1UP Januar 2013

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ICF Basel Magazin Issue N°  6 — Januar 2013


Editorial 1UP einmal anders Du hältst hier nicht nur die erste Ausgabe unseres Magazins im sie mit eigenen Augen unter uns beobachten. Und die Liste liesse Jahr 2013 in Händen, sondern zugleich ein richtungsweisendes sich noch lange fortsetzen. Statement für uns als Kirche. Wir geben dir als Gemeindeleitung damit einen Einblick in «Leute: Wir sind Teil einer bemerkenswerten Gemeinschaft, unsere Vision für die Zukunft – und fordern dich persönlich heraus, Teil davon zu sein. die der Hingabe und Liebe von Jesus Christus immer wieder Dieses Heft unterstützt und vertieft die ein konkretes gleichnamige Predigtserie, mit der wir ins neue Jahr starten. Ausserdem dient es in dieser Zeit als Vorbereitungshilfe für unsere Smallgroups, die sich unter der Woche treffen – wenn du noch in keiner Gruppe dabei bist, dann ist das der perfekte Anlass, endlich einzusteigen! Auf verschiedenen Ebenen nehmen wir damit den roten Faden auf, der uns durch das Jahr 2013 und darüber hinaus begleiten soll. Und ich nehme es gleich vorweg: Das wird kein Spaziergang. Wir werden uns in diesem Jahr nicht nur gegenseitig zu all dem gratulieren, was Gott unter uns schon bewegt hat – auch wenn es dazu vieles zu erzählen gäbe. Tatsächlich fasziniert es mich nach acht Jahren als Pastor im ICF Basel mehr als je zuvor, Gottes Vision von Kirche immer wieder mitten unter uns verwirklicht zu sehen: Ein junger Mann kommt in unseren Celebrations zum Glauben und macht mit der Unterstützung seiner Smallgroup und anderer Freunde geradezu atemberaubende Fortschritte in seinem Leben mit Gott. Eine Familie entscheidet sich, einen Teenager bei sich zu Hause aufzunehmen, der von seinen leiblichen Eltern buchstäblich abgeschrieben und rausgeschmissen wurde. Eine andere Familie bricht alle Zelte in Basel ab und reist nach London aus, um dort eine Lebensgemeinschaft für Jugendliche in Problemsituationen aufzubauen. Einige Wilde aus unserer »Wildlife«-Generation investieren mehrere Abende, um einer alleinerziehenden Mutter beim Umbau ihres neuen Zuhauses zu helfen. Zwei junge Frauen verbringen ganze Nächte im Andachtsraum des Spitals und kämpfen im Gebet um das Leben einer Frau auf der Intensivstation. Ein Geschäftsmann entschliesst sich, einen beachtlichen Teil seines Firmengewinns der Kirche zu spenden und damit unsere Vision mitzutragen. All diese Geschichten müssen wir uns nicht ausdenken – wir können

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Gesicht gibt!»

Und gerade weil ich überzeugt bin, dass wir im ICF Basel mit einer aussergewöhnlichen Konzentration von aufrichtigen, hingebungsvollen, herzhaften Christen gesegnet sind, möchte ich uns mehr zutrauen als Selbstbestätigung. Gerade darum wollen wir uns nicht nur gegenseitig auf die Schultern klopfen, sondern uns auch herausfordern zu einem Leben, das Jesus ernster nimmt als je zuvor. An dieser Stelle muss ich auch eine Vorwarnung anbringen: Ich werde die Dinge ziemlich auf den Punkt bringen. Du hältst ein Magazin in Händen, das uns als Gemeinschaft aufregen und bewegen will. Ich könnte nicht einmal behaupten, dass wir damit niemandem auf die Füsse stehen wollen – ich hoffe nur, dass es gelingt, auf die richtigen Füsse zu stehen und keinen unnötig anzugreifen oder zu Unrecht im Glauben zu hinterfragen. Sollte der Bogen an manchen Stellen ein wenig überspannt werden, dann nicht, um eine Fehlentwicklung durch eine andere zu ersetzen, sondern einfach, um dem handwerklichen Grundsatz zu folgen, dass ein krummer Bogen nur gerade wird, wenn man ihn kurzzeitig in die andere Richtung etwas überdehnt… Mein Gebet ist, dass wir neu von der Hingabe, Liebe und Hoffnung entfacht werden, die Jesus vorgelebt und durch seinen Geist in uns hineingelegt hat. Das könnte in unserem Leben einiges in Bewegung bringen – aber davor schrecken wir wohl kaum zurück. Denn wie Rob Bell, ein bekannter christlicher Visionär, einmal sagte: »Deep down, people are wired for revolution.« Euer Manuel Schmid, Senior Pastor.


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Der

harmlose Jesus und seine Nachfolger

Steigen wir ein mit einem kleinen Experiment: Rufe doch mal auf Google den Suchbegriff »Jesus« auf – und schau dir an, welche Ergebnisse die Bildsuche liefert. Du wirst beschenkt mit ungefähr 700 Millionen Bildern, die dir einen recht zuverlässigen Einblick darin geben, wie sich unsere Zeit diesen aussergewöhnlichen Menschen vorstellt. Schon die ersten paar Hundert Hits (also bevor die skurrilen Ergebnisse folgen, von denen keiner weiss, wie sie unter den Suchbegriff Jesus gefallen sind…) zeichnen uns das Bild eines Heilands, der so zuckersüss ist, dass man vom blossen Anblick Karies bekommt. Jesus – der Traumschwiegersohn, ein Inbegriff von Nettigkeit und Harmlosigkeit. Woher nur kommt diese Vorstellung von Jesus? Wurde der Suchfilter von Google manipuliert, werden die rauen, wilden, verstörenden Bilder von Jesus einfach unterschlagen – ist hier am Ende eine perfide Verniedlichungskampagne im Gange? Ich lasse die Bombe gleich zu Beginn platzen: Ja, tatsächlich! Die Ergebnisse zum Suchbegriff »Jesus« verdanken sich einer Verniedlichungskampagne gewaltigen Ausmasses. Aber dahinter steckt für einmal nicht Google. Das Problem liegt gar nicht auf der digitalen Ebene – Google präsentiert nur die Bilder, die sich unsere Zeit von Jesus macht – das Problem ist vielmehr ein analoges. Seine Wurzeln gehen weit in Zeiten zurück, in denen es noch gar keine Computer und schon gar kein Internet gab… Um es kurz und schmerzhaft zu machen:

«Hinter der Verniedlichung von Jesus in unserer Zeit stehen wir letztlich selbst – als Teil eines Christentums, das im Verlauf der Geschichte seine Zähne verloren hat, nett und harmlos wurde.» Das weichgespülte, kindergartentaugliche Bild von Jesus hat sich unsere Zeit nicht einfach in freier Phantasie ausgedacht – sie hat es vielmehr von uns Christen abgelesen.

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Wir sind ja bekanntlich die Bibel, die unsere Mitmenschen lesen. Die Vorstellungen, die sich unsere Zeitgenossen von Jesus machen, Autor: Manuel Schmid

entspringen in aller Regel nicht dem intensiven Studium des Neuen Testaments, sondern der alltäglichen Beobachtung derer, die sich als »Christen« verstehen und also nach diesem Mann benannt werden wollen. Wir selbst prägen das Bild, das unsere Welt von Jesus hat. Gewissermassen schauen wir also in den Spiegel, wenn wir uns die Ergebnisliste auf Google anschauen…

«Und eben darum geht’s in diesem Magazin. Um ein Christentum, das im Laufe der Zeit bürgerlich gezähmt wurde – und um die Suche nach einem Glauben, der sich neu an die Fersen von diesem Jesus heftet, von dem uns das Neue Testament erzählt.» Vielleicht kommt mein Anliegen am besten zum Ausdruck in dem Aufschrei des bekannten Pastors und Autors Erwin McManus: »Wie sind wir nur zu diesem Abklatsch des Glaubens gelangt, zu dieser sterilen Version dessen, wozu uns Jesus eigentlich ruft? Irgendwann im Laufe der Geschichte wurde aus der Bewegung Jesu Christi das zivilisierte Christentum. Wir haben eine Religion gegründet, die den Namen Jesu trägt, und reden uns ein, Gott wolle uns in eine fromme Kuschelecke absondern. Dort riskieren wir nichts, opfern nichts, verlieren nichts und sind fein heraus. Aber Jesus starb nicht, um uns vor dem Tod zu bewahren, sondern um uns die Angst vor dem Tod zu nehmen. Vielleicht ist das die Tragödie unserer Zeit: Der Grossteil derjenigen, die Jesus als ihren Herrn bezeichnen, ist gebändigt worden. Die Christen haben die Einfachheit ihres frühen Glaubens verloren. Sie haben die Leidenschaft und Kraft des rohen, ungezähmten und ursprünglichen Glaubens eingebüsst.« (Erwin Raphael McManus: Go wild! Schluss mit dem braven Christsein, Wuppertal 2005, Seiten 17 und 40.) Mit anderen Worten: Der harmlose, verniedlichte Jesus der Google-Suche entspricht dem Eindruck, den wir als Christen in unserer Gesellschaft machen, mehr als es uns lieb ist. Wir haben uns zähmen lassen und sind nett geworden.


Willkommen in

Bünzlihausen In der Schweiz pflegen wir einen liebevollen Ausdruck für eine solche bürgerliche Harmlosigkeit. Er ist viel freundlicher konnotiert als der deutsche »Spiesser«, und er hat auch diesem Heft seinen Namen gegeben: Wir reden vom typischen Schweizer »Bünzli«. Natürlich ist nicht jeder Bünzli ein Christ – es gibt durchaus auch atheistische Bünzli’s, agnostische Bünzli’s, religiös unentschlossene Bünzli’s und viele andere. Mit dem »Bünzli« ist ja an und für sich noch keine Religionszugehörigkeit verbunden. Es erstaunt aber doch, wie gut sich ausgerechnet das Christentum mit der Schweizer Bünzligkeit verträgt. Der christliche Glaube hat sich in den vergangenen Jahrhunderten so entwickelt, dass er vor allem im bürgerlichen, konservativen, sicherheitsliebenden Teil der Bevölkerung zu Hause ist (und die Freikirchen sind hier keine Ausnahme…). Da scheint er sich irgendwie besonders wohl zu fühlen, da wird er gepflegt und an die folgenden Generationen weitergegeben. Und das ist ja zunächst noch gar nicht das Problem.

«Denn Herr und Frau Bünzli sind zutiefst nette, verantwortungsbewusste, anständige Menschen.» Sie leben in einer überschaubaren, berechenbaren, abgesicherten Welt und richten es sich dort gemütlich ein. Herr Bünzli legt besonderen Wert auf einen verantwortlichen Umgang mit allem, was einem anvertraut ist – ganz besonders mit dem Geld. Seit vielen Jahren hat er einen Sparauftrag bei seiner Bank laufen, mit dem er mittlerweile ein beachtliches finanzielles Polster für schwierige Zeiten zurückgelegt hat. Man weiss ja nie, wann die sieben fetten Jahre vorbei sind… Frau Bünzli hilft dem Haushaltsbudget etwas nach, indem sie beim Einkaufen Zehntausende von Cumulus- und Superpunkten anhäuft und mit Leidenschaft Pfannenmärkli sammelt. Seit die Bünzli’s Christen sind, spenden sie ausserdem 10% ihres Einkommens an ihre Kirche – Brutto, versteht sich! Sogar vom 13. Monatslohn. Und die Kinder verzehnten ihr Taschengeld auch schon. Schliesslich ist das eine biblische Regel. Und Regeln sind ohnehin meistens gut. Damit sind dann aber auch wirklich alle kirchlichen Ansprüche

auf das eigene Portemonnaie abgegolten. Selbstverständlich ist Herr Bünzli gegen alle möglichen Überraschungen des Lebens versichert – auch wenn er dem Leben eigentlich nicht mehr viele Gelegenheiten lässt, ihn zu überraschen. Er geht nämlich keine unnötigen Risiken ein, ganz besonders seit er Christ ist und das eigene Leben als Gabe Gottes zu schätzen weiss. Auf

«Und eben darum geht’s in diesem Magazin. Um ein Christentum, das im Laufe der Zeit bürgerlich gezähmt wurde – und um die Suche nach einem Glauben, der sich neu an die Fersen von diesem Jesus heftet, von dem uns das Neue Testament erzählt. » sein Velo steigt er grundsätzlich nur mit seinem knallgrünen Helm, der beim Warentest des K-Tipp in Punkto Sicherheit alle anderen ausgestochen hat (wenn er auch in Sachen Design etwas zurücklag…). Sein Auto ist mit neun Airbags ausgerüstet und er fährt damit so vorsichtig, dass er den fünften Gang noch nie gebraucht hat. Auch ihren Kindern geben Herr und Frau Bünzli diese Lebenseinstellungen und Werte mit auf den Weg. Ein guter Christ führt ein gewissenhaftes, verantwortliches Leben – das lernt man ja schon in der Sonntagschule. Man sollte sich die Bünzli’s deshalb aber nicht zu verbissen vorstellen. Sie sind vielmehr ausgesprochen freundliche Menschen. Eigentlich waren Herr und Frau Bünzli schon immer nette Leute, aber seit sie Christen sind, sind sie noch netter. Ihr Lächeln hat sich gewissermassen verbreitert, seit sie wissen, dass sie jetzt auch für Jesus strahlen sollen. Mit den Leuten an der Bushaltestelle wechselt Herr Bünzli jeden Morgen einige Worte – weil man immer denselben Bus nimmt, kennt man sich ja auch schon lange. In der Firma pflegt Herr Bünzli mit seinen langjährigen Mitarbeitern ein herzliches Verhältnis. Ganz ähnlich geht es Frau Bünzli mit den Nachbarn im Haus – man grüsst sich in der Wäscheküche und leiht sich auch bereitwillig etwas Mehl oder einige Eier, wenn sie mal ausgegangen sind. In ihrem eigenen kleinen Universum haben die Bünzli’s keine Feinde – im Gegenteil: Autor: Manuel Schmid

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Sie haben sich ein schönes Beziehungsnetz mit Gleichgesinnten aufgebaut. Man versteht sich, teilt die gleichen Werte und ist sich darüber einig, wie ein gelungenes Leben auszusehen hat. Das gilt natürlich besonders für die Kirchgemeinde: Hier sind die Bünzli’s zu Hause, hier treffen sie auf ihresgleichen. Seit 13 Jahren sind sie im selben Hauskreis, wo sie es so schön haben, dass sie schon vor längerer Zeit beschlossen haben, bis zur Wiederkunft Jesu in dieser Formation zu bleiben. Mit neuen Leuten tun sie sich ohnehin etwas schwer. Sie sind froh, dass es in ihrer Kirche eine soziale Arbeit gibt, wo sich einige engagierte Mitarbeiter mit den Eigenartigen, Querstehenden, Andersdenkenden der Gesellschaft abgeben. Sie selbst fühlen sich nicht berufen, ihr soziales Nest zu verlassen und sich auf ganz neue Leute einzulassen – oder sich sogar für sie verantwortlich zu fühlen. Dafür haben sie es viel zu gut in ihrer kleinen, herzlichen, harmonischen Welt. Ganz auf diesen Linien gehört es dann auch zu den Eigenheiten von Herr und Frau Bünzli, dass sie Veränderungen eher skeptisch gegenüberstehen. Nicht, dass sie sich auf die Annehmlichkeiten des modernen Lebens nicht einstellen könnten – Herr Bünzli ist stolzer Besitzer des neuen iPhones, pflegt einen eigenen Facebook-Account und hört im Auto immer das neuste HillsongAlbum – aber wenn es darum gehen soll, Dinge wirklich anders zu tun und zu denken als bisher, dann hört der Spass bald einmal auf. Wer die bürgerlichen Grundwerte hinterfragt, wer bewährte Prioritäten neu mischen will, wer verlangt, sich mit dem eigenen Glauben noch einmal neu auseinanderzusetzen, der stösst bei Herr und Frau Bünzli auf Befremden. Das gilt auch und besonders für alle vollmundigen Projekte, die diese Welt doch noch retten und zu einem besseren Ort machen wollen. Im Grunde genommen sind die Bünzli’s nämlich Pessimisten. Sie sind überzeugt, dass früher alles besser war – und sie wissen, dass es nie mehr werden wird wie früher. Diese Welt geht hops. Das wussten sie früher schon, und seit sie Christen sind, können sie es sogar noch biblisch belegen. Es ist darum höchst zweifelhaft, wenn übermütige Christen heute noch eine Revolution lostreten wollen und mit grossartigen Erwartungen der Zukunft in die Arme rennen. Nein, da ziehen sich die Bünzli’s lieber in ihren Mikrokosmos zurück und freuen sich an einem beschaulichen Leben, solange es noch möglich ist.

Bünzli Definition

Nur manchmal, ganz selten, blitzt im Herzen der Bünzli’s ein Gedanke auf… Zum Beispiel wenn Herr Bünzli im Gottesdienst sitzt und die Geschichte des Glaubensvaters Abraham hört – wie er sich von Gottes Vision ergreifen lässt und mit der ganzen Familie die Koffer packt. Wie er alle Sicherheiten zurücklässt, um in ein unbekanntes Land aufzubrechen, bereit für die Abenteuer, die dort auf ihn warten… Dann fragt sich Herr Bünzli für einen kurzen Moment, ob Gottes Vision für sein Leben vielleicht auch noch einige Überraschungen bereithalten würde. Ob sein Glaube ihn einmal mehr kosten könnte als seinen Brutto-Zehnten… Und dann stösst Frau Bünzli in ihrer regelmässigen stillen Zeit auf die Geschichte von Moses – wie Gott ihm die Augen öffnet für die Not und Unterdrückung seines Volkes. Moses riskiert seine herausragende Stellung in Ägypten und kämpft bis zum Letzten für die Befreiung Israels… Und auf einmal holt Frau Bünzli die Idee ein, dass auch auf sie ein Kampf warten könnte für Menschen, die ausserhalb ihres vertrauten Kreises leben. Dass Jesus ihr Herz für bisher unbekannte Menschen bewegen möchte, die gefangen, unterdrückt, vergessen sind… Ein andermal kommen die Kinder aus dem Konfirmationsunterricht nach Hause und erzählen ganz aufgewühlt von dem Apostel Paulus – wie ihn seine Leidenschaft für Jesus durch das ganze römische Reich führte. Wie er der revolutionären Bewegung, die sich später Kirche nennen wird, zum weltweiten Durchbruch verhilft. Ja, das waren aufregende Zeiten, als es für das Evangelium noch etwas zu gewinnen gab, als die Nachfolger von Jesus noch die Welt auf den Kopf stellten! Und plötzlich steht der Gedanke im Raum: Was können die Nachfolger von Jesus eigentlich heute noch bewegen?

