3 minute read

Universitäts- und Hochschulseite

Vom Neben- zum Hauptdarsteller

Kreislaufwirtschaft ist das Gebot der Stunde, wenn es um nachhaltiges Wirtschaften geht. Wie kommunale Reststoffe weiterverwertet und gezielt dort eingesetzt werden, wo sie gebraucht werden, dazu wird an einer eigenen Einrichtung in Innsbruck geforscht.

Seit fast drei Jahren stellt das Holzkraftwerk der Innsbrucker Kommunalbetriebe AG (IKB) in der Roßau elektrischen Strom und Wärme aus Holz bereit. Entwickelt wurde das innovative Verfahren vom Tiroler Unternehmen Syncraft Engineering, einem Spin-off des MCI | Die Unternehmerische Hochschule®. Ermöglicht wurde das Projekt durch die europäische Energieeffizienz-Initiative SINFONIA. Für das Biomassekraftwerk wird ausschließlich naturbelassenes Waldhackgut verwendet. Aus den Hackschnitzeln wird in weiterer Folge Holzgas gewonnen, das im integrierten Blockheizkraftwerk wiederum Strom und Wärme erzeugt. Der Strom wird direkt in das allgemeine Netz der IKB eingespeist, die Wärme bedient sowohl die Kläranlage als auch die umliegenden Gebäude. Ein Nebenprodukt, das aus dem Prozess entsteht, ist die hochwertige Pulverkohle, an deren „Veredelung“ im ersten Josef Ressel Zentrum Tirols geforscht wird.

Lokale Bedürfnisse decken

Konkret sucht das Team rund um Zentrumsleiterin FH-Prof.in Dr.in Angela Hofmann vom MCI-Department für Umwelt-, Verfahrens- und Energietechnik nach Möglichkeiten, pflanzliche Pulverkohle in Aktivkohle umzuwandeln. Aufgrund ihrer Oberflächeneigenschaften ist Aktivkohle nämlich in der Lage, Spurenstoffe zu binden. „Das ist beispielsweise in der Reinigung von Abwasser interessant, da wir so versuchen, Mikroverunreinigungen, wie

Unter der Leitung von Angela Hofmann steht die Rolle der Pulverkohle im ersten Tiroler Josef Ressel Zentrum im Vordergrund.

© MCI/KOLLER

Was steckt hinter SINFONIA?

Hinter dem klingenden Namen verbirgt sich „Smart INitative of cities

Fully cOmmitted to iNvest In Advanced large-scaled energy solutions“, was übersetzt so viel bedeutet wie: „Smarte Initiativen von Städten, die sich dazu bereit erklären, in fortschrittliche, umfangreiche Energielösungen zu investieren.“ Mehr als 80 Prozent aller EuropäerInnen leben im urbanen Raum. Besonders für Städte gilt es daher, den hohen Ansprüchen hinsichtlich Energieeffizienz und Nachhaltigkeit gerecht zu werden. Das EU-weite Projekt SINFONIA unterstützt den Einsatz von umfangreichen und messbaren Energielösungen in europäischen Städten. Kernstück ist die Zusammenarbeit zwischen den beiden Pilotstädten Bozen und Innsbruck.

Medikamentenrückstände, aus dem Abwasser zu entfernen“, erklärt Hofmann. Auch bei der Verminderung der Geruchsbelastung, die beispielsweise von Klär- oder Kompostieranlagen stammen, kommt die Aktivkohle zum Einsatz. „Zentrales Anliegen ist dabei, uns auf die Bedürfnisse der Kommunen abzustimmen. Vor allem bei Kläranlagen ist es sinnvoll, den lokalen Bedarf auch aus der lokalen Produktion zu decken“, führt Hofmann weiter aus.

Vielfältiger Einsatz

Derzeit wird die Aktivkohle bereits als Hilfsstoff für Geruchsreduktionen bei Güllebehandlungen, als Bodenverbesserer oder zur Stabilisierung von biologischen Prozessen, wie Biogas- und Faulgasprozessen, eingesetzt. In der Forschungseinrichtung will man die Kohle genauer untersuchen, um diese Prozesse besser nachvollziehen zu können. Zudem soll das hochwertige Nebenprodukt mit entsprechenden Eigenschaften ausgestattet werden, um es in verschiedenen Bereichen für wirtschaftliche Zwecke gezielt einzusetzen. Ein wesentlicher Vorgang ist dabei die so genannte „Aktivierung“ – also die Vergrößerung der Oberfläche. „Während die Ursprungskohle eine Fläche von 200 bis 400 Quadratmeter pro Gramm hat, können wir diese Größe bei der Aktivkohle vervier- oder sogar verfünffachen“, erläutert Hofmann.

Mit dem so genannten BET-Gerät wird die spezifische Oberfläche der Aktivkohle bestimmt.

Gut fürs Klima

Aktuell ist die Gewinnung des Großteils der Aktivkohle sehr umweltschädlich, meist erfolgt sie aus fossiler Steinkohle. „Mit der Herstellung von Aktivkohle im Holzgaskraftwerk schaffen wir es auch, die CO2-Bilanz reduzieren“, weiß Hofmann.

Gemeinsames Interesse

Hinter den Josef Ressel Zentren steht die Christian Doppler Forschungsgesellschaft, deren Ziel die Zusammenführung von Universitäten mit Firmen ist. Das Zentrum in der Roßau wird vom Bundesministerium für Digitalisierung und Wirtschaftsstandort (BMDW) gemeinsam mit der IKB, den Stadtwerken Schwaz, den Gemeindewerken Telfs und dem Unternehmen Syncraft Engineering finanziert. AD

This article is from: