welche Fernseh-Werbung läuft – eines wird schnell klar: Frauen sind in erster Linie Hausfrauen, Mütter, Liebhaberinnen oder ab und zu einmal Karrierefrau – aber selbst dann müssen sie sich noch um die Kinder kümmern, für den Mann Essen kochen und dabei noch wahnsinnig attraktiv aussehen. Gemeinsam haben die Bilder meistens einen perfekten Körper (der immer öfter nicht nur digital nachbearbeitet, sondern auch aus verschiedenen Frauenkörpern zusammengesetzt wird). Frauen haben schlank zu sein und schön. Wichtig ist weniger, was sie machen, als wie sie dabei aussehen. Und das muss vor allem „sexy“ sein.

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Pornographie: Wer kennt sie nicht, die Porno-Hefte unter dem Bett, die so genannten „Erotik“-Filme nach 22 Uhr, Internetseiten mit 300 Pop-Ups, die nicht wieder weg zu kriegen sind oder die Abteilungen in Videotheken, die einen Einlass nur „über 18 Jahren“ gestatten. Pornographie ist ein großes Geschäft. Welches Geschlechter-Bild vermittelt uns die klassische, heterosexuell geprägte Pornographie? Frauen sind in der Regel Objekte, die nur darauf warten, von allen Seiten ordentlich „genommen“ zu werden. Weibliche Lust spielt nur insofern eine Rolle, als dass sie, egal was der Mann macht, dabei unermesslich ihm gegenüber ist. Willig und geil – so ist die Frau im Porno. Häufig findet auch noch eine direkte oder indirekte Verknüpfung mit Gewaltphantasien statt: Frauen wird Gewalt angetan, um Männer zu erregen.

FAQ‘s (frequently asked questions!) 1. Wann ist eine Werbung sexistisch? Sexistische Werbung erkennst du daran, dass Frauen in beleidigender oder entwürdigender Art dargestellt werden. Beliebt ist der Vergleich mit einem Produkt (z.B. Auto), sodass der Eindruck entsteht als sei die Frau – quasi mit dem Auto – zu kaufen. Das Gegenteil davon – aber ebenso sexistisch – ist, wenn die dargestellte Frau zwar keinen Bezug zum Produkt hat, sondern einfach nur „Dekoration“ ist. Aber es ist auch schon sexistisch, wenn Frauen und Männer oder Kinder in veralteten Geschlechterrollen „fixiert“ und eben auf bestimmte Rollen (Frau = dumm, unterwürfig, Mutter, Dekoration; Mann = Karrieretyp etc.) reduziert werden. 2. Ist es sexistisch wenn ich ein Mädchen hübsch finde? Sich für eine Welt ohne Sexismus und Benachteiligung einzusetzen, heißt nicht, dass du niemanden hübsch finden darfst. Sexismus beruht – wie oben erwähnt – auf dem Vorurteil, dass Frauen den Männern unterlegen sind und daher ständig bereit und verfügbar sein müssen. Es gibt aber sehr wohl einen Unterschied zwi-

schen „eine Person schön“ finden – und dem Reduzieren auf zwei oder drei Körperteile. Wichtig ist, hier einfach hinter einem schönen Gesicht auch den Menschen zu erkennen und als eigenständige Persönlichkeit zu respektieren. Wichtig ist auch, dass sich der Respekt, den du Frauen entgegen bringst, in deinen Formulierungen und Äußerungen wiederspiegelt. 3. Frauenwitze meint doch niemand ernst! Wenn wir Witze über irgendjemanden oder irgendetwas machen dann „meinen wir das meistens ja alle nicht so“. Aber nicht alle Witze sind „lustig“ - Wenn in Witzen Frauen dargestellt werden als wären sie dumme Wesen, die alles mit sich machen lassen, dann ist das ja eigentlich gar nicht lustig – genauso wie es nicht zum Lachen ist, wenn jemand abfällige Witze über AusländerInnen, den Holocaust, etc. macht. Witze spiegeln meist ganz reale gesellschaftliche Vorurteile und Probleme wieder. Aber das heißt nicht, dass wir selbst diese Ungerechtigkeiten weitergeben müssen – niemand von uns würde menschenverachtende, rassistische Witze als lustig empfinden – und genauso ist das mit Frauenwitzen. 4. Aber was kann ich da schon tun? JedeR kann etwas verändern. Du kannst z.B. versuchen, keine sexistischen Witze mehr zu erzählen oder deine FreundInnen darauf aufmerksam machen, wenn du welche hörst. Die meisten Menschen machen sich keine Gedanken über Sexismus – aber nicht weil sie es nicht besser wissen, sondern weil bis jetzt vermutlich noch niemand mit ihnen darüber geredet hat - also mach den Anfang! Wenn wir davon ausgehen, wie wir selbst behandelt werden möchten, dann ist es oft leichter, sich vorzustellen, wie andere behandelt werden wollen – niemand möchte als dumm dargestellt oder nur auf seinen Körper reduziert werden.

Die Welt verändert sich. Wenn du sie veränderst! 7


Geschlechtergerechte Sprache

Wozu? Frauen werden in vielen Lebensbereichen unsichtbar gemacht. Die Geschichtsschreibung wird von „großen Männern“ beherrscht und überall ist die Rede von wichtigen Politikern, Malern, Architekten, Physikern, Wissenschaftern und Unternehmern. Gibt es etwa keine Künstlerinnen, Ökonominnen, Politikerinnen oder Philosophinnen? Die männliche Sprachformen bilden die Sichtweise der gesellschaftlichen Realitäten ab und formen damit auch unsere Wahrnehmung. Die Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt, an der Schule oder Universität, in der Familie und in den Medien spiegelt sich in unserer Sprache wieder, die Leistungen von Frauen bleiben unsichtbar.

Sprache schafft Bewusstsein Wo von Männern die Rede ist, gibt es auch Frauen, doch Sprache hat einen wesentlichen Einfluss auf unsere Wahrnehmung. Durch eine männlich dominierte Sprache werden Frauen ins Abseits gedrängt. Oftmals heißt es, dass Frauen mit männlichen Sprachformen ohnehin mitgemeint wären. Sprachwissenschaftliche Untersuchungen bestätigen eine gegenteilige Wirkung: Wenn beispielsweise Versuchspersonen dazu aufgefordert werden, drei Sportler, Politiker oder Schauspieler zu nennen, werden auch überwiegend Männer genannt. Die Verwendung von geschlechtergerechten Sprachformen wie „SportlerInnen“ oder „Schauspieler und Schauspielerinnen“ führt zu wesentlich häufigeren Nennungen von Frauen. Als Linke kämpfen wir für eine Welt, in der alle Menschen die gleichen Möglichkeiten haben. Dazu gehört genauso, gegen die Ungleichheit der Geschlechter einzutreten. Ein Schritt in diese Richtung ist die Verwendung einer geschlechtergerechter Sprache, die Frauen sichtbar macht.

Wie? Allgemein gilt: Im Deutschen wird meist für die Mehrzahl das so genannte „generische Maskulinum“ verwendet, das heißt, dass in der Mehrzahl immer nur von Männern die Rede ist (z.B. „die Arbeiter“, „die Schüler“, „die Lehrer“…). Genau diese Formulierung blendet Frauen aus. Denn entgegen dem Argument, sie seien doch „mitgemeint“, lässt sich feststellen, dass wenn nur von Männern gesprochen wird, auch nur an Männer gedacht wird. Um diesem Problem entgegenzuwirken, gibt es zwei gängige Möglichkeiten: Differenzieren – geschlechtergerechte Sprache Hier wird explizit gezeigt, dass es sich um Frauen und Männer handelt. Z.B. „Schülerinnen und Schüler“ oder „Lehrerinnen und Lehrer“. Um die Formulierung zu vereinfachen, können wir auch das „Binnen-I“ verwenden, also „StudentInnen“ und „LehrerInnen“ sagen oder schreiben. Auch Schreibweisen mit Schrägstrich sind möglich (Schüler/innen, Lehrer/innen).

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Neutralisieren – geschlechtsneutrale Sprache Hier wird versucht, eine neutrale Formulierung zu finden, wie z.B. „Studierende“ oder „Lehrende“. Das funktioniert aber nicht bei allen Wörtern und macht Frauen und Männer nicht explizit sichtbar. Daher sollte diese Form nur dann angewandt werden, wenn Frauen an anderer Stelle sichtbar gemacht sind.

gleichen Lohn für gleiche Arbeit, gegen Sexismus und Gewalt und eben auch für das Miteinbeziehen von Frauen in der Sprache. Sprache prägt uns und Frauen fühlen sich bei rein männlichen Formen offensichtlich nicht mitgemeint. Wenn du also für die Gleichberechtigung von Frauen bist, kannst du auch den Respekt aufbringen, das in der Sprache umzusetzen.

Unsere Sprache spiegelt in vielen Aspekten Geschlechter(ungleich-)verhältnisse wieder. Das zu hinterfragen bedeutet aber auch Worte und Formulierungen auszusparen und wegzulassen, die schon an sich sexistisch sind oder Rollenbilder reproduzieren. Dazu gehören Berufsbezeichnungen, die immer nur in weiblicher oder männlicher Form verwendet werden, wie Putzfrau, Krankenschwester usw. Das gilt auch umgekehrt wie. In der Verwendung der geschlechtstypischen Bezeichnungen festigen wir die Rollenbilder, die dabei gedacht werden. Stattdessen können Wörter wie Reinigungspersonal, KrankenpflegerInnen, InstallateurInnen, ManagerInnen usw. verwendet werden.

„Aber das war doch immer so. Warum stört es die Frauen denn jetzt?“

Viele Dinge werden damit gerechtfertigt, dass sie historisch gewachsen sind und schon immer so waren. Das ändert aber nichts daran, dass Dinge falsch sein können und Menschen dadurch diskriminiert werden. Viele andere Umstände, die wir ablehnen, sind früher auch von allen Beteiligten als normal empfunden worden: Beispielsweise die gottgewollte Herrschaft der MonarchInnen, Klassenunterschiede, Rassismus usw. Warum sollten wir gerade im Bereich geschlechtergerechter Sprache ein Argument gelten lassen, das wir in so vielen anderen Bereichen ablehnen?

