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Digitalisierung: Der kommunale Bauhof

Der kommunale Bauhof

Vom Spaten zum selbstfahrenden Einsatzfahrzeug.

von Wolfgang Oberascher, Alexander Maimer und Philip Parzer

Wolfgang Oberascher

Alexander Maimer

Philip Parzer

Das Bild der „digitalen Revolution“ befeuert die Diskussion in allen Bereichen unserer Gesellschaft, der Wirtschaft als auch in der öffentlichen Verwaltung. Die Digitalisierung birgt dabei große Chancen als auch Grenzen, die es im Einzelfall auszuloten gilt. Selbstfahrende Einsatzfahrzeuge sind noch nicht Usus, aber welche Potenziale kann die Digitalisierung nun im Bereich der kommunalen Bau- und Wirtschaftshöfe eröffnen?

Der Begriff Digitalisierung bezeichnet im ursprünglichen Sinn das Umwandeln von analogen Werten in digitale Formate. Also: Wenn Ihre MitarbeiterInnen bisher ihre Stundennachweise auf Handzetteln geschrieben haben und sie nun ihre Leistungen über das Handy erfassen, dann ist am Bauhof die Zeit- und Leistungserfassung digitalisiert.

Jene Bauhöfe, die die Zeit- und Leistungserfassung digitalisiert haben, berichten über zahlreiche Vorteile, aber auch Hürden. Zum einen kann der Administrationsaufwand durch den Wegfall von Mehrfacherfassungen deutlich reduziert werden (Ebene MitarbeiterInnen, Bauhofleitung, Personalverrechnung und Buchhaltung). Zum anderen birgt die Transparenz Vorbehalte in Richtung „gläserne/r Mitarbeiter/in“ und die MitarbeiterInnen müssen diese technischen Hilfsmittel auch richtig bedienen können. Ein sorgfältiges Planen ist bei der Umstellung wesentlich.

„Die digitale Zeit- und Leistungserfassung hat einen großen Mehrwert, da doppeltes Erfassen nicht mehr nötig ist.“

Keine Zukunftsmusik

Sieht man sich in Österreichs Städten und Gemeinden um, findet man schnell erste Ansätze von zukunftsträchtigen Bauhöfen. Zugegebenermaßen, der voll digitalisierte Bauhof ist noch nicht die Regel, aber erste Basispunkte lassen sich bereits heute, in weiter Verbreitung, von Vorarlberg bis ins Burgenland, ausmachen.

Im Folgenden einige good-practice Beispiele.

1Service-Apps –der schnelle Einzelauftrag

Der digitalisierte Bauhof beginnt nicht im

Bauhof, sondern bei der Bürgerin bzw. beim

Bürger. Entdeckt ein/e Bürger/in einen fehlerhaften Lichtpunkt, bieten zahlreiche Gemeinden bereits die Möglichkeit, die beschädigte

Straßenlaterne unmittelbar über ihr Smartphone zu melden. Service-Apps wie „Schau auf Linz“ oder „Schau auf Graz“ erlauben direkt ein Bürgeranliegen einzubringen. Das elektronische Anliegen wird an den Bauhof weitergeleitet, dieser kann daraus einen direkten Auftrag ableiten.

MitarbeiterInnen des Bauhofs, die mit mobilen Endgeräten (idR. Smartphones oder

Tablets) ausgestattet sind, erhalten anschließend direkt den Arbeitsauftrag. Der Auftrag wird angenommen und dabei wird automatisiert ein Kostenträger im Hintergrund erstellt, auf welchen die erforderliche Arbeitsleistung gebucht werden kann. Damit wird ebenfalls transparent, welcher Aufwand hinter einzelnen Aufträgen und Erledigungen steht.

Der Vorteil dieses durchgehend digitalisierten Prozesses ist der Faktor der Unmittelbarkeit.

Eine Partie muss etwa nicht zur Auftragsverteilung einfahren, sondern erhält diese direkt und kann unmittelbar darauf reagieren.

2Zugangslösungen –24 Stunden geöffnet

Bürgerorientierung wird in Österreich durch die Bank groß geschrieben – ohne Zweifel.

