D A S I N T E R N AT I O N A L E K O M I T E E V O M R O T E N K R E U Z
IN AKTION Dezember 2018 / Nr. 06
Gemeinsam an ihrer Seite
INHALT 06
GEMEINSAM HANDELN
DIALOG
Ihre Spenden der Hoffnung für die Menschen im Nahen Osten.
Ihre Ideen, Nachrichten und Fragen. Schreiben Sie uns!
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UNS UNTERSTÜTZEN
DAS IKRK IN AKTION
Ein Legat an das IKRK. Der Freundeskreis des IKRK.
Wie wir Betroffenen von Konflikten helfen.
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HINTER DEN KULISSEN
EIN BLICK AUF DIE WELT
Lernen Sie Ibrahim kennen, Mitarbeiter für digitale Kommunikation im Irak.
Zwischen bewaffnetem Konflikt und klimatischen Veränderungen.
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WAS GIBT ES NEUES?
EIN BLICK AUF DIE WELT
Innovatives Denken beim IKRK.
Das Rote Kreuz und der Rote Halbmond, überall, für alle.
20 WAS MIT IHREM GELD PASSIERT Das Budget und die Einsätze des IKRK.
UNSER TEAM DER SPENDENBETREUUNG
IKRK
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HABEN SIE FRAGEN? Möchten Sie auf einen Artikel in diesem Magazin reagieren? Schreiben Sie uns: spenden@ikrk.org
Titelbild: Mari Mortvedt/IKRK Südsudan: Monika und ihr Bruder Victor wurden vor mehr als einem Jahr entführt. Doch endlich konnten sie wieder mit ihrem Vater Frederiko vereint werden: „Als ich hörte, dass das IKRK meine Kinder gefunden hatte, konnte ich es nicht glauben. Sie sind meine ganze Lebensfreude.“
Internationales Komitee vom Roten Kreuz Spendenbetreuung Avenue de la Paix 19 CH-1202 Genf Tel.: +41 22 730 21 71 Fax: +41 22 730 28 99 E-Mail: spenden@ikrk.org Website : ikrk.org/ helfen-sie-uns
Das IKRK in Aktion He rausg e be r und Re da k tion: Inte r nationale s Komite e vom Rote n K re uz I Chef re da k tor in: S y l v ie Pe llet I Mita r be ite nde die se r Ausga be: Silvia Burisch, Ibrahim Sherkhan, Elsa Ragasa, Marie-Jo Girod, Audrey Brasier, Marion Liard I L ayout: Bra ndlif t G e nf I Auf lag e: 150‘0 0 0 E xe mpla re (de utsch-f ra nzösisch-italie nisch) I IK RK-Sit z: Inte r nationale s Komite e vom Rote n K re uz – Ave nu e de la Pai x 19 – CH-1202 G e nf
02 | ikrk.org/helfen-sie-uns | Dezember 2018
André Liohn/IKRK
EDITORIAL Langjährige Konflikte verursachen grosses menschliches Leid
S
eit meiner letzten Nachricht an Sie ist bereits ein Jahr vergangen, und ich möchte mich persönlich für Ihre Unterstützung und Ihre Ermutigungen bedanken. Sie als treue Spenderinnen und Spender machen es erst möglich, dass die 18‘000 Mitarbeitenden des IKRK vor Ort Millionen von Menschen, die von Gewalt und bewaffneten Konflikten betroffen sind, helfen können. Kriege verursachen weiterhin unfassbares Leid auf der ganzen Welt. Einige Konflikte sind weltweit zu bedeutenden Faktoren der Instabilität geworden und führen zu Fragilität, zunehmenden humanitären Bedürfnissen, Zwangsvertreibungen und langfristigen Beeinträchtigungen für Menschen und Gesellschaftssysteme. Die am wenigsten zugänglichen Konfliktgebiete sind noch immer teilweise auf dem Land angesiedelt, doch zahlreiche Kampfhandlungen spielen sich inzwischen in Städten oder in der digitalen Welt ab, wo sie schwerer erkenn- und abgrenzbar sind. Zudem dauern die Konflikte heute häufig lange an. Während Jahren standen Gesundheit, Ernährung, Unterkunft, Wasser und Sanitärversorgung im Mittelpunkt der humanitären Prioritäten, infolge der direkten Auswirkungen von Krieg und Gewalt auf die Bevölkerung und deren Möglichkeiten zum Bestreiten ihres Lebensunterhalts. Doch die Verletzlichkeiten verändern sich und die indirekten und oft dauerhaften Störungen durch Konflikte und Gewalt lassen ein breites Spektrum an neuen Bedürfnissen entstehen.
„Ohne Ihre Solidarität könnten wir in den Kriegsgebieten niemals so viel für die Bevölkerung tun.“ Angesichts dieser Herausforderungen streben unsere Teams danach, ihre Dienste zu optimieren. Sie erhöhen ihr Engagement für die Bevölkerung und probieren neue Arbeitsansätze aus, um unsere Einsatzkapazitäten in gefährlichen Umgebungen zu verbessern. Neben der Bereitstellung von humanitärer Nothilfe suchen wir nach Lösungen mit einer längerfristigen Wirkung. So arbeiten wir etwa mit den Behörden zusammen, um die für das Wohlbefinden der Menschen erforderliche Infrastruktur wieder aufzubauen oder zu stärken. Ein weiterer Aspekt unseres Auftrags besteht im Verhindern von Verstössen gegen das Kriegsrecht. Daher versuchen wir auch, die Waffentragenden dazu zu bringen, ihr Verhalten zu ändern. Diese Sensibilisierungsarbeit rettet jeden Tag Leben. Ohne Ihre Solidarität und Ihr Vertrauen könnten wir in den Kriegsgebieten niemals so viel für die Bevölkerung tun. Ich hoffe, dass wir auch 2019 erneut auf Ihre Unterstützung zählen dürfen und wünsche Ihnen und Ihrer Familie frohe Festtage.
DOMINIK STILLHART LEITER EINSÄTZE DES IKRK ikrk.org/helfen-sie-uns | Dezember 2018 | 03
GEMEINSAM HANDELN
Ali Yousef/IKRK
IHRE SPENDEN 2018
IHRE SPENDEN DER HOFFNUNG
Spendenaufruf für die humanitären Notlagen im Nahen Osten 2017 veröffentlichte das IKRK unter dem Titel „Meine Stadt stirbt“ einen Bericht in englischer Sprache zu den Auswirkungen urbaner Kriegsführung auf die Bevölkerung. Eine weitere Untersuchung aus dem Jahr 2018 in Syrien und im Irak konnte zeigen, dass Kampfhandlungen in urbanen Gebieten achtmal mehr zivile Todesopfer fordern als in ländlichen Gebieten. So sind Mossul im Irak, Idlib in Syrien und Hodeida im Jemen nur einige der Städte, die in diesem Zusammenhang in den letzten Monaten die Schlagzeilen bestimmt haben. So war das Leid der Einwohner, die zwischen die bewaffneten Gruppierungen und Kräfte in diesen Ländern geraten,
„ICH HABE GESEHEN, WIE MEINE STADT DEM ERDBODEN GLEICHGEMACHT WURDE UND MEINE ANGEHÖRIGEN GESTORBEN SIND. ICH DACHTE, JETZT IST ALLES ZU ENDE. ICH WÜNSCHE MIR SO SEHR, DASS ES MIR EINES TAGES WIEDER BESSER GEHT.“ SAMI, 27 JAHRE, NACH SEINER FLUCHT AUS
ALEPPO IN RICHTUNG DAMASKUS UND BEIRUT. in den Medien allgegenwärtig. Die verheerenden Angriffe in städtischen Gebieten führen in kürzester Zeit zu hohen Zahlen an zivilen Opfern. 2018 haben wir an die Grosszügigkeit der Schweizerinnen und Schweizer appelliert, uns finanziell zu unterstützen, um den Einwohnern dieser Gebiete – in denen selbst die Jüngsten unter ihnen nichts anderes kennen als Krieg – zu helfen und ihr Leid zu lindern.
