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FLORENCE SCHELLING

«DAMALS WAR ICH FÜR KLOTEN»

Es gab in den letzten zehn Jahren fünf Meistertitel und zahlreiche Toptransfers – man denke nur an den NHL-Lockout und die vorübergehenden Zuzüge von Roman Josi, Mark Streit und John Tavares oder auch jenen von Leonardo Genoni. Aber es gab keine News, die auch nur annährend so hohe Wellen geworfen hat wie jene vom 8. April 2020 mit der Verpflichtung von Florence Schelling als Sportchefin.

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Das Medienecho war gewaltig. Bevor die 31-jährige Zürcherin von Zürich nach Bern umzog und ihren Job am 14. April antrat, musste sie einen Interview-Marathon hinlegen, der sich über Tage hinwegzog. Kurz vor Redaktionsschluss reichte es auch noch für ein kurzes Interview im spirit.

Bis jetzt hattest du keinen Bezug zum SCB. Dennoch, was haben die drei Buchstaben SCB jeweils bei dir ausgelöst, wenn du damit konfrontiert worden bist? Natürlich immer ein grosses Wow, so wie der Club aufgestellt ist. Der SCB ist sehr erfolgreich und hat am meisten Zuschauer. In der Nachwuchszeit habe ich oft gegen den SCB gespielt. Auf der Stufe waren natürlich kaum Zuschauer in der Halle, entsprechend fehlte die Ambiance. Aber die Grösse der PostFinance-Arena war auch so sehr imposant.

Was waren deine Pläne, bevor sich der SCB mit dir in Verbindung gesetzt hat? Mein Plan war, zum Männer-Eishockey zurückzukehren, aber eigentlich eher auf einer Trainerposition bei den Männern oder Junioren. Doch dazu ist es nicht gekommen, Marc Lüthi war schneller.

Was ging dir durch den Kopf, als sich Marc Lüthi zum ersten Mal bei dir gemeldet hat? Ich konnte es wirklich fast nicht glauben. Es war nicht fassbar. Ich fragte mich: Woher hat der meine Nummer? Als ich mich nach dem Telefongespräch ein bisschen beruhigt hatte, fing es im Kopf sofort an zu arbeiten. Dann habe ich meinen Lebenslauf aktualisiert, mich mit dem Motivationsschreiben befasst und über den SCB recherchiert. Und ich habe einen Katalog meiner Fragen zusammengestellt. Wie lange hast du gebraucht, um dir eine Vorstellung machen zu können, was der neue Job als Sportchefin bedeuten wird? Nun, ich habe intensiv recherchiert, was alles zu diesem Job gehört. Aber ich musste alles online zusammensuchen. Ich konnte zu diesem Zeitpunkt ja mit niemandem reden. Dabei hätte ich nichts lieber getan, als einige Leute mit Fragen zu bombardieren. Ich habe auch in meine Karriere zurückgeschaut und mich zu erinnern versucht, was die GMs in den Clubs, in denen ich gespielt habe, gemacht haben. Nach dem ersten persönlichen Gespräch in Bern habe ich dann einen Stellenbeschrieb erhalten und konnte mir ein genaueres Bild machen.

Du musst von Zürich nach Bern umziehen und dein Leben komplett umstellen. Gab es diesbezüglich Fragezeichen bei deiner Entscheidungsfindung? Nein, überhaupt nicht. Das war das allerkleinste Problem. Ich bin eine Art Weltenbummlerin, die sich schnell und problemlos irgendwo wohl fühlt. Und im schönen Bern dürfte das ja sowieso leichtfallen. Im Hinblick auf den ersten Arbeitstag beim SCB war das eine ganz simple Sache. Hätte ich noch Möbel für die vom SCB organisierte Wohnung suchen müssen, wäre es anders gewesen. Aber so war es einfach: Am Ostermontag Koffer packen, am Dienstag nach Bern reisen. Fertig.

Warst du schon mal in der PostFinance-Arena, als sie ausverkauft war? Wenn ja, was war das für ein Spiel? Ja, ich war schon einige Male dort. Ich erinnere mich vor allem an die WM 2009 und an den Cupfinal SCB – Kloten Flyers von 2015. Man möge es mir verzeihen: Damals war ich für Kloten, schliesslich spielte mein Bruder bei den Flyers.

Weisst du, was die «Wand» ist? Ja, das ist die Stehrampe. Diese Fans sind schon sehr beeindruckend.

Welche Spieler der aktuellen Mannschaft kennst du persönlich? Eric Blum kenne ich schon sehr lange, er ist wie ich in der GCK-Organisation aufgewachsen. Vom Sehen her und aus der Nationalmannschaft sind mir auch zahlreiche andere bekannt, aber ich kann nicht behaupten, sie persönlich zu kennen. Dafür habe ich mit Sandra, der Schwester von André Heim, im Nationalteam der Frauen zusammengespielt.

Wie heissen die letzten drei grossen Torhüter des SCB? Leonardo Genoni, Marco Bührer und Renato Tosio. Und jetzt ist es Tomi Karhunen.

Was kennst du von Bern? Einiges. Das Bundeshaus, den Bärengraben, das Münster, den Zytglogge, das Schwellenmätteli und das Marzili.

Warst du schon einmal in der Aare? Natürlich. Aber das ist eine Weile her, vielleicht schon bald zehn Jahre. 2014 war ich zuletzt in der Aare, aber das war damals nicht in Bern.

Wie alt ist der SCB? (zögert etwas) Ich glaube, der SCB wurde 1937 gegründet.

Stimmt nicht ganz, es war 1931. Aber kein Problem, es gibt Spieler, die schon jahrelang da sind und es nicht wissen. Und wie viele Meistertitel hat SCB? (wie aus der Pistole geschossen) 16.

Wie viele Zuschauer fasst die PostFinanceArena? (lacht und überlegt) Ich weiss, es sind 17 000, aber es sind eben ein bisschen mehr... Ich würde es gerne genau sagen...

Es sind 17 031... Darauf freue ich mich sehr. (dk)

FLORENCE SCHELLING

Geburtsdatum: Geburtsort: 9. März 1989 Zürich Grösste Erfolge

2007 und 2014 Schweizer Spielerin des Jahres 2012 WM-Bronze Beste WM-Torhüterin und All-Star-Team 2014 Olympia-Bronze und Olympia-MVP Beste Olympia-Torhüterin und All-Star-Team 2018 Torhüterin des Jahres in Schweden

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