Dass Bürgerorientierung jedoch auch etwas kostet, darf nicht vergessen werden. Digitalisierte Lösungen erlauben hier automatisierte

Systeme, mit welchen die Kosten begrenzt werden können. Dabei ist an digitale Zugangslösungen zu denken z. B. zu einem

Altstoffsammelzentrum. Mit einer Berechtigungskarte kann dieses rund um die Uhr genutzt werden – ebenfalls kann über die

Karte erfasst werden, in welchem Ausmaß das Sammelzentrum durch Berechtigte genutzt wird.

3Betriebsmittel effizient steuern

Jeder Bauhof braucht Betriebsmittel. Sei es nun Streusalz für den Winterdienst, Schmiermittel für die Fahrzeuge oder Schutzbekleidung für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Elektronische Bestandsverwaltungsprogramme zeigen frühzeitig Engpässe und ermöglichen einen zeitgemäßen Einkauf von erforderlichen Bedarfen – oder vermeiden, dass gerade in der Winterzeit bei höheren Preisen neues Salz beschafft werden muss – also ein Aspekt der Beschaffungseffizienz.

4Sicherheit & Risikomanagement

Haftungsrisiken sind für Gemeinden stets präsente Risiken. Diese beschränken sich häufig aber nicht nur auf eine Abteilung oder

Person. In Form des Organisationsverschuldens kann sich ein Risiko bis zur

Bürgermeisterin oder zum Bürgermeister durchschlagen.

Passiert etwa ein Unfall auf einer Gemeindestraße im Winter, artet die Schuldfrage mitunter zum Streitthema aus. In Form von digitalisierten Lösungen – einer GPS

Digitalisierte Prozesse sind auch im Bauhof angekommen.

Dokumentation der Fahrwege – kann sichergestellt werden, dass die Schneeräumung in entsprechender Sorgfalt erledigt wurde und hilft somit auch im Worst Case, wenn ein Streitfall bis zum gerichtlichen Prozess eskaliert.

Auch Baumkataster mit Dokumentation der durchgeführten Pflegemaßnahmen helfen – natürlich nur sofern ordnungsgemäß durchgeführt – bei Unfällen, die Wahrnehmung der gebotenen Sorgfaltsmaßnahmen eindeutig nachzuweisen.

Automatisierte Fernwartungs- und Überwachungssysteme – beispielsweise bei Wasserwerken – zeigen an, wann in einem Hochbehälter der Wasserstand ein kritisches Niveau erreicht. Die Verständigung erfolgt vollautomatisiert an die/den zuständige/n Mitarbeiter/in, der umgehend und proaktiv tätig werden kann, um einen Trinkwasserengpass zu vermeiden.

5Energieeffizienz –Smarte Lösungen

In einem gemeindeeigenen Objekt wird nach einer Veranstaltung vergessen, ein Fenster zu schließen – kein undenkbarer Fall. Läuft dabei die Heizung und erfolgt der nächste

Kontrollgang erst nach dem Wochenende (Schulen, Kindergärten), kann sich bei mehreren Fällen über ein Jahr gerechnet eine beträchtlich negative Energiebilanz ergeben.

Mit Smart-Grid und Smart-Meter Lösungen können Objekte elektronisch überwacht werden und bei Auffälligkeiten umgehend agiert werden. Erfolgsbeispiele weisen dabei deutliche Einsparungspotentiale auf.

6Die interne Steuerung

Nicht zuletzt lässt sich durch eine digitale

Betriebsführung auch die interne Steuerung maßgeblich optimieren. Mitarbeiterstunden können effektiv über Smartphone-Lösungen erfasst und direkt auf Kostenträger gebucht werden. Leistungsbezogene Stunden können mit Standards und Katastern hinterlegt werden und zur Arbeitsplanung eingesetzt werden, Soll-/Ist-Vergleiche ermöglichen Abweichungsanalysen für die verantwortlichen Entscheidungsträger.

Und zu guter Letzt ermöglichen derartige Systeme auch eine Optimierung der Personalbedarfsplanung. Werden zusätzliche Grünflächen geschaffen, kann über den Betreuungsstandard das notwendige „Mehr“ an Leistungsstunden errechnet werden (und die damit verbundenen Kosten). Muss andererseits eine Grünfläche nicht mehr betreut werden, kann auch direkt das Konsolidierungspotential abgeleitet werden.