„DIE LEUTE ESSEN, WAS SIE IM MÜLL FINDEN, WEIL SIE KEIN GELD HABEN, UM LEBENSMITTEL ZU KAUFEN. DIE FRAUEN KOCHEN BLÄTTER AUS, NUR UM IHREN KINDERN EIN WENIG WARME SUPPE ZUZUBEREITEN.“ NANCY HAMAD, LEITERIN DER SUB-DELEGATION DES IKRK IN TAIZZ, JEMEN.
04 | ikrk.org/helfen-sie-uns | Dezember 2018
Sie haben uns nicht im Stich gelassen. Dank Ihrer Spenden konnten wir weiterhin Nahrungsmittel und Hilfsgüter an die Menschen verteilen, die alles verloren haben, während wir uns gleichzeitig darum bemühen, den Zugang zu Trinkwasser und die Qualität der Gesundheitsversorgung zu verbessern. Alles Dinge, die wir bei uns in der Schweiz für selbstverständlich halten. Mit Ihren Spenden kann das IKRK Millionen Kindern, Frauen und Männern im Nahen Osten einen Funken Hoffnung geben. Wir danken Ihnen für Ihren Einsatz, denn nur mit Ihrer Unterstützung können wir unsere Hilfsleistungen fortsetzen.
GEMEINSAM HANDELN
Zahlen von Januar bis Juni 2018 IRAK Knapp 2 Millionen Menschen erhielten regelmässigen Zugang zu Trinkwasser und verfügten dank der Instandsetzung wichtiger Infrastruktur durch das IKRK über bessere Lebensbedingungen. 19 Spitäler erhielten Medikamente und medizinische Ausrüstung; darüber hinaus wurde das Pflegepersonal entsprechend geschult. Die IKRK-Teams besuchten fast 44‘000 Inhaftierte. SYRIEN Über 1,9 Millionen Menschen in Syrien wurden vom IKRK mit Nahrungsmitteln versorgt und knapp eine Million Menschen mit anderen Hilfsgütern zur Verbesserung ihrer Lebensqualität. Rund 16 Millionen Menschen erhielten regelmässigen Zugang zu Trinkwasser. ISRAEL und die BESETZTEN GEBIETE
JEMEN
Die IKRK-Teams besuchten fast 13‘000 Inhaftierte. Über eine Million Menschen erhielten regelmässigen Zugang zu Trinkwasser; 7 Spitäler erhielten Medikamente und medizinische Ausrüstung.
Ali Yousef/IKRK
Salih Mahdi/IKRK
Hodeida. Ein Mädchen wartet an einer vom IKRK eingerichteten Wasserstelle.
Abduljabbar Zaid/IKRK
Irak. Eine Frau kehrt nach einer mehrmonatigen Abwesenheit nach Hause zurück und erhält Hilfsleistungen vom IKRK.
Nadschaf. Eine IKRK-Therapeutin kümmert sich um ein Kind, das an einer zerebralen Bewegungsstörung leidet.
Hussein Amal/IKRK
Aleppo. Ein Mann verkauft in einer Strasse seiner zerstörten Stadt Tomaten.
Knapp 360‘000 Menschen wurden vom IKRK mit Nahrungsmitteln versorgt und rund 4 Millionen Menschen erhielten regelmässigen Zugang zu Trinkwasser. 29 Gesundheitszentren erhielten Medikamente und medizinische Ausrüstung.
ikrk.org/helfen-sie-uns | Dezember ikrk.org/helfen-sie-uns | Dezember 2018 | 05 2018 | 05
DIALOG
IHRE NACHRICHTEN Haben Sie Fragen oder Kommentare? Möchten Sie auf einen Artikel in diesem Magazin reagieren? Schreiben Sie uns. Wir antworten Ihnen gerne in dieser Rubrik.
Internationales Komitee vom Roten Kreuz Spendermagazin Avenue de la Paix 19 CH-1202 Genf E-Mail: spenden@ikrk.org
IHRE NACHRICHTEN DER HOFFNUNG Knapp 800 Grusskarten wurden an unsere Teams im Feld verschickt! Herzlichen Dank dafür! Sie können sich nicht vorstellen, wie sehr diese Geste unsere Kolleginnen und Kollegen berührt. Es ist für sie schön zu wissen, dass ihre Arbeit und ihr Einsatz von Spenderinnen und Spendern wie Ihnen anerkannt und gewürdigt werden. Unser Kollege Zalmai aus Kabul hat uns dazu folgende Worte geschickt: „Diese guten Wünsche geben uns viel Kraft und motivieren uns, weiterzumachen, denn sie zeigen uns, dass man unsere Arbeit schätzt.“
Ihre Fragen Wie kann ich sicher sein, dass meine Spende direkt für die Einsätze des IKRK im Feld verwendet wird?
Die Konten des IKRK werden von der renommierten internationalen Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young (EY) geprüft. Die Buchführung des IKRK erfolgt nach IFRS (International Financial Reporting Standards). EY prüft die Einhaltung der Standards durch das IKRK, erstellt einen Auditbericht und formuliert seine Einschätzung. Das IKRK präsentiert seine Finanzzahlen (Budget und Kosten) in seinem Jahresbericht, in dem auch die weltweiten Einsätze im Feld dargelegt werden. Dieser Bericht steht auf unserer Website in englischer Sprache zur Verfügung. 06 | ikrk.org/helfen-sie-uns | Dezember 2018
Corinne Ambler/IKRK
Das IKRK setzt sich dafür ein, dass Ihre Spende für den von Ihnen bestimmten Einsatz verwendet wird, abzüglich des prozentualen Anteils (6,5%), der für die Deckung der operativen Kosten vorgesehen ist. So können Sie sicher sein, dass beispielsweise von einer Spende in Höhe von 100 Schweizer Franken 93,50 Franken direkt für die Einsätze im Feld verwendet werden.
IHR TESTAMENT, UNSER EINSATZ, DAS LEBEN DER MENSCHEN JENSEITS VON KONFLIKTEN
IKRK
Helfen Sie uns, unschuldigen Kindern, die von Konflikten betroffen sind, wieder eine Zukunft zu schenken. Mit einer Spende in Ihrem Testament ermöglichen Sie uns, für zukünftige Generationen da zu sein.
Kabul, Afghanistan. IKRK-Rehabilitationszentrum
Für weitere Informationen, kontaktieren Sie: Marie-Jo Girod
Leiterin Legate und Spenden Internationales Komitee vom Roten Kreuz Avenue de la Paix 19, 1202 Genf / Schweiz Tel.: +41 22 730 33 76 E-mail: mgirodblanc@icrc.org www.ikrk.org/legat
an das IKRK in meinem Testament.
Frau
VERERBEN VERMACHE SIE HOFFNUNG EIN LEGA N SIE DEM IKRK T
© Pedram
JA, bitte schicken Sie mir ausführlichere Informationen über eine Spende
Yazdi / IKRK
ODER FÜLLEN SIE NOCH HEUTE DIESE VERTRAULICHE ANTWORTKARTE AUS. HERZLICHEN DANK!
Herr
Vorname :
Name :
Adresse : Postleitzahl :
Ort :
ikrk.org/helfen-sie-uns | Dezember 2018 | 07
Paulin Bashengezi/IKRK
WERDEN SIE MITGLIED UND STELLEN SIE IHRE GROSSZÜGIGKEIT IN DEN MITTELPUNKT DES GESCHEHENS MIT IHRER HILFE KÖNNEN WIR DEN BETROFFENEN VON BEWAFFNETEN KONFLIKTEN BEISTEHEN Zum Freundeskreis des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) gehören einige der treuesten Spenderinnen und Spender der Organisation. Als Mitglied im Freundeskreis unterstützen Sie die grösste humanitäre Bewegung der Welt. Sie stärken die Kapazitäten des IKRK, seine Teams rasch vor Ort zu schicken, und Sie geben uns die Mittel in die Hand, denjenigen Menschen zu helfen, die diese Hilfe am meisten benötigen. Tausende von Konfliktbetroffenen erhalten dank Ihrer Unterstützung neue Hoffnung und erlangen ihre Würde zurück.
er über die Verwundeten, die er mit Hilfe der Dorfbevölkerung zu pflegen begonnen hat. In seinem Brief, der am 9. Juli 1859 im Journal de Genève veröffentlicht wird, appelliert er an die Grosszügigkeit der Schweizerinnen und Schweizer; er bittet sie, zu spenden, um „diesen Unglücklichen“ zu helfen.
