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DONNERSTAG, 7. JULI 2011
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ARZTRAUM KREATIVES EINRICHTEN FÜR ÄRZTE
Ausgefeilte Farbkonzepte verleihen Wartebereichen eine Wohlfühlatmosphäre und nehmen Patienten im Behandlungsraum die Angst. Von Sabine Henßen
„Man erwartet ja, dass sich die Frauen zum Design äußern, aber ich erlebe häufig, dass gerade ältere Herren, typische Westfalen um die 80 Jahre, sagen: ‚Das ist aber schön hier, das gefällt mir‘“, berichtet Dr. Helmut Schneider, Facharzt für Nephrologie und ärztlicher Leiter des PHV-Dialysezentrums am Sankt Elisabeth Hospital in Gütersloh. Der gemeinnützige Dialyseanbieter PHV (Patienten-Heimversorgung) mit Sitz in Bad Homburg vor der Höhe, der außer in Gütersloh bundesweit an 85 Standorten mehr als 6700 Dialysepatienten versorgt, setzt bei der Ausgestaltung der Räume auf professionelles Farbdesign: „Die Patienten verbringen etwa 15 Stunden pro Woche im Dialysezentrum. Das ist eine lange Verweildauer, und der PHV ist es wichtig, dass sich Patienten während der Dialyse wohlfühlen und die Behandlungsräume hell und freundlich gestaltet sind. Farben spielen dabei eine große Rolle“, erklärt Architekt Hamid-R. Nafisi-Esfahani, Leiter der PHV-Bau- und Planungsabteilung. Bei Patienten findet das Farbkonzept im Gütersloher Dialysezentrum großen Anklang. Entwickelt wurde es von TSP.Design Talledo, Schlegel und Partner, dessen Leiter Markus Schlegel Professor für Farbdesign in Hildesheim ist. „TSP hat uns von Anfang an eingebunden und machte dann drei Vorschläge. Die Variante, die auf Gelb und Grün setzte, traf genau meine Vorstellungen“, so Schneider. „Beim Empfang allerdings haben wir uns mit einem kräftigeren Farbkonzept durchgesetzt“, betont der Nephrologe. Eine runde Theke in blau-türkis-grünen Streifen setzt frische Akzente, sonnengelbe Wände und grasgrüne Sitzmöbel verbreiten fröhliche Stimmung und setzen ganz eigene Stilmerkmale. „Früher haben wir die Farbkonzepte selbst entwickelt. Aber um
© Mone Beeck
die Zusammensetzung eines Konzepts wissenschaftlich begründet darzulegen, bedarf es Spezialkenntnissen“, weiß Architekt Nafisi-Esfahani. Seine Lösung für ein stimmiges Farbkonzept: die Funktionsbereiche eines Gebäudes ganzheitlich zu betrachten. „Unsere Farbdesigner haben sich während ihres gesamten Studiums mit Farbe und Materialität beschäftigt und wissen, wie die einzelnen Wünsche und Bedürfnisse der Nutzer vereint werden können.“ Dass es sich lohnt, in ein professionelles Farbmanagement zu investieren, zeigt sich für Nafisi-Esfahani in den Rückmeldungen zu den realisierten Bauvorhaben. Die hohe Patienten-Zufriedenheit in Umfragen, die im Rahmen des Mehrkosten Qualitätsmafür Farbnagements regelmäßig management durchgeführt halten sich in werden, führt der Architekt Grenzen. auch darauf zurück. Doch wie verhält es sich mit Mehrkosten? „Durch die Vorgabe, dass unsere Farbkonzepte nur unter Berücksichtigung der Unternehmensgrundsätze, Ökologie und Budgetvorgaben entwickelt werden dürfen, entstehen keine zusätzlichen Investitionen.