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STADTLEBEN
München glüht und glitzert nur ein wenig
Auch im zweiten Corona-Winter finden keine Weihnachtsmärkte statt – hier ein paar alternative Anlaufstellen für Glühwein und Co.
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Die Weihnachtsmärkte sind wegen der Corona-Pan demie erneut abgesagt worden. Wenigstens dürfen wohl private Mini-Märkte oder auch Glühweinstände, die zu einem bestehenden Gastronomie-
betrieb gehören, trotz der aktuell grassierenden vierten Welle öffnen, wenn auch nur bis zur aktuellen Sperrstunde (22 Uhr) und unter strengen 2G-Bestimmungen. Zugang haben also nur nachweislich vollständig Geimpfte oder innerhalb des letzten halben Jahres Genesene. Mancherorts ist zusätzlich ein aktueller Schnell -test vorzuweisen. Außerdem herrscht eine FFP2-Maskenpflicht. So der Stand der Dinge in Sachen Regularien bei Redaktionsschluss. Hoffentlich ist jetzt niemandem die Lust auf Glühwein und Plätzchen vergangen. Wir haben auf jeden Fall ein paar schöne Orte zusammenge sucht, die die kalte Winterszeit versüßen.
Mondscheinexpress im MINNA THIEL
Winterzauber im Café Gans am Wasser
Eingebettet in die wundervolle Winterlandschaft des Westparks liegt ein verträumter Ort am Ufer des Mollsees, das Café Gans am Wasser. Winterzauber nennt sich dort der kleine Markt, der an den vier Adventswochenenden mit einem Kulturprogramm aufwartet. In der Jurte ist zusätzlich ein Handwerksmarkt aufgebaut mit wöchentlich wechselnden Ständen für kleine Betriebe aus dem Viertel und der Umgebung. Daneben gibt’s natürlich Livekonzerte im kleinen Zirkuszelt, Workshops, Lesungen und Feuershows. Café Gans am Wasser, Siegenburgerstr. 43 (im Westpark), 26.11.-19.12., Fr 16-22 Uhr, Sa/So 11-22 Uhr
Winterhof im Café Kranich
Wäre ja auch zu schade, wenn die schöne, windgeschützte Innenhofterrasse des Café Kranich im Winter verwaist geblieben wäre. Die Gäste können also im Winterhof mit heißen oder auchkalten Getränken aufs Christkind anstoßen. Zum Gaumenschmaus darf Begleitmusik nicht fehlen, sie changiert täglich zwischen elektronischen Sonntagsgefühl-Gewohnheiten und Hip-Hop-Klängen. Café Kranich, Sonnenstr. 19, 25.11.-23.12., tägl. ab 16 Uhr
Glühwein-Oase im Café Guglhupf
Wem der Einkaufsrummel auf dem Marienplatz zu viel ist, der geht einfach ein paar Meter weiter in die Kaufingerstraße in den Innenhof neben dem Kaufhof. Dort wartet die versteckte Glühwein-Oase, die ihren Namen nicht ganz umsonst trägt – nicht völlig überlaufen und mit viel Wohlfühlcharme ausge stattet. Neben dem Heißge tränk-Klassiker gibt’s hier auch Glühbier in mehreren Geschmacksrichtungen. Neu ist dieses Jahr die Winter-Lounge mit kleiner Almhütte auf der Dachterrasse. Café Guglhupf, Kaufinger Str. 5, 13.11.-9.1., tägl. ab 16 Uhr
Giesinger Winternächte
An den Samstagen vor Weihnachten lädt die Isar Alm in der Kleingartenanlage an der Nithartstraße zu den Giesinger Winternächten. Heiße Töpfe mit Yeti-Winzerglühwein und Hygge-Punsch warten schon auf verfrorene Abnehmer. Warm wird einem alternativ aber auch beim Eisstockschießen oder am Lagerfeuer, wo
man gerne auch Marshmallows mit den Kindern grillen darf. Isaralm, Nithartstr. 8, 13.11.18.12., Sa 16-22 Uhr
Winterzauber im Westend