Ende Juni 1859 schrieb Henry Dunant in Solferino an eine Freundin aus Genf und berichtete ihr über die Schrecken, die er auf dem Schlachtfeld miterlebt hatte. „Die Not ist unermesslich“, schreibt
Der Freundeskreis umfasst derzeit über hundert Mitglieder. Möchten auch Sie dazu gehören?
Fast 160 Jahre später ist der Bedarf an humanitärer Hilfe in den Konfliktgebieten und in anderen Gewaltsituationen grösser denn je. Nur ein Beispiel: 2017 verteilte das IKRK Lebensmittel an 10 Millionen Menschen in Syrien.
Auszug aus dem Brief von Henry Dunant in Solferino
Für weitere Informationen kontaktieren Sie bitte Audrey Brasier, die Verantwortliche für den Freundeskreis des IKRK, unter +41 22 730 34 70 oder per E-Mail unter abrasier@icrc.org — Webseite: www.ikrk.org/freunde
WERDEN SIE MITGLIED IM FREUNDESKREIS DES IKRK UND HELFEN SIE UNS, DAS ERBE HENRY DUNANTS WEITERZUFÜHREN.
JA, bitte schicken Sie mir die Broschüre über den Freundeskreis des IKRK. Vorname :
Name :
Adresse :
Postleitzahl :
Telefon :
E-Mail :
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Möchten Sie jetzt gleich eine Spende tätigen? Dann können Sie dies per Banküberweisung in Schweizer Franken (CHF) auf das Konto Nr. 12-5527-69 tun. Bitte geben Sie dabei die Referenz 831818 an.
DAS IKRK IN AKTION
BEGLEITEN SIE UNS
Ingy Sedky/IKRK
Ein Grossteil der Menschen, denen wir Hilfe leisten, wurde gezwungen, seine Heimat aufgrund von bewaffneten Konflikten oder Gewalt zu verlassen. Häufig bleibt den Menschen dabei nur wenig Zeit, sodass sie ihr gesamtes Hab und Gut zurücklassen müssen. Sie finden Unterschlupf in Notlagern, in denen der Zugang zu lebensnotwendigen Gütern und Dienstleistungen wie Nahrungsmitteln, Wasser und einer Gesundheitsversorgung nur eingeschränkt vorhanden ist. In solchen Situationen sind diese Menschen enormem Stress ausgesetzt und sehr verletzlich. Ihre einzige Unterstützung ist die von Organisationen wie dem IKRK bereitgestellte humanitäre Hilfe.
Wir informieren Sie regelmässig über unsere Hilfsprogramme – aber wussten Sie, dass umfassende Vorbereitungen notwendig sind, um diese Programme erfolgreich umzusetzen? Am Beispiel einer Nahrungsmittelverteilung zeigen wir Ihnen die unterschiedlichen Schritte auf, die wir unternehmen, um Menschen, die aufgrund von Kampfhandlungen vertrieben wurden, zu unterstützen.
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von der Beziehung zu den Menschen vor Ort ab, für die wir uns mit unseren Hilfsprogrammen einsetzen.
Als erstes muss das IKRK sicherstellen, dass seine Teams die betroffenen Menschen gefahrlos erreichen können. Unsere Delegierten aus dem Bereich Schutz und Kommunikation sprechen mit den vertriebenen Familien sowie den Gemeindeleitern und religiösen Führern. So stellen wir sicher, dass so viele Menschen wie möglich das IKRK kennen, es respektieren und mit seiner Arbeit vertraut sind. Dank dieser Gespräche können unsere Delegierten das Umfeld, in dem sie arbeiten, besser verstehen und gegebenenfalls Massnahmen ergreifen, um unsere Akzeptanz und die Art der Wahrnehmung unserer Organisation zu verbessern. Diese Gespräche ermöglichen uns ausserdem, mehr über die Situation der betroffenen Gemeinschaften, ihre Herausforderungen sowie ihre Prioritäten und Erwartungen herauszufinden. Wir informieren sie über die Leistungen des IKRK und weisen aber gleichzeitig darauf hin, welche Leistungen wir nicht anbieten. So bemühen wir uns, allfällige Fragen zu beantworten und mögliche Enttäuschungen zu vermeiden. Die Auswirkungen unserer Arbeit im Feld hängen unmittelbar
Tesfai Zecarias/IKRK
ZUGANG ZUR BEVÖLKERUNG
Darüber hinaus stehen unsere Delegierten in den Einsatzgebieten fast täglich mit den Waffenträgern in Kontakt. Unser Mandat besteht unter anderem darin, dank einer besseren Anwendung des Kriegsrechts und der humanitären Grundsätze „die Opfer bewaffneter Konflikte zu schützen“. Wir stellen einen bilateralen und vertraulichen Dialog mit den Waffenträgern her, um ihre Beweggründe, ihre Kenntnisse hinsichtlich der anwendbaren Normen, ihre Funktionsweise usw. besser zu verstehen. Ausserdem setzt sich das IKRK für einen Dialog mit Friedenskräften, falls in den betroffenen Ländern vorhanden, ein. Dieser Austausch ist äusserst wichtig, um die Gründe für Verletzungen des Kriegsrechts (humanitäres Völkerrecht/ HVR) zu verstehen und allfällige Verstösse entsprechend zu
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DAS IKRK IN AKTION
Hla Yamin Eain/IKRK
klären. Das IKRK verfolgt damit zwei Ziele: Es möchte das Leid der Menschen, die nicht oder nicht mehr an feindlichen Handlungen beteiligt sind, lindern und die Sicherheit seiner Teams im Feld gewährleisten, um einen möglichst umfassenden Zugang zu der von bewaffneten Konflikten betroffenen Bevölkerung zu erhalten.
umfassend ist, nehmen unsere Teams eine multidisziplinäre Bewertung vor.
Die Genfer Konventionen von 1949 zum Schutz der Kriegsopfer sind heute universell anerkannt. Es sind diese Verträge, in denen dem IKRK das spezifische Mandat übertragen wurde, bei bewaffneten Konflikten aktiv zu werden. So arbeiten wir im Rahmen unserer Aktivitäten zur Stärkung des Rechts und seiner Einhaltung mit den Regierungen zusammen. Wir versuchen, sie dabei zu unterstützen, ihrer Verantwortung bei der Annahme nationaler Gesetze gerecht zu werden, indem die Weisungen an Mitglieder bewaffneter Kräfte und an Polizeibeamte verbessert werden und das HVR an den Universitäten und bei jungen Menschen gefördert wird.
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Die breite Akzeptanz des IKRK, die Kenntnis über dessen Aufgaben sowie die Einhaltung des Kriegsrechts sind unerlässlich dafür, die vorhersehbaren Risiken zu reduzieren, Zugang zu der betroffenen Bevölkerung zu sichern sowie nachhaltige und relevante humanitäre Hilfe leisten zu können.
BESTIMMUNG DER BEDÜRFNISSE
Dank dieser Gespräche und unserer Nähe zu einflussreichen Personen können wir diese vor allen unseren Bewegungen in der Konfliktzone kontaktieren, um sie über unsere Route und unsere Aktivitäten zu informieren. Wir warten darauf, von allen betroffenen Parteien grünes Licht zu erhalten, bevor unsere Teams ihre Einsätze im Feld beginnen. Um auf unser Beispiel zurückzukommen, müssen wir auf die dringendsten Bedürfnisse der vertriebenen Bevölkerung eingehen. Damit unsere Nothilfeleistung möglichst
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Diese Bewertungen sind Teil des Dialogs, den wir mit der Bevölkerung führen. Wir stellen den Menschen Fragen, um herauszufinden, was sie genau benötigen: Haben sie Zugang zu den nötigen Mitteln für die Nahrungsmittelproduktion? Sind sie in der Lage, ihre grundlegenden Bedürfnisse zu decken? Haben sie eine Unterkunft, die sie vor schlechtem Wetter schützt? Verfügen sie über Zugang zu Trinkwasser und über minimale Hygienestandards?