«In solchen Augenblicken streift die Bünzli’s der Verdacht, dass ihr aufgeräumter, bürgerlich-harmloser Lebensstil auch zum Käfig für einen ungezähmten Glauben werden kann – ja, dass uns die Nachfolge von Jesus gerade aus unserer kleinen, gemütlichen Welt herausreissen könnte…»

sich r): engstirnige Person, die Bünzli, der (auch Füdlibürge formität Kon te räg gep hkeit sowie aus durch geistige Unbeweglic en geg ng eigu Abn r eine men und mit gesellschaftlichen Nor ung auszeichnet. geb um ens Leb ten ohn Veränderungen der gew

Bünzlimoral, die: Ord nung, Gehorsam u. Re gelmässigkeit sind ihr drei Grundpfeiler. Leg e itimiert wird die Bünzl imoral durch christlich Werte. Diese sind jed e och nur noch bequem e Konventionen. (Quelle: Bierglaslyrik 02/2010)

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Recherche Bünzli: Timon Ramstein

ia)

(Quelle: Definition Wikiped


Der jesus des

neuen testaments

Um diesen Verdacht der Bünzli’s zu erhärten, werfen wir einmal einen nüchternen Blick auf den Jesus, den uns das Neue Testament vorstellt. Denn dieser Mann will zum Lebensentwurf der Bünzli’s ebensowenig passen wie zum Bild, das uns die Google-Suche vermittelt… Die Evangelien erzählen von einem Jesus, der von seiner Geburtsstunde an Gefahren anzieht und Entscheidungen provoziert. Er wird in eine religiöse und politische Welt voller Spannungen hineingeboren und befindet sich schnell zwischen allen Fronten. Dieser Jesus kommt nicht in Bethlehem zur Welt, weil die Abendstimmung über dem schneebedeckten Stalldach so romantisch anmutet, sondern weil seine Eltern von den Steuergesetzen der Römer zur anstrengenden Reise dorthin gezwungen wurden – Schwangerschaft hin oder her (vgl. Lukas 2,1-4. Und Schnee gab’s da ausserdem gar nicht…). Herrscher über dem Gebiet Israels ist Herodes der Grosse. Er erhält vom Cäsar offiziell den Titel »König der Juden«, und als er von dem neugeborenen König der Juden hört, da lässt er sich nicht im Franz Carl Weber ein tolles Geschenk für den Heiland einpacken, sondern will ihn gleich als Säugling schon töten. Nur durch die Flucht der Familie ins Ausland entgeht Jesus knapp diesem frühen Schicksal. Das hat mit der Glühweinstimmung, welche die Weihnachtsgeschichte in mancher Erinnerung hervorruft, nun wirklich gar nichts zu tun. Auf der Suche nach dem verheissenen König der Juden lässt Herodes dann in der Geburtsstadt Jesu gleich alle männlichen Kinder unter zwei Jahren durch das römische Schwert umbringen – sicher ist sicher… Erst als die Eltern von Jesus nach einigen Jahren hören, dass Herodes gestorben ist, wagen sie sich wieder in ihre Heimat zurück (vgl. Matthäus 2,22-23). In der Zwischenzeit ist das ehemalige Herrschaftsgebiet Herodes des Grossen auf drei seiner Söhne aufgeteilt worden – und wie sich herausstellt, bedeuten diese neuen Herrschaftsverhältnisse für die Bevölkerung Israels

alles andere als eine Verbesserung. Wenn Herodes die Pest war, dann bringen seine Söhne die Cholera. Die Köpfe rollen unter ihrer Regierung schneller und das Geld fliesst in ihre Kassen massloser als je zuvor. Dazu kommen ihre Rivalitäten und Intrigen untereinander, welche die politische Situation für die Juden ebenso komplex wie angespannt macht. Noch bevor Jesus als Erwachsener offiziell die Bühne betritt, legt sich sein Cousin Johannes der Täufer mit einem von Herodes Söhnen, Herodes Antipas, persönlich an. Johannes der Täufer ruft in dessen Herrschaftsgebiet Galiläa das Volk zu Gott zurück – und er bewegt die Menschenmassen mit einer einfachen Predigt: »Kehrt um zu Gott – das Reich Gottes ist am durchbrechen!« (Matthäus 3,2) In der Umgebung eines eifersüchtigen, machtgeilen Herrschers den Durchbruch eines neuen Königreiches anzukündigen, braucht schon eine Portion Wagemut – aber Johannes treibt es noch weiter: Er konfrontiert Herodes Antipas öffentlich und prangert dessen illegitime Beziehung zu Herodias an. Sie ist eigentlich die Frau seines Bruders, und Antipas selbst ist auch längst verheiratet – aber er schickt seine erste Frau in die Wüste und spannt seinem Bruder die attraktive Herodias aus. Auf diese haarsträubende Familiengeschichte legt Johannes der Täufer seinen Finger und wagt es, Antipas dafür direkt zu kritisieren: »Mit scharfen Worten wies er Herodes zurecht, den Herrscher von Galiläa, weil dieser dem eigenen Bruder dessen Frau Herodias weggenommen hatte. Johannes hielt ihm außerdem all das Böse vor, das er sonst noch getan hatte. Da fügte Herodes allem begangenen Unrecht auch noch das hinzu, dass er Johannes ins Gefängnis werfen ließ.« (Lukas 3,19-20) Herodes reagiert empfindlich auf diese öffentliche Kritik an seinem Lebensstil – er lässt Johannes ins Gefängnis werfen. Wenig später wird Johannes dann auf Wunsch von Herodias Autor: Manuel Schmid

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enthauptet – sie ist offensichtlich beleidigt und wünscht sich zum Anlass eines königlichen Festes den Kopf des Täufers als Souvenir. Er wird ihr auf einem Teller präsentiert. Und jetzt endlich zu unserem Jesus. Er befindet sich gerade im Gebiet von Judäa, als er von der Gefangennahme seines Cousins hört. Natürlich ist ihm sofort klar, dass Johannes damit die Rechnung bezahlt für dessen Predigt vom Königreich Gottes und den Ruf zur Umkehr – und Jesus weiss auch, dass er damit selbst ins Schussfeld gerät. Ihn hat Johannes ja als denjenigen angekündigt, der dieses neue Königreich bringen wird. So lesen wir dann: »Als Jesus hörte, dass man Johannes ins Gefängnis geworfen hatte, verließ er Judäa und kehrte nach Galiläa zurück.« (Matthäus 4,12) Die Lage für Jesus wird ernst, darum hält er den Ball tief und zieht sich in sichere Gefilde zurück. Sein Auftrag kann warten – Sicherheit geht vor. Aber halt… Ist Galiläa nicht genau das Gebiet, in dem Johannes das neue Königreich angekündigt hat – und in dem er von den Soldaten des Herodes Antipas gesucht und gefangen genommen wurde? Schon ein kurzer Blick auf die Karte von Israel macht deutlich:

«Die Reise von Jesus nach Galiläa gleicht weniger einem Rückzug, als vielmehr einer bewussten Konfrontation mit den Mächten, die ihm entgegenstehen. Jesus geht stracks dorthin, wo Johannes Ärger bekommen hat!» Er läuft mitten in die Höhle des Löwen – und hält dort nicht brav den Mund, bis sich die Wogen geglättet haben, im Gegenteil: Er übernimmt unmittelbar die Staffel seines Vorläufers und beginnt ausgerechnet hier seinen öffentlichen Dienst: »Von da an begann Jesus zu predigen: ‚Kehrt um zu Gott – das Reich Gottes ist angebrochen!’« (Matthäus 4,17, vgl. Markus 1,15) Jesus hält exakt dieselbe Predigt, die seinen Cousin die Freiheit gekostet hat. Mitten in der politisch angespannten Atmosphäre, während Johannes im Gefängnis auf seinen Tod wartet, kündigt er das anbrechende Königreich Gottes an. Es ist, als ob er eigens nach Galiläa gereist ist, um Antipas klarzumachen: So schnell wirst du mit Gottes Königreich nicht fertig. So schnell wirst du diese Botschaft nicht los. Du hast Johannes zum Schweigen gebracht, aber jetzt kommt der, den er angekündigt hat… Das ist nicht der weichgespülte Jesus der Google-Suche. Das ist kein harmloser Prediger der zwischenmenschlichen Nettigkeit. Dieser Jesus schreckt nicht vor Widerstand zurück und lässt sich von den Drohungen der Mächtigen seiner Zeit nicht einschüchtern. Ganz offensichtlich betete er vor dem Einschlafen nicht: »Gott, bewahre mich vor Ärger und lass mich ein unauffälliges Leben führen…«, sondern viel eher: »Dein Reich komme, dein Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden!«

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«Hier begegnet uns ein Mann, der von einer Leidenschaft erfüllt und von der Vision eines geistlichen Aufbruchs getrieben ist, die ihm viel mehr bedeutet, als ein harmonisches, spannungsfreies Leben.» Wie auch immer du dir den Alltag von Jesus und seinen ersten Nachfolgern vorstellst: romantisches Landleben ist das nicht. Jesus zieht kaum aus purer Freude am Wandern von Dorf zu Dorf und von Stadt zu Stadt, sondern weil er ständig in Bewegung bleiben muss, um nicht vorzeitig umgebracht zu werden. Er will sicher gehen, dass er den Römern nicht zum Opfer fällt, bevor seine Nachfolger die Botschaft vom Reich Gottes verstanden haben und die revolutionäre Bewegung weiterführen können, die mit ihm ihren Anfang nimmt. Der Jesus, von dem uns die Bibel berichtet, legt eine Entschlossenheit und Unerschrockenheit an den Tag, die auch seine Jünger ausgesprochen nervös macht. An einer Stelle suchen ihn sogar die Pharisäer auf – also gerade jene Gruppierung aus dem religiösen Establishment, die später für seine Auslieferung und Verurteilung mitverantwortlich sein wird – weil sie sich ernsthaft Sorgen um seine Sicherheit machen… »Kurze Zeit später kamen einige Pharisäer zu Jesus. Sie warnten ihn: ‚Wenn dir dein Leben lieb ist, dann sieh zu, dass du schnell von hier fort kommst. König Herodes will dich töten lassen!’« (Lukas 13,31) Fast schon rührend, wie die Pharisäer hier um das Wohlergehen von Jesus bekümmert sind – und wie eindringlich sie ihm zur Vorsicht raten! Umso direkter ist dann allerdings dessen Antwort: »Jesus antwortete: ‚Sagt diesem Fuchs: Heute und morgen treibe ich Dämonen aus und heile Kranke. Aber am dritten Tag werde ich mein Ziel erreicht haben.’« (Lukas 13,32) Jesus lässt sich nicht aufhalten. Er weiss um den Widerstand, den er provoziert, und er kennt die Gefahren, denen er sich aussetzt. Man könnte nicht behaupten, er handle kopflos oder unüberlegt: Immer wieder lässt Jesus durchblicken, dass er die Risiken sehr wohl kalkuliert hat – aber er ist von einer Passion erfüllt, für die er jeden Preis zu bezahlen bereit ist…

«Er ist der König des angekündigten Königreiches. Jesus redet nicht nur vom Reich Gottes, er richtet es mitten unter uns auf. Wer diesem König begegnet, der ist nie mehr derselbe.» Herodes der Grosse und seine Söhne hinterlassen mit ihrem Leben eine Spur der Verwüstung – durch das Leben von Jesus zieht sich eine Spur der Heilung und Befreiung. Kranke werden gesund, Gebundene werden losgelassen. Gescheiterte erhalten eine neue Chance, Schuldigen wird vergeben. Unterdrückte finden Gerechtigkeit, Ausgestossene werden aufgenommen.


Die Realität des Himmels bricht durch Jesus Christus mitten in diese gefallene Welt ein – oder, besser ausgedrückt: Der lebendige Gott selbst kommt in Jesus Christus unter uns und heilt unsere zerbrochene Existenz.

Israel. Er wird von den Römern des Aufruhrs und von den Juden der Gotteslästerung angeklagt. Soldaten geisseln ihn halbtot und schlagen ihn dann als Kriminellen an ein Kreuz. Die Befürchtungen der Pharisäer erweisen sich als berechtigt…

Was Jesus also zu einem Leben auf Messers Schneide bewegt, ist nicht jugendliche Kopflosigkeit oder blosse Abenteuerlust, und schon gar nicht jene radikale Besessenheit von sich selbst, die etwa die Familie des Herodes auszeichnet. Nein, ganz im Gegensatz zu den anderen »Königen« seiner Zeit (und im Unterschied auch zu vielen Kämpfern und Abenteurern bis zum heutigen Tag) dreht sich die Leidenschaft von Jesus nicht um ihn selbst.

Aber das ist nicht das Ende der Story. Jesus hat auf die Warnungen vor seinem Tod mit einer geheimnisvollen Andeutung geantwortet:

«Er kämpft seinen Kampf und bezahlt seinen Preis… für dich. Für mich. Für eine verlorene, erlösungsbedürftige Menschheit.» Die Kraft die ihn treibt, ist die Liebe zu uns Menschen. Und Jesus gibt zu verstehen: Davon lässt er sich durch keine Gefahr und Drohung abhalten. Dafür ist er bereit zu leben und zu sterben. Wir kennen die Geschichte. Nur wenige Monate nach dieser Begebenheit findet Jesu’ Leben tatsächlich ein abruptes Ende. Der umstrittene Messias weckt nicht nur den Zorn der römischen Unterdrücker, sondern auch die Eifersucht der religiösen Elite in

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»Heute und morgen treibe ich Dämonen aus und heile Kranke. Aber am dritten Tag werde ich mein Ziel erreicht haben.« (Lukas 13,32) »Am dritten Tag bin ich am Ziel« – man könnte auch übersetzen: Am dritten Tag wird mein Werk vollendet. Im typischen Stil eines hebräischen Rätsels spricht Jesus hier von seiner Auferstehung. Jesus weiss, dass sein Tod nicht das Ende der Geschichte sein wird, sondern gewissermassen erst deren Anfang. Der lebendige Gott, der Himmel und Erde geschaffen und dem Menschen seinen Lebensatem eingehaucht hat, wird ihn am dritten Tag zu neuem Leben erwecken – damit rechnet Jesus. Er stirbt nicht mit der Ungewissheit, ob sich das alles wirklich gelohnt hat, sondern in der festen Hoffnung, dass mit seiner Auferstehung eine neue Zeit anbrechen wird. Das Königreich Gottes dringt in diese zerbrochene Welt ein, eine revolutionäre Bewegung ist angestossen! Dafür riskiert Jesus alles. Das bedeutet ihm mehr, als ein beschaulicher Ruhestand.

Und jetzt? Das also ist der Jesus, der uns im Neuen Testament begegnet. Der Bibel-Jesus, nicht der Google-Jesus. Und wenn du dich fragst, was das alles nun mit dir als Christ im 21. Jahrhundert zu tun hat – dann lautet die Antwort kurz und bündig:

«Diesem Jesus folgst du nach.» Wenn du dich mit Recht Christ nennst, dann hast du zu diesem Jesus gesagt: Ich will in deinen Fussstapfen gehen. Ich will von dir lernen und mein Leben von dir prägen lassen. Ich will kämpfen, wofür du gekämpft hast. Deine Prioritäten sollen meine Prioritäten werden, deine Ziele sollen meine Ziele werden. Deine Entschlossenheit und dein Mut soll auch in meinen Augen leuchten. Was dich bewegt hat, soll auch mich in Bewegung setzen. Die Hoffnung, die dich erfüllt hat, soll auch in mir pulsieren. Dir, Jesus, will ich mit meinem Leben im 21. Jahrhundert nachfolgen. Und jetzt lass uns das doch einmal im Blick auf unser Leben durchdeklinieren. Lass uns entdecken, wie sich unsere Vorstellung eines gelungenen christlichen Lebens verändert, wenn wir uns mitten in unserer Zeit an die Fersen von diesem Jesus heften… Autor: Manuel Schmid

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Glaube

Glaube

lebt vom Risiko Beginnen wir mit der beunruhigenden Angewohnheit von Jesus, die Sicherheit und Berechenbarkeit seines Lebens immer wieder für die Vision vom Reich Gottes aufs Spiel zu setzen. Unser kurzer Blick auf das Leben von Jesus und seine Auseinandersetzungen mit Herodes Antipas haben dies schon sehr deutlich gemacht – und man könnte in den Evangelien viele andere Beispiele dafür finden:

«Der Jesus, der uns auffordert, ihm nachzufolgen, zählt ein harmonisches, spannungsfreies Leben offensichtlich nicht zu seinen höchsten Werten.» Interessanterweise leben aber immer noch viele Christen mit der Vorstellung, dass der Glaube an Jesus sie gewissermassen aus der Gefahrenzone heraus in einen ausgewogenen Alltag führt. Sie würden es vielleicht so nicht aussprechen, aber insgeheim erwarten sie vom Glauben eigentlich schon, dass er ihr Leben einfacher macht. Nicht selten werden diese Erwartungen dann auch geistlich begründet und als Zeichen des Segens ausgewiesen: Die gewonnene finanzielle Sicherheit, die unberührte Harmonie der Familie, die Geborgenheit der kleinen Welt in der man lebt – all diese bürgerlichen Errungenschaften bestätigen dann die Richtigkeit des eigenen Lebensentwurfes. Sie stehen für den Segen Gottes über unserem Leben – ein Segen, der Jesus selbst eigenartigerweise verwehrt blieb… Mit anderen Worten: Wir wachsen als Christen in unseren Breitengraden meist so selbstverständlich mit einer bestimmten bürgerlich-harmlosen Frömmigkeit auf, dass uns gar nicht mehr auffällt, welche Spannung sich hier auftut zwischen dem, was wir unter einem gelungenen christlichen Leben verstehen – und dem, was uns in Jesus Christus begegnet. Ich frage zugespitzt: Wie soll jemand, der seit seiner Geburt von Gefahren und Widerständen begleitet wurde, der mit einer ungezähmten Leidenschaft für das

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Autor: Manuel Schmid

Königreich Gottes kämpfte und mit 33 einen gewaltsamen Tod fand – wie um Himmels willen soll ausgerechnet dieser Jesus unsere bürgerliche Ruhe und Sicherheit festigen?

«Woher kommt die Erwartung, dass ein Leben in den Fussstapfen dieses Mannes uns in eine harmlose, vorhersehbare, abgesicherte Zukunft führt?» Nein, dieser Jesus lebt für etwas Anderes, für etwas Grösseres. Und das darf ihn etwas kosten. Er kämpft für die Vision eines neuen Königreiches – dafür, dass Menschen durch ihn mit dem lebendigen Gott in Berührung kommen und zum Teil einer Gemeinschaft werden, die diese Welt auf den Kopf stellt. Und er setzt nicht nur sein eigenes Leben auf diese eine Karte, sondern er pflanzt diese Vision auch in die Herzen seiner Nachfolger und legt seinen Kampf in ihre Hände! Drei Jahre lang nimmt er seine Jünger in die Realität des anbrechenden Reiches Gottes hinein. Jesus spricht mit ihnen viel über das Geheimnis dieses Königreiches, und er zeigt ihnen durch seinen Dienst an anderen Menschen, wie diese Vision sich live und in Farbe verwirklicht. Schliesslich steht er vor ihnen – er hat sein Leben am Kreuz hingegeben und ist wieder von den Toten auferstanden – und er ruft seinen Jüngern zu: Jetzt seid ihr dran! Das ist die Klimax, das furiose Ende der drei ersten Evangelien Matthäus, Markus und Lukas, und zugleich der Anfang einer neuen Geschichte, zu der auch wir gehören:

«Jesus schickt seine Nachfolger ins Rennen!»


Glaube Das wäre alles enorm aufregend – nur macht es heute manchmal den Eindruck, als hätte sich der Grossteil der westlichen Christenheit irgendwo auf der Zuschauertribüne verloren. Wir lassen uns jede Woche von biblischen Geschichten begeistern, in denen Menschen atemberaubende Abenteuer bestreiten und Gottes Wirken in ungeahnten Dimensionen erleben – wir klatschen David zu, wie er aus den Reihen der israelischen Soldaten heraustritt und den überdimensionierten Goliath ins Nirvana schickt. Wir applaudieren Esther entgegen, wie sie aus Liebe zu ihrem Volk den persischen Herrscher aufsucht und viele vor dem Tod rettet. Wir stehen auf unsere Stühle vor Begeisterung über den einfachen Fischer Petrus, der an Pfingsten vor Tausenden von Festbesuchern das Wort ergreift und die gewaltigste Erweckung des Neuen Testaments auslöst. Ergriffen von diesen Spitzenläufern und -läuferinnen des Glaubens stimmen wir in unseren Gottesdiensten Lieder an, die vor Radikalität, Hingabe und Tatendrang nur so strotzen. Und dann kehren wir bis zum nächsten Sonntag zurück in ein berechenbares, abgesichertes, unaufgeregtes Leben. Wir lassen uns gewissermassen wieder auf den Zuschauerplätzen nieder. Die fatale Vertauschung der Rollen fällt uns dabei oft gar nicht mehr auf. Denn eigentlich wäre es ja umgekehrt: Der Hebräerbrief erzählt in seinem eindrücklichen elften Kapitel von den Helden und Heldinnen des Glaubens, die uns vorausgegangen sind. Er berichtet vom Lauf ihres Lebens, von den Siegen, die sie errungen haben, von den Risiken, die sie eingegangen sind und von dem Preis, den sie zu bezahlen bereit waren. Eine Figur nach der anderen lässt der Hebräerbrief so vor unserem geistigen Auge vorbeiziehen – und kommt schliesslich mit folgenden Worten auf uns, auf die Nachfolger von Jesus in der Gegenwart zu sprechen: »Wir sind also von einer großen Schar von Zeugen umgeben, deren Leben uns zeigt, dass es durch den Glauben möglich ist, den uns aufgetragenen Kampf zu bestehen. Deshalb wollen auch wir – wie Läufer bei einem Wettkampf – mit aller Ausdauer dem Ziel entgegenlaufen. Wir wollen alles ablegen, was uns beim Laufen hindert, uns von der Sünde trennen, die uns so leicht gefangen nimmt, und unseren Blick auf Jesus richten, den Wegbereiter des Glaubens, der uns ans Ziel vorausgegangen ist.« (Hebräer 12,1-2) Hier heisst es doch: Die Glaubensvorbilder der Bibel umgeben uns wie eine grosse »Schar von Zeugen« und machen uns Mut für unseren Lauf des Lebens! Die Interpreten dieses Textes sind sich ziemlich einig, dass mit der Schar der Zeugen die anfeuernden Zuschauer in der Wettkampfarena gemeint sind – das bedeutet also: Nicht wir sitzen im Publikum und klatschen denen zu, die im Glauben so viel gewagt und bewegt haben, sondern gerade umgekehrt: Diejenigen, die vor uns in den Wettlauf gestartet sind, umgeben uns als begeisterte Zuschauer und spornen uns an, ihren Lauf weiterzuführen!