Vor der Kongress Bar am alten Messegelände im Westend geht’s in der Adventszeit von Mittwoch bis Samstag zumindest ein wenig festlich zu. Der Außenbereich ist mit Lichterketten dekoriert und mit Feuerschalen und Heizpilzen ausgestattet, um Väterchen Frost die Stirn zu bieten. Dazu gibt’s wärmende Getränke (Glühwein, Hot Caipi und mehr) sowie ein paar Speisen (Kaiserschmarrn, Gulaschsuppe und Flammkuchen) für den kleinen Hunger zwischendurch. Wer das kulinarische Angebot lieber zu Hause genießen möchte: Das Ganze Hütte mit heißen Lillet-Drinks. Zum Essen gibt’s Crêpes in verschiedenen Variationen. Lucky Who, Briennerstr. 14, 18.11.-18.12., Do-Sa ab 18 Uhr
Mondscheinexpress im Minna Thiel
Mitten im Kunstareal auf der grünen (oder dann womöglich weißen) Wiese zieht das festlich dekorierte Minna Thiel mit seinem Schienenwagen, dem Zirkuszelt und dem Schiffscontainer die Outdoorfans ohne größeres Kälteempfinden geradezu magisch an. Zum schmack haften Bio-Glühwein und zu den duftenden Leckereien gibt’s täglich ein Kulturprogramm mit Lesungen und Konzerten bei freiem Eintritt. Minna Thiel, Bernd-EichingerPlatz 1, 27.11.-27.12., Mo-Fr 1622 Uhr, Sa 14-22, So 13-22 Uhr
Stimmungsvolle Atmosphäre mit tollem Ausblick: H’UGO’S ROOFTOP
gibt’s auch zum Mitnehmen. Kongress Bar, Theresienhöhe 15, 24.11.-23.12., Mi-Sa ab 17 Uhr
Nachtkindlmarkt im Lucky Who
Zum insgesamt dritten Mal treffen sich die Kinder der Nacht immer von Donnerstag bis Samstag im Innenhof des Lucky Who und grooven sich zum funky Sound der Resident-DJs ein wenig warm. Sehr lecker schmeckt auf jeden Fall der biodynamische Glühwein (weiß oder rosé), der mit Beeren und Honig verfeinert wird. Neu ist diesmal eine
Winter Wonderland – H’ugo’s Rooftop
Szenewirt Ugo Crocamo und sein H’ugo’s-Team steigen wieder mal dem Oberpollinger aufs Dach und bringen etwas Skiurlaubsfeeling mitten in die Stadt. Prickelnde und wärmende Getränke, stimmungsvolle Atmosphäre mit einem tollen Ausblick, leckere Schmankerl und die bekannten Alpen-Chalets erwarten die Gäste. Winter Wonderland im Oberpollinger, Neuhauser Str. 18, 16.11.-8.1., Mo-Sa 11.30-20 Uhr alex wulkow
Familiäre Erinnerungen
Das gilt für die Vespa wie auch die Pasta: Ein Besuch im PURO BAR E CUCINA in der Nymphenburger Straße ist eine Genussreise in den Süden
Dienstagabend, volles Haus – das ist keine Selbstverständlichkeit mehr in München, auch nicht in einer guten Gegend mit zahlungskräftigen Gästen. Das Puro bar e cucina ist ein Stadtteil-Italiener der „besseren“ Sorte, wurde berichtet, und fürwahr, ein gedie-
genes, gut situiertes Publikum sitzt an den 60 Plätzen des auf drei Ebenen bestuhlten Restaurants (auf der Terrasse gibt es nochmal 80 Plätze). Allein die Location ist ungewöhnlich: Wirt Angelo Monaco erzählt, früher wäre hier eine Apotheke beheimatet gewesen, danach ein kurzes Intermezzo von einem Café, dann Leerstand, bis er es 2017 übernommen hat. Zuvor war der in der süditalienischen Region Basilikata geborene ausgebildete Koch acht Jahre als Küchenchef in der berühmten Osteria Italiana in der Schellingstraße tätig gewesen – Jahre, die Angelo nicht missen möchte, hat er doch vieles dort gelernt und manches, wenn auch nicht alles, auch in sein eigenes Restaurant mitgenommen. Auch Leute in Jeans wären im Puro willkommen, davon sieht man wenige an den Nebentischen, glaubt ihm aber aufs Wort. Wie sich herausstellen wird, findet man auf dem Teller einfache italienische Küche auf hohem Niveau vor, die Tradition mit Moderne verbindet. Das gilt auch für das Lokal: moderne Kunst neben alten Vespas, eine Weinpresse neben einer Designerlampe. Familiäre Erinnerungen seien das, meint Angelo, und das gilt nicht nur für die Vespa.