Argumente gegen geschlechtergerechte Sprache und was wir dazu sagen „Aber das stört doch den Lesefl uss und verschandelt die Sprache“

Sprache bleibt nicht immer gleich. Was wir als normal und unserem Lesefluss entsprechend wahrnehmen, ist vor allem Gewohnheitssache. Wenn du also bewusst daran arbeitest, geschlechtergerecht zu formulieren, wird dir bald auffallen, dass dir Texte, die in der „alten“ Schreibweise formuliert sind, plötzlich komisch vorkommen, genauso wie zu Beginn die geschlechtergerechte Sprache. Gewohnheiten sind kein Grund, um bestehende Diskriminierungen beizubehalten. „Frauengleichberechtigung ist eh wichtig, aber da gibt’s viel wichtigere Dinge!“

Geschlechtergerechte Sprache ist kein „EntwederOder“. Wir kämpfen nicht für das Eine und lassen das Andere außen vor. Der Kampf um gleiche Geschlechterverhältnisse muss gleichzeitig geführt werden: Für 9


Einleitung und Rahmenbedingungen Zeitrahmen: 2,5 Stunden

Konzept für antisexistische Gruppentreffen

Gruppe: Die Gruppe soll nicht größer als 15 Personen sein. Ausgeglichene Geschlechterverhältnisse sind von Vorteil, wenn Frauen oder Männer stark in der Minderzahl sind, muss versucht werden über Moderationsmethoden diese Minderheitenmeinung trotzdem aufzugreifen. Unterschiedliches Vorwissen zum Thema ist vermutlich in jeder Gruppe vorhanden, aber nicht per se ein Nachteil, wenn die, die mehr wissen, sich konstruktiv einbringen ohne denen, die bis jetzt weniger dazu gemacht haben, das Wort abzuschneiden oder Gedankenprozesse vorweg zu nehmen. Ziele des Gruppentreffens: • Rollenbilder / Geschlechterrollen erkennen und hinterfragen • Einfühlungsvermögen für Verletzungen entwickeln - Sexismus verstehen • Die eigene Verantwortung und mögliche Handlungsperspektiven begreifen • Gruppenvereinbarungen • Die Anti-Sexismus-Initiative kennen lernen und in diesem Rahmen Aktion setzen Zu den Konzepten: Es gibt zwei verschiedene Konzepte, die sich geringfügig unterscheiden. Das erste ist für Gruppen gedacht, die wenige Vorkenntnisse im Bereich Geschlechterverhältnisse haben. Das zweite Konzept ist in den Übungen leicht verändert und baut auf Vorkenntnisse auf und kann bei Gruppen angewandt werden, die in diesem Bereich schon etwas mehr gearbeitet haben. Im Aufbau und weiten Teilen sind die Konzepte gleich, der Unterschied sind die Übungsaufgaben.

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grundsätzliche Moderationshinweise

nicht von anderen unterbrochen werden. In schwierigen Situationen RednerInnenliste führen (wenn möglich abwechselnd Männer und Frauen zu Wort kommen lassen) oder einen Gegenstand wählen, den immer diejenige/derjenige hat, die/der grad am Wort ist.

Grundsätze der Moderation •

Allgemein sollte versucht werden, alle einzubeziehen, leise TeilnehmerInnen zu stärken und dominante TeilnehmerInnen zurück zu nehmen.

Nie davon ausgehen, dass die TeilnehmerInnen etwas „schon wissen“ müssten. Die Dinge, die dir selbstverständlich erscheinen, können für die Gruppe neu sein.

Feedbackrunde: als Abschluss des Gruppenabends bietet es sich an, jedeN TeilnehmerIn kurz sagen zu lassen, was er/sie von dem Treffen mitnimmt, was gut war, was weniger.

Sprache schafft Bewusstsein. Versuche selbst immer eine geschlechtergerechte Sprache zu verwenden und ermutige vielleicht zu Beginn des Gruppenabends auch andere, das zu tun. Wichtig ist, dass das alles eine Übungsfrage ist.

Zum Fragen ermutigen: Gleich zu Beginn festhalten, dass die TeilnehmerInnen sich immer melden sollen, wenn etwas nicht klar ist oder sie eine andere Meinung zu etwas Gesagtem haben. Es gibt keine „blöden“ Fragen.

Es gibt nichts „Falsches“ oder „Blödes“, was gesagt wird. Es kommt vor, dass Beiträge politisch problematisch sind. Dann solltest du versuchen, es vorsichtig richtig zu stellen, indem du deine Meinung darstellst („Es ist gut, dass du das sagst, das ist deine Meinung, meine Meinung ist...“).

Zustimmung einholen und nachfragen: TeilnehmerInnen in die Gestaltung des Gruppenabends einbinden, nachfragen, ob die Vorgangsweise für alle in Ordnung ist; bei Erläuterungen die Gruppe fragen, ob alles für alle verständlich ist usw.

Den Ablauf des Gruppenabends auf die Gruppe abstimmen: Wenn du merkst, dass eine geplante Diskussion nicht so ins Rollen kommt, wie du dir das vorgestellt hast, kürze den Punkt ab und geh zum nächsten über. Umgekehrt solltest du versuchen, auf zusätzlichen Bedarf an Auseinandersetzung einzugehen. Natürlich hast du ein Konzept, dass du umsetzen möchtest und durchbringen solltest, im Rahmen des Möglichen kannst du aber flexibel sein, was die Intensität und Länge verschiedener Punkte betrifft.

In Diskussionen: Darauf achten, dass RednerInnen

Moderationsmethoden Hier findest du ein paar einfache, gängige Moderationsmethoden, die für Gruppenabende ohne großen Aufwand geeignet sind.

Brainstorming „Brainstorming“ bedeutet, zu einem bestimmten Thema oder einer Frage alles zu sammeln, was die TeilnehmerInnen damit verbinden. Am besten ist, wenn du das Thema oder die Frage in die Mitte eines FlipChart Papiers schreibst und rundherum die Zurufe der TeilnehmerInnen notierst. Das Gesagte wird gemeinsam besprochen und auf einem Flip-Chart gesammelt und kann ein guter Einstieg ins Thema oder eine Ideensammlung sein, mit der dann weiter gearbeitet werden kann. Kärtchenabfrage: Kärtchen sind rechteckige oder ovale Stücke aus etwas dickerem Buntpapier. Du kannst sie leicht selbst machen, indem du einfach ein A4 Blatt horizontal in drei gleich große Teile schneidest. Die Kärtchenabfrage funktioniert so, dass du allen TeilnehmerInnen eine Frage stellst, die sie mit den Kärtchen jeweils für sich 11


beantworten. Die Kärtchenzahl der TeilnehmerInnen soll zwischen 3 und 5 liegen. Wichtig ist, dass pro Kärtchen nur ein Thema notiert wird und möglichst mit einem oder zwei Stichworten (max. drei Zeilen) mit dickem Stift. Nach ca. 5 Minuten sammelst du sie ein und klebst sie auf das Flipchart oder auf die Wand. Jedes Kärtchen wird vorgelesen. Wenn ein Begriff unklar ist, kann gleich nachgefrag werden. Wenn jemand zu einem Begriff was sagen will, kann das Kärtchen von jedem und jeder aus der Gruppe „geblitzt“ werden. Das heißt, ein kleiner Blitz auf das Kärtchen gemalt und alle so markierten Kärtchen werden im Nachhinein noch einmal besprochen. Gut eignet sich die Methode zum „Clustern“, also verschiedene Stichworte zu Themengruppen zusammen zu fassen und nebeneinander kleben. Wichtig dabei ist, dass gemeinsam zugeordnet wird („wo passt dieses Kärtchen am besten dazu?“ „Sollen wir mit dem Stichwort eine neue Gruppe anfangen“ „Ich würde vorschlagen… seht ihr das auch so?“ usw.). So können Themenbereiche gut in Untergruppen aufgeteilt werden. Wichtig ist außerdem jedes Kärtchen zu verwenden. Auch wenn Kärtchen doppelt sind, (nebeneinander) aufkleben. Die Kärtchen sind die Gedanken der TeilnehmerInnen. Du musst vermitteln, dass jeder Gedanke wichtig ist. Knowledge- Café: Ein Knowledge Café ist eine andere Form von Arbeitsgruppen. Die TeilnehmerInnen werden in drei oder vier Gruppen aufgeteilt. Jede Gruppe bekommt eine Aufgabe. Es ist sowohl möglich, allen drei Gruppen dieselbe Aufgabenstellung zu geben als auch, drei verschiedene zu verwenden. Die Gruppen haben 5 Minuten Zeit, auf ein Flip Chart aufzuschreiben, was ihnen alles zur Frage einfällt. Nach dieser Zeit wechseln die TeilnehmerInnen zum nächsten Flip-Chart und bearbeiten die dort notierte Frage mit den bereits von der vorigen Gruppe notierten Ideen weiter. Am Ende des Knowledge Cafés sollten jedeR TeilnehmerIn einmal bei jedem Flip-Chart gewesen sein. Ziel dieser Methode ist, den Wissenstand der Gruppe aneinander abzugleichen. Dadurch, dass zwischen den Flip-Charts gewechselt wird, wird gesehen, was die Gruppe vorher aufgeschrieben hat, neue Gedanken werden ergänzt, die von allen gewusst 12

werden. Die Flips können dann noch mal aufgelegt werden und alle haben noch 5 Minuten Zeit zu sehen, was sich bei „ihren“ Flips noch getan hat. Arbeitsgruppen: Wenn du Arbeitsgruppen machst, solltest du daran denken, dass diese –je nach Aufgabenstellung – relativ Zeitintensiv sind. Wenn du nur begrenzt Zeit hast, bietet es sich eher ein Knowledge Café an. Bei Arbeitsgruppen teilst du die TeilnehmerInnen in zwei bis drei Gruppen auf und gibst jeder Gruppe einen Text / ein Bild / eine Fragestellung den sie in einem gewissen Zeitraum lesen, besprechen und anschließend die wichtigsten Inhalte für eine Präsentation vor der ganzen Gruppe vorbereiten sollen. Arbeitsgruppentexte sollten nicht lang (max. 3 Seiten) und leicht verständlich sein. Wichtig sind immer konkrete Fragestellungen an die Arbeitsgruppen zu geben. Auch wenn das Thema klar ist, helfen drei konkrete Fragen bei der Ausarbeitung sehr und du kannst damit auch den Fokus lenken. Blitzlicht: Das Blitzlicht ist eine Methode, um die Feedbackrunde zu gestalten oder Stimmungen einzufangen. Dabei sagt jedeR TeilnehmerIn kurz, in nicht mehr als drei Sätzen, was er/sie denkt. Wichtig ist: Das Gesagte wird nicht diskutiert und nicht kommentiert. Als Feedback-Runde kannst du das Blitzlicht dann mit deinem eigenen Teil abschließen, wo du auch auf Gesagtes eingehen kannst. Wenn es um Stimmungslagen oder Meinungsfindung geht, musst du im Anschluss zusammenfassen („die Runde hat gezeigt, dass die viele in der Gruppe… ich würde also vorschlagen dass…“)


