NR. 05 / 2019
FORSCHUNG
AUSBLICK
RÜCKBLICK
ProVOD – Das Ausbildungssystem
Sicherheit 2020
Die 5. Fachtagung Veranstaltungssicherheit
E D I TO R I A L
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Liebe Leser und Leserinnen,
als wir im November 2018 auf der 5. IBIT Fachtagung Veranstaltungssicherheit das Diskussionspanel „Sicherheit 2020“ durchführten, begann einer der Diskutanten mit einem Statement, dass 2020 ja schon bald sei und es sich bis dahin nicht allzu viel verändern könne. Nun wissen wir aber alle, dass manche Veränderungen schnell gehen. Die Loveparade in 2010, der Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt 2016 oder die Vorfälle der Kölner Silvesternacht 15/16 haben gezeigt, dass insbesondere die schlimmen Ereignisse, die schwarzen Schwäne, durchaus das Potential haben, Dinge auch schnell zu ändern. Auch andere Dinge bewegen sich – unmerklich und quälend langsam, aber sie bewegen sich. Nach gefühlt jahrhundertelanger Diskussion kommt nun endlich Bewegung in das Thema Sicherheitsdienstleistungsgesetz bzw. in den Wechsel der Sicherheitsbranche vom „einer unter vielen“ – Paragraphen innerhalb des Gewerberechts hin zu einem Sicherheitsdienstleistungsgesetz, das dort angeordnet wird, wo es hingehört: im Innenministerium. Ob das Ergebnis am Ende ein Gutes ist, sei dahingestellt – aber: es bewegt sich etwas. Manchmal schätzt man Dinge aber vielleicht auch einfach falsch ein – glaubt, dass sich schon wahnsinnig viel getan hat, dass eigentlich alles geklärt ist – und wird dann doch immer wieder von der Welt da draußen überrascht. In „unserer Welt“, in unseren Seminaren, Workshops, in unseren Beratungen ist die interorganisationale Zusammenarbeit eine der zentralen Säulen einer modernen Sicherheitsarchitektur. „Es geht nur gemeinsam“ als Schlachtruf der modernen Sicherheitsplanung. Allein: es ist gar nicht so. Es wird propagiert, als wichtig herausgestellt, behauptet: aber gelebt? Fragen um die Kosten von Polizeieinsätzen vertiefen das Problem noch. Dabei sind es immer „die Anderen“, die falsch liegen mit ihrer Meinung. „Die Anderen“, die überzogene Forderungen stellen. „Die Anderen“, die das Problem sind. Dass jeder auch „der Andere“ ist und zu „den Anderen“ gehört, wird dabei gerne einmal vergessen.
wurden, wurden und werden nach und nach wieder eingeholt: interorganisationale Zusammenarbeit ist zu anstrengend, zu aufwändig, zu wenig gut für’s Ego. Denn interorganisational Zusammenarbeiten bedeutet eben auch, Kompromisse zu machen, keine Siege für das Ego, keine (nutzbaren) Niederlagen für „die Anderen“. Natürlich gibt es sie: die guten Beispiele. Die, in denen all das gelebt wird, in denen gemeinsam geplant wird, ohne dass die einzelnen ihre Anforderungen und ihre Verantwortungen aufgeben. Aber diejenigen, die die guten Beispiele liefern, werden es bestätigen: Lösungen finden, die für alle Beteiligten tragbar sind, ist anstrengend (meistens zumindest). Und – und das ist vielleicht noch viel schlimmer – es ist nicht so prestigeträchtig. Für Kompromisse gibt es selten Schulterklopfen. Und natürlich mögen auch die Medien Eskalationen deutlich lieber als die stillen Lösungen: sie bringen Likes, Clicks und Leserzahlen – kann man ihnen vielleicht noch nicht mal verübeln – Stichwort: immer schön die Kernkompetenz im Auge behalten. Manchmal ist es aber gar nicht die Mühe, sondern schlichte Arroganz: wir denken, wir können es besser als „die Anderen“. Weil wir insgesamt ganz gut in dem sind, was wir tun. Weil wir eine Uniform tragen. Weil wir halt so sind. Arrogant. Überheblich. Besserwisserisch. Möglicherweise tun wir gut daran, „Selbstreflexion“ auf unsere Stundenpläne zu setzen und – noch besser – auch als festen Bestandteil einer modernen Sicherheitskultur zu implementieren. Ein schönes Ziel für 2020.
Sabine Funk für das IBIT Team
Auch das ist Entwicklung: Rückschritte. Die Fahnen, die nach der Loveparade in 2010 als Bekenntnis aus den Fenstern der beteiligten Organisationen gehangen
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06 RÜCKBLICK Das war die 5. IBIT Fachtagung Veranstaltungssicherheit in Hamburg 09
WAS BISHER GESCHAH 2018
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SCH W ERPUNK T THEM A SICHERHEIT 2020 4 SICHERHEIT 2020 – Oder: wo soll das eigentlich alles enden? 4 Der Preis der Sicherheit 4 Veranstaltungssicherheit 2020: Quo Vadis 4 Kommentar: Der Aldi-Effekt
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IM INTERVIEW: MICHAEL KELLENBENZ
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LITER ATURTIPP S
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LE A RNING FROM DIS A S TER S Aus Unglücken lernen
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SICHERHEIT SFOR SCHUNG ProVOD Das Ausbildungssystem
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AUSBLICK 6. IBIT Fachtagung Veranstaltungssicherheit
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P OLIZEIKOS TEN IM FUSSBA LL Wer zahlt bei Risikospielen
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WAS BISHER GESCHAH: Schwerpunkt Karneval
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ÜBER DIE AUTOREN DIESER AUSG A BE
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IMPRESSUM
IMPRESSUM Herausgeber: IBIT GmbH Internationales Bildungs- und Trainingszentrum für Veranstaltungssicherheit Auguststr. 18, 53229 Bonn Telefon: +49 (0)228 / 42 99 26 90 kontakt@ibit.eu, www.ibit.eu Geschäftsführung: Sabine Funk, Christoph Heiliger Erscheinungsdatum: Oktober 2019
Verantwortlich: Christoph Heiliger, Sabine Funk
Titel: metamorworks / istockphoto
Redaktion: Katharina Jörger, Simon Ort
Copyright: Eine Verwertung der urheberrechtlich geschützten Broschüre und aller in ihr enthaltenen Beiträge und Abbildungen, insbesondere durch Vervielfältigung oder Verbreitung, ist ohne vorherige schriftliche Zustimmung des Herausgebers unzulässig und strafbar, soweit sich aus dem Urhebergesetz nichts anderes ergibt.
Anzeigenleitung und -verkauf: Simon Ort Gestaltung: Serap Lannert UStIdent.Nr. 274137547 SteuerNr. 206/5926/0976 Amtsgericht Bonn: HRB 19223
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Das war die 5. IBIT Fachtagung Veranstaltungssicherheit in Hamburg
Während wir uns zum Erscheinungstermin des MAGAZINs schon beinahe auf der Zielgeraden für die Planungen der 6. Fachtagung Veranstaltungssicherheit (12.-13.11.2019, Olympiastadion Berlin) befinden, wollen wir dennoch einen Blick zurück werfen auf die 5. Fachtagung Veranstaltungssicherheit, die vom 20.-21.11.2018 in der Hamburger Barclaycard Arena stattgefunden hat. Von Christoph Heiliger, Simon Ort, Sabine Funk, Katharina Jörger, Dr. Frank Mücke
5. IBIT FACHTAGUNG VER ANSTALTUNGSSICHERHEIT Nach dem Start der Fachtagung Veranstaltungssicherheit im Wissenschaftszentrum Bonn (2014/2015) und zwei erfolgreichen Fachtagungen im Kölner RheinEnergieSTADION, fiel die Wahl für die 5. Fachtagung auf Hamburg. Mit der Metropole im Norden sowie der Hamburger Barclaycard Arena, einer Indoor-Multifunktionsarena, hatte die Tagung damit einen Veranstaltungsort gefunden, der sowohl inhaltlich als auch räumlich neue Möglichkeiten eröffnete, insbesondere im Hinblick auf den deutlich vergrößerten Ausstellungsbereich. Die Lage der Arena machte es uns dann auch leicht, den internationalen Aspekt der Tagung weiter auszubauen. Mit Sprechern und Teilnehmern aus Großbritannien und Skandinavien ergaben sich neue Themen- und Netzwerkpotentiale und auch die sehr aktive Szene der Veranstalter erweiterte die Zielgruppe und lieferte Ideen für Diskussionsrunden im Verlauf der beiden Konferenztage. So waren es am Ende sogar sieben Themenschwerpunkte, die wir den rund 400 Besuchern anbieten konnten. Ein umfassendes Rahmenprogramm, das neben der großen Konferenzparty und einem 1.500m² großen Ausstellerbereich im Innenraum der Arena auch eine professionelle Feuerlöschübung, einen „Finde-den-Fehler-Parcours“ und eine Arenaführung umfasste, rundeten die Jubiläumstagung ab.
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Themenschwerpunkt 1: Best Practice Die Best Practice Sessions haben sich zu einem festen Bestandteil der Fachtagung entwickelt – geht es doch nicht darum, sich selbst zu beweihräuchern, sondern darum, gute Lösungen vorzustellen, Schwierigkeiten in der Planung und Umsetzung zu diskutieren und sich kritisch auch mit den eigenen Erfahrungen auseinanderzusetzen. Beste Voraussetzungen also, voneinander zu lernen.
4 Den Anfang machte Jörg Kalitowitsch
mit dem Vortrag „Die Christopher Street Day-Parade in Köln – Versammlung vs. Veranstaltung“. Man konnte dem Sprecher jederzeit anmerken, wie wichtig ihm das Thema war – verbunden aber auch mit einer realistischen Bewertung der Möglichkeiten und Notwendigkeiten der sich ständig ändernden Anforderungen an die Planung insbesondere der Paraden. Mit Erfahrungen sowohl aus dem Christopher Street Day als auch dem Kölner Rosenmontagszug konnte er auf ein großes Repertoire an Hilfsmitteln zurückgreifen, die er bereitwillig mit den Zuhörenden teilte: Von der Checkliste für die Fahrzeugabnahme über die sehr ausführlichen Teilnahmebedingungen hin zu den Schulungen für die Wagenleiter*innen sowie auch die begleitenden Wagenengel füllte Jörg Kalitowitsch den Anspruch, Wissen zu teilen mit Begeisterung und viel nutzbaren Informationen.
Women’s March zeigte er in seinem Vortrag den Weg von einer vermuteten Besucherzahl zu einer belastbaren Aussage. Am Anfang der Betrachtung (und seines Vortrages) steht dabei immer die Frage der Bewertung von Dichte sowie den Schwierigkeiten, die schon allein mit unterschiedlichen Betrachtungsperspektiven beginnen. Hieran knüpfte er das Handwerkszeug für eine realistische Einschätzung an: Die Vermessung von Flächen und Wegen, die Beantwortung der RAMP Fragen (routes – areas – movement – profile) sowie die Berücksichtigung des zeitlichen Aspektes. Ausgehend von einer neutralen Frage: „was ist die Kapazität einer Fläche“ über die Frage, welche Befüllung, welche Dichte erwartet und toleriert wird und wann welche Stufen der Befüllung vermutlich erreicht werden, schafft er so eine einfache Vergleichsmatrix für die Bewertung einer tatsächlichen Befüllung. Zusammen mit zugeordneten Indikatoren (Fahrten U-Bahn etc.) kommt man so zu einer belastbaren Abschätzung der Zahlen, die sich zum Teil deutlich von der subjektiven (gewollten) Einschätzung aufgrund eines bloßen „Draufschauens“ unterscheidet.
4 Der nächste Best Practice Vortrag
4 Der zweite Vortrag des Tages „Die
Sache mit den Zahlen: Besucherzählung & -monitoring am Beispiel der Amtseinführung Donald Trumps“ wurde von Marcel Altenburg (Manchester Metropolitan University) präsentiert. Insbesondere am Beispiel der Vereidigung des amtierenden amerikanischen Präsidenten sowie des
führte die Teilnehmer nach Wien. Unter dem Titel „Das Sommernachtskonzert im Schlosspark Schönbrunn: Sicherstellung eines geordneten Zu- und Abstroms einer öffentlichen Veranstaltung“ berichtete Matthias Brezina von der Se2 Solutions Service & Security GmbH über eine der größten Klassikveranstaltungen weltweit. Der historische Schlosspark und die Organisation als kostenloses Konzert stellen die Veranstalter und die Sicherheitsplaner Jahr für Jahr vor besondere Herausforderungen
insbesondere im Hinblick auf die vorhandenen Kapazitäten. Neben einer speziellen Wegführung durch den Park, die eine geordnete Befüllung der verschiedenen Besucherbereiche ermöglicht, spielte insbesondere auch die Zählung der Besucher, die kontinuierliche Kontrolle der Zahlen sowie die Implementierung vorbereiteter Maßnahmen (z.B. Kommunikation eines Anreisestopps) eine große Rolle, um eine Überschreitung der Maximalkapazität zu verhindern.
4 Den Abschluss dieses Themenstranges gestaltete Morten Therkildsen (RX Experience / Safety) mit dem (in englischer Sprache gehaltenen) Vortrag „35.000 Volunteers and a new barrier system: Experiences from Roskilde 2018“. „8 days. 130.000 visitors. 180 music acts. Spectacular art + events“ – das Ganze einmal im Jahr umgesetzt mit 35.000 Freiwilligen, von denen rund 6.500 im Sicherheits- und Servicebereich eingesetzt werden. Morten Therkildsen stellte in seiner Session dar, welche Energie das Festival in die Motivation und die Qualifizierung der Freiwilligen steckt – und wie sehr dies auch die Atmosphäre der gesamten Veranstaltung prägt. Wer im Vorfeld des Vortrags jedoch glaubte, sich hier Informationen über den Einsatz „günstiger“ Helfer holen zu können, wurde nicht fündig. Im Gegenteil: Der Aufwand, den das Festival betreibt, um die Ehrenamtler zu schulen und auszustatten, übertrifft eine „normale“ Bezahlung deutlich. NR. 05/2019
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Themenschwerpunkt 2: Die Rolle der Dienstleister Der 2016 unter dem Titel „Dienstleister, Infrastruktur, Sicherheitskultur“ eingeführte Themenstrang wurde zuerst misstrauisch beäugt, hat sich aber in den folgenden Jahren – bei leichter Variation des Schwerpunktnamens – als fester Programmpunkt der Tagung etabliert. So ist inzwischen doch den meisten klar geworden, was Konsequenzen eines fehlenden Splintes in einem Fahrgeschäft oder einer nicht fachmännisch gelagerten Gasflasche sind. Und eben jene Gasflasche sollte im Laufe des Tages auch Aufhänger für einen Vortrag im Schwerpunkt „Dienstleister“ sein, der zwar mit zwei Vorträgen kurz war, dafür mit Falco Zanini (Falco Zanini Event Safety) und Stephan Leukert (von zur Mühlen’sche GmbH) mit zwei langjährigen Begleitern und in der Branche bestens vernetzten und anerkannten Dozenten aufwarten konnte.
4 Im ersten Vortrag des Themenstranges
widmete sich Stephan Leukert unter dem Titel „Ausschreiben – wie bekomme ich den Dienstleister, der wirklich zu mir und meiner Veranstaltung passt?“ dem oft lästigen wie komplexen Thema der Ausschreibungen von Sicherheitsdienstleistungen und widmete sich dabei sowohl den Ausschreibenden als auch den Bietern. Leukert beleuchtete in seinem Vortrag beide Seiten und erläuterte dabei, wie Suchende so ausschreiben können, dass am Ende nicht „der Billigste“ gewinnt, sondern durch die Definition von Ausschlusskriterien und die unterschiedliche Gewichtung von Eignungsund Zuschlagskriterien auch kaufmännische Seriosität, Aus- und Weiterbildungskonzepte
sowie die fachliche Eignung von Sicherheitsdienstleistern eine höhere Berücksichtigung in der Auswertung von Ausschreibungen einnehmen. Eingegangen ist er ebenfalls auf die notwendige Trennung zwischen Sicherheits- und Ordnungsdienstleistungen sowie die Anforderungen aus der neuen DIN 77200, die ebenfalls einen dezidierten Anforderungskatalog bietet.
4 Der folgende Vortrag „Der Geist aus
der Gasflasche - Basics der Veranstaltungssicherheit“ von Falco Zanini war zwar – wie der Untertitel „Basics der Veranstaltungssicherheit“ schon verriet – als Grundlagensession angekündigt, entpuppte sich aber als hervorragende Session auch für „alte Hasen“, die natürlich auch im Publikum
saßen. Falco Zanini widmete sich in seinem Vortrag zunächst den klassischen Risiken auf Veranstaltungen, wie sie täglich zu Hunderten stattfinden und fütterte das Publikum fleißig mit Fakten. Von den Einflüssen der Temperatur auf den Druck in Gasflaschen über Strom und den dazugehörigen Leitungen und Kabel bis zu Organisationsproblemen wie Unordnung und Hygieneproblemen stellte er Lösungen vor, gab Praxistipps und verwies auf Dokumente wie Checklisten, Verordnungen und Vorschriften. Den Vortrag haben wir leicht gekürzt auf den Seiten 14/15 mit der freundlichen Genehmigung von Falco Zanini veröffentlicht.
Themenschwerpunkt 3: Aus dem Elfenbeinturm in die Praxis Der Themenschwerpunkt 3 mit dem Titel: „Aus dem Elfenbeinturm in die Praxis“ umfasste insgesamt vier Präsentationen, die jeweils die (Zwischen) Ergebnisse eines aktuellen Forschungsprojektes vorstellten. Wie schon in den letzten Jahren war das Interesse der Besucher an der Thematik „wie kommen die Forschungsergebnisse zum Endanwender“ groß.
4 Unter dem Titel „Meine Mitarbeiter,
meine Vollidioten – Überdeckt das Festhalten an Mythen reale Fortschritte in der Branche der Veranstaltungsdienste?“ präsentierten Dr. Patricia M. Schütte und Malte Schönefeld (Bergische Universität Wuppertal) Ergebnisse aus dem Forschungsprojekt ProVOD – Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes. Kern des zugrunde liegenden Arbeitspaketes ist die Wahrnehmung der Dienstleistung durch die Dienstleister selbst und durch die mit ihnen interagierenden Akteure.
Ausgehend von der häufig zu findenden schlechten Meinung über die Sicherheitsbranche an sich deckten sie einen Teil der mit ursächlichen Faktoren auf: unrealistische Anforderungen, Vorurteile, problematische Arbeitsbedingungen usw.. Ohne die grundsätzlichen Probleme schönzureden, entstand so ein Bild einer Branche, die sich sehr wohl um Professionalität bemüht, dabei aber mit strukturellen Herausforderungen zu kämpfen hat, die eine nachhaltige, geschweige denn schnelle Verbesserung nahezu unmöglich machen.
4 Im Anschluss daran präsentierte Tho-
mas Kubera (Landesamt für Ausbildung, Fortbildung und Personalangelegenheiten der Polizei Nordrhein-Westfalen) die Ergebnisse des bereits beendeten Projektes SiKomFan. „Anwendungsorientierte Forschung im Bereich von Großveranstaltungen – Verwertung von Erkenntnissen am Beispiel des BMBF-Projektes SiKomFan“ setzte bei den komplexen interorganisationalen und externen Kommunikationsbeziehungen zwischen den Akteuren von Großveranstaltungen – hier am Beispiel Fußball – an. Besonders hervorgehoben wurde dabei die Bedeutung von Vertrauen und Transparenz, die die Grundlage für schnelles Reagieren darstellen. Nachzulesen sind die Ergebnisse des Projektes bereits in verschiedenen Veröffentlichungen, so zum Beispiel im Praxishandbuch: „Sicherheit und Kommunikation bei Fußballgroßveranstaltungen“, Thomas Kubera (Hg.), Richard Boorberg Verlag, Stuttgart 2018.
4 Juliane Adrian vom Forschungszentrum Jülich widmete sich als nächste Sprecherin einem vollkommen anderen Thema: „Drängeln oder Schlange stehen: Wie Absperrungen und Motivation das Verhalten in Einlasssituationen beeinflussen können“ Beginnend mit einer Auswahl an Unglücken, in denen hohe Dichten und Gedränge eine Rolle spielten, zeigte Juliane Adrian die klassischen Auslösefaktoren für Stau: zu geringe Verkehrswege mit zu vielen Menschen, betonte aber gleichermaßen, dass Stau nicht zwingend problematisch sei – im Gegensatz zum Gedränge. Es folgte eine Übersicht über eine Reihe von experimentellen Konstellationen, die alle der einen Frage folgten: Wie lassen
sich Einlasssituationen – als Situationen, in denen es zu Gedränge kommen kann – durch räumliche Gestaltung (Aufbau von Gittern) beeinflussen? Besonders relevant war dabei die Frage, ab welcher Gangbreite der Übergang zwischen von Normen geprägtem Schlange-Stehen und Gedränge kommt. Relevant waren hierfür nicht nur quantitative Faktoren (Pers / m²), sondern auch qualitative, z.B. die Frage, als wie gerecht die Schlange bzw. der Anstehprozess bewertet wird.
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WAS BISHER GESCHAH 2018 Wer uns auf Facebook folgt oder unseren Newsletter abonniert hat, kennt es bereits: regelmäßig veröffentlichen und kommentieren wir aktuelle Ereignisse, die für unser Tätigkeitsfeld von Interesse sind. Unter der Rubrik „Was bisher geschah“ blicken wir an verschiedenen Stellen dieses Magazins auf die zweite Hälfte des Veranstaltungsjahres 2018 und auf die erste Jahreshälfte 2019 zurück. 30.11.
4 Das letzte Forschungsprojekt, das in
diesem Themenstrang vorgestellt wurde, war unter dem Titel „Keine Party ohne MONICA – Internet der Dinge bei Großveranstaltungen“ das internationale Projekt MONICA – Management Of Networked IoT Wearables – Very Large Scale Demonstration of Cultural and Security Applications, das von seinem Koordinator, Dr. Marco Jahn (Fraunhofer FIT) vorgestellt wurde. Zum Verständnis des Projektes bedurfte es zuvor einer grundlegenden Erklärung des Konzeptes des „Internet der Dinge“ – im Rahmen dieses Projektes genutzt zur Verbesserung des Besuchererlebens, der Sicherheit aber auch des akustischen Erlebens. Insbesondere Letzteres wurde mit großem Interesse aufgenommen, stellt sich doch die Frage nach einem guten Konzerterleben bei minimaler Belastung, z.B. der Anwohner für die meisten Veranstalter. Auch die Möglichkeiten im Bereich des Trackings von Personen und dem Erkennen von Personendichten wurden aufgezeigt – und dabei wurde – wie auch in den anderen Vorträgen zuvor – einmal mehr deutlich, wie groß der Nutzen der Projekte sein kann – immer gesetzt dem Fall, dass die Ergebnisse auch beim Endanwender ankommen.