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Auf Basis dieser Bewertung erstellen wir eine Liste mit den wichtigsten Bedürfnissen, den jeweiligen Leistungsempfängern gemäss unserer Bedürftigkeitskriterien sowie den zu verteilenden Gütern.
VERTEILUNG
Die Verteilung kann je nach Situation verschiedene Formen annehmen. Klassischerweise erhalten die Leistungsempfänger ihre Güter auf individueller Basis. Mitunter organisieren wir eigene Märkte, für welche die Leistungsempfänger Einkaufsgutscheine erhalten und die benötigten Waren bei den vom IKRK ausgewählten lokalen
Kristof Walgrave/IKRK
IKRK
Wir koordinieren uns selbstverständlich mit anderen humanitären Akteuren vor Ort, um eine Überschneidung der Aktivitäten zu vermeiden und sicherzustellen, dass möglichst viele Bedürfnisse gedeckt werden.
DAS IKRK IN AKTION
Lieferanten erwerben. Wenn die Bevölkerung Zugang zu klassischen Märkten und Händlern hat, geben wir auch direkt Geld an diese aus.
Die Bewertung der Verteilung ist integraler Bestandteil der Verantwortlichkeiten des IKRK gegenüber den Menschen, die unsere Hilfe in Anspruch nehmen.
Die Hilfsaktionen des IKRK bedürfen einer sorgfältigen Vorbereitung und der Mobilisierung der Ressourcen aller Abteilungen der Organisation. Ohne die Unterstützung der Teams in den Bereichen Schutz, Vorbeugung, Logistik, Administration und Kooperation mit den Nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften könnten die Hilfsteams ihre Aufgaben nicht erfolgreich durchführen.
Die lokalen Freiwilligen des Roten Kreuzes oder des Roten Halbmonds unterstützen uns bei allen Schritten der Verteilung.
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BEWERTUNG DER VERTEILUNG
Einige Wochen später treffen sich unsere Teams mit Mitgliedern der betroffenen Gemeinschaften, um die Wirkung der Verteilung zu evaluieren. Diese haben so die Gelegenheit, uns ihre Meinung zur Qualität und dem Nutzen der erhaltenen Güter mitzuteilen und uns über allfällige zusätzliche Bedürfnisse zu informieren. Dank dieser Rückmeldungen können wir beispielsweise die Vielfalt und Qualität der Produkte verbessern, die Art der Verteilung an die Gemeinschaften und ihre Bedürfnisse anpassen usw.
QUALITATIV HOCHWERTIGE PRODUKTE Die Delegationen des IKRK halten in jedem Land bedeutende Vorräte an Nahrungsmitteln, Saatgut und grundlegenden Haushaltsartikeln (z.B. Matten, Planen, Küchenutensilien, Kleidung, Decken usw.) vor, um dort die entsprechenden Bedürfnisse decken zu können. Wir verfügen weltweit auch über grosse Logistikzentren, welche die Delegationen je nach Bedarf und vor allem in Notsituationen beliefern. Das IKRK setzt sich dafür ein, Betroffenen von Konflikten qualitativ hochwertige Produkte bereitzustellen. Deshalb testen unsere Einkäufer die Qualität der verteilten Artikel und prüfen die Wahrung internationaler Standards. Soweit möglich erwirbt das IKRK Waren bei lokalen Lieferanten und achtet gleichzeitig darauf, die Märkte in der Region nicht zu destabilisieren.
Virginie Nguyen Hoang/IKRK
Beispielsweise kümmern sich unsere Teams im Bereich Schutz und Vorbeugung darum, bewaffnete Kräfte und Gruppierungen in der Konfliktzone darüber zu informieren, dass die Strecken, welche die Bevölkerung auf dem Weg zur Verteilung der Güter durch das IKRK nutzt, nicht unterbrochen werden dürfen.
Nach Abschluss der lebensrettenden Hilfseinsätze bewerten unsere Teams die langfristigen Bedürfnisse der betroffenen Gemeinschaften, um sie dabei zu unterstützen, ihre Autonomie zurückzuerlangen und sich wieder selbst versorgen zu können. Zu unseren Unterstützungaktivitäten zur Wahrung der Existenzgrundlage gehören einkommensbildende Programme (Berufsausbildungen, Produktionssubventionen und Mikrokredite), Bargeldzuwendungen, Verteilung von landwirtschaftlicher Ausrüstung und Saatgut, Organisation von Schulungen für Bauern oder Impfkampagnen für das Vieh.
Dank Ihrer Unterstützung und Ihrem Vertrauen haben wir die Möglichkeit, multidisziplinär zu arbeiten, um der bedürftigen Bevölkerung in einer sicheren Umgebung möglichst umfassende und auf ihre Bedürfnisse angepasste Hilfsleistungen bereitzustellen.
WIRTSCHAFTLICHE SICHERHEIT Das IKRK bemüht sich darum, seinen humanitären Ansatz bei langandauernden Konflikten und wirtschaftlichen Rezessionen anzupassen, da diese Situationen Bedürftigkeit und Armut in der Bevölkerung erhöhen. Zu den Projekten für wirtschaftliche Sicherheit von Betroffenen von Konflikten gehört eine regelmässige und geplante Ausgabe von Barzuwendungen oder Naturalien an bedürftige Familien vor oder während bewaffneter Zusammenstösse. So soll vermieden werden, dass der Lebensstandard der Betroffenen nicht unter eine bestimmte Grenze sinkt oder die Betroffenen Strategien verfolgen, die sich nachteilig auf sie auswirken können. Diese Haushalte werden sogar ermutigt, sich im Rahmen von Aktivitäten zu engagieren, mit denen sie ihre Bedürfnisse decken und ihre Widerstandsfähigkeit stärken können.
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HINTER DEN KULISSEN
IKRK
INTERVIEW VOR ORT
Ibrahim ist in Bagdad geboren. Sein Vater ist Iraker und seine Mutter stammt aus Algerien. Seine Kindheit verbrachte er wie jedes andere irakische Kind – zerrissen zwischen jugendlicher Unschuld und der brutalen Wirklichkeit des Krieges. Mit 18 Jahren begann er ein Englisch-Studium an der Universität in Bagdad. In seiner Freizeit setzte er sich als freiwilliger Helfer für Waisenkinder in der Stadt ein. Gleichzeitig bemühte er sich darum, seine Fähigkeiten als Fotograf zu verbessern. Um sein Studium finanzieren zu können, machte er die Fotografie zu seinem Beruf, und setzte diese Tätigkeit nach seinem Universitätsabschluss fort. Aber er hat nie aufgehört, sich ehrenamtlich für die Menschen einzusetzen, die aufgrund des anhaltenden Konflikts vertrieben wurden. Seit 2016 arbeitet Ibrahim als Mitarbeiter für digitale Kommunikation beim IKRK. Warum wollten Sie für das IKRK arbeiten? Als freiwilliger Helfer konnte ich die Arbeit des IKRK aus der Nähe miterleben, und es hat mir sehr gefallen. Ich habe damals als Dokumentarfilmer für lokale und internationale Nachrichtenkanäle gearbeitet, aber es fiel mir schwer, Zeit für meine freiwilligen Einsätze und meine Arbeit zu finden. Also habe ich mich entschieden, in Vollzeit für das IKRK zu arbeiten. So konnte ich weiterhin Menschen helfen und gleichzeitig Fotos und Filme machen. Heute noch mehr als je zuvor lebe ich nach den Prinzipien des IKRK. Erzählen Sie uns von Ihrer Arbeit.
Was denken Sie über die Arbeit beim IKRK? Ich fühle mich sehr wohl und sicher und ich bin sehr stolz darauf, was wir in den letzten Jahren erreicht haben. Trotzdem ist es mitunter wirklich schwer, das ganze Leid, die Zerstörung und den Tod mitzuerleben. Es tut mir im Herzen weh, wenn ich an einige Geschichten denke, die mir die Menschen, die ich getroffen habe, erzählt haben.