«Wir haben keinen Platz auf der Zuschauertribüne – für uns ist eine Bahn auf dem Sand der Arena reserviert!» Der Stab unserer Vorläufer wird in unsere Hände übergeben, wir setzen den Wettkampf fort, für den viele vor uns schon alles riskiert haben. Damit werden wir Teil des längsten und kompromisslosesten Staffellaufes der Weltgeschichte, gestartet von Jesus Christus selbst: Er bereitet uns den Weg und ruft uns zu:

»Geht! Geht und lauft für das Königreich, für das ich selbst mein Leben gegeben habe!« (vgl. Matthäus 28,19-20; Markus 16,15-18; Lukas 24,46-49) Was aber heisst das alles nun für unser Leben als Christen im 21. Jahrhundert? Wie laufen wir in unserer Zeit in den Fussstapfen von diesem Jesus? Lass mich hier zuerst klarstellen, was es sicher nicht bedeutet. Nach einer bekannten Einteilung gibt es ja zwei Sorten von Schweizern: Zum einen die klassischen Schweizer Bünzli’s, und zum anderen diejenigen, die alles tun, um keine Bünzli’s zu sein… In dieser zweiten Gruppe gibt es eine erschreckende Anzahl von Menschen, die immer auf der Suche sind nach der nächsten Dummheit, mit der sie sich selbst und viele andere aufregen können. Irgendwie scheinen sie zu wenig natürliche Spannung in ihrem Leben zu spüren, weshalb sie mit ihren eigenen Kopflosigkeiten etwas nachhelfen. Und am gefährlichsten sind diese Leute, wenn sie zu allem Überfluss auch noch Christen sind und ihre unüberlegten, waghalsigen Entscheidungen als Glaubensschritte tarnen. So kommen Geschichten zustande von Menschen, die ihren Job aufgeben und ihre Wohnung kündigen, um fortan »allein im Glauben« zu leben – zumindest solange, bis sie dann ernüchtert im Hotel Mama Unterschlupf suchen und psychisch wieder aufgepäppelt werden müssen. Oder andere Enthusiasten, die sich für die Verwirklichung einer Vision, welche Gott ihnen »prophetisch felsenfest« zugesprochen hat, in tiefe Schulden stürzen und am Schluss nicht das Reich Gottes bauen, sondern einen finanziellen und zwischenmenschlichen Trümmerhaufen hinterlassen. Und dann natürlich auch das in der Schweiz besonders beachtliche Heer an Freistilchristen und Unabhängigkeitskämpfern. Sie verstehen den Glauben so ungebunden, dynamisch und organisch, dass sie sich keiner Gemeinde wirklich anschliessen können. Das ist ihnen alles viel zu engstirnig und bünzlig – dort muss man sich verpflichten, wird Teil eines Systems. Nein, da leben sie lieber ihr eigenes kleines Abenteuer mit Jesus, selbst wenn sie damit erst recht in der Bedeutungslosigkeit untergehen… All diese Karikaturen sind kaum gemeint, wenn Jesus uns mitten in unserer Zeit aufruft, ihm radikal nachzufolgen. Überhaupt geht es nicht darum, ein geregeltes und verantwortliches Leben grundsätzlich zu verurteilen und sich dafür möglichst unkonventionell zu verhalten. Das Problem sind ja nicht das Einfamilienhaus und der Schrebergarten an sich, auch nicht die finanziellen Sicherheiten und schon gar nicht der Velohelm (der hat sich sogar schon als äusserst sinnvoll erwiesen…).

«Das Problem beginnt da, wo wir uns in einer kleinen, harmlosen Welt einsperren lassen.» Dann fragen wir uns, warum wir Jesus nicht mehr erleben – und merken nicht, dass er in unserer netten Welt kaum mehr Platz findet. Es zeigt sich dort, wo wir die Nachfolge des unberechenbaren Jesus einer absehbaren, sicherheitsgläubigen Kultur unterwerfen. Dort, wo unsere Hingabe an Gottes Königreich durch all die Sachzwänge unseres geordneten Lebens auf homöopathische Dosen zusammenschrumpft – wir würde ja gerne… aber die Pflege unseres bürgerlichen Daseins nimmt einfach all unsere Kräfte in Anspruch. So richtig

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Glaube aufopferungsbereit werden wir dann nur noch, wenn wir damit unsere bürgerlichen Errungenschaften festigen können. Also wenn es um die berufliche Weiterbildung zur Sicherung des zukünftigen Wohlstandes geht, oder um den Hausbau, mit dem wir als Familie sesshaft werden – solche Projekte lassen wir uns gerne etwas kosten. Aber die Nachfolge dieses Jesus, der für uns durchs Feuer ging, hat uns selbst schon lange nicht mehr aus der Reserve gelockt…

«Man könnte auch sagen: Wir verlassen die Fussspuren von Jesus genau an dieser Stelle, an der wir die Vision von Gottes Reich für ein typisch schweizerisches Leben aufgeben, anstatt sie mitten in diesem Leben zu verfolgen (auf die Gefahr hin, dass es dann nicht mehr ganz so typisch schweizerisch sein mag…).» Hier liegt auch der Ansatzpunkt für eine Antwort auf die Frage, wie eine kompromisslose Nachfolge von Jesus im hier und jetzt – also in der Region Basel im Jahr 2013 – aussehen könnte. Letztlich können wir uns diese Antwort nur gegenseitig im Vollzug unseres Lebens geben. Indem wir mitten in unserem Leben die Vision vom Königreich Gottes verfolgen, drücken wir unserem Alltag den Daumenabdruck von Jesus auf. Dass das bei jedem anders aussieht, ist klar. Ich versuche hier einmal, einige Beispiele zu geben – in der Hoffnung, dass sie von viel besseren, verrückteren Geschichten aus unserem Leben übertroffen werden… Starten wir mit Herrn Bünzli. Wenn er seinen Hausbau plant, und wenn er es mit Jesus tut, dann fragt er sich nicht nur: Können wir uns einen Hobbyraum für mich und ein Beautyzimmer für meine Frau leisten – oder muss sich meine Frau an der Werkbank schminken? Dann fragt er sich viel grundlegender: Wie kann ich mit diesem Haus mehr bauen als einfach nur unser neues kleines Reich – wie kann ich damit auch Gottes Reich bauen? Und dann kommt er vielleicht zum Entschluss, sowohl auf den Hobbyraum als auch auf das Beautyzimmer zu verzichten, um stattdessen Platz für einen grossen Gästeraum zu schaffen. Hier wollen die Bünzli’s Jugendliche in schwierigen Familiensituationen aufnehmen und ihnen wenigstens kurzzeitig ein gesundes Zuhause bieten. Sie bezahlen damit einen konkreten Preis für die Vision vom Reich Gottes und öffnen die Tür für eine Menge Probleme, die sie sonst nicht hätten – aber sie riskieren es, weil sie für etwas Grösseres leben als für ihre schöne kleine Welt… Und Frau Bünzli, wenn sie im Möbel Pfister vor den hunderten von Tischen steht und ihren neuen Esstisch auswählen soll – dann zählt sie nicht einfach die Plätze ab, die sie für ihre Familie benötigt. Denn sie hat eine Vision, die über ihre eigene Familienidylle hinausgeht. Frau Bünzli fragt sich: Wie kann dieser Tisch der Vision des Reiches Gottes am besten dienen? Wie kann er ein Ort werden, an dem andere Menschen an der Gemeinschaft teilhaben können, die Gott uns als Familie schenkt? Darum kauft sie schliesslich einen Tisch mit Überlänge. Um ihn regelmässig auch auszulasten, lädt sie an mindestens einem Sonntag pro Monat einige Besucher aus dem Gottesdienst spontan zum Essen ein. Meistens Leute, die sie noch gar nicht kennt. Natürlich kostet

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sie das jedes Mal auch Mut, Zeit und Kraft. Aber sie kann dafür dem Herz Gottes für Menschen immer wieder ein konkretes Gesicht geben. Auch im Hinblick auf seine beruflichen Pläne beginnt sich Herr Bünzli die Frage zu stellen: Wie kann meine Arbeit einer Vision dienen, die über die Steigerung meines Einkommens und das Erklimmen der Firmenhierarchie hinausgeht? Immerhin verbringt Herr Bünzli den grössten Teil der Woche an seinem Arbeitsplatz – da will er seinen Job auch mit einer Perspektive für das Reich Gottes sehen können. Aus diesem Grund verzichtet er sogar einmal auf eine Beförderung innerhalb der Firma. Nicht dass er die neue Herausforderung scheuen würde, aber er kann keine befriedigende Antwort auf seine Frage finden. Und nur für eine gehörige Lohnerhöhung ist er nicht bereit, mit all den Überstunden zu bezahlen, die offenbar zu seiner neuen Aufgabe gehören würden. Diese höchst unschweizerische Absage erntet das Kopfschütteln seiner Mitarbeiter und vieler Bekannter, aber Herr Bünzli bereut sie nicht. Für den vergangenen Sommer hat Familie Bünzli dann zum ersten Mal seit 14 Jahren die Zeit in ihrer kleinen Ferienwohnung im Berner Oberland gestrichen. Sie haben von einer Arbeit unter den Kindern in den Slums von Manila gehört, und seither sind Herr und Frau Bünzli den Eindruck nicht losgeworden, dass sie sich dieses Hilfswerk mit ihren beiden angehenden Teenagern einmal selbst anschauen sollten. Bei den Vorbereitungen für diese grosse Reise wurden sie schon noch einmal richtig nervös. Aber als sie nach drei Wochen zurückkommen, bereut keiner von ihnen das Wagnis. Diese Tage im Angesicht nackter Armut und die Gelegenheit, als Familie den Menschen vor Ort zu dienen, hat sie mehr bewegt und zusammengeschweisst, als sie es je gedacht hätten. Und die Bilder der Slumbewohner bleiben ihnen im Gedächtnis haften. Gerade die Kinder der Bünzli’s lassen mit ihren Fragen nicht locker: Was machen wir sonst noch, um den Familien dort zu helfen? Können wir ihnen unsere Spielsachen oder unsere Bücher schicken? Könnt ihr nicht etwas Geld für dieses Hilfswerk locker machen? – Und tatsächlich beschäftigt Herr und Frau Bünzli dasselbe Anliegen. An einem Abend setzen sie sich mit Stift und Papier an den neuen Esstisch, und Herr Bünzli beginnt Zahlen zu jonglieren. Nach zwei Stunden Rechnerei und Diskussion steht fest: Die Ferienwohnung im Berner Oberland ist Geschichte. Herr Bünzli hat sie von seinen Eltern geerbt und ist nun entschlossen, sie zu verkaufen. Mit dem Leiter des Hilfswerkes bespricht er die Möglichkeiten, dieses Geld in neuen Projekten vor Ort einzusetzen. Nur einen kleinen Teil legt er beiseite, um die nächsten Besuche seiner Familie in Manila möglich zu machen. Als Familie Bünzli dann an einem gemeinsamen Abend auf die vergangenen Jahre zurückschaut, können alle nur darüber staunen, wie sehr sich ihr Leben verändert hat. Die Vision vom Reich Gottes ist präsent geworden in allen ihren Lebensbereichen. Sie hat ihre Perspektive weit geöffnet und manches auf den Kopf gestellt. Vielleicht bringt es der jüngere Sohn der Bünzli’s auf den Punkt, wenn er rückblickend festhält: »Also wenn man genauer hinschaut, dann machen wir unserem Namen eigentlich keine grosse Ehre mehr…«


Glaube

32 Wie viele andere Beispiele wären noch zu nennen! Die Zeit fehlt mir, um auf Gideon und Barak einzugehen, auf Simson und Jiftach, auf David und Samuel und auf die Propheten. 33 Was haben Menschen wie sie durch ihren Glauben nicht alles zustande gebracht! Sie zwangen Königreiche nieder, sie sorgten für Recht und Gerechtigkeit, sie erlebten die Erfüllung von Zusagen, die Gott ihnen gemacht hatte, sie hielten Löwen das Maul zu, 34 sie blieben mitten im Feuer unberührt von den Flammen, sie entkamen dem tödlichen Schwert, sie wurden, wo es ihnen an Kraft fehlte, von Gott gestärkt, sie erwiesen sich als Helden im Kampf, sie schlugen feindliche Heere in die Flucht. 35 Es kam sogar vor, dass Frauen, die Gott vertrauten, ihre verstorbenen Angehörigen zurückerhielten, weil Gott sie wieder lebendig machte. Andere, die auch Gott vertrauten, ließen sich lieber zu Tode foltern, als sich von Gott loszusagen, obwohl sie dadurch freigekommen wären. Sie waren bereit, ihr irdisches Leben zu verlieren, um durch die Auferstehung ein besseres Leben zu erhalten. 36 Manche mussten sich verspotten und auspeitschen lassen, manche wurden gefesselt und ins Gefängnis geworfen. 37 Sie wurden gesteinigt, sie wurden zersägt, sie wurden mit dem Schwert hingerichtet. Heimatlos zogen sie umher, in Schaf- und Ziegenfelle gehüllt, Not leidend, verfolgt und misshandelt – 38 die Welt war es nicht wert, sie in ihrer Mitte zu haben. Sie mussten in der Wüste und in den Bergen, in Höhlen und in Erdlöchern Zuflucht suchen. 39 Sie alle haben Gott vertraut, deshalb hat er sie als Vorbilder für uns hingestellt. Und doch erfüllte sich die Zusage Gottes zu ihren Lebzeiten noch nicht. 40 Denn Gott hatte einen besseren Plan: Sie sollten mit uns zusammen ans Ziel kommen. 1 Wir sind also von einer großen Schar von Zeugen umgeben, deren Leben uns zeigt, dass es durch den Glauben möglich ist, den uns aufgetragenen Kampf zu bestehen. Deshalb wollen auch wir – wie Läufer bei einem Wettkampf – mit aller Ausdauer dem Ziel entgegenlaufen. Wir wollen alles ablegen, was uns beim Laufen hindert, uns von der Sünde trennen, die uns so leicht gefangen nimmt, 2 und unseren Blick auf Jesus richten, den Wegbereiter des Glaubens, der uns ans Ziel vorausgegangen ist. Weil Jesus wusste, welche Freude auf ihn wartete, nahm er den Tod am Kreuz auf sich, und auch die Schande, die damit verbunden war, konnte ihn nicht abschrecken. Deshalb sitzt er jetzt auf dem Thron im Himmel an Gottes rechter Seite.

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Glaube „Mut bedeutet, einen Schritt in eine Situation zu wagen, die unbekannt ist“, sagte einmal ein weiser Mann. In eine Situation also, über die man keine Kontrolle hat. Bei der man nicht Risiko und Erfolg mathematisch korrekt einkalkulieren kann. Sondern in die man sich mutig hineinbegibt und auf Gottes Hilfe vertraut. Der weise Mann, der das sagte, ist Christian Schneider. Gründer der Organisation Onesimo und Autor des Buches: „Himmel und Strassenstaub“. Er entschied sich für diesen mutigen Schritt in das Unbekannte und lebte mit seiner Frau und Kindern fast zehn Jahre lang in einem riesigen Abfallhaufen: Den Slums von Manila. Christian erkannte bereits als junger Mann, dass er lieber mit „Ungläubigen“ um die Häuser zog und dass die Gespräche mit diesen Menschen ihn sehr interessierten. Anfangs war er überzeugt, mit dem Kennen der Bibel die Wahrheit gepachtet zu haben, später dann wurde er immer offener und weniger rechthaberisch. Irgendwann erkannte er, dass man die Wahrheit an verschiedenen Stellen finden kann – und Gottes Präsenz immer dort, wo Liebe ist. Doch wie kommt ein junger Mann, der im „Paradies“ Schweiz aufgewachsen ist, zu dem Entschluss, auf den hier alltäglichen Luxus zu verzichten und in einen Slum zu ziehen? Wir vom 1UP haben uns mit Christian Schneider in seinem heutigen Zuhause in Basel getroffen und ihn gefragt. Wann hast du gewusst, dass du dein Leben in den Dienst anderer stellen willst? Bereits als Junge fing dieser Wunsch an, in mir zu wachsen. Ich war eines von sechs Kindern und meine Eltern hatten nicht viel Zeit, sich mit mir zu beschäftigen. So war ich häufig auf mich selbst gestellt. Als ich anfing, die Jungschar zu besuchen, konnte ich zum ersten Mal erleben, wie Gott durch Menschen wirkt. Mich faszinierte, dass die jungen Leiter sich Zeit nahmen und ihre Freizeit mit uns verbrachten. Von da an wusste ich, dass auch ich mit anderen Menschen arbeiten wollte. Als Jugendlicher entschied ich mich, fortan als Christ zu leben und einen Unterschied in der Welt zu machen. Dieses Alter ist aber auch geprägt von vielen Unsicherheiten. Plötzlich ist man sich nicht mehr sicher, ob man auf alles, was das Leben einem

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Autorin: Alejandra Martinez Foto: Familie Schneider


Glaube

«Irgendwann erkannte er, dass man die Wahrheit an verschiedenen Stellen finden kann – und Gottes Präsenz immer dort, wo Liebe ist.»

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Glaube so bietet, wirklich verzichten kann und möchte. Ich zweifelte an mir selbst und meinem „Können“ als guter Christ. Viele Bücher haben mir am Anfang dabei geholfen, ein Bild von dem Christ zu schaffen, der ich gerne sein wollte. Welche Bücher waren das?

Das ist nicht „Jesus-Style“. Ich war abenteuerlustig, sah und erlebte mich als Vermittler zwischen Manila und Basel. Ich rüttelte die Leute auf und versuchte, ihnen klar zu machen, dass es nicht in Ordnung war, als Schweizer mit finanzieller Sicherheit dem Leid andernorts gleichgültig gegenüberzustehen. Ich kehrte nach Manila zurück, um dort vier Jahre lang mitten unter den Armen zu leben.

Vorbilder fand ich in Don Richardson („Das Friedenskind“) oder Bruce E. Olson („Ich schwör’s beim Kreuz, ich töte euch.“). Beides Missionare, die nicht «Es hilft niemandem, wenn man zu als Retter und Besserwisser zu den Leuten Menschen in Not reist, dort seine kamen. Sie lernten Prospekte verteilt und dann wieder in sein zuerst die Sprache, wohlbehütetes Zuhause zurückkehrt. Sitten und Gebräuche. Nach einiger Zeit des Das ist nicht "Jesus-Style".» Zusammenlebens mit den Einheimischen merkten beide, dass Gott schon lange vor Lerntest du in dieser Zeit auch deine ihnen da war und seine Ewigkeit bereits Frau kennen? in die Herzen der Menschen gepflanzt hatte. Genau dort knüpften sie mit der Genau. Nach drei Jahren kam meine Frau frohen Botschaft an. Diese VorgehensChristine als Praktikantin nach Manila. weise überzeugte mich sofort. Auch hatte Ich lernte sie kennen, verliebte mich in sie ich schon früh erkannt, dass es mir leicht und reiste ihr später in die Schweiz nach, fiel, mit anderen Menschen ins Gespräch wo wir heirateten und unser erstes Kind zu kommen und dass Menschen in meiner bekamen. Als unsere Tochter Isabel ein Umgebung zu Gott fanden. Jahr alt war, brachen wir in der Schweiz „alle Zelte ab“ und zogen nach Manila, Wie wurdest du auf Manila aufmerksam? dieses Mal als Familie. Bis zu meinem 27. Lebensjahr war ich Was sagten eure Verwandten und als Leiter in der Jungschar tätig. Ich Bekannten dazu? Es ist ja ein lebte mit einigen Christen in einer Unterschied, ob man als Single oder mit Wohngemeinschaft, zu der auch Ralf der Familie in ein solches Gebiet zieht? Dörpfeld stiess. Damals stand er oft mitten in der Stadt auf einer Kiste Die für uns wichtigen Personen und spielte Theater oder predigte. Von unterstützten und vertrauten uns. Freunden wie Ralf wurde ich ermutigt, Natürlich wurden auch Sorgen geäussert. Theologie zu studieren. Noch während Wir selbst spürten eine gewisse innere meiner Ausbildung in England reiste ich Unsicherheit und stellten uns oft die zu einem sechswöchigen Praktikum nach Frage, ob diese Entscheidung die Richtige Manila. Das dort erlebte Leid erschütterte sei. Manchmal ist man sich seiner Gefühle mich sehr und liess mich nicht mehr eben nicht so sicher, aber das gehört los. Voller Tatendrang kehrte ich nach dazu. Wir mussten in dieser Situation Basel zurück, erzählte meinen Freunden eben auf Gott vertrauen. davon und gemeinsam gründeten wir Wie sah euer Zuhause aus? das christliche Hilfswerk „Servants Wir hatten zwei Stockwerke mit jeweils Switzerland“. Die Verbundenheit mit Ralf, einem Zimmer auf insgesamt knapp welche durch die gemeinsame Arbeit 16 Quadratmetern, was an sich schon entstand, blieb bis heute. ein Luxus ist. Oben befand sich das Warum bist du nicht in der Schweiz Schlafzimmer, in dem gerade ein Bett geblieben und warst von hier aus tätig? Platz hatte und unten ein kleiner Tisch, ein Sofa sowie eine Küchenecke, in der Es hilft niemandem, wenn man zu auch gleichzeitig Toilette und Dusche Menschen in Not reist, dort seine waren. Löcher mussten gestopft, Ratten Prospekte verteilt und dann wieder in verscheucht und die Inneneinrichtung sein wohlbehütetes Zuhause zurückkehrt.

