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Gemeinde-Haushaltsreform: Was bringt sie für Politik und Verwaltung?

Gemeinde-Haushaltsreform

Was bringt sie auf Gemeindeebene für Politik und Verwaltung?

von Peter Biwald

Die VRV Neu und die damit verbundene Gemeinde-Haushaltsreform bringt ab spätestens 2020 eine integrierte Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögensrechnung. Damit stehen der Politik wie auch der Verwaltung zusätzlich wichtige Informationen zur Verfügung. Dies wird sich auch in einem neuen, erweiterten KDZ-Quicktest niederschlagen, der in diesem Beitrag erstmals vorgestellt wird.

Drei-Komponenten-Rechnung

Die integrierte Drei-Komponenten-Rechnung bedeutet sowohl für Vorschlag und Rechnungsabschluss künftig einen neuen Aufbau und neue Inhalte. Die Finanzierungsrechnung baut auf dem Status auf und liefert Informationen zur Liquidität der Gemeinde und zur Finanzierung des Gesamthaushalts sowie seiner Teilbereiche. Für den Gesamthaushalt zeigt sie – wie bisher – wie weit mit dem Saldo 1 (Überschuss der laufenden bzw. operativen Gebarung) die Investitionen (Saldo 2) gedeckt werden können und wieviel für die Tilgung von Schulden sowie den Aufbau von Cash-Reserven (Rücklagen) übrig bleiben.

Die Ergebnisrechnung stellt künftig Wertverbrauch (Aufwand) sowie Wertzuwachs (Ertrag) dar. Neben den laufenden Aufwendungen kommen künftig insbesondere Abschreibungen auf das Anlagevermögen sowie die Dotierung für Rückstellungen hinzu. Das Nettoergebnis (Gewinn bzw. Verlust) zeigt für den Gesamthaushalt, wie weit die kommunalen Leistungen und die dafür erforderliche InfUDVWUXNWXUPLWHLJHQHQ0LWWHOQ¿QDQ]LHUWZHUden kann. Ist das Nettoergebnis positiv, dann hat die Gemeinde genug Erträge erwirtschaftet, ist es negativ können die Aufwendungen für kommunale Dienstleistungen und Infrastruktur nicht abgedeckt werden.

Illusionen der Kostendeckung reduzieren

Die Ergebnisrechnung wird durchgehend bis auf die Ebene der Ansätze (z. B. 240 Kinderbetreuung, 850 Wasserversorgung) geführt. Damit werden in den Gebührenhaushalten auch die Abschreibungen dargestellt. Das Ausmaß der Kostendeckung kann damit von Politik, interessierten Bürgerinnen und Bürgern, aber auch von Prüforganen, wie dem Rechnungshof, besser beurteilt werden. In den Zuschussbereichen (wie z. B. Kinderbetreuung) ist das durch Abgaben zu deckende Ausmaß umfassender erkennbar.

Überblick zum Vermögen und seiner Finanzierung

Mit der Vermögensrechnung ist künftig ähnlich einer Bilanz das gesamte Gemeinde-Vermögen (Anlage- und Umlaufvermögen) den Fremdmitteln (Schulden, Rückstellungen, Verbindlichkeiten) gegenüberzustellen. Die Differenz ist das Nettovermögen (Eigenkapital). Was bringt nun die Vermögensrechnung? Sie legt offen, welches Vermögen – insbesondere Sachanlagevermögen – die Gemeinde hat und welche Substanz sie erhalten muss. Mit den Informationen aus Vermögens- und Ergebnisrechnung kann künftig besser beurteilt werden, wie weit die Gemeinde mit ihren Investitionen und Instandhaltungen die Vermögenssubstanz erhalten kann. Weiters zeigt die Vermögensrechnung, wie die >

„Die Vermögensrechnung zeigt das Ausmaß der Substanzerhaltung und wie das Vermögen finanziert wird.“

*HPHLQGHLKU9HUP|JHQ¿QDQ]LHUWKDW±PLW Eigenmitteln (= Nettovermögen) oder mit Fremdmitteln. Das Nettovermögen ist somit keine disponible Wertgröße, sondern primär eine Finanzierungsgröße. Damit VermögensIllusionen nicht gefördert werden, ist das Vermögen – insbesondere das Sachanlagevermögen – so zu gliedern, dass die Art des Vermögens (z. B. Straßen, Schulgebäude) direkt erkennbar ist.