KONZEPT I

Arzt-Rätsel (Anhang 1)

Vorstellungsrunde TrainerInnen stellen sich vor. Danach eine kurze Runde „Wer bin ich? Wie alt? Welche Schule/welchen Beruf?“ 5 Min

Einleitung: „Worum wird es heute gehen?“ Die TrainerInnen sollen bereits am Anfang erklären, was thematisch behandelt wird, wie der Zeitrahmen aussieht und dass es auch methodisch-didaktische Elemente gibt. Wichtig ist, klar zu stellen, dass es kein „richtig“ und „falsch“ gibt, kein „gut“ und „böse“, sondern dass es um das Hineinversetzen in Situationen und Menschen geht und ein Austausch über verschiedene Erfahrungen stattfinden soll. Es kann eine Bitte an alle gerichtet werden, sich darauf einzulassen und eine Aufforderung zu sagen, wenn etwas nicht okay ist. Eventuell noch kurz Kommunikationsregeln nennen (ausreden lassen, es gibt kein „falsch“, zuhören, niemanden auslachen etc.)

Das Rätsel auf kopierten Zetteln austeilen; Die TeilnehmerInnen sollen nicht darüber reden, sondern für sich selbst nachdenken; die, die´s schon kennen, sollen es nicht verraten. Alle, die die Antwort wissen, legen den Zettel verkehrt auf den Tisch (oder am Boden) Nach ein paar Minuten das Rätsel auflösen, wenn es noch nicht für alle klar ist; anschließend erklären, warum wir geschlechtergerechte Sprache verwenden; gängige Gegenargumente aufgreifen und entkräften das Gesagte aber möglichst in den Raum stellen; etwaige Diskussionen sprengen den Zeitrahmen und müssen auf später oder einen anderen Gruppenabend verschoben werden; Als Hintergrund-Info für die TrainerInnnen dient Anhang 2 10 Min

Übung: Partyszene und Rollendruck (Anhang 3) Die Übung soll zeigen, wie Rollenbilder verinnerlicht sind und wie sie in unsere Bewertung von Situationen einfließen. Die Übung wird im Anhang 3 beschrieben.

5 Min 40 Min

Aktivierungsspiel: Raumkontinuum

(5 Min erklären, 15 Min Gruppenarbeit, 20 Min Diskussion)

An einer Ecke des Raums befindet sich ein Zettel mit „nicht“ und an der anderen Ecke mit „sehr“, dazwischen spannt sich eine gedachte Linie. Bei folgenden drei Fragen sollen sich die TeilnehmerInnen zwischen diesen Ecken so positionieren, dass es ihrer Antwort am nächsten kommt. • Wie geht es dir jetzt gerade? (nicht gut – sehr gut) • Wie sehr interessiert dich das Thema? (nicht – sehr) • Würdest du gern für einen Tag das Geschlecht wechseln? (nicht – sehr gern) Die TrainerInnen fragen in jeder Runde (kurz!) eine Person, warum sie da steht, wo sie steht; 10 Min

Was sind Rollenbilder? Die TrainerInnen machen ein Brainstorming am FlipChart zu „typisch männlich“ / „typisch weiblich“; Alle sollen einfach sagen, was ihnen einfällt - es geht um Verhalten, Körperliches und Interessen / Hobbies. Es werden bewusst Klischees produziert (z.B: Frauen können nicht Auto fahren, sind hysterisch, haben kein technisches Verständnis – Männer weinen nicht, sind aggressiv, mögen Sport etc.) Auflösen: Die TrainerInnen können anschließend feststellen, dass es allen sehr leicht fällt, diese Zuschreibungen zu nennen. Das heißt, Rollenbilder sind sehr präsent und wir haben vieles davon verinnerlicht. Wichtig ist: Niemand fühlt sich wohl mit den Zuschreibungen! 13


Rollenbilder schränken Burschen und Mädchen / Frauen und Männer zu gleichen Maßen ein und behindern uns dabei, so zu sein, wie wir sein wollen. Als Hintergrund-Info für die TrainerInnen dient Anhang 4 10 Min

Danach sollen die TeilnehmerInnen geschlechtsspezifische Zahlen erraten. (Anhang 7). Auflösen: Anschließend kann zusammengefasst werden, dass in unserer Gesellschaft Frauen in vielen Bereichen nach wie vor benachteiligt sind. Sexismus spiegelt sich in der Ungleichheit wider und dient gleichzeitig zur Aufrechterhaltung dieser.

Input: Geschlechterkonstruktion Die TrainerInnen schreiben ein Zitat von Simone de Beauvoir auf ein Flip-Chart: „Wir werden nicht als Frau / Mann geboren, sondern wir werden es“ Sie erklären, was das heißt und erklären anhand des englischen Sprachgebrauchs Sex/Gender, den Unterschied von biologischem Geschlecht und sozialer Geschlechtszuschreibung. Als Hintergrund-Info für die TrainerInnen dient Anhang 5 5 Min

Übung: „Immer – manchmal – nie“ Bei dieser Übung geht es darum, Grenzverläufe zu thematisieren und Einfühlungsverständnis dafür zu wecken, was belästigend bzw. sexistisch ist und was als solches empfunden werden kann. Die Anleitung zur Übung findet sich im Anhang 6. 45 Min

Input: Sexismus Die TrainerInnen schreiben dabei das Wort „Sexismus“ auf das Flip-Chart und fragen die TeilnehmerInnen, was ihnen dazu einfällt. Eine kurze Sammlung der verschiedenen Assoziationen wird auf dem Flip festhalten. Danach wird als Sexismus-Definition „Sexismus ist die Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts“ auf die Wand geschrieben. Wichtig ist, die Unterscheidung zwischen strukturellen und persönlichen Bereichen und das Thematisieren, dass vor allem Frauen davon betroffen sind, weil Sexismus auf ungleichen Geschlechterverhältnissen beruht. 14

Als Hintergrundinfo für die TrainerInnen dient Anhang 8. Diese Unterlage kann auch bei Bedarf im Anschluss an die TeilnehmerInnen ausgeteilt werden. 10 Min

Abschluss: Zusammenfassung, Sexismus-Initiative vorstellen und Gruppenvereinbarungen: Am Ende des Gruppenabends lassen die TrainerInnen noch einmal Revue passieren lassen, welche Themen im Laufe des Abends aufgetaucht sind und bearbeitet wurden (geschlechtergerechte Sprache, Rollenbilder, Sex/Gender, Belästigung, Sexismus). Als Fazit kann gelten, dass es Ungleichheit auf verschiedenen Ebenen gibt und dass wir dagegen kämpfen wollen. Politisch wie persönlich. Danach können die Materialien der Anti-Sexismus-Initiative verteilt und kurz präsentiert werden, warum wir das machen. Ebenfalls wichtig ist es, das Ziel, dass alle Gruppen in der ersten Märzwoche eine Aktion dazu zu machen, anzusprechen und eventuell gleich mit dem Gruppenvorsitzenden vereinbart, wann die geplant wird. Ganz zum Schluss fragen die TrainerInnen noch in die Runde, was die TeilnehmerInnen vom heutigen Abend mitnehmen. Nachdem Sexismus bekämpfen nicht nur auf einer politischen Ebene im Form von Forderungen zur Gleichstellung etc. stattfinden muss, sondern eben auch durch das eigene Verhalten, können die TrainerInnen mögliche Vereinbarungen quasi als Zusammenfassung des Abends vorstellen. Wichtig ist dabei, dass alle Vereinbarungen, die getroffen werden, von der Gruppe gemeinsam unterstützt werden. (Anhang 9). 15 Min


KONZEPT II

Geschlechtergerechte Sprache

Vorstellungsrunde TrainerInnen stellen sich vor. Danach eine kurze Runde „Wer bin ich? Wie alt? Welche Schule/welchen Beruf?“ 5 Min

Die TrainerInnen erklären, dass sie versuchen, geschlechtergerechte Sprache zu verwenden und warum das wichtig ist. Auf einem Flip-Chart stehen drei gängige Gegenargumente. Die TrainerInnen diskutieren diese kurz mit allen TEilnehmerInnen und entkräften sie gemeinsam. Als Hintergrund-Info für die TrainerInnnen dient Anhang 2

Einleitung: „Worum wird es heute gehen?“

10 Min

Die TrainerInnen sollen bereits am Anfang erklären, was thematisch behandelt wird, wie der Zeitrahmen aussieht und dass es auch methodisch-didaktische Elemente gibt. Wichtig ist, klar zu stellen, dass es kein „richtig“ und „falsch“ gibt, kein „gut“ und „böse“, sondern dass es um das Hineinversetzen in Situationen und Menschen geht und ein Austausch über verschiedene Erfahrungen stattfinden soll. Es kann eine Bitte an alle gerichtet werden, sich darauf einzulassen und eine Aufforderung zu sagen, wenn etwas nicht okay ist. Eventuell noch kurz Kommunikationsregeln nennen (ausreden lassen, es gibt kein „falsch“, zuhören, niemanden auslachen etc.) 5 Min

Übung: Geschichte fortsetzen (Anhang 3a) Ziel ist, emphatische Haltungen einzuüben, alltäglichen Sexismus wahrzunehmen, Erkennen und Differenzieren zwischen verbalem, psychischem und physischem Sexismus. Die Übung ist in Anhang 3a erklärt. Wichtig ist, im Anschluss mit der Gruppe noch kurz darüber zu reden, wie es ihnen in den einzelnen Rollen gegangen ist. Die TrainerInnen können abschließend feststellen, dass auch solche Situationen oft Ergebnis von (unbewussten) Rollenbildern sind und kurz Beispiele finden, wo sich das erkennen lässt und wie diese Rollenbilder entstehen.