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Fotos: Familie Schneider

„gebastelt“ werden. In diesem Haus kam dann auch unser zweites Kind auf die Welt, unser Sohn Noel. Im ersten Jahr passten wir uns nach und nach an die Lebensumstände an. Das Wichtigste war, die Sprache zu erlernen. Wo wird das Wasser geholt, wie wäscht man, wie ernährt man sich und mit wem übt man, in der Landessprache zu kommunizieren? Die Menschen in unserer Nachbarschaft unterstützten und halfen uns dabei sehr. Wie sah ein Tag im Slum aus? Noch vor Sonnenaufgang ging ich joggen und holte Wasser. Dieses kochte ich ab und bereitete sowohl die Dusche als auch einen Kaffee für meine Liebste vor. Ich kaufte feine spanische Brötchen, die dort zum Frühstück üblich sind. Danach organisierten wir den Tag: auf den Markt gehen, den täglichen Hundedreck vor der Türe entfernen, die Sprache üben, die Wäsche waschen etc. Ging es euch gesundheitlich gut? Wir hatten alle die typischen Schwierigkeiten, mit denen sich Europäer herumschlagen, die dort leben. Zum Beispiel Magen-Darm Erkrankungen wie Durchfall und Erschöpfungszustände. In solchen Zeiten checkten wir uns auch mal in ein Hotel der Stadt ein und blieben ein paar Tage dort, um uns gegenseitig wieder gesund zu pflegen. Christine musste allerdings einmal mit einem gefährlichen Mückenfieber (Denque) ins Spital und erlebte dort Todesnähe. Erlebtest du auch in Manila eine Grenzsituation, die gefährlich war? Nervenkitzel gab es zu Genüge. Einmal betrat ich den Pfad zu meiner Slumhütte und fand mich vor einem auf mich gerichteten Revolver wieder. Der betrunkene Besitzer der Waffe wollte jedoch nur angeben. Manchmal gab es Überflutungen und das Wasser stand einen halben Meter hoch. Oder der Slum brannte und auf einen Schlag verloren zweihundert Menschen ihr Haus. Eine Zeit lang lebten wir in der Nähe eines Müllberges, der 1 Kilometer lang und über 30 Meter hoch war. Nach Regenfällen rutschte ein Teil des Berges an einigen Stellen ab und begrub die Behausungen, die manche Leute hineingebaut hatten. Als der Bürgerkrieg ausbrach und die Ausländer Ausgangsverbot bekamen, fühlten wir uns wie Gefangene im eigenen Haus.


Glaube Was gab euch in solchen Situationen die Kraft zum Weitermachen? Gott gab uns die Kraft. Heute weiß ich: Hätte ich in einem solchen Moment der Schwäche nachgegeben und aufgehört, für Gottes Reich zu arbeiten, um mich um mein eigenes Wohl zu kümmern, hätte ich danach ein oberflächliches und belangloses Leben geführt. Auch der Lebenswille der Überlebenden in unserer Umgebung war ansteckend und gab uns immer wieder neue Energie. Freud und Leid liegen nah beieinander, das spürt man an Orten der Armut ganz stark. Dort sind alle Gefühle intensiv. Darum leben die Menschen dort so bewusst und kosten das Leben aus. Sie feiern, leben, lieben und glauben exzessiv.

radikalem Leben. Und ja, das Leben im Slum ist gefährlich. Nur, wo gibt es denn Sicherheit? Als wir wieder zurück in der Schweiz lebten, rutschte Noel beim Klettern über einen Schulzaun derart aus, dass er sich dabei lebensgefährlich in den Hals schnitt…!

Aufgrund der Zeit in Manila sehen unsere Kinder das Leben hier in der Schweiz aber sorgenloser, sie machen sich keine Gedanken über Unwichtigkeiten. Wie meine Frau und ich, stellen auch sie den Menschen in den Mittelpunkt. Sie sind überzeugt von unserer Sache, stehen hinter uns und freuen sich immer, wenn wir Besuch aus der ganzen Welt in unserem kleinen Haus empfangen. Isabel geht bald nach Manila und China, um ihre eigenen Erfahrungen zu beieinander, das machen.

«Freud und Leid liegen nah spürt man an Orten der Armut ganz stark. Dort sind alle Gefühle intensiv. Darum leben die Menschen dort so bewusst und kosten das Leben aus. » Warum seid ihr zurückgekommen? Hauptsächlich aufgrund unserer Kinder. Wir wussten, dass die Schulbildung in Manila amerikanisch orientiert ist und waren nicht sicher, ob wir das für unsere Kinder wollten. Christine vermisste ihre Freunde und Familie in der Schweiz. Bevor wir in die Schweiz zurückkehrten, nahmen wir uns drei Jahre Zeit, um die Mitarbeiter in Manila nachhaltig auf ihre Arbeit vorzubereiten. Wir hatten die Gewissheit, dass das dort errichtete Netzwerk funktionierte. Viele Filipinos aus der Mittelschicht konnten wir ausserdem auf unsere Arbeit und die Not in den Slums aufmerksam machen, sie leisteten nun selbst einen wertvollen Beitrag. Das ist das Wunderbare an der Arbeit mit Jesus: man steckt andere Menschen mit seiner Liebe an und diese geben sie dann weiter.

Hast du einmal etwas bereut?

Wir verbrachten zehn intensive Jahre in den Slums von Manila – rückblinkend war das eine der besten Entscheidungen unseres Lebens!

Wer mehr über das Leben in den Slums von Manila erfahren möchte, sollte sich das Buch „Himmel und Strassenstaub“ von Christine und Christian Schneider kaufen. Es ist unter anderem über die Webseite www.onesimo.ch erhältlich, auf der Ihr auch weitere Informationen über die aktuelle Arbeit sowie geführte Reisen mit dem „Discovery Team“ in die Slums von Manila finden könnt.

Viele Christen denken, dass es zu radikal und unverantwortlich ist, mit Kindern in ein solches Gebiet zu ziehen. Was sagst du dazu? Klar, wir hatten ein extremeres Leben in den Slums. Aber auch hier in Basel haben wir ein bescheidenes Heim und arbeiten bewusst auf Teilzeitbasis, um Zeit zu haben, die wir in die Menschen investieren. Auch das ist eine Art von

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Liebe

Liebe

überschreitet Grenzen Mit den bereits in diesem Heft gemachten Ausführungen ist längst eine weitere aufrüttelnde Eigenschaft von Jesus angesprochen worden. Denn hinter der Vision für das Reich Gottes und der Bereitschaft, einen persönlichen Preis dafür zu bezahlen, steht ein ganz klar definiertes Motiv. Dieses Motiv lässt sich in einem Wort zusammenfassen: Liebe.

«Die Leidenschaft für das Königreich Gottes ist bei Jesus unverkennbar genährt von einer kompromisslosen Liebe zu den Menschen.» Er will nicht einfach die Menschenmassen begeistern, eine neue Religion gründen oder eine Revolution anzetteln, die in die Geschichtsbücher eingeht. Seine Vision für Gottes Königreich ist kein Selbstzweck, sondern eine Vision der Heilung, Befreiung und Wiederherstellung von Menschen. Jesus lebt und stirbt aus Hingabe an eine Menschheit, die nichts verzweifelter nötig hat, als die Begegnung mit dem lebendigen Gott, der ihre Würde wieder aufrichtet und ihrer heimatlosen Seele ein Zuhause gibt. Diese Liebe ist es, die ihn immer wieder zu den Menschen hin bewegt – und die sein Wirken in besonderer Weise auszeichnet. Wenn am öffentlichen Dienst von Jesus so etwas wie ein »Programm« erkennbar ist, wenn es irgend so etwas wie eine »Strategie« gibt, die der Sohn Gottes auf dieser Erde verfolgt, dann kann es nur das sein: Dass er sich in seiner Liebe zu den Menschen ziehen lässt, die ihn am bittersten nötig haben – und dass er sich dabei programmatisch und strategisch über alle gesellschaftlichen Grenzen hinwegsetzt. Jesus hat bewusst die Augen geöffnet für Menschen, die von der Gesellschaft längst übersehen wurden.

«Er hat Menschen wirklich wahrgenommen.»

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Autor: Manuel Schmid

Ihm entgehen die Blinden am Stadttor nicht, die seit Jahr und Tag dort sitzen und ihren Lebensunterhalt zusammenbetteln. Sie fallen durch die Maschen des sozialen Netzes, zählen zu den Verlierern im System ihrer Zeit, deren Gegenwart bald so selbstverständlich wird, dass man sie gar nicht mehr wahrnimmt. Sie sind gewissermassen die illegal Eingewanderten, die Langzeitarbeitslosen oder die Kriegsflüchtlinge der Antike. Selbst seine Jünger gehen in achtloser Gewohnheit an ihnen vorbei, aber Jesus – er sieht sie. Und offenbar entdeckt er mehr in ihnen als die anderen Passanten zu sehen bereit sind. Er sieht ihre einzigartige Würde, ihren unzerstörbaren Wert in den Augen Gottes. Unvergesslich ist dann auch seine Begegnung mit der Frau aus Samaria. Sie steht vor den Trümmern ihres verspielten Lebens, blickt auf mehrere gescheiterte Beziehungen zurück, die ihren Ruf ruiniert und ihre Seele aufgerieben haben. Sie ist die alkoholabhängige Nachbarin, die ausgebrannte alleinerziehende Mutter, das depressive Teenagermädchen der neutestamentlichen Zeit. Keiner will mehr mit ihr zu tun haben – das gibt nur Arbeit und Ärger. Darum geht sie auch immer erst zur Mittagszeit bei sengender Hitze ins Freie: Dann suchen alle anderen im Schatten Zuflucht, und sie kann ungestört ihre Besorgungen machen. Doch einmal läuft sie dabei Jesus über den Weg – und ihr Leben ist nie mehr dasselbe. Dieser Jesus lässt sich auf ein langes Gespräch mit ihr ein, vor den entsetzten Augen seiner Jünger, und er begegnet ihr mit einer Wertschätzung, die ihre Seele aus dem Staub erhebt. Er hat die Frau wahrgenommen – und er sieht weiter als bis in das Chaos ihres Alltags. Er sieht einen von Gott geliebten Menschen. Gleiches gilt für den etwas zu kurz geratenen Zöllner, der auf einen Baum klettert, um Jesus von den anderen Menschen unbemerkt beobachten zu können. Er lebt auf der ganz anderen Seite des wirtschaftlichen und sozialen Spektrums – ein wohlhabender, einflussreicher Mann. Er weiss, wie man Geld vermehrt und mit Zahlen umgeht, und er ist bekannt dafür, andere geschickt über den Tisch zu ziehen. Zachäus heisst er, quasi ein schlechter Banker, ein korrupter Amtsträger, ein geldgieriger Finanzberater seiner Zeit.


Liebe Aber Jesus geht auch an ihm nicht vorbei. Er ruft ihn von seinem Baum herunter und lädt sich bei ihm zum Essen ein. Offenbar sieht er in seinen Augen mehr als Geldgier und Betrug – er sieht die Seele eines Mannes, der nach Annahme und Frieden schreit. So sucht Jesus konsequent die Begegnung mit den Zerbrochenen und Gestrandeten, mit den Suchenden und Verirrten seiner Zeit. Er besucht sie am Ort ihres Alltags und interessiert sich für ihre Fragen und Träume. Er setzt sich bei ihnen an den Stubentisch und teilt mit ihnen sein Leben. Er dient ihnen und begegnet ihren körperlichen und seelischen Nöten. Er schaut ihnen in die Augen und spricht ihnen ihren unzerstörbaren Wert zu, richtet sie auf und stellt öffentlich ihre Würde wieder her. Doch so bewegend das alles ist – die religiösen Führer und geistlichen Leiter seiner Zeit feiern ihn deshalb nicht als Mutter Teresa der Antike mit Bart und Brusthaaren. Im Gegenteil: Sie regen sich auf über sein distanzloses, unwürdiges Verhalten. Sein freundschaftlicher Umgang mit den Verlierern ihrer Zeit missachtet demonstrativ alle gesellschaftlichen Gepflogenheiten und ignoriert sämtliche mühsam gehegten Vorurteile.

«Völlig unverfroren setzt sich Jesus über die Grenzen hinweg, mit der wir unsere Gesellschaft so schnell in verschiedene Kategorien aufteilen und es uns in unserem eigenen Milieu bequem einrichten.» Das lässt den Blutdruck der gläubigen Elite in die Höhe schnellen – also irgendwo hört doch die Volksnähe auch auf! Als Jesus die Sache mal wieder auf die Spitze treibt, platzt ihnen der Kragen. Wir lesen bei Lukas: »Viele Zolleinnehmer und andere verrufene Leute kamen immer wieder zu Jesus, um ihn zu hören. Die Pharisäer und die Schriftgelehrten waren darüber empört und schimpften: ‚Mit welchem Gesindel gibt der sich da ab! Er setzt sich sogar mit ihnen an einen Tisch!’« (Lukas 15,1-2) Die Geschichte, die Jesus in Reaktion auf diesen emotionalen Vulkanausbruch erzählt, ist uns allen bekannt. Sie ist berühmt geworden als das »Gleichnis vom verlorenen Sohn« und erzählt von dem jungen Mann, der das Erbe seines Vaters verscherbelt, sich in die High Society aufschwingt und schliesslich umso härter auf dem Boden der Realität aufschlägt. Gedemütigt und verzweifelt kehrt er in sein altes Zuhause zurück – und wird vom Vater förmlich über den Haufen gerannt. Dieser hat nach seinem verlorenen Sohn Ausschau gehalten und nimmt ihn nun mit überschwänglicher Freude wieder in seine Familie auf. Menschen aus allen Zeiten und Gesellschaftsschichten sind fasziniert von dieser bewegenden Story und identifizieren sich intuitiv mit dem abtrünnigen Sohn, der beim Vater wieder Annahme und Leben findet. Das ist gut so. Aber es ist nicht die ursprüngliche oder zumindest nicht die einzige Lesart.

«Denn Jesus erzählt dieses Gleichnis nicht den verlorenen Söhnen, sondern den missratenen Vätern seiner Zeit.»

Er malt das Bild des heimkehrenden Sohnes gerade nicht den zerbrochenen und suchenden Menschen vor Augen, die sich leicht in dieser Figur hätten wiederfinden können. Vielmehr spricht er hier mit den religiösen Leitern, die sich gerade tüchtig über seinen Umgang mit den »verlorenen Söhnen« ihrer Gesellschaft aufregen. Die weltberühmte Geschichte ist also zunächst eine Herausforderung an die Pharisäer und Schriftgelehrten, für ihr Leben und ihren Dienst vom Herz des Vaters zu lernen. Als Vorbilder des Glaubens sollten genau sie etwas von dieser Liebe des Vaters für die Menschen in sich tragen. Eigentlich sollten sie mit pochendem Herzen Ausschau halten nach Menschen, die auf der Suche nach diesem Gott sind und mit ihrem Leben in einer Sackgasse stecken. Eigentlich sollten sie ihr eigenes Haus öffnen und diesen Menschen einen Ort der Annahme und Wiederherstellung geben. Und darum hätten sie auch allen Grund, sich über diesen Jesus zu freuen, bei dem die verlorenen Söhne seiner Zeit aufgenommen werden und nach Hause finden… Die wunderschöne Parabel vom verlorenen Sohn hat darum eine kritische Seite, die auch zu uns im 21. Jahrhundert spricht. Sie bringt auf den Punkt, was Jesus mit seinem ganzen Leben ausgedrückt hat – nämlich dass mich der andere etwas angeht, so schön es in meiner kleinen Welt auch sein mag. Unser Leben gilt nicht einfach einem überschaubaren Kreis an Gleichgesinnten, mit denen wir uns bis zur Wiederkunft Jesu zusammentun und für das Gedeihen unserer Biokartoffeln im Schrebergarten beten.

«Wenn wir uns diesem Jesus anschliessen, der mit seinem Leben permanent Vorurteile bekämpft und soziale Grenzen überschritten hat, dann sollten wir uns darauf gefasst machen, dass er auch uns in Begegnungen mit Menschen hineinführt, die unsere Welt aufsprengen.» Und diese Menschen sind überall. Wir entdecken sie in unserer nächsten Umgebung – etwa in der mühsamen Nachbarin, die mir im Treppenhaus auflauert, um mich mit Belanglosigkeiten vollzuquatschen, obwohl ich so viel Wichtigeres zu tun hätte. Wenn ich sie mit den Augen von Jesus anfange zu sehen, dann fällt mir vielleicht ihre quälende Einsamkeit auf. Und ich wechsle mit ihr nicht nur ein paar Worte, sondern lade sie einmal an unseren Familientisch ein, wenn die berühmten Dampfnudeln auf dem Speiseplan stehen… Oder der Mitarbeiter im Büro, der am Montagmorgen immer ganz abgekämpft daherkommt und völlig dünnhäutig auf alles reagiert. Normalerweise lasse ich ihn dann einfach in Ruhe, meide ihn, so gut es geht – aber wenn mich dieser Jesus bewegt, verbringe ich einmal die Mittagspause mit ihm und lasse ihn erzählen. Und plötzlich sitzt ein Mann vor mir, der die Scheidung von seiner Frau auch nach zwei Jahren nicht verarbeitet hat, und der am Ende jedes Wochenendes durch seine bittersten Stunden geht, wenn er seine Kinder wieder abgeben und loslassen muss. Und anstatt ihm aus dem Weg zu gehen, beginne ich regelmässig für ihn zu beten und suche nach Möglichkeiten, ihn zu Beginn der Woche zu ermutigen…

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Liebe Und dann natürlich der Chef, der zur Arbeit demonstrativ mit seinem protzigen Wagen vorfährt und den ganzen Tag nur auf der Jagd nach Respekt und Anerkennung ist. Die unbekannte Frau im Gottesdienst, die sich ungefragt neben mich setzt, aber es nicht schafft, mich zu begrüssen. Der Mitstudent, der sich betont lässig gibt, aber mit den Anforderungen des Lebens offensichtlich überfordert ist. Die rumänische Bettlerin, die in der Unterführung ihre Handorgel quält. Der Kollege im Fitnesscenter, dessen Selbstwert direkt an seine körperliche Leistungsfähigkeit gekoppelt zu sein scheint. Die ausländischen Kinder im Quartier, die ausgerechnet vor unserem Haus spielen wollen und gehörig Lärm machen.

In einer unendlich vernetzten Welt wird auch der Maisbauer in Südamerika zu unserem Nachbarn, der den Mais für unser regelmässiges Corn-Flakes-Frühstück anpflanzt – und der von den Rohstoffhändlern so ausgenommen wird, dass er seine eigene Familie kaum ernähren kann. Oder die Näherin in Bangladesch, die in einer 20-Stunden-Schicht unser T-Shirt zusammennäht, während die Kinder zu Hause ihre Mutter vermissen (oder auch, während die Kinder in der Halle nebenan dieselben Schichten arbeiten…). Gleiches gilt von dem Mann, der im Bürgerkrieg im Kongo um sein Leben kämpft – ein Krieg, der vom Streit um die Coltanreserven im Gange gehalten wird, welche wiederum zur Herstellung unserer geliebten Handys unerlässlich sind.

Diese und viele andere Menschen, die tagtäglich unseren Weg kreuzen, sind nicht nur einige unpassende Statisten unseres sonst harmonischen Alltags. Sie gehören nicht einfach zum Bühnenbild, das wir in unserer Wahrnehmung gezielt ausblenden könnten, weil sich unser Leben ja schliesslich um etwas ganz anderes dreht. Nein: Hier, im Umgang mit diesen Menschen, verwirklicht sich das Reich Gottes und liegt unsere Berufung als Nachfolger von Jesus.

Diese Menschen gehen uns etwas an – und zwar nicht nur, weil wir uns heute per Mausklick über ihr Leiden und Schicksal informieren können, oder weil uns die Massenmedien unserer Zeit täglich daran erinnern. Sie gehen uns auch etwas an, weil wir mit ihrer Not selbst etwas zu tun haben. Wir wissen nicht nur um die humanitären Missstände unserer Zeit – wir sind als Teil der westlichen Gesellschaft für sie meistens mitverantwortlich. Die Rechnung des Lebens auf diesem Globus geht in fast allen Punkten zu unseren Gunsten auf, mit desaströsen Auswirkungen für den grossen Rest der Menschheit.