IKRK
Ich kümmere mich um die sozialen Medienkanäle des IKRK im Irak und beantworte die Anfragen, die wir erhalten. Ich verbringe viel Zeit im Feld – zum Beispiel in Mossul, Ramadi und Falludscha. Ich spreche mit den
Menschen, aber vor allem höre ich ihnen zu. Sie haben so viel Schlimmes durchgemacht und ich fühle mich verantwortlich, der Welt ihre Geschichten zu erzählen. Ich mache Fotos, um die Zerstörung durch den Krieg zu dokumentieren und Zeugnis für die eindrückliche Widerstandsfähigkeit der Menschen abzulegen.
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HINTER DEN KULISSEN HINTER DEN KULISSEN Aber ich bin auch sehr beeindruckt von der Hoffnung der Menschen, von ihrer Stärke und ihrem Wunsch nach einer besseren Zukunft. Was war für Sie die grösste Herausforderung als humanitärer Helfer in Ihrem eigenen Land? Am Anfang war es schwierig, neutral und unparteiisch zu bleiben. Ich habe dann aber rasch festgestellt, wie wichtig es ist – nur so können wir weiter Menschen erreichen und helfen, die von Kämpfen betroffen sind. Mittlerweile bin ich in der Lage, mich nur auf die humanitäre Arbeit zu konzentrieren. Welche Auswirkungen hat der anhaltende Krieg auf die Menschen im Irak? Im Irak herrscht seit den 1990er-Jahren Krieg und die Auswirkungen werden noch lange nach den letzten Schusswechseln zu spüren sein. Viele Menschen wurden verletzt und die meisten Familien haben ihr Zuhause, ihre Lebensgrundlage oder Angehörige verloren. Die Schäden an der Infrastruktur wie beispielsweise an der Wasserversorgung und an den medizinischen Einrichtungen führen zu weiteren Problemen. Ausserdem darf die psychologische Belastung nicht unterschätzt werden: Auch wenn die Lage heute besser scheint, wird es noch lange dauern, bis die Menschen ein normales Leben führen können und einen Sinn darin finden, was ihnen zugestossen ist. Erst gestern habe ich in der Altstadt von Mossul eine Familie getroffen, deren Hauptverdiener verletzt wurde und
nun bettlägerig ist. So werden nicht nur Lebensgrundlagen, sondern auch der Lebenswille vieler Leute zerstört. Die Herausforderung für die Menschen besteht heute oft darin, genug Essen für den nächsten Tag zu finden. Welche Geschichte hat Sie am meisten berührt? Wegen allem, was mir und meiner Familie widerfahren ist, habe ich manchmal das Gefühl, dass mich die Dinge, die ich im Feld sehe, nicht mehr so berühren wie früher. Aber wenn Sie mich fragen, an welche Geschichte ich mich am besten erinnere, ist es immer „die letzte“. Vor zwei Tagen habe ich einen Mann in Mossul getroffen, der verletzt wurde, nachdem drei Raketen in sein Haus eingeschlagen waren. Aber trotz dieser Ereignisse erzählte er mir seine Geschichte voller Begeisterung. Er lachte sogar und machte Witze. Was wünschen Sie sich für den Irak? Ich hoffe einfach, dass alle im Irak langfristig denken und wir nie wieder einen Krieg erleben müssen. Und obwohl sich die Lage stabilisiert hat, benötigen wir weiterhin Hilfe. Manchmal sind den Menschen die langfristigen Folgen eines Kriegs nicht wirklich bewusst. Es gibt so viele Iraker, die ein Familienmitglied verloren haben oder immer noch nach vermissten Angehörigen suchen. Ihre Häuser sind zerstört, sie haben keine Arbeit und ihre Zukunft ist ungewiss. Ich sehe manchmal die Hilflosigkeit in ihren Augen. Die Menschen haben mir mehr als einmal erzählt, dass sie lieber im Krieg gestorben wären, als jetzt mit den Folgen leben zu müssen. Es ist unsere Aufgabe, ihnen wieder Hoffnung zu geben und sie dabei zu unterstützen, ihr Leben neu aufzubauen.
Saleh ist Bäcker und hat sein ganzes Leben in Mossul verbracht. Selbst auf dem Höhepunkt der Kampfhandlungen hat er weiter Brot gebacken für die Menschen, die in der Stadt ausharrten, und für die es kaum noch Lebensmittel gab. Aber im März des vergangenen Jahres wurde sein Haus von einer Rakete getroffen und ist über ihm zusammengestürzt. Saleh wurde schwer verletzt, vor allem an Bauch und Beinen. Seine Nachbarn brachten ihn rasch ins Spital, wo er eine vorschnelle Diagnose erhielt und behandelt wurde. Nur vier Tage später, bevor seine Wunden wirklich verheilt waren, wurde er entlassen. Saleh konnte nicht mehr arbeiten und hatte kein Geld, um Lebensmittel zu kaufen: „Ich bestand nur noch aus Haut und Knochen“, erinnert er sich. Saleh zog in ein Lager ausserhalb der Stadt, wo er wieder etwas zu Kräften kam. Inzwischen hatte sich die Lage in Mossul stabilisiert, aber Saleh konnte immer noch nicht
Ibrahim Adnan Sherkhan/IKRK
Nach dem Kampf um Mossul
richtig laufen oder arbeiten. Einer seiner Freunde berichtete dem IKRK von Saleh. Als wir ihn das erste Mal untersuchten, stellten wir fest, dass der Knochen in seinem verletzten Bein abgestorben war und er dringend operiert werden musste, um sein Bein zu retten.
Im September 2018 organisierte das IKRK die Aufnahme von Saleh im Waffentraumatologie-Zentrum in Tripoli im Libanon, wo man ihm sein Hüftgelenk ersetzte. Das Zentrum wurde 2014 mit dem Ziel gegründet, verwundete Patienten umfassend zu behandeln. Viele der schwer verletzten Patienten stammen aus Nachbarländern wie Syrien oder dem Irak. „Sobald ich laufen kann, werde ich wieder anfangen zu backen, damit ich meine Familie mit Nahrungsmitteln versorgen und ihnen ein Dach über dem Kopf bieten kann“, so Saleh.
ikrk.org/helfen-sie-uns | Dezember ikrk.org/helfen-sie-uns | Dezember 2018 | 13 2018 | 13
EIN BLICK AUF DIE WELT
ZWISCHEN BEWAFFNETEM
Mackenzie Knowles-Coursin/IKRK
KONFLIKT UND KLIMATISCHEN VERÄNDERUNGEN
Aber obwohl die Krise in der Tschadseeregion zu einer der schlimmsten, komplexesten und grössten Notlagen des 21. Jahrhunderts in der Subsahara gehört, wird sie doch kaum beachtet. Dies gilt auch für Mali, wo gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen bewaffneten Gruppen sowie malischen und internationalen Streitkräften gehäuft auftreten und auch auf die Nachbarstaaten Burkina Faso und Niger übergreifen. Der Konflikt in der Tschadseeregion betrifft die vier Länder Nigeria, Niger, Tschad und Kamerun. Er reicht in das Jahr 2009 zurück und hat seither mehr als 2,4 Millionen Menschen gezwungen, ihr Zuhause immer wieder zu verlassen. Darüber hinaus ist der Pegelstand des Tschadsees, von dessen Wasser Millionen Menschen leben, seit den 1960er-Jahren um über 90% gesunken. Dies hat die Bevölkerung der umliegenden Länder in eine
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Moussa Abdourahamane/IKRK
Die Bevölkerung in der Sahelzone und in der Tschadseeregion leidet unter den verheerenden Auswirkungen bewaffneter Konflikte und klimatischer Phänomene wie häufige Dürrezeiten und Überschwemmungen.
Situation extremer Armut, Nahrungsmittelunsicherheit und chronischer Mangelernährung gestürzt. In diesen Regionen hängen über 70% der Bevölkerung von Landwirtschaft und Viehzucht für die eigene Versorgung ab. Daher ist das sozioökonomische Umfeld äusserst fragil und wird von den klimatischen Bedingungen bestimmt.