Aktivierungsspiel: Raumkontinuum

40 Min

An einer Ecke des Raums befindet sich ein Zettel mit „nicht“ und an der anderen Ecke mit „sehr“, dazwischen spannt sich eine gedachte Linie. Bei folgenden drei Fragen sollen sich die TeilnehmerInnen zwischen diesen Ecken so positionieren, dass es ihrer Antwort am nächsten kommt. • Wie geht es dir jetzt gerade? (müde – munter) • Wie sehr interessiert dich das Thema? (nicht – sehr) • Würdest du gern für einen Tag das Geschlecht wechseln? (nicht – sehr gern) Die TrainerInnen fragen in jeder Runde (kurz!) eine Person, warum sie da steht, wo sie steht; 10 Min

(5 Min erklären, 15 Min Gruppenarbeit, 20 Min Rollenspiel und Diskussion)

Input: Geschlechterkonstruktion Die TrainerInnen schreiben ein Zitat von Simone de Beauvoir auf ein Flip-Chart: „Wir werden nicht als Frau/ Mann geboren, sondern wir werden es“ Sie erklären, was das heißt und erklären anhand des englischen Sprachgebrauchs Sex/Gender, den Unterschied von biologischem Geschlecht und sozialer Geschlechtszuschreibung. Als Hintergrund-Info für die TrainerInnen dient Anhang 5 5 Min 15


Übung: „Immer – manchmal – nie“ Bei dieser Übung geht es darum, Grenzverläufe zu thematisieren und Einfühlungsverständnis dafür zu wecken, was belästigend bzw. sexistisch ist und was als solches empfunden werden kann. Die Anleitung zur Übung findet sich im Anhang 6a. 45 Min

Input: Sexismus Die TrainerInnen schreiben dabei das Wort „Sexismus“ auf das Flip-Chart und fragen die TeilnehmerInnen, was ihnen dazu einfällt. Eine kurze Sammlung der verschiedenen Assoziationen auf dem Flip festhalten. Danach wird als Sexismus-Definition „Sexismus ist die Benachteiligung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts“ auf die Wand geschrieben. Nun soll es darum gehen, was unter Benachteiligung zu verstehen ist. Wichtig ist die Unterscheidung zwischen strukturellen und persönlichen Bereichen. Eine gute Möglichkeit dafür ist es, die TeilnehmerInnen raten zu lassen, wie die Zahlenverhältnisse sind (Anhang 7a). Am besten geht das, wenn die einzelnen Antworten auf Kärtchen geschrieben sind und die TeilnehmerInnen sie den Fragestellungen zuordnen müssen. Anschließend kann zusammengefasst werden, dass in unserer Gesellschaft Frauen in vielen Bereichen nach wie vor benachteiligt sind. Sexismus bedeutet zum einen diese Ungleichheit und ist zum anderen (im persönlichen Bereich) eine Stütze zur Aufrechterhaltung dieser Ungleichheit. Als Hintergrundinfo für die TrainerInnen dient Anhang 8. Diese Unterlage kann auch bei Bedarf im Anschluss an die TeilnehmerInnen ausgeteilt werden. 10 Min

Abschluss: Zusammenfassung, Sexismus-Initiative vorstellen und Gruppenvereinbarungen: 16

Am Ende des Gruppenabends lassen die TrainerInnen noch einmal Revue passieren lassen, welche Themen im Laufe des Abends aufgetaucht sind und bearbeitet wurden (geschlechtergerechte Sprache, Rollenbilder, Sex/Gender, Belästigung, Sexismus). Als Fazit kann gelten, dass es Ungleichheit auf verschiedenen Ebenen gibt und dass wir dagegen kämpfen wollen. Politisch wie persönlich. Danach können die Materialien der Anti-Sexismus-Initiative verteilt und kurz präsentiert werden, warum wir das machen. Ebenfalls wichtig ist es, das Ziel, dass alle Gruppen in der ersten März Woche eine Aktion dazu zu machen, anzusprechen und eventuell gleich mit dem Gruppenvorsitzenden vereinbart, wann die geplant wird. Ganz zum Schluss können die TrainerInnen noch in die Runde fragen, was die TeilnehmerInnen vom heutigen Abend mitnehmen. Nachdem Sexismus bekämpfen nicht nur auf einer politischen Ebene im Form von Forderungen zur Gleichstellung etc. stattfinden muss, sondern eben auch durch das eigene Verhalten, soll die Gruppe nun in getrennten Gruppen (Männer / Frauen) überlegen, was mögliche Gruppenvereinbarungen (wie wollen wir miteinander umgehen?) sein können. Anschließend werden die Gruppen zusammengeführt und gemeinsam festgehalten, welche der Vorschläge als Gruppenvereinbarungen gelten. Als Hintergrundinfo für die TrainerInnen dient Anhang 9 30 Min


Zus채tze / Erfahrungen

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Übung: Anhang 1

Arzt-Rätsel

Anhänge

Ein Vater und sein Sohn machen eines Tages einen Ausflug mit dem neuen Auto. In der kurvigen Bergstraße kommt Wagen von der Straße ab und stürzt 20 Meter ins Tal. Ein Passant sieht den Unfall und verständigt die Rettung. Der Vater ist sofort tot, der Sohn wird lebensgefährdet aus dem Wrack geborgen und ins nächste Krankenhaus geflogen. Im Operationssaal versammeln sich drei Ärzte rund um den OP-Tisch, als einer von ihnen plötzlich ruft: „Oh nein! Ich kann nicht operieren! Das ist mein Sohn!“ Wie ist das möglich?

Hintergrundinfo: Anhang 2 (siehe auch 3.)

Geschlechtergerechte Sprache Wozu? Frauen werden in vielen Lebensbereichen unsichtbar gemacht. Die Geschichtsschreibung wird von „großen Männern“ beherrscht und überall ist die Rede von wichtigen Politikern, Malern, Architekten, Physikern, Wissenschaftern und Unternehmern. Gibt es etwa keine Künstlerinnen, Ökonominnen, Politikerinnen oder Philosphinnen? Die männliche Sprachformen bilden die Sichtweise der gesellschaftlichen Realitäten ab und formen damit auch unsere Wahrnehmung. Die Benachteiligung von Frauen in der Arbeitswelt, an der Schule oder Universität, in der Familie und in den Medien spiegelt sich in unserer Sprache wieder, die Leistungen von Frauen bleiben unsichtbar. Sprache schafft Bewusstsein Wo von Männern die Rede ist, gibt es auch Frauen, doch Sprache hat einen wesentlichen Einfluss auf unsere Wahrnehmung. Durch eine männlich dominierte Sprache werden Frauen ins Abseits gedrängt. Oftmals heißt es, dass Frauen mit männlichen Sprachformen 18


ohnehin mitgemeint wären. Sprachwissenschaftliche Untersuchungen bestätigen eine gegenteilige Wirkung: Wenn beispielsweise Versuchspersonen dazu aufgefordert werden, drei Sportler, Politiker oder Schauspieler zu nennen, werden auch überwiegend Männer genannt. Die Verwendung von geschlechtergerechten Sprachformen wie „SportlerInnen“ oder „Schauspieler und Schauspielerinnen“ führt zu wesentlich häufigeren Nennungen von Frauen. Als Linke kämpfen wir für eine Welt, in der alle Menschen die gleichen Möglichkeiten haben. Dazu gehört genauso, gegen die Ungleichheit der Geschlechter einzutreten. Ein Schritt in diese Richtung ist die Verwendung einer geschlechtergerechter Sprache, die Frauen sichtbar macht. Wie? Allgemein gilt: Im Deutschen wird meist für die Mehrzahl das so genannte „generische Maskulinum“ verwendet, das heißt, dass in der Mehrzahl immer nur von Männern die Rede ist (z.B. „die Arbeiter“, „die Schüler“, „die Lehrer“…). Genau diese Formulierung blendet Frauen aus. Denn entgegen dem Argument, sie seien doch „mitgemeint“, lässt sich feststellen, dass wenn nur von Männern gesprochen wird, auch nur an Männer gedacht wird. Um diesem Problem entgegenzuwirken, gibt es zwei gängige Möglichkeiten:

Differenzieren – geschlechtergerechte Sprache Hier wird explizit gezeigt, dass es sich um Frauen und Männer handelt. Z.B. „Schülerinnen und Schüler“ oder „Lehrerinnen und Lehrer“. Um die Formulierung zu vereinfachen, können wir auch das „Binnen-I“ verwenden, also „StudentInnen“ und „LehrerInnen“ sagen oder schreiben. Auch Schreibweisen mit Schrägstrich sind möglich (Schüler/innen, Lehrer/innen). Neutralisieren – geschlechtsneutrale Sprache Hier wird versucht, eine neutrale Formulierung zu finden, wie z.B. „Studierende“ oder „Lehrende“. Das funktioniert aber nicht bei allen Wörtern und macht Frauen und Männer nicht explizit sichtbar. Daher sollte diese

Form nur dann angewandt werden, wenn Frauen an anderer Stelle sichtbar gemacht sind. Unsere Sprache spiegelt in vielen Aspekten Geschlechter(ungleich-)verhältnisse wieder. Das zu hinterfragen bedeutet aber auch Worte und Formulierungen auszusparen und wegzulassen, die schon an sich sexistisch sind oder Rollenbilder reproduzieren. Dazu gehören Berufsbezeichnungen, die immer nur in weiblicher oder männlicher Form verwendet werden, wie Putzfrau, Krankenschwester usw. Das gilt auch umgekehrt wie. In der Verwendung der geschlechtstypischen Bezeichnungen festigen wir die Rollenbilder, die dabei gedacht werden. Stattdessen können Wörter wie Reinigungspersonal, KrankenpflegerInnen, InstallateurInnen, ManagerInnen usw. verwedendet werden.