Reform erfordert KDZ-Quicktest-Neu

Mit der neuen Haushaltsrechnung stehen künftig zusätzliche Informationen zu Verfügung. Folglich wird auch ein wichtiges Analyse- und Steuerungstool – der KDZ-Quicktest – angepasst und weiterentwickelt.

Ausgangspunkt dafür sind wiederum die Fragen, was soll künftig gesteuert werden, ZRUDQVROOGLH4XDOLWlWGHU*HPHLQGH¿QDQ]HQ beurteilt werden. Aus Sicht des KDZ sind dies fünf Bereiche und damit verbundene Fragen:

„Die VRV Neu bringt zusätzliche Informationen. Der KDZ-Quicktest greift diese auf und integriert sie.“

1. Ertragskraft – KENNZAHL 1 Was bleibt der Gemeinde im Ergebnis

Haushalt über?

Wie weit kann mit den laufenden Erträgen die

Aufwendungen für die kommunalen Dienstleistungen und der dafür erforderlichen Infrastruktur gedeckt werden?

2. )UHLH)LQDQ]VSLW]HXQG(LJHQ¿QDQzierungskraft (Liquidität) – KENNZAHL 2

Welcher Teil der operativen Einzahlungen bleibt nach Abzug der operativen Auszahlungen und Tilgungen über?

Wie weit können die laufende Gemeindetätigkeit und die dafür erforderlichen Investitionen mit eigenen Cash-Überschüssen (Liquidität) ¿QDQ]LHUWZHUGHQ"

3. Verschuldung – KENNZAHL 3 Wie lange braucht es um die Schulden zu tilgen?

Welcher Anteil der Abgabenerträge ist für den

Schuldendienst einzusetzen?

4. Vermögensdeckung – KENNZAHL 4 Wie weit kann das Vermögen mit

HLJHQHQ0LWWHOQ 1HWWRYHUP|JHQ ¿QDQ]LHUW werden?

5. Substanzerhaltung – KENNZAHL 5 Wie weit erhalten die getätigten Investitionen die Vermögenssubstanz (Abschreibungen)?

KDZ-QUICKTEST NEU AUF BASIS VRV 2015

Kennzahl 1 • Nettoergebnis-Quote (NEQ) Kennzahl 2a • Freie Finanzspitze (FSQ) Kennzahl 2b ‡(LJHQ¿QDQ]LHUXQJVTXRWH ()4 Kennzahl 3a • Verschuldungsdauer Kennzahl 3b • Schuldentilgungsquote Kennzahl 4 • Nettovermögensquote (NVQ) Kennzahl 5 • Substanzerhaltungsquote (SEQ)

Der KDZ-Quicktest-Neu wird wiederum eine Gesamteinschätzung zum Gemeinde-Haushalt auf Basis des bewährten Noten- wie auch Punktesystems bieten.

Mit der Umsetzung rasch beginnen

+lX¿JZLUGXQVGLH)UDJHJHVWHOOWZDQQPLW der Umsetzung der Haushaltsreform begonnen werden soll. Nachdem in spätestens zwei Jahren der erste Voranschlag auf Basis der VRV Neu zu erstellen ist, muss dies rasch erfolgen. Die für den Sommer 2017 zu erwartende Novelle der VRV 2015 wird noch einige Änderungen bringen, die grundlegende Richtung steht jedoch fest und ermöglicht auch den raschen Start.

