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DONNERSTAG, 13. OKTOBER 2011

ARZTRAUM KREATIVES EINRICHTEN FÜR ÄRZTE

Wo Patienten sich allein aufhalten, sollten sie die Möglichkeit haben, einen Notfall schnell und einfach zu melden. Das entspannt die Situation – für alle Beteiligten und auch in der Praxis. Von Sabine Henßen

Das kann auch in der Praxis passieren: Ein Patient leidet auf dem WC plötzlich an starken Kreislaufbeschwerden, sein Hilferuf ist zu leise und bleibt ungehört. Er kann nicht mehr schnell genug die Tür aufschließen, wird ohnmächtig. Es vergehen Minuten, bis die MFA darauf aufmerksam wird. Zudem muss die verschlossene Tür entriegelt werden, der Patient liegt womöglich bewusstlos davor – noch mehr Zeit geht verloren. In solchen Fällen ist gut dran, wer ein Rufsystem installiert hat. In Kliniken und Pflegeheimen sind solche Systeme, mit denen im Notfall schnell jemand herbeigeklingelt werden kann, gesetzlich vorgeschrieben. In Praxen sind sie eine freiwillige Investition – die sich aber lohnen kann. Die Anforderungen an Rufanlagen im Gesundheitsbau sind in der DIN VDE 0834 zusammengefasst. Diese bezieht sich zwar auf Kliniken, Pflegeheime und ähnliche Einrichtungen, sollte aber als Grundlage auch für Praxis-Systeme gelten. Es gibt inzwischen viele Systeme auf dem Markt. Mit ihnen kann die ganze Praxis abgedeckt werden oder nur der WC-Bereich. Jedes System hat seine eigenen Besonderheiten: Manche Modelle arbeiten mit Sprachsteuerung, andere bieten zum Beispiel einen 60-minütigen Schutz gegen Stromausfall. Gira, Spezialist für Schalter und Kommunikationssysteme im nordrhein-westfälischen Radevormwald etwa ließ sich von der DIN inspirieren, sein Rufsystem ebenfalls 834 zu nennen. Ralf Eckhoff, Gira-Produktmanager für Sicherheitstechnik, erklärt: „Es ist eine Risiko-Einschätzung. Ob der Patient einen Kollaps im Fangobett erleidet oder bei der Infusion im Ruheraum – der Betrei-

© Mone Beeck

Mit Zugtaster: Komponente des Rufsystems Elso Sigma. © Schneider Electric

Gira Rufsysteme: Eine direkte Kontaktaufnahme ist möglich. © Gira

ber, ob Physiotherapeut oder Arzt, ist haftbar, falls Schlimmeres passiert.“ Mit der Weiterentwicklung, dem Rufsystem 834 Plus, können ebenfalls Hilferufe ausgelöst und somit Personen herbeigeholt werden. Das Neue: Es lassen sich damit auch Gespräche führen, zum Beispiel zwischen dem Patienten und einer MFA. Das System 834 Plus – von Oktober 2011 an auf dem Markt – eignet sich für den Einsatz in Krankenhäusern genauso wie in Arztpraxen. Und verfügt laut Hersteller über eine Sprachqualität, die auch die Nutzung im Sanitärbereich erlaubt, der oft eine hallige Akustik hat. Wer ohnehin schon auf Schalter dieser Firma setzt: Das System 834

passt zu den vielen angebotenen Schalterprogrammen, die große Tasten erlauben eine einfache und sichere Bedienung. Das ‚Gehirn‘ der Anlage bildet die System-Steuerzentrale, die sämtliche Vorgänge – Alarmierung sowie Quittierung des Alarms per Tastendruck am Ort des Geschehens – dokumentiert. „Passieren kann immer etwas, aber zumindest technisch ist alles abgesichert“, erklärt Spezialist Eckhoff. Und die Sprachsteuerung von 834 Plus bietet weitere Möglichkeiten: „Das Rufsystem ist auch als Praxis-Informationssystem nutzbar, beispielsweise kann man über die Anlage MP3-Files abspielen.“ So kann der Patient im Akupunktur-Zimmer auch mit beruhi-

gender Musik beschallt werden – im Notfall unterbricht die Betätigung der Ruftaste sofort alle weiteren Funktionalitäten. Speziell für Patienten-WC und kleinere Praxen mit bis zu zehn Ruforten empfiehlt Mario Bau, Sicherheitsexperte bei Honeywell, das Rufkompaktset aus der Clino-Reihe der Marke Ackermann im Hause Honeywell. Bau arbeitet mit an der Weiterentwicklung einschlägiger DIN-Normen und sagt: „Wer die Norm erfüllt, ist auf der sicheren Seite.“ Auch, wenn die Anlage ausfällt, etwa wenn ein Patient im Krampfanfall eine Komponente aus der Wand reißt, macht das System Meldung. Zudem sei es mit einem ‚Finde-Licht‘ für