Argumente gegen geschlechtergerechte Sprache und was wir dazu sagen „Aber das stört doch den Lesefl uss und verschandelt die Sprache“

Sprache bleibt nicht immer gleich. Was wir als normal und unserem Lesefluss entsprechend wahrnehmen, ist vor allem Gewohnheitssache. Wenn du also bewusst daran arbeitest, geschlechtergerecht zu formulieren, wird dir bald auffallen, dass dir Texte, die in der „alten“ Schreibweise formuliert sind, plötzlich komisch vorkommen, genauso wie zu Beginn die geschlechtergerechte Sprache. Gewohnheiten sind kein Grund, um bestehende Diskriminierungen beizubehalten. „Frauengleichberechtigung ist eh wichtig, aber da gibt’s viel wichtigere Dinge!“

Geschlechtergerechte Sprache ist kein „EntwederOder“. Wir kämpfen nicht für das Eine und lassen das Andere außen vor. Der Kampf um gleiche Geschlechterverhältnisse muss gleichzeitig geführt werden: Für gleichen Lohn für gleiche Arbeit, gegen Sexismus und Gewalt und eben auch für das Miteinbeziehen von Frauen in der Sprache. Sprache prägt uns und Frauen fühlen sich bei rein männlichen Formen offensichtlich nicht mitgemeint. Wenn du also für die Gleichberechti19


gung von Frauen bist, kannst du auch den Respekt aufbringen, das in der Sprache umzusetzen. „Aber das war doch immer so. Warum stört es die Frauen denn jetzt?“

Viele Dinge werden damit gerechtfertigt, dass sie historisch gewachsen sind und schon immer so waren. Das ändert aber nichts daran, dass Dinge falsch sein können und Menschen dadurch diskriminiert werden. Viele andere Umstände, die wir ablehnen, sind früher auch von allen Beteiligten als normal empfunden worden: Beispielsweise die gottgewollte Herrschaft der MonarchInnen, Klassenunterschiede, Rassismus usw. Warum sollten wir gerade im Bereich geschlechtergerechter Sprache ein Argument gelten lassen, das wir in so vielen anderen Bereichen ablehnen?

Auflösen: Wenn die Gruppen fertig sind, finden sie sich wieder in einem Raum zusammen. Eine Gruppe beginnt nun damit ihre Szene vorzulesen und ihre Antworten vorzustellen. Die andere Gruppe wird gleich bemerken, dass es „verdrehte“ Geschlechter gibt. Das ist ein guter Moment das anzusprechen, ohne näher darauf einzugehen. Anschließend stellt die zweite Gruppe ihre Szene vor. Danach werden Unterschiede und Gemeinsamkeiten bei Antworten und Beurteilungen besprochen. Folgende Fragen können dabei hilfreich sein: • Wurden Andreas und Andrea unterschiedlich beurteilt? • Wurden Simone und Simon unterschiedlich beurteilt? • Wo sind die Unterschiede?

Übung: Anhang 3

Partyszene und Rollendruck Ziel: Den Einfluss von Rollenbildern auf die Wahrnehmung und Interpretation des Verhaltens sichtbar zu machen; Erwartungshaltungen gegenüber Mädchen und Jungen zum Thema machen Ablauf: Für die Übung werden die TeilnehmerInnen in zwei Gruppen geteilt. Am besten ist, wenn die beiden Gruppen in zwei getrennten Räumen oder so arbeiten, dass sie sich gegenseitig nicht hören. Jede Gruppe bekommt ein Arbeitsblatt mit einer Geschichte (Partyszene 1 bzw. Partyszene 2). Bei diesen Szenen ist wortgleich ein Konflikt bei einem Partybesuch beschrieben. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die Geschlechter vertauscht wurden (Andreas und Simone versus Andrea und Simon). Dies wird den Gruppen aber im Vorhinein nicht mitgeteilt. Die Gruppen sollen nun die Szene durchgehen und die unten stehenden Fragen beantworten. Die Antworten auf die Fragen werden sie auf einem bereitgestellten Flipchart-Bogen stichwortartig festhalten.

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• Wo gab es Gemeinsamkeiten in der Beurteilung des Verhaltens? • Welchen Schluss kann man daraus auf den „Rollendruck“ für Jungen und Mädchen ziehen? Aus der Besprechung ergeben sich vermutlich viele Themen und Szenen, in denen Zuschreibungen an Männer und Frauen im Alltag sichtbar werden.


Partyszene

Partyszene

Lest folgende Geschichte aufmerksam durch. Besprecht anschließend in der Gruppe die unten stehenden Fragen und haltet eure Meinungen zu jeder einzelnen Frage mit Stichworten auf einem Flipchart fest.

Lest folgende Geschichte aufmerksam durch. Besprecht anschließend in der Gruppe die unten stehenden Fragen und haltet eure Meinungen zu den Fragen mit Stichworten auf einem Flipchart fest.

Andreas und Simone gehen seit drei Wochen miteinander. Am Wochenende sind sie zu einer Party im Haus einer Freundin eingeladen. Gegen Mitternacht möchte Simone schon heimgehen, Andreas will aber noch bleiben. Karl – ein Freund von Andreas – bietet Simone an, sie nach Hause zu fahren, weil um diese Zeit kein Bus mehr geht und sie 10 km entfernt wohnt. Da Simone weiß, dass Karl gerne riskant mit dem Auto fährt, sagt er Andreas, sie wolle jetzt doch noch nicht gehen. Andreas ist verwirrt, weil sie doch vorher heim wollte. Simone will alleine mit ihm reden. Aber Andreas ist verärgert, weil Simone so komisch ist und geht ihr zunächst aus dem Weg. Nach ein paar Minuten kommt er zurück und fragt Simone, was eigentlich mit ihr los sei. Simone holt tief Luft und sagt, wie sie sich fühlt. Sie erklärt, dass ihr die Fahrgewohnheiten von Karl unangenehm sind und sie nicht mit ihm mitfahren will. Sie möchte – wie auch immer – jetzt nach Hause. Andreas versteht Simones Sorge und schlägt vor, dass er seinen Bruder bittet, sie heimzubringen. Simone ist damit einverstanden.

Andrea und Simon gehen seit drei Wochen miteinander. Am Wochenende sind sie zu einer Party im Haus einer Freundin eingeladen. Gegen Mitternacht möchte Simon schon heimgehen, Andrea will aber noch bleiben. Klara – eine Freundin von Andrea – bietet Simon an, ihn nach Hause zu fahren, weil um diese Zeit kein Bus mehr geht und er 10 km entfernt wohnt. Da Simon weiß, dass Klara gerne riskant mit dem Auto fährt, sagt er Andrea, er wolle jetzt doch noch nicht gehen. Andrea ist verwirrt, weil er doch vorher heim wollte. Simon will alleine mit ihr reden. Aber Andrea ist verärgert, weil Simon so komisch ist und geht ihm zunächst aus dem Weg. Nach ein paar Minuten kommt sie zurück und fragt Simon, was eigentlich mit ihm los sei. Simon holt tief Luft und sagt, wie er sich fühlt. Er erklärt, dass ihm die Fahrgewohnheiten von Klara unangenehm sind und er nicht mit ihr mitfahren will. Er möchte – wie auch immer – jetzt nach Hause. Andrea versteht Simons Sorge und schlägt vor, dass sie ihre Schwester bittet, ihn heimzubringen. Simon ist damit einverstanden.

Was war das Problem zwischen Andreas und Simone?

Was war das Problem zwischen Andrea und Simon?

Wie hat sich Andreas eurer Meinung nach benommen?

Wie hat sich Andrea eurer Meinung nach benommen? Wie hat sich Simon eurer Meinung nach benommen?

Wie hat sich Simone eurer Meinung nach benommen? Welche Rolle hat Klara? Welche Rolle hat Karl? Was hättet ihr an der Stelle von Andrea getan? Was hättet ihr an der Stelle von Andreas getan? Was hättet ihr an der Stelle von Simon getan? Was hättet ihr an der Stelle von Simone getan? Wie sehr sollte sich Andreas für Simone “verantwortlich” fühlen? Wie sehr sollte sich Simone für Andreas “verantwortlich” fühlen?

Wie sehr sollte sich Andrea für Simon “verantwortlich” fühlen? Wie sehr sollte sich Simon für Andrea “verantwortlich” fühlen?


Geschichte fortsetzen… (Gruppe 1)

Geschichte fortsetzen… (Gruppe 2)

Lest folgende Geschichte gemeinsam und findet für die Situation Fortsetzungen anhand der Fragestellungen, die ihr in Stichworten aufschreibt. Stellt anschließend mit einem Rollenspiel der anderen Gruppe eure Fortsetzung der 2. Frage vor.

Lest folgende Geschichte gemeinsam und findet für die Situation Fortsetzungen anhand der Fragestellungen, die ihr in Stichworten aufschreibt. Stellt anschließend mit einem Rollenspiel der anderen Gruppe eure Fortsetzung der 3. Frage vor.

Silvia ist 16. Sie ist seit kurzem in einer Jugendorganisation aktiv und fährt zum ersten Mal auf ein Seminar mit. Dominik, der schon etwas länger dabei und auch älter ist, interessiert sich von Anfang an für Silvia. Er versucht immer wieder, mit ihr ins Gespräch zu kommen, möchte sie auf Getränke einladen und lässt durchscheinen, dass er sie hübsch findet. Silvia hat kein Interesse an Dominik und versucht mit allen möglichen Methoden, ihm auszuweichen bzw. ihm zu vermitteln, dass sie kein Interesse an ihm hat. Dominik lässt aber nicht locker. Am zweiten Abend während der Party steht Silvia neben der Tanzfläche, als Dominik entschlossen auf sie zukommt.