Im Mittelpunkt steht dabei die vollständige Erfassung des Gemeindevermögens und

die damit verbundene Bewertung. Dafür steht der KDZ-Vermögensbewerter auf www.praxis planer.at zur Verfügung, seit April 2017 in seiner dritten weiter ausgebauten Version. Seit November 2016 steht der KDZ-Leitfaden Vermögensbewertung auf www.praxisplaner.at. Mittlerweile haben die ersten Bundes länder – Burgenland und Oberösterreich – mit eigenen Leitfäden nachgezogen, die den KDZ-Leitfaden gut ergänzen. Die KDZ-Seminare zur VRV und Vermögensbewertung bieten eine gute Grundlage zum Einstieg (siehe Seite 34). Mit dem aktuellen Kontierungsleitfaden zur VRV Neu werden wir im Herbst 2017 den nächsten Baustein für eine erfolgreiche Umsetzung liefern. <

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Finanzausgleich 2017: Ein Handbuch – mit Kommentar zum FAG 2017 Helfried Bauer, Peter Biwald, Karoline Mitterer, Erich Thöni (Hrsg.)

Der Finanzausgleich ist in aller Munde. Egal ob vor, während oder nach den Verhandlungen. Es gilt für alle Interessengruppen sich das möglichst größte Stück vom Geldkuchen zu sichern und politische Machtpositionen abzustecken. Für Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ist der Finanzausgleich ein zentrales Handlungsfeld innerhalb jedes Bundesstaates, bei dem die öffentlichen Aufgaben und Ausgaben, die Verwaltungsreformen und die Verteilung der Einnahmen in zweckmäßiger Weise zu verknüpfen sind.

In diesem Handbuch zum Finanzausgleichssystem wird ein umfassender Kommentar zum Finanzausgleichsgesetz 2017 geboten. Darüber hinaus ZHUGHQGLH¿QDQ]ZLUWVFKDIWOLFKHQ$XVwirkungen der bisherigen Regelungen des Finanzausgleichssystems analysiert sowie Reformbereiche beleuchtet.

Die ersten Teile des umfangreichen Werkes beschäftigen sich mit den Grundsätzen der Verteilung von Aufgaben und Ressourcen im föderalen Bundesstaat, mit den Funktionsweisen und Evaluierungen des Finanzausgleichssystems seit 2008 und dem Kommentar zum FAG 2017.

Danach kommen Expertinnen und Experten aus verschiedenen Gebietskörperschaften und Interessenvertretungen zu Wort. Sie nehmen Stellung zum FAG 2017 und legen die unterschiedlichen Positionen und Sichtweisen dar. Hier wird deutlich, warum sich wissenschaftliche Erkenntnisse und politische Realitäten nicht so leicht auf einen Pfad einschwören können. Die zentralen Beiträge von Erich Thöni und Helfried Bauer verdeut lichen die Herausforderungen des Finanzausgleichs im Föderalismus. Es gilt JHVHW]OLFKHXQG¿QDQ]YHUIDVVXQJVrechtliche Regelungen so zu verändern, dass schlussendlich ein besserer Föderalismus für Österreich zu Tage tritt.

Der abschließende Teil widmet sich den Herausforderungen zur Reform des Finanzausgleichssystems. Hier werden die tatsächlich dringend notwendigen Diskussionspunkte angesprochen. Erörtert werden Reformmodelle im föderalen Staat zum Finanzausgleich, zur Wirkungsorientierung, zur Aufgabenorientierung, zur Abgabenautonomie und zu Transferreformen.

Die Herausgeberinnen und Herausgeber wollen hier Markierungspunkte für die weiteren Reformen anbieten. Die Beiträge des Finanzausgleichs-Symposiums, das im Jänner 2017 gemeinsam von WIFO, TU Wien und KDZ veranstaltet wurde, sind in das Handbuch HLQJHÀRVVHQ

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