«Diese Menschen gehen uns etwas an, weil sie Jesus etwas angehen. Wenn sie unaufgefordert ihren Kopf in meine kleine Welt strecken oder mich aus meinem geschäftigen, vollgeplanten Alltag reissen, dann halten sie mich damit nicht von meiner »eigentlichen Lebensaufgabe« ab. Viel eher geben sie mir eine Gelegenheit, diese endlich wahrzunehmen.»

Natürlich können wir jetzt auf die äusserst komplexen wirtschaftlichen und politischen Zusammenhänge verweisen und den schwarzen Peter auf die Mächtigen unserer Zeit schieben – die sollen etwas an den himmelschreienden Zuständen ändern, was soll denn ein Einzelner schon ausrichten können? Aber am Ende des Tages ist die Sache dann doch wieder erschütternd einfach. Das lässt sich beispielhaft zeigen an der grössten humanitären Katastrophe der Menschheitsgeschichte – am weltweiten Hunger. Alle fünf Sekunden verhungert ein Kind unter 10 Jahren.

Denn in solchen Begegnungen werden Geschichten geschrieben, die das Leben von Menschen für immer verändert und das Königreich Gottes mitten in unseren Alltag hineinbrechen lassen. Im Unterschied zu vielen Dingen, die uns sonst beschäftigen und so unendlich wichtig erscheinen, werden diese Geschichten noch in Ewigkeit erzählt werden. Ein Leben in den Fussstapfen von diesem Jesus hält Ausschau nach den »verlorenen Söhnen« im eigenen Umfeld – und zwar sowohl nach denen, die schon auf dem Boden aufgeschlagen und im Schweinestall des Lebens gelandet sind, als auch nach denen, die noch mitten im Leben stehen und gewissermassen das Erbe des Vaters verschleudern. Wir brauchen Gottes Augen für die »Zöllner« unserer Zeit, die bis auf die Bäume klettern, um etwas von diesem Jesus mitzubekommen. Und für die »Blinden«, die »Aussätzigen« und »Besessenen« um uns – besonders für jene, die sogar in der wohlhabenden und sozial abgesicherten Schweiz durch die Maschen des Systems fallen. Oder die gerade das bitter nötig haben, was ihnen kein System dieser Welt geben kann, sondern nur Menschen, die sich ernsthaft auf sie einlassen. Und spätestens in unserer Zeit müssen wir unseren Blick noch weiter öffnen. Unsere globalisierte Welt bringt unser Leben mit Menschen in Verbindung, von denen die Christen vergangener Zeiten nichts wussten und mit denen sie keinerlei Berührungspunkte hatten. Die Welt ist zum Dorf geworden. Unsere Nächsten sind nicht nur jene Menschen, denen wir in unserem Alltag persönlich begegnen und deren Hand wir schütteln können.

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Alle fünf Sekunden. Etwa 37'000 Menschen verhungern jeden Tag, und fast eine Milliarde sind permanent schwer unterernährt. Jedes Jahr werden diese Zahlen aktualisiert herausgegeben im Welternährungsreport der UNO – und derselbe Report rechnet uns auch vor, dass die globale Landwirtschaft problemlos das Doppelte der Weltbevölkerung normal ernähren könnte. Es geht also nicht um einen objektiven globalen Mangel, um ein unabwendbares Schicksal. Es geht um die haarsträubend unverantwortliche Nutzung und Verteilung dessen, was unser Planet an Nahrung hervorbringt. Jean Ziegler, ein profilierter Kämpfer gegen die Armut und den Hunger in der sogenannten Dritten Welt, spricht darum vom »Skandal unseres Jahrhunderts«. Er prägt den Spitzensatz: »Ein Kind, das an Hunger stirbt, wird ermordet.« Wenn wir im Gleichnis des verlorenen Sohnes bleiben wollten, müssten wir sagen: Wir haben den Sohn eigenhändig um sein Erbe gebracht und ihn zu den Schweinen gesteckt – und es sieht im Moment nicht danach aus, als ob wir das Haus für ihn wieder öffnen würden… Manchmal werde ich in Gespräche über die düstere Vergangenheit des Christentums verwickelt. Kirchenkritische Menschen werden ja nicht müde, uns an die Gräueltaten des Mittelalters zu erinnern, die im Namen des Herrn verübt wurden. Besonders die berüchtigten Kreuzzüge sind dabei ein populäres Angriffsziel: Wie konnten die


Liebe Christen damals einfach dabei zusehen, wie sich Armeen von Kreuzrittern aufmachten, um Muslime abzuschlachten und ganze Städte auszulöschen…!? Konfrontiert mit solchen Vorwürfen habe ich meinen Kopf lange Zeit aus der Schlinge gezogen, indem ich den Glauben der damaligen »Christen« überhaupt in Frage stellte. Historisch standen ja hinter den Kreuzzügen ohnehin nicht nur religiöse Motive, sondern vielmehr auch handfeste politische und wirtschaftliche Gründe. Man wollte die Handelsstrassen sichern und den eigenen Wohlstand verteidigen, also schlicht für die eigenen materiellen Interessen kämpfen. Mit Glauben, so argumentierte ich oft, hatte das also gar nichts zu tun. Die Bewohner der Kreuzfahrerstaaten waren bestimmt nur dem Namen nach Christen, aber keine wirklichen Nachfolger von Jesus. Sonst wären sie doch gegen diese Fehlentwicklungen aufgestanden und hätten das Leben der Unschuldigen verteidigt, egal was es sie gekostet hätte… Das ist eine bequeme Antwort, umso mehr, wenn man zu einer Kirche gehört, die es damals ohnehin noch nicht gegeben hat und man also von »denen damals« meint reden zu können, ohne sich selbst dazuzählen zu müssen. Irgendwann hat mich aber der Gedanke durchzuckt und nicht mehr losgelassen: Könnte es sein, dass sich Christen in 50 oder 100 Jahren für unsere Zeit in ähnlicher Weise verteidigen müssen – und dass sie sich mit der gleichen Erklärung zu retten versuchen: Also, diese Bewohner des christlichen Abendlandes am Anfang des 21. Jahrhunderts, das waren bestimmt keine echten Christen. Ganz besonders die in der Schweiz nicht. Sonst hätten sie unmöglich ihr bürgerlich-ignorantes Leben fortsetzen und regelmässig ihre Gottesdienste feiern können, ohne etwas gegen die unglaublichen Ungerechtigkeiten ihrer Zeit zu tun. Ohne gegen die Habgier ihrer eigenen Gesellschaft zu kämpfen, die ganze Länder und Kontinente in Verschuldung und Hunger treibt. Wenn das damals in den

Kirchen und Gemeinden wirklich Nachfolger von Jesus gewesen wären, dann wären sie allen anderen vorausgegangen und hätten um jeden Preis irgendwo und irgendwie angefangen, selbst einen Unterschied zu machen… Ich glaube, der Punkt ist klar.

«Wenn wir in den Spuren von diesem Jesus gehen wollen, dann wird er unser Beziehungsnetz aufmischen und unsere harmonische kleine Welt durchbrechen.» Er öffnet unsere Augen für Menschen, an denen wir sonst elegant vorbeigegangen wären oder deren Not wir grosszügig übersehen hätten – und er lässt uns Gottes Königreich entdecken, während wir diesen Menschen dienen. Dabei ist es gar nicht nötig, dass wir alle Zusammenhänge verstehen, um etwas gegen Missstände und Ungerechtigkeiten zu tun. Wir müssen auch nicht an den Hebeln der Politik oder Wirtschaft sitzen, um uns aktiv einzusetzen. Und niemand erwartet von uns, dass wir das Schicksal der ganzen Menschheit auf unsere Schultern nehmen und daran zerbrechen. Wir könnten einfach einmal dort beginnen, wo uns die Augen für die Not und Sehnsucht von Menschen aufgehen – in unserer Nachbarschaft, in unserer Region und in dem Dorf, das sich Welt nennt. Dass uns das etwas kosten wird, haben wir längst gesehen. Aber billiger ist die Nachfolge von Jesus nicht zu haben.

Poster

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Fertig B端nzli



Liebe

Lukas 15,1-3.11-32 Liebe, die die Türen öffnet... 1 Viele Zolleinnehmer und andere verrufene Leute kamen immer wieder zu Jesus, um ihn zu hören. 2 Die Pharisäer und Schriftgelehrten ärgerten sich und schimpften: "Mit welchem Gesindel gibt der sich da ab! Er setzt sich sogar mit ihnen an einen Tisch!" 3 Da erzählte Jesus ihnen ein Gleichnis… 11 "Ein Mann hatte zwei Söhne", erzählte Jesus. 12 "Eines Tages sagte der jüngere zu ihm: 'Vater, ich will jetzt schon meinen Anteil am Erbe ausbezahlt haben.' Da teilte der Vater sein Vermögen unter ihnen auf. 13 Nur wenige Tage später packte der jüngere Sohn alles zusammen, verließ seinen Vater und reiste ins Ausland. Dort leistete er sich, was immer er wollte. Er verschleuderte sein Geld, 14 bis er schließlich nichts mehr besaß. In dieser Zeit brach eine große Hungersnot aus. Es ging ihm sehr schlecht. 15 In seiner Verzweiflung bettelte er so lange bei einem Bauern, bis der ihn zum Schweinehüten auf die Felder schickte. 16 Oft quälte ihn der Hunger so, dass er sogar über das Schweinefutter froh gewesen wäre. Aber nicht einmal davon erhielt er etwas. 17 Da kam er zur Besinnung: 'Bei meinem Vater hat jeder Arbeiter mehr als genug zu essen, und ich sterbe hier vor Hunger. 18 Ich will zu meinem Vater gehen und ihm sagen: Vater, ich bin schuldig geworden an Gott und an dir. 19 Sieh mich nicht länger als deinen Sohn an, ich bin es nicht mehr wert. Aber kann ich nicht als Arbeiter bei dir bleiben?' 20 Er machte sich auf den Weg und ging zurück zu seinem Vater. Der erkannte ihn schon von weitem. Voller Mitleid lief er ihm entgegen, fiel ihm um den Hals und küsste ihn. 21 Doch der Sohn sagte: 'Vater, ich bin schuldig geworden an Gott und an dir. Sieh mich nicht länger als deinen Sohn an, ich bin es nicht mehr wert.' 22 Sein Vater aber befahl den Knechten: 'Beeilt euch! Holt das schönste Gewand im Haus, und gebt es meinem Sohn. Bringt auch einen Ring und Sandalen für ihn! 23 Schlachtet das Mastkalb! Wir wollen essen und feiern! 24 Mein Sohn war tot, jetzt lebt er wieder. Er war verloren, jetzt ist er wiedergefunden.' Und sie begannen ein fröhliches Fest. 25 Inzwischen kam der ältere Sohn nach Hause. Er hatte auf dem Feld gearbeitet und hörte schon von weitem die Tanzmusik. 26 Erstaunt fragte er einen Knecht: 'Was wird denn hier gefeiert?' 27 'Dein Bruder ist wieder da', antwortete er ihm. 'Dein Vater hat sich darüber so gefreut, dass er das Mastkalb schlachten ließ. Jetzt feiern sie ein großes Fest.' 28 Der ältere Bruder wurde wütend und wollte nicht ins Haus gehen. Da kam sein Vater zu ihm heraus und bat: 'Komm und freu dich mit uns!' 29 Doch er entgegnete ihm bitter: 'All diese Jahre habe ich mich für dich geschunden. Alles habe ich getan, was du von mir verlangt hast. Aber nie hast du mir auch nur eine junge Ziege gegeben, damit ich mit meinen Freunden einmal richtig hätte feiern können. 30 Und jetzt, wo dein Sohn zurückkommt, der dein Geld mit Huren durchgebracht hat, jetzt lässt du sogar das Mastkalb schlachten!' 31 Sein Vater redete ihm zu: 'Mein Sohn, du bist immer bei mir gewesen. Was ich habe, gehört auch dir. 32 Darum komm, wir haben allen Grund zu feiern. Denn dein Bruder war tot, jetzt hat er ein neues Leben begonnen. Er war verloren, jetzt ist er wiedergefunden!'"

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25 Mil lio deutsc nen Garten zwerg hen Gä e lebe rten. n in

Gartenzwe

rge

Schon im Mittelalter waren kleinwüchsige Menschen beliebt als Narren, deshalb sind Gartenzwerge eben Zwerge und somit klein.

Sie sind Gärtnern oder Bergleuten nachempfunden.

Die Internationale Vereinigung zum Schutz der Gartenzwerge hat ihren Sitz in Basel und hat sich zur Aufgabe gemacht, die sogenannte Zwergenkunde (Nanologie) zu verbreiten. Ihr Gründer ist Fritz Friedmann. Die Front zur Befreiung der Gartenzwerge befreite in den 90er Jahren die Gartenzwerge vom Vorgartengefängnis und setzte sie in den Wäldern, ihrem ‚natürlichen’ Lebensraum, aus.

Der ‚echte’ Gartenzwerg ist bis zu 69cm gross, hat eine Zipfelmütze, trägt einen Bart und ist männlich. Laut Prof. F. Friedmann, Professor für Nanologie, sind die Gartenzwerge das friedlichste Volk auf Erden. Nanologie: nanus (lat. Zwerg) + logos (griech. die Lehre)

Man vermutet, dass die Gartenzwerge schon vor Jahrtausenden in Thüringen gelebt haben; leider wurde dies archäologisch (noch) nicht bewiesen. Gartenzwerge sind immer männlich. Sie brauchen zur Fortpflanzung keine Frauen. Die IZP ist nicht Grün oder Rot, sie vereinigt alle Farben: Gelb, Hellrot, Rot, Dunkelrot, Grün, Blau und Schwarz.

In der Schlacht von Mikäa (341 v. Chr.) trafen die grünen und die roten Gartenzwerge aufeinander. Das „Zwergezerschmettern“ brachte kein Ergebnis, sodass sich die beiden Parteien auf einen Kompromiss einigten. Seither tragen alle Gartenzwerge rote Zipfelmützen und eine grüne Schürze. Die IZP (Internationale Zwergen Partei) verlangt unter anderem ein Zwergenland ohne Grenzen mit einer neutralen Zwergenverwaltung auf dem geographischen Nordpol.

Recherche: Luca Roth

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Liebe

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Liebe

Liebe

GLAUBE UND SOZIALES ENGAGEMENT GEHEN HAND IN HAND EINE BEGEGNUNG MIT ROMAN ALBERTINI An einem kalten Winterabend treffe ich Roman im „Unternehmen Mitte“. Er – Mittzwanziger, schlaksige Statur, 1.88m gross, schwarze markante Brille, dunkle kurze Haare, Typ Student. Schnell wird mir bewusst: Hier steht kein Mann der grossen leeren Worte vor mir, sondern einer von der Sorte „pragmatischintellektuell“, eher ruhig und zurückhaltend. Mit wohlüberlegten Sätzen spricht er davon, wie er die Notwendigkeit erkannt hat, sich gesellschaftlich zu engagieren und wie er dies in seinem Alltag umsetzt. Lassen wir ihn selbst zu Wort kommen. Wie kam das Sonntagsprojekt Café Elim zustande? Zusammen mit Mirjam Dörpfeld und Joël Rominger kam der Wunsch auf, dass unser Glaube sichtbarer werden solle. Hand und Fuss sollte er haben und sich nicht nur auf die Sonntagabende beschränken. Wir fragten uns, wie wir uns mit Taten sozial engagieren könnten. Vor einem Jahr realisierten wir ein Pilot-Projekt: An Samstagnachmittagen backten wir Kuchen und verteilten diesen dann an Bedürftige in der Stadt. Durch einen Freund, welcher in der diakonischen Stadtarbeit Elim arbeitet, wurden wir darauf aufmerksam, dass am Sonntag die Lebensmittelabgabe an Bedürftige nicht stattfinden kann, weil der Zulieferer – die Schweizer Tafel – an diesem Tag keine Lieferungen tätigt und es nicht genug freiwillige Helfer gibt. Dieser Umstand motivierte uns, in die Lücke zu springen. Wir backen den Kuchen am Sonntag nun selbst, haben ein tolles Team zusammengekriegt und ermöglichen damit, den Menschen auch am Sonntag einen Ort der Begegnung zu bieten.

Wo liegt deine Motivation für soziales Handeln? Meine Motivation ist primär Notwendigkeit. Die Arbeit mit Randständigen braucht Investition, ermöglicht gleichzeitig aber Perspektivenwechsel. Ich sehe, was es heisst, durch Schicksalsschläge gebeutelt zu werden. Diese Schicksalsschläge können jeden treffen, denn Armut ist leider auch in der Schweiz ein Thema – trotz Sozialstaat. Mit Perspektivenwechsel meine ich Sichtweisen, welche sich durch den Kontakt mit randständigen Personen ändern: Geld verliert für mich immer mehr an Bedeutung; Leistungsdenken entpuppt sich als kurzfristig; Austausch, Gemeinschaft und Zuhören erscheint mir inzwischen viel wichtiger. Für diese neuen Perspektiven bin ich dankbar. Und das ist es auch, was mich ungeheuer motiviert.

«...für mich gehen Glaube und Handeln Hand in Hand und aus diesem Grund sehe ich soziales Engagement als Notwendigkeit.» Manchmal hinterfrage ich mich: ist mein Engagement pure Selbstlosigkeit oder stecken nicht auch egoistische Motive dahinter? Für mich liegt die Tiefe des Glaubens im pragmatischen Handeln. Ich kann nicht beantworten, ob ich als Nicht-Christ dasselbe soziale Engagement zeigen könnte, aber für mich gehen Glaube und Handeln Hand in Hand und aus diesem Grund sehe ich soziales Engagement als Notwendigkeit.

Autor: Pascal Forrer Foto: Elias Kaiser

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Liebe Ist dieses Projekt christlich motiviert zur Evangelisation und Bekehrung von Hilfsbedürftigen? Im Gegenteil. Ich glaube, in den Richtlinien steht sogar vermerkt, dass es nicht das Ziel ist, über Gott zu sprechen. Ich spreche mit den Leuten, welche ins Café Elim kommen, über ihr Leben. DAS ist das Ziel. Alltagsthemen finden hier Platz sowie ihre tieferen Sorgen; und wenn das Thema Kirche zur Sprache kommt, dann kommt es halt zur Sprache. Ganz nach dem Prinzip von Franz von Assisi: "Predige das Evangelium zu jeder Zeit und wenn nötig, benutze Worte." Jeder Café-Besucher hat seine eigene Geschichte und wird als Individuum behandelt, es wird persönlich und man baut eine Beziehung auf. Was ermutigt dich – was entmutigt dich? Ermutigung finde ich im bereits erwähnten Perspektivenwechsel. Ich schätze die Zufriedenheit bei den Besuchern. Und das Lachen, welches manchmal über ihre Lippen huscht. Entmutigend finde ich die Anstrengung; den Aufwand, den man betreibt, um oftmals dann doch keine sofortige Veränderung im Leben dieser Menschen zu sehen. Hoffnung und Liebe müssen schon stark sein, um an dem Guten festzuhalten und um ermutigt zu bleiben. Für diese Lichtblicke bin ich Gott immer wieder dankbar! Bist du der Typ Entwicklungshelfer? Ich möchte nicht komplett die Grenzen überschreiten, meine Arbeit niederlegen und in Dienst am Menschen schreiten bzw. der Armut gegenübertreten. Ich halte mich gerne sozusagen mit einem Bein in meinem komfortablen Leben, und mit dem anderen Bein bin ich gerne in einem sozialen Projekt involviert. Das macht mein Leben komplett und vollständig. Siehst du dich als Held? Ich muss gestehen, dass es mir nicht ganz unwichtig ist, was andere über mich denken. Aber ein Held möchte ich nicht sein, denn dann müsste ich wieder Ansprüchen gerecht werden, welchen ich einfach nicht gerecht werden kann. Also lass’ ich das Held sein lieber bleiben.