Silvia ist 16. Sie ist seit kurzem in einer Jugendorganisation aktiv und fährt zum ersten Mal auf ein Seminar mit. Dominik, der schon etwas länger dabei und auch älter ist, interessiert sich von Anfang an für Silvia. Er versucht immer wieder, mit ihr ins Gespräch zu kommen, möchte sie auf Getränke einladen und lässt durchscheinen, dass er sie hübsch findet. Silvia hat kein Interesse an Dominik und versucht mit allen möglichen Methoden, ihm auszuweichen bzw. ihm zu vermitteln, dass sie kein Interesse an ihm hat. Dominik lässt aber nicht locker. Am zweiten Abend während der Party steht Silvia neben der Tanzfläche, als Dominik entschlossen auf sie zukommt.

1. Wie könnte sich die Geschichte weiterentwickeln?

1. Wie könnte sich die Geschichte weiterentwickeln?

2. Versucht, eine Fortsetzung zu finden, die für Silvia unangenehm wird.

2. Versucht, eine Fortsetzung zu finden, die für Dominik unangenehm wird.

3. Versucht, eine Fortsetzung zu finden, die für Dominik unangenehm wird.

3. Versucht, eine Fortsetzung zu finden, die für Silvia unangenehm wird.

4. Gibt es eine “gute Lösung”?

4. Gibt es eine “gute Lösung”?


Übung: Anhang 3a

Geschichte fortsetzen… In dieser Übung wird die Gruppe auf zwei Arbeitsgruppen aufgeteilt, jede Gruppe erhält eines der folgenden Arbeitsblätter mit derselben Geschichte, aber einer unterschiedlichen Fragestellung. Die Gruppen sollen für die Geschichte Fortsetzungen anhand der angegebenen Fragen finden und anschließend ihr Ergebnis in einem Rollenspiel der anderen Gruppe präsentieren. Dabei stellt eine Gruppe die Situation “Fortsetzung, die für Silvia unangenehm wird” und die andere Gruppe die Situation “Fortsetzung, die für Dominik unangenehm wird” dar. Anschließend sollen die TeilnehmerInnen die gespielten Situationen besprechen und die Frage, ob es eine “gute” Lösung gegeben hätte, diskutieren. Ziel ist, emphatische Haltungen einzuüben, alltäglichen Sexismus wahrzunehmen, Erkennen und Differenzieren zwischen verbalem, psychischem und physischem Sexismus. In der Weiterentwicklung der Geschichte können verschiedenste Arten von Grenzverletzungen und sexistischem Verhalten vorkommen. Anhand dessen kann gut aufgezeigt werden, dass Sexismus vielfältige Formen annimmt, die oft sehr subtil sein können.

Hintergrundinfo: Anhang 4

Rollenbilder Frauen, auch als das „schwächere Geschlecht“ bezeichnet, haben vorwiegend schön zu sein, sind verantwortlich für den Haushalt, die Kindererziehung, für das Kochen, etc. Es heißt wir sind schwach, oft ohne eigene Meinung, beeinflussbar, wir haben treu zu sein, sind angewiesen auf den „STARKEN“ Mann, nicht talentiert bzw. interessiert an technischen Sachen. Der Mann ist stark, intelligent, das „Familienoberhaupt“, versorgt seine Familie, indem er hart arbeitet; technisch begabt, selbständig, etc. Was ist, wenn „Frau“ anders ist?

Wenn eine Frau zunimmt, lässt sie sich gehen. Wenn ein Mann dicker wird, dann bekocht ihn seine Frau gut. Wenn eine Frau eine Führungsposition eingenommen hat, dann ist sie ein „Mannsweib“. Wenn ein Mann eine Führungsposition erreicht, hat er viel und hart dafür gearbeitet. Wenn eine Frau Kinder hat und trotzdem ihrem Job nachgeht, dann ist sie „karrieregeil“ und eine „Rabenmutter“, weil sie ihre Kinder vernachlässigt. Wenn ein Mann arbeitet, ist das ganz normal. Wenn eine Frau fremdgeht, ist sie eine „Schlampe“. Wenn der Mann fremdgeht, dann fehlt ihm zuhause etwas und er kann gar nichts dafür, denn er muss doch seinen Trieb ausleben. Das sind einige wenige der typischen Rollenklischees, die tief in unserer Gesellschaft verwurzelt sind. Wie werden wir dazu gemacht? Kleinkindalter Nach der Geburt wird zwischen Mädchen und Junge unterschieden und von diesem Moment an wird das Kind geschlechtsspezifisch behandelt. Weibliche Babys werden überwiegend als zart, hübsch und niedlich, als schwächer und ihren Müttern ähnlicher beschrieben, während die Jungen als robust, kräftig und widerstandsfähig gelten. Obwohl es wissenschaftlich erwiesen ist, dass sich Kinder bis zum zweiten Lebensjahr in ihrer Entwicklung und ihrem Verhalten nur kaum nach dem Geschlecht unterscheiden, werden sie jedoch schon im frühen Säuglingsalter unterschiedlich behandelt. Die Geschlechtsrollenzuweisung erfolgt am offensichtlichsten, wenn die Eltern Spielzeug für ihre Kinder auswählen. Ein Mädchen bekommt vorwiegend Puppen und Gegenstände, die mit dem Haushalt zu tun haben. Jungs hingegen bekommen Autos, Eisenbahnen, Computerspiele, etc. Die berufsbezogenen Spielmöglichkeiten für Mädchen beschränken sich auf Krankenschwesternausrüstung, Koch- und Putzutensilien, einer Tafel, wo das Mädchen als Lehrerin ihre Puppen unterrichten kann, Verkaufsstand und Friseursalon. Dies führt meistens dazu, dass das Interesse der Mädchen für Technik gering ist, da sie es von Kind auf vermittelt bekommen, dass dies „Männersache“ ist. Auch bei Jungen wird später erkannt, dass sie die Haushaltsführung 23


nur mangelhaft beherrschen und sie dies als „Frauensache“ betrachten. Die Bedeutung des kindlichen Spielens für das weitere Leben ist enorm groß, da das Kind spielerisch auf das Leben als Erwachsener vorbereitet wird. Die typische Geschlechtsrolle im späteren Leben ist also vorprogrammiert! Das Mädchen wird auf Haushalt und Kinder vorbereitet und der Junge auf das Berufsleben. Die Eltern projizieren ihr Bild von dem, wie ein Mädchen oder ein Junge zu sein hat, auf ihre Kinder, indem sie ein Verhalten fördern, also z.B. dem Mädchen Anerkennung schenken, wenn es ihre Puppenkinder gut versorgt, oder ihr Ablehnung zeigen und sie zurechtweisen, wenn es mit Autos oder Plastiksoldaten spielt. Also fördern oder beschränken sie ihre Kinder entsprechend in ihrem Tun. Kinderbücher Aber es sind nicht nur Eltern, die ihren Kindern dieses geschlechtsspezifische Verhalten anlernen. Werden z.B. Kinderbücher betrachtet, so muss festgestellt werden, dass die meisten Bilder- und Kinderbücher noch immer ein eindeutiges Bild der jeweiligen Rollenklischees vermitteln. Studien bestätigen, dass in Kinderbüchern nur etwa ein Viertel der Hauptpersonen Mädchen sind, dagegen sind sie zu zwei Dritteln in Nebenrollen zu finden. In Kinderbüchern kommen berufstätige Frauen nur selten vor und wenn, dann üben sie die typischen „Frauenberufe“ aus, wie z.B. Lehrerin, Krankenschwester, Bäuerin, oder Marktfrau. Mädchen werden überwiegend als ängstlich, schüchtern, tollpatschig und als nicht gerade klug dargestellt und meist sind sie auf die Hilfe der Mutter oder des Vaters angewiesen. Jungen werden hingegen als lebens- und unternehmungslustig, heldenhaft, stark und selbständig dargestellt. Die Mädchen bzw. Frauen werden in den Märchen und anderen Geschichten, aber nicht nur als schwach, abhängig und eitel dargestellt. Aber auch Negativfiguren werden fast nur von Frauen verkörpert. z.B.: die gefühllose Stiefmutter, die böse Hexe. Das Mädchen wird oft als zu schwach dargestellt, sich mit eigener Kraft z.B.: aus der Unterdrückung durch die Stiefmutter zu befreien und sie ist meist auf die Rettung durch den Märchenprinzen angewiesen, der sie 24

von ihrem Schicksal erlöst. Dieses Bild kann nicht nur in Aschenputtel erkannt werden, es lässt sich leicht auf Rotkäppchen, Rapunzel, Schneewittchen, etc. übertragen. Mit zunehmendem Alter beginnt ein Mädchen sich mit diesen Rollen zu identifizieren und beginnt sie nachzuahmen. Die Barbie Hervorzuhebendes Beispiel eines Mädchenspielzeugs, das die Geschlechtsrollenzuweisung verdeutlicht, ist die „Barbie“. Sie fehlt wohl in keinem Mädchenzimmer. Die Barbie ist keine gewöhnliche Puppe, die an- und ausgezogen, bekocht und bemuttert werden kann. Die Barbie verkörpert eine makellose Frau, die einen perfekt proportionierten Körper hat (wenngleich auch der Busen etwas zu groß geraten, die Taille zu dünn und die Beine zu lang zu sein scheinen, um sie mit einer realen Frau vergleichen zu können). Neben Frisier- und Kleidungsmöglichkeiten bietet Barbie Anreiz für zahllose sexuelle Phantasien. Barbie wird geliebt. Die Gründe liegen klar auf der Hand. Sie trägt immer ein betörendes Lächeln im Gesicht, sieht immer gut aus (und das schon seit einem Vierteljahrhundert), sie ist das typische Beispiel für unvergängliche Jugend und Schönheit und sie hat Sex-Appeal. Barbie vermittelt Mädchen, wie Frau zu sein bzw. auszusehen hat, um geliebt und begehrt zu werden. Als traurig ist aber anzusehen, dass Barbie zwar in purem Luxus lebt, jedoch nicht im Stande ist, auf eigenen Beinen zu stehen! Würde eine Frau tatsächlich die Proportionen der Barbie aufweisen, wäre sie nicht im Stande zu leben. Das sind nur einige von vielen Beispielen, wie bereits von Anfang an geschlechtsspezifische Verhaltensmuster von uns allen erlernt werden. Solche Mechanismen setzen sich in der Schule fort und finden auch im FreundInnenkreis statt, wie später im Erwachsenenleben und der Arbeitswelt. Wichtig ist es, diese Mechanismen zu erkennen und sie als Selbstverständlichkeiten aufzubrechen.


