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Kooperation: Ein Regionsbad für das Marchfeld

Kooperation soll Freude aufs Bad machen

Ein Regionsbad für das Marchfeld.

René Lobner

Die ehemalige Badeanlage im niederösterreichischem Gänserndorf soll zu einem gemeinsamen Regionsbad werden. Kooperation als Lösung, um kommunale Freizeit- und Sportinfrastruktur langfristig abzusichern und zu gewährleisten. Ein Beispiel, das in der Region Schule machen soll.

Über Erwartungen und Lessons Learned hat Alexandra Schantl mit René Lobner, Bürgermeister von Gänserndorf, der Standortgemeinde des neuen Regionsbades, gesprochen.

KDZ: Herr Bürgermeister Lobner, bevor wir näher auf das neue Regionsbad eingehen, können Sie kurz die Erfolgsfaktoren der Kooperation beschreiben? Bgm. Lobner: Leadership, medial überlegt, faktenbasiert und transparent.

AD PERSONAM

René Lobner ist seit 2015 Bürgermeister von Gänserndorf und als Abgeordneter zum Niederösterreichischen Landtag seit sechs Jahren tätig. Letztes Jahr wurde er zudem Obmann des Marchfelder Regionalentwicklungsvereins (MAREV). KDZ: Wie kam es zu der Kooperation? Bgm. Lobner: Vielleicht kurz vorweg: Die Gemeinden der Region Marchfeld können auf eine langjährige und erfolgreiche Kooperationsbereitschaft zurückblicken. Mit dem Vorprojekt „Gemeindekooperation in der Region Marchfeld“ wurden in wichtigen Leistungsbereichen die realisierbaren Kooperationspotenziale analysiert und gemeinsam mit den Gemeinden an deren Umsetzung gearbeitet. Die Abgabenerhebung wird mittlerweile bereits kooperativ umgesetzt. Mit dem gemeinsamen Regionsbad wurde erstmals eine Kooperation im Infrastrukturbereich auf den Weg gebracht. Dies auch vor dem Hintergrund, die Standortattraktivität der Region Marchfeld und ihrer Gemeinden weiterzuentwickeln, indem wichtige Gemeindeinfrastruktur gemeinsam genutzt und ausgebaut werden sollen. Dafür möchten wir künftig verstärkt Kosten, Nutzen und Mehrwert ausgewählter Infrastrukturbereiche für die Gemeinden und die Region Marchfeld und den ganzen Bezirk Gänserndorf herausarbeiten und Lösungen für eine gemeinsame wirtVFKDIWOLFKH%HWULHEVIKUXQJ¿QGHQ'LH%DGHanlage in Gänserndorf wurde 1980 eröffnet und war – mittlerweile in die Jahre gekommen – stark sanierungsbedürftig. Für die wichtige regionale Bedeutung in den Bereichen Schulschwimmen und Freizeitgestaltung der Bevölkerung – der Einzugsbereich beläuft sich auf ca. 109.000 Einwohnerinnen und Einwohner – galt es ein geeignetes Kooperationsmodell zu entwickeln mit >

1 Stadtgemeinde Gänserndorf (Standort des Regionsbades) und die anderen Gemeinden der Region Marchfeld: Aderklaa, Andlersdorf,

Deutsch-Wagram, Eckartsau, Glinzendorf, Groß-Enzersdorf, Gemeinde Großhofen, Haringsee, Lassee, Leopoldsdorf im Marchfeld,

Mannsdorf, Marchegg, Markgrafneusiedl, Obersiebenbrunn, Orth an der Donau, Parbasdorf, Raasdorf, Strasshof an der Nordbahn, Untersiebenbrunn, Weiden an der March, Weikendorf.

Alexandra Schantl

GHPHLQHJHUHFKWHXQGYRUDOOHP¿QDQ]LHUEDre Kostenteilung zwischen den Gemeinden erreicht werden kann. Der Schwerpunkt liegt dabei auf einem regionalen Funktionsbad.

KDZ: Wie schaut die Kooperation konkret aus? Beteiligte Partner, organisatorisch und rechtlich? Bgm. Lobner: Die beteiligten Partner des Regionsbades sollen die 23 Gemeinden der Kleinregion Marchfeld 1 bzw. weitere Gemeinden des Bezirks Gänserndorf sein. Rechtlich, organisatorisch und budgetär verbleibt das Regionsbad grundsätzlich bei der Standortgemeinde, also in Gänserndorf. Die Betriebsführung als auch das wirtschaftliche Risiko für den laufenden Betrieb übernehmen wir. Zur Minderung des Abgangs für die Standortgemeinde wird ein festgelegter solidarischer Betrag seitens der anderen Partnergemeinden übernommen. D. h., für den laufenden Betrieb des Schul- und Regions bades kommt ein Verteilungsschlüssel zum Tragen. Die Regionsgemeinden beteiligen sich somit anKDQGYRQMlKUOLFK¿[HQ.RVWHQEHLWUlJHQDP Erhalt des Regionsbades.

KDZ: .|QQHQ6LHGLH¿QDQ]LHOOH$XIWHLOXQJ näher erläutern? Bgm. Lobner: Die Kosten für Abriss und Projektierung werden vollständig von Gänsern dorf getragen, wobei man von Landesund Bundesförderungen ausgeht, zumal es sich um eine Daseinsvorsorge einer ganzen Region handelt. Nach einem transparenten Schlüssel soll dann ein Fixbetrag auf die Gemeinden der Region aufgeteilt werden, der den jährlichen Abgang der Standortgemeinde reduziert. Die Verteilung erfolgt u.a. anhand der Einwohnerzahl. Zusätzlich wird auch die Nähe zum Regionsbad in die Berechnung einbezogen.

