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INDIEKINO: Weil Hans homosexuell ist, landet er zuerst im Konzentrationslager und nach dem Krieg immer wieder hinter Gittern. Was hat Sie an der Rolle interessiert? Franz Rogowski: Für mich ist Hans eine geschlossene Figur, die jedoch nicht autark funktioniert, sondern als Teil der Geschichte - einerseits der Geschichte, die wir im Film erzählen, aber auch als Teil der deutschen Geschichte. Meine Entscheidung, die Rolle anzunehmen, basierte deshalb auch eher auf der Tatsache, dass ich mich für dieses Drehbuch interessierte, nicht nur für die Figur allein. Weil es ein Drehbuch war, das in sich so stimmig und geschlossen daherkam, wie man es nur äußerst selten in die Hände bekommt. Und deshalb wollte ich gerne an der Umsetzung beteiligt sein. Wie sind Sie auf das Drehbuch gestoßen? Kannten Sie Sebastian Meise bereits? Es wurde mir ganz klassisch mit der Post zugesandt. Dann habe ich es erst zwei-, drei Mal aufmerksam gelesen, um meine ersten Gefühlsregungen zu überprüfen. Und dann stand für mich fest, wir müssen uns sehen, Sebastian und ich, um zu schauen, ob D 14
D NOVEMBER/DEZEMBER 2021
wir miteinander klarkommen. Daraufhin waren wir uns dann recht schnell einig, dass wir den Film zusammen machen wollten. Gibt es auch Rollen, die Sie nach einmaligem Lesen des Drehbuchs sofort zugesagt haben? Nein, das ist bei mir immer ein ziemlich neurotischer Prozess. Das Buch liegt immer erst eine Weile da und ich guck es gar nicht an. Dann halte ich es irgendwann nicht mehr aus, muss es lesen und kriege sofort eine Krise, bis ich es noch einmal lese. Und ich muss es wirklich immer von Anfang bis Ende durchgehen. Ich bin da sehr eigen. Das bekommt alles keiner mit. Aber ich denke, es ist eigentlich die wichtigste Aufgabe für einen Schauspieler, die Stoffe zu erkennen, die zu ihm passen. Mal ganz abgesehen davon, das immer auch jede Menge Glück dazugehört, dass man solche Drehbücher überhaupt zugeschickt bekommt. Was hält Hans Ihrer Meinung nach in diesen ersten schweren Jahren nach dem Krieg am Leben? Das weiß ich selbst nicht so genau. Ich vermute aber, dass er für sich schon lange eine Entscheidung getroffen hat, bevor