Hintergrundinfo: Anhang 5

Übung: Anhang 6

Geschlechterkonstruktion

Immer – manchmal – nie

“Wir werden nicht als Frau/Mann geboren, sondern werden es.”

Ziel: Grenzen und Grenzüberschreitungen definieren, sexuelle Belästigung und andere Formen von übergriffigem Verhalten besprechen; Ziel der Übung ist auch darzustellen, dass Belästigungen oft vom Zusammenhang, in dem ein bestimmtes Verhalten gesetzt wird, abhängen und dass ungleiche Machtverhältnisse zur Bewertung beitragen.

(Simone de Beauvoir, französische Feministin)

Dieses Zitat von Simone de Beauvoir aus ihrem wichtigsten Buch “Das andere Geschlecht” (1949) und bedeutet, dass vieles von dem, von dem wir selbstverständlich annehmen, dass es uns zu Frauen/ Männern macht, nicht angeboren ist, sondern durch Erziehung, Prägung, Sozialisation anerzogen wird. Zuschreibungen wie “Typisch Frau”, “Typisch Mann” sind nicht biologisch bedingt, sondern so gut wie immer gesellschaftliche Zuschreibungen, die sich im Lauf der Zeit entwickelt haben und weitergegeben werden. Über Familie, Schule, Medien (Werbung, Fernsehen, Internet..) oder die Rollenteilung in unserer Gesellschaft „werden wir erst“ zu Frauen oder Männern. “Sex” und “Gender” Eine gute Möglichkeit, den Unterschied zwischen biologischen Geschlecht zu erklären ist die englische Verwendung dafür. Im Englischen wird, anders als im Deutschen, zwischen “sex” – dem biologischen Geschlecht und “gender” dem gesellschaftlichen, sozialen Geschlecht unterschieden. “Sex” bezeichnet also biologische geschlechtsspezifische Merkmale wie primäre und sekundäre Genitalien, xx/xy Chromosome, dass Frauen Kinder bekommen können etc. “Gender” dagegen bezeichnet das weite Feld all jener geschlechtspezifischen Rollen, die uns unsere Gesellschaft anerzogen hat. Es gibt also einen Unterschied zwischen biologischer Geschlechtszugehörigkeit und sozialer Geschlechtszuschreibung. Das meiste von dem, was uns als “Frau” oder als “Mann” ausmacht, ist gesellschaftlich bedingt. Das bedeutet auch, dass Ungleichberechtigungen zwischen den Geschlechtern nicht “naturgegeben” einfach so, sondern kulturell und historisch gewachsen und damit veränderbar, sind.

Durchführung: Besprecht mit der Gruppe, dass es bei dieser Übung um die Grenzen zwischen normalem Umgang und Belästigung und Übergriffen geht. Im Raum werden drei Schilder angebracht (IMMER – MANCHMAL – NIE). Die TrainerInnen gehen anhand der folgenden Frageliste Punkt für Punkt einige Verhaltensweisen durch, die TeilnehmerInnen müssen sich bei jedem Punkt kurz überlegen, ob sie das beschriebene Verhalten für belästigend halten und dann zum entsprechenden Punkt im Raum stellen (Das beschriebene Verhalten ist IMMER belästigend; Es ist MANCHMAL, in bestimmten Situationen, belästigend; Es ist NIE belästigend). Dann sollen die TeilnehmerInnen bei jeder Verhaltensweise in jeder Gruppe (IMMER-MANCHMAL-NIE) 13 Gründe nennen, warum sie ihren Standort gewählt haben. Schreibt auf einem Flip Chart wichtige Argumente und Fragestellungen mit, mit denen die Gruppe ihre Einschätzung begründet („Der Tonfall ist wichtig“, „Kommt darauf an, wer es sagt.“, „Da ist eine Anspielung drinnen“). Die TrainerInnen können Argumente kurz kommentieren, sollen aber nicht zu jeder Antwort lange Statements abgeben. Die Dinge sollen im Laufe der Übung von selbst sichtbar werden, kurze Inputs sollten dann eingreifen, wenn ganz zentrale Fragen außer Acht gelassen werden oder die Diskussion in eine ganz falsche Richtung zu laufen droht. Am Ende der Übung sollten zentrale Ergebnisse von den TrainerInnen am Flip Chart nochmals zusammengefasst werden. Die wahrscheinlich häufig gewählte Kategorie MANCHMAL kann dazu herangezogen wer25


den, dass es oft keine strikt abgegrenzte Einschätzung einer Sachlage gibt und Umstände eine wichtige Rolle spielen. Wesentlich festzuhalten ist, dass der entscheidende Punkt bei der Frage der Belästigung ist, ob das Verhalten von der betroffenen Person erwünscht ist oder nicht. Die Situationsdefinition der handelnden Person spielt demgegenüber keine oder nur eine untergeordnete Rolle. Bei Diskussion und Abschluss sollen klar werden, dass (sexuelle) Belästigung Sprüche und Taten inkludiert, die

• Von der angesprochenen Person unerwünscht sind; • Arbeits- und Lernmöglichkeiten einer Person einschränken • Sexuell diskriminieren, durch die Abwertung eines Geschlechts oder einer bestimmten sexuellen Orientierung • Geschlechtsrollenbezogene Macht, Kontrolle und Autorität über andere Menschen darstellen • Menschen und insbesondere Frauen auf ihren Körper reduzieren

Immer – manchmal - nie Findest du sind folgende Aussagen und Verhaltensweisen immer, manchmal oder nie belästigend?

Kommentare über das Aussehen von Busen, Bauch oder Hintern anderer zu machen Gelegentlicher Körperkontakt zwischen Bekannten z.B. Umarmen, Tätscheln.. Wenn Jungen in engen Räumen Mädchen wie „zufällig“ an der Hand berühren Kommentare über Schwule und Lesben abgeben Witze mit sexuellem Inhalt machen Jemandem nachpfeifen In den Ausschnitt einer Frau schauen Mädchen, die einen kurzen Rock oder einen weiten Ausschnitt tragen, wollen Sex zu haben Verwenden von Wörtern wir „Hure“, „Fotze“, „Beidl“ etc. Pin-Ups oder Pornos in Schränken oder an der Wand aufhängen Waghalsig Autofahren um zu beeindrucken Sexuell erregte Jungs, die Sex einfordern

immer

manchmal

nie


Übung: Anhang 7

Anhang 7a

Gleich oder doch nicht?

Gleich oder doch nicht?

Um wie viel verdienen Frauen in Österreich weniger als ihre männlichen Kollegen im selben Job?

Um wie viel verdienen Frauen in Österreich weniger als ihre männlichen Kollegen im selben Job?

a) ein Fünftel b) ein Drittel

Wenn man die unbezahlte Arbeit (Haushalt, Kindererziehung etc.) und die bezahlte Arbeit zusammen zählt, wie viele Stunden arbeiten Frauen dann in der Woche mehr als Männer?

Wenn man die unbezahlte Arbeit (Haushalt, Kindererziehung etc.) und die bezahlte Arbeit zusammen zählt, wie viele Stunden arbeiten Frauen dann in der Woche mehr als Männer?

a) 27 Stunden b) 16 Stunden

Wie viele der 11jährigen Mädchen haben schon Erfahrungen mit einer Diät?

Wie viele der 11jährigen Mädchen haben schon Erfahrungen mit einer Diät?

a) die Hälfte b) ein Drittel

In welchem Verhältnis stehen jugendliche Straftäter nach Geschlechtern?

In welchem Verhältnis stehen jugendliche Straftäter nach Geschlechtern?

a) auf eine Frau kommen 22 Männer b) auf eine Frau kommen 46 Männer

Wie viele Frauen sind weltweit in Parlamenten vertreten?

Wie viele Frauen sind weltweit in Parlamenten vertreten?

a) 17 Prozent b) 6 Prozent

Wie viele Frauen werden in ihrem Leben Opfer von Gewalt?

Wie viele Frauen werden in ihrem Leben Opfer von Gewalt?

a) jede 5. b) Jede 10.

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Hintergrundinfo: Anhang 8

Sexismus in Zahlen …in Österreich • Einkommen ist ungleich verteilt: Frauen verdienen um ein Drittel weniger als Männer. In den letzten zehn Jahren ist der Lohnunterschied sogar weiter gewachsen! • Schönheitsdruck macht krank: Jede zweite 11-Jährige in Österreich hat bereits Erfahrung mit Diäten, jede sechste Jugendliche leidet unter Essstörungen. • Frauen sind Gewalt ausgesetzt: Jede fünfte in einer Beziehung lebende Frau in Österreich wird Opfer von physischer Gewalt – die Täter sind zumeist die eigenen Ehemänner oder Lebensgefährten • Arbeitslasten sind ungleich verteilt: Frauen arbeiten im Durchschnitt 16 Stunden in der Woche mehr als Männer (64 Stunden / 48 Stunden) • Frauenarbeit ist oft unbezahlte Arbeit: Die Hälfte der Frauenarbeit ist unbezahlt (Haus-, Erziehungs, Pflegearbeit), während Männer lediglich ein Fünftel ihrer Arbeitszeit unbezahlt leisten • Frauen sind überdurchschnittlich von Armut bedroht: Fast zwei Drittel der in Österreich von Armut bedrohten Menschen sind Frauen! …weltweit • Bildungszugang für Frauen fehlt: Ein Viertel aller Frauen über 15 hatten keine Möglichkeit Lesen und Schreiben zu lernen. Zwei Drittel aller AnalphabetInnen sind Frauen. • Frauen sind nicht im Parlament: Nur 17% aller Parlamentsabgeordneten weltweit sind Frauen • Frauen haben keinen Zugang zu Verhütung und medizinischer Geburtsbetreuung: Hunderten Millio28

nen Frauen fehlt Zugang zu Empfängnisverhütung. Fehlende medizinische Betreuung bei der Geburt ist gleichzeitig ein lebensgefährliches Risiko: Nur die Hälfte der Frauen weltweit haben bei der Geburt Zugang zu professioneller Betreuung. • AIDS – ein Risiko für Frauen: Rund 60% der HIV-Infizierten in Afrika – der am schlimmsten betroffenen Region – sind Frauen.