„Mit dem gemeinsamen Regionsbad wurde erstmal eine Kooperation im Infrastrukturbereich auf den Weg gebracht.“

KDZ: War es schwierig einen gemeinsamen positiven Beschluss aller Partnergemeinden für das Regionsbad zu bekommen? Bgm. Lobner: Der gesamte Prozess hat mehr als zwei Jahre gedauert. Einen gemeinVDPHQ%HVFKOXVVIU*HPHLQGHQ]X¿Qden, ist nicht einfach und bedarf einer Vertrauensbasis untereinander und großem persönlichem Engagement einzelner, zumal die Prämisse von Anfang an gelautet hat: „ alle oder keiner“. Von einer Gemeinde gab es dann zunächst auch einen negativen Gemeinderatsbeschluss. Durch persönliche Überzeugungsarbeit und Gespräche gab es dann letztendlich auch in dieser Gemeinde einen positiven Beschluss.

KDZ: Wie konnten Sie die besagte Gemeinde überzeugen? Bgm. Lobner: Ich habe einerseits an die Solidarität appelliert, andererseits habe ich nochmals den Mehrwert des Regionsbades unterstrichen und klargemacht, dass es sich beim Projekt „Regionsbad“ um eine Daseinsvorsorge handelt und nicht um ein Spaß- und Wellnesbad.

KDZ: Können Sie den angesprochenen Mehrwert noch näher beschreiben? Bgm. Lobner: Durch die Kooperation wird einerseits der regionale Bedarf abgesichert und andererseits das regionale Angebot in der Region Marchfeld erhöht. Zudem wird eine attraktive Freizeitmöglichkeit geschaffen, die nicht nur das Schulschwimmen sichert, sondern auch dem Vereins- und Spitzensport die notwendige Infrastruktur anbietet. Mit einem Sprungturm, einer Bolderwand, Aquacross und einem versenkbarem Tauchriff werden zusätzliche Wassersportaktivitäten abgedeckt.

KDZ: Welche persönlichen Lehren haben Sie gezogen? Bgm. Lobner: Solidarität und regionales Denken ist nicht selbstverständlich, aber Voraussetzung für Kooperationen und damit auch für eine langfristige Finanzierung

kommunaler (Freizeit)Infrastrukturen. Dabei muss natürlich unterschieden werden zwischen touristischer Infrastruktur und solcher mit zentraler Versorgungsfunktion. Es ist viel persönliches Engagement erforderlich und man muss immer wieder Überzeugungsarbeit leisten. Auch die Bereitschaft „leere Kilometer“ zu gehen, muss vorhanden sein. Eines ist aber auch klar– die Kooperation wäre ohne, dass Gänserndorf den Löwenanteil der Finanzierung und damit das wirtschaftliche Risiko übernimmt, von vornherein zum Scheitern verurteilt gewesen.

KDZ: Was sollten Kolleginnen und Kollegen beachten oder wissen, wenn Sie eine ähnliche Kooperation auf die Beine stellen möchten? Bgm. Lobner: Essentiell für eine erfolgreiche Umsetzung ist eine überlegte Öffentlichkeitsarbeit. Erst wenn das Projekt steht, sollte es nach außen und über die Medien kommuniziert werden, um in Ruhe vorbereiten und arbeiten zu können. Wir hatten anfänglich unsere liebe Mühe, dass wir diverse mediale Berichte, die alle auf Spekulationen und Interpretationen aufgebaut waren, und die damit verbundene Unruhe in der Bevölkerung, in den Griff zu bekommen. Wir haben uns schlussendlich in einem gemeinsamen öffentlichen Brief an die Bevölkerung und die Medien gerichtet, um Sie darüber zu informieren, dass eine gemeinsame Lösung für die Badeanlage Gänserndorf erarbeitet wird und bis auf weiteres keine Informationen seitens des Projektteams veröffentlicht werden. Erst wenn das Vorprojekt steht werde im 5DKPHQHLQHURI¿]LHOOHQ3UHVVHNRQIHUHQ] das Ergebnis präsentiert. Partnerschaft auf Augenhöhe und eine ausgewogen zusammengesetzte Arbeitsgruppe ist ebenfalls unumgänglich.

KDZ: Ist die Kooperation auf andere (Stadt) Regionen übertragbar und gibt es bereits weitere Ideen von konkreter Zusammenarbeit im Infrastrukturbereich im Marchfeld?

Kooperation ist eine Möglichkeit z. B. Freizeitinfrastruktur einer breiten Bevölkerung zur Verfügung zu stellen.

Bgm. Lobner: Ja, unser Projekt ist, so denke ich, übertragbar, aber natürlich angepasst an die Vorort-Rahmenbedingungen. Konkrete weitere Kooperationen im Infrastrukturbereich im Marchfeld sind noch nicht geplant, aber jedenfalls denkbar und das Regionsbad kann hier als Vorzeigeprojekt und Pilot dienen.

KDZ: Wann soll das Regionsbad eröffnet werden? Bgm. Lobner: Wir gehen davon aus, dass wir sofern wir alle weiteren Hürden der nächsten Wochen und Monate nehmen, spätestens zu Beginn des Schuljahres 2019/2020 den Betrieb aufnehmen können.

KDZ: Herr Bürgermeister, haben Sie noch einen abschließenden Tipp für Kolleginnen und Kollegen, die eine ähnliche Zusammenarbeit planen? Bgm. Lobner: Zwischenzeitliche Rückschläge übertauchen und immer das ferne, gemeinsame Ziel vor Augen haben. Und jedenfalls Rat und Expertisen einholen, bei jenen die Erfahrung in diesem Bereich haben.

KDZ:

Vielen Dank für das Gespräch!

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