dunkle Räume ausgestattet und zeige Patienten an: Der Notruf ist raus. Auch das System Sigma I WC-Ruf der Marke Elso, die zu Schneider Electric in Ratingen gehört, ist für Arztpraxen konzipiert. Das Rufanlagensystem eignet sich speziell für die Ausstattung von Patiententoiletten und Behinderten-WC. Nachdem über einen Zugtaster Hilfe herbeigerufen wurde, wird der Notruf akustisch und optisch gemeldet. Zur Bestätigung des ausgelösten Alarms sieht der Patient eine ‚BeruhigungsLED‘ am Ruftaster aufleuchten. Das System wird mit USV ausgeliefert: „USV steht für unterbrechungsfreie Stromversorgung. Denn die DIN 0834 für Rufanlagen definiert, dass

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©

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© Girsberger

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Die DIN VDE 0834 beschreibt ein menschliches Umfeld, in dem ein Hilfesuchender Personen herbeiruft. Sie liefert Hinweise zu Planung, Installation, Betrieb und Instandhaltung von Rufanlagen, die etwa in Kliniken und Pflegeheimen vorgeschrieben sind. Rufsysteme, die in Praxen installiert sind, sollten sich an den Vorgaben orientieren. Die Norm setzt Rahmenbedingungen für technische Grenzwerte, für Zeit- und Funktionsabläufe und für die Schnittstelle Mensch und Anlage.

! Die wichtigsten Anforderungen: www.aerztezeitung.de

! INTERVIEW

Zusätzliche Sicherheit für Aufwachraum und Patienten-WC Sollten auch Arztpraxen technisch aufrüsten und Rufsysteme installieren? Frank Friebe, Experte für Elektroanlagen-Automation im Gesundheitsbau, berichtet, wann die Systeme nötig sind und

Passive Notrufsysteme Einen Entwicklungsschritt weiter als die rote Notruftaste ist das neue System „Zettler Care Connect“ von ADT und Total Walther. Es meldet Abweichungen von zuvor gespeicherten Abläufen an eine zuvor festgelegte Zentrale. In jedem Zimmer wird dafür ein elektronischer Kombisensor installiert, der auf Bewegungsabläufe, Helligkeit und Temperatur reagiert. „Weicht das Verhalten der Person stark von den zuvor festgelegten Algorithmen ab, löst das System selbstständig eine Intervention aus“, erklärt Werner Schlittler von ADT und Total Walther.

! www.totalwalther.de

bei Spannungsausfall die Rufanlage für 60 Minuten weiter funktionieren muss“, erklärt Kai König, Produktmanager für Sicherheitssysteme. „Dies ist in Kliniken gewährleistet, jedoch häufig bei Kleinanlagen nicht.“ Falls nun ein Patienten- bzw. Behinderten-WC nachgerüstet werden soll: Mit welchen Kosten und mit welchem baulichen Aufwand ist zu rechnen? „Ein Patientenrufsystem nach DIN ist ein drahtgebundenes System. Somit ist es immer erforderlich, Leitungen zu verlegen. Diese können aber auch in Kanälen verlaufen, so dass nicht notgedrungen die Wände aufgestemmt werden müssen“, so König. Die Komponenten: Ein Netzteil vor jedem Raum, in dem

© Sedus

1200 Zentimetern. In einer zusätzlichen Ebene versteckt der Hersteller die Kabel. Preis auf Anfrage.

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ein Ruf ausgelöst werden soll, und eine elektronische Zimmersignalleuchte zur optischen und akustischen Signalisierung. In den Räumen gibt es die Rufauslöser über Druck- oder Zugtaster und dazu die Möglichkeit, den Ruf abzustellen. Die Materialkosten liegen bei etwa 188 Euro für das Behinderten WC-Set ohne USV, mit USV bei 455 Euro, jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer und Installationskosten. Diese könnten aufgrund örtlicher Gegebenheiten und Wünsche sehr unterschiedlich ausfallen.

! www.gira.de/produkte/neuheiten-rufsystem834-plus.html, www.elso.de www.ackermann-clino.de

worauf es ankommt.

Ärzte Zeitung: Herr Friebe, Hand aufs Herz: Ist es wirklich für jede Arztpraxis sinnvoll, ein eigenes Rufsystem einzurichten? Frank Friebe: An Orten wie etwa WC oder Aufwachräumen, wo sich Patienten für längere Zeit unbeobachtet aufhalten, raten wir dazu, ein Rufsystem einzurichten. Es entlastet letztlich alle Praxismitarbeiter, und auch die Patienten fühlen sich sicherer. Ärzte Zeitung: Was sollte so ein Patienten-Rufsystem aus Ihrer Sicht denn leisten? Friebe: In erster Linie sollen Personen zum Ort der Rufauslösung gerufen werden – mittels einer Anlage, die ein optisches und akustisches Signal auslöst. Weiterhin können aber auch Informationen etwa von medizinischen Geräten zur Überwachung der Vitalfunktionen weitergegeben werden. Auch Systeme, die mit Sprachsteuerung arbeiten und den sofortigen, direkten Kontakt zum Hilfesuchenden ermöglichen, sind heute auf dem Markt. Ärzte Zeitung: Worauf ist zu achten, wenn zum Beispiel eine Patiententoilette mit einem Rufsystem nachgerüstet werden soll?

