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Kabawiler Runde

[wa:|wa] Kabawiler Runde

»In welchem Düsseldorf wollen wir leben? Schwarz und deutsch« Am 25. Mai stirbt George Floyd vor laufender Kamera. Derek Chauvin, ein Weißer Polizist, kniet auf dem Nacken des Schwarzen Mannes und ignoriert dessen »I can’t breathe« Hilferufe. Die neun Minuten und 46 Sekunden der Tötung gehen um die Welt, lösen Proteste gegen Rassismus und rassistische Polizeigewalt aus. Auch in Deutschland demonstrieren Zehntausende, in Düsseldorf sind es rund 20.000 Menschen.

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Wenige Wochen später veranstaltet Kabawil die Kabawiler Runde »In welchem Düsseldorf wollen wir leben? Schwarz und deutsch«. Im Panel sitzen Anita Dufie, Mupia Mwunuka, Jack Mensah und Miracle Laackmann; ich, Angela Kamara, moderiere. Was uns verbindet, ist nicht nur unser Schwarzes Leben in Deutschland, sondern auch unsere jeweilige Erfahrung und Geschichte mit Kabawil. Kabawil als Ort, der, wie wir zu Beginn der Diskussion feststellen, für uns alle auch Heimat und Zuhause bedeutet. Ein Ort, an dem wir sein durften, wer wir sein wollten, »einfach Mensch, ohne Schubladen, ohne auf die Herkunft reduziert zu werden«, erinnert sich Anita. Kabawil hat uns alle geprägt. »Ich habe herausgefunden, wer ich sein möchte und ich habe gelernt, dass ich mich nicht entscheiden muss«, ergänzt Mupia.

Die Perspektive des Panels ist bewusst eine Schwarze – ohne dass Rassismus das Thema ist. Vielmehr hinterfragen wir, in welcher Art von Gesellschaft wir leben wollen. Nicht nur wir, die BlPoCs, sondern wir, alle Menschen – unabhängig von Herkunft, Ethnie, Kultur

oder Nationalität. »Rassismus ist für Schwarze Menschen in Deutschland Alltag«, hebe ich dennoch in meiner Einleitung hervor. Nur wenn wir anerkennen würden, dass es quasi unmöglich sei, sich nicht-rassistisch zu verhalten, gebe es die Chance, Zukunft gemeinsam zu gestalten.

Die Runde ist sich in vielen Punkten einig, die Diskussion wenig kontrovers, dafür aber echt und nah. Doch die Verbundenheit zuckt, als Miracle hinterfragt, warum die Emotionen bei George Floyd dermaßen hochkochten, obwohl es sehr viele ähnliche Schicksale gebe. Er verweist auf Aufnahmen, die die rund zehn Minuten, die um die Welt gingen, in einen anderen Kontext brächten. George Floyd sei demnach nicht so unschuldig, wie in den Medien dargestellt. »Ist das wichtig?«, fragt Mupia. Nichts rechtfertige seinen Tod auf diese Art und Weise. »Natürlich nicht!«, dass Rassismus aktuell eine derartige Öffentlichkeit bekomme, findet Miracle gut. Er wundere sich nur über »den Hype«. Zudem sei die Situation in den USA nicht so einfach auf Deutschland zu übertragen. Letzterem stimmen wieder alle zu. Doch man könne den »Hype« auch als »Weckruf« nutzen, »für mehr Schwarzes Bewusstsein in Deutschland und für die Folgegenerationen«, so Mupia. Jack erzählt von der Initiative »Together We Push«, die sich kurz nach der Demonstration in Düsseldorf gebildet hat und in der er sich auch selbst engagiert. Es sei wichtig, das Thema langfristig zu pushen, dafür zu sorgen, dass es nicht aus dem Bewusstsein der Menschen verschwinde – vor allem als Antwort auf die Frage, in welcher Art von Gesellschaft wir leben wollen.

[wa:|wa] Wie sinnvoll aber sei es wirklich, Räume »nur für Schwarze« zu etablieren, wenn es doch eigentlich darum gehe, Gesellschaft gemeinsam zu gestalten, hake ich nach. Wie schaffen wir es, uns als Menschen unabhängig von der Hautfarbe zu begegnen, ohne dass Rassismus in der Gesellschaft relativiert werde? Miracle stellt fest: »Rassismus trennt!« Seiner Auffassung nach bedarf es mehr Bildung, um Rassismus zu bekämpfen, und: »Dann müssen alle zusammenkommen und lernen, miteinander umzugehen.« Gleichzeitig sei es aber wichtig, Rassismus klar zu benennen, vor allem auf der strukturellen Ebene, ergänzt Jack. Es brauche statistische Zahlen, ebenso Repräsentation.

Eine meiner letzten Fragen in die Runde, bevor wir die Diskussion für das Publikum öffnen, ist die nach einer Fehlerkultur. Denn es ist leicht, in die rassistische Falle zu tappen. Gehe es eventuell auch darum, Rassismus nicht direkt zu beschreien, sondern eher darum, auf rassistisches Verhalten aufmerksam zu machen und eine/m Gegenüber die Möglichkeit zu geben, sein/ihr Verhalten als Fehler zu reflektieren und einzugestehen? Anita zieht die Parallele zu Kabawil. So wie wir bei Kabawil gelernt hätten, unser Ego im Rahmen der Produktion für das gemeinsame Ziel zurückzunehmen, sei es sicherlich auch sinnvoll, sich im Rassismuskontext bewusst zu machen, dass manchmal einfach zwei Egos aufeinanderträfen. Letztlich seien Kunst und Kultur ein guter Ort für Begegnung. Je mehr wir uns begegnen würden, uns kennenlernen, zum Beispiel in oder durch die Kunst, desto eher könnten wir auch Rassismus in der Gesellschaft entgegenwirken.

Das ist schön und richtig gesagt. Und ebenso lassen wir den Abend ausklingen, in der Begegnung und persönlichen Gesprächen mit den Zuschauer*innen dieser Kabawiler Runde.

Angela Kamara

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