(UK) Zuschauer stirbt bei „Bring me the Horizon“-Konzert Bei einem Konzert der britischen Metalband „Bring me the Horizon“ kam während einer Show in London ein Fan ums Leben. Der Zuschauer wurde von Mitarbeitern des Sicherheitsdienstes aus einem Moshpit gezogen – bei Eintreffen der Rettungskräfte konnte nur der Tod festgestellt werden. Eine Todesursache wurde nicht bekannt gegeben. 04.12.
Adventsmarkt in St. Tönis wird abgesagt Die Veranstalter der „Adventszauber“ genannten dreitägigen Veranstaltung erhielten aufgrund nicht erfüllter Sicherheitsauflagen keine Genehmigung. Laut Medienberichten war es nicht möglich, die erforderliche Anzahl des Sanitätsdienstes zu stellen.
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Themenschwerpunkt 4: Grundsatzfragen Unter dem Stichwort Grundsatzfragen haben wir eine Reihe von Fragestellungen gesammelt, die entweder Basiswissen vermitteln oder übergeordnete Themen behandeln sollten. Menschen) sowie die Qualifizierungsnotwendigkeiten für die Räumungshelfer. Besonderes Interesse fanden in diesem Zusammenhang auch die bei der Konferenz ausgehändigten Reaktionskarten als Hilfsmittel und Unterstützung.
4 Unter dem Motto „Unbequeme
4 Den Anfang machte Ralf Zimme (IBIT
Themen“ folgte dann eine der spannendsten Diskussionen der Tagung, sollte es doch um Themen geben, über die man sonst nicht so gerne spricht: sexualisierte Gewalt, Drogen, Kriminalität usw.. Diskutiert haben: • Yvonne Mahling (DEF Media GmbH) • Jörg Kalitowitsch • Bernd Belka (Special Security Services) • Inga Roßbach (FKP Scorpio Konzertproduktionen GmbH ) • Ansgar Hagen (Leiter Davidwache Hamburg) • Andy Mestka (S-Hoch 3 AG) • Jacob Bilabel (Thema1) Wie aktuell und wie relevant die Themen auch sind, zeigt sich daran, dass schon das erste Thema der sexualisierten Gewalt nahezu die komplette Diskussionszeit einnahm. Beginnend von der Vorstellung
GmbH) mit einem ausgebuchten Vortrag über Räumungskonzepte. Das große Interesse der Teilnehmer zeigte, dass es zu dem Thema noch viele Fragen gibt. Beginnend mit einem Blick auf die inhaltlich nicht neue, durch die gesonderte Heraushebung in der MVstättVO aber neu in den Fokus gerückte Forderung nach der Erstellung eines Räumungskonzeptes wurden strukturiert die notwendigerweise zu beschreibenden bzw. zu organisierenden Faktoren abgearbeitet: Auslösekriterien, handelnde Personen, Räumungsarten (geplant / ungeplant – gerichtet / nicht gerichtet – Teilräumung / Gesamträumung). Diskutiert wurden auch die regelmäßigen Herausforderungen („wie bringe ich die Menschen dazu, adäquat zu reagieren“ oder „welche Vorkehrungen bedarf es für mobilitätsund / oder wahrnehmungseingeschränkte
FUnD VerDächtiger gegenStAnD FUnD VerDächtiger gegenStAnD
FUnD VerDächtiger gegenStAnD FUnD VerDächtiger gegenStAnD
wichtige FrAgen
Sehen Sie einen Gegenstand, der Ihnen verdächtig vorkommt, melden Sie dies ■ unmittelbar telefonisch an die 040 88 163 200 ■ an ihren Ansprechpartner oder einen ■ für Sie unmittelbar erreichbaren Funktionsträger (bitte mitteilen, ob die 040 88 163 200 bereits informiert wurde)
■ Wo befindet sich der verdächtige Gegenstand? ■ Wie sieht der verdächtige Gegenstand aus? ■ Wer hat den verdächtigen Gegenstand gefunden? ■ Wann wurde der verdächtige Gegenstand gefunden?
VerDächtige gegenStänDe nicht BerÜhren!
■ Existieren Informationen, seit wann er dort liegt?
warten Sie auf die einsatzkräfte und folgen Sie deren Anweisungen.
VerDächtige gegenStänDe SinD z.B: ■ nicht zuzuordnende Gepäckstücke ■ Kisten ■ Pakete ohne „Besitzer“ Alle Gegenstände, Taschen etc., die der Fachtagung zugeordnet sind, sind gekennzeichnet.
■ Sind Geräusche oder Gerüche wahrnehmbar? ■ Wurde der Gegenstand bewegt / transportiert? ■ Was befindet sich im Umfeld des Fundortes? ■ Wie viele Personen halten sich im Umfeld aktuell auf? FT 2 © IBIT GmbH
FT 2 © IBIT GmbH
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■ Gibt es Hinweise auf verdächtige Personen?
aktueller Kampagnen („wo geht es nach Panama“) bis hin zu der sicherlich provokanten und entsprechend hitzig diskutierten Frage, ob nicht gerade auch im Clubbereich ein gewisses Maß an Sexualisierung auch Teil der gewünschten Atmosphäre ist. Alle Teilnehmer waren sich einig, dass das Thema noch lange auf der Agenda bleiben wird und dass die bestehenden Kampagnen zwar Wirkung zeigen, dass die Anzahl der immer noch realisierten Übergriffe aber auch deutlich zeigt, wie viel noch getan werden muss. In diesem Zusammenhang wurde besonders die Frage diskutiert, wo die Kampagnen eigentlich ansetzen müssen – wobei sich alle Diskutanten hier auch einig waren, dass der Erziehungsauftrag sicherlich nicht beim Veranstalter liegen kann.
Ein neues Experiment startete dann mit dem letzten Part des Themenstrangs: Unter dem Titel „Grundfragen der Sicherheitsplanung“ versammelten sich die IBIT Dozenten Bernd Belka, Sabine Funk und Ralf Zimme auf dem Podium, um sich den Fragen der Teilnehmer zu stellen. Nach anfänglicher Irritation im bis auf den letzten Stuhl gefüllten Plenum, dass es tatsächlich keinen Vortrag gibt und dass die Referenten auch tatsächlich kein Thema vorbereitet hatten, entstand schnell eine äußerst interaktive Diskussion, in deren Verlauf Fragen auch immer wieder aus dem Publikum selbst beantwortet wurden. Und so reichte die Themenvielfalt auch von den Planungsfaktoren für Einlässe bis hin zum aktuellen Standard für Blitzschutzeinrichtungen auf Veranstaltungen. Gezeigt hat das Experiment vor allem, dass „das Wissen“ eigentlich da ist – mal bei dem einen, mal bei dem anderen, mal in Form theoretischer Konzepte, mal in Form praktischer Lösungsbeispiele – dass es aber eine übergeordnete Plattform braucht, das Wissen auch zusammenzubringen.
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Themenschwerpunkt 5: Kommunikation und Psychologie Der Faktor Mensch, sein Verhalten und die damit zusammenhängenden psychologischen Fakten bekommen bei der Planung von Veranstaltungen immer noch viel zu selten die notwendige Aufmerksamkeit. Der Themenstrang „Psychologie & Kommunikation“ soll helfen, Fehlannahmen in diesem Bereich zu minimieren und die notwendige Aufmerksamkeit zu schaffen. Informationen (z.B. Wegweiser) und unmissverständliche Handlungsanweisungen. Laura Künzer betonte, dass die Gestaltung der Fluchtwege an das Stresslevel einer Räumungssituation angepasst werden muss: unbekannte Wege oder dunkle Wege stellen eine Hemmschwelle dar, genauso haben Menschen in Ausnahmesituationen eine erhöhte Bereitschaft, sich führen zu lassen und abzuwarten, was die Menschen um sie herum machen. Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang auch die Gewohnheiten des Menschen, der z.B. dazu neigt, den gewohnten Eingang als Ausgang zu nutzen – auch in Gefahrensituationen.
4 Unter dem Titel ”The Group Psycho-
logy of Mass Emergencies – and how to manage it” eröffnete Prof. John Drury den Themenstrang. Dass ihm das Thema am Herzen liegt, wurde auf den ersten Metern klar. So räumte er zu Beginn mit den Fehlannahmen des egoistischen, Großmütter und kleine Kinder über den Haufen rennenden Menschen auf – sieht er doch hier eine Grundlage für fehlgeleitete Planung und verlorene Chancen gerade auch im Bereich des Notfallmanagements. Auf der Basis zweier von ihm durchgeführter interviewbasierter Studien über die Erfahrungen von Überlebenden verschiedener Unglücke verdeutlichte er noch einmal, wie weit die Menschen tatsächlich davon entfernt sind, in „Panik“, geschweige denn „Massenpanik“ zu geraten, sondern dass viel eher festgestellt werden konnte, wie schnell sich unter den Betroffenen eine gemeinsame Identität herausgebildet hat. Diese gemeinsame soziale Identität, das Teilen der erlebten Bedrohung führte nicht zu egoistischem, sondern im Gegensatz zu kooperativem (z.B. Teilen von Wasser oder anderen knappen Ressourcen) Verhalten – auch unter Fremden und / oder in lebensbedrohlichen Situationen. So fanden sich in den Interviews auch regelmäßig Begrifflichkeiten wie „Zusammenhalt“ oder „Solidarität“. Dieses Wissen kann und muss laut Drury genutzt werden, um die Menschen, die Bevölkerung aktiv zu unterstützen, Resilienzen aufzubauen, Möglichkeiten zu geben, sich selbst zu helfen.
4 Dr. Laura Künzer (Team HF Hofinger,
Künzer & Mähler PartG) sprach in ihrem Vortrag über „Mythen der Räumung und Evakuierung“. Angefangen bei den Basics (Zusammensetzung der Räumung [Reaktionszeit, Laufzeit, Stauzeit und Durchströmzeit des Ausgangs]) ging es schnell zu den Verbesserungsmaßnahmen über. Um eine möglichst kurze Reaktionszeit zu erreichen, muss der Alarm von allen wahrgenommen werden können und eindeutig verständlich sein. Dazu gehört sowohl, dass er für alle vernehmbar sein muss – z.B. auch für Mitarbeiter, die mit Gehörschutz arbeiten oder eine verminderte Hörfähigkeit haben, als auch, dass der Alarmton für alle, z.B. auch für neue Mitarbeiter oder Besucher als solcher wahrgenommen werden kann: Die Menschen müssen die Dringlichkeit des Alarms begreifen. Dies kann unter anderem durch die Art der Durchsage gesteuert werden (nicht zu langsam sprechen, die Gefahr benennen und den Ernst der Lage verdeutlichen). Besonders wichtig ist, dass der Alarm glaubwürdig ist. So können Fehlalarme oder Übungen ohne Nachbesprechung dazu führen, dass die Menschen weitere Alarme nicht mehr ernst nehmen. Über den Alarm hinaus brauchen Menschen klare
4 Hilfe zur Selbsthilfe, das Publikum zu
selbstverantwortlichem Handeln zu „erziehen“, stand beim Vortrag „Audience Safety Empowerment“ von Dr. Daniel Brunsch (Universität Köln) im Fokus. Daniel Brunsch beschäftigt sich schon lange mit diesem Thema und hat bereits mehrmals Feldstudien bei diversen Festivals durchgeführt, um die direkte und präventive Ansprache beim Publikum zu testen. Ziel des sogenannten Audience Empowerment ist laut Brunsch die selbstständige Verhaltensaktivierung. Die Grund überlegung ist dabei, dass jeder Einzelne nicht nur für sich sorgt, sondern auch bereit ist, auf seine Mitmenschen zu achten und zu helfen – ein Verhalten, das durch aktive Kommunikation unterstützt und gefördert werden muss – ein Vorgehen, das sich deutlich von der lediglich ereignisbezogenen Ansprache, wie sie bei momentan noch den meisten Veranstaltungen praktiziert wird, unterscheidet. Im Fokus steht die dauerhafte und kontinuierliche zwischenmenschliche Kommunikation. NR. 05/2019
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Themenschwerpunkt 6: Crowded Places – Sicherheit von Menschenmengen Der Themenstrang Crowded Places wurde geprägt von zwei Vorträgen: Katharina Steinberg Controlled Crowding und seine Grenzen und Prof. Chris Kemp Necessary Safety Aspects for Crowded Spaces sowie einer Podiumsdiskussion zum Thema Sicherheit 2020 – wo soll das alles enden.
4 Sowohl Katharina Steinberg („Controlled Crowding und seine Grenzen“) als auch Prof. Chris Kemp (“Necessary Safety Aspects for Crowded Spaces“) haben sich in ihren Vorträgen auf umfangreiche praktische Erkenntnisse und dazugehörige Praxisbeispiele bezogen und hoben beide in ihren Vorträgen hervor, wie wichtig es ist, den Kontext zu betrachten und nicht auf Standardlösungen zu vertrauen. Steinberg wies in ihrem Vortrag auch noch einmal darauf hin, wie sehr sich die sogenannte „Customer“s Journey“ in der Zwischenzeit verändert hat: vom einfachen: „kommen – da sein – gehen“ hin zu komplexen Vorab-Interaktionsmodulen und Möglichkeiten, das Erlebnis „Event“ schon zuhause auf dem Sofa beginnen (und enden) zu lassen. Auch wies sie darauf hin, dass insbesondere das „Schlangestehen“ auch bewusst genutzt wird, Aufmerksamkeit und Verlangen zu kreieren – oftmals durchaus mit dem Wissen um die möglichen negativen Nebeneffekte. Beide Referenten bezogen sich in ihren Vorträgen immer wieder auf John Fruin, der mit den Level of Service eines der grundlegenden Bewertungsmodelle für Dichte und Wohlbefinden geschaffen hat. Zusätzlich zur tatsächlichen (objektiven) Dichte ist immer noch die gefühlte Dichte, also das Erleben und individuelle Bewerten der Situation zu berücksichtigen – das sich bei gleicher objektiver Dichte massiv unterscheiden kann, je nachdem, ob sich z.B. die Personen in einer Konkurrenzsituation befinden oder wie sie das „Drumherum“ (Informationsangebot, generell zur Verfügung stehender Platz, Serviceangebot etc.) bewerten.
Auch die Bewertung einer Gefährdung ist jeweils individuell zu bewerten, nicht nur in Bezug auf die Frage, ob es sich um eine sich kontinuierlich entwickelnde Gefährdung („rising tide emergency“) oder eine plötzliche („rapid onset emergency“) handelt, sondern auch hier wieder ausschlaggebend die Frage, wie groß das Vertrauen in die Leistungsfähigkeit des Umfeldes ist. Allerdings betonten beide Sprecher auch, dass nicht nur bewertet, sondern auch gerechnet werden müsse: wie lange braucht welcher Vorgang (z.B. das Schreiben eines Autogrammes oder die Befüllung einer Bahn), wieviel Platz braucht welche Handlung (Gehen, Stehen, Warten) usw.. Diese Grundforderungen wurden an einer Vielzahl von Beispielen aufgezeigt – verbunden mit ein paar einfachen, aber effektiven Maßnahmen zur Organisation von großen Menschenmengen, z.B. • Flächenkapazitäten ausrechnen! Es ist nicht tolerabel, nicht zu wissen, über welche Fläche und welche Kapazität man eigentlich spricht • Zusammenarbeit der Beteiligten mit Sicherheitsaufgaben sicherstellen (gemeinsame Planung, Koordinierungsgruppen etc.) und Präsenz zeigen • Hindernisse entfernen, Fluchten und freie Sichtlinien schaffen • ein angemessenes Müllkonzept etablieren (Wohlbefinden!) • nicht oder nicht stark genutzte Flächen aktivieren • Ausleuchtung verbessern • Treppen und Auf- & Abgänge nach Möglichkeit freihalten • Flächen gemäß Ihrer Nutzung trennen (z.B. Warteflächen und Straßen)
4 Gefolgt wurden die beiden Vorträge
von einer großen Diskussionsrunde zur Frage „Sicherheit 2020- Wo soll das alles enden“ und wie wir uns die Zukunft der Sicherheitsplanung vorstellen. In seinem Einführungsvortrag wies HansJoachim Kensbock-Rieso noch einmal darauf hin, dass wir uns eigentlich sicher fühlen könnten – und, dass wir uns meist vor dem Falschen fürchten – so hat die Angst vor „Terrorismus“ deutlich zugenommen – insbesondere nach dem Anschlag auf dem Breitscheidplatz. Ein verändertes Sicherheitsgefühl, eine allgemeine, unkonkrete Gefahr durch Anschläge sowie nicht geklärte Fragen rund um Zuständigkeiten, Finanzen und Ressourcen bildeten die Grundlage für eine spannende Diskussion, in der es immer wieder um die Frage der Zusammenarbeit der öffentlichen und privaten Sicherheit ging. Beide Seiten sind dabei von gravierenden Ressourcenproblemen geprägt sowie oftmals auch von fehlendem Vertrauen in den jeweils anderen. Zu den personellen Problemen kamen noch Fragestellungen der technischen Machbarkeit und der Erwünschtheit – so wurde am Beispiel der Gesichtserkennung diskutiert, dass nicht alles, was machbar ist auch erwünscht ist – wobei insgesamt Uneinigkeit herrschte, ob gerade das Thema Videoüberwachung und Gesichtserkennung heutzutage nahezu normal sei – bzw. normal sein müsste. Einig waren sich jedoch alle Diskutanten, dass die aktuellen technischen Möglichkeiten schon jetzt weitaus größer seien, als deren tatsächliche Nutzung und dass eine Zukunft der Sicherheit sicher auch eine Zukunft der technischen Entwicklung ist.
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Themenschwerpunkt 7: Sicherheit und Recht Der Themenstrang „Sicherheit und Recht“ war auch in diesem Jahr wieder fester Bestandteil der Tagung. Die Mischung zwischen Vorträgen zu aktuellen Themen und Herausforderungen der Branche fand großen Anklang. .
Eröffnet wurde der Strang durch den Vortrag „Delegation vs. Verantwortlichkeiten“ durch Rechtsanwalt Volker Löhr ((kanzleiLöhr). Das Thema ist ein Dauerbrenner und findet daher regelmäßig nicht nur neue Zuhörer, sondern es tauchen genauso regelmäßig auch neue Aspekte, die zu beleuchten sind, auf. Im Zentrum des aktuellen Interesses steht gerade vor allem die Position der Veranstaltungsleitung – verbunden mit der Frage, welche Kontrollen z.B. der Veranstaltungsleiter / die Veranstaltungsleiterin selbst durchführe und welche er an andere delegieren kann. Betont wurde an dieser Stelle vor allem auch noch einmal die Bedeutung der richtigen Delegation – ein bloßes allgemeines „Übertragen der Verantwortung für die Sicherheit“ ist dabei genauso wenig möglich wie der Satz „der Veranstaltungsleiter ist für die Sicherheit der Veranstaltung verantwortlich“. Die Notwendigkeit der Spezifizierung
der Verantwortungsbereiche ist konsequenterweise dann auch die Hauptforderung des Vortrages gewesen.
4 Das zweite Thema „Versammlung vs.
Veranstaltungen“, präsentiert von Christian K. Petersen vom Lorenz-von-SteinInstitut in Kiel, beleuchtete das Thema aus der juristischen Perspektive: Bei verschiedenen „Events“ wurden in der Vergangenheit veranstaltungsrechtliche oder aber versammlungsrechtliche Argumente für ein Verbot, eine Beauflagung oder Zulassung herangezogen. Am Beispiel der Entscheidung vom Verwaltungsgericht Meiningen vom 03.07.2017 zu den Neonazi-Konzerten in Themar wurde versucht, eine eindeutige Grenze zu ziehen. Das Beispiel zeigte gut: das ist nicht immer eindeutig möglich – und weil das Thema zu komplex für eine Kurzzusammenfassung ist, widmen wir uns dem Thema noch einmal ausführlich in einer der nächsten Ausgaben.
Die juristische Aufarbeitung der LoveparadeGeschehnisse aus 2010 weckt auch über die Veranstaltungsbranche hinaus Interesse. Bei uns waren Rechtsanwalt Thorsten Storp (Urwantschky Dangel Borst Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB) und die freie Autorin Doro Blome-Müller zu Gast, die für den WDR den Strafprozess im Gericht begleitet und mit Kollegen in einem Blog zusammenfasst. Insbesondere der Vortrag von Blome-Müller „Ein Überblick: Der Loveparade-Prozess was bisher geschah“ hinterließ dabei durchaus auch den ein oder anderen ratlosen Zuhörer. Es ist nun mal einfach schwierig zu vermitteln, dass kaum jemand zu seiner Verantwortung stehen will – aber wen wundert das in einer Atmosphäre, in der es von Anfang vorrangig um „wer“ und nicht das „warum“ ging.
4 Abgerundet wurde der Tag durch die
Fragesession unter der bei Juristen beliebten Floskel „es kommt ganz darauf an: Sie fragen, wir versuchen zu antworten!“. Ebenfalls ein Klassiker der IBIT Fachtagung und des Themenschwerpunktes Recht. Die Experten des Tages stellten sich auf dem Podium den Fragen des Plenums und knüpften an die Diskussionen der vorherigen Sessions an. Es gab viele Fragen und auch Antworten – RICHTIG und FALSCH bleibt allerdings oft auch hier eine Illusion der Beteiligten.
Während eines Konzertes in einer mit rund 1.000 Besuchern gefüllten Disco in Ancona versprühte ein Gast Reizgas. Die Zuschauer flüchteten zu den Ausgängen, wobei sechs Besucher getötet, dutzende weitere verletzt wurden. Die verkauften Tickets sollen die Kapazität des Disco weit überstiegen haben.
Drei Personen auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt getötet Der Täter eröffnete gegen 20:00 Uhr das Feuer in einer Sicherheitszone des Straßburger Weihnachtsmarktes, tötete dabei drei Personen und verletzte mindestens 13 weitere. Der auch in Deutschland polizeibekannte flüchtige Täter hätte an diesem Tag seinen Haftbefehl antreten sollen. Der Täter wurde zwei Tage nach der Tat von der Polizei erschossen. Im Mai 2019 wurden fünf mutmaßliche Komplizen festgenommen.
19.12 .
(ITA) Sechs Tote in italienischer Disco
12.12 .
08.12 .
WAS BISHER GESCHAH 2018 (AUS) Auto fährt nach Kontrollverlust in eine Personengruppe Der Fahrer hatte offenbar die Kontrolle verloren und war mit seinem Fahrzeug auf den Bürgersteig gefahren. Dort traf er zuerst eine Fußgängergruppe und dann eine Fassade. Passanten und Fahrer wurden in ein Krankenhaus gebracht. Die Personen befanden sich auf dem Rückweg von einer Sportveranstaltung.