Frank Friebe Werdegang: Frank Friebe ist Miteigentümer der Schulz & Friebe GmbH für Elektroanlagen-Automation in Penzlin in Mecklenburg-Vorpommern. Ausbildung zum Elektromonteur in Neustrelitz, Meisterprüfung mit 26 Jahren. Im Jahr 1991 gründete er die Schulz & Friebe GmbH in Penzlin mit. Aktuelle Position: Friebe ist seit 1991 Geschäftsführer von Schulz & Friebe. Er kann auf vielfältige Projekte im Gesundheitsbau zurückblicken. Seine Firma realisierte unter anderem 2010 die Elektroinstallationen inklusive der Rufsysteme im neuen DRK

Friebe: Kleinanlagen wie in Behinderten-WC unterliegen zwar nicht den in der DIN VDE 0834 festgelegten Vorschriften – die Rufsysteme etwa in Krankenhäusern und Altenpflegeheimen zwingend vorschreiben. Sie orientieren sich aber an ihnen. Diese Anlagen bestehen in der Regel aus einem Ruftaster, das ist meist ein Zugtaster, der über eine Zugschnur bedient wird, einem Abstelltaster sowie dem Rufmodul. Dieses signalisiert den ausgelösten Notruf – optisch und gegebenenfalls auch akustisch – auf dem Flur vor dem WC und/oder an einem anderen zentralen Ort, wie dem Empfang. Die einzelnen Komponenten sind per Leitungsverbindung miteinander verknüpft. Dafür müssen zwar beim Nachrüsten gegebenenfalls Schlitze geklopft werden, doch auf Basis von Funkwellen zu arbeiten, wie bei anderen Anwendungen in der Hausautomation, empfehle ich aufgrund etwaiger Störanfälligkeit für ein Notrufsystem nicht. Ärzte Zeitung: Mit welchen Kosten ist zu rechnen? Friebe: Je nach baulichen Gegebenheiten und nach Beschaffenheit der Anlage muss mit Kosten ab 500 Euro gerechnet werden.

Klangvolles Multitalent

Teeküche bald ohne Kalk

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In fließenden Gewässern oder im Grundwasser kommt Kalk durch die Verwirbelung nur in gelöster Form als Fluss-Spat vor. Beim starren Fließen durch Leitungen ist das anders: Hier fällt das Mineral aus und setzt sich hartnäckig fest. Der neue „KalkFix“-Ring der Firma Krause aus Bad Schwartau bringt nun das Wasser dazu, sich ähnlich wie in der Natur zu verwirbeln. „KalkFix“ gibt es für den Duschkopf, die Wasch- oder Spülmaschine sowie für die

© Jawbone

ist wie eine Handfläche: 151 mal 57 mal 40 Millimeter. In Blau, Rot, Schwarz oder Grau. Für 199 Euro.

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© privat

DIN VDE 0834

Krankenhaus Neustrelitz. Zu den Kunden zählen weitere Kliniken sowie Alten- und Pflegeheime.

Ärzte Zeitung: Wer schult die Beteiligten in der Bedienung der Technik? Frank Friebe: Die meisten Hersteller liefern sehr gute Bedienungsanleitungen mit. Wir weisen die Kunden zwar in die Grundfunktionen des Systems ein, doch damit ist es nicht getan. Ohne ausreichende Dokumentation wäre schnell ein hoher Frustrationsgrad erreicht! Auch bei kleinen Anlagen, die lediglich das Patienten-WC mit dem Empfang verbinden. Bei umfangreicheren Anlagen lassen wir uns zuvor schulen, und große Hersteller schicken eigens Systemtechniker. Ärzte Zeitung: Gibt es RufanlagenSysteme, die Sie im Gesundheitsbereich nicht verbauen würden? Friebe: Die Systeme, die sich auf dem Markt befinden, sind alle zeitgemäß. Man sollte sich ohnehin an einen Einrichter wenden, der Erfahrung im Gesundheitsbau hat, der wird sich auch für das passende System mit entsprechender Dimensionierung entscheiden. Und: Der ausführende Betrieb sollte Erfahrung im Gesundheitsbau haben – und das auch nachweisen können. Das Gespräch führte Sabine Henßen.

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© djd/C. Krause Handelsagentur


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