Die in den letzten Jahren beobachteten geringen Niederschläge während der Regenzeit haben zu einer erheblichen Verringerung der Produktion in der Landwirtschaft und in der Futtermittelherstellung geführt. Die Situation wurde noch durch eine Welle an Erkrankungen des Viehbestands verschlimmert, was eine Schwächung der Herden sowie eine geringere Produktion von Fleisch und Milch zur Folge hatte. Dies hatte wiederum deutliche Auswirkungen auf die Nahrungsmittelsicherheit für die Bevölkerung, deren Existenzgrundlage zunehmend zerstört wird.
IKRK
Sylvain Cherkaoui/IKRK
EIN BLICK AUF DIE WELT
„Im Dorf wurde unlängst eine Getreidebank eingerichtet. Und seit der junge, vom IKRK geschulte Hilfsveterinär vor Ort ist, hat sich der Gesundheitszustand unserer Herden deutlich verbessert. Das hat uns alle ermutigt.“ Ihya Ahmoudou Im Niger haben wir von Januar bis September 2018 ausserdem knapp zwei Millionen Nutztiere aller Art geimpft, behandelt und von Parasiten befreit.
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Neben der Verteilung von Saatgut und landwirtschaftlicher Ausrüstung führt das IKRK Kampagnen zur Impfung und Behandlung des Viehs durch, um die Verbreitung gängiger infektiöser Krankheiten zu verhindern und den Ausbruch von Epidemien einzugrenzen. Wir engagieren uns auch für die Schaffung gemeinschaftlicher Strukturen und die Ausbildung von Hilfsveterinären in Zusammenarbeit mit den zuständigen Behörden. Die Bereitstellung von Futtermitteln für das Vieh sowie die Unterstützung von Getreidebanken sind ebenfalls entscheidende Elemente unserer Programme.
Im Niger haben wir beispielsweise 22 Getreidebanken für Viehfutter eingerichtet, mit denen die Viehzüchter das Fehlen von Weideflächen durch den Ankauf von Viehfutter zu moderaten Preisen kompensieren können. In den ersten acht Monaten des Jahres 2018 haben fast 32‘000 Personen über 1‘300 Tonnen Futter für ihr Vieh – ihre Haupteinnahmequelle – erworben.
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Unsere Teams bemühen sich darum, sicherzustellen, dass die Gemeinschaften in der Lage sind, ihre Grundbedürfnisse nachhaltig und in Würde zu erfüllen und ihre Widerstandsfähigkeit gegen diese wiederholt auftretenden Schwierigkeiten zu stärken.
„Seit meiner Ausbildung biete ich den Viehzüchtern meine Dienste an. Ich impfe und behandle die Tiere in der Gemeinde Agadez, insbesondere in den Vororten der Stadt, wo es ziemlich viele Tiere gibt.“ Der Hilfsveterinär Abdoulahi Ghali unterstützt die Teams der Regionaldirektion für Viehzucht im Rahmen der vom Staat und seinen Partnern organisierten Impfkampagnen. 2018 haben wir im Tschad, in Kamerun und in Mali je 1‘234‘000, 976‘000 bzw. 2‘800‘000 Nutztiere und kleine Wiederkäuer geimpft. Mit den Impfungen werden die Tiere gegen Krankheiten wie die kontagiöse bovine Pleuropneumonie oder die Pest der kleinen Wiederkäuer geschützt, die erhebliche Auswirkungen auf die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung haben können. Bei Bedarf befreien wir die Tiere von Parasiten, was nicht nur ihr Wachstum und ihre Vermehrung fördert, sondern auch das Risiko für ansteckende Krankheiten reduziert. „Der Unterschied zwischen behandelten und unbehandelten Tieren ist enorm. Dank der tierärztlichen Unterstützung durch das IKRK ist die Anzahl der Erkrankungen deutlich zurückgegangen. Unsere Tiere und ihre Produkte verkaufen sich wirklich gut.“
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WAS GIBT ES NEUES?
INNOVATIVES DENKEN BEIM IKRK Seit seiner Gründung vor 155 Jahren war das IKRK immer wieder in der Lage, sich an ein ständig veränderndes humanitäres Umfeld anzupassen, und hat sich unermüdlich für Innovationen eingesetzt, um besser und schneller auf die Bedürfnisse der von bewaffneten Konflikten betroffenen Bevölkerung zu reagieren. Seit jeher setzt sich das IKRK mit staatlicher Unterstützung auch für die Weiterentwicklung rechtlicher Grundlagen ein, um sicherzustellen, dass diese mit Blick auf neue Waffen und Kriegsmethoden angemessen sind. Heutzutage haben die Zunahme von lang andauernden Konflikten sowie die Vielzahl an bewaffneten Akteuren und die unkontrollierte Verbreitung von immer mörderischeren Waffen in Konfliktzonen verheerende Auswirkungen auf die Bevölkerung.
Wir versuchen ausserdem über die reine Nothilfe hinaus auch langfristig zu helfen. Deshalb bemühen wir uns darum, langfristige Bedürfnisse zu antizipieren und tragfähige und nachhaltige Lösungen zu finden.
Obwohl der Schlüssel zum Erfolg darin besteht, stetig Vor dem Hintergrund instabiler und immer komplexerer neue Möglichkeiten zu testen, um den nachweislich Situationen muss das IKRK ständig neue Massnahmen besten Ansatz zu identifizieren, liegt unsere Priorität vor konzipieren, um den Betroffenen wirksam helfen zu können. allem in der Schaffung eines konstruktiven Dialogs mit der betroffenen Bevölkerung, damit die entsprechenden So arbeiten wir kontinuierlich an der Entwicklung von Lösungen in unmittelbarer Zusammenarbeit gestaltet Lösungen für die spezifischen Bedürfnisse der Menschen, werden können. für die wir uns überall auf der Welt einsetzen.
humanitären Problemen über eine entsprechende Widerstandsfähigkeit verfügen.
Wissenschaft im Dienste der humanitären Arbeit in der Schweiz Das IKRK geht in der Schweiz unter anderem Partnerschaften mit der Privatwirtschaft und der Wissenschaft ein, um von deren Erfahrung zu profitieren.
Seit 2016 arbeitet ein Delegierter des IKRK eng mit den Forschern der EPFL zusammen und vermittelt diesen die Bedürfnisse der Akteure im humanitären Bereich für einen wissenschaftlichen Umgang mit dem Thema. Gemeinsam suchen wir nach Spitzentechnologien, die in den Ländern, in denen wir aktiv sind, einfach zu nutzen und nachhaltig sind, aber im Rahmen von Energie-, Umwelt- und
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Im Rahmen der physischen Rehabilitationsprojekte unterstützt das IKRK 147 Zentren in 52 Ländern. Zwischen Januar und Juni 2018 erhielten über 223‘000 Personen Rehabilitationsleistungen und Mobilitätshilfen, während 115‘000 Personen physiotherapeutisch betreut wurden. Ausserdem wurden mindestens 11‘300 Prothesen sowie 48‘700 Orthesen, 3‘500 Rollstühle und 11‘000 Paar Krücken angepasst und zur Verfügung gestellt. IKRK
Beispielsweise haben wir 2016 mit der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) eine Vereinbarung zur Schaffung eines Forschungsprogramms unter dem Namen „Humanitarian Tech Hub“ getroffen mit dem Ziel, uns bestehende Ansätze zunutze zu machen, um innovative, für den humanitären Bereich relevante Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.
Die Bereiche sind vielfältig: Von Energie, Wasser, Bau, Logistik, Umwelt, Informations- und Kommunikationstechnologien bis zu Biomedizin.
Im Laufe der Jahre hat das IKRK nicht aufgehört, Verfahren und Technologien im Bereich der physischen
WAS GIBT ES NEUES?
Im vergangenen August reiste ein gemeinsames Team des IKRK und der EPFL nach Vietnam, um in einem vom IKRK unterstützten Rehabilitationszentrum den Prototyp zu testen. Aktuell werden noch einige Anpassungen vorgenommen, um dann die Produktion dieser einzigartigen Fussprothese auf industrieller Ebene beginnen zu können.