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R Ăœ C K B L I C K 5. I B I T F AC H TAG U N G V E RA N S TA LT U N G S S I C H E R H E I T
Ausschnitte des Vortrags "Der Geist aus der (Gas-)Flasche von Falco Zanini, dessen Inhalte auf Seite 9 vorgestellt wurden.
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SICHERHEIT 2020 Oder: wo soll das eigentlich alles enden? Von Sabine Funk Die meisten werden die Frage schon einmal gehört haben: wo sehen Sie sich in 1 – 2 – 3 … 20 Jahren? Alternativ erinnern sich die etwas „Älteren“ unter uns noch an die lustige Vorstellung, wo man denn eigentlich im super fernen Jahr 2000 sein würde … Das Jahr 2000 ist ja bekanntermaßen eher unspektakulär vorbeigezogen und die ein oder andere Vorstellung hat sich vielleicht sogar erfüllt – die allermeisten jedoch wohl eher nicht. Ähnlich ging es wohl denjenigen, die – angetrieben von der rasanten Entwicklung, die durch die Ereignisse der Loveparade 2010 losgetreten wurden – glaubten, in 2020 gäbe es „auf jeden Fall“ ein wie auch immer geartetes Veranstaltungssicherheitsgesetz, eine geeignete Ausbildung, weniger Probleme, Softwarelösungen, die Sicherheitskonzepte schreiben usw. usw.. Wie auch schon die Vorstellungen zum Jahr 2000, so sind auch viele der Visionen zum Status der Veranstaltungssicherheit 2020 geplatzt: während sich die technologische Entwicklung nicht mehr stoppen lässt, sind andere Entwicklungen wieder rückläufig, ins Stocken geraten oder auch im Ansatz stecken geblieben.
Software & Technologie oder: nichts ist unmöglich Diesem Thema müsste man eigentlich ein komplettes Heft widmen – so viel ist bereits entwickelt worden oder wird gerade entwickelt. Von der Gesichtserkennung [1] über Einsatzmöglichkeiten von Drohnen [2] bis hin zu immer „besser“ werdenden Simulationen [3]: die Entwicklungen sind schnell
– ob sie alle auch gut und sinnvoll sind, steht hier nicht zur Diskussion. Fallstricke gäbe es einige: beginnend mit dem Datenschutz und den Persönlichkeitsrechten bis hin zu einer gewissen Leichtgläubigkeit in Bezug auf angebotene Lösungen. Gleichzeitig gibt es beeindruckende Anwendungen, die schon jetzt zu relevanten Verbesserungen im Veranstaltungskontext geführt haben[4] – insbesondere im Bereich der Personenstromanalysen ergeben sich nutzbringende Einsatzmöglichkeiten z.B. im Erkennen von Dichten oder dem Monitoring von Personal und / oder Besuchern. „Crowd sensing“, „heatmaps“ oder „digitales Crowd Management“ sind Stichworte, die diese Lösungen beschreiben. Sicherheit 2020 steht in diesem Themenfeld weiterhin für eine kontinuierliche Entwicklung – hoffentlich jedoch auch für eine wachsende Verantwortlichkeit im Umgang mit den Lösungen. „Wir haben eine Simulation gemacht“ ist keine Lösung, wenn man gar nicht weiß, welche Fragen man mit der Simulation eigentlich beantworten möchte – genauso wie „dafür (für das Sicherheitskonzept / die Risikoanalyse) haben wir eine Software“ eine problematische Antwort ist, wenn am Ende der Software nicht noch ein Mensch sitzt, der die Ergebnisse bewertet.
Interorganisationale Zusammenarbeit Die Notwendigkeit für die Zusammenarbeit aller Beteiligten bei der Planung und Durchführung von Veranstaltungen ist eine der „großen“ Erkenntnisse, die sich sehr unmittelbar aus den Ereignissen der
www.bsi.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/BSI/Biometrie/Gesichtserkennung_pdf.pdf?__blob=publicationFile&v=1 www.tuv.com/landingpage/de/c2f/main-navigation/smart-factory/drones.html [3] www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0375960118310892 [4] www.srf.ch/news/regional/zuerich-schaffhausen/mehr-sicherheit-dank-app-crowd-management-am-zueri-faescht [5] www.spiegel.de/kultur/musik/fusion-festival-kann-nun-stattfinden-mit-polizei-a-1269980.html [1] [2]
Loveparade 2010 ergeben haben. Die Arbeit von Koordinierungsgruppen gehört inzwischen zum regelmäßigen Standard bei Veranstaltungen einer bestimmten Größenordnung oder Komplexität und dies wird sicher – und hoffentlich auch so bleiben. Aber – und das gehört genauso zu der Entwicklung – der Elan ist häufig wieder auf ein Mindestmaß zusammengeschrumpft – ähnlich wie die Motivation der Beteiligten, sich auf die Zusammenarbeit einzulassen und eine dafür notwendige Kompromissbereitschaft. Konnte man in den Jahren 2011 /-12 /-13 enorme Veränderungen und auch den Willen hierzu erkennen, so scheint es, als wäre in den nachfolgenden Jahren vielen Beteiligten klar geworden, dass diese Zusammenarbeit auch bedeutet, entweder mal einen Schritt zurück oder auch mal einen über die originäre Grenze hinaus zu gehen. Gleichermaßen haben sich selbstauferlegte Verantwortlichkeiten herausgebildet, die weniger mit Kernkompetenzen als mit Profilierungswillen zu tun hatten und die den notwendigen Prozess der respektvollen Zusammenarbeit auf Augenhöhe auf andere Art torpedierten. [5] Auch die Organisation der Zusammenarbeit offenbarte Lücken: da, wo Wille zumindest nicht durch Routine ersetzt werden konnte, offenbarte sich die Herausforderung dieses anspruchsvollen Konstruktes. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass Sicherheit 2020 auch für das (Wieder)Erstarken der Koordinierungsgruppe steht, deren Etablierung für die Veranstaltungssicherheit so wichtig ist wie kaum eine andere organisationale Entwicklung.
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Münsterplatz Ulm
Qualifizierung & Standardisierung Auch hier war die Loveparade eine einschneidende Zäsur – gefragt danach, was sich danach ändern sollte, war eine sehr einhellige Meinung, dass es „in Zukunft“ sowohl mehr Standards als auch bessere Qualifizierungen geben müsse – was sich weder in der einen noch der anderen Sache realisiert hat. Für einige Bereiche kristallisieren sich best practice Lösungen heraus [6] – dass etwa Einlässe über eine druckmindernde Zuführung verfügen sollten oder dass auch Ordnungskräfte, die bei Veranstaltungen arbeiten, zumindest eine Grundqualifizierung brauchen. Aber schon allein die gescheiterten Versuche, die unterschiedlichen Ansätze miteinander zu verbinden oder die alles überdeckende Frage, „was das denn alles kostet“ genauso wie die mühsame Weiterentwicklung und Aktualisierung von Themen zeigt, wie groß die Anstrengungen sein müssen, um hier noch zeitnahe Fortschritte machen zu können – vielleicht braucht es aber auch den Aufschub auf die Agenda 2025.
Rechtliches Zumindest in diesem Bereich sieht 2020 hoffentlich einen deutlichen Fortschritt:
www.basigo.de/basigo-guide.html www.bbk.bund.de/DE/Home/home_node.html Alle Links zuletzt abgerufen am 24.09.2019.
die Implementierung eines eigenständigen Sicherheitsdienstleistungsgesetzes, das die Branche der Sicherheits- & Ordnungsdienste endlich aus dem Schatten des Gewerberechtes herausholt und ihr die Bedeutung zuspricht, die sie in der Realität hat. Und wenn es besonders gut läuft, dann klärt das Sicherheitsdienstleistungsgesetz auch ein für alle mal die faktische Abgrenzung zwischen Sicherheits- und Ordnungsaufgaben – was ein wirklicher Fortschritt für die Veranstaltungssicherheit 2020 wäre. Dies sind nur einige der Themen, die uns auch 2020 – und vermutlich auch 2025 beschäftigen werden – dazu kommen noch eine ganze Reihe inhaltlicher Fragen, z.B. wie sich das Thema der Bedrohungslagen und unseren Umgang damit entwickelt: werden wir akzeptieren, dass sich die Zeiten geändert haben und dass es einfach Teil unseres täglichen Lebens ist, vorbereitet zu sein? Oder werden wir immer noch hysterisch aufschreien, wenn das Thema Vorsorge zur Sprache kommt? [7] Werden wir die Professionalisierung der Sicherheitsbranche – zumindest sofern es den Veranstaltungsbereich betrifft – sehen? Oder wird unter
dem Druck der Auftraggeber und / oder der Branche selbst alles beim Alten bleiben? Werden wir den Handlungs- & Änderungsdruck, den die Ereignisse der Loveparade hervorgebracht hat, auch ohne weiteren Anlass zumindest teilweise aufrechterhalten oder ist es vielleicht sogar gut, dass wir ohne Druck agieren und uns verändern können? Können wir uns ohne Druck verändern? Unabhängig davon, wie diese Fragen beantwortet werden: Visionen allein helfen nicht. Sich vorzustellen, wie schön alles sein könnte oder was alles nötig wäre und gemacht werden müsste, reicht nicht. Es braucht Strategien, die Visionen zu erreichen (aber Achtung „warten, dass sich die anderen kümmern“ ist keine gute Strategie). Grundpfeiler für diese Strategien sind neben dem richtigen Umgang mit den technologischen Möglichkeiten vor allem Zusammenarbeit und Qualifizierung. Nur, wenn wir (mindestens) diese drei Faktoren berücksichtigen, werden wir die Vision einer tatsächlichen und umfassenden Veranstaltungssicherheit vielleicht dann 2025 erreichen. Für 2020 ist es dafür leider schon zu spät.
[6] [7]
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DER PREIS DER SICHERHEIT
Foto: metamorworks / istockphoto
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Biometrische Gesichtserkennung: Wenn informationelle Selbstbestimmung und Sicherheit theoretisch gegeneinander ausgespielt werden, die Realität uns aber schon längst überholt hat. Von Sabine Funk Die Sicherheitsbehörden nutzen sie, die chinesische Regierung, Facebook oder Taylor Swift: die biometrische Gesichtserkennung. Facebook hat die Funktion gerade erst seit einer 8-jährigen Sperre wieder eingeführt [1] , die deutsche Polizei nutzt sie bereits seit 2008 [2] und hat gerade erst ein durchaus umstrittenes [3] Forschungsprojekt abgeschlossen, in dem die biometrische Gesichtserkennung als Unterstützungsinstrument polizeilicher Fahndung am Bahnhof Berlin Südkreuz getestet wurde [4]. Hierzu sollten Personen mit Hilfe von intelligenter Videoanalysetechnik in Menschenmengen
automatisiert detektiert und identifiziert werden. Die Diskussionen um das Projekt offenbaren dabei die – nicht überraschenden – Sichtweisen – beginnend mit der höchst unterschiedlichen Bewertung des Projekterfolges – was nicht verwunderlich ist, da jede Seite schließlich Argumente braucht– die einen dafür, die anderen dagegen. Während also der Abschlussbericht die sehr guten Projektergebnisse und die Relevanz in Bezug auf die zu erreichenden Verbesserungen hervorhebt, erhebt der Chaos Computer Club nicht nur Kritik,
sondern legt auch noch den Finger in die offensichtliche Wunde. „Damit wurden nicht nur absichtlich und unzulässig die Erkennungsraten manipuliert, vielmehr sind mit einem solchen Testvorgehen Rückschlüsse auf reale Szenarien in einem Bahnhof gar nicht mehr möglich. Schließlich hat es nichts mehr mit der Wirklichkeit zu tun, wenn die biometrischen Systeme Vergleiche von vorher als gut klassifizierten Gesichtsbildern vornehmen, die am gleichen Ort entstanden sind. So müssten in der Realität Fotos der Verdächtigen an allen Bahnhöfen mit allen dort verbauten Kameras angefertigt
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werden – eine vollkommen unsinnige und erneut die Ergebnisse verfälschende Testannahme. Wenn solche Versuchsmethoden als Begründung für eine künftige Gesetzgebung zum flächendeckenden Einsatz herhalten sollten, sind sie nicht aussagekräftig für eine reale Verwendung.“ [5] In der Kurzform sind die Argumente simpel und jeweils in sich durchaus nachvollziehbar:
PRO 4 Intelligente Gesichtserkennung – im allerbesten (noch nicht erreichten) Fall auch im Rahmen der (bewegten) Videoüberwachung hilft, z.B. Straftäter zu erkennen und stellt so einen unmittelbaren Gewinn für die Erhöhung der Sicherheit dar.
CONTR A
Umstritten – der Einsatz von Drohnen
4 Das System läuft auf eine anlasslose
Personenüberwachung hinaus, da „Menschen nicht wie mit anderen Videosystemen einfach nur beobachtet, sondern während der Überwachung durch ihre Körpermerkmale identifiziert“ [6] werden.
Judith Horchert vom Spiegel stellt dementsprechend auch fest, dass der Test am Südbahnhof auch ein Test für die persönliche Freiheit sei. [7] Rechtlich gesehen, ist ohnehin zweifelhaft, ob alles, was technisch möglich ist, auch umsetzbar ist, betrachtet man die bereits existierenden Vorgaben zur Videoüberwachung oder den Stopp des sogenannten Streckenradars (Section Control), für den es erst eine Änderung des Polizeigesetzes brauchte, um den Betrieb der Pilotanlage doch zu ermöglichen. [8] So weit, so gut und / oder gruselig – je nach Sichtweise und Einstellung zum Thema. Aber was ist mit den ganzen Anwendungsbeispielen, die schon lange Teil unseres Lebens sind?
Taylor Swift hatte die Technologie zuletzt während ihrer Reputation-Tour eingesetzt, um Stalker zu erkennen. [9] Allerdings kam heraus, dass das beauftragte Unternehmen seine Technologie zu weitaus mehr nutzte, als nur die Sicherheit zu erhöhen. Die Firma verwendete seine Smart-Screens auch, um Kennzahlen für Werbung und Marketing zu erfassen. Die Kameras waren hinter Kiosken installiert, die als „Selfie-Stationen“ gekennzeichnet waren, und scannten so die Gesichter, die mit den Bildschirmen interagierten. Informationen, was mit den Datensätzen passiert, wurden nicht veröffentlicht. Damit erfüllen sich – wenn auch auf andere Art und Weise – alle Befürchtungen, die im Hinblick auf die ungeregelte Verwendung der Technologie schon seit langem geäußert wurden. Obwohl – wer fürchtet das eigentlich? Nicht wenige Menschen haben ihr Leben und Handeln ohnehin bereits komplett offengelegt: durch Bonuskarten, entsprechende Apps oder o.g. Facebook Funktionen.
www.verbraucherzentrale.de/wissen/digitale-welt/datenschutz/ gesichtserkennung-bei-facebook-das-sollten-nutzer-wissen-23818 [2] www.netzpolitik.org/2018/ gesichtserkennung-bei-der-bundespolizei-jede-achte-abfrage-ein-treffer/ [3] www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/berlin-suedkreuz-thomas-de-maiziere-praesentiert-gesichtserkennung-a-1164313.html [4] www.bundespolizei.de/Web/DE/04Aktuelles/01Meldungen/2018/10/181011_abschlussbericht_gesichtserkennung_down.pdf?__blob=publicationFile [5] www.ccc.de/de/updates/2018/debakel-am-suedkreuz [1]
Macht da eine zusätzliche Gesichtserkennung und Zuordnung überhaupt noch einen Unterschied? Oder hat es nicht in Wirklichkeit doch Vorteile? Schließlich rufen doch alle nach mehr Sicherheit im öffentlichen Raum, insbesondere, wenn es wieder eine (die Öffentlichkeit empörende) Straftat gegeben hat. „Wasch mir den Pelz aber mach mich nicht nass“ fasst die häufig vertretene Haltung wohl zielführend zusammen – aber letztendlich gilt wohl eher „wer das eine will, muss das andere mögen“. Ein Mehr an Sicherheit durch schnelleres Erkennen eines Täters – oder in der weitergedachten Version – von verdächtigem Handeln bedeutet nahezu automatisch die präventive – sprich anlasslose – Überwachung. Eine Überwachung, die wir ohne Rückfragen hinnehmen, um unsere Lieblingskünstlerin zu sehen. „Ist ja für die Sicherheit“.
www.ccc.de/de/updates/2018/debakel-am-suedkreuz www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/gesichtserkennung-am-berliner-suedkreuz-ein-test-fuer-unsere-freiheit-a-1160867.html [8] www.haz.de/Hannover/Aus-der-Stadt/ Hannover-Streckenradar-Section-Control-ist-wieder-erlaubt [9] www.theguardian.com/technology/2019/feb/15/ how-taylor-swift-showed-us-the-scary-future-of-facial-recognition [6] [7]
Alle Links zuletzt abgerufen am 25.09.2019 NR. 05/2019
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VERANSTALTUNGSSICHERHEIT 2020: QUO VADIS Ein Ausblick auf das, was (vielleicht oder hoffentlich) kommt. Von Dr. Frank Mücke
Wohin entwickelt sich die Veranstaltungssicherheit? Wie schnell und auf welchen Wegen? Wie und durch wen gesteuert? Die ehrliche Antwort: Ich weiß es nicht! Offensichtlich ist die Veranstaltungssicherheit technologiegetrieben. Stichworte sind: Digitalisierung, Big Data, Algorithmen und Künstliche Intelligenz (KI). Diese Entwicklung konkretisiert sich z.B. in Techniken wie biometrische Gesichtserkennung, RFID, personalisiertes Einlass- bzw. Zugangsmanagement, digitales Crowd Management. Das Tempo und die Innovationsschübe der technologisch-digitalen Entwicklung sind kaum abzuschätzen. Technisch wird bald noch viel mehr möglich sein als unsere Gesellschaft (mehrheitlich) bereit ist, ethisch-normativ und letztlich rechtlich zu akzeptieren. Allein der Wandel ist beständig und die Grenzen werden sich weiter verschieben. Man muss abwarten und wird sehen, ob und welcher Gewinn für die Veranstaltungssicherheit aus den technologischen Innovationen resultiert. Mehr oder weniger unabhängig von den technologisch-digitalen Trends entwickelt sich die Veranstaltungssicherheit in den Handlungsfeldern „Person – Verhalten – Organisation“. Auch hier gibt es keine einheitlichen Trends, auch hier erfolgt die Entwicklung asynchron und asymmetrisch. Um hier aber nicht ganz den Überblick zu verlieren, bietet es sich an, analog zur Qualitätsdiskussion auch für die Veranstaltungssicherheit folgende Aspekte zu unterscheiden: 4 Struktur 4 Prozess 4 Ergebnis.
Struktursicherheit von Veranstaltungen Die Diskussion um die Veranstaltungssicherheit hat ihren Fokus in der Struktursicherheit. So regelt z.B. die Muster-Versammlungsstättenverordnung (MVStättVO), die Gesetze und Verordnungen zur Veranstaltungstechnik sowie zur Arbeitssicherheit und zum Gesundheitsschutz (und alles was darauf aufbaut) primär die baulichen und betrieblichen (Arbeits-) Strukturen. Die Neufassung der MVStättVO durch Beschluss der Fachkommission Bauaufsicht vom Juli 2014 beinhaltet eine wichtige Ergänzung bzw. Erweiterung der Struktursicherheit. § 42 regelt, dass der / die Betreiber*in von Versammlungsstätten mit mehr als 1.000 Besucherplätzen ein Räumungskonzept aufzustellen hat. Ist dies nicht bereits Bestandteil des Sicherheitskonzeptes nach § 43, dann ist das Räumungskonzept gesondert darzustellen. Auch in Bezug auf die Personenkapazitäten hat sich etwas geändert, so heisst es in § 1 Abs. 1 Satz 2 „für sonstige Stehplätze sind mindestens zwei Besucher je m² Grundfläche anzusetzen.“ – wobei das Potential hier in dem kleinen Wörtchen „mindestens“ liegt. Das Problem: die VStättVO gehört zum (Sonder-) Baurecht und Baurecht ist Länderrecht. Die Umsetzung und Anpassung in den Bundesländern ist aktuell uneinheitlich. Sie ist eingeführt – oder auch nicht, die Musterverordnung wurde komplett übernommen – oder auch nicht. Die Konkretisierung der Anforderungen an die Struktursicherheit von Veranstaltungen und insbesondere die Heraushebung der Notwendigkeit des Räumungskonzeptes sind ein Schritt in die richtige Richtung.
Ob mit der in unbestimmter Zeit anstehenden erneuten Anpassung der MVStättVO, die aber darüber hinaus immer noch bestehenden Defizite praxisgerecht ausgeglichen werden (können), bleibt abzuwarten. Ich wage eine Prognose: Eher nicht! Auch wenn der Gesetz- und Verordnungsgeber die Veranstaltungssicherheit weder zeitnah noch umfassend durch „immanente / genuine“ Gesetzgebung weiterentwickelt, haben „externe“ Rechtsgrundlagen konkret und z.T. weitereichenden Einfluss auf die strukturelle Veranstaltungssicherheit. So dürfte immer noch nicht allen Stakeholdern bekannt sein, bzw. es hat sich noch nicht bei allen Agenturen, Fachgesellschaften, Betreibern, Dienstleistern u.a.m. in der täglichen Arbeit niedergeschlagen: Jeder Arbeitgeber muss für jeden Arbeitsplatz eine Gefährdungsanalyse vornehmen und nachhaltig dokumentieren. Auch nach § 10 des neuen Mutterschutzgesetzes (MuSchG) hat der Arbeitgeber eine (abstrakte) Gefährdungsbeurteilung entsprechend den allgemeinen arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben für jede Tätigkeit durchzuführen, die von einer (schwangeren oder stillenden) Frau ausgeführt wird bzw. die potentiell von ihr wahrgenommen werden könnte. D.h., von Gesetzen und Verordnungen, die ihren Schwerpunkt nicht in der Veranstaltungsbranche haben, gehen unmittelbar wichtige Vorgaben und Impulse für die Veranstaltungssicherheit aus. Damit ist auch in Zukunft bei weiteren Gesetzen und Novellen zu rechnen und es wird weiterhin in der Verantwortung der Agenturen, Veranstalter, Betreiber etc. liegen, alle relevanten rechtlichen Grundlagen zu kennen und umzusetzen.
