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Johan Lundskog Der Headcoach zieht eine Zwischenbilanz

«WIR BRAUCHEN KÜNFTIG MEHR VON DIESEN LUGANO-MOMENTEN»

Was hat dich bisher am meisten geärgert?

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Man kann es einfach sagen, in erster

Linie sind es die fehlenden Resultate. Wir wussten, dass die Saison eine grosse Challenge sein würde.

Frustrierend waren die Spiele in

Lausanne und zwei Mal gegen Davos, als wir nicht mit der richtigen Einstellung agiert haben. Das hat mich wirklich geärgert.

Und was hat dich positiv überrascht? Da gibt es einiges. Beispielsweise, wie sich Philip Wüthrich entwickelt hat. Seine Fortschritte sind beeindruckend. Das gilt übrigens ebenfalls für Joshua Fahrni. Es ist bei Beiden nicht überraschend, aber doch bemerkenswert

rascht? überraschend, aber doch bemerkenswert

JOHAN LUNDSKOG

11. September 1984 in Visby (SWE)

Beim SCB seit 2021

CHL Sieger 2017, 2019 mit Frölunda HC SHL-Meister 2019 mit Frölunda HC

«WIR BRAUCHEN KÜNFTIG MEHR VON DIESEN LUGANO-MOMENTEN»

Johan Lundskog erläutert im Interview seine Erkenntnisse aus dem ersten Teil der Saison. Der Headcoach hat einiges gesehen, was ihn für die nächste Phase positiv stimmt. Aber er sagt auch klar, dass 99 Prozent in dieser Liga nicht genügen, um Erfolg zu haben.

und hilft uns sehr. Zu erwähnen sind auch Ramon Untersander und Simon Moser. Sie haben sich als Topspieler wiedergefunden und sind wie Tristan Schewey enorme Zugpferde in unserem Team. Und noch etwas anderes. Wenn man neu zum SCB kommt, hört man viel über die Fans und das grösste Publikum in Europa. Dann steht man auf der Spielerbank und es kommen Situationen wie die Schlussminuten im Heimspiel gegen Genf oder vor der Novemberpause das letzte Drittel gegen Lugano. Man hat in diesen Phasen gespürt, wie das Publikum unsere Mannschaft trägt. Das waren sehr kraftvolle Momente. Man versteht dann, was gemeint war, als man von den grossartigen Fans in der PostFinance Arena gehört hat.

Die Vorsaison ist recht gut gelaufen. Du hast kurz vor Saisonstart sogar gesagt, man müsse die Euphorie im Team fast ein wenig bremsen. Was war zu jenem Zeitpunkt vor allem (zu) gut? Wir hatten fünf unserer sieben Testspiele gewonnen, aber wir waren nicht wirklich gefordert und hatten keine Erfahrung, wie hart es ist, in der Meisterschaft punkten zu können.

Aufgrund des Spielplans durfte man nicht unbedingt mit einem erfolgreichen Start rechnen. Wie hast du die Ausgangslage gesehen? Die ersten Gegner Fribourg und Zug hatten bereits vier Spiele in der Champions Hockey League hinter sich, als sie gegen uns antraten. Sie befanden sich im Wettbewerbsmodus und auf einem entsprechenden Niveau, das wir noch nicht hatten.

Es gab zum Auftakt vier Niederlagen. Was ist dann passiert? Die Niederlagen haben schlechte Erinnerungen zurückgebracht an die zwei schlechten Jahre zuvor. Vor dem Saisonstart herrschte Enthusiasmus, mit den ersten vier Spielen wich er der Ernüchterung. Alle wussten, wie wichtig ein guter Start ist. Der ist uns nicht gelungen, weil wir nicht gut genug gespielt haben. Das war schon enttäuschend. Es ging in der Folge darum herauszufinden, wie wir mehr Kontrolle über das Spiel erhalten können.

Es gab zahlreiche Partien, in denen das Spiel phasenweise gut war, aber die Mannschaft plötzlich den Faden verlor oder sich individuelle Fehler einschlichen, die den Erfolg kosteten. Wo sahst du die Gründe dafür? Manchmal hatten wir einen schlechten Start, manchmal ein schlechtes Ende. Es gab ein tolles Startdrittel gegen den EHC Biel. Aber es fehlte die Konstanz. Das ist das Schwierigste: Konstanz über 60 Minuten zu erzielen, ist die grösste Herausforderung bei der Arbeit. Es geht darum, die guten Phasen so lange wie möglich zu halten. Aber alle Teams, auch die besten, erleben in jedem Spiel fünf bis zehn Minuten, in denen sie nicht auf ihrem Niveau agieren. Das kann viele Gründe haben. Eine unnötige Strafe kann den Ausschlag geben oder der Gegner kann zulegen. Oder man versucht, das Spiel im nächsten Einsatz zu entscheiden und «überspielt», das heisst, man verliert den Fokus, das System. Nehmen wir das Spiel in Fribourg. Wir waren auf gutem Weg. Dann konnten wir fünf Minuten in Überzahl spielen, aber haben in dieser Phase die Kontrolle und dann das Spiel verloren. Etwas anderes ist bei uns hinzugekommen. Wir haben nach dem schlechten Saisonstart das Selbstvertrauen aus der Vorsaison verloren. Es ist von Spieler zu Spieler unterschiedlich. Einige wollten in dieser Phase die ganze Verantwortung übernehmen. Es gibt einige, die in den letzten Jahren eine grosse Last getragen haben. Aber das funktioniert auf Dauer nicht. Wenn einige zu viel machen und andere zu wenig, dann ist es zwei Mal schlecht. Es galt zu erkennen, dass jeder dazu gehört und seinen Teil machen muss, dass alle gebraucht werden.

