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SCB-Erinnerungen von Alain Berger.

«ES GIBT KEINEN BESSEREN KERN...»

Alain Berger war von 2004 bis 2009 und von 2012 bis 2022 quasi fester Bestandteil des SCB. Für den Stürmer ist die Zeit beim SCB nun zu Ende. Grund genug, den 31-jährigen Burgdorfer in eigenen Worten auf alle die SCB-Jahre zurückblicken zu lassen.

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2004 – START BEI SCB FUTURE

Ich begann in Burgdorf, wo ich aufgewachsen bin, Eishockey zu spielen. Wir wohnten gleich neben der Kunsteisbahn. Mit dem SCB gab es eine Zusammenarbeit, und mein älterer Bruder Pascal war bereits dort, als ich vom SCB angefragt wurde, ebenfalls nach Bern zu wechseln. So kam ich im Novizenalter zum SCB und konnte dort gleich im ersten Jahr einen Meistertitel feiern. Wir wurden dann zusammen mit den Junioren, die ebenfalls Meister wurden, in einer Pause eines Meisterschaftsspiels der ersten Mannschaft auf dem Eis geehrt. Ich durfte dann noch zwei weitere Titel mit dem SCB-Nachwuchs feiern.

2007 - 2009 – ERSTE EINSÄTZE

Im Alter von 17 Jahren kam ich zu meinem Debüt in der ersten Mannschaft. Headcoach John van Boxmeer hat am Mittag angerufen und gesagt, ich könne am Abend gegen die ZSC Lions spielen. Ich war enorm nervös, denn ich war nie zuvor in der Garderobe der ersten Mannschaft gewesen. Aber es lief dann recht gut. Jedenfalls lobte mich der Trainer während des Spiels auf der Spielerbank vor der ganzen Mannschaft. In der folgenden Saison hatte ich meinen ersten Vertrag, trainierte mit dem SCB und pendelte für die Spiele zwischen Bern und Neuenburg. Beim SCB kam ich zu 19 Einsätzen.

2009 - 2012 – NORDAMERIKA

Ich hatte das Gefühl, dass es für meine Entwicklung besser wäre, irgendwo zu spielen, wo ich viel Eiszeit haben würde. Es gab die Möglichkeit, nach Nordamerika zu wechseln. Das war damals nicht selbstverständlich. Zusammen mit Nino Niederreiter war ich einer von wenigen, die in jenem Jahr eine Möglichkeit erhielten, in Nordamerika zu spielen. Es war eine grosse Ehre für mich, aber auch ein schwieriger Entscheid. Der neue SCB-Trainer Larry Huras wollte mich in Bern halten, aber ich hatte bei den Oshawa Generals in der Juniorenliga OHL schon zugesagt. Es war eine tolle Zeit in Nordamerika, ich habe hockeytechnisch und menschlich einen grossen Schritt gemacht. Zudem habe ich dort meine Frau Sara kennengelernt. Es war aber für mich von Anfang an klar, dass ich in die Schweiz und zum SCB zurückkommen würde.

«ES GIBT KEINEN BESSEREN KERN...»

WEITERE ABGÄNGE

2012/13 – RÜCKKEHR UND ERSTER MEISTERTITEL

Ich kam mitten in der Saison noch gerade rechtzeitig, um eine Handvoll Spiele mit den Lockout-Spielern Roman Josi, Mark Streit und

John Tavares zu machen. Es war speziell für mich, denn es war meine erste Saison, in welcher ich voll zum Kader der ersten Mannschaft gehörte. Im Viertelfinal standen wir im sechsten Spiel in Genf vor dem Aus. Headcoach

Antti Törmänen sagte damals in der zweiten Pause, als wir 1:3 in Rückstand lagen:

«Wenn ihr so weiterspielt, sehen wir uns das nächste Mal im August.» Dann gingen wir raus und Byron Ritchie brachte uns mit zwei Treffern zurück ins Spiel und in die Serie. Wir erreichten den Final und im sechsten Spiel konnten wir zuhause gegen Fribourg alles klarmachen. Es stand bereits 2:0, als mir Ryan Gardner den Puck zurücklegte und ich zum 3:0 ins hohe Eck traf. Das war die Vorentscheidung, wir gewann dann 5:1. Es war mir nicht bewusst, wie bedeutsam es ist, Meister zu werden. Es war für mich so überwältigend, dass ich beispielsweise den Umzug zum Bundesplatz gar nicht richtig wahrgenommen habe und mich kaum noch daran erinnern kann.

2013/14 – ERSTE TRAINERENTLASSUNG

Wir fanden uns als Mannschaft in der ganzen Saison nie. Ich erlebte erstmals eine Trainerentlassung. Das war sehr schwierig für mich, denn ich mochte Antti Törmänen sehr.