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Prozesssicherheit von Veranstaltungen Die Prozesssicherheit bei Veranstaltungen ist vielschichtig. Das spiegelt sich auch in der MVStättVO wieder. Wesentliche Entscheidungen sind dem Betreiber bzw. dem „Verantwortlichen für Veranstaltungstechnik“ und dem Veranstaltungsleiter sowie ggf. dem Ordnungsdienstleiter zugeordnet. Der „Verantwortliche für Veranstaltungstechnik“ muss durch seine Berufsausbildung entsprechend fachlich qualifiziert sein, während von allen anderen Verantwortlichen keine expliziten Berufsqualifikationen gefordert werden. Jedoch wird für den Handlungsprozess, die konkrete Tätigkeit de facto Sachkunde verlangt. Dies resultiert u.a. aus der Verkehrssicherungspflicht und der Verschuldenshaftung sowie der Organisations-, Auswahl- und Kontrollverantwortung des Unternehmers, Betreibers, Entscheiders. Rund um die Veranstaltungssicherheit ist vieles als unbestimmter Rechtsbegriff geregelt und damit in die Verantwortung der Entscheider gelegt. Gesucht ist, was dem allgemeinen Standard entspricht – sprich, was regelmäßig in vergleichbaren Kontexten umgesetzt wird. Damit öffnet sich allerdings auch ein weiterer Graubereich, der – wenn sich eine Maßnahme als „nicht ausreichend / angemessen / adäquat“ herausstellt, durch Kommentare und Gutachten von Rechtskundigen konkretisiert und letztlich durch die Rechtsprechung der Gerichte entschieden wird. Konkret hilft das dem Nicht-Juristen wenig – ist aber Fakt. Für Laien sind im Veranstaltungsrecht Falschhandlungen (aktiv und passiv) durch Nichtwissen und Fehlinterpretationen „vorprogrammiert“. Aber Nichtwissen schützt nicht vor Strafe: am Ende bleibt nur, sich selber zu informieren, ein (selbst-) kritisches Bewusstsein zu entwickeln und im Zweifelsfall den Rat eines Fachkundigen einzuholen. Das sollte einen zumindest vor der Anklage wegen grober Fahrlässigkeit oder gar Vorsatz schützen.
Ergebnissicherheit von Veranstaltungen Wie sagte doch Dr. Helmut Kohl 1984 schon so treffend: „Entscheidend ist, was hinten rauskommt.“ Das gilt auch für Sicherheit von Kongressen und Events. Wurden alle Schutzziele erreicht, gab es keinen sicherheitsrelevanten Zwischenfall, keinen (Sach-)Schaden, keinen (Personen-)Unfall, keine ungeplante Programmänderung, dann hat man – auf den ersten Blick – alles richtig gemacht.
Aber das ist natürlich zu kurz gedacht: möglicherweise war es einfach nur Glück, dass alles gut gegangen ist. D.h., in der nachträglichen Ergebnisauswertung, bei der Evaluation, ist zu prüfen, ob es eine Korrelation zwischen abstrakter Gefahr, konkreter Gefährdung, daraus abgeleiteten (Sicherheits-) Maßnahmen und dem Ergebnis „sichere Veranstaltung“ gibt – Sicherheit für Teilnehmer, Veranstalter, Betreiber und die Veranstaltung an sich. Oder ist die Veranstaltungssicherheit im Ergebnis (linear) abhängig von den (Sicherheits-) Maßnahmen? Dies auch dann, wenn es keine konkrete(n) Gefährdung(en) gibt? Hierzu ein konkretes Bespiel. Mit meiner Firma, der comed GmbH – Tagungen-Kongress- Events, organisieren wir seit über 30 Jahren vor allem Medizinkongresse – manche seit über 20 Jahren in Folge, viele seit mehr als 10 Jahren. Bei einem speziellen Format überblicke ich einen Zeitraum von zwei Jahrzehnten mit nahezu 50 Veranstaltungen bundesweit. Alle haben die gleiche Struktur. Sie sind quasi standardisiert, eine Art Roadshow: Mehrere Tagungen jedes Jahr, an verschiedenen Orten, mit wechselnden Veranstaltern, jeweils zwischen 800 und 2.000 Teilnehmer. Aus differierenden Gründen haben wir im Lauf der Jahre (Jahrzehnte) bei einzelnen dieser Tagungen ganz
unterschiedliche Sicherheitskonzepte gefahren – von praktisch nichts (keine Einlasskontrolle), mit / ohne Namensschild und / oder „Party-Armband“, mit / ohne Videokontrolle, bis hin zum Teilnehmerscreening mittels Barcode und Scankontrolle. Einschließlich Events mit Special Guests wie Landes- und Bundesministern fanden in Summe praktisch alle „marktmöglichen“ Arten von Personenkontrolle statt (ausgenommen mobile Röntgenanlagen und Ganzkörperscanner), ggf. auch inklusive Personaldatenabgleich durch das LKA bzw. BKA und den Einsatz von Sprengstoffhunden. Lassen wir einmal die Hochsicherheitszone bei Politprominenz und polizeilichem Personenschutz außen vor, reicht bei anderen Veranstaltungen die „Basissicherheit“ auf der Grundlage der grundsätzlich geltenden Regelungen für z.B. die bauliche Sicherheit, die Veranstaltungstechnik oder dem Gesundheitsschutz und der Arbeitssicherheit – gepaart mit Umsicht, Vorsicht und gesundem Menschenverstand. Wenn aber alle Veranstaltungen dieses Typs in der Risikobeurteilung keine konkret erkennbare aktive Gefahr (für Dritte) darstellen und die Veranstaltungen auch selber nicht gefährdet sind, dann bräuchte es sachlogisch auch keine zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen. NR. 05/2019
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Werden trotzdem zusätzliche (massive) Sicherheitsmaßnahmen realisiert, die mehr oder weniger gravierend in die Freiheit und Persönlichkeitsrechte der Teilnehmer und sonstiger Dritter eingreifen, dann geschieht i.d.R.:
4 aus dem freien Willen des Verantwortlichen – weil der Betreiber, Veranstalter / PCO, Künstler oder eine andere Person / Institution es so will (aus welchen Gründen auch immer), 4 weil dies vertraglich so geregelt wurde, 4 aus Imagegründen, mehr Schein als Sein – quasi ein „Potemkin’sches Dorf“, 4 um die gefühlte Sicherheit bei (potenziellen) Kunden zu stärken / erhöhen, 4 aus Gründen der (abstrakten, anlasslosen) Generalprävention. Diese Art „Aufrüstung“ kann man machen – muss man aber nicht. Dabei gilt es zu bedenken und abzuwägen, dass mit jeder zusätzlichen Sicherheitsmaßnahme auch neue Risiken / Gefahren in Verkehr gebracht werden. Damit entstehen zugleich neue Verantwortlichkeiten sowie neue Verkehrssicherungspflichten und Haftungsfragen. I.d.S. gilt es abzuwägen: Nicht immer ist „mehr“ zugleich auch „besser“ – insbesondere, wenn Maßnahmen keinen echten Mehrwert für die Veranstaltungssicherheit bringen und eher aus Gründen des wie auch immer begründeten Aktionismus umgesetzt werden.
Notwendig, zielführend, verhältnismäßig Doch zurück zur Ausgangsfrage. Was wird 2020 bei der Veranstaltungssicherheit anders sein als 2019? Stehen relevante Gesetzesänderungen an? Gibt es richtungsweisende Gerichtsurteile? Kommt es zu einem Quantensprung? Mir ist dergleichen nicht bekannt. Und, um es auf den Punkt zu bringen: Was soll zwischen dem 31.12. und dem 1.1. schon passieren? Halt! War da nicht mal was? Ja doch, da war was! In Köln (und in anderen Städten), in der Silvesternacht 2015/2016: Sexuelle Übergriffe gegenüber Frauen und andere Straftaten, am Hauptbahnhof, rund um den Dom und in der Altstadt. Diese Ereignisse haben in den Folgejahren zu weitreichenden Konsequenzen geführt für das Sicherheitskonzept, die Präsenz und das Auftreten von Polizei, Ordnungsamt und Privaten Wachdiensten (Security) an Silvester und anderen
großen Open Air Events wie z.B. Karneval und speziell dem Rosenmontagszug. D.h., singuläre sicherheitskritische Ereignisse im öffentlichen Raum (mit großer Medienresonanz) können ggf. zeitnah weitreichende Konsequenzen für die Sicherheitsplanung von Veranstalten haben – speziell für die jeweilige Folgeveranstaltung und / oder vergleichbare Formate. Wenn (spektakuläre) Ereignisse „starke“ Konsequenzen einfordern, besteht immer die Gefahr, dass mit Übereifer und „blindem“ Aktionismus über das Ziel hinausgeschossen wird. So beispielsweise bei verschiedenen ad hoc Maßnahmen nach dem schrecklichen Anschlag am Berliner Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche am 19.12.2016. Bei nachfolgenden Großveranstaltungen wurde zur Absicherung der Besucher z.T. massiv Gerät aufgefahren: Betonblöcke, Müllfahrzeuge, Autokrane, sandgefüllte Container – Hauptsache groß und schwer. Schon bald begann eine Diskussion, ob diese Maßnahmen wirklich sicherheitswirksam seien und / oder ob durch sie nicht neue Gefahren geschaffen würden. Monate später sah man die ein oder andere dieser ad hoc Sicherheitsmaßnahme schon nicht mehr auf den Straßen. Ein anderes Bespiel sind die Personen-Sicherheitskontrollen an den Zugängen von (Fußball-) Stadien, (Sport- / Event-) Arenen oder Gerichten: Abtasten, Taschenkontrolle, Handsonde, Ganzkörperscanner, Röntgendurchleuchtung von Taschen und Mänteln. Die Einen machen es, Andere nicht und Dritte ganz anders. Was ist „normal“? Was ist (noch nicht) Standard? Ist die Einzelmaßnahme notwendig, zielführend und verhältnismäßig? Wie sieht das Gesamt-Sicherheitskonzept aus? Wie steht es um die in der Praxis gelebte Sicherheitsarchitektur? In diesem Kontext braucht es im Sicherheitskonzept klare Begründungen, warum einzelne Maßnahmen indiziert sind. Noch wichtiger ist vielleicht die Begründung, warum bestimmte Maßnahmen, die vielleicht auch naheliegend erscheinen, nicht getroffen werden. Diese Fragen beleuchten die Schnittstellen von Prozess- und Ergebnissicherheit. Ehrlicherweise muss man sagen, es gibt mehr Fragen als Antworten. Es gibt kaum valide, empirisch geprüfte, wissenschaftlich solide Fakten. Vielmehr finden sich vor allem persönliche Meinungen sowie individuelle Überzeugungen und Glaubenssätze von
selbsternannten Experten. Fakt ist: Das ist ein schwieriges Feld. Die Patentlösung für alle Probleme gibt es nicht. Ungesteuerte, subjektiv definierte Prozesse führen nicht selten dazu, dass die normative Kraft des Faktischen zum Standard wird, der ggf. für allgemeinverbindlich erklärt wird – zur Regel der Technik. Das könnte z.B. zur Folge haben, dass viele Veranstaltungen mit kleinem Budget aufgrund hoher Auflagen der Genehmigungsbehörden nicht mehr durchgeführt werden können. Dies, obwohl von ihnen keine Gefahr ausgeht und sie selber auch nicht gefährdet sind. Nach den Regeln der Technik müssten sie teuer „aufrüsten“, ohne dass sich damit ein Mehrwert für die Veranstaltungssicherheit ergäbe.
Risikoadaptierte Sicherheitsmaßnahmen Wie könnte der Weg für die Sicherheitsstrategie von Veranstaltungen künftig aussehen? Zu fordern ist: 4 eine sorgfältige, rational nachvollziehbare Gefährdungsbeurteilung als Grundlage 4 ein adäquates Sicherheitskonzept 4 risikoadaptierte Sicherheitsmaßnahmen 4 alle (Einzel-) Maßnahmen abgestimmt als Teil einer ganzheitlichen Sicherheitsarchitektur. Das ist Sicherheit mit Augenmaß anstatt präventiv das „volle Programm“ zu fahren. Lautet das Motto „viel hilft viel“, dann führt das zu Symbolhandlungen und kann bei Besuchern, Akteuren, Entscheidern und Medien bestenfalls das Gefühl von Sicherheit erzeugen. Für die Wirkung gilt wie bei jedem Placebo: Man muss dran glauben! Vom Prozess um die Katastrophe der Love Parade am 24. Juli 2010 in Duisburg hatten sich viele weitreichende Effekte zur Struktur- und Prozesssicherheit erhofft. Wie Juristen verkünden, ist nach aktuellem Verfahrensstand eher nicht damit zu rechnen, dass es in Folge der gerichtlichen Aufarbeitung des Unglücks zu neuen Standards der Veranstaltungssicherheit für „Open Air – Großevents“ kommen wird.
GROSS oder klein – ein Sicherheitskonzept muss sein! Egal, um was für ein Event es sich handelt, welche Ereignisse bzw. Unfälle passieren
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(könnten), im Zentrum der Aufarbeitung steht letztlich immer das (fehlende bzw. unzulängliche) Sicherheitskonzept. Und auch wenn es im Geltungsbereich der VStättV vermeintlich verbindlich geregelt ist (denn es steht ja außer Frage, dass die dort gemachten Vorgaben keinesfalls ausreichend sind, um die Sicherheit einer Veranstaltung zu beschreiben): Was ist mit „dem Rest“? Was ist mit den Maßnahmen, die nicht standardisiert, nicht verbindlich geregelt aber dennoch möglicherweise sinnvoll sind? Wie z.B. mit dem Thema Sicherheit umgehen bei Kongressen? Wegducken, nach dem Motto: Wo kein Kläger, da kein Richter. Mut zur Lücke. Augen zu und durch! Die Diskussion um die Sicherheit führt bei Teilnehmern (und Kunden) nur zu Verunsicherung und man weckt „schlafende Hunde“! Und vor allem – bisher ist ja bei Kongressen noch nie etwas passiert. Diese Sicht der Dinge ist bequem – und kurzsichtig. Im Fall der (Unglücks-) Fälle fällt sie einem direkt auf die Füße. Deshalb – unabhängig von einer gesetzlichen Auflage – mein uneingeschränktes Plädoyer für das Sicherheitskonzept. Gemäß MVStättVO hat der Betreiber ab einer Raumkapazität von mehr als 200 Besucherplätzen (§ 1 Abs. 1 Satz 1) nach § 43 für Veranstaltungen ein Sicherheitskonzept zu erstellen, wenn (1) die Art der Veranstaltung es erfordert und (2) wenn die Versammlungsstätte mehr als 5.000 Besucherplätze hat – und drittens bei entsprechenden Auflagen der Genehmigungsbehörde. Handelt es sich um eine genehmigte Versammlungsstätte und werden die (besonderen) Betriebsvorschriften / Auflagen eingehalten, dann ist für Veranstaltungen keine behördliche (Einzel-) Genehmigung mehr erforderlich. D.h., bei Versammlungsstätten mit einer Kapazität von bis zu 5.000 Besucherplätzen hängt es von der Einschätzung des Betreibers ab und obliegt es seiner Verantwortung, ob für die konkrete Veranstaltung, z.B. ein Kongress mit 1.500 Teilnehmern in toto, ein spezielles Sicherheitskonzept erstellt wird oder nicht. Hält der Betreiber ein Sicherheitskonzept für nicht erforderlich, bleibt diese Entscheidung zunächst ungeprüft und unbeanstandet. Solange nichts passiert, ist das juristisch auch kein Problem. Wenn aber doch etwas passiert, z.B. ein Sachschaden oder ein Personenunfall, dann wird der Vorgang aus der Perspektive ex ante, von hinten, aufgerollt.
15. Unfallmedizinische Tagung des Landesverbandes Nordost der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), ECC – Estrel Convention Center, 2015
1. Fachtagung Orthopädie & Unfallchirurgie des Städtischen Klinikums Dresden-Neustadt, Tagungsstätte der Sächsischen Wirtschaft – TSW, Radebeul, 2017
Und aus Sicht des Staatsanwaltes bzw. des Gerichts können sich die Sachverhalte retrospektiv unter rechtlichen Gesichtspunkten (völlig) anders darstellen, als in der Situation, ad hoc und präventiv, in der Wahrnehmung des Betreibers. Dann wäre da noch die Frage, ob bezüglich des Sicherheitskonzeptes, der Veranstalter außen vor ist oder ob, eingedenk seiner Verantwortung, für ihn ebenfalls die Pflicht zum Erstellen eines (Teil-) Sicherheitskonzeptes für seinen Verantwortungsbereich besteht. Dies, wenn schon nicht auf Grundlage der MVStättVO dann doch z.B. aufgrund der ihm obliegenden Verkehrssicherungspflicht, resultierend aus § 823 (1) BGB wg. Schadensersatz oder aus Vertrag gemäß § 280 (1) BGB bzw. § 241 (1) BGB gegenüber den Teilnehmern bzw. Ausstellern / Sponsoren, von weitergehenden Gesetzen und Verordnungen hier einmal ganz abgesehen. Verkehrssicherungspflicht bedeutet:
„Derjenige, der eine Gefahrenquelle schafft oder unterhält, hat die Pflicht, die notwendigen und zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, um Schäden anderer zu verhindern“ (Wikipedia, Stichwort „Verkehrssicherungspflicht“, Definition, Aufruf 27.03.2019). I.d.S. ist auch ein Kongress eine Gefahrenquelle – egal wie groß oder klein. Diese spezielle Gefahrenquelle gäbe es nicht, wenn es den konkreten Kongress „xyz“ nicht gäbe. Also muss der Verantwortliche, der diese Gefahr schafft (der Locationbetreiber, der Veranstalter / PCO), die Personen, die sich der Gefahr aussetzen (z.B. Besucher / Teilnehmer, Mitarbeiter, Dienstleister), vor möglichen Schäden bewahren. Die Verkehrssicherungspflicht und die aus den Gefährdungen bzw. Risiken abgeleiteten präventiven Sicherheitsmaßnahmen ziehen sich wie ein roter Faden durch die gesamte Planung, Organisation und Durchführung einer jeden Veranstaltung – von NR. 05/2019
S C H W E R P U N KT T H E M A S I C H E R H E I T 2020
Fotos: comed
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11. Oberhausener Neujahrssymposium für Hebammen, Evangelisches Krankenhaus Oberhausen – EKO., Stadthalle Oberhausen, 2017
Anfang bis Ende. Die Überlegungen und Planungen zur Veranstaltungssicherheit in systematisierter und aggregierter Schriftform konkretisieren sich im Sicherheitskonzept. Dies unabhängig davon, ob der / die Verfasser das Dokument so nennen oder in welcher Form es verfasst und wie umfangreich es ist. Was kann man festhalten? Für jede (Art der) Veranstaltung, und damit auch für jeden Kongress, ob öffentlich oder privat, unabhängig von der (maximalen) Teilnehmer- / Besucherzahl, der konkreten Gefährdung bzw. dem Risiko sowie weiteren Faktoren, ist es in jedem Fall sinnvoll, ein Sicherheitskonzept zu erstellen. Was von der MVStättVO nicht zwingend gefordert wird, sondern als unbestimmter Rechtsbegriff im Vagen bleibt, ist aufgrund der rechtlichen Rahmenbedingungen (Verkehrssicherungspflicht, Verschulden, Haftung, ArbSchG, MuSchG, ArbStättV, BetrSichV, UVV u.a.) de facto Pflicht – wenn man nicht ein unkalkulierbares Risiko eingehen will. Daraus folgt für jeden Betreiber, Veranstalter, PCO, Veranstaltungsleiter: Das Sicherheitskonzept ist ein MUSS!
Q.E.D. Wer nach den bisherigen Ausführungen und Beispielen immer noch nicht von der Notwendigkeit eines Sicherheitskonzeptes (für jede Art von Veranstaltung) überzeugt ist, der sei an die Vorgänge bei Rock am Ring 2016 erinnert. Bei dem Musikfestival mit rund 90.000 Besuchern am Flugplatz Mendig in der Osteifel waren am 3. Juni 2016 bei einem Unwetter 71 Menschen verletzt worden. Das entscheidende Argument PRO Sicherheitskonzept liefert die ermittelnde Staatsanwaltschaft. Die betreffende Pressemitteilung sei hier umfänglich zitiert.
32. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft der Notärzte in NordrheinWestfalen – AGNNW, Maternushaus, Köln 2016
Rock am Ring 2016: Keine Ermittlungen wg. Sicherheitskonzept u.a. Aufgrund einer anonymen Strafanzeige hat die Staatsanwaltschaft Koblenz geprüft, ob gegen die Veranstalter des Festivals „Rock am Ring“ oder Verantwortliche der zuständigen Genehmigungsbehörde Ermittlungen wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung aufzunehmen sind. Dies ist nach den hier bisher bekannten Umständen nicht der Fall. Die Auswertung der zur Verfügung stehenden Unterlagen einschließlich des Sicherheitskonzepts und des „Alarmplans Unwetter“ hat keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für das Vorliegen strafbarer Handlungen ergeben. Es bestehen weder Anhaltspunkte dafür, dass das Sicherheitskonzept unzulänglich gewesen ist noch die Verantwortlichen die danach erforderlichen Maßnahmen bei dem am ersten Festivaltag eingetretenen Unwetter nicht eingehalten oder die Warnungen des Deutschen Wetterdienstes nicht ausreichend beachtet haben. Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang, dass Veranstaltungsbesucher im Fall einer Warnung vor einem drohenden Unwetter auch selbst eine Verantwortung dafür tragen, sich drohenden Gefahren zu entziehen, soweit dies nach den Umständen der Veranstaltung möglich ist. Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte liegen
keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Veranstalter oder der Genehmigungsbehörde Sorgfaltspflichtverletzungen zur Last zu legen sind, die den Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung erfüllen. gez. Harald Kruse, Leitender Oberstaatsanwalt (27.09.2016, Staatsanwaltschaft Koblenz) Quelle Staatsanwaltschaft Koblenz, Originaldokument nicht mehr verfügbar Was folgt daraus? Die angemessene (Sicherheits-) Maßnahmen und deren Verschriftlichung im Sicherheitskonzept haben dem Veranstalter bzw. den Verantwortlichen „den Kopf gerettet“. Und darum geht es – nicht nur, aber eben auch. Damit ist alles gesagt! Mit dem uneingeschränkten Plädoyer für ein Sicherheitskonzept bei jeder „Art von Veranstaltung“ sind entscheidende Fragen noch nicht beantwortet. Mit dem Credo ist noch nichts darüber gesagt, was in einem Sicherheitskonzept stehen soll, welche Mindestanforderungen erfüllt sein müssen, welche Sicherheitsmaßnahmen sinnvoll sind. Und welche Mindestanforderungen bzw. (Berufs-) Qualifikationen muss jemand nachweisen können, der Sicherheitskonzepte erstellen darf? So umfangreich die Literatur zum Thema ist, so verschieden sind die Darlegungen der Behörden, Experten und Fachgremien in der Sache. Sicherheitskonzepte, die die aktuelle „Regel der Technik“ abbilden, sind ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu mehr Veranstaltungssicherheit 2020 und die weitere Zukunft.
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DER ALDI - EFFEKT Ist Sicherheit im Jahr 2020 auch noch so preiswert darzustellen wie ein Sonderangebot im Supermarktregal? Und war sie das jemals? Was sind wir alle bereit, dafür zu tun?