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Raffinierte Pasta und Pinsa Romana
Die Standardkarte bietet Antipasti wie Oktopus-Carpaccio mit Grapefruit und Mousse di Avocado oder Artischocken vom Grill, diverse Salate und Pastagerichte (alles zwischen 6,50 und 15 Euro), zum Beispiel Ravioli mit Auberginen, Minze, Ricotta auf Kirschtomatensoße oder Strozzapreti mit Kalbsragout und gemischten Pilzen. Es gäbe auch die immer beliebtere Pinsa Romana, einen Vorläufer der Pizza, in diversen Variationen. Wir konzentrieren uns aber auf die Tageskarte, die je drei Vorspeisen und Pastagerichte (die Nudeln sind alle hausgemacht, wird uns von dem sehr engagierten Service versichert), drei tagesaktuelle Pinsa-Varianten, zwei Fisch- und drei Fleischgerichte bietet. Das Fleisch stammt aus der Region, in diesem Fall aus Murnau, erklärt Angelo, darauf legt er Wert. Es geht los mit selbstgebackenem Brot mit Fenchel und einer Kräutercreme, dazu wird Olivenöl und Meersalz gereicht. Die Karte führt rund ein Dutzend offene Weine auf (0,1 um die 4,50 Euro), sowohl der Verdicchio die Castelli di Jesi wie auch ein Roero Arneis konnten überzeugen und passten sehr gut zu der kleinen Portion Ravioli mit Kürbis, Salbeibutter,
Amarettini und Parmesancreme (normal 16,90, kleine Portionen drei Euro weniger bei allen Pastagerichten).
Ungewöhnlich und sehr ansprechend: PURO BAR E CUCINA
Ein Genuss: Steinbuttfilet mit Kartoffelkruste
Heimat auf dem Teller
Die hausgemachten Strascinati mit Peperoni Cruschi, Caciocavallo-Käsesoße und Brotbrösel (14,90) sind ein Gericht aus seiner Heimat, erklärt Angelo, wie es seine Oma immer zubereitet hätte. Ein schönes Beispiel für die Philosophie des Hauses: die cucina povera wird durch beste Produkte und Kochkunst auf eine neue Ebene gehoben – ohne Chichi aber mit schöner Tellersprache. Von der Käsesoße hätte es ein bisschen mehr sein können, aber ansonsten ein Genuss, den man hierzulande eher selten bekommt. Das galt nach einem Weinwechsel zu Sauvignon Collio von Vigna del Lauro und einem Trebbiano di Lugana von Bulgarini auch auf den folgenden Fischgang, Steinbuttfilet mit Kartoffelkruste auf Mangold (25,90). Die zwei schönen Tranchen des Edelfisches waren auf den Punkt auf der Haut gegart, die Kartoffelkruste hatte einen würzigen Biss, ohne den feinen Geschmack zu erschlagen. Bolito misto ist nicht jedermanns Sache, aber wenn es auf der Karte steht, sollte man in einem Lokal wie dem
Puro zugreifen: In einem tiefen
Teller waren ganz klassisch Stücke vom Tafelspitz, Kalbszunge,
Kalbskopf, Cotechino (Schweinefleischwurst) und ein kleiner
Hühnerschenkel auf etwas Brühe mit Gemüse angerichtet, dazu gab es eine sehr gute Salsa Verde, der Frankfurter Grünen Soße nicht unähnlich. Ein kleiner