2014/15 – CUPSIEG

Es war ein Kulturwechsel von Antti Törmänen zu Guy Boucher, aber ich konnte mit Guy Bouchers Art gut umgehen, hatte eine meiner besten Saisons und kam auf 19 Scorerpunkte. Von Guy Boucher habe ich sehr viel profitiert, er war äusserst professionell. Zudem gewannen wir den Cup. Allerdings wussten wir nicht recht, wie wir diesen Erfolg einstufen sollten. Gefeiert haben wir jedenfalls nicht gross, denn schon zwei Tage später stand das nächste Meisterschaftsspiel auf dem Programm. In den Playoffs war es im Viertelfinal gegen Lausanne eine «Gipserei». Wir schafften zwar im siebten Spiel Im Rahmen des Umbruchs in der ersten Mannschaft ist die Anzahl der Abgänge nach der Saison 2021/22 sehr gross. Hier eine Übersicht über die weiteren Abgänge: (Stand Mitte Mai)

CALLE ANDERSSON

Beim SCB von 2016 bis 2022 316 Spiele 41 Tore, 102 Assists, 143 Punkte Schweizer Meister 2017 / 2019 Cupsieger 2021

GREGORY SCIARONI

Beim SCB von 2018 bis 2022 167 Spiele 15 Tore, 16 Assists, 31 Punkte Schweizer Meister 2019 Cupsieger 2021

VINCENT PRAPLAN

Beim SCB von 2019 bis 2022 142 Spiele 31 Tore, 51 Assists, 82 Punkte Cupsieger 2021

JEREMI GERBER

Beim SCB von 2019 bis 2022 116 Spiele 11 Tore, 6 Assists, 17 Punkte Cupsieger 2021

THOMAS THIRY

Beim SCB von 2020 bis 2022 98 Spiele 2 Tore, 11 Assists, 13 Punkte Cupsieger 2021

JAN NEUENSCHWANDER

Beim SCB von 2020 bis 2022 92 Spiele 3 Tore, 5 Assists, 8 Punkte Cupsieger 2021

den Einzug in den Halbfinal, dort scheiterten wir dann aber gegen Davos hochkant mit 0:4.

2015/16 – ZWEITER TITEL

Am Ende hat Guy Boucher das Team verloren. Wir haben sehr viel von ihm gelernt. Er brachte uns bezüglich Detailarbeit auf ein neues Niveau, aber er war zu intensiv für uns. Dann ging es den ganzen Winter untendurch. Im zweitletzten Spiel gegen Lausanne schafften wir die Playoff-Qualifikation, danach waren wir im letzten Spiel der Regular Season in Fribourg chancenlos. Wir sind dann im Viertelfinal gegen die ZSC Lions mit 4:0 durchgelaufen. Es kam die Halbfinal-Serie gegen Davos, vor welcher «Bidu» Gerber sagte, er habe noch nie eine Serie gegen den HCD gewonnen. Mir gelang im ersten Spiel der Treffer zum 5:4-Auswärtssieg nach Verlängerung. Irgendwie habe ich den Puck hinter die Torlinie gestochert. Mit 4:1 Siegen erreichten wir den Final gegen Lugano. Die Finalserie war sehr emotional, auf Ebene der Fans, aber auch am und auf dem Eis. Dort gab es Trainer Doug Shedden, der gegen Lars Leuenberger wütete und es gab Maxim Lapierre... Das machte den Titelgewinn noch schöner.

2017/18 – DAS OLYMPIA-JAHR

Die Saison war stark beeinflusst von Olympia. 13 Spieler von uns waren dort engagiert. Anschliessend haben wir den Tritt nicht mehr so richtig gefunden. Und trotzdem: Hätte Mark Arcobello in der Verlängerung des sechsten Halbfinal-Spiels in Zürich das leere Tor getroffen und damit das 3:3 in der Serie erzielt, hätte ich im siebten Spiel zuhause in der PostFinance Arena viel auf uns gewettet.

2018/19 – DER VIERTE TITEL

2016/17 – DER «EINFACHSTE» TITEL

Nach dem Meistertitel 2016 kam es zum Neuanfang: neuer Trainer, neuer Goalie usw. Das Trainerteam war unter Kari Jalonen so professionell organisiert, wie wir es noch nie erlebt hatten. Es hat wirklich alles gemacht, um für uns die bestmöglichen Voraussetzungen im Spiel zu schaffen. Wäre ich GM, würde ich viel Geld einsetzen, um eine solche Trainercrew zu engagieren. Die Playoffs 2017 liefen gut für uns. In der Finalserie gegen den EV Zug führten wir 2:0, doch die Innerschweizer glichen aus. Wir hatten den Eindruck, dass die Zuger nun glaubten, sie hätten den Turnaround geschafft. Danach gewannen wir 6:1 und 5:1. Gefühlsmässig war es aus meiner Sicht der Titel, den wir am «einfachsten» gewonnen haben.