Von Michael Kellenbenz Foto: Fasci / envato
„Ist doch all die Jahre gutgegangen. Oder?“ Mein Gegenüber bemerkt den eigenen Zweifel noch vor dem Ende des Satzes selbst. Ja, „gutgegangen“, natürlich. Nur: Ist Sicherheit im Jahr 2020 auch noch so preiswert darzustellen wie ein Sonderangebot im Supermarktregal? Und war sie das jemals? Was sind wir alle bereit, dafür zu tun? Wie hoch ist der Preis für einen Fair Trade-Handel, der die Balance hält zwischen Angemessenheit, Wirkung und Sinnhaftigkeit von Sicherheitsmaßnahmen? Die Meinungen dazu sind vielfältig und bunt im besten Fall, an anderer Stelle vielleicht verkrustet. Akteure allerorten von der Behörde über die Dienstleister bis zum Veranstaltungsleiter. Dazu gesellen sich die verschiedensten Veranstaltungseigenschaften und Rahmenbedingungen wie Sand im Meer der Wellenbrecher. Und welche Erwartungen oder Bedürfnisse bringen eigentlich unsere Besucher mit in diesem Dschungelcamp aus Befindlichkeiten. Die Agenda „Sicherheit 2020“ hat es in sich. Recht eindrucksvoll abzubilden sind einige dieser Fragen im Rahmen einer ehemals Semi-Professionellen Messeveranstaltung des Allgemeinen Deutschen Fahrrad Club (ADFC) in Hamburg. Ehemals, weil diese Fahrradwerkschau sich über fast dreißig Jahre hinweg in der Stadt entwickelt hat von einem Treffen interessierter Zweirad-Nerds zu einem ausgewachsenen Event mit inzwischen 4.000 Besuchern jährlich. In einer Mehrzweckhalle, deren Betreiber in den Neunzigern schon am selben Ort mit Michael Jackson Basketbälle warf. Lange her ist das, die Zeiten ändern sich. Organisiert wird diese Messe von einem Pfund aus über 150 ehrenamtlichen ADFC-Aktiven. Hier haben wir es also mit einer Gemengelage zu tun, in der ideelle Vereinsstrukturen Gewicht haben, in der sogar der verkehrspolitische Sicherheitsaspekt beim Radfahren sehr viel mehr Raum einnimmt als das eigene Gefühl dafür,
was einer solchen Veranstaltung eigentlich drohen kann. „Wer soll uns denn was Böses anhaben wollen?“, fragt der mich ehrenamtliche Helfer und natürlich möchte man es ihm nicht verübeln. Jetzt anhand einer präzisen, wissenschaftlichen Risikoanalyse antworten oder mit ausreichend verständnisvoller Empathie, dass seine gefühlte Komfortzone subjektiv in diesem Augenblick viel stärker von uns bedroht wird als von einer vergleichsweise unsichtbaren Gefahr? Wo also liegt die Mitte zwischen dem nur wenige Kilometer entfernten Flughafen, der Brandlast am nicht-zertifizierten Dekorationsmaterial des Messeakteurs, der Notwendigkeit eines spezifizierten eigenen Sicherheitskonzeptes für diese spezielle Veranstaltung und auch manchmal dem latenten eigenen Gefühl, eine Gefahr heraufzubeschwören, die so unwahrscheinlich ist wie ein Sechser im Lotto? Die Antwort lautet: Im Netzwerk und doppelten Boden. Garniert auf einem nicht zu voll gefüllten Teller aus notwendigen Zutaten in unauffälligem Dressing. Die Rezeptur dazu sind Analyse, Wissen, Expertise, das richtige Gefühl für die Veranstaltung und ihre Akteure sowie eine kontinuierliche Zusammenführung der verantwortlichen Dienstleister, Experten und Gewerke in Kooperation und Kommunikation. Den Essenzen und goldenen Mitten aus diesem sich verstetigenden Prozess, der natürlich auch nach der kommenden Messe unaufhaltsam weiterläuft, lässt sich auch eine gut verständliche Kommunikationsstrategie gegenüber ehrenamtlichen ADFC-Vereinsaktiven und Besuchern ableiten. Wir müssen keine Prozesse vor Gerichten vermeiden. Aber wir können gemeinsam ganzheitlich und sogar im nachhaltigen Fair Trade-Modus von Expertisen dafür sorgen und wollen, dass es gar nicht erst dazu kommt. Preiswert ist das allerdings ganz sicher nicht. NR. 05/2019
I N T E RV I E W
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IM INTERVIEW: MICHAEL KELLENBENZ Gründer und Geschäftsführer der FahrradGarderobe in Hamburg, seit einigen Jahren mit Sicherheitsaufgaben bei Veranstaltungen betreut Welche Herausforderungen siehst du in der Branche und in deinem Alltag, was würdest du sagen, wieviel Theorie steckt in der Praxis? Die größte Herausforderung sehe ich darin, alle wertvollen wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den vergangenen Jahrzehnten Veranstaltungswesen gemeinsam mit allen beteiligten Akteuren so zu filtern und mit der Realität auf dem Veranstaltungsgelände abzugleichen, dass am Ende des Tages ein ausbalanciertes Ergebnis steht. Wieviel Transparenz muss eine effiziente Besucherreglementierung enthalten und wieviel hält sie maximal aus, ohne ihre Wirksamkeit zu verlieren? Wie kann ich unseren Besuchern das Leben erleichtern ohne dass sie das Gefühl bekommen, selbst die Eigenverantwortung abzugeben? Damit ginge ja unter Umständen eine wertvolle Ressource verloren. Theorie und Praxis sind ein unzertrennliches Pärchen. Manchmal aber stehen sie sich wie in einem Boxring gegenüber.
Aufgrund einer im Flugfeld gesichteten Drohne musste ein Startund Landeverbot am Flughafen London-Gatwick über mehrere Tage durchgesetzt werden.
Fehlerkultur ist ein schwieriges Thema, häufig werden keine Lehren aus Fehlern gezogen. Hast du das Gefühl, dass das besser wird und wir dahingehend auf einem guten Weg sind? Wenn ich mich auf den Fortbildungen der vergangenen Monate und in „meinen“ Festivalcrews aufmerksam umhöre, scheint es ein vergleichsweise einfaches Unterfangen zu sein, optimistisch an die Zukunftsfähigkeit von Veranstaltungen und die Kooperationsfähigkeit zwischen den verschiedenen Akteuren, Bedürfnissen und Organisationen der Branche zu glauben. Selbst wenn diese subjektive Wahrnehmung vielleicht auch der Ursache entspringt, es einfach mit einer Blase von aufgeschlossenen Kollegen und Kolleginnen zu tun zu haben, die Fehlerkultur als unentbehrlich verstanden haben. Sie verstehen es aber ganz vortrefflich, ihr auch über den Umweg „Fehlermeldung“ angeeignetes Wissen auszuwerten und daraus die richtigen Rückschlüsse zu ziehen. In kontinuierlichen
(IDN) Tsunami trifft Konzert der Popband „Seventeen“ Während des Auftritts der Band in einem StrandResort, traf der Tsunami die Bühne rückseitig und spülte die Band ins Publikum. 14 Personen (zwei Bandmitglieder und 12 Besucher) kamen ums Leben.
Ausschreitungen bei AfD-Kundgebung – Polizist verletzt Während einer Kundgebung der AfD im Foyer des Kölner Rautenstrauch-Joest Museum, kam es zu Handgreiflichkeiten zwischen Besuchern und Aktivisten. Die Polizei beendete die Veranstaltung, erstellte 40 Anzeigen wegen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz und Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte.
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(UK) Störaktion durch Drohnen am Flughafen London-Gatwick
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WAS BISHER GESCHAH 2018 / 2019
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An welchem Projekt arbeitest du gerade und wie bist du zur Veranstaltungsbranche gekommen? Das Hamburger Jugendfahrradfestival des ADFC im August 2019, die jährliche „Rad+Reise“-Messe mit 3.000 Besuchern sowie die FahrradGarderobe als mobile Fahrradparkplatzlösung für tausende Fahrräder jährlich auf Großveranstaltungen haben ganzjährig meine volle Aufmerksamkeit in Leitung, Organisation, Ausgestaltung, Beratung und Weiterentwicklung. Darüber hinaus lasse ich mich auch gerne mal ins Team fallen und für Sitecrews buchen, wie aktuell beispielsweise beim MS Dockville- oder Müssen alle mit-Festival. Meinen Zugang zur Veranstaltungsbranche fand ich bereits in den Achtzigern auf selbstorganisierten Schulfesten in Sporthallen und weiteren ziemlich wilden Veranstaltungen mit viel zu vielen Menschen auf viel zu wenig Fläche an viel zu ungeeigneten Orten.
(KAZ) Feuerwerk auf IndoorSchulaufführung gezündet Während einer Schulaufführung wurde in einer Schule in Kasachstan Feuerwerk in einem geschlossenen Raum gezündet. Einige der Kinder und Besucher wurden leicht verletzt.
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oder anderen Impuls wahrnehme, der für meine berufliche Praxis wichtig sein kann. Aber die private Abgrenzung funktioniert insgesamt schon sehr gut. Sicherheit 2020 bedeutet für mich, dass wir 2030 rückblickend in jeder Hinsicht weniger Schadensfälle verzeichnet haben werden.
Foto: Michael Kellenbenz
Was ist die größte Motivation/ Inspiration in deinem Arbeitsalltag? Gestalten für und Mitgestalten. Und zwar auf Augenhöhe. Nichts und niemand ist so unberechenbar wie der Mensch selbst. Und wir haben es gleich mit so vielen davon zu tun. Als Besucher aber auch als Kollegen und Kolleginnen. Hey, von welcher Herausforderung sprechen wir also? Ich will etwas bewegen. Und wenn es zur Not auch mal „nur“ die hässlichen Crash Barrier am richtigen Platz im Matsch oder Staub sind. mitwirken zu können. Dabei darf es auch mal erlaubt sein, gute Ideen abgestimmt und entsprechend skaliert zu kopieren. Wenn die eigenen Ideen von Kollegen und Kolleginnen wertschätzend übernommen werden, ist das ja auch grundsätzlich mal eine schöne Auszeichnung. Hand aufs Herz, gehst du privat auch auf Veranstaltungen? Aber mit Sicherheit. Und ich würde lügen, wenn ich dort nicht auch mal den einen
(RU) Fußgängerbrücke eingestürzt Um Mitternacht stürzte im russischen Gorki Park (Moskau) eine Fußgängerbrücke ein. Auf der Brücke befanden sich viele Menschen, die das Feuerwerk beobachteten. Mindestens 13 Personen wurden verletzt.
Reizgas auf Silvesterparty versprüht
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Auf einer Kirmes im französischem Rennes steckten acht Besucher über einen Zeitraum von neun Stunden in ca. 50 Meter Höhe fest. Das Fahrgeschäft blieb aufgrund eines technischen Defektes stehen. Die Fahrgäste wurden mit einem Hubschrauber geborgen. Verletzt wurde niemand.
31.12 .
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(FRA) Fahrgeschäft mit acht Personen steckt neun Stunden fest
(NL) Freudenfeuer in Den Haag außer Kontrolle geraten Durch ein sogenanntes Freudenfeuer zur Silvesternacht aus 48 Meter hoch gestapeltem Holz und starken Winden kam es zu starkem Funkenflug. Umliegende Bereiche fingen dadurch ebenfalls Feuer. Die Feuerwehr war bis in die frühen Morgenstunden mit den Löscharbeiten beschäftigt.
In einer Disco in Saarbrücken versprühte ein Unbekannter gegen 05.00 Uhr morgens Reizgas. Die Gäste flüchteten ins Freie, mehrere Personen wurden leicht verletzt.
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Design-Thinking-Prozessen lassen sich eben doch die wertvollsten Ergebnisse finden. Und noch viel besser: Die meisten von ihnen können es sogar prima weitervermitteln. Auf was bist du stolz oder worüber freust du dich beruflich am meisten? Das ist einfach: Darüber, auf verschiedenen Handlungsebenen die Zukunftsfähigkeit unserer schönen Branche mitgestalten, mitentscheiden und kleinzellig in ihnen
Welchen Tipp würdest du einem Berufseinsteiger mit auf den Weg geben? Hinge da nicht immer ein Rattenschwanz von Kettenreaktionen dran: „Begehe und erlebe Fehler“. Als goldene Regel natürlich unbrauchbar, gefährlich und absurd. Dass Menschen Fehler begehen, ist ja aber nicht von der Hand zu weisen oder zu vermeiden. Also muss der Tipp wohl lauten: „Erkenne Fehler und schöpfe Wert daraus“. Wahnsinn, das ist doch eigentlich ganz einfach, oder?
(POL) Fünf Jugendliche sterben bei Brand in „Escape-Room“ Ersten Erkenntnissen nach hatte sich aus einem Heizgerät ausgetretenes Gas entzündet. Das Feuer versperrte den Jugendlichen den Ausgang. Auch ein Mitarbeiter wurde verletzt. NR. 05/2019
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L I T E RAT U R
LITERATURTIPPS Immer wieder werden wir gefragt, ob wir Literaturtipps haben – ob nun ganz allgemein zum Einlesen oder zu einem speziellen Thema. In den meisten Fällen können wir behilflich sein und so möchten wir hier auch einige der unserer Meinung nach interessanten, wichtigen oder wegweisenden Dokumente vorstellen. Wir haben dabei bewusst auf eine nähere Beschreibung verzichtet und möchten so motivieren, „einfach mal reinzuschauen“, vielleicht auch mal Texte zu lesen, die man vielleicht sonst nicht gelesen hätte und anhand der Literaturhinweise in den Texten einfach mal weiterzustöbern. Und so folgen die Texte auch keinem inhaltlichen Ordnungskriterium (themenbezogene Literaturtipps gibt es in den nächsten Ausgaben)– auch hier gilt es: einfach mal reinlesen!
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(USA) Verletzte bei Evakuierung aus Theater
Während des Messebetriebs der „Boot“ in Düsseldorf explodierte ein ausgestellter Tauchcomputer. Fliegende Teile des Gerätes fügten einer Person Schnittwunden zu. Weitere Besucher erlitten ein Knalltrauma. Im Computer war eine nicht wiederaufladbare 3,6V Batterie eingelegt, der Tauchcomputer jedoch auf einen wiederaufladbaren Batterie-Typ eingestellt. Durch die versuchte Aufladung über mehrere Stunden kam es zur Explosion der Batterie.
(IR) Jugendliche sterben bei Gedränge in Diskothek Drei Jugendliche sind im Gedränge vor einer irischen Diskothek am St. Patricks Day gefallen und zu Tode gekommen. Eine größere Gruppe hat von außen versucht, in die bereits ausgelastete Diskothek zu kommen.
Bochum hat erste Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit in NRW Die 46 Polizistinnen und Polizisten dieser neuen Einheit der Bereitschaftspolizei sind speziell dafür geschult, Beweise zu sichern und Straftäter festzunehmen. So sollen sie künftig zum Beispiel bei gewalttätigen Demonstrationen und Ausschreitungen bei Fußballspielen zum Einsatz kommen.
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Beim Aufbau für eine Hochzeit fiel ein Mitarbeiter durch die Zwischendecke und wurde beim Aufprall von der spitzen Lehne eines Stuhls aufgespießt. Er erlitt lebensgefährliche Verletzungen am Oberschenkel.
Die Band „The Vaccines“ musste einen Auftritt vor 2.000 Besuchern in Blackburn während der Show abbrechen. Grund dafür war ein defekter Wellenbrecher.
Das Verfahren gegen sechs städtische Mitarbeiter der Stadt Duisburg und den Kreativdirektor der Lopaevent GmbH wurde eingestellt. Gegen drei Mitarbeiter der Eventfirma wird weiter verhandelt, da diese die Einstellung gegen Geldauflage nicht akzeptiert haben.
Während einer Vorstellung in einem Theater in San Franciso wurde das Theater aufgrund einer Herzattacke eines Gastes evakuiert. Die Zuschauer wussten davon nichts und dachten, das Theater würde aufgrund eines bewaffneten Schützen evakuiert. In der Folge wurden drei Personen verletzt.
18-jähriger von Stuhl aufgespießt
Loveparadeprozess gegen 7 Angeklagte eingestellt
(UK) Konzert wegen defektem Wellenbrecher abgebrochen
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WAS BISHER GESCHAH 2019
Zwölf Personen nach Explosion eines Tauchcomputers auf Messe verletzt
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Aufregung nach verdächtigen Geräuschen Explosionsartige Geräusche haben Besucher im Freizeitpark Disneyland in Paris in Aufruhr versetzt, diese führte zu mehreren Leichtverletzten. Die Geräusche kamen von einer defekten Rolltreppe oder einem defekten Förderband.
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L E A R N I N G F RO M D I S A S T E R S
LEARNING FROM DISASTERS – AUS UNGLÜCKEN LERNEN Von Ralf Zimme und Katharina Jörger
Unglücke geschehen; manche mit nur geringen Folgen (Glück gehabt), manche mit deutlichen Konsequenzen, andere enden in einer Katastrophe. Im letzteren Fall haben oftmals Sicherheitsvorkehrungen versagt oder waren nie implementiert. Welche Gründe auch immer für den glimpflichen oder den katastrophalen Ausgang gesorgt haben: wir müssen die Chance nutzen, daraus zu lernen. Was ist (wirklich) geschehen? Wie waren die zeitlichen Zusammenhänge, wer war beteiligt, welche Handlungen und Maßnahmen wurden veranlasst? Was waren die primären, offensichtlichen Gründe und was waren die vielleicht versteckten oder systemischen Fehler, die zum Versagen geführt haben? Die Beantwortung dieser Fragen erlaubt es uns, zukünftig Wiederholungen dieser Fehler zu vermeiden und weitere Opfer zu verhindern. In dieser kleinen Reihe, in der es explizit nicht um die von uns ohnehin nicht zu beantwortende Schuldfrage geht, möchten wir verschiedene Unglücke, große und kleine, beleuchten und aufzeigen, welche Lektionen wir daraus gelernt haben bzw. hätten lernen können, um zukünftig Veranstaltungen noch sicherer zu gestalten. Wir beginnen mit einem Unglück, von dem sicherlich jede/-r schon einmal gehört hat: dem
Fehlentscheidungen zur Überfüllung einer Stehplatztribüne mit fatalen Folgen geführt hat. Das Hillsborough Stadion bildete für die beiden Mannschaften einen neutralen Grund und die strikte Fantrennung war eine der Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Aus diesem Grund wurden die Nottingham-Fans zum Süden, die Liverpool-Fans über die Leppings Lane zur West- und Nordtribüne geleitet. Für die auf der Westtribüne befindlichen 10.000 Stehplätze standen dort sieben Drehkreuze zur Verfügung. [1] Für den Anpfiff um 15:00 Uhr begann die Anreise der Fans bereits gegen Mittag, die sich ab diesem Zeitpunkt bereits auf die umliegenden Pubs verteilt hatten.
HILLSBOROUGH STADIUM DISA STER
Aufgrund der den Drehkreuzen 1989 zugrunde liegenden angenommenen Kapazitäten von 750 Personen / h ergab sich allerdings ein rechnerischer Wert von 12,5 Personen / min. Hieraus wiederum resultiert eine Prozesszeit von lediglich 4,8sek / Person und eine theoretische Gesamteinlasszeit von ca. 114min für alle 10.000 Besucher. Diese Plangrundlage ist bereits knapp kalkuliert. Störungen oder Abweichungen vom Normalbetrieb können nur noch schwer
Das Unglück Am 15.4.1989 kommt es in Sheffield zum größten Unglück der britischen Sportgeschichte. Beim FA-CUP-Halbfinale zwischen dem FC Liverpool und Nottingham Forrest sterben 96 Fußballfans und mehr als 700 Menschen werden verletzt, als eine Verkettung von Umständen und 1
Wären zu diesem Zeitpunkt ( 12:00 Uhr) die Tore bereits geöffnet gewesen, hätte sich folgende Drehkreuzkalkulation ergeben: 10.000 Personen / 180min (Einlass 12:00 Uhr – 15:00 Uhr) / 7 Drehkreuze = 7,93 Personen / min / Drehkreuz. Hieraus hätte sich eine moderate Prozesszeit für Personen-, Taschen- und Ticketkontrolle von durchschnittlich 7,5 Sekunden pro Person ergeben.
What happened at Hillsborough? BBC News, www.bbc.com/news/uk-19545126
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kompensiert werden und resultieren direkt in Verzögerungen, bzw. verspäteten Zugängen. Um 12:00 Uhr waren die Türen aber noch nicht geöffnet und selbst zwei Stunden später gegen 14:00 Uhr hatten aus unterschiedlichen Gründen (Baustellen auf den Zuwegungen etc.) erst ca. 2.140 Personen die Drehkreuze passiert. [2] Unter diesen Umständen hatte sich die Kalkulation der verbleibenden Zugangskapazitäten bereits grundlegend verändert: Aktualisierte Drehkreuzkalkulation 14:00 Uhr 7.860 Personen / 60min (Rest-Einlass 14:00 Uhr – 15:00 Uhr) / 7 Drehkreuze = 18,7 Personen / min / Drehkreuz. Dies ergibt eine nur noch sehr geringe Prozesszeit pro Person von durchschnittlich 3,2 Sekunden. Die zugrundeliegende, rechnerische Kapazität von 12,5 P / min / Drehkreuz war bereits um 50% überschritten. Ab 14:15 Uhr bis ca. 14:30 Uhr nahm die Anzahl der vor den Eingängen wartenden Personen deutlich zu. Die Fans, die sich bereits im Stadion befanden, hatten den direkten Weg in die zentralen Bereiche 3 und 4 der Tribüne eingeschlagen. Zum obigen Zeitpunkt wurden sie aufgefordert, auf der Terrasse weiter nach unten vorzurücken, bzw. auf die links und rechts befindlichen Tribünenbereiche auszuweichen. Die angrenzenden, noch freien Tribünenbereiche wurden allerdings durch hohe Zäune vom zentralen Bereich getrennt und das Überwechseln in die freien Bereiche war lediglich über jeweils einen sehr schmalen Zugang im oberen Teil der Tribüne möglich und mit zunehmendem Befüllungsgrad immer schwieriger zu finden bzw. zu erreichen. [3]
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Ebenfalls zu diesem Zeitpunkt diskutierte Chief Superintendent Duckenfield, der Polizeiführer des Spiels, mit einem Kollegen darüber, den Anpfiff zu verschieben, um allen noch Wartenden ausreichend Zeit zu geben, ins Stadion zu gelangen. Man entschied sich dagegen. Um 14:45 Uhr waren von den erwarteten 10.000 Fans auf der Stehplatztribüne erst 5.530 Personen durch die Drehkreuze gelangt. [4]
Abb. 1: Position der Übergänge zwischen den Sektoren
Aktualisierte Drehkreuzkalkulation 14:45 Uhr 4.470 Personen / 15min (Rest-Einlass 14:45 Uhr – 15:00 Uhr) / 7 Drehkreuze = 42,5 Personen / min / Drehkreuz. Prozesszeit pro Person von durchschnittlich 1,4 Sekunden. Die rechnerische Kapazität von 12,5 Personen / min / Drehkreuz war zu diesem Zeitpunkt um 340% überschritten. Eine durchschnittliche Prozesszeit von nur 1,4 Sekunden pro Person bedeutet einen mehr oder weniger ständigen, ungehinderten Zustrom durch die Drehkreuze und ist technisch und operativ nahezu unmöglich. Dieser Umstand zeigte sich dementsprechend auch vor den Einlässen, wo sich die wartenden Besucher mittlerweile entlang des seitlich der Drehkreuze befindlichen Ausgangs Tor C ausgebreitet hatten. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich mehrere tausend Personen im Flaschenhals der Leppings Lane und versuchten ins Stadion zu gelangen. Gleichzeitig waren die zentralen Tribünenbereiche 3 und 4 ebenfalls komplett befüllt. [5] Um den Druck auf die Drehkreuze zu verringern, entschied Polizeiführer Duckenfield das Ausgangstor C zu öffnen – mit dem Ergebnis, dass bis zu 2.000 Besucher in das Stadion und direkt in die bereits gefüllten Bereiche 3 und 4 strömten.[6] Ebenfalls in dieser Zeit betreten auch die Mannschaften das Spielfeld und die sich bereits auf der Tribüne befindenden Fans drängen noch weiter nach vorne. Das Spiel wurde um 14:59 Uhr angepfiffen. Zu dieser Zeit erreichen laut BBC Bericht die Personendichten in den Sektoren 3 und 4 bereits gefährlich kritische Größen.
