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Die spektakulärsten Rettungsaktionen der Welt

Als alles noch mal gut gegangen ist

Mund-zu-Mund-Beatmung bei einem Tiger, Tragen-Transport durch eine Höhle und eine Drohne als lebensrettender Scout. Ein Blick in die Geschichtsbücher offenbart die spektakulärsten Rettungsaktionen der Welt, die bis heute ins Staunen versetzen.

Wenn etwas schiefgeht, ist man froh, wenn Hilfe zur Stelle ist. Manchmal genügt ein Pflaster, um das Problem zu lösen. In anderen Fällen aber ist der volle Einsatz unzähliger Retter und Spezialisten nötig, die mit viel Fachverstand, Improvisationstalent, Durchhaltevermögen und nicht selten unter Negierung sämtlicher Gefahren für das eigene Leben zu Werke gehen, um andere Leben zu retten. Was dabei schon alles zum Erfolg führte, haben wir für Sie zusammengetragen.

Der Untergang der Andrea Doria

Als das italienische Luxusschiff Andrea Doria am 26. Juli 1956 vor der amerikanischen Ostküste bei Nantucket im dichten Nebel mit dem Passagierschiff Stockholm kollidiert, beginnt es zu sinken – und gerät derart in Schlagseite, dass die Hälfte der Rettungsboote nicht mehr nutzbar ist. Fünf in der Nähe befindliche Schiffe – darunter die Stockholm –nehmen 1’660 Passagiere und Besatzungsmitglieder auf. 46 Menschen sterben bei dem Unglück, das als bisher grösste Rettungsaktion der zivilen Seefahrt gilt.

Das Wunder von Lengede

Am 24. Oktober 1963 gegen 20 Uhr abends bricht in der niedersächsischen Eisenerzgrube Lengede-Broistedt der Klärteich 12 ein. Fast eine halbe Million Kubikmeter Schlammwasser überflutet die Stollen der Grube Mathilde zwischen den 100- und 60-Meter-Sohlen. 128 Kumpel und ein Monteur befinden sich unter Tage – nur 79 können durch Schächte entkommen. 23 Stunden nach dem Unglück werden sieben Männer lebend geborgen. Am 1. November werden drei weitere mit einer Rettungskapsel aus der Grube befreit. Zwei Tage später haben die Retter Kontakt zu weiteren elf Eingeschlossenen. Am 7. November, 336 Stunden nach dem Unglück, wird der letzte überlebende Kumpel aus der Bruchhöhle geholt. 29 Bergleute überleben das Unglück nicht.

Das Werk «Das Wunder von Lengede, die Rettung» von Helmuth Ellgaard zeigt eine der Rettungskapseln (Dahlbusch-Bombe), die beim Grubenunglück anno 1963 zum Einsatz kamen.
Foto © Familienarchiv Ellgaard

«Houston, we’ve had a problem!»

55 Stunden nach dem Start der dritten Mondlandemission –Apollo 13 hat bereits drei Viertel des Wegs zum Mond zurückgelegt – erschrickt der Knall eines explodierenden Sauerstofftanks die Astronauten John Swigert, Fred Haise und Jim Lovell. Letzterer funkt «Houston, we’ve had a problem» an die Bodenstation. Dort entwickeln Experten in Windeseile aus Dingen, die an Bord von Apollo 13 vorhanden sind, einen improvisierten Adapter, um die eckigen Kohlendioxid-Filter der Kapsel an die runden Anschlüsse der Filter in der Mondlandefähre anschliessen zu können. Diese wird so zur Rettungsfähre – und landet am 17. April 1970, vier Tage nach dem Unglück, sicher im Pazifik.

Rettung aus dem «Riesending»

Der Höhlenforscher Johann Westhauser steigt am 7. Juni 2014 mit zwei Begleitern in die Riesending-Schachthöhle ein. Diese liegt im bayrisch-österreichischen Grenzgebiet und ist mit einer vermessenen Tiefe von 1’148 Metern und über 19,1 Kilometer Länge die tiefste und längste ­bekannte Höhle Deutschlands. Am nächsten Tag, in 950 Meter Tiefe, etwa 6,5 Kilometer vom Einstieg entfernt, erleidet West­hauser bei einem Steinschlag ein Schädel-Hirn-Trauma. Es folgt eine Rettungsaktion mit 728 Helfern verschiedener ­Nationen, darunter 202 Retter aus fünf Nationen: 89 Italiener, 42 Österreicher, 27 Deutsche, 24 Schweizer und 20 Kroaten. Geleitet wurde der Untertage-Einsatz von den Schweizern Andy Scheurer und Rolf ­Siegenthaler, beide von ­Speleo-Secours. Für die Rettung mussten die Wege in der Höhle zusätzlich mit Fixseilen, Bohrhaken und Trittstiften ­gesichert werden, zur Kommunikation wurden ein Cave-Link-System (mit redundantem Zweitsystem) und ein Kabel für ein Telefon verlegt. Zeitweilig befinden sich bis zu 60 Personen in der Höhle und es werden bis zu 90 Prozent der Höhlenretter-Ausrüstung der Bergwacht Bayern in der Höhle verbaut. Der Rettungstransport Westhausers dauert sieben Tage. Erst am 19. Juni wird er in die Unfallklinik ­Murnau geflogen.

