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Organisationsentwicklung: Clash! Boom! Bang

Clash! Boom! Bang!

Wie man unterschiedliche Generationen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern führen und Divergenzen produktiv nutzen kann. von Klaus Wirth

In unseren Organisationen arbeiten gegenwärtig vier bis manchmal sogar fünf Generationen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern neben- und miteinander. Und auch wenn sie alle Teil einer Organisation sind, unterscheiden sie sich durch ihre unterschiedlichen persönlichen Prägungen (Sozialisation oder zeithistorische Erfahrungen), Einstellungen, Haltungen und damit letztlich auch deren Werte.

Verschiedentlich ist daher in den vergangenen Jahren bereits versucht worden, diese Generationen durch die Zuschreibung von als typisch erachteten Eigenschaften voneinander abzugrenzen und zu charakterisieren 1 . Als Generation Babyboomer bzw. Generation X, Y oder Z (auch Millenials genannt) haben sie Eingang in unterschiedliche Fachdiskurse gefunden.

Die Generationenbeschreibungen wurden von Anfang an vielfach widersprüchlich aufgenommen, nicht zuletzt deshalb, weil die verwendeten Kategorien wenig trennscharf (Überlagerung von Lebensphasen) sind. Die Zuschreibungen waren oftmals schwer nachvollziehbar und die Generationenbeschreibungen repräsentieren letztlich keine wirklichen realen Menschen. Dennoch bieten sie einen überaus spannenden Bezugspunkt zur 5HÀH[LRQGHUHLJHQHQ2UJDQLVDWLRQ

„Verschiedene Generation bringen unterschiedliche Prägungen und letztendlich Wertehaltungen in eine Organisation ein.“

Um beispielsweise die Herausforderungen der Generationenvielfalt für das Personalmanagement der Städte und Gemeinden zu UHÀHNWLHUHQKDWGHUgVWHUUHLFKLVFKH6WlGWHbund in diesem Frühjahr ein vielversprechendes Projekt ins Leben gerufen. Das vom Fachausschuss Personal begleitete Projekt hat zum Ziel, den Städten und Gemeinden ausgehend von den Chancen der GeneratioQHQYLHOIDOWDEHUDXFKSRWHQ]LHOOHQ.RQÀLNWHQ zwischen den Generationen, möglichst praktische Lösungsvorschläge für die Weiterentwicklung des Personalmanagements zur Verfügung zu stellen.

Das Nebeneinander der verschiedenen Generationen stellt aber im Besonderen die Führungsarbeit in den Städten und Gemeinden und damit die einzelnen Führungskräfte vor eine Vielzahl von anspruchsvollen Herausforderungen. 2

Müssen doch gerade die Führungskräfte selbst diese Vielfalt und Heterogenität an Persönlichkeiten managen, aus unterschiedlich geprägten Individuen schlagkräftige Teams bilden und gleichzeitig sicherstellen, dass der eigenen Organisation für die Zukunft so wichtigen Talente nicht vorzeitig abhandenkommen.

Sie müssen wechselseitige Vorurteile oder Stereotypen überwinden 3 und die Potenziale der Vielfalt nicht nur erkennen, sondern für die eigene Organisation wirksam werden lassen (z. B. Junge vermitteln ihren älteren

1 Beispielhaft: Eberhardt, D.: Generationen zusammen führen. Freiburg/München 2016. Mangelsdorf, M.: Von Babyboomer bis Generation Z. Offenbach 2015. 2 Vgl. Wirth, K., Führung aktiv betreiben – Wer Erfolg in der Organisation verzeichnen will, muss an zentralen Stellschrauben drehen. In: FPM 1/2016, S. 11-13. 3 Vgl. z. B Aichinger, Elisa; Deutsch, Tina; Friedrichsmeier, Helmut; Josef, Felix (Hg.): Jung & Gierig – Alt & Müde?. Facultas, WUV, 2013.

Generation X *1965–1980

Ź Diversity Ź Globales Denken Ź Work-Life-Balance Ź Spaß Ź Informelles Handeln Ź Selbstvertrauen Ź Pragmatismus „Arbeiten, um zu leben.“

Generation Z *1995 ...

Ź Mit dem Internet groß geworden Ź Vernetzung in Social Media / Social Networks Ź Individualisierung, Selbststeuerung, Flexibilität Ź Globales Denken gewohnt Ź Soziale Verantwortung wichtig Ź Schwache Loyalität gegenüber Arbeitgebern Ź Kreativität und laterales Denken Ź Sehr informiert, gebildet, intellektuell anspruchsvoll ù/HEHQXQGDUEHLWHQDOVñLHđHQGHU3UR]HVV beim Arbeiten leben und beim Leben arbeiten.“

1940 1950 1960 1970 1980 1990 2000 2010 2020

Veteranen

Baby Boomers Generation X Generation Y Generation Z Generation Alpha

Baby Boomers *1946–1964

Ź Wettbewerb Ź Hart arbeiten Ź (UIROJSHUVŌQOLFKH%HORKQXQJ Ź Teamorientierung Ź Anti-autoritär „Leben, um zu arbeiten.“

Generation Y *1981–1994

Ź Vertrauen, positive Verstärkung Ź Positive Grundeinstellung, Optimismus Ź Diversity Ź Soziale Verantwortung Ź Geld (Work-Life-Balance ist aber wichtiger als Geld) Ź Familienzentriert, Teamwork Ź Technologie „Erst leben, dann arbeiten.“

Arbeitswelt 2025 / Marcus K. Reif

Abb. 1: Einstellungen und Wertehaltungen über Generationen hinweg.