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Abbildung 2: gebrochener Wellenbrecher
Durch den hohen dynamischen Druck (Jubel, Drängen nach vorne) brach in Sektor 3 ein Wellenbrecher, Besucher stürzten unter dem Druck der hinter ihnen Stehenden nach vorne („crowd collapse“). Fans versuchten in Folge, gefallene Personen zurück in den Oberrang zu ziehen während andere begannen, die Zäune zu erklettern, um auf das Spielfeld zu gelangen. Angesichts der dramatischen Szenen wurde auch den Spielverantwortlichen klar, wie dramatisch die Situation war: um 15:06 Uhr wurde das Spiel unterbrochen. Um 15:14 Uhr erreicht der erste Rettungswagen das Spielfeld[7], insgesamt starben bei diesem Unglück 96 Personen, fast 1.000 Menschen wurden verletzt. Im Rahmen der nachfolgenden juristischen Untersuchung der Ereignisse wurde – insbesondere durch manipulierte Aussagen – das Unglück als Unfall eigestuft und die Verantwortung für die Öffnung des Tor C und den daraus resultierenden Geschehnissen den Fans zugeschrieben.
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Nach einer erneuten Untersuchung durch eine unabhängige Kommission 2012 und einem neu aufgerollten Gerichtsverfahren ist heute klar, dass die Fans keine Schuld an dem Unglück traf.
“The benefit of hindsight“ oder: Hinterher ist man immer schlauer. Im Nachhinein lässt sich vieles natürlicher objektiver betrachten als unmittelbar in einer Situation, in der man Entscheidungen in den meisten Fällen unter Druck treffen muss. Dies ist auch der Grund, warum „Schuldfragen“ an dieser Stelle hinfällig sind – was nicht bedeutet, nicht genau darauf zu schauen, was zu dem Unglück geführt hat. Das Besondere an diesem Ereignis ist (leider), dass es zwei Untersuchungen gegeben hat, die erste in Form des Lord Justice Taylor Reports[8] und eine zweite, nach der Sperrfrist der Polizeidokumente erneut aufgenommene, das Hillsborough Independent Panel. Letztere konnte aufzeigen, unter welch falschen Voraussetzungen die erste Untersuchung geführt wurde und dass nicht
What happened at Hillsborough? BBC News, www.bbc.com/news/uk-19545126 What happened at Hillsborough? BBC News, www.bbc.com/news/uk-19545126 8 www.epcresilience.com/EPC/media/MediaLibrary/Knowledge%20Hub%20Documents/F%20Inquiry%20Reports/Hillsborough-Taylor-Report.pdf?ext=.pdf 6 7
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L E A R N I N G F RO M D I S A S T E R S die Fans Grund und Ursache des Unglücks waren, sondern dass die Sicherheit der Fans auf allen Ebenen eingeschränkt war („compromised at every level“). So zeigte der 2012 veröffentlichte Report deutlich auf, dass es in der Planungsphase keine oder nur unzureichende gemeinsame Vorbereitungen des Spiels durch die Polizei, den Stadionbetreiber und die Fußballliga gab. Die Auswahl des Polizeiführers, der keine Erfahrung auf dieser Position hatte, war genauso fragwürdig wie die Auswahl des Spielortes selbst, hatte es doch bereits bei frühere Spielen Probleme in genau diesem Bereich gegeben. [9] Eine einfache Einlasskalkulation vor der Veranstaltung hätte aufgezeigt, dass die für 10.000 Personen benötigte Zeit bei 114 Minuten lag (7 zur Verfügung stehenden Drehkreuze, bei einer 1989 noch hoch angesetzten Leistungsfähigkeit der Drehkreuze von 750 Personen pro Stunde). D.h., dass ab spätestens 13:06 Uhr ein permanenter Zustrom von 12,5 Personen pro Minute pro Drehkreuz (= 750 / h) notwendig gewesen wäre, um die Ticketinhaber für die Stehtribüne pünktlich zum Anpfiff ins Stadion zu bringen. Die Drehkreuzzahlen sprachen aber eine andere Sprache und hätten leicht interpretiert werden können – was aber nicht geschehen ist. Ein kontinuierliches Monitoring bzw. die ständige Evaluation der tatsächlichen Durchflusskapazitäten fand nicht statt. Zu diesem Zeitpunkt waren aber die Weichen für ein Unglück bereits gestellt. Die Personendichten der noch vor den Toren befindlichen Fußballfans waren so hoch, dass nur noch unter Zeitdruck reagiert werden konnte – genau das, was John F. Fruin 1993 als „ungeplante Crowd Control“ Maßnahme [10] beschrieben hat. Der Zeitdruck in Verbindung mit fehlender Erfahrung und fehlenden Absprachen führte dazu, dass die Konsequenzen der dann getroffenen Entscheidung nicht bedacht und notwendige begleitende Maßnahmen nicht implementiert wurden. Mit der Öffnung des Ausgangstors C strömten – als Maßnahme, um den Druck vor der Tür zu entlasten - innerhalb kürzester Zeit 2.000 Personen auf das Stadiongelände. Da diese Maßnahme aber nicht geplant war, wurden die Fans nicht zu den richtigen Zugängen geleitet, sondern nahmen den dem Tor direkt gegenüberliegenden Weg zum Tunnel in die Sektoren 3 und 4 – ohne zu wissen, dass diese
Bereiche bereits kritisch gefüllt waren. Auch hier wurde der Fehler noch nicht erkannt und führte in Verbindung mit mangelnder Kommunikation dazu, dass das Spiel trotz der sich bereits anbahnenden Katastrophe angepfiffen wurde – und sich die durch die Begeisterung getragene Dynamik ihren Weg brach. Die Untersuchung offenbarte zusätzlich Lücken und Missstände in der Abwicklung des Notfalls. So habe es keine Sichtung der Verletzten und Verstorbenen gegeben, Material zum Transport der Verletzten sei zu wenig vorgehalten und die Koordination des Notfalls sowie die Beurteilung als Massenanfall von Verletzten sei zu spät getroffen worden. Auch wenn der erste Report auf maßgeblich falschen Aussagen und Annahmen basierte und damit wesentliche Notwendigkeiten übersah, hatte dieser doch zahlreiche Auswirkungen auf das Thema der Stadionsicherheit in den folgenden Jahren. Der Lord Justice Taylor Report entwickelte 78 Maßnahmen, die in Zukunft Unglücke wie diese verhindern sollten. Die entwickelten Verbesserungsvorschläge beinhalten dabei bauliche und organisatorische Aspekte und richteten sich an die privaten sowie die behördlichen Verantwortlichen für die Sicherheit von Stadien. Nicht alle Vorschläge wurden in Gänze umgesetzt, dennoch haben sich hieraus in direkter Folge zahlreiche Veränderungen ergeben. Beispielsweise wurde die rechnerische Kapazität von Drehkreuzen von 750 auf 660 Personen pro Stunde reduziert. Weitere Änderungen waren die Reduktion der überhaupt zulässigen Personendichten, der komplette Wegfall von Stehplatzbereichen und Zäunen, sowie die Einrichtung von Ausgängen auf das Spielfeld, die zur Druckentlastung in Notfallsituationen dienen sollen. Aber auch organisatorisch wurden Neuerungen umgesetzt. So wurden behördliche Advisory Design Councils eingerichtet, die es den Betreibern von Stadien und anderen Versammlungsstätten ermöglichten, professionellen Rat zum Bau und zur Ausgestaltung von Besucheranlagen einzuholen. Darüber hinaus wurden Prüfinstanzen eingerichtet, Prozedere zur Benennung der Verantwortlichkeiten festgelegt und Crowd Spotters eingeführt, die in kapazitätssensiblen Bereichen den Überblick halten, Einschätzungen abgeben und den Verantwortlichen direkt berichten sollen. [11]
FA ZIT Die persönliche Schuldfrage von Unglücken zu klären und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen ist für Angehörige, Betroffene und den Staat ein wichtiger Schritt zur Aufarbeitung eines Unglücks. Für die Veranstaltungswelt und die mit der Sicherheit von Veranstaltungen befassten Personen ist aber eine professionelle Betrachtung der Ereignisse wichtiger. Dabei geht es deutlich weniger um die persönliche Schuld, sondern um die Umstände, die Rahmenbedingungen und Voraussetzungen, die handelnden Personen und deren Entscheidungen, die einem Unglück vorausgegangen sind. Aus dem Unglück von Hillsborough lassen sich zusammengefasst folgende Aspekte lernen:
4 Einfach Mathematik führt zu wichtigem
Erkenntnisgewinn Die Kenntnis und Berechnung von Durchlasskapazitäten, das Verständnis für die Dauer einzelner Prozesse und die Übertragung dieser Werte auf das zur Verfügung gestellte bauliche und organisatorische System helfen Entwicklungen vorherzusehen und Situationen vor ihrer Eskalation zu vermeiden.
4 Standard Prozedere sind nur bei Stan-
dardveranstaltungen hilfreiche Größen Erfahrungen aus standardisierten Veranstaltungen sind wichtige Ressourcen bei der Planung von Veranstaltungen. Neben den Standardprozeduren müssen insbesondere die Abweichungen und ihre Auswirkungen auf den Normalbetrieb betrachtet und entsprechende Neuplanungen implementiert werden.
4 Kontinuierliche Beobachtung und Be-
wertung der Lage Veranstaltungen nehmen oft einen dynamischen Verlauf. Um Entwicklungen voraus zu sehen, ist es unumgänglich, einen kontinuierlichen Soll / Ist Vergleich anzustellen, die Implikationen von Abweichungen zu antizipieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.
4 Konsequenzen des Handelns bedenken Grundlage des modernen Sicherheitsmanagements ist zu verstehen, dass unserer Handlungen Konsequenzen nach sich ziehen. Maßnahmen und ganz besonders Notfallmaßnahmen müssen vor ihrer Umsetzung auf mögliche Konsequenzen für die Umgebung hin geprüft werden.
www.webcitation.org/6AhxlVdrj?url=http://www.metro.co.uk/sport/football/911825-david-bernstein-makes-unreserved-apology-for-hillsborough-disaster Fruin, John J (2002): The causes and prevention of crowd disasters. Originally presented at the First International Conference on Engineering for Crowd Safety, London. [11] www.epcresilience.com/EPC/media/MediaLibrary/Knowledge%20Hub%20Documents/F%20Inquiry%20Reports/Hillsborough-Taylor-Report.pdf?ext=.pdf [9]
[10]
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4 Interdisziplinäre Notfallprozedere
vorbereiten, Verantwortlichkeiten klären Die Sicherheit von Veranstaltungsbesuchern ist eine gemeinsame Aufgabe von privaten und behördlichen Akteuren. Hierbei muss vor der Veranstaltung unmissverständlich geklärt sein, wer welche Rolle und Aufgabe inne hat. Für die Abwicklung von Notfallszenarien muss geklärt sein, wer welche Entscheidungen trifft, wie sie umgesetzt werden und welche Konsequenzen diese Entscheidungen nach sich ziehen.
[12]
Weitere Links:
4 Pläne für den Umgang mit
Abweichungen vorhalten Auch (vermeintlich) gute Pläne können scheitern, Entwicklungen anders verlaufen, als im Vorfeld angenommen. Es gehört zu einer modernen Sicherheitsplanung, auch auf solche Abweichungen vorbereitet zu sein – den „Plan B“ in der Hinterhand zu haben. Fruin hat bereits 1993 darauf hingewiesen, dass „ungeplante Crowd Control Maßnahmen Unglücke eher forciert als verhindert haben“ [12] und die jüngere Vergangenheit hat gezeigt, wie sehr die Aussage immer noch gilt. Es ist kein Zeichen mangelnder Sicherheit, sich vorzubereiten!
www.faz.net/aktuell/sport/fussball/stadion-katastrophe-vor-28-jahren-gerechtigkeit-fuer-hillsborough-15142361.html www.sueddeutsche.de/panorama/hillsborough-prozess-einsatzleiter-1.4287287 www.bbc.com/news/uk-england-merseyside-46878778 www.independent.ie/world-news/europe/ britain/scene-of-horror-hillsborough-trialtold-of-crowd-crush-37724088.html Alle Quellen zuletzt abgerufen am 19.09.2019
Fruin, John J (2002): The causes and prevention of crowd disasters. Originally presented at the First International Conference on Engineering for Crowd Safety, London.
WAS BISHER GESCHAH 2019 Mann löst Panik in Ostermesse aus
Unfälle und Sabotagen am 1. Mai In Bayern wurden an unterschiedlichen Orten Maibäume angesägt. Bei einer Maibaum-Tour kippte das Traktorengespann um und verletzte zwei Personen schwer und 18 weitere leicht. Ein Mann wurde in Unterfranken von einem umfallenden Maibaum getroffen und verletzt.
Beim Aufstellen eines mehrere Meter hohen Maibaums verloren die ca. 24 Männer die Kontrolle über den Baum. Der Baum kippte in die Außenterrasse eines Cafés. Dabei wurden vier Personen leicht verletzt.
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Maibaum stürzt beim Aufstellen um
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Ein wohnungsloser Somalier hat in einer Ostermesse in der Münchner Paulskirche nicht zu verstehende Parolen ausgerufen und Steine geworfen – er löste dadurch bei den ca. 1.000 Besuchern Unruhe aus. Beim Versuch, die Kirche zu verlassen, kam es zu Verletzungen. 100 Polizeibeamten im Einsatz, einen Anhaltspunkt für eine geplante Tat gab es nicht.
Veranstalter verweigert Polizei dauerhaften Zugang zum Festivalgelände Die zuständige Polizei fordert Nachbesserung des Sicherheitskonzeptes zum Fusion Festival (ca. 70.000 Besucher), sie sieht erhebliche Mängel in der Einhaltung der bundesweiten Sicherheitsstandards. Außerdem wollen sie eine mobile Wache vor Ort und Zugang zum Gelände. Der Veranstalter möchte diesen Zugang nicht gewähren und sieht die mobile Wache nur außerhalb des Geländes. Die formalen Anforderungen an das Sicherheitskonzept möchte er erfüllen. Geeinigt wurde sich auf eine Polizeiwache vor dem Eingang des Geländes. Die Polizei wird das Festivalgelände nur anlassbezogen betreten.
Tanz in den Mai der Landjugend durch zwei Schläger beendet Die Landjugend Neuenkirchen feierte mit etwa 1.000 Gästen in einer Reithalle in den 1. Mai. Vor der Halle haben zwei Unbekannten grundlos auf insgesamt vier Besucher eingeschlagen und Autos beschädigt. Die Polizei veranlasste den Veranstalter das Fest abzubrechen. Im nächsten Jahr soll ein professioneller Sicherheitsdienst beauftragt werden. NR. 05/2019
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SICHERHEITSFORSCHUNG
ProVOD – PROFESSIONALISIERUNG DES VERANSTALTUNGSORDNUNGSDIENSTES – DAS AUSBILDUNGSSYSTEM Im Rahmen des Forschungsprojektes wurden in insgesamt 10 Pilotschulungen Ausbildungscurricula erarbeitet für Basiskräfte, Kräfte der mittleren Führungsebene und für Einsatzleiter im Veranstaltungsordnungsdienst. Von Sabine Funk
Im November endet das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Forschungsprojekt ProVOD – Professionalisierung des Veranstaltungsordnungsdienstes. Beginnend mit der Aufgabenstellung, sich mit der Lage der Veranstaltungsordnungsdienste im Sinne der Definition des BDSW (siehe Definition) zu befassen, wurde schon früh erkennbar, dass sowohl die grundsätzlich erkannten Herausforderungen als auch die Vorschläge zur Verbesserung auf nahezu alle bei Veranstaltungen arbeitenden Kräfte zutrifft – also sowohl auf die Ordner als auch auf die Sicherheitskräfte gemäß § 34a GewO. Die erstellten qualitativen und quantitativen Berichte zum IST-Stand der Teilbranche haben wenig Überraschendes zu Tage gebracht: hohe Fluktuation, Mindestlohnstrukturen, Minijobs prägen die Branche und machen langfristige und nachhaltige Entwicklungen zu einer Herausforderung (siehe hierzu auch MAGAZIN NR 03/2018, Seite 40ff.). Deutlich wurde auch die Tatsache, dass die Unterscheidung zwischen Sicherheitsund Ordnungsaufgaben in der Praxis nicht
[1]
ausreichend implementiert ist. Auswirkungen hat dies z.B. in Bezug auf Anforderungen der Behörden, die nicht selten klassische Ordnungsdienstpositionen als „34a Position“ bewerten oder auch im Hinblick auf die mediale Darstellung, in der Kräfte des Veranstaltungsordnungsdienstes z.B. als Wachmänner betitelt und so unter falschen Voraussetzungen beurteilt werden. Dies alles hat natürlich Auswirkungen auf die Frage der notwendigen Qualifizierungen – stellte sich hier doch schnell die Frage, inwieweit nicht nur Kräfte des Veranstaltungsordnungsdienstes, sondern eben auch die bereits gemäß § 34a GewO unterwiesenen Kräfte speziell für die Arbeit bei Veranstaltungen geschult werden müssen – eine Frage, die auch im Hinblick auf die bereits existente fußballspezifische QuaSOD Schulung 1 betrachtet werden musste. Diesen Fragestellungen folgend wurden eine Vielzahl von Pilotschulungen jeweils unter Einbeziehung der tatsächlichen Zielgruppen durchgeführt.