Gedanken von Joël Rominger Bist du interessiert, jeweils am Sonntag im Café Elim mitzuhelfen oder möchtest du dich sonst an einem sozialen Projekt beteiligen? Dann melde dich unverbindlich bei Mirjam, Joël und Roman unter act@icf-basel.ch Weitere Informationen zum Elim findest Du unter www.stadtarbeitelim.ch

Wenn ich an die erschütternden Bilder der humanitären Katastrophen in nah und fern denke, die in der vergangenen Weihnachtszeit wieder überall zu sehen waren, dann überfällt sie mich wieder, die soziale „Wohltätigkeits-Ohnmacht“. Diese Ohnmacht lässt sich auch mit Überforderung, Hilflosigkeit und Resignation umschreiben – oder einfach bildlich ausgedrückt: mir wird’s schwarz vor den Augen! Wo und wann soll ich mit anpacken, wenn meine Woche aus nur sieben Tagen besteht? Wohin soll ich mein Geld investieren, wenn mein Konto nun mal eine endliche Ressource ist? Was mich aus dieser Ohnmacht jeweils herausholt ist, wie Jesus als Sohn Gottes mit seinen unendlichen Ressourcen mit dieser Überforderung umgegangen ist. Er sagt in Johannes 5:19:„Der Sohn kann gar nichts aus sich selbst tun, sondern nur das, was er den Vater tun sieht. Denn was immer jener tut, das tut auch der Sohn in gleicher Weise“. Diese Aussage entspannt mich. Sie ermutigt mich, meine Augen auf Ihn gerichtet zu halten, bestärkt mich weiterhin, dort mit anzupacken, wo Er dran ist – ja, sie stellt mich wieder auf meine Beine und lässt mich weiss statt schwarz sehen.

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Fotos: Elias Kaiser


Liebe Ein Statement von Mirjam Dörpfeld Mit Menschen zu arbeiten, ihnen zu helfen und sie zu unterstützen, das ist mein Alltag. In meinem Job als Physiotherapeutin verbringe ich viel Zeit mit meinen Patienten, ich höre und sehe eine Menge Schönes wie auch Trauriges. Es entstehen Bekanntschaften und manchmal auch tiefe Freundschaften. Hinter meiner Motivation, in meiner Freizeit im Café Elim viele Stunden mit Randständigen zu verbringen, steht das Interesse an den Menschen selbst. Ich möchte die Leute, die mich beispielsweise nach Geld oder Essen fragen, gerne kennenlernen und wissen, warum sie an diesem oder jenem Punkt in ihrem Leben stehen. Das heißt, dass ich Zeit in diese Menschen investiere, sie wertschätze, ihr Vertrauen gewinne und versuche, sie zu unterstützen. Auf diese Weise bekommt jeder Einzelne nicht nur einen Namen, sondern ich lerne auch seine individuelle, ganz persönliche Geschichte kennen. Viele von uns bevorzugen in puncto „Dienst am Nächsten“ häufig den bequemen Weg, sie spenden Geld, Kleider usw. Den randständigen Menschen fehlt es aber oftmals auch an sozialen Kontakt in der Gesellschaft, und diese sind nicht mit Spenden zu kompensieren. Zeit zu verschenken ist in unserem durchstrukturierten Alltag eher schwierig und kostet Überwindung. Wenn ich wieder einmal vor der Frage stehe, wie ich denn nun meine Ressourcen einteilen soll, hilft mir die Rückbesinnung auf Jesus. „Was hat Jesus getan?“, frage ich mich, und die Antwort darauf lautet ganz klar: „Jesus nahm sich Zeit für die Hilfsbedürftigen und setzte entsprechende Prioritäten!“ Darauf lege auch ich meinen Fokus, denn ich möchte in Jesu‘ Fußstapfen treten. Die grosse Dankbarkeit, welche ich von den Menschen im Café Elim zurückbekomme, ist es allemal wert!

I L Z N Ü B S TOLKIEN Bünzlis gibt’s überall – ja sogar in Fantasywelten wie etwa Tolkiens »Mittelerde«. Im Dezember 2012 kam im Kino »Der Hobbit«, die Geschichte eines Halblings, der mit seinem Volk im gemütlichen Auenland lebt. Der Film bietet nicht nur gute Unterhaltung, sondern auch reichlich Möglichkeiten zur Selbstreflexion, denn die Hobbits sind zweifelsfrei die Bünzlis von Mittelerde: »Die Hobbits sind ein ruhiges, gemütliches Völkchen. Daher rührt auch ihre oft rundliche Figur und ihre Neigung, Aufregungen gewöhnlich aus dem Weg zu gehen. Die Liebe zu gutem und häufigem Essen und Trinken, das zelebrierte Rauchen des „Pfeifenkrauts“, der angesehene Gartenbau und sorglose Feste sind kennzeichnend für das Leben der Hobbits. Sie sind handwerklich geschickt, verwenden aber keine Maschinen, die wesentlich komplizierter als beispielsweise Mühlen sind. Außerdem geht ihre Gelehrsamkeit selten über das Wissen um ihren eigenen Stammbaum hinaus, so dass sie nur sehr wenig über die Länder und Völker außerhalb ihrer Grenzen wissen. Sie benehmen sich Ausländern gegenüber häufig reserviert und halten nicht viel von Hobbits, die freiwillig die weite Welt bereisen und Abenteuer erleben wollen. Hobbits gelten als friedfertig, haben nie untereinander gekämpft, Kapitalverbrechen sind undenkbar. Ihr Kleidungsstil unterscheidet sich erheblich von der restlichen „Mode“ Mittelerdes, da sie gerne knopfreiche, bunte Westen tragen. Kampfkleidung oder gar Rüstungen sind kaum im Gebrauch.« (Quelle: »Der Herr der Ringe: Die Gefährten«)

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«Wenn ich Raclette oder Fondue esse, muss ich dazu Schweizer Volksmusik hören.»

(Tabea)

Wo hast du den

Bünzli in dir?

«Bei Rechtschreibfehlern krieg’ ich die Krise.»

(Maike)

«Wenn ich überzeugt bin, im Recht zu sein, halte ich daran fest.»

(Mirjam)

«Ich habe einen "Bünzli" der fiesen Art in mir, der immer schön darauf bedacht ist, es allen "recht machen zu wollen".»

(Kevin)

«Wassertropfen auf dem Boden müssen sofort weggewischt werden.»

(Daniel)

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«Wir backen jedes Jahr Weihnachtsguetzli.» (Samantha und Sandro)

«Wenn mich fremde Menschen auf der Strasse ansprechen, würde ich gerne in Gebärdensprache antworten.»

(Nico)

«In den Kaffee schütte ich genau ¾ Teelöffel Zucker.»

(Pauline)

«Ich trage gerne die gestrickten Socken meiner Oma.»

(Annabel)

«Mein Frühstück muss aus einem Müesli und einem Orangensaft bestehen.»

(Anja)

«Im Zug setze ich mich wann immer möglich alleine in ein Abteil, statt mich zu anderen Reisenden dazuzugesellen.»

(Sandra)

«Wenn die Schweizer Nationalmannschaft spielt, stehe ich zur Nationalhymne auf und lege meine Hand auf das Herz.»

(Marcel) Umfrage + Fotos: Madeleine Lack und Jaqueline Bichsel

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Hoffnung

Hoffnung

sieht weiter Eine dritte Eigenart von Jesus, von der wir hier lernen wollen, zeigt sich in der Erwartung, mit der er sein Leben führt.

«Jesus ist erfüllt von einer unverbesserlichen Hoffnung.» Er zeigt sich nicht nur bereit, für das Reich Gottes jeden Preis zu bezahlen und jedes Risiko in Kauf zu nehmen – er ist auch überzeugt, dass sich sein Einsatz lohnen wird. Er überschreitet nicht nur sämtliche Grenzen, um Menschen zu begegnen und mit Gottes Liebe in Berührung zu bringen – er tut es mit der Gewissheit, dass keiner seiner Schritte vergeblich ist. Unser Jesus lebt ganz offensichtlich mit der festen Erwartung, dass sich Gottes Liebe letztendlich gegen alle Gleichgültigkeit und Bosheit durchsetzt, dass – wie der Evangelist Johannes es ausdrückt – das Licht die Finsternis überwindet und nicht umgekehrt (Johannes 1,5). Das ist alles andere als selbstverständlich. Auch für Jesus.

dem Volksauflauf, der sich vor dem Haus von Petrus bildet, weil Jesus dort die Kranken heilt (Markus 1,33: »Die ganze Stadt war vor dem Haus versammelt…«), oder von den jubelnden Massen, die ihn in Jerusalem als Befreier willkommen heissen (Matthäus 21,8-10): Von all diesen Menschen folgen ihm nur die wenigsten bis zum Schluss. Sie lassen sich von Jesus faszinieren. Sie nehmen, was sie von ihm kriegen können. Aber sie sind nicht bereit, sich ihm wirklich anzuschliessen. An einer Stelle, als Jesus über den Preis spricht, den uns ein Leben mit ihm kosten kann, laufen ihm die Anhänger buchstäblich scharenweise davon. Johannes hält trocken fest: »Nach dieser Rede wandten sich viele, die ihm gefolgt waren, von Jesus ab und gingen nicht mehr mit ihm. Da fragte Jesus seine zwölf Jünger: „Wollt ihr auch weggehen?“« (Johannes 6,66-67) Das ist schon ernüchternd. Ein Mensch, der sich für Andere in beispielloser Weise aufopfert, der die Kranken heilt und die Gebundenen befreit und Gottes Liebe Hand und Fuss gibt – ein solcher Mensch findet sich plötzlich fast alleine wieder.

Um es einmal von der negativen Seite her zu betrachten:

«Jesus hat sich für viele anscheinend vergeblich aufgeopfert.» Wir neigen dazu, Jesus als unwiderstehlichen Anziehungspunkt für Menschen zu sehen, um den sich Massen von Anhängern und Faszinierte scharten – aber in Tat und Wahrheit hat er doch viel mehr Menschen wieder verloren, als er bei sich halten konnte. Von dem überwältigenden Publikum, das ihm am Ufer des Sees Genezareth zuhört, als er vom Boot aus predigt (Lukas 5,1-3), von

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Autor: Manuel Schmid

«Nur die wenigsten sind ihm nachhaltig dankbar, kaum einer erwidert seine Hingabe und hält zu ihm, als es etwas zu kosten beginnt.» Dieses enttäuschende Ergebnis wird wohl in keiner Geschichte so deutlich vor Augen geführt wie in der Heilung der zehn Aussätzigen. Jesus ist in Galiläa unterwegs, als ihn zehn von dieser unheilbaren Krankheit Gezeichnete anflehen, sie zu heilen. »Hab Erbarmen mit uns«, rufen sie ihm zu – und Jesus


Hoffnung lässt sich von ihrer Not bewegen. Er schickt sie zum örtlichen Priester, dieser soll ihren Gesundheitszustand überprüfen. Auf dem Weg dorthin werden alle zehn gesund. Damit ist nicht nur ihr Körper von den furchtbaren Entstellungen geheilt, welche der Aussatz verursacht. Auch ihre soziale Ausgrenzung hat damit ein Ende. Sie können ihre Familien wiedersehen, ein neues Leben beginnen, wieder von einer Zukunft träumen! Lukas, der uns diese Begebenheit überliefert, beschreibt ihre Reaktion dann folgendermassen: »Einer von ihnen kam zurück, als er sah, dass er geheilt war. Er pries Gott mit lauter Stimme, warf sich vor Jesu Füßen nieder und dankte ihm. Dieser Mann war ein Samaritaner. Jesus aber sagte: ‚Sind denn nicht alle zehn gesund geworden? Wo sind die anderen neun? Ist es keinem außer diesem Fremden in den Sinn gekommen, zurückzukehren und Gott die Ehre zu geben?’ Dann sagte er zu dem Mann: ‚Steh auf, du kannst gehen! Dein Glaube hat dich gerettet.’« (Lukas 17,15-19) Ein Einziger kommt zurück. Sein Leben ist danach nie mehr dasselbe, denn er hat nicht nur Befreiung vom Aussatz erlebt, sondern den Befreier selbst kennengelernt. Er schaut in die Augen dessen, der ihn gesund gemacht hat – und begegnet einem Gott, der mit ihm noch viel mehr vorhat, als nur seinen Körper zu heilen. Aber die anderen neun lassen sich nicht mehr blicken. Sie haben bekommen, was sie wollten. Sie haben eine religiöse Dienstleistung bezogen und halten es nicht für nötig, Jesus selbst näher kennen zu lernen. Neun von zehn! Diese Story steht exemplarisch für die Tatsache, wie oft Jesus mit seiner Liebe an der Eigenwilligkeit der Menschen ansteht, und wie viele sich durch seinen Dienst nicht wirklich tiefgreifend verändern lassen. Und wir können die Bilanz noch trauriger machen. Nämlich wenn wir uns nicht nur überlegen, wo der Dienst von Jesus nicht zum gewünschten Ergebnis führt, sondern noch grundsätzlicher, wo sein Dienst erst gar nicht zum Zuge kommt. Sicher leistet Jesus in der kurzen Zeit seines öffentlichen Auftretens Enormes. Er unternimmt einige atemberaubende Touren durch die Dörfer und Städte Israels und kann dabei Tausenden helfen. Aber auch dieser unermüdliche Einsatz kann nicht über die Tatsache hinwegtäuschen, dass immer noch viel mehr Menschen zu seiner Zeit ihm nicht begegnen, von ihm nicht berührt oder geheilt oder befreit werden. Wie viele Dörfer und Städte gibt es noch in der Region, die Jesus gar nie besuchen kann? Wie viele Kranke hoffen auch zu seiner Zeit vergeblich auf Heilung, wie viele Besessene bekommen ihn nie zu Gesicht, wie viele Unterdrückte warten zeitlebens auf Gerechtigkeit? Jesus muss nicht nur mit der ständigen Erfahrung leben, dass seine Liebe und Hingabe von Menschen nicht erwidert wird, sondern auch mit der Einsicht, dass seine menschlichen Möglichkeiten begrenzt sind und er auch beim besten Willen nicht allen Notleidenden begegnen kann.

«Damit haben wir die zwei grössten Motivationskiller in meiner Arbeit als Pastor und meinem Leben als Nachfolger von Jesus überhaupt auf den Tisch gebracht.»

Zum einen die nagende Erkenntnis, dass es eigentlich nie reicht. Egal, wie sehr man sich anstrengt, wie viele Extrameilen man geht und Zeit, Kraft und Liebe man zu investieren bereit ist – alles was man in dieser zerbrochenen Welt bewirken kann, erscheint oft wie ein Tropfen auf einen heissen Stein. Auf jede Person, die man zu Weihnachten ins eigene Zuhause einlädt, kommen neun andere, die noch immer einen einsamen Heiligabend verbringen. Auf jedes Kind, für das man mit einer Patenschaft Ernährung und Bildung sicherstellt, kommen neun andere, die doch noch hungrig bleiben und keine Schule besuchen können. Auf jeden Besucher, den man im Gottesdienst willkommen heissen kann, kommen neun andere, die den Raum ohne eine persönliche Begegnung wieder verlassen. Zu diesen Beispielen, die sich beliebig vermehren liessen, tritt die Erfahrung hinzu, dass auch dort, wo wir unseren Einsatz tatsächlich leisten können, das gewünschte Ergebnis oft ausbleibt. Wir begleiten einen Menschen auf seinen ersten Schritten im Glauben an Jesus. Wir beten regelmässig für ihn und opfern manchen freien Abend – um dann zu erleben, wie er sich von allem abwendet und seine eigenen Wege geht. Wir tragen ein befreundetes Ehepaar durch eine massive Krise hindurch, kämpfen mit ihnen für einen neuen Start in ihrer Liebe – und müssen dann doch den Zerbruch ihrer Beziehung mit ansehen. Wir lassen uns von einer Vision packen und investieren als freiwillige Mitarbeiter eine Menge. Und am Schluss fragen wir uns: Hat’s das jetzt wirklich gebracht? Solche Gedanken und Erfahrungen können uns lähmen. Und noch schlimmer: Sie machen uns zynisch. »Was soll ich hier meine Freizeit opfern, mir die Nächte um die Ohren schlagen, sogar persönliche Risiken eingehen, wenn ich am Schluss zurückschaue und sagen muss: Ich wäre besser mit einer Tafel Schokolade im Bett geblieben…« Es hat mich immer fasziniert, dass Jesus nie zu solchen Schlussfolgerungen gekommen ist. Die überwältigende Not der Menschen und alle persönlichen Rückschläge haben es nie geschafft, ihn zu lähmen oder auch nur zu bremsen. Selbst als ihn in seiner schwersten Stunde sein Freund verrät und alle anderen ihn im Stich lassen, kann der Zynismus bei Jesus nicht landen – und zwar nicht, weil Jesus die Freundschaft seiner Jünger in Tat und Wahrheit egal gewesen wäre oder weil es ihn nicht interessiert hätte, ob sein Einsatz auch Früchte trägt.

«Nein, Jesus sieht offenbar weiter als nur bis zu den unmittelbaren Erfolgen seines Lebens.» Er versteht sein Leben und seinen Kampf für die Menschen als Teil von etwas Grösserem, das seine begrenzte Lebenskraft und Lebenszeit auf dieser Erde weit übersteigt. Darum kündigt er sich zu Beginn seines Dienstes auch nicht als einsamen Weltveränderer an: »Hier komme ich!«, sondern als Initiator einer weltverändernden Bewegung: »Hier kommt das Reich Gottes!« (vgl. Markus 1,15) Mit anderen Worten: Wenn Jesus Kranke heilt, Gebundene befreit, Unterdrückte aufrichtet, dann sind das nicht einfach einzelne, individuelle Wohltaten, die in einer sonst düsteren Welt kurz aufleuchten. Vielmehr legt Jesus auch mit der Kleinsten dieser Taten ein Holzscheit auf eine Glut, die von Gott selbst entfacht

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Hoffnung wurde – und die durch die Jahrhunderte hindurch zu einem gewaltigen Flächenbrand der Hingabe und Liebe führen wird. Jesus sieht sein Leben als Initialzündung für eine revolutionäre Gemeinschaft. So kann er seinem Freund Petrus auch kühn zusprechen: »Du bist Petrus, und auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.« (Matthäus 16,18) Was Jesus tut, tut er als Haupt der Gemeinde. Er weiss, dass die Grenzen seines Dienstes auf dieser Erde noch längst nicht die Grenzen des Reiches Gottes sind, und er rechnet fest damit, dass seine Nachfolger in seine Fussstapfen treten und der Hölle das Fürchten lehren werden… So nämlich könnte man den zitierten Vers auch wiedergeben – nicht: »Ich werde meine Gemeinde bauen, und die Pforten der Hölle werden sie nicht überwinden…«, sondern: »… die Pforten der Hölle werden ihr nicht standhalten.« Dann ist nicht die Gemeinde die bedrohte Partei in diesem Text – wie wenn sich die Eingangstore der Hölle plötzlich verselbständigen und zu einem Eroberungsfeldzug gegen die Nachfolger von Jesus aufmachen würden (eine überhaupt sehr eigenartige Vorstellung…). Vielmehr erschüttert dann umgekehrt die Gemeinde die Grundfesten der Hölle. Als revolutionäre Gemeinschaft der Nachfolger von Jesus hält sie nicht nur ihren Stand gegen die Mächte des Todes, der Bosheit und Verzweiflung, sondern sie dringt als unüberwindliche Kraft in das feindliche Gebiet ein und entreisst der Hölle ihre Gefangenen! Das ist das Bild, das Jesus in der kurzen Zeit seines Dienstes und auf dem kleinen Raum seines Einflussgebietes im Kopf behält. Er sieht weiter als nur bis zu dem kleinen Grüppchen von Jüngern, das am Ende seines irdischen Lebens noch zu ihm hält, oder bis zu den zaghaften Anfängen dessen, was man später einmal Kirche nennen wird. Jesus weiss, dass alle Mächte des Bösen und alle Gewalt des römischen Reiches nicht ausreichen, um die Bewegung zu stoppen, die mit ihm begonnen hat. Alles, was er tut, ist Teil dieser Vision vom Reich Gottes unter den Menschen – und bekommt von daher seine Bedeutung. Diese Perspektive gibt uns eine feste Hoffnung für unser Handeln bis zum heutigen Tag. Wenn wir von einem Leben in Hingabe zu Gott und im Dienst an den Menschen sprechen, dann meinen wir nicht einfach einige individuelle Versuche zur Frömmigkeit und Nächstenliebe.