Nachtisch musste noch sein bei dieser Genussreise in den Süden, und da gerade Ado Campeol, der angebliche Vater der Tiramisu mit 93 Jahren verstorben ist, fiel die Wahl nicht schwer. Das kleine Türmchen erfüllte alle Erwartungen, dazu gesellte sich ein köstliches Pistazien-Halbgefrorenes. Fazit: Dem Puro bar e cucina eilt zu recht ein guter Ruf voraus, das Niveau liegt auch auf einer Ebene mit den besten italienischen Lokalen dieser Stadt, natürlich hat auch hier die Qualität hat ihren Preis. Die Atmosphäre ist klassisch „italomonaco“, aber ohne die große Pfeffermühle: ein bisschen Lokalkolorit, ein bisschen „professore“ – aber immer sympathisch und herzlich. rainer germann
Puro bar e cucina
Nymphenburger Str. 191 80639 München Di bis Fr: 11.30-15/18-22 Uhr/ Sa: 18-22/So: 11.30-22 Uhr Tel.: 089/ 665 49 970 www.puro-bar-cucina.de
Pasta di Diego
Im SORRY NONNA gibt es süditalienische Spezialitäten - vor allem aus Kampanien und Sizilien
Da strahlen die beiden supersympathischen Damen, als der Kunde erklärte, er wäre Ende Oktober noch in Neapel gewesen. Von dort kommen nämlich Adriana Lo Schiavo und ihre Mutter Marina, direkt aus dem berühmt und früher berüchtigten Quartieri Spagnoli, die Familie ist aber bereits vor Jahren nach Wiesbaden gezogen. Dort lebt Marina immer noch, Tochter Adriana hat es vor acht Jahren nach München verschlagen. Zusammen mit ihrem sizilianischen Freund, der auch eine Olivenplantage in der Nähe von Alcamo auf Sizilien betreibt und gerade bei der Ernte ist, hat Adriana ihren kleinen Feinkostladen mit dem ironischen Namen Sorry Nonna in der Lilienstraße direkt gegenüber der Museum Lichtspiele eröffnet. Betritt man den hübschen italienischen „Zia Emma“-Laden, hat man gefühlt über 1000 Kilometer und eine kleine Zeitreise zurückgelegt. Getrocknete Gewürze, Strauchtomaten vom Vesuv und Chilistauden hängen von der Decke, Vintage-Postkarten, Heiligenbildchen (natürlich auch von „Dios“ Diego Maradonna, der von 1984 bis 1991 für den SSC Neapel spielte und von dem hier auch eine „Pasta di Diego“ im Angebot ist) und das Cornicello, ein rotes Keramikhörnchen gegen den „bösen Blick“, zieren neben gut bestückten Weinregalen die Mauern – für italophile Münchner schlichtweg ein kleines Paradies. Tomaten vom Vesuv, Mozzarella aus München Im Februar ist Adriana mit Spezialitäten und Wein hier bei einem befreundeten Antiquitäten- und Möbelhändler eingestiegen, im September hat sie übernommen und ihr kleines Reich mit weiteren handverlesenen Produkten vorwiegend aus Kampanien und Sizilien bestückt. Das meiste stammt von kleinen Produzenten und Manufakturen, oft sind das Freunde der Familie oder Verwandte, einiges entdecke sie auch bei Reisen in die alte Heimat, er-
zählt Adriana. Die Auswahl reicht von Pasta (zum Beispiel die Pasta Setaro vom Torre Annunziata, Neapel, oder von der Pastificio G. Di Marlino aus Gragnano) über die eingangs schon er-