Digital, aber mit Hausverstand

Bei all den genannten Möglichkeiten des digitalen Zeitalters, gilt es dennoch eine überlegte Herangehensweise zur verstärkten Digitalisierung des Bauhofs zu wählen. Es sollten strukturiert die Schwachstellen eines Bauhofs identifiziert und anschließend die passenden digitalen Lösungen vorbereitet und implementiert werden. Pauschale – „onesize-fits-all“ Lösungen führen vor dem Hintergrund der Spezifika kommunaler Bau- und Wirtschaftshöfe selten zum Erfolg. <

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Gerne unterstützen wir Sie bei Ihrem Weg in das digitale Bauhofzeitalter.

Wolfgang Oberascher oberascher@kdz.or.at Alexander Maimer maimer@kdz.or.at

Philip Parzer parzer@kdz.or.at

VRV 2015 – Jetzt wird’s ernst!

Der Kontierungsleitfaden 2018 unterstützt beim Umsetzen des neuen Haushaltsrechts. von Alexander Maimer und Robert Blöschl

Alexander Maimer

Robert Blöschl

In den letzten Monaten wurde im Rahmen einer Arbeitsgruppe an einer Neuauflage des bekannten Kontierungsleitfadens für Gemeinden und Gemeindeverbände gearbeitet. Dieser wird vom KDZ nun in einer aktualisierten und erweiterten Version herausgebracht und beinhaltet bereits das neue Haushaltsrecht inklusive der im Jänner 2018 veröffentlichten Novelle zur VRV 2015.

Neuer Kontenplan für Gemeinden Mit der im Oktober 2015 veröffentlichten Voranschlags- und Rechnungsabschlussverordnung 2015 (VRV 2015) erfolgte eine grundlegende Änderung der Form und Gliederung der Voranschläge und Rechnungs

abschlüsse von Gemeinden. Die Basis des neuen Haushaltsrechts bildet ein integrierter Ergebnis-, Finanzierungs- und Vermögenshaushalt (§§ 2 und 3 VRV 2015). Während das Rechnungswesen auf Ebene der Gemeinden bisher kameral geprägt war, wird mit der VRV 2015 ein erweitertes kommunales Rechnungswesen mit doppischen Grundzügen eingeführt.

Wie auch bisher ist die Grundlage für die Veranschlagung und Verrechnung ein vorgegebener Kontenplan (früher Postenverzeichnis). Der Kontenplan der Gemeinden ist in der Anlage 3b der VRV 2015 geregelt und weicht in seiner Grundstruktur (Klassen 0 bis 9) nicht vom bisherigen Postenverzeichnis gemäß VRV 1997 ab.

Insbesondere durch die Einführung des Ergebnis- und Vermögenshaushalts ergeben sich jedoch einige neue Sachverhalte für die auch entsprechende Kontengruppen in der Anlage 3b vorhanden sind. So bildet der Ergebnishaushalt beispielsweise Geschäftsfälle ab, die einen Ertrag (Wertzuwachs) oder Aufwand (Werteinsatz) darstellen, jedoch keinen Zahlungsfluss nach sich ziehen. Für diese nicht finanzierungswirksamen Geschäftsfälle (z. B. Dotierungen von Rückstellungen) sind nun entsprechende Kontengruppen vorhanden. >

Der Kontierungsleitfaden 2018 unterstützt beim Umsetzen des neuen Haushaltsrechts.

Während es im Kontenplan zu Änderungen kommt, bleibt das Ansatzverzeichnis – also die Gliederung des Haushalts nach funktionellen Gesichtspunkten – in der bekannten Form bestehen.

Kontierungsleitfaden 2018 hilft bei der Umstellung

In den vergangenen Monaten fanden im Rahmen von zahlreichen Arbeitsgruppensitzungen Diskussionen über die Kontierung gemäß VRV 2015 statt. In die Arbeitsgruppe waren Expertinnen und Experten des Österreichischen Städtebundes und Gemeindebundes, des Bundesministeriums für Finanzen (BMF), der Gemeindeaufsichtsbehörden, der Stadt Wien sowie weiterer Städte und Gemeinden vertreten. Bei ausgewählten Themenstellungen brachte sich der Bundesrechnungshof in die Diskussionen ein.

„Die Buchungsbeispiele im Kontierungsleitfaden 2018 helfen die neue Buchungslogik zu verstehen.“

Auf Basis der Ergebnisse der Arbeitsgruppensitzungen wurde der bestehende Kontierungsleitfaden vom KDZ - Zentrum für Verwaltungsforschung aktualisiert. Ziel war