“ Ein anderes Bild vom Gesundheitsbau zeichnet Axel Venn, Professor für Farbgestaltung und Trendscouting in Hildesheim, Autor und international renommierter Berater in Sachen Farbdesign. Er sieht noch viel Nachholbedarf: „Es wird zu wenig auf die Emotionalität von Gestaltung geachtet! Die Beteiligten denken zu stark funktionsorientiert, anstatt sich zu fragen: Hilft das meinen Patienten?“ Den Kostenaspekt lässt auch Venn nicht gelten: „Die Krankenkassen haben noch nicht erkannt, dass professionelles Farbmanagement Kosten senken und Liegezeiten verkürzen kann. Zudem ist eine schlechte Farbe genauso teuer wie eine gu-
Eher schrill oder eher fröhlich? Viel kräftiges
te.“ Banken oder Hotels seien oft wesentlich angenehmer ausgestattet als Krankenhäuser, obwohl doch gerade diese eine philanthropische Aufgabe zu erfüllen hätten. Besonders für Kinder und Heranwachsende fordert der Experte angstfrei gestaltete Praxen: „Grafische Muster an den Wänden, die spitz zulaufen, sind völlig ungeeignet – mögen sie noch so ‚in‘ sein. Sie erinnern an Pfeile, die auf einen zuschießen.“ Er rät strikt davon ab, bei der Gestaltung die Farbe Weiß in den Mittelpunkt zu rücken. „Weiß ist eine Unfarbe und bedeutet, auf 9 999 999 Möglichkeiten zu verzichten.“ Venn, Kuratoriumsmitglied des deutschen Farbenzentrums, empfiehlt dezente, pastellige Töne. Sanfte Farbwelten sollten also vorherrschen, nicht etwa schrilles Gelb, „denn Farben wirken auf großen Flächen, Praxiswände sind kein Bilderbuch“.
! NEUES FÜR DIE PRAXISEINRICHTUNG Licht in allen Lebenslagen
Schicker Lärmschutz schnell installiert
Anfang Juni hat das Vitra Design Museum in Weil am Rhein die von Frank Gehry entworfene Vitra Design Museum Gallery eröffnet. Sie bietet den Rahmen für Einzelschauen bekannter Designer, Installationsprojekte oder Ausstellungen von Newcomern. Die erste Ausstellung ist dem Künstler Ettore Sottsass (1917-2007) gewidmet, der als der einflussreichste italienische Designer der Nachkriegszeit gilt. Seine Objekte sind eine wahre Inspirationsquelle, wenn es um das stilvolle Möblieren von Arbeitsbereichen geht. Bis September 2011.
Stilvoll erhellt „Uno“ als Stand-, Boden-, Tisch- oder Leseleuchte ab sofort auf Wunsch alle Sprechoder Wartezimmer. Nicola Grandesso hat das Designobjekt entworfen, dessen Klarheit sofort ins Auge fällt. Das Metallgestell mit rundem Fuß gibt es in 20 unterschiedlichen Farben, darunter in Mintgrün, Magenta oder Sonnengelb. Auftraggeber ist die venezianische Glasmanufaktur De Majo Illuminazione, bekannt für ihre Leuchter aus Muranoglas und ihr reduziert-sachliches Design. Die kleine Leuchte ist ab 100 Euro, die große ab 174 Euro erhältlich.
Es muss nicht immer eine Tür sein: Mit „Viswall“ hat Büromöbelhersteller Sedus großformatige Lamellenelemente entwickelt, die vor Lärm und Einblicken schützen und angenehme Ruhezonen erzeugen. Großzügig geschnittene, oft hallige Räume, wie etwa der Empfangsbereich, können so schnell aufgeteilt und bei Bedarf wieder geöffnet werden. Die „Viswall“-Elemente lassen sich um 90 Grad um die vertikale Achse drehen und schaffen dadurch freie Sicht. Kernstück ist ein mit Stoff bespannter Stahlrohrbügel. Kosten: ab 580 Euro (zzgl. MwSt.).
! www.design-museum.de
© Aldo Ballo +
! www.demajoilluminazione.com
© DE MAJO
Starker Auftritt für Design-Ikone
! www.sedus.de
© Sedus