Tochter Adriana und Mutter Marina aus Neapel
wähnten, selbstimportierten, vor zwei Monaten geernteten und in Salzwasser haltbar gemachten Pomodori del Piennolo del Vesuvio. Neben den weißen Fiano di Avellino und Falanghina von Vinocola del Sannio sind auch Rotweine aus Sizilien und Piemont im Programm, dazu gesellen sich verschiedene Schaumweine und ein Limoncello „Sfusatello“ aus Tramonti, ohne Konservierungsstoffe, muss also getrunken werden, schmunzelt Adriana. Neben diversen Gläsern und Konserven mit Thunfisch, Sardinen, Trüffel, Oliven und Kapern bietet eine Frischtheke frische Wurst- und Käsewaren, auch diese importiert. Außer Mozzarella, der wird von Giuseppe Fichele aus echter Büffelmilch aus Kampanien direkt in München zubereitet. Man kann sich vor Ort zu bestem neapolitanischen Kaffee „Borbone“ oder einem Gläschen Wein auch kleine Teller Antipasti und Salumi zusammenstellen lassen. Für private Verkostungen nach 20 Uhr vermietet Adriana das Ladengeschäft, dann gibt’s auch eine kleine Pasta oder Lasagne, warme Küche ist für tagsüber in Planung. Und was bedeutet nun „Sorry Nonna“? Dass ich jetzt für mich selber sorgen kann, lacht Adriana. Und für uns, in langen, langen Wintertagen ... rainer germann Sorry Nonna, Lilienstraße 7, 81669 München, Di-Sa: 10.30 bis 20 Uhr Tel. 0176/81 28 82 79, www.facebook. com/Sorry-Nonna
ditionalisten. Dies ist ein Klischee. Das Publikum hier ist ein Publikum, das die Oper in all ihrer Vielfalt und ihrem Reichtum kennt und liebt – vom Barock bis in das 21. Jahrhundert hinein. Ich besuche die Bayerische Staatsoper seit langem, und für mich ist das Münchner Publikum zweifelsohne das Beste der europäischen Opernhauptstädte, das kultivierteste und offenste.
Schönes Kompliment. Ich möchte hinzufügen, dass man konservativ sein kann – denn es gibt vieles zu bewahren – und gleichzeitig auf Modernität und Innovation achten kann. Zum Beispiel werden die innovativsten Regisseure von heute in München sehr offen aufgenommen.
Wenn Sie noch einmal zurückblicken: Was hat Sie eigentlich am Wechsel nach München gereizt, als erste Anfragen an Sie aus dieser Richtung kamen? Zum einen die Qualität des Publikums, die ich gerade erwähnt habe. Zum anderen die Exzellenz der Bayerischen Staatsoper: der Reichtum ihrer sehr langen Geschichte, die hohe Qualität aller ihrer Teams – ihre Liebe zur guten Arbeit, ihr Engagement und ihr unermüdlicher Einsatz für die Projekte. Es gibt auch den kulturellen Reichtum dieser Stadt (den man außerhalb Münchens vielleicht nicht gut genug kennt) – ihre Museen, ihre Theater, ihre Orchester: Mit dem Bayerischen Staatsorchester, dem Orchester des Bayerischen Rundfunks und den Münchner Philharmonikern beherbergt unsere Stadt drei der besten europäischen Orchester.