Mehr als nur ein Licht Während eines Konflikts sind die Menschen häufig gezwungen, ihr Zuhause zu verlassen und in Wäldern oder in einem Notlager Unterschlupf zu suchen. Aber selbst wenn manche von ihnen in ihren Häusern bleiben können, ist die Infrastruktur häufig beschädigt oder sogar völlig zerstört. In dieser Situation erhöht eine Energie- bzw. Lichtquelle das Gefühl von Sicherheit. Kinder können lesen oder ihre Hausaufgaben machen und die Bevölkerung erhält Zugang zu Kommunikationsmitteln wie Mobiltelefonen. Das Logistikzentrum des IKRK hat eine solarbetriebene Lampe mit einem USB-Anschluss entwickelt. Diese Lampe bietet im Vergleich zu alten Technologien zahlreiche Vorteile: kein Brandrisiko wie bei der Nutzung von Petroleumlampen, keine Umweltprobleme wie bei der Nutzung von Generatoren für den Betrieb von elektrischen Lampen und keine Versorgungsschwierigkeiten, wie das oft der Fall bei benzinbetriebenen Geräten ist. Unsere Logistiker haben sich im Rahmen intensiver Forschungsbemühungen dafür eingesetzt, die beste Technologie für die Bedürfnisse im Feld zu finden. Die Lampe muss für die richtige Beleuchtung sorgen und gleichzeitig über eine ausreichende Autonomie verfügen, um die ganze Nacht zu funktionieren. Sie muss leicht zu transportieren sein, hängend oder auf dem Boden stehend verwendet werden können, über eine Ladefunktion für Telefone verfügen und ein akzeptables Preis-Leistungs-Verhältnis bieten. Die Prototypen wurden in sechs Ländern, in denen das IKRK aktiv ist, getestet. So konnte sichergestellt werden, dass das Endprodukt den Bedürfnissen der Leistungsempfänger entspricht.
Ein bekanntes Gesicht
Dänisches RK
Die Nutzer der Prothesen des IKRK sind mehrheitlich junge, aktive Menschen. Die neue Fussprothese wurde entwickelt, um den erhöhten Mobilitätsbedarf der jungen Amputierten zu erfüllen und ihre sozioökonomische Integration zu fördern, damit sie mittelfristig wieder ein selbstbestimmtes Leben führen können.
Im Rahmen dieses Projekts arbeiteten vier Labore, zehn Forscher der EPFL, Orthopädietechniker des IKRK sowie ein industrieller Partner zusammen.
Das Wiederherstellen von Familienbanden in Krisensituationen gehört zu den wichtigsten Aktivitäten der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung. Im Laufe der Jahre hat das IKRK die Instrumente zur Wiederherstellung bzw. zum Erhalt des Kontakts zwischen getrennten Familienangehörigen angepasst. 2018 haben wir entschieden, entlang der Migrationsrouten in Europa eine neue Technologie zu testen: Im November wurden in Deutschland, Italien und Frankreich digitale Kioske, eine Art interaktive Automaten, eingerichtet, um Flüchtlingen und Migranten den Zugang zur Website „Trace the face“ des IKRK zu ermöglichen. Dieser Service wurde 2013 geschaffen und bietet den Menschen die Möglichkeit, ihr Foto auf der Website zu veröffentlichen, damit die Angehörigen Kontakt aufnehmen können, oder um zu prüfen, ob die Familien nach ihnen suchen. IKRK
Zwar standen zu dem Zeitpunkt schon zahlreiche Technologien zur Verfügung, diese waren jedoch mit den finanziellen, ästhetischen und ökologischen Einschränkungen in unseren Einsatzländern nicht vereinbar. Die Forscher der EPFL und des IKRK haben sich daher zusammengetan, um eine Fussprothese zu entwickeln, die ihrem Nutzer modernste biomechanische Funktionalität bietet und gleichzeitig einen natürlichen Gang ermöglicht.
Bei dieser Aufgabe mussten die Forscher flexibel arbeiten, um Lösungen auf unvorhergesehene Ereignisse zu finden, die im Verlauf des Projekts auftraten, darunter z.B. die Notwendigkeit, die Flexibilität der Prothese in Abhängigkeit der Grösse des unversehrten Fusses und des Körpergewichts des Nutzers anzupassen. Darüber hinaus entdeckten sie, dass dieser leistungsfähige Fuss auch eine Lösung für amputierte Diabetiker auf dem Weg zu mehr Mobilität darstellt.
IKRK
Rehabilitation weiterzuentwickeln. 2016 haben wir zusammen mit der EPFL das Projekt „Agilis“ lanciert, in dessen Rahmen eine moderne Fussprothese entwickelt werden sollte, die speziell auf die Bedürfnisse in den Ländern, in denen wir aktiv sind, abgestimmt ist.
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EIN BLICK AUF DIE WELT
GEMEINSAM, ÜBERALL, FÜR ALLE Einige Nationale Gesellschaften bekunden mitunter Interesse daran, ausserhalb ihres Landes dort aktiv zu werden, wo das IKRK im Einsatz ist. Diese Zusammenarbeit kann unterschiedliche Formen annehmen, darunter finanzielle Beiträge zu den Einsätzen des IKRK, Sachspenden oder die Bereitstellung von qualifiziertem Personal. Die Nationalen Gesellschaften können auch die vollständige Leitung von Projekten übernehmen, die das IKRK ihnen übertragen hat. So unterstützt beispielsweise das Schweizerische Rote Kreuz (SRK) die Finanzierung der Aktivitäten von zwei vom IKRK geführten Gesundheitszentren im Südsudan. Seit März 2018 ist die SRK-Angestellte Elsa als Delegierte für das Projekt verantwortlich. Im Juli 2017 musste dieses Projekt aufgrund der Sicherheitslage von Maiwut nach Udier verlegt werden. Im Juli 2018 entschied das IKRK jedoch, das Zentrum in Maiwut erneut zu öffnen, nachdem Binnenvertriebene und Flüchtlinge wieder in die Stadt zurückkehrten. Seither ist es das einzige Zentrum in der Region, das eine medizinische Versorgung bietet. Der seit der Gründung des Landes im Jahr 2011 herrschende Konflikt hat verheerende humanitäre Folgen für die Bevölkerung. Es existiert kaum bis überhaupt keine Infrastruktur und die Bevölkerung ist von der humanitären Hilfe von Organisationen wie dem Schweizerischen Roten Kreuz und dem IKRK abhängig, um für seine Bedürfnisse insbesondere bei der Gesundheitsversorgung aufzukommen. Elsa, was machen Sie und Ihr Team in Udier und Maiwut? Ich wurde vom Schweizerischen Roten Kreuz angestellt, um die Unterstützung, die das IKRK für die Zentren der
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IKRK
Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) ist Teil einer grösseren humanitären Gemeinschaft auf globaler Ebene: der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmondbewegung, zu der das IKRK, die Internationale Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften sowie die 191 Nationalen Rotkreuz- und Rothalbmondgesellschaften gehören. Das IKRK arbeitet eng mit den anderen Mitgliedern der Bewegung zusammen, um in bewaffneten Konflikten und anderen Situationen von Gewalt abgestimmt, pragmatisch und rasch humanitär zu helfen.
primären Gesundheitsversorgung leistet, zu koordinieren. Eine unserer Hauptaufgaben besteht darin, die fachliche Kompetenz der 23 Mitglieder der medizinischen Teams zu stärken. Ausserdem stellen wir bei komplizierten Fällen eine direkte Versorgung bereit und verteilen Medikamente, medizinisches Material und leichte Ausrüstung. Ich arbeite auch mit der Abteilung „Wasser und Unterkunft“ des IKRK zusammen, die die hygienischen Verhältnisse in den Räumlichkeiten verbessert und Reparaturen durchführt. Welche Krankheiten behandeln Sie am häufigsten? Wir behandeln eine ganze Reihe von Krankheiten, aber die meisten Fälle betreffen Malaria – eine in der Region gehäuft auftretende Erkrankung –, Durchfallerkrankungen und Infektionen der Atemwege. Wir behandeln auch Augeninfektionen und stellen eine vor- und nachgeburtliche Betreuung bereit. Des Weiteren bieten wir in Zusammenarbeit mit dem Gesundheitsministerium Beratungen zur Familienplanung an und führen Impfungen von Kindern unter fünf Jahren durch. Was sind die grössten Schwierigkeiten bei der Umsetzung Ihrer Ziele? Es gibt mehrere Faktoren, die unsere Arbeit erschweren. So ist beispielsweise während der Regenzeit der
IKRK
EIN BLICK AUF DIE WELT Zugang zu den Gesundheitszentren nur schwer möglich. Die Strasse aus Malakal ist mit dem Auto nicht passierbar und unsere Flugzeuge können auf der unbefestigten Landebahn häufig nicht starten oder landen.