«Unser Leben steht in einem grösseren Zusammenhang.» Die Bemühungen unseres Lebens sind kein einsamer Tropfen auf einen heissen Stein, sondern Teil einer Bewegung, durch welche Ströme des lebendigen Wassers in diese Welt hinausfliessen (vgl. Johannes 7,38). Wenn du zu einem einsamen Nachbarn einen persönlichen Kontakt aufbaust, wenn du einen fremden Gottesdienstbesucher zum Mittagessen einlädst, wenn du einem Arbeitskollegen vom lebendigen Gott erzählst, wenn du einen Notleidenden unterstützt oder einen Menschen auf seinem Glaubensweg begleitest, richtest du damit ein Stück Reich Gottes mitten auf dieser Erde

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auf. Du lebst innerhalb der Vision, von der Jesus selbst erfüllt war: »Das Königreich Gottes ist angebrochen!« – und zwar auch, wenn du nicht allen helfen konntest, und selbst, wenn deine Hingabe und Liebe nicht überall die gewünschten Früchte trägt! Jesus geht sogar noch einen Schritt weiter und verbindet unser Leben mit ihm selbst:

«Wenn wir in seine Nachfolge treten und anderen Menschen etwas von der Liebe Gottes erweisen, dann dienen wir nicht nur seiner Vision vom Königreich Gottes, sondern ihm, dem König dieses Reiches selbst.» Das ist der springende Punkt in einem aufrüttelnden Gleichnis, das Jesus seinen Jüngern kurz vor seinem Leidensweg erzählt. Er spricht von einem Tag am Ende der Zeit, an dem er selbst als König dieser Welt über die Menschheit Gericht halten wird. Er wird die »Gerechten« zu sich rufen und sie im Reich seines Vaters willkommen heissen: »Kommt, ihr seid von meinem Vater gesegnet, ihr sollt das Reich Gottes erben, das seit der Erschaffung der Welt auf euch wartet. Denn ich war hungrig, und ihr habt mir zu essen gegeben. Ich war durstig, und ihr gabt mir zu trinken. Ich war ein Fremder, und ihr habt mich in euer Haus eingeladen. Ich war nackt, und ihr habt mich gekleidet. Ich war krank, und ihr habt mich gepflegt. Ich war im Gefängnis, und ihr habt mich besucht.« (Matthäus 25,34-36) Die Betroffenen reagieren völlig perplex. Sie können sich nicht erinnern, Jesus in solcher Weise begegnet zu sein, und wollen von ihm wissen, wann sie ihm denn all das Gute getan haben sollen… Die Antwort von Jesus ist ebenso einfach wie lebensverändernd: »Ich versichere euch: Was ihr für einen der Geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan!« (Matthäus 25,40) Jesus macht seinen Nachfolgern klar: Ihr habt mir selbst gedient, als ihr euch dieser Menschen angenommen habt! Dieser schlichte Zusammenhang gibt uns vielleicht die stärkste Hoffnung, dass sich das Gute lohnt – auch wenn wir nicht allen helfen können, und auch, wenn sich nicht alle helfen lassen. Wir dienen nicht allein den betroffenen Menschen und setzen damit ein Zeichen für das Reich Gottes, sondern wir dienen zugleich dem König dieses Reiches. Jede Tat der Hingabe und Liebe bekommt so eine Bedeutung, die weit über ihren Moment hinausreicht. Sie zählt für die Ewigkeit. Wohl niemand in unserer Zeit hat das tiefer verstanden und eindrücklicher gelebt als Mutter Teresa. Die unscheinbare Nonne aus Mazedonien ist bekannt geworden für ihren Dienst an den Sterbenden in Kalkutta. Kann es eine aussichtslosere, bedrückendere Arbeit geben, als die Begleitung von Armen und Kranken in den Tod? Die Hoffnung auf Leben ist längst verloren, die Chancen für Heilung sind Geschichte, alle Zukunftspläne sind begraben – es geht »nur« noch darum, einen Menschen in Würde sterben zu lassen. Und das hat sie zu ihrer Lebensaufgabe gemacht.


Hoffnung Die dafür nötige Kraft und Hoffnung hat Mutter Teresa offensichtlich aus genau jenem Zusammenhang gezogen, den Jesus im erwähnten Gleichnis herstellt. In unzähligen Interviews und Statements erklärt sie, wie sie in den Augen der Sterbenden Jesus selbst erblickt: »Die Sterbenden, die Verkrüppelten, die mental Kranken, die Ungewollten, die Ungeliebten – sie alle sind Jesus in Verkleidung… Durch die armen Menschen habe ich die Gelegenheit, 24 Stunden täglich mit Jesus zusammen zu sein.« Hier liegt ein Geheimnis, das sich wohl nicht befriedigend erklären lässt. Es muss im Dienst an Menschen entdeckt werden. Sicher ist auf jeden Fall: Jesus gibt uns guten Grund zur Hoffnung, dass keine unserer Taten der Liebe und Hingabe vergeblich ist. Wir dienen damit Jesus selbst und werden Teil einer Bewegung, in der die Kraft und das Leben Gottes pulsieren. »Das Königreich Gottes ist angebrochen!«, das gilt auch für unser Leben als Nachfolger von Jesus und unsere Gemeinschaft als Kirche. Und das Beste zum Schluss: Dieses Königreich Gottes ist nicht nur eine revolutionäre Bewegung in Vergangenheit und Gegenwart – es wird sich auch in Zukunft als siegreich erweisen: das letzte Wort hat nicht die Ungerechtigkeit der Menschen oder die Zerbrochenheit dieser Welt, sondern die heilende und wiederherstellende Kraft der Liebe Gottes. Jesus selbst lässt keinen Zweifel daran, dass das Licht schlussendlich die Finsternis vertreiben wird, egal wie düster es in unserer Zeit manchmal aussehen mag. So wahr Jesus sein Grab aufgesprengt hat und von den Toten auferstanden ist, so wahr wird diese Schöpfung auferstehen zu einem erneuerten Leben – und wir mit ihr. Das gibt unserem ganzen Leben und jeder unserer Taten von der Zukunft her eine unauslöschliche Hoffnung: Wir reiben uns nicht vergeblich auf, wie setzen nicht auf das falsche Pferd, wir investieren nicht in einen unsicheren Wert. Nein, wir kämpfen für einen König, der am Ende triumphieren und diese alte Welt verwandeln wird – nicht durch Gewalt und Unterdrückung, sondern durch seine transformierende Liebe. Was wir in diesem Leben im Namen von Jesus tun, wird bis in diese neue Welt hinein Bestand haben. Um es mit den Worten von Paulus in seinem berühmten Kapitel über die Auferstehung von Jesus Christus auf den Punkt zu bringen: »Und wenn das geschieht – wenn das Vergängliche mit Unvergänglichkeit bekleidet wird und das Sterbliche mit Unsterblichkeit –, dann geht die Aussage in Erfüllung, die in der Schrift steht: »Der Tod ist auf der ganzen Linie besiegt! Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo ist dein tödlicher Stachel?« … Durch Jesus Christus, unseren Herrn, schenkt uns Gott den Sieg! Haltet daher unbeirrt am Glauben fest, meine lieben Freunde und Geschwister, und lasst euch durch nichts vom richtigen Weg abbringen. Setzt euch unaufhörlich und mit ganzer Kraft für die Sache des Herrn ein! Ihr wisst ja, dass das, was ihr für den Herrn tut, nicht vergeblich ist.« (1. Korinther 15,54-58)

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Die selbst ernannte Front zur Befreiung der Gartenzwerge hat wieder zugeschlagen: Sie «befreite» 77 zipfelmützige Wichtel aus Gärten und platzierte sie an herrlicher Lage beim Murtenlauf. Zugeschlagen hat die dreiste Bande in Cormagens FR. Mittels Schreiben teilten die Täter den Zwergbesitzern mit, dass sich die Butzemännchen an den historischen Murtenlauf zwischen Murten und Freiburg begeben hätten. Einer der Geschädigten machte sich darauf auf die Suche nach seinen Lieblingen und wurde am Ufer des Baches Sonnaz fündig. «Er entdeckte alle 77 Entführten, darunter auch seine 16 Gartenzwerge», sagt Hans Maradan von der Kantonspolizei Freiburg. Streng bewacht: Die entführten Gartenzwerge bei der Polizei. 30 der Kobolde seien schon bei der Polizei abgeholt worden. Dem glücklichen Finder fehlt allerdings sein entführtes Schneewittchen, weshalb er eine Klage einreichte. «Von den Tätern fehlt allerdings jede Spur», so Maradan. Die Front zur Befreiung der Gartenzwerge soll 1996 im französischen Alençon von Studenten nach einer Kneipentour gegründet worden sein. Angeblich will sie die Wichtel von ihrem Schicksal erlösen und ihnen zu einem Leben in Freiheit verhelfen. Schnell fanden sich Nachahmer in ganz Frankreich – und auch in der Schweiz. 20 Minuten Online, 04.10.2005

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Hoffnung

Hoffnung Vorwort: Franziska, als wir beide im vergangenen Herbst während des ICF Family Camps am Strand von Bibione sassen und auf das Meer hinausschauten, diskutierten wir lange über Gott und die Welt, über Hoffnung und Veränderung und sprachen davon, wie man in einer nicht kontrollierbaren Welt mitunter durch den Zerbruch gehen muss, um Überwinder werden zu können. Und wie dieses Überwindertum oftmals grosses geistliches Wachstum nach sich zieht. Du hast mir ungefiltert und authentisch viele Einblicke in Deine persönliche Geschichte gegeben und die Idee, Dein Zeugnis aufzuschreiben, nahm in diesen Tagen in Italien bereits Gestalt an. Aus vielen Gesprächsnotizen ist die folgende – deine – Geschichte entstanden. 1960 wurde ich als eines von zwei Kindern in Basel geboren. Meine Kindheit war von einer humanistischen Weltanschauung geprägt, ich fühlte mich jedoch bereits als junge Frau zum christlichen Glauben hingezogen. Bei der Arbeit lernte ich Peter kennen. Wir waren beide als Sozialpädagogen in einer sozialen Institution beschäftigt. 1986, als wir 26 Jahre alt waren, heirateten wir. 1989 kam Elias auf die Welt. Ein Jahr nach seiner Geburt zogen wir in das Haus meiner Grosseltern, die beide schon über 90 Jahre alt waren. Wir schauten zu ihnen und sie konnten somit in ihrer gewohnten Umgebung bleiben. Dafür durften wir in einem schönen, alten Haus leben. 1991 wurde Noah geboren. Mit zwei kleinen Kindern und sehr betagten Grosseltern war es oft herausfordernd und intensiv. Aus einem inneren Bedürfnis nach geistlichem Wachstum heraus begann Peter, regelmässig Gottesdienste in der ‚Schleife’ in Winterthur zu besuchen. Und fing dort neues geistliches Feuer. Er initiierte 1996 bei einer christlichen Institution ein Beschäftigungsprogramm für Stellenlose und übernahm dafür auch die

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Autorin: Ninette Guida Fotos: Elias Kaiser

Geschäftsführung. 2002 stieg auch ich dort mit einem Teilzeitpensum ein. Ich arbeitete als Sozialpädagogin und leitete ein kleines Kreativ-Atelier, in dem wir vor allem Schmuck herstellten. Unser Team war genial. Es entstanden viele Freundschaften, wir hatten enorme Energie und waren sehr innovativ. Miteinander organisierten wir Gebetsabende und lancierten verschiedene ehrenamtliche Projekte. Auch Elias und Noah waren oft mit dabei, es war eine erfüllende und lebendige Zeit. Peter – schon rein optisch ein grosser und starker Mann – war unser Visionär und Pionier. Er war ein wunderbarer und liebevoller Ehemann, Vater und Chef. Er ging voran, schlug Schneisen, setzte sich überall für Gerechtigkeit ein, ebnete den Weg und gab uns stets Rückendeckung. Dabei hatte er ein unglaubliches Tempo. Ich versuchte, ihm zu folgen, fühlte mich aber oft in seinem Windschatten und konnte nicht mithalten. So breitete sich mehr und mehr Unzufriedenheit in mir aus. Geistlich blieb ich hinter Peter zurück, dieses Gefühl wurde immer stärker und es lähmte und frustrierte mich bisweilen. Ich begann, intensive Seelsorge in Anspruch zu nehmen und konnte gewisse Dinge aus meiner Vergangenheit aufarbeiten. Dadurch wurde mein Fundament stärker. Peter unterstützte mich in allem und freute sich darüber, dass ich sowohl im geistlichen Sinne als auch in unserer Ehe selbstständiger und gefestigter aus dieser Krise hervorging. So gestärkt verfolgten wir weiter unsere gemeinsamen Visionen und Projekte. Geistliche Vater- und Mutterschaft war ebenfalls ein grosses Thema und wir setzten uns in unserer Hausgemeinde auch für schwächere Menschen ein, die mit Nöten und Zweifeln beladen zu uns kamen, und neue Mütter und Väter dringend


Hoffnung

benötigten. Ich spürte immer deutlicher, welche Stärken Gott in mich gelegt hatte. Empathie und Kreativität, da spürte ich meine Berufung. Barmherzigkeit und Fürbitte, das waren meine Gaben, in denen ich für Gott aufgehen wollte.

uns ja immer als Team verstanden, keiner traf eine Entscheidung ohne den anderen. Voller Leidenschaft hatten wir Pläne geschmiedet und waren dafür entbrannt, miteinander am Reich Gottes zu bauen.

Am Totenbett beteten wir lange mit guten In all dieser Zeit war mir bewusst, wie Freunden. Ich spürte ganz deutlich, dass perfekt unser Familienleben war und wie ich Peter loslassen musste. Und ich reich Gott uns beschenkte! Wir «Empathie und Kreativität, da spürte liebten uns, hatten ich meine Berufung. Barmherzigkeit und gesunde und tolle Kinder, wunderFürbitte, das waren meine Gaben, in denen bare Freunde, ein ich für Gott aufgehen wollte.» schönes Haus mit einer fruchtbaren Hausgemeinde, interessante und erfülkonnte zu Gott sagen: „Es ist gut, HERR, lende Berufe und Berufungen. Peter kann gehen, ich lasse ihn los.“ Dass ich das mit einer tiefen Überzeugung Manchmal aber fragte ich mich im Stillen: aussprechen konnte, hat mir unglaublich Was wäre, wenn etwas Schlimmes pasgeholfen. Es bewahrte mich davor, in sieren würde? Wäre mein Glaube dann etwas Bodenloses zu fallen. Ich war fähig, immer noch stark? Würde er mich auch trotz all dem Schmerz weiterhin Vertrauen dann noch tragen? in den Herrn zu haben und fühlte mich Im November 2008 starb Peter völlig getragen. Meine Söhne und ich spürten, unerwartet an einer beidseitigen dass Gott uns vorbereitet hatte. Indem ich Lungenembolie. Er wurde 48 Jahre alt. geistlich stärker und persönlich mündiger Von einem Tag auf den anderen wurden und selbstbewusster geworden war, Elias und Noah, damals 19 und 17 Jahre gewissermassen ein festes Fundament alt, zu Halbwaisen und ich zur Witwe. bekommen hatte, konnte ich mit dem Tod Mit dem plötzlichen Tod von Peter verlor meines Mannes viel besser umgehen und ich nicht nur den Ehemann und Vater darüber hinaus meine Familie in dieser unserer Kinder, ich verlor auch meinen Zeit stützen. Gemeinsam lernten wir, das Arbeitgeber und Chef. Bisher hatten wir Leid zu tragen und zu überwinden.

Dennoch, die Trauerarbeit verlangte mir alles ab. Ich wollte das Tal durchwandern und keine Abkürzungen nehmen. Ich wollte nichts auslassen, nichts verdrängen oder übertünchen. Sondern authentisch und ungefiltert diesen Prozess aushalten, hinschauen, mich nicht dagegen wehren, egal, was mit mir gerade passierte oder wie es mir gerade ging. Uushalte – büschele – überläbe! Dabei in kleinen Schritten vorwärts gehen, auch wenn es nur ein „Fussmässli“ war an jedem einzelnen Tag. Die Hoffnung und meine zum Glück immer noch vorhandene Lebensfreude trieben mich voran, auch wenn es weh tat. Während dieses Prozesses des Loslassens und Überwindens starb Peter immer wieder – und ich ebenfalls, aber auf eine ganz andere Art. Mein Zerbruch war intensiv und hart – aber nur daraus konnte Neues entstehen! Dabei fragte ich Gott aber nie „warum?“. Diese Frage stellte sich gar nicht. Mir ist klar, dass Leben und Sterben Gottes Angelegenheit ist. Ich schliesse die Ewigkeitendimension in mein Bild vom Leben mit ein und höre auf, mich immer nur am Diesseits zu orientieren. Mit dem Tod von Peter ist Gott nicht einfach ein Fehler passiert. Und mit diesem Wissen kann ich Gottes Wege bejahen, auch wenn ich sie nicht verstehe. Ich habe gelernt, das Schwere und Schwierige in mein Leben zu integrieren.

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Hoffnung Es mag paradox und unverständlich klingen, aber diese Zeit des Trauerns, Loslassens und Überwindens gehört zu den kostbarsten meines Lebens.

eine Mutter, ein Vater ist ein Vater. Ich bin die Mutter und ich gebe das, was ich kann – und mehr kann ich nicht. Den Rest gebe ich in Gottes Hände.

Dankbar waren wir auch für die Gebete und spürbar tiefe Liebe von Menschen, die sich einmal mehr als Freunde erwiesen. Sie trugen uns durch, weinten und lachten mit uns. Dazu zählen auch unsere Nachbarn, unschätzbar wertvolle Weggefährten. Wir konnten zu jeder Tages- und Nachtzeit an ihrer Tür klingeln. Dann tranken wir eine Tasse Kaffee oder ein Glas Wein zusammen und durften einfach „sein“, wurden angenommen und getröstet.

Immer öfter konnte ich „Danke“ sagen. Ich verstand vieles nicht, aber ich betete: „Danke, dass Du mein Leben im Griff hast, HERR, und dass das Leben meiner Familie und mein eigenes Leben mit Peter’s Tod nicht einfach aufhören.“ Ich wusste: Er sorgt für uns, gibt uns eine neue Perspektive, hilft uns. In dieser Zeit der Veränderung spürte ich nach und nach eine hoffnungsvolle Zuversicht. Es ist ein grosses Privileg für uns, dass Gott an uns dran ist, uns wiederherstellt und umgestaltet. Ich bin im Training des Allerhöchsten. Wie cool ist das denn? Er nimmt mich ernst und mutet mir etwas zu, traut mir dabei völlig zu, dass ich es schaffe.

«Uushalte – büschele – überläbe! » Elias, Noah und ich entwickelten jeweils eine andere Art und Weise, mit dem Schmerz umzugehen. Wir mussten uns auf einer neuen Ebene als Familie wiederfinden. Es war wichtig, einander genügend Freiraum zu geben und die verschiedenen Arten der Trauer zuzulassen, in diesen Freiräumen aber trotzdem einen gemeinsamen Weg zu finden. Das war eine grosse Herausforderung. Wir fragten uns, welche Familientraditionen wir beibehalten konnten und welche nicht. Am Anfang schafften wir es zum Beispiel emotional nicht, bei Mahlzeiten am gemeinsamen Familientisch zu sitzen, während Peter’s Platz leer blieb. Also assen wir stattdessen für einige Zeit in der Küche. In Bezug auf die Erziehung unserer Söhne hinterfragte ich auch meine Mutterrolle. Zuerst dachte ich, ich müsse Peter in allem ersetzen, müsse Mutter und Vater gleichzeitig sein. Relativ schnell wurde mir klar, dass dies unmöglich ist. Eine Mutter ist

Über diese Umgestaltung wird auch meine Berufung wieder deutlicher und klarer sichtbar. Gott hat ein bestimmtes Bild von mir, nach und nach erkenne ich sein Bild und sehe mich selbst mit neuen Augen. Das ist so spannend. Auch beruflich gab es für mich einen Neubeginn. Ich konnte innerhalb unserer Institution wechseln und arbeite jetzt mit psychisch beeinträchtigten Menschen. Unterdessen merke ich, dass sich meine Hoffnung erfüllt, den Menschen dort etwas weitergeben zu können, eine geistliche Mutter zu sein. Ich spreche in ihre Nöte hinein, höre ihnen zu und versuche, ihnen Zuversicht zu geben. Fürbitte ist dabei weiterhin ein wichtiges Thema für mich. Dass ich das mit Gottes Hilfe tun darf und er mir die Kraft und Stärke dazu gibt, empfinde ich als grosse Gunst. Wenn diese Kraft nur von mir selbst käme, wäre ich bereits nach kurzer Zeit erschöpft und ausgebrannt. So aber ist der Herr meine Quelle, meine Stärke und meine Hoffnung.