Man kann die Intendanten-Rolle ja durchaus unterschiedlich ausfüllen – eher als Kunst-Manager, als Ermöglicher, als kreativer Impulsgeber oder sogar Sparringspartner für die Kreativen: Wo sehen Sie sich selbst in diesem spannenden Spannungsfeld? Meine Rolle als Staatsintendant ist so etwas wie eine Synthese zahlreicher Aufgaben. Ich muss bei der Programmgestaltung kreativ sein, ein offenes Ohr für die künstlerischen Entwicklungen unserer Zeit haben, die Künstlerinnen und Künstler im Schaffensprozess begleiten, aber auch administrative und finanzielle Belange, die Kommunikationspolitik, die Kontakte zu unseren Sponsorinnen und Sponsoren sowie vieles mehr im Blick behalten. Das sind komplementäre Aufgaben, die meine Arbeit spannend machen. Es gilt eine Synthese zwischen Fantasie und Strenge herzustellen, um eine Utopie zu verwirklichen.
Je steiler die Karriere, desto stärker könnte der eigene Weg ja weg von der Bühne, dem Probenbetrieb, dem Herzklopfen und Angstschweiß hinter den Kulissen führen: Haben Sie das bislang auch so empfunden – und wie wichtig ist es Ihnen, im engen Kontakt mit dem „Maschinenraum“ der Oper zu bleiben? Es ist wichtig, ja geradezu essentiell für mich, in ständiger Verbindung mit allen Abteilungen der Oper zu stehen. Man kann ein Theater nicht leiten, wenn man in seinem Büro bleibt und seinen Elfenbeinturm nicht verlässt. Der tägliche Kontakt mit den Kolleginnen und Kollegen, die dieses Haus am Leben erhalten, ist für mich und, wie ich glaube, auch für sie, unerlässlich. Das ist es, was dem, was ich tue, Sinn verleiht.
ein Phantom in den Katakomben angetroffen? Ich bin noch dabei, das Haus zu entdecken, und bin noch nicht in jeden Winkel dieses großen Theaters vorgestoßen. Geistern bin ich bisher nicht begegnet. Aber ich spüre die Präsenz der Geschichte, die immaterielle, spirituelle Präsenz derer, die das Haus in der Vergangenheit belebt haben – Komponistinnen und Komponisten, Dirigentinnen und Dirigenten, Regisseurinnen und Regisseuren, Sängerinnen und Sängern etc. Die Liste ist sehr lang. Ich möchte im Besonderen Sir Peter Jonas nennen, den ich sehr geschätzt habe und der mir in den letzten Jahren seines Lebens viel gegeben hat, insbesondere seine Freundschaft.
Auch das gehört natürlich zu einer neuen Stelle: das Leben in der Stadt. Wie gut haben Sie sich in München bislang bereits eingelebt – und was oder wer kann Ihnen dabei helfen? Ich kannte München bereits vor meinem Umzug recht gut und bin froh darüber, hier leben zu können. Zwar habe ich nicht viel freie Zeit, aber manchmal ziehe ich mich gerne für einen Moment zurück und verbringe Zeit in einem der Museen der Stadt. Ich denke da zum Beispiel an die Pinakotheken oder das Museum Brandhorst.
Letzte Frage: Verraten Sie doch mal einen Lieblingsplatz, an dem man gut über München, die Oper, die Pläne, aber auch das schöne Leben nachdenken kann – und wo es vielleicht sogar eine Gelegenheit gibt, einmal ganz informell mit StaatsoperFans ins Gespräch zu kommen? Im Moment, zu Beginn meiner Amtszeit, verlasse ich die Staatsoper nicht oft. Sie ist immer noch der Ort, an dem man mich am häufigsten antrifft.
interview: rupert sommer
SERGE DORNY:
In seiner neuen Heimat München fühlt sich Serge Dorny, der aus dem belgischen Wevelgem stammt, wo er 1962 geboren wurde, schon recht wohl. Der Nachfolger von Nikolaus Bachler als Intendant der Bayerischen Staatsoper studierte einst in Gent mit ziemlich breit gefächerten Interessen – Architektur, Kunstgeschichte, Archäologie, Komposition und Musikanalyse. Schnell zog es ihn aber an die großen Bühnen, so leitete er lange die Oper Lyon. Vorher war er Generaldirektor und Künstlerischer Leiter des London Philharmonic Orchesters.