Das Arbeitspaket 3: Qualifizierung Von Anfang an war klar, dass die Qualifikation der Kräfte eines der zentralen
Stellschrauben im Hinblick auf die Professionalisierung sein würde. Im Rahmen der durchgeführten Interviews unterstütze eine Vielzahl der Befragten die Ansicht, dass die bestehenden Qualifizierungen für Sicherheitskräfte – von der Unterrichtung bis hin zum Meister für Schutz und Sicherheit – den oftmals sehr spezifischen und fachlich speziellen Anforderungen der Arbeit bei Veranstaltungen oder insgesamt dem Umgang mit großen Menschenmengen nicht ausreichend Rechnung trage. In Frage gestellt wurde dies eigentlich nur, wenn die Arbeit bei Veranstaltungen auf tatsächliche Sicherheitsdienstleistungen (z.B. die Bewachung von Backstagebereichen) reduziert wurden – eine Sichtweise, die der Komplexität der bei Veranstaltungen zu leistenden Aufgaben nicht ausreichend Rechnung trägt. So war sich dann auch ein Großteil der befragten Studienteilnehmer darüber einig, dass eine spezifische Qualifizierung für die Arbeit bei Veranstaltungen nicht nur ein sinnvoller, sondern ein unausweichlicher Schritt zur Professionalisierung dieser Tätigkeit und damit auch zur Verbesserung des Gesamtbildes der Teilbranche ist. Der
„Im Projekt QuaSOD wurde ein einheitlichen, fachspezifisches Qualifizierungskonzepte für das bei Fußballgroßveranstaltungen eingesetzte Sicherheits- und Ordnungsdienstpersonal der gewerblichen Sicherheitsunternehmen und Ordnungsdienste der Clubs entwickelt. Nach diesem Konzept werden die Mitarbeiter seit 2016 qualifiziert.“ (QUELLE: www.bdsw.de/presse/bdsw-pressemitteilungen/bdsw-unterstuetzt-die-euro-2024)
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DIE DEFINITION DES VERANSTALTUNGS ORDNUNGSDIENSTES Veranstaltungsordnungsdienst führt durch, wer als Mitarbeiter eines Bewachungsunternehmens gemäß § 34a der Gewerbeordnung eine der folgenden Tätigkeiten im Rahmen einer Veranstaltung ohne die Übertragung des Hausrechts durch den jeweiligen Veranstalter durchführt und dabei nicht selbst selbstständig handelt, sondern engmaschig durch einen Supervisor / Bereichsleiter geführt wird und nicht einer Erlaubnis nach § 34a Gewerbeordnung bedarf. Umfasst sind die folgenden Tätigkeiten:
4 Kartenabriss und Platzanweisung 4 Ansprache zum Freihalten von Gängen Foto: Serap Lannert
in Stuhlreihen oder Mundlöchern
4 Kartenkontrolle an ZuschauerBlöcken / -Bereichen
4 Kontrolle von Akkreditierungen
(Zutrittsberechtigung ähnlich Ticket)
zu Beginn häufig gehörte Vorwurf, man wolle mit den Bestrebungen der Konturierung der Ordnungsdienstleistungen nur die Notwendigkeit der Unterrichtung unterwandern, konnte damit schnell entgegengesetzt werden, dass es im Gegenteil nicht um den Verzicht, sondern um die wesentliche Verbesserung der Qualifizierung geht. Bereits die ersten Pilotausbildungen für Basiskräfte haben deutlich gezeigt, dass die für die Qualifizierung notwendigen Inhalte – bis auf das Schnittstellenthema „Recht“ – genauso auch für die bei Veranstaltungen arbeitenden Sicherheitskräften relevant sind. Als eine zusätzlich im Rahmen des Projektes aufgezeigte Herausforderung ergab sich der sich in der Sicherheitsbranche vollziehende Generationenwechsel: war es in der Branche lange möglich, Wissen durch Erfahrung zu sammeln und sich durch die verschiedenen Einsatzebenen und -hierarchien heraufzuarbeiten, müssen in der heutigen Zeit Nachwuchskräfte in viel kürzerer Zeit an den Markt und die Arbeitsrealität herangeführt werden. Die Vermittlung des theoretischen Wissens muss an dieser Stelle auch die Zeit ersetzen, die für das Erlangen eines notwendigen Erfahrungswissens fehlt. Im Rahmen der Pilotausbildungen wurden daher auch unterschiedliche Wissenskonstellationen zu Grunde gelegt bzw. getestet – so gab es Pilotausbildungen für Kräfte
4 mit / ohne Vorkenntnisse 4 mit / ohne vorherige 34a Unterweisung 4 mit / ohne vorherige QUASOD Schulung Die Pilotschulungen wurden jeweils intern und extern evaluiert und im Rahmen des Projektes mehrfach angepasst. Schon früh realisierte sich die Erkenntnis, dass eine sinnvolle Qualifizierung auf drei Hierarchieebenen ansetzen muss: auf der Ebene der Basiskräfte, die der mittleren Führungsebene (Supervisoren, Abschnittsleiter etc.) sowie die der Einsatzleiter. Ebenfalls wurde schnell klar, dass die persönliche Schulung, also die Vermittlung der Inhalte durch einen fachkundigen und erfahrenen allen anderen Unterrichtungsformen vorgezogen wurden – nicht nur in Bezug auf die damit einhergehende Praxisnähe und die Möglichkeit, Themen zu diskutieren oder Fragen zu formulieren, sondern insbesondere auch in Bezug auf die Möglichkeit, Verantwortung und Bedeutung der Arbeit zu betonen und den Teilnehmern das dringend notwendiges Gefühl der Bedeutung sowohl der Lerninhalte als auch der Tätigkeit an sich zu vermitteln. Auch dies hat sich im Projekt als wichtig und nicht zu vernachlässigen herausgestellt: Im Hinblick auf die notwendige Professionalisierung und die identifizierten Herausforderungen darf eines nicht unterbewertet werden: es
4 Steuerung von Menschenströmen durch Information
4 Zufahrtskontrolle auf Akkreditierung 4 Evakuierungshelfer 4 Mengenkontrolle der Bereiche 4 Bergen von hilfsbedürftigen Personen 4 Lenkung des ruhenden und fließenden Verkehrs auf dem Veranstaltungsgelände
4 Freihalten von Flucht- und Rettungswegen
www.bdsw.de/images/broschueren/ BDSW-VOD-Broschuere-zum-Versand.pdf
muss von Anfang an die Aufgabe eines Dozenten sein, den Teilnehmern neben dem notwendigen Wissen auch ein Gefühl der Wertigkeit und der Bedeutung der Aufgaben zu vermitteln. Nur so können auch die langfristigen Ziele der Professionalisierung erreicht werden. Dies war auch der Grund, warum unter den abgefragten Vermittlungsarten (online / interaktiv / Selbststudium / Präsenz) die Variante der Präsenzseminare von Anfang an die höchste Zustimmung fand. Den häufig angesprochenen Ressourcenproblemen (Zeit & Geld) wurde durch eine ständig überarbeitete Konzentration und Modularisierung der Inhalte begegnet: War man NR. 05/2019
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SICHERHEITSFORSCHUNG
Die Lehrinhalte für Basiskräfte des Veranstaltungsordnungsdienstes (eintägig) 1. Grundlagen und Begriffsbestimmungen 2. Aufgaben des Ordnungsdienstes innerhalb der Veranstaltung 3. Rechtliche Grundlagen 4. Vorbereiten auf den Einsatz 5. Verhalten im Dienst 6. Umgang mit dem Material 7. Umgang mit den Teilnehmern einer Veranstaltung .…auf Besucherebene .…auf Dienstebene 8. Regelmäßige Herausforderungen 9. Verhalten im Notfall 10. Lernerfolgskontrolle
Die Lehrinhalte für die Kräfte der mittleren Führungsebene des Veranstaltungsordnungsdienstes (dreitägig) 1. Definition mittlere Führungsebene 2. Die Anforderungsprofile der mittleren Führungsebene 3. Die Mitarbeitereinweisung 4. Crowdmanagement/ Crowd Control 5. Der Einlass Bereich 6. Der Innenraum der Veranstaltung (incl. Backstage & besondere Bereiche) 7. Umgang mit den Teilnehmern einer Veranstaltung 8. Verhalten im Notfall a. Räumungskonzepte b. Ungeplante Ereignisse 9. Regelmäßige Herausforderungen und Lösungsstrategien
Die Lehrinhalte für Führungskräfte des Veranstaltungsordnungsdienstes (Einzelmodule) 1. Veranstaltungsspezifische Anforderungen an den Einsatzleiter Ordnungsdienst 2. Risikomanagement 3. Recht 4. Notfallmanagement 5. Crowd Management 6. Führen & Leiten
Foto: Serap Lannert
sich zwar auf der theoretischen Ebene einig darüber, dass eine dreitägige Schulung mit Praxisübungen und Rollenspielen wünschenswert wäre, wurde den praktischen Herausforderungen durch die Konzeption einer eintägigen, sich auf Kerninhalte konzentrierenden Schulung für Basiskräfte des Veranstaltungsordnungsdienstes Rechnung getragen. Beibehalten wurde der dreitägige Schulungsansatz für die Kräfte der mittleren Führungsebene – geht es hier neben der Fachkompetenz doch vor allem auch um die Selbstkompetenz und die soziale Kompetenz, die die Kräfte der mittleren Führungsebene als Bindeglied zwischen Einsatzleitung und Basiskräften vereinen müssen. Auch wurde hier die Notwendigkeit deutlich, Fragestellungen auch konkret diskutieren und abarbeiten zu können. Beide Schulungen sind in fachlicher Sicht als auch aus Gründen der realistischen Umsetzungsmöglichkeit als inhouse -Variante denkbar – das Projekt veröffentlicht daher neben den Curricula und einem Schulungshandbuch auch ein Handbuch für Trainer. Hervorgehoben werden muss aber an dieser Stelle, dass der sowohl fachliche als auch professionelle Erfolg der Schulungen maßgeblich von der Qualifikation und der Fähigkeit des Trainers abhängen, das notwendige Wissen und das notwendige Verständnis der Wertigkeit der Tätigkeit zielgruppengerecht zu vermitteln. Die Weiterbildung der Einsatzleiter basiert auf der Annahme, dass die Tätigkeit sowohl operative als auch strategische und
taktische Elemente enthält – das Curriculum setzt daher hier auf einer Kombination einzelner übergeordneter Fachmodule, die auch unabhängig voneinander bearbeitet werden können So klar die Ergebnisse des Projektes an dieser Stelle sind – die Realität bilden sie momentan nicht ab. Betrachtet man z.B. die – inhaltlich ohnehin schon problematische Forderung der Sachkunde für die „Bewachung von zugangsgeschützten Großveranstaltungen in leitender Funktion“ in Verbindung mit den Anerkennungsregeln, die es z.B. Feldjägern ermöglichen, diese Tätigkeit ebenfalls auszuführen, so wird deutlich, wie groß das Unverständnis der Besonderheiten des Arbeitens bei Veranstaltungen scheinbar immer noch ist. Das Forschungsprojekt hat gezeigt, dass es möglich ist, die aktuell bestehende Kluft zwischen den Ansprüchen und der Realität zu überwinden – es braucht hierzu jedoch ein sehr umfangreiches Umdenken in Bezug auf die Wertigkeit der Tätigkeit und die Besonderheit der Aufgabenstellung. Aktuell wird die Wertigkeit durch den aktuellen IST Stand bestimmt – für eine zielführende Entwicklung muss es jedoch genau anders herum sein: zuerst muss die Wertigkeit akzeptiert sein, um damit Voraussetzungen zu erschaffen, die den gewünschten SOLL – Zustand überhaupt ermöglichen. Die vollständigen Ergebnisse des Projektes werden in einer Abschlusskonferenz am 22.10.2019 in Wuppertal vorgestellt (siehe nebenstehende Einladung).
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AUSBLICK
6. IBIT FACHTAGUNG VER ANSTALTUNGSSICHERHEIT In diesem Jahr werden wir vor der eindrucksvollen Kulisse des Berliner Olympiastadions nun schon zum 6. Mal relevante und aktuelle Themen der Planung und Durchführung von Veranstaltungen sowie generelle Fragestellungen in Bezug auf die Planung für und den Umgang mit (großen) Menschenmengen diskutieren. Von Simon Ort
Die Themen Um die Orientierung zu erleichtern, werden die Themen wie in den vergangenen Jahren auch in Themensträngen zusammengefasst – insgesamt 6 Themenstränge an zwei Tagen. Aufmerksame Besucher der Fachtagung werden bemerken, dass sich die meisten Schwerpunktthemen inzwischen etabliert haben und eine feste Größe im Rahmen der inhaltlichen Gestaltung der Tagung darstellen. Alle Themenstränge sind so geplant, dass neben den Vorträgen auch Zeit für Diskussionen bleibt.
Praxislösungen Im Themenstrang „Praxislösungen“ berichten Praktiker von ihren Erfahrungen; guten wie auch schlechten. Der Themenstrang will Lösungen vorstellen aber auch Herausforderungen aufzeigen. Es geht also nicht um „Hochglanz“ Projektvorstellungen, sondern um realistische Eindrücke aus der Anwendungspraxis. Dabei legen wir Wert auf eine klare Trennung zwischen der Vorstellung von Lösungen, die z.B. auf einem bestimmten Produkt basieren (industry best practice) und organisatorischen / planerischen „best practices.“
Dienstleistung und Infrastruktur Wenn wir von ganzheitlichen Planungsansätzen sprechen, können wir dies nicht
tun, ohne die Dienstleistenden und die Infrastrukturen zu berücksichtigen. Die Themenpalette reicht dabei über einen Blick in notwendige Normen bis hin zur Diskussion über psychische Belastungen in der Veranstaltungsbranche.
Rechtliche Fragestellungen Diesen Themenstrang muss man wohl nicht mehr kommentieren, hat er sich doch bereits seit der ersten Konferenz zum Dauerbrenner entwickelt. Betrachtet (und diskutiert!) werden rechtliche Fragestellungen, die sich im Laufe des Jahres aufgetan haben, Entwicklungen und Ereignisse.
Der Mensch in der Menge Wenn wir nicht wissen, wie „unsere Besuchende“ funktionieren, wird es schwierig, für deren Sicherheit zu planen. Warum also macht der Mensch, was er macht? Und was für Auswirkungen hat das auf seine Bewegungen und auf die Möglichkeiten, diese zu simulieren? Der Themenstrang widmet sich der ganzen Bandbreite der mit „dem Menschen“ zusammenhängenden Fragestellungen.
Aus dem Elfenbeinturm in die Praxis – Sicherheitsforschung Neben den praktischen Aspekten halten wir es auch für wichtig, einen Blick auf die Theorie zu werfen. Worüber wird aktuell
geforscht? Und wie lässt sich das „Erforschte“ in die Praxis übertragen? Der Themenstrang stellt aktuelle und auch abgeschlossene Forschungsprojekte vor und diskutiert mit den Teilnehmern, wie sich die Kluft zwischen Forschern und Endanwendern verkleinern lassen könnte.
Grundlagen der Veranstaltungssicherheit Wir versuchen im Rahmen der Fachtagung ja immer, „besondere“ Themen zu finden, durchaus auch schon einmal solche, die nur für eine bestimmte Zielgruppe relevant sind. Unabhängig davon möchten wir mit der Fachtagung aber natürlich alle ansprechen, auch diejenigen, mit (noch) „grundlegenden“ Sorgen und Problemen, diejenigen, die gerade erst anfangen, sich mit dem Thema der Veranstaltungssicherheit zu beschäftigen oder auch diejenigen, die dies schon lange tun, dennoch aber noch einmal Grundlegendes klären möchten. Aus diesem Grund widmet sich der Themenstrang Grundlagen der Sicherheitsplanung „Standardthemen“ der Sicherheitsplanung für Veranstaltungen.
Die Vorträge • Event profiling & observing behaviour • Personenlenkung im großen Maßstab am Beispiel des internationalen Jugendtages der neuapostolischen Kirche 2019
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6. IBIT FACHTAGUNG VER ANSTALTUNGSSICHERHEIT 12. + 13.11.2019, OLYMPIASTADION BERLIN
BUCHUNG DER FACHTAGUNG UNTER W W W.IBIT.EU/FACHTAGUNG
• Blitzschutz auf Veranstaltungen • Die DIN EN 13200 • Der Sanitätsdienst – Herausforderungen und Chancen der Integration in die Sicherheitsarchitektur erfolgreicher Veranstaltungen • Ohne Personal keine Dienstleistung: von Qualifizierungsanforderungen und Personalproblemen (Diskussionsrunde) • Nutzen und Grenzen der Zuverlässigkeitsüberprüfung • Aktuelle Entwicklungen des Veranstaltungsrechts • Frag den Anwalt (Q&A) • Dichte, Dichte, Dichte – Warum die Dichte kein geeignetes Kriterium zur Bewertung einer Situation bei Simulationen ist. • Effective Communication • S²UCRE – Sicherheit in städtischen Umgebungen: CrowdMonitoring, Prädiktion und Entscheidungsunterstützung • ArGUS: Assistenzsystem zur situationsbewussten Abwehr von Gefahren durch AUS • Das Sicherheitskonzept: Inhalte, Anforderungen, Herausforderungen. Stand der aktuellen Diskussion • Räumungskonzepte • Grundfragen der Sicherheitsplanung (Q&A)
Die Sprechenden • Bernd Belka (Special Security Services) • Beate Coellen • Gerard van Duykeren (The Security Company) • Sabine Funk (IBIT GmbH) • Dr. Angelika Kneidl (accu:rate GbR) • Eric Kant (Phase01) • Dr. Laura Künzer (Team HF) • RA Volker Löhr ((kanzleiLöhr) • Roland G. Meier (VDS GmbH) • Boris Michalowski, M.A. (Arbeiter-Samariter-Bund Regionalverband Berlin-Nordwest e.V.) • Prof. Dr. Michael Nagy • Dr.-Ing. Stefan Nixdorf (agn Niederberghaus & Partner GmbH) • Michael Öhlhorn (Vabeg® Eventsafety Deutschland GmbH) • Martin Reitmaier (REITMAIER RECHTSANWÄLTE) • Daniel Schlatter (Schlatter & Zahl) • Andrew Tatrai • Sascha Voth (Fraunhofer IOSB) • RA Thomas Waetke (Schutt, Waetke Rechtsanwälte) • Ralf Zimme (IBIT GmbH)
Das Rahmenprogramm Die Vermittlung von Wissen und der Austausch ist uns wichtig – genauso wichtig ist uns aber auch, dass die Teilnehmer sich bei
uns wohlfühlen, dass sie eine gute Zeit haben. Damit das so ist, bieten wir zusätzlich zu den Inhalten ein umfangreiches Rahmenprogramm u.a. • Technische Stadionführung • Arbeits- & Netzwerkbereiche • allbuyone Lounge • Netzwerkparty
Der Ausstellerbereich Mit Ausstellern aus den Bereichen Dienstleistung, Infrastruktur, Eventbedarf, Bildung oder auch Software stellt der Ausstellerbereich eine perfekte Ergänzung zu den Inhalten der Tagung dar. Im Olympiastadion stehen uns umfangreiche Ausstellerflächen zur Verfügung, so dass die Tagung auch wieder echten Messecharakter bieten kann. Zu den Ausstellern gehören: • allbuyone GmbH • Bureau für Veranstaltungswissen GmbH • eps GmbH • Eventenergie Deutschland GmbH • Event-Cam • Guest-One GmbH • Hearsafe Technologies GmbH & Co. KG • MediaCows Deutschland • Qounts e.U. • SIS Software GmbH • IBIT GmbH • KIBO Security • VP Venue Planner GmbH NR. 05/2019
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POLIZEIKOSTEN IM FUSSBALL – WER ZAHLT BEI RISIKOSPIELEN Schon seit Mitte 2014 schwelt der Rechtsstreit zwischen dem Land Bremen und der Deutschen Fußball Liga (DFL), der Ende März 2019 mit einer Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden hat. Anlass genug, die Ereignisse nachzuzeichnen, die wichtigsten Argumente der involvierten Parteien zu erfassen und auch, einen Blick über die Stadtgrenzen von Bremen hinaus zu werfen. Wie reagieren andere Bundesländer auf die Feststellung des BVerwG und wie wird das Thema eigentlich in Großbritannien gehandhabt? Von Christoph Heiliger
Wer soll eigentlich die Einsätze der Polizei bei (Risiko-)Fußballspielen zahlen? Dieses Thema bewegt seit Mitte 2014 die Gemüter. Der Bremer Innensenator Ulrich Mäurer hatte seinerzeit angekündigt, dass die DFL, die mit ihrem Vermarktungsprodukt Fußball Milliardeneinnahmen erwirtschaftet, zukünftig Mehrkosten für Polizeieinsätze bei Risikospielen des SV Werder Bremen selbst tragen soll. Das soll für mindestens drei Risikospiele jährlich gelten, allen voran das Nordderby gegen den Hamburger SV. Für diese Partie aus 2015 sollte die Stadt Bremen schon bald eine Rechnung über fast eine halbe Million Euro für den personellen Mehraufwand verschicken. Vor allem, weil es sich hier um Steuergelder und die omnipräsente Marke Bundesligafußball dreht, gehen die Meinungen und Aussagen dazu entsprechend weit auseinander. Mal sind sie faktenbasiert, mal polemisch. Der Bund der Steuerzahler erwartet eine Beteiligung der DFL, Rainer Wendt als Bundesvorsitzender der Deutschen Polizeigewerkschaft fordert gleich 50 Millionen Euro jährlich als pauschale Zahlung durch die Fußballvereine, während der (damalige) Innenminister von NRW, Ralf Jäger, prompt androht, Einsatzkräfte zukünftig bewusst zurückhalten zu wollen.
Auf der Gegenseite empört sich die Deutsche Fußball Liga, lehnt eine Übernahme der Kosten ab und fragt „Ist die Polizei nicht für die Sicherheit der Allgemeinheit da?“. Vereine oder Gegner der Gebührenordnung verweisen auf die enormen Steuerzahlungen sowohl der Fußballclubs als auch der Stadionbesucher selbst und der Journalist Oliver Fritsch sieht in einem Artikel für die ZEIT [1] die Gefahr, dass sich die Polizei durch eine Gebührenordnung zum reinen Dienstleister degradieren könnte und sich sogar als freier Marktteilnehmer einordnen und behandeln lassen müsse. Und auch hier ist nicht wenig Polemik im Spiel, wenn in der Folge die Aufgabe des „Gewaltmonopols“ gefordert wird. Tatsächlich werden in der Folge schnell Tatsachen geschaffen. Die Bremer Bürgerschaft beschließt im Oktober 2014 ein Gesetz, nach dem bei „gewinnorientierten Großveranstaltungen mit mehr als 5.000 Besuchern“ zukünftig Polizeimehrkosten an den Veranstalter weiter gegeben werden können. Das Gesetz zielt in erster Linie auf Sicherheitsspiele von Werder Bremen ab, bei denen bis zu 1.000 Einsatzkräfte (statt üblicherweise rund 200) für die Sicherheit um das Stadion sorgen. Die DFL kündigt unmittelbar an, gegen
Links und Quellen zum Thema (Alle Quellen zuletzt online abgerufen am 05.09.2019): [1] www.zeit.de/sport/2014-08/rauball-polizei-polizeikosten-dfl-bundesliga [2] www.sueddeutsche.de/sport/kosten-fuer-polizeieinsaetze-bei-fussballspielen-bremen-vollzieht-den-tabubruch-1 www.sueddeutsche.de/sport/kosten-fuer-polizeieinsaetze-bei-fussballspielen-bremen-vollzieht-den-tabubruch-1.2187164.2187164 [3] www.spiegel.de/sport/fussball/bundesliga-stadt-bremen-verschickt-polizeirechnung-an-die-dfl-a-1048733.html
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Der 1. FC Köln steigt zum Ende der Saison 2011/12 aus der Bundesliga ab. Spiele wie diese fordern bei Sicherheitsdienst und Polizei besonders viele Ressourcen. Foto: Christoph Heiliger
Rechnungen zu klagen und die Kosten im Zweifelsfall an den Bremer Bundesligisten weiter zu reichen [2].
Die DFL reicht Klage gegen den Gebührenbescheid ein In genau diese Situation kommt die DFL erstmals im August 2015, als bei ihr eine Rechnung über 425.000 € für die Mehrkosten des Nordderbys vom 19.04.2015 eingeht und die den Startschuss für eine konkrete Rechtsauseinandersetzung zwischen dem Land Bremen und der DFL markiert [3]. Für ein weiteres Risikospiel im selben Jahr fallen 250.000 € an Mehrkosten an – hier greifen Werder Bremen und die DFL ein von der ZEIT geäußertes Argument auf, dass Hochrisikospiele teils willkürlich angesetzt würden und, wie in diesem Fall, rund 250.000 € an Mehrkosten für ein Spiel gegen Borussia Mönchengladbach nicht zu rechtfertigen seien. Als Konsequenz reicht die DFL mit Bezug auf Verfassungswidrigkeit im April 2016 eine Klage gegen die Rechnung aus Bremen beim Verwaltungsgericht Bremen ein. Zusammen mit der Klage rücken in der nächsten Zeit auch die Fakten wieder in den Vordergrund. Die DFL listet auf der eigenen
[4] [5] [6]
Website Statistiken und stellt ein ausführliches Q&A auf [4], während auf der Website der Bremischen Bürgerschaft im Rahmen einer großen Anfrage der Fraktion DIE LINKE sehr ausführliche Zahlen veröffentlicht werden [5]. Unter anderem zu konkreten Einsatzstunden der Polizei, der Risikoeinstufung von Fußballspielen durch die polizeiliche Zentrale Informationsstelle für Sporteinsätze (ZIS) oder der Anzahl von festgestellten Gewalttaten oder Stadionverboten.
Der Rechtsstreit zieht sich durch alle Instanzen Wurde schon vor Beginn der Verhandlungen erwartet, dass der Rechtsstreit durch alle Instanzen gehen würde, werden tatsächlich zwischen Mai 2017 und März 2019 in drei verschiedenen Instanzen Urteile gefällt. Während das Bremer Verwaltungsgericht in erster Instanz der DFL Recht gibt und die Verfassungsmäßigkeit der Gebührenordnung in Frage stellt [6], gibt das Oberverwaltungsgericht Bremen in zweiter Instanz dem Land Bremen in allen Punkten Recht, erklärt den Gebührenbescheid für rechtmäßig und verortet entsprechende Gesetze in die Legislative der Länder.
www.dfl.de/de/aktuelles/polizeikosten-fragen-und-antworten-zum-rechtsstreit-zwischen-der-freien-hansestadt-bremen-und-der-dfl/ www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2018-01-10_Drs-19-1464_b0263.pdf www.docs.dpaq.de/12448-2_k_1191_16_urteil_anonym_.pdf NR. 05/2019
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WAS BISHER GESCHAH 2019 08.05.