Statistik

80%

Haben Sie es gern, w enn ein G Gartenzw arten mit ergen gesc hmückt is (Quelle: In t? stitut für Demosko pie Allensb ach)

60%

40%

20%

0% Gern

38

Nicht gern

Kommt darauf an

Unentscheiden


Hoffnung

Offenbarung 21 Hoffnung, die aus der Zukunft lebt... 1 Danach sah ich einen neuen Himmel und eine neue Erde. Der frühere Himmel und die frühere Erde waren vergangen; auch das Meer gab es nicht mehr. 2 Ich sah die heilige Stadt, das neue Jerusalem, von Gott aus dem Himmel herabkommen, schön wie eine Braut, die sich für ihren Bräutigam geschmückt hat. 3 Und vom Thron her hörte ich eine mächtige Stimme rufen: »Seht, die Wohnung Gottes ist jetzt bei den Menschen! Gott wird in ihrer Mitte wohnen; sie werden sein Volk sein – ein Volk aus vielen Völkern, und er selbst, ihr Gott, wird immer bei ihnen sein. 4 Er wird alle ihre Tränen abwischen. Es wird keinen Tod mehr geben, kein Leid und keine Schmerzen, und es werden keine Angstschreie mehr zu hören sein. Denn was früher war, ist vergangen.« 5 Daraufhin sagte der, der auf dem Thron saß: »Seht, ich mache alles neu.« Und er befahl mir: »Schreibe die Worte auf, die du eben gehört hast! Denn sie sind wahr und zuverlässig.« 6 Dann sagte er zu mir: »Nun ist alles erfüllt. Ich bin der Anfang und das Ende, der Ursprung und das Ziel aller Dinge. Wer Durst hat, dem werde ich umsonst von dem Wasser zu trinken geben, das aus der Quelle des Lebens fließt. 7 Das alles wird das Erbe dessen sein, der siegreich aus dem Kampf hervorgeht, und ich werde sein Gott sein, und er wird mein Sohn sein.

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Diese wartet... «Weisst du, irgendwie habe ich vom Leben mit Jesus mehr erwartet. Kann es das wirklich gewesen sein…?» In den vergangenen Monaten habe ich verschiedene Gespräche mit langjährigen Freunden im ICF geführt, in denen mir solche Aussagen begegnet sind. Und ich habe sofort verstanden wovon sie reden, weil mich ganz ähnliche Gedanken beschäftigen. Irgendwann in den letzten Jahren durften wir unseren dreissigsten Geburtstag feiern, und wir haben uns auf das Experiment Familie eingelassen, was uns ziemlich unvorbereitet in eine ganz neue Lebensphase katapultierte. Plötzlich erwartet uns zu Hause eine Bande Wildgewordener, die uns verdächtig an das erinnert, was unsere Eltern von unserer eigenen Kindheit erzählt haben. Auf einmal verbringen wir den Feierabend nicht mehr beim Bier mit Freunden, sondern am Kinderbett mit einem Milchschoppen in der Hand. Und wenn man einen Babysitter für den Samstagabend finden konnte und mit der Frau wieder einmal in den Ausgang will, schläft man im Kino schon bei den Vorfilmen vor lauter Übermüdung ein. Der sportliche GTI in der Garage musste längst einer japanischen Familienkutsche mit Janosch-Sonnenblenden Platz machen – und in die Ferien fährt man nur noch so weit, wie man es mit schreienden Kindern im Auto aushält. Also höchstens bis in das Tessin. Das Leben verändert sich. Und das Verrückte dabei ist: wir lieben es.

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Autor: Manuel Schmid

Welt auf dich

Ich bin im ICF noch keinem Vater begegnet, der von seiner neuen Rolle nicht begeistert gewesen wäre und von seiner Familie nicht in den höchsten Tönen geschwärmt hätte. Eltern zu werden und seine eigenen Kinder zu erleben ist etwas unbeschreiblich Schönes. Aber wenn man in dieser ebenso erfüllenden wie anstrengenden Zeit einen ruhigen Moment findet, um sein Leben mit etwas Abstand zu betrachten, dann fällt doch manchen auf, wie sehr die eigene Welt zusammengeschrumpft ist. Es gibt wohl keinen stärkeren Motor für die Verbürgerlichung (oder »Verbünzligung«) des Lebens, als die Familiengründung. Die eigene Kraft und Zeit reicht fast nur noch für die beruflichen Verpflichtungen und die Familie. Man schafft es noch einmal pro Monat in den Gottesdienst, Mitarbeit in einem Ministry der Kirche liegt schon lange nicht mehr drin. Selbst im persönlichen Umfeld findet man kaum mehr Energie, sich in notleidende Menschen zu investieren, Beziehungen zu Nichtchristen zu pflegen oder einen Jüngeren im Glauben zu begleiten. Sicher, früher haben wir viel über unsere Berufung im Reich Gottes nachgedacht und uns für grosse Visionen begeistern können – wir haben sogar einen Gabentest ausgefüllt, um unsere gottgegebenen Leidenschaften zu entdecken… Aber jetzt müssen halt die Jüngeren an die Front, die noch Zeit und Kraft haben. Unsere Nachfolge von Jesus erschöpft sich vorerst einmal darin, gute Ehepartner und Eltern zu sein. (Denn schliesslich, und das sei hier einmal ausdrücklich und mit aller Ernsthaftigkeit festgehalten, gehört die eigene Familie auch zum Reich Gottes!)


Das alles ist völlig normal und nachvollziehbar – zumindest seit wir selber Kinder haben, kann ich mich mit dieser Beschreibung der Umstände unmittelbar identifizieren. Aber das ist nicht das letzte Wort. Das darf es nicht sein. Eben darum haben verschiedene Freunde mit mir die Frage bewegt: Was kann es heissen, mitten in diesen herausfordernden Lebensumständen Jesus nachzufolgen? Es kann doch nicht sein, dass wir einfach auf »die Jungen« verweisen, als ob Gottes Abenteuer mit uns in den Niederungen des beruflichen und familiären Alltags gestrandet wäre. Wir können doch nicht von den Erinnerungen an eine Zeit leben, in der wir grosse Träume hatten – und offenbar die vielen Sachzwänge des »erwachsenen« Lebens noch nicht kannten… Und dann kommt uns wieder eine Biographie von einem der Glaubensmenschen der Gegenwart in die Hände – ein Missionar, der alles zurücklässt, um einer unerreichten Volksgruppe von Jesus zu erzählen, einer Ärztin, die ihr Leben riskiert, um Aidskranke in Afrika zu pflegen, einem Aussteiger, der sein ganzes Hab und Gut verkauft, um ein einfaches aber grosszügiges Leben zu führen – und wir denken mit einem schlechten Gewissen: Ja, irgendwie so sollte das Leben mit Jesus doch sein. Aber wir sitzen hier in einem ausgefüllten, unbeweglichen, bürgerlichen Leben fest…

«Nein: Wir müssen einen Weg finden, diesem unberechenbaren, kompromisslosen, verrückten Jesus als Familienväter mit Mitte Dreissig in Beruf und Familie nachzufolgen! Und natürlich auch als Ehefrauen und als Mütter. Und als Teenager oder End-Fünfziger. Als Single oder Frischverliebte oder Alleinerziehende. Als Baselländer oder Elsässer. Als WGBewohner oder Einfamilienhausbesitzer oder Hotel-Mama-Gäste…»

die Fragen unserer Zeit sind, ob wir tatsächlich eine Alternative bieten zu einer Existenz, die sich letztlich nur um sich selbst dreht. Und ich bin überzeugt, dass das in unseren Tagen gefragter ist als je zuvor. Das gesellschaftliche Bewusstsein wächst für die Notwendigkeit einer Alternative zu einer im Kern kapitalistischen, eigenbrötlerischen und ignoranten Lebensweise. Vielen gerade jungen Leuten ist heute klar: So wie bisher kann es nicht einfach weitergehen. Wenn wir eine Zukunft haben wollen, auf die sich auch unsere Kinder noch freuen können, und wenn wir vor dem Schicksal anderer Menschen nicht die Augen verschliessen wollen, dann brauchen wir eine alternative Lebensweise im 21. Jahrhundert. Dann müsste es Menschen unter uns geben, die sich vom Sog des Materialismus nicht mehr mitreissen lassen, die bereit sind, einen persönlichen Preis für mehr Gerechtigkeit zu bezahlen. Menschen, welche die kranken Systeme von innen heraus unterwandern, indem sie revolutionär andere Werte leben – Werte, die irgendwie an Liebe erinnern… Dann bräuchte es Menschen, die aus einer Verantwortlichkeit und mit einer Hoffnung in dieser Welt leben, welche für andere ansteckend ist. Mit anderen Worten: Menschen mit einer Bereitschaft, nicht nur die Augen für die Probleme zu öffnen, sondern wirklich selbst ein Teil der Lösung zu werden… Nur: Wo sind diese Menschen? Woher kommt die radikale Hingabe, die für ein solches Leben nötig ist? Woher kommt die kompromisslose Liebe zu den Menschen, die es dafür braucht? Und woraus wächst die Hoffnung, dass ein solches Leben wirklich Sinn macht und nicht einfach verschwendete Kraft bedeutet? Ich meine zu beobachten, dass der stille Schrei nach solchen Menschen zu hören ist. Letztlich wartet diese Welt verzweifelt auf die Nachfolger von Jesus, in denen ein anderer Geist wohnt. Auf Menschen, die eine Kraft und Hingabe kennen, die sie nicht aus sich selbst hervorbringen, sondern die ihnen von Gott geschenkt ist. Auf Menschen, die von einer Liebe leben, die ihr eigenes Leben schon auf den Kopf gestellt hat und die sie nun auch für andere beflügelt. Auf Menschen, die aus einer Hoffnung heraus handeln, die nicht von dieser Welt ist. Und das… sind wir.

«Jesus fordert uns als Kirche heraus, mitten in unserem Leben in seine Fussstapfen zu treten. Er will seine Leidenschaft für das Reich Gottes gerade in unserem ganz normalen Alltag neu entzünden.» Wenn es diesem Magazin gelingt, dir dazu einen frischen Anstoss zu geben, dann beginnt nicht nur für dich persönlich ein neues Abenteuer, sondern dann wird dein Leben auch neue, ungeahnte Auswirkungen auf andere Menschen haben. Und natürlich ist das der eigentliche Fluchtpunkt unserer ganzen Überlegungen: Es geht ja um viel mehr, als um die Belebung unseres Glaubenslebens oder die Beruhigung unseres schlechten Gewissens als Christen. Es geht darum, ob Menschen in unserer Nähe etwas von der revolutionären Kraft des Reiches Gottes riechen – oder nur den Muff eines verstaubten Christentums. Es geht darum, ob wir mit unserem Leben wirklich eine Antwort auf

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Zum Schluss dieses Magazins will ich noch eine Filmempfehlung wagen. Okay, ich gebe zu: Mein Filmgeschmack ist nicht über alle Zweifel erhaben. Manche Freunde halten meine Kinoempfehlungen nur deshalb für enorm hilfreich, weil sie ihnen mit Sicherheit sagen, welche Filme sie nicht sehen wollen… Wie auch immer: Ich habe mich vor zwei, drei Monaten mit einigen Freunden zu einem Filmabend getroffen. Wir haben uns einen Actionfilm mit Gerald Butler vorgenommen, einem Schauspieler, der dieser Welt schon so wunderschöne Filme wie »300«, »Gamer« oder »Law Abiding Citizen« geschenkt hat. An diesem Abend wurde ich allerdings regelrecht von der Seite erwischt. Der Titel »The Machine Gun Preacher« klang für mich nach einem eher anspruchslosen Filmgenuss – aber was sich dann vor meinen Augen abspielte, hat mich wochenlang aufgewühlt.

The

Der Film erzählt die wahre Geschichte von Sam Childers, einem Mann aus einfachen amerikanischen Verhältnissen und mit der ausserordentlichen Begabung, Ärger anzuziehen. »Irgendwann wir dich mal noch jemand umbringen!«, hat ihm sein Vater schon in der frühen Jugendzeit immer wieder gesagt. Und tatsächlich lebt Sam gefährlich. Schon mit zwölf Jahren entdeckt er Marihuana und konsumiert bald täglich verschiedene Drogen. Er gerät in eine Abwärtsspirale, die ihn nicht nur mit fast jedem erdenklichen Rauschmittel in Berührung bringt und mit sechzehn zum Heroinsüchtigen macht, sondern die auch sein Gewaltpotential schürt. Ständig verwickelt er sich in Prügeleien und Strassenkämpfe – aus denen er allerdings immer siegreich hervorgeht. Sam ist ebenso stark wie brutal. Bald handelt er selbst mit harten Drogen und arbeitet als »Shotgunner«, als

Machine Gun Preacher bewaffneter Beschützer anderer Drogendealer. In dieser Zeit lernt er auch Lynn kennen, eine Stripperin aus einem Nachtlokal, mit der er dann zusammenzieht. Der Film nimmt Sams Geschichte auf, als er nach einem kürzeren Aufenthalt wieder einmal aus dem Gefängnis entlassen wird – und seine Freundin plötzlich eigenartig verändert antrifft. Lynn hat sich eine Arbeit gesucht, für die sie ihre Kleider anbehalten kann und erzählt ihm von ihrer Begegnung mit Jesus. Und sie lädt ihn ein, mit ihr einmal in die Kirche zu kommen. Tatsächlich lässt er sich in den Gottesdienst einer Pfingstgemeinde mitschleppen. Er trifft dort auf viele nette, freundlich lächelnde, schön angezogene Leute… aber noch auf jemand anderen: Er findet Gott – oder Gott findet ihn. In den folgenden Monaten und Jahren beginnt sich Sams Leben dramatisch zu verändern. Er bekommt die Kraft, von den Drogen loszukommen, startet sein eigenes Bauunternehmen und gründet mit Lynn eine Familie. Vor allem aber führt ihn seine Entschlossenheit, Jesus nachzufolgen, zur Aufgabe seines Lebens… 1998 kommt er im Südsudan an. Der Sudan befindet sich gerade mitten im zweiten Bürgerkrieg, und Sam ist vom Pastor seiner Kirche in Amerika gedrängt worden, doch bei einem mehrwöchigen Arbeitseinsatz mitzumachen, um die zerstörten Hütten der Einwohner zu reparieren. Schliesslich ist er ja jetzt Bauunternehmer… Aus einem inneren Impuls heraus lässt er sich darauf ein. Während dieses Einsatzes ist Sam mit anderen Arbeitern unterwegs in einer Gegend, die von Minenfeldern durchsetzt ist. Die sudanesische Widerstandsarmee legt Tausende solcher Minen aus, um die Zivilbevölkerung einzuschüchtern. Deren Sprengkraft ist genau so dosiert, dass sie Menschen nicht umbringt, sondern verkrüppelt. Sie reissen dem

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Autor: Manuel Schmid


Opfer einen Fuss oder ein Bein ab – allerdings nur, wenn es sich um einen Erwachsenen mit Stiefeln handelt… Da steht Sam plötzlich vor dem Körper eines Kindes. Das Kind ist von der Mine buchstäblich entzweit worden, unterhalb der Taille ist nichts mehr da. Es muss vor Kurzem durch das Feld gelaufen sein, vielleicht beim Spielen, und wurde von der Landmine grausam aus dem Leben gerissen. Eines von Millionen Opfern, deren Namen keiner kennt. Das Bild dieses Kindes brennt sich in Sams Gedächtnis ein, lässt ihn nicht mehr los. Noch vor dem verstümmelten Leichnam macht er Gott das Versprechen: »Was auch immer es kostet: Ich werde diesen Menschen hier im Sudan helfen.« Und Sam hält Wort. Nur wenige Monate später kehrt er in den Südsudan zurück. Seine Reise durch das Land führt ihn mitten durch das von der Widerstandsarmee besetzte Gebiet – und ausgerechnet hier legt ihm Gott aufs Herz, ein Waisenhaus für die vielen Kinder zu bauen, deren Eltern im Krieg ums Leben gekommen sind. Alle halten ihn für verrückt. Die Rebellenarmee hat zu diesem Zeitpunkt bereits Hunderttausende Dorfbewohner abgeschlachtet und über 30'000 Kinder entführt, um sie zu Kindersoldaten auszubilden oder zur Prostitution zu zwingen. Ihre Bedrohung ist mit Händen zu greifen, und kein Mensch, dem etwas an seinem Leben liegt, würde sie hier mit einer humanitären Einrichtung provozieren… aber Sam tut es. Er fliegt zurück in die USA, verkauft sein Bauunternehmen und beginnt mit dem Aufbau des Waisenhauses. Er investiert alles in sein verrücktes Projekt. Seine Karriere als Unternehmer ist beendet. Und während er im Sudan die Hütten für die Kinder errichtet, wird ihm in den USA die Hypothek auf seinem Haus gekündigt. Er hat noch 2000 Dollar übrig – gerade genug, um diese Kündigung rückgängig zu machen. Oder auch gerade genug, um das Waisenhaus fertigzustellen… Sam schickt das Geld nach Afrika. Um eine lange Geschichte kurz zu machen: Heute, 14 Jahre später, hat das von ihm errichtete Waisenhaus bereits über 1000 Kindern ein Zuhause gegeben. Mit über 200 Plätzen ist es das grösste Waisenhaus im Südsudan – und Sam ist mit seiner Frau Lynn entschlossener als je zuvor, den sudanesischen Kindern zu helfen und mit ihrem Leben der Liebe von Jesus ein Gesicht zu geben. Was aber soll nun diese Geschichte zum Schluss – und wie nur ist sie zum Titel »The Machine Gun Preacher« gekommen? Nun, der Filmtitel verdankt sich der besonderen Art, mit der Sam die Waisenkinder unter seiner Obhut vor den Rebellen beschützt. Das ist der theologisch ziemlich problematische Teil der Geschichte – und zugleich der Grund, warum es sich für ActionLiebhaber auch nach dieser Zusammenfassung noch lohnt, den Streifen zu sehen… Und: Ich beende dieses Magazin mit Sams Geschichte, weil sie noch einmal–sehr zugespitzt–die gängigen Vorstellungen einer christlichen Biographie herausfordert.

kommt von den Drogen weg. Er nimmt endlich seine Freundin zur Frau, gründet mit ihr eine Familie und geht einer anständigen Beschäftigung nach. Ja, genauso muss es laufen. Und wenn sie nicht gestorben sind, dann wohnen sie noch heute in einem Reihenhaus und sammeln Gartenzwerge… Aber Sams Leben findet nach seiner Hinwendung zu Jesus Christus eine völlig andere, unerwartete Fortsetzung. Seine Geschichte hat mich so aufgewühlt gerade wegen dem, was aus Sam nicht geworden ist: Sam wird durch seinen Glauben nicht verharmlost. Ja, er hat sich radikal verändert, ist von den Drogen und der Kriminalität losgekommen und Familienvater geworden. Ja, er hat angefangen, in der Kirche Verantwortung zu übernehmen und unter der Woche hart zu arbeiten. Aber er ist auch mit Frau, Häuschen, Hund und Gärtchen nie in der frommen Harmlosigkeit aufgegangen, die unsere evangelikale Kultur oft auszeichnet. Auch als Christ will aus Sam einfach kein wirklich netter Mensch werden. Seine Entscheidung, Jesus nachzufolgen, macht ihn gerade nicht zum christlichen Musterschüler. Im Gegenteil. Sam mag schon vor seiner Begegnung mit Jesus ein gefährliches, risikoreiches, ungewöhnliches Leben geführt haben – doch im Vergleich zu den Wegen, die er als Nachfolger von Jesus einschlägt, war das alles Kindergeburtstag. Er bekehrt sich nicht zu einem Leben in bürgerlicher Sicherheit und familiärer Harmonie, sondern zu einem unberechenbaren Abenteuer mit einem Gott, der selbst vorgelebt hat, was Hingabe bedeutet. Sicher war Sam schon in seinem alten Leben von einer inneren Unruhe angetrieben, doch das ist nichts gegen die Kräfte, die der Glaube an Gott in ihm weckt. Sein Kampfeswille wird durch das Christentum nicht gebrochen, sondern gestärkt und kanalisiert. In ihm ist auf einmal ein Mut entstanden, den selbst er vorher nicht gekannt hatte. Er ist plötzlich von einer Liebe zu Menschen erfüllt, von deren Schicksal er bis vor Kurzem überhaupt nichts gewusst hat. Und er sieht sich getrieben von einer Hoffnung, die sich nicht entmutigen lässt durch die bleibende Not und Ungerechtigkeit, sondern die jedes einzelne Kind feiert, dem er tatsächlich helfen kann. Kurz gesagt: Die Nachfolge von Jesus hat ihn nicht gezähmt, sondern entfesselt. Nun: Ich rate niemandem, Sams Geschichte zu kopieren. Sein Weg ist einzigartig, und an vielen Punkten hat er die Grenze zur Kopflosigkeit und zum gefährlichen Übereifer sicher weit überschritten. In seiner aufrüttelnden Kompromisslosigkeit ist er aber doch ein guter Anstoss für uns, eine antrainierte christliche Harmlosigkeit zurückzulassen und mitten in unserer Welt das Abenteuer mit Jesus neu zu suchen…

Noch bis in die Zeit seiner ersten Kirchenbesuche eignet sich Sams Leben als Vorzeigebeispiel einer evangelikalen Bekehrungsgeschichte: Ein Mann, der sich alles erlaubt, was die Jugendlichen aus den frommen Elternhäusern nicht dürfen (und sich heimlich wünschen), ein Typ der von Sex, Drugs and Rock’n Roll lebt und sich den Respekt der Strasse verschafft, kommt in die Kirche und begegnet Gott. Er beginnt sein Leben aufzuräumen,

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