Frauendiskriminierung im persönlichen Bereich: …in der Gruppe: • Frauen nicht zu Wort kommen lassen: Wer mit lauter Stimme ständig die Diskussion an sich reißt, nimmt anderen den Platz. Wenn andere zu Wort kommen können und ihre Meinung einbringen können, wird die Diskussion für die ganze Gruppe interessanter. • Frauen das Wort abschneiden: Alle müssen die Möglichkeit haben, in einer Diskussion ihren Gedanken zu Ende zu führen. Männer neigen oft dazu, andere zu unterbrechen. Frauen werden dadurch oft aus Diskussionen gedrängt. • Wortmeldungen von Frauen nicht ernst nehmen oder lächerlich machen: „Davon versteht’s ihr Frauen halt nix“ ist kein Argument, sondern wertet einen Menschen und seine Meinung ab. • Frauen „nur“ als „Expertinnen“ für Frauenpolitik sehen: Dass Frauen sich frauenpolitisch engagieren ist gut und wichtig. Aber Frauen können auch mehr als Frauenpolitik. Oft werden SJ’lerinnen nicht als mögliche Expertinnen auch zu anderen Themen gesehen und geschlechtsspezifisch eingegrenzt. Und: Auch Männer können sich inhaltlich mit Gleichstellungspolitik beschäftigen …persönlich: • „Blondinen-„ oder „Frauenwitze“ erzählen: Der Witz geht zulasten eines Geschlechts. Rollenbilder und Vorurteile werden gefestigt. Auch auf einer Spaße-


bene gebracht, können sich Menschen dadurch unwohl oder verletzt fühlen.

len, die als Gruppenvereinbarungen ausgemacht werden können. Wichtig ist, dass alle einverstanden sind.

• Frauen auf den Hintern klopfen, tätscheln, streicheln: Persönliche Grenzen respektieren ist das wichtigste Prinzip! Wichtig ist, ob Frauen dieses Verhalten unangenehm sein könnte und ob Machtbeziehungen auf diese Art zum Ausdruck gebracht werden (Männer zeigen manchmal, dass sie in der Gruppenhierarchie höher stehen, in dem sie Frauen verniedlichen und als „Spielzeug“ behandeln).

Das sind mögliche Vereinbarungen, die ihr der Gruppe vorschlagen könnt. Wenn die Gruppe sich darauf einigen kann, werden die Vereinbarungen auf einem FlipChart an die Wand gehängt.

• Als Junge über seine Partnerin bestimmen wollen: Auch wenn du mit jemanden zusammen bist, kannst du nicht über den/die andere hinweg Entscheidungen treffen. Du musst sie als eigene Person akzeptieren, die für sich über Freizeitgestaltung, ihr Leben und auch darüber ob und wann ihr euch näher kommt selbst entscheidet.

• Respektvoller Umgang miteinander und persönliche Grenzen respektieren.

• Wörter wie „Hure“, oder „Fotze“ verwenden: Frauen werden mit negativen, allein auf ihr Geschlecht bezogenen Beleidigungen heruntergemacht. • Rollenbilder ins persönliche Leben einfließen lassen: Frauen wegen angeblicher „Unfähigkeit“ nicht Autofahren lassen oder nicht mit ihnen Fussballspielen, Hausarbeit erledigen lassen...: Wenn wir Rollenbilder kennen und verstehen lernen, müssen wir sie auch in unserem Privatleben bekämpfen!

• Uns gegenseitig ausreden lassen und einander zuzuhören

• Verschiedene Meinungen zulassen. • Keine Witze oder Aussagen machen, die für jemanden verletzend sein können: „Lustig ist, wenn alle lachen!“ • Uns bemühen, eine geschlechtergerechte Sprache zu verwenden • Rollenbilder, wenn sie auftauchen, ansprechen - innerhalb wie außerhalb der SJ. • Sensibler Umgang mit dem eigenen Verhalten und die Wirkung auf andere beachten und reflektieren • … sonstige Vereinbarungen, die sich vielleicht als gut aus dem Gruppenabend ergeben haben

Übung: Anhang 9

Gruppenvereinbarungen Zum Schluss ist es wichtig, neben dem Zusammenfassen der wichtigsten Inhalte des Abends auch herunter zu brechen, was das jetzt für die Gruppe heißt. Gut ist es, festzuhalten, dass wir als Linke für eine gerechte Gesellschaft kämpfen und dass das impliziert, gegen ungleiche Geschlechterverhältnisse anzutreten. Im politischen Bereich wie ganz persönlich. Abschließend bietet es sich an zur Frage „Was heißt das jetzt für uns?“ einige Vorschläge in den Raum zu stel29


Straßenaktionen „Sexismus kommt uns nicht in die Tüte!“

Mögliche Aktionen gegen Sexismus

Verteilaktion mit Give-Away und Flyer in Papiersackerln (AK bzw. SPÖ machen oft „Kipferlaktionen“ bei der Sackerln verwendet werden; am besten mal nachfragen, ob sie welche übrig haben) mit Initiativenbeklebung; dazu Transpi: „Sexismus kommt uns nicht in die Tüte!“ Ort: FußgängerInnenzone, Morgenverkehr (PendlerInnen), Schulweg, vor der Schule Material: Papiersackerl, Aufkleber, Flyer, Give-Aways, Transpi Personen: 4+ (Transpi und Verteilen) „Über Vorurteile stolpern“ mit eingewickelten Kisten werden alltägliche Denkmuster (Rollenbilder, Stereotype, Voruteile) als Stolpersteine dargestellt. Stolpersteine beschriften mit (Auswahl): Frauen: kochen, bügeln, waschen Wäsche, können nicht Auto fahren, sind schwach, technisch unbegabt, brauchen einen Beschützer,… Männer: bringen das Geld ins Haus, sind handwerklich begabt, beschützen Frauen, sind dominant, mögen Sport, sind aggressiv, dürfen nicht weinen, sind immer hart,… Mädchen: müssen still und brav sein, spielen mit Puppen,… Burschen: müssen sich austoben, spielen Fußball,…

Transpi: „Ohne Vorurteile geht es sich einfacher“ bzw. „Ohne Vorurteile kommen wir besser voran“ oder „Ohne Vorurteile geht es (sich) einfacher“ 30


Ort: FußgängerInnenzone, Schulweg Material: Getränkekisten bzw. Kartons; Müllsäcke; Schilder als Beschriftung; Klebeband/Kleber; Transpi

welches Plakat ihr verwendet) – Bsp. Schluss mit sexistischer Werbung!“ entweder auf „Abdeckung“ schreiben oder auf Transpi/ Schild

Personen: 3+ (Transport, Transpi, Flyer) Rollenbilder überzeichnen am „Herrentisch“ sitzen mind. 3 (besser 4) Männer, die bei Bier eine Schnapspartie austragen, während im Hintergrund die Frauen bügeln, saugen, kehren. Daneben werden die Flyer verteilt und PassantInnen angesprochen Slogan: „Mit der ganzen Hausarbeit ist es nur der halbe Spaß“ Situation kann aufgelöst werden, indem sich Männer und Frauen Spiel und Arbeit teilen (??)

Material: Maßband; Papierbögen; evtl. Stifte/Farbe zum Anmalen; löslicher Kleber ( keine Rückstände!!); Leiter, Flyer Personen: mind. 2 (Transport, Abdeckung anbringen), Flyer verteilen, Fotografieren;

SJ Veranstaltungen Partys (1): Poster/Schild beim Eingangsbereich: „Wir müssen draußen bleiben“ Sexisten SJ - antikapitalistisch, antifaschistisch, antisexistisch

Ort: FußgängerInnenzone Material: kleiner Tisch; Campingsessel, Schnapskarten, Bierdosen, Bügeltisch, Bügeleisen, Putzzeug (Besen, Staubsauger, Staubwedel. Oder ähnliches) Transpi Personen: mind. 2 Männer für den „Herrentisch“, 2 Personen für Transpi, mind. 2 Frauen für Hausarbeit, zwei die Flyer verteilen;

oder: Bei uns unerwünscht: Sexismus SJ - antikapitalistisch, antifaschistisch, antisexistisch

auch für Bewerbungsflyer möglich. Sexismus in der Werbung anprangern Partys (2): Als erstes ein Plakat finden, auf dem Frauen sexistisch dargestellt sind. „Halbnackte“ Frau auf Werbeplakat abmessen und Bekleidung/Abdeckung basteln. Ihr könnt auch viele verschiedene sexistische Werbungen auf die Straße kleben. Den halbnackten Frauen mit non-permanent-Kleber die gebastelte Kleidung anbringen und eine Presseaktion dazu machen.

Material: Mini-Flyer (in etwa Briefmarkengröße oder länglicher Papierstreifen; nur Text) werden an zentralen Punkten (Eingangsbereich, Bar, (Steh-)Tische etc.) gestreut und sind so überall im Lokal präsent. Können zusätzlich auch auf einen Tixo-Streifen, der durchs Lokal geht, gespannt und von den Leuten „gepflückt“ werden

Slogan: „Um eine Lebensversicherung abzuschließen, müssen Frauen nicht nackt sein!“ „Um ein Auto zu kaufen, müssen Frauen nicht nackt sein“ (je nachdem,

Slogans: „Sexismus ist scheiße!“, „Nein heißt Nein!“, „Frauen respektieren!“, „Gleichberechtigt statt hinterm Herd“ etc. 31


Zus채tze / Erfahrungen

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Zus채tze / Erfahrungen

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