Pyrotechnik setzt Bühnenbild in Brand Im Metronom-Theater in Oberhausen sind während einer Aufführung Gegenstände auf der Bühne durch Pyrotechnik in Brand geraten. Der Saal wurde geräumt. Zwei Feuerwehrleute vor Ort konnten den Brand löschen, bevor das Löschfahrzeug eintraf. 18.05.
Pfefferspray in Diskothek In einer Diskothek in Düsseldorf versprühten Unbekannte Pfefferspray auf der Tanzfläche. Feuerwehr und Polizei waren mit einem Großaufgebot vor Ort. 18 Gäste wurden vor Ort rettungsdienstlich versorgt, fünf weitere Personen kamen ins Krankenhaus. Durch die Räumung des Klubs kam es davor zu Auseinandersetzungen zwischen den Besuchern. 20.05.
Fallschirmspringer sterben bei Sprung Im Rahmen einer Benefizveranstaltung kamen bei einem Fallschirmsprung zwei Männer ums Leben. Die Springer sind in der Luft zusammengestoßen und kamen ins Trudeln. Die Zuschauer wurden von Seelsorgern versorgt. 20.05.
(AU) Tödlicher Stromschlag bei Sicherheitsolympiade Ein Feuerwehrmann fuhr im Zuge des Rahmenprogramms einer Sicherheitsolympiade für Kinder mit sechs Kindern im Korb mit einer Teleskopmastbühne zu nahe an eine Stromleitung heran und wurde durch den Stromschlag tödlich verletzt, vier Kinder erlitten leichte Verletzungen. Anwesende Bergretter seilten die Kinder ab. Ein Kriseninterventionsteam kam zum Einsatz. 08.06.
Zwölf Verletzte bei Fußballturnier Durch eine Windhose wurde ein Veranstaltungszelt (12x8m) bei einem Fußballturnier in NRW in die Luft gewirbelt. Es gab 12 Verletzte, einer davon schwer.
„Großveranstaltungen bergen grundsätzlich ein erhöhtes Gefahrenpotential in sich, insbesondere dann, wenn wegen des angesprochenen Personenkreises erfahrungsgemäß mit Gewalthandlungen zu rechnen ist. Solche Gewalthandlungen im Zusammenhang mit sog. Risikospielen der Bundesliga – aber auch bei anderen gewinnorientierten Großveranstaltungen mit unfriedlichem Verlauf – wirken sich erfahrungsgemäß immer auch auf Rechtsgüter Unbeteiligter aus, seien es Körperverletzungen, Sachbeschädigungen oder Störungen des Verkehrsflusses. Zwar liegt die Beherrschung dieses Gefahrenpotentials damit auch im öffentlichen Interesse, gleichwohl ist die Verwaltungsleistung der Bereitstellung zusätzlicher Polizeikräfte mit Blick auf das Interesse des Veranstalters an einer störungsfreien Durchführung der Veranstaltung auch diesem zuzurechnen.“ Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen im Urteil vom 21.02.2018
Die im März 2019 durch die Vertreter der DFL durchgeführte Revision stellt auch den aktuellsten Stand in der Causa Polizeikosten dar: In dritter Instanz entscheidet das Bundesverwaltungsgericht am 29.03.2019 ebenfalls zu Gunsten des Landes Bremen, indem es dem Urteil des Oberverwaltungsgericht grundsätzlich beipflichtet, aber vor allem zur Klärung einiger Punkte noch einmal an das OVG selbst zurück verweist [7] . Hier geht es allerdings schon gar nicht mehr um die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der Sache, sondern um mögliche Doppelabrechnungen, sollte die Polizei bei Risikospielen beispielsweise konkrete Einzelpersonen als Täter ermitteln [8]. In der Medienlandschaft wird die Feststellung durch das BVerwG als Niederlage für die DFL und als Signalwirkung für die anderen Bundesländer gewertet.
„Für den besonderen Polizeiaufwand aus Anlass einer kommerziellen Hochrisikoveranstaltung darf grundsätzlich eine Gebühr erhoben werden“. Begründung des Oberverwaltungsgerichts Leipzig [9]
Folgeäußerungen und -taten lassen da nicht lange auf sich warten. Während die Innenminister von Bayern, Baden-Württemberg und Hessen Gebühren für Polizeieinsätze weiter ablehnen [10], kündigen das Saarland und Rheinland-Pfalz an, eine ähnliche Lösung wie Bremen zu prüfen [11]. Der maßgeblich betroffene FSV Mainz 05 positioniert sich gegen das Urteil [12]. Die Frage, wer nun aber konkret die Einsätze der Polizei bei (Risiko-)Fußballspielen zahlen soll, ist dadurch allerdings nur vermeintlich geklärt. Nicht zuletzt, weil die DFL sich weiter den Gang zum Bundesverfassungsgericht vorbehält und weil auch weiterhin nicht klar ist, ob die DFL die Kosten wiederum an den SV Werder Bremen weiterreichen wird. So stehen weitere Fragen im Raum, darunter auch so grundlegende wie die
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nach dem eigentlichen Veranstalter der Spiele. Sind die Vereine diejenigen, die den Ablauf jeder einzelnen Veranstaltung definieren und Einfluss auf dessen Charakter haben oder die Fußballliga, die das Produkt Bundesliga verwaltet und produziert? Vereine aus Bundesländern mit einer zukünftigen Gebührenordnung befürchten Wettbewerbsnachteile und merken an, dass eine Reduzierung der Polizeistunden – das in der Regel größte Argument der Apologeten von Polizeigebühren – durch das Urteil keineswegs wahrscheinlicher geworden sei. Das Urteil des BVerwG hat zweifelsohne Signalwirkung, hat es doch die grundsätzliche Rechtmäßigkeit der Weitergabe zusätzlicher Polizeikosten geklärt. Aber was sich aus dem Urteil in der Praxis entwickelt, kann derzeit nur wage Vermutung statt konkreter Vorhersage sein. Welche Definitionen und Vorschläge werden sich durchsetzen? Eine bundesweite und verbandsübergreifende Lösung mit einem Fonds für Zusatzkosten oder beispielsweise eine Einzelbewertung je Spiel, Bundesland oder Verein? Werden in Zukunft auch Zusatzkosten für Derby- oder Risikospiele niedriger Ligen berechnet, wo 425.000 € nicht etwa das Monatsgehalt eines Topspielers, sondern den Jahresetat eines Vereins ausmachen? Und auf was müssen sich Veranstalter von z.B. Konzerten, Festivals oder Oktoberfesten einstellen, bezieht sich das Gesetz der Bremer Bürgerschaft doch „auf gewinnorientierte Großveranstaltungen mit mehr als 5.000 Besuchern“? Denn so wenig, wie der Begriff „Hochrisikospiel“ gesetzlich geregelt ist, stellt sich die Frage nach einem Maßstab, ab welcher Zusatzbelastung eine Weiterberechnung erfolgen wird und kann. Diese und viele weitere Punkte sind zu klären und die [7] [8] [9] [10] [11]
[12] [13] [14] [15] [16] [17] [18]
Vermutung, dass diese inzwischen 5 Jahre andauernde Diskussion unsere Branche noch viele weitere Jahre beschäftigen wird, scheint derzeit möglich wie ein zukünftiger Artikel, wer eigentlich die Einsätze der Polizei bei (Risiko-)Autogrammstunden zahlen soll.
Blick über den Tellerrand – Handhabung der Polizeikosten im Fußball in England
Der Freedom of Information Act [13] regelt in Großbritannien das Recht des Zugriffs auf alle Informationen, die öffentliche Behörden vorliegen. Dadurch werden der Öffentlichkeit, bzw. der Presse regelmäßig recht aktuelle detaillierte Statistiken oder Zahlen durch beispielsweise die Polizei zur Verfügung gestellt. So auch die der Kosten von Polizeieinsätzen [14] [15]. Die wiederum sind seit 2012 neu geregelt, seit der Fußballclub Leeds United eine Klage gegen die West Yorkshire Police gewinnen konnte. [16] Seitdem kann die Polizei die Kosten für geleistete Stunden nur noch dann an Clubs weitergeben, wenn sie auf dem tatsächlichen Vereinsgelände, also z.B. im Stadion oder auf zum Stadiongelände gehörenden Arealen geleistet wurden [17]. Die Beteiligungsquote der Vereine in der Premier League liegt (Saison 2016/17) zwischen 3% und 20% [18], je nach Risikobewertung des Spiels, Einsatzstärke der Polizei sowie Lage, Gestaltung und Größe des Stadiongeländes. Die Einsätze werden vor der Saison zwischen dem zuständigen Polizeidepartment und Verein abgesprochen und in der Regel von Spiel zu Spiel abgerechnet [18].
www.dfl.de/de/aktuelles/bundesverwaltungsgericht-verweist-rechtsstreit-um-polizeikosten-im-rahmen-von-fussballspielen-zurueck-an-oberverwaltungsgericht-bremen/ www.weser-kurier.de/bremen/bremen-stadt_artikel,-die-dfl-muss-zahlen-_arid,1818111.html www.oberverwaltungsgericht.bremen.de/sixcms/media.php/13/2_LC_139_17_Urteil_anonym_Entscheidungsmodul.pdf www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/fussballvereine-muessen-mit-beteiligung-an-polizeikosten-rechnen-16114212.html www.swr.de/swraktuell/rheinland-pfalz/Lewentz-und-Bouillon-fordern-bundeseinheitliche-Loesung-Rheinland-Pfalz-und-Saarland-einig-bei-Fussball,zusammenarbeit-polizei-100.html www.mainz05.de/news/rechtsstreit-um-polizeikosten-die-position-des-1-fsv-mainz-05/Polizeikosten in England (Alle Quellen zuletzt online abgerufen am 05.09.2019): www.en.wikipedia.org/wiki/Freedom_of_Information_Act_2000 www.london.gov.uk/questions/2018/1559 www.mirror.co.uk/sport/football/news/manchester-clubs-pay-five-times-8607443 www.yorkshireeveningpost.co.uk/news/crime/how-much-football-clubs-pay-for-policing-and-why-leeds-united-set-the-benchmark-1-8060035 www.bbc.com/news/uk-45837613 www.bbc.com/news/uk-england-london-40768771
WAS BISHER GESCHAH 2019 Acht Verletzte bei Hochzeitsfeier Acht Hochzeitsgäste wurden in Mecklenburg-Vorpommern verletzt, als ein großer Ast durch eine Sturmböe abbrach.
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11 Verletzte bei einer Gartenparty Herunterfallende Äste verletzten bei einer privaten Gartenparty 11 Personen, teilweise schwer.
300 Besucher feiern an Tankstelle Nach dem Ende einer BMX- und Skateshow in einem Kölner Park begaben sich die rund 300 anwesenden Zuschauer an die benachbarte Tankstelle, um dort weiterzufeiern.
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WA S B I S H E R G E S C H A H
WAS BISHER GESCHAH 2019: SCHWERPUNKT KARNEVAL Karneval ist eine feste Größe im Veranstaltungskalender. Auch abseits der Karnevalshochburgen gibt es in dieser „fünften Jahreszeit“ indoor und outdoor Veranstaltungen in unterschiedlichen Größenordnungen und auf allen Ebenen im Bereich der Professionalität in Planung und Durchführung. Und auch, wenn am Ende meist alle froh sind, dass es „dann doch gut gelaufen ist“, bietet die Art der meisten dieser Veranstaltungen doch ausreichend Potential dafür, dass Dinge auch mal schief gehen können. Und weil wir ja schon wieder auf den Beginn der Session zusteuern, möchten wir an dieser Stelle noch einmal an die Ereignisse in der Karnevalsession 2019 erinnern. Mann steuert Auto nach Streit in Menschengruppe Absage von kostenlosem Konzert an Weiberfastnacht
Karnevalist ertrinkt in Fluss
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In Oftersheim verliert ein 20-Jähriger seine Schneidezähne bei einer Schlägerei auf dem Rathausplatz. Diese soll ihm sein 21-jähriger Kontrahent ausgeschlagen haben. Beide Schläger waren stark alkoholisiert. Während die Polizisten den Fall aufnehmen, kommt es auf dem Rathausplatz zu tumultartigen Szenen, die Polizei setzt Pfefferspray ein.
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Eine unbekannte Person hat in einem Barzelt Reizgas versprüht. 37 Personen wurden verletzt, drei Personen wurden im Krankenhaus behandelt.
20-jähriger verliert seine Schneidezähne; Polizei setzt Pfefferspray und Schlagstock ein
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Reizgas bei Karnevalsveranstaltung versprüht
Unmittelbar vor Beginn des Umzuges befüllte ein Mann den Stromgenerator bei laufendem Motor mit Kraftstoff. Sechs Personen erlitten teil schwere Verletzungen.
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Der kostümierte 18-jährige versuchte schwimmend einen Fluss im Landkreis Erding zu überqueren und verstarb dabei.
Die Stadt Köln hat das kostenlose Konzert der Band Quersallou, einem Zusammenschluss aus drei bekannten Kölner Karnevalbands, aus Sorge um eine Überfüllung des Bereiches abgesagt. Das Konzert sollte vor der Uni-Mensa statt finden.
Verletzte durch Verpuffung beim Kinderkarneval
Nach einem Streit auf einer Karnevalsparty in Rheinland-Pfalz ist ein 28-Jähriger mit seinem Auto gezielt in eine Menschengruppe gefahren. Dabei wurde ein 18-Jähriger leicht verletzt, wie die Polizei am Montag mitteilte. Nach der Autoattacke flüchtete der betrunkene 28-Jährige, wurde jedoch von der Polizei gefasst und vorläufig festgenommen. Das Auto wurde beschlagnahmt. Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchter Tötung.
Kölner Rosenmontagszug startet – mit Einschränkungen Beim Kölner Rosenmontagsumzug wurde aufgrund des Wetters auf tragbare Großfiguren, Fahnen, Schilder, Pferde und Kutschen verzichtet. Außerdem wurden an den Tribünen Seitenteile entfernt.
Düsseldorfer Rosenmontagszug mit Verspätung gestartet Der Düsseldorfer Rosenmontagszug startete 90 Minuten später. Die Entscheidung wurde aufgrund der Wetterprognosen gefällt. Außerdem wurde kurzfristig die Teilnahme von Pferden untersagt.
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Die Polizei wurde von einem Anrufer informiert, dass ein vermeintlich bewaffneter Mann in dern Stadt gesichtet wurde. Die Polizei rückte aus und traf in einer Gaststätte einen betrunkenen Mann im Cowboy Kostüm, der eine Spielzeugwaffe bei sich trug.
Mädchen durch Konfettikanone schwer verletzt Bei Karnevalsfeierlichkeiten auf einem Parkplatz in Krefeld wurde ein Mädchen von einer Konfettikanone getroffen und trug schwere Verletzunge im Gesicht davon. Der Täter konnte nicht ermittlet werden.
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Beim Rosenmontagszug in Aachen ist ein junger Mann aus einem Fenster etwa sieben Meter tief auf eine Zuschauerin gefallen. Beide kamen schwer verletzt in ein Krankenhaus.
„Cowboy“ löst Polizeieinsatz in Stuttgart aus
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Aufgrund der stürmischen Wetterlage und der Voraussagen des Wetterdienstes hat die Fuldaer Karneval-Gesellschaft den Rosenmontagszug im Vorfeld abgesagt.
Aachener Rosenmontagszug: Mann fällt aus Fenster auf Zuschauerin
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Rosenmontagszug in Fulda wegen Sturmwarnung abgesagt
Rheinauen / Mutterstadt: Rettungskraft / Polizei angegriffen In Neuhofen kam es bei einer Karnevalsveranstaltung zu einem Angriff auf Rettungs-und Polizeikräfte. Ein alkoholisierter 18-Jähriger wehrte sich gegen die Mitnahme im Krankenwagen und schlug auf eine Rettungskraft ein. Gegen die hinzugerufene Polizei leistete er ebenfalls Widerstand. Eine Beamtin wurde dabei leicht verletzt.
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ÜBER DIE AUTOREN DIESER AUSGABE MICHAEL KELLENBENZ
R ALF ZIMME
DR. FR ANK MÜCKE
In den 80ern veranstaltete er Partys und Club-Konzertabende. Die Neunziger sahen ihn Interorganisation verinnerlichen im Krankenhausbetrieb. Später flogen Michael Kellenbenz in Plüschtieren versteckte Schlüssel im Backstreet Boys-Bühnengraben an den Kopf. Irgendwann fotografierte er an gleicher Stelle. Inzwischen ist unser Autor als zukunftsfähiger Mobilitäts-Dienstleister unterwegs und berät Großveranstalter in Fahrradparkplatz-Angelegenheiten. Bei der IBIT GmbH bildet er sich regelmäßig fort.
Ralf Zimme ist einer der Gründungsgesellschafter der IBIT GmbH. Den akademischen Einstieg in das Eventmetier ebnete ihm der Studiengang „Crowd and Safety Management”, den er von 2010 bis 2013 erfolgreich in England absolvierte. Ralf Zimme gehört zu den anerkannten Fachleuten für Sicherheits- und Räumungskonzepte sowie Crowd Management. Ab 2004 war er Leiter Veranstaltungstechnik und Veranstaltungssicherheit in der über 50.000 Besucher fassenden ESPRIT Arena Düsseldorf. Zudem war er bis 2018 Koordinator des Sicherheitsmanagements bei Düsseldorf Congress Sport und Event. Ralf Zimme ist Advisory Board Member der YOUROPE Event Safety (YES) Group und international sehr gut vernetzt.
Dr. Frank Mücke ist geschäftsführender Gesellschafter der Agentur comed GmbH · Tagungen · Kongresse · Events in Köln. comed ist als PCO seit über 30 Jahren bundesweit und im europäischen Ausland tätig mit den Schwerpunkten Wissenschaftskongresse, Medizin, Gesundheit und Corporate Events. Das fachliche Interesse von Frank Mücke gilt insbesondere der Sicherheit von Kongressen und Events.
SABINE FUNK Sabine Funk ist Geschäftsführerin der IBIT GmbH und Leiterin der Fachbereiche Bildung und Forschung. Sie hat in England „Crowd and Safety Management, BA (Hons)” studiert und zählt zu den führenden Fachleuten für Veranstaltungssicherheit und Crowd Management in Deutschland. Mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im Veranstaltungsbereich, davon mehr als 10 als geschäftsführende Gesellschafterin und Produktionsleiterin der RhEINKULTUR, einem der größten eintrittsfreien Festivals in Deutschlands, verfügt Sabine Funk über umfangreiche Erfahrungen in der Planung und Durchführung von (Groß-) Veranstaltungen.
CHRISTOPH HEILIGER Christoph Heiliger hat Germanistik, Vergleichende Literatur- und Kulturwissenschaften, Skandinavistik und Philosophie an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn studiert. Von 2009 – 2011 war er als Mitarbeiter und Pressesprecher bei der Produktion des RhEINKULTUR-Festivals tätig. Seit 2012 arbeitet er als Veranstaltungskaufmann am IBIT und ist dort neben der Geschäftsführung u.a. mit den Bereichen Presse, Public Relations und dem Qualitätsmanagement betraut. Seit 2013 ist er Sicherheitsbeauftragter beim Bonner SC 01/04 e.V. 2014 hat er das Zertifikatsstudium zum Sicherheitsbeauftragten im Fußball (DFB/DFL/SHR) abgeschlossen.
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„Sicherh ei lichen Le t ist eine der w Bisher is bens sowie G esentlichen Vo ru ra t lende D es (…) nicht ge ndbedarf aller ussetzungen alle efinition na lu Definiti des Term ngen, eine ab türlichen und r Bereiche de on s öf schließe Welt ge besteht darin inus Sicherhe nde bzw sozialen System fentit w , Bereich orden ist. Das dass Sicherhe zu finden. (…) . wirklich zufrie e. (…) D it Einzug de ie he ei nstelSc iß n hwierig t, dass „c gehalte fassen is ke er mittl atch-all-Begr n t. erweile iff “ der it bei der Mit ihm Zugleich gehö hat und dadu in mod rc w der Mit ird über die Pr rt Sicherheit (… h allgemein un jeden lebensw ernen te el d nach Ko l, mit denen di iorität politisch ) zu einem de übergreifend tlichen r umstrit kaum zu m er es eine maß petenzerweite e Ziele erreic Ziele entsch te ieden un nsten Begriff ht werde ru ge ng bl ic (… e: he Kons von po d üb ) aufgru n sollen. lit ta (…) Der er die Wahl wurf au ischen als auch nte in der Sich nd ständig ne ständi ue ss er zu dem etzen wollen, von administr heitsdiskussio r „Bedrohung ge Ruf en at D n auf Gef ten erze ilemma, dass ahren ni iven Akteuren, dar. Er komm “ stellt t de ug di der alltä t. Permanente r Ausbau von cht hingewiese e sich nicht sowohl dem Vo gl Sicherhe n zu ha rfügbarke ichen Gefahre technische In be it n. Dies immer nova it von Ko na zwar Si mmunik bwehr, die se tionen, ein ho weitere Unsic führt ch nen – de erheit, sie brin ationsmitteln lbstverständlic hes Niveau im herheige he Anknüpf m genannten n aber auch ei und hohe Rech und jederzei Bereich D ti ne en ts bestehen d daran kann ilemma folgen hohe Abhän standards su ge Vergg gi d einen di , Unsicherheite die zentrale A – neue Unsic gkeit mit sich erieren un uf e he n anderen tatsächliche U zu reduzieren gabe der Sich rheiten auslös d köner ns . die „gef en ühlte“ U icherheit, ausg Dies umfasst heitsakteure nu . (…) Endreß zw , Christia nsicherh elöst du r n / Pete rch Gef ei Dimensionen darin eit.“ KeBo Innn e :Se Bund rsen, N ah LBesST: zum re n ze und Risi ils aL (201er aY Be ST Im mu nG ntrale für „ST 2):TD-ie ken, zum po Dimensio no Tlitisc Bi aLhe au F Ko nZ er ld nen des ar me unD g. “ Sicherhe V F S GTe n? itsbegriff e.V. Handlungshilfen für Ein Erfa es. Verehru inngsbericht
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Die Artikel dieser Ausgabe des MagazinsObjfür Sicherheitskultur spiegeln die Meinungen der Autoren wieder und müssen nicht ektive vs. subjektive Sicherheit zwingend der Meinung der Redaktion entsprechen. In T e r zur Förd (Tou der Sicher erung heit von Großvera nstaltung en
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