Die Bergretter Klemens Reindl und Heiner Brunner von der Bergwacht Bayern wurden 2015 für die Leitung der Rettungsaktion mit dem «Roland Gutsch Project Management Award 2014» der Deutschen Gesellschaft für Projektmanagement ausgezeichnet.

Der Ausbau des zunächst in der Höhle zurückgebliebenen Materials erfolgte in den niederschlagsarmen Herbstmonaten zwischen August und Oktober. Ein Teil der Ausrüstung wurde für zukünftige Höhlengänge in den bestehenden Biwaks deponiert. Insgesamt dauerte es sechs Jahre, bis die Forscher an fünf bis zehn Tagen pro Jahr ehrenamtlich insgesamt über eine Tonne Material und Abfall der Rettungsaktion von 2014 mit Muskelkraft aus der Höhle holen konnten!

Es ist geschafft: Die Retter tragen Johann Westhauser aus der Riesending-Schachthöhle.
Foto © Markus Leitner, BRK BGL

Schwächeanfall in 65 Meter Höhe

Am 28. Juni 2024 erleidet ein Kranführer im Zentrum von Leipzig einen Schwächeanfall. Die Feuerwehr, die über keine derart lange Drehleiter verfügt, muss den Kranführer daher per Seilrettung bergen –wozu die Rettungskräfte freilich zuvor erst einmal ins Führerhaus hinaufsteigen müssen. An einem Tag, an dem Temperaturen von 30 Grad im Schatten herrschten.

In Leipzig retteten Einsatzkräfte der Feuerwehr einen Kranführer aus 65 Meter Höhe.
Foto © Feuerwehr Leipzig

Schneewittchen-Kuss für einen Tiger

Im Dezember 2007 ist im Bergzoo in Halle Raubtierfütterung. Ein knapp drei Monate alter Malaysia-Tiger agiert dabei zu gierig, verschluckt sich an einem Fleischstück – und droht zu ersticken. Pfleger sperren die Tigermutter ein und geleiten die Medizinstudentin Janine Bauer auf deren Bitte hin ins Gehege. Diese zieht dem bereits bewusstlos gewordenen Tiger das Fleischstück aus dem Schlund, lässt ihm eine Herzdruckmassage samt Mund-zu-Maul-Beatmung angedeihen – und rettet ihm so das Leben. Zum Dank wird der Tiger «Johann» getauft – der Name des einjährigen Sohnes seiner Lebensretterin.

Rettung für den Retter

Am 20. Juni 2022 spaziert ein Vater mit seiner Tochter (4) und seinem Sohn (5) durch die Obstplantagen nahe der Stadt Pardes Hanna, etwa 65 Kilometer nördlich von Tel Aviv. Als das Mädchen eine Wasserzisterne erblickt, klettert es auf den Brunnenrand – und stürzt in den 15 Meter tiefen leeren Schacht. Der 37-jährige Vater steigt an einer Eisenleiter hinab, schnappt seine Tochter – doch auf halbem Weg nach oben bricht die rostige Vorrichtung und beide stürzen zurück in den Schacht, wo ein alter Wasserkanister am Boden den Aufprall gottlob etwas dämpft.

Der fünfjährige Sohn rennt den Wanderweg zurück und trifft auf Spaziergänger, die den Notarzt und Rettungskräfte alarmieren. Diesen gelingt es, die Verletzten zu bergen und ins Hillel-Yaffe-Krankenhaus im nahe gelegenen Hadera zu überführen.

Die «Follow me»-Drohne

Im Juni 2022 fährt ein ukrainisches Ehepaar mit dem Auto in die umkämpfte Stadt Izyum, um die hilfsbedürftigen Eltern des Mannes in Sicherheit zu bringen. Russische Soldaten beschiessen das Fahrzeug – und verletzen den Ehemann schwer an Kopf, Brust und Wirbelsäule. Der Operateur einer ukrainischen Aufklärungsdrohne filmt das Geschehen. Die ukrainischen Soldaten entsenden eine zweite Drohne mit einem Zettel, auf dem «Folge mir» steht. Die Frau folgt der Drohne, durchschreitet Minenfelder – und wird von den Soldaten gerettet. Ihr Ehemann wird von russischen Soldaten, die ihn für tot halten, in den Strassengraben geworfen. Er kann sich am nächsten Tag mit letzter Kraft in Sicherheit schleppen. Die russischen Soldaten werden nun wegen Kriegsverbrechen angezeigt.

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