Es war das letzte volle Jahr von Kari Jalonen. Wir haben dominiert. Doch im Playoff-Viertelfinal gegen Genf lagen wir nach drei Spielen mit 1:2 zurück. Am Tag vor dem nächsten Spiel kam Marc Lüthi in die Garderobe. Er spielte uns Musik vor, zuerst «Dancing Queen» von Abba. Dazu meinte er: «So habt ihr bisher in den Playoffs gespielt.» Dann kam «Ich will» von Rammstein und dazu sagte er: «Es geht nur so.» Kari Jalonen hat es geschafft, uns als Team zusammenzubringen – und dass jeder für das gemeinsame Ziel arbeitet.. Im Halbfinal gegen Biel standen wir vor dem sechsten Spiel mit dem Rücken zur Wand. Als wir in Biel an-

# 11 ALAIN BERGER

Beim SCB von 2004 bis 2009 und 2012 bis 2022 554 Spiele – 31 Tore / 45 Assists / 76 Scorerpunkte 4 Meistertitel 2013 / 2016 / 2017 /2019 2 Cupsiege 2015 / 2021

kamen, meinte Leonardo Genoni, er werde heute keinen Puck reinlassen. Damit genügte Ramon Untersanders 1:0 im ersten Drittel, um das siebte Spiel zu erreichen. Das gewannen wir klar. Im Final wurde der EV Zug von allen favorisiert. Und nachdem die Zentralschweizer das erste Spiel in Bern gewonnen hatten, schien es klar zu sein. Zug hatte zwar das schnellere, technisch bessere Spiel, aber wir hatten die Erfahrung, einen unglaublich starken Teamspirit und eine Trainercrew, die haargenau wusste, was zu tun ist. Wir waren nicht aus der Bahn zu werfen und gewannen die Serie mit 4:1.

2019 - 2022 – NUR NOCH EIN LICHTBLICK

Nach dem Abgang von Leonardo Genoni fanden wir den Dreh nicht mehr. Wir hatten uns oft hinter Leo verstecken können. Doch nun ging es nur noch bergab. Es gab in den letzten drei Saisons eigentlich nur noch einen Lichtblick, als wir im Februar vor einem Jahr den Cup gewannen. Das war auch für die Fans wichtig, die uns auf dem Weg nach Zürich zum Final gegen die ZSC Lions über eine längere Strecke auf der Autobahn in einem Konvoi begleiteten. Dass wir zudem im Playoff-Viertelfinal gegen den späteren Meister EV Zug eine ziemlich gute Figur abgaben, hat vielleicht zu einer etwas falschen Optik geführt. Tatsache ist, dass wir in den letzten Jahren zu viel Qualität auf dem Eis, aber auch in der Garderobe verloren haben.

OFFENE ZUKUNFT

Es war für mich ein grosses Privileg, für den SCB spielen zu können. Nun geht diese Zeit zu Ende, aber für mich stimmt alles, ich bin mit mir im Reinen. Ich habe immer alles gegeben. Natürlich werde ich den SCB vermissen, auch weil ich hier mit sehr vielen guten Kollegen eine starke Verbindung aufgebaut habe. Was ich nun machen werde, ist noch offen. Für den SCB hoffe ich nur das Beste und dass der Erfolg bald zurückkommt. Die bereits bekannten Transfers werden helfen, dass es wieder aufwärts geht. Und es gibt keinen besseren Kern als Simon Moser, Tristan Scherwey, Ramon Untersander und Beat Gerber. Die werden alles tun, um zurück zum Erfolg zu kommen. Klar ist, der SCB braucht wieder Hockey-Qualität und Team-Spirit. (dk)

DUSTIN JEFFREY

Beim SCB von 2020 bis 2022 80 Spiele 20 Tore, 40 Assists, 60 Punkte Cupsieger 2021

TIMOTHY KAST

Beim SCB von 2021 bis 2022 45 Spiele 5 Tore, 9 Assists, 14 Punkte

CHRISTIAN THOMAS

Beim SCB von 2021 bis 2022 29 Spiele 11 Tore, 7 Assists, 18 Punkte

YANNICK HÄNGGI

Beim SCB von 2021 bis 2022 15 Spiele 0 Tore, 0 Assists, 0 Punkte

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