Quelle: verändert übernommen von: „Blog auf www.reif.org“.

Kolleginnen und Kollegen moderne IT; die älteren MitarbeiterInnen lassen die Jungen von LKUHUVR]LDOHQ.RPSHWHQ]SUR¿WLHUHQ$XIEDX altersgemischter Teams).

Das bedeutet für alle Führungskräfte, die eigene Rolle angesichts der sehr unterschiedlichen Anforderungen zu hinterfragen und für sich selbst (besser noch im Zusammenwirken mit anderen Führungskräften gemeinsam) zu klären, welche Veränderungen bei der Führungsarbeit aufgrund der Generationenpositionen erforderlich sind.

$XVO|VHUIU*HQHUDWLRQHQNRQÀLNWHJLEWHV genügend: Ź Zwischen den Generationen gibt es ganz unterschiedliche Einstellungen zur Arbeit:

Während die Babyboomer Arbeit quasi als

Lebenszweck ansehen und eine lebenslange Loyalität zum eigenen Unternehmen

SÀHJHQOLHJWGHU)RNXVGHUMQJHUHQ*Hnerationen auf einer ausgewogenen Work

Life-Balance. Ganz im Sinne der Maximierung der eigenen persönlichen Entwicklung sind sie deutlich wechselbereiter als ihre älteren Kolleginnen und Kollegen. ŹEin typisches Feld für einen möglichen *HQHUDWLRQHQFODVKދVLQGGLH+DOWXQJHQ gegenüber Hierachien: die Jüngeren wollen statt Hierarchie Führung auf Augenhöhe. Sie zeigen wenig Respekt gegenüber Seniorität und Hierarchie und das ganz im Gegensatz zu den Älteren.

ŹDeutliche Unterschiede gibt es auch bei der Bewertung der Anwesenheit versus der

Ergebnisse der Arbeit: Für die Generation der Babyboomer sind lange Anwesenheiten im Büro, wo die Beschäftigten ad hoc greifbar und möglichst kontrollier- und steuerbar sind, selbstverständlich. Die jüngeren

Generationen erwarten demgegenüber

PHKU)UHLUlXPHÀH[LEOHXQGDXIGLHLQGLYLduelle Lebenssituation zugeschnittene wechselnde Arbeitszeiten und eine freiere

Wahl der Arbeitsorte und damit ein hohes

Maß an Vertrauen. Für sie zählen die Ergebnisse und weniger die Zeit, die sie im

Büro zugebracht haben.

Ź Auch die unterschiedliche Einstellung zum :DQGHON|QQWH.RQÀLNWSRWHQ]LDOKDEHQ

Vielen älteren Babyboomern ist Stabilität >

Foto: shutterstock und Sicherheit sehr wichtig. Veränderungen erleben sie beinahe schon als Gefahr und Bedrohung. Für die Generation der Millenials sind ständige Veränderung Normalität. Sie sind pragmatisch und fordern rasche und klare Entscheidungen statt endloses 3UIHQ:HJHQLKUHUKRKHQ,7$I¿QLWlW haben sie wenig bis gar kein Verständnis für Papierakte. Die Jüngsten sind es stattdessen gewohnt, alles über ihr Smartphone erledigen und abwickeln zu können.

Ź Im Alltag könnten auch die andersgearteten

Kommunikationspräferenzen zu organisatorischen Verwerfungen führen: Finden die

Babyboomer noch regelmäßige monatliche -RXUV¿[HVDXVUHLFKHQG]XU$EVWLPPXQJ bevorzugen die Generationen Y/Z stattdessen die Life-Abstimmung 7/24 über einen Gruppenchat wie etwa WhatsApp.

Auch die unterschiedliche Einstellung zu

Feedbacks fordert Führungskräfte heraus:

Während dem Babyboomer schon das

jährliche Mitarbeitergespräch fast zu viel an 5HÀH[LRQXQG)HHGEDFNLVWZQVFKHQVLFK junge Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kontinuierlich und kurzfristiges Feedback (Waren sie zufrieden? Was hat ihnen besonders gefallen? War das nicht super, was ich da gemacht habe? Was kann ich tun, um noch besser zu werden? …).