Wie arbeiten Sie mit den verschiedenen Gemeinschaften? Für das Schweizerische Rote Kreuz, wie im Übrigen auch für das IKRK, ist es unabdingbar, Hand in Hand mit den Gemeinschaften zu arbeiten. Wir involvieren das jeweilige Gemeinschaftsoberhaupt, damit dieses konkret und bewusst einen Beitrag zu wirksamen und passenden Lösungen für die Menschen leisten kann. Wir arbeiten auch mit dem Südsudanesischen Roten Kreuz
zusammen, um die Bevölkerung für Vorgehensweisen zur Förderung der Gesundheitsvorsorge, wie beispielsweise die Einhaltung von Hygienevorschriften, zu sensibilisieren. Wie funktioniert die Zusammenarbeit zwischen dem IKRK und dem SRK? Sehr gut. Ich lebe mit den Angestellten des IKRK zusammen und arbeite in der Sub-Delegation des IKRK in Malakal. Aber die meiste Zeit verbringe ich im Feld, zumindest wenn es die klimatischen Bedingungen zulassen. Vor meinem Einsatz im Südsudan wurde ich vom SRK in Bern und vom IKRK in Genf eingewiesen. Seither stehe ich in regelmässigem Kontakt mit meinen Ansprechpartnern in beiden Organisationen. Die Vertreter des SRK organisieren ausserdem regelmässige Besuche vor Ort. Die Zusammenarbeit funktioniert wirklich hervorragend. Wir sind alle Teil derselben Familie! Seit Anfang Jahr wurden knapp 16‘000 Patienten in den Gesundheitszentren von Maiwut und Udier behandelt.
In der Zentralafrikanischen Republik schult das IKRK die Freiwilligen für den Einsatz lebensrettender Massnahmen. Diese bilden anschliessend ihrerseits die Mitglieder ihrer Gemeinschaften aus. Solche Massnahmen können Leben retten, bis der Rettungsdienst eintrifft. Rosalie ist Rettungssanitäterin und Geburtshelferin im Gesundheitszentrum von Paoua: „Ich habe beim Roten Kreuz eine Ausbildung erhalten und versorge nun als Hebamme die Mütter und ihre Neugeborenen. Es ist mir schon oft passiert, dass ich Mütter reanimieren musste, weil sie zu viel Blut verloren haben. Bei wirklich schlimmen Fällen evakuieren wir die Frauen.
Ali Yousef/IKRK
„Ich habe im Lager in Bagghona einen kleinen dreijährigen Jungen gefunden, der seine Angehörigen verloren hatte. Ich habe ihn mitgenommen und wir sind zwei Stunden lang von Tür zu Tür gegangen, um seine Familie wiederzufinden. Irgendjemand hat mir den Weg zu seinem Haus gezeigt, aber die Mutter war nicht da, weil sie bereits auf der Suche nach ihrem Jungen war. Ich habe gewartet, bis sie zurückgekommen ist, und ihr den Jungen übergeben, nachdem dieser seine Mutter eindeutig erkannt hat.“
Will Baxter/IKRK
Sheikh Mehedi Morshed/IKRK
In den von bewaffneten Konflikten betroffenen Ländern sind die Nationalen Gesellschaften der natürliche und bevorzugte Partner des IKRK. Im Rahmen unserer operativen Kooperation können wir so besser auf die humanitären Bedürfnisse der Schwächsten der Schwachen eingehen. Das IKRK kann sich weltweit auf Millionen Freiwillige in den Nationalen Gesellschaften verlassen, um seine Hilfseinsätze erfolgreich durchzuführen. Diese spielen beispielsweise eine entscheidende Rolle bei der Suche nach Familienangehörigen, die aufgrund eines Konflikts voneinander getrennt wurden.
In Syrien ist der Syrisch-Arabische Rote Halbmond eine Stütze bei den Einsätzen des IKRK. Zwischen Januar und Oktober 2018 haben wir 13 Millionen Menschen mit Trinkwasser versorgt, Nahrungsmittel an 6,7 Millionen Menschen verteilt und grundlegende Haushaltsartikel an 1,1 Millionen Menschen ausgegeben, darunter auch in schwer zugänglichen und belagerten Orten.
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BUDGET UND EINSÄTZE DES IKRK Über 93%
aller Spenden fliessen direkt in die Finanzierung unserer Arbeit in den Einsatzgebieten
Was mit Ihrem Geld passiert DAS IKRK IST IN 80 LÄNDERN TÄTIG UND UNTERSTÜTZT KRISENOPFER BEREITS VON DEN ERSTEN STUNDEN AN.
DANK IHRER SPENDE KÖNNEN WIR SCHNELL HANDELN
IHRE SPENDE WIRD DORT EINGESETZT, WO DIE NOT AM GRÖSSTEN IST
+70%
Budgeterhöhung in den letzten 10 Jahren
Das IKRK-Budget wird ausschliesslich durch freiwillige Beiträge finanziert
UNSERE TEAMS LIEFERN DIE WICHTIGSTEN GÜTER UND DIENSTLEISTUNGEN WIE LEBENSMITTEL, WASSER, DECKEN, HYGIENEPRODUKTE, KÜCHENGERÄTE UND MEDIKAMENTE UND LEISTEN MEDIZINISCHE GRUNDVERSORGUNG. DAMIT KÖNNEN VIELE LEBEN GERETTET WERDEN.
SIE HELFEN, LEBEN ZU RETTEN
SIE ERMÖGLICHEN ES UNS, FAMILIEN WIEDER ZUSAMMENZUFÜHREN
DANK DER INSTANDSETZUNG VON ZERSTÖRTEN INFRASTRUKTUREN WIE SPITÄLERN ODER DER WASSERVERSORGUNG GIBT IHRE SPENDE GANZEN GEMEINSCHAFTEN EINE BESSERE ZUKUNFT
NICHT JEDER HAT DAS GLÜCK, UMGEBEN VON ANGEHÖRIGEN IN SICHERHEIT ZU SEIN. IHRE VERWANDTEN UND FREUNDE ZU FINDEN, VON DENEN SIE GETRENNT WURDEN.
SIE SCHENKEN DEN BETROFFENEN PERSONEN EINE ZUKUNFT
IHRE SPENDE GIBT HOFFNUNG
MIT IHRER REGELMÄSSIGEN UNTERSTÜTZUNG KÖNNEN WIR MENSCHEN IM KRIEG EINE BESSERE ZUKUNFT ERMÖGLICHEN
UNSERE FACHLEUTE EVALUIEREN DIE SITUATION IN DEN EINZELNEN LÄNDERN, IDENTIFIZIEREN DIE BEDÜRFNISSE DER AM SCHWERSTEN BETROFFENEN PERSONEN UND FINDEN WEGE, WIE IHNEN GEHOLFEN WERDEN KANN.
MIT IHRER UNTERSTÜTZUNG KÖNNEN Z.B. LANDWIRTSCHAFTLICHE GERÄTE ODER FISCHFANGAUSRÜSTUNGEN ANGESCHAFFT WERDEN. DIES ERMÖGLICHT MENSCHEN EINEN NEUANFANG.
Internationales Komitee vom Roten Kreuz Spendenbetreuung Avenue de la Paix 19 CH-1202 Genf Tel: + 41 22 730 21 71 Fax: + 41 22 730 28 99 E-Mail: spenden@ikrk.org Postkonto: 12–5527–6 Website: ikrk.org/helfen-sie-uns