Vor der Novemberpause gab es dann einen deutlichen Aufschwung. Wie ist es dazu gekommen? Nach fast 20 Spielen haben wir eine gewisse Sicherheit in unserem System gefunden. Wir mussten nicht mehr allzu viel darüber reden und konnten beginnen, uns auf anderes zu konzentrieren. Es geht um

Aktive Kommunikation: Auch im Spiel kümmert sich der Headcoach um individuelle Details.

drei Hauptaspekte: die Taktik, die Physis und das Mentale. Zu Beginn hatte die Taktik, das Automatisieren des neuen Systems, Vorrang. Inzwischen können wir uns mit anderem befassen: mit der Leidenschaft, mit dem kompetitiven Niveau. Nehmen wir Simon Moser und Cory Conacher als Beispiel. Sie spielen zwar im gleichen System, müssen das aber aufgrund ihrer unterschiedlichen Grösse auf verschiedene Weise umsetzen. Das sind jetzt die Themen. Wir wollen jeden pushen und in allen Aspekten des Spiels weiterbringen. Da geht es auch darum, wie man individuell auf Ups and Downs reagiert, wie man damit umgeht, wenn es mal nicht so gut läuft.

Die Mannschaft hat zuletzt mehrmals eine starke Willensleistung gezeigt. Vor allem das letzte Drittel im Heimspiel gegen Lugano war diesbezüglich bemerkenswert. Der Charakter im Team scheint zu stimmen... Ja, das war ein wichtiges Zeichen für alle, die Trainer, den Staff, die Mannschaft, für jeden einzelnen Spieler. Es hilft uns zu glauben, dass wir die Fähigkeit haben, wenn wir alle zusammenstehen und alle am gleichen Strick in die gleiche Richtung ziehen. Dann können wir etwas erreichen. Wir brauchen künftig mehr von diesen Lugano-Momenten, um weiter zu wachsen.

Kann ein Team solche Darbietungen wie gegen Lugano jeden Abend bringen? Nein, das geht nicht 52 Spiele 60 Minuten lang, aber wir arbeiten alle daran, der Perfektion so nahe wie möglich zu kommen. Jeder Spieler, jeder Coach versucht das zu erreichen, im Wissen, dass es nicht zu erreichen ist. Was wir aber inzwischen auch wissen, ist, dass wir wirklich gut sind, wenn wir gut spielen.

Spielerisch bleiben einige Wünsche offen. Wo siehst du dort vor allem Verbesserungsmöglichkeiten? Es fängt mit unserem Powerplay an, das bis jetzt nicht so war, wie es sein könnte und sollte. Aber auch wenn die Resultate noch nicht dafür sprechen: Wir sind besser geworden. Wir müssen im Powerplay unbedingt mehr Konstanz erzielen, das würde uns helfen, in der Offensive generell Vorwärtsschritte zu machen. Wir sind inzwischen gut in der Angriffsauslösung, wir sind gut im Forechecking, aber wir müssen uns noch verbessern im Erarbeiten und Verwerten von Torchancen wenn wir uns in der gegnerischen Zone festsetzen.

Bis Weihnachten stehen zwölf Spiele auf dem Programm. Was sind deine Erwartungen und Ziele für diese Phase? Wir wollen die erwähnte Konstanz in unserem Spiel steigern, Aussetzer vermeiden. Wir wollen mit unserer Identität und in unserem System spielen. Je länger wir das in einem Spiel tun, desto besser werden wir und damit werden sich auch die Resultate einstellen.

Wenn du die gesamte Liga betrachtest. Was ist dir im bisherigen Saisonverlauf besonders aufgefallen? Die Ausgeglichenheit ist extrem hoch. Jeder kann jeden schlagen. Das haben wir in dieser Dichte so noch nicht gesehen. Die Teams spielen strukturiert, der Wettkampflevel ist hoch. Das ist toll für die Fans, die Liga und das Schweizer Eishockey. Und es macht es schwierig. Es gilt mehr denn je: Es braucht 100 Prozent, 99 sind nicht genug. (dk)

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