Allein diesen wenigen Beispielen lassen erahnen, welche Sprengkraft in den teilweise völlig konträren Positionen für die bestehenden Organisationskonzepte und Unternehmenskulturen stecken könnte.

Will man als Führungskraft auch zukünftig erfolgreich sein, muss man sich nach meinem Dafürhalten gegenüber den vielfältigen Unterschieden zwischen den Generationen öffnen, sich aktiv mit ihnen auseinandersetzen und letztlich die eigene Führungsarbeit mit Blick auf die divergierenden Anforderungen UHÀHNWLHUHQ 4 . Dabei sind die Gegensätze

Erfolgreiche Führungskräfte müssen sich mit den Potenzialen und Spannungen, die durch divergierende Generationen entstehen, auseinandersetzen.

weder per se schlecht, noch absolut zu stellen. Die Vielfalt an Persönlichkeiten, Einstellungen, Haltungen und Werten haben aber jedenfalls das Potenzial, erhebliche Spannungen in den Organisationen zu erzeugen und gleicher maßen viele neue kreative Entwicklungsmöglichkeiten zu eröffnen. Bewusst genutzt, können sie eine wichtige Quelle bzw. der Motor für notwendige Erneuerung der Kommunalverwaltungen sein – insbesondere auf dem Weg der weiteren Digitalisierung.

)UGLH5HÀH[LRQGHUHLJHQHQ)KUXQJVDUEHLW bietet sich folgende generelle Herangehensweise an: Ź Wahrnehmen und Wertschätzen: Zunächst gilt es die Unterschiede im eigenen

Team zu erkennen und einzuschätzen, inwieweit diese störend für die gemeinsame

Arbeit oder befruchtend sind. Die Einschätzung der Diversität des Teams erfolgt idealer weise im Team selbst (z. B. im Rahmen einer Klausur oder eines Workshops).

Geäußerte Vorbehalte (Kann der sein Handy nicht richtig bedienen?) oder Stereotypen (Kein Respekt, diese Jungen!) können durch eine vermittelnde Intervention der

Führungskraft umgehend thematisiert werden. Aber auch Potenziale im Team werden so für alle sichtbar und Brücken können gebaut werden.

Ź Verändern: :HQQDXIJUXQGGHU5HÀH[LRQ eine Anpassung der eigenen Haltung zur

Führung oder der praktizierten Führungsarbeit sinnvoll bzw. erforderlich erscheinen, können diese im Zusammenwirken mit anderen Führungskräften gemeinsam, gege benenfalls auch im Rahmen eines indivi duellen Coachings entwickelt werden.

Ziel sollte es sein, aus dem neuen Wissen heraus die eigene Führungsrolle weiterzu

4 Das KDZ hat in der Vergangenheit hierfür immer wieder auch entsprechende Seminare angeboten. 5 Vgl. das Interview mit Prof. Riehm in Zeit online, Serie „Chefsache“ vom 2. Januar 2015. http://www.zeit.de/karriere/beruf/2014-12/generation-y-fuehrungspositionen-fuehrungsverhalten [Download: 27.03.2017]. entwickeln und das Repertoire an Führungskompetenzen gezielt zu erweitern.

Das KDZ unterstützt beim Finden eines JHHLJQHWHQ5HÀH[LRQVVHWWLQJV SHUV|QOLFKHV &RDFKLQJRGHUDXFK7HDPUHÀH[LRQ XQGEHL dessen Durchführung.

„Die Generation X kann wichtige Impulse zu einem Wandel der Kommunalverwaltungen hin zu einem modernen Management geben.“

Nächste Führungskräfte-Generation steht bereits in den Startlöchern

Bisher geht man vermutlich noch hauptsächlich davon aus, dass ältere Personen – also die Babyboomer oder die Generation X jüngere führen. Dies ändert sich aber gegenwärtig bereits. Neu am Parkett sind dann viele junge Führungskräfte, die sich bereits in ihrem Studium umfangreiches Managementwissen angeeignet haben. Sie haben sich damit vermutlich bereits von überkommenen Hierarchievorstellungen und persönlichen Machtdemonstrationen verabschiedet. Sie wollen für sich selbst, aber auch als Führungskräfte für ihre eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Gestaltungsspielräume eröffnen und vernetzter arbeiten. Sie kommunizieren schneller, direkter und weniger formalistisch. Als Generation Y erwarten sie selbst, dass man ihnen Vertrauen entgegenbringt. Sie setzen auf informationelle Offenheit, also das ganze Gegenteil der bislang weit verbreiteten Geheimniskrämerei in vielen Organisationen 5 .

Sie könnten, wenn man ihnen die Chance dafür gibt, wichtige Impuls zum seit langem geforderten Wandel der Kommunalverwaltungen hin zu modernem Management geben. Gelingt dies, dann können die Städte und Gemeinden auch zukünftig attraktive Arbeitgeber für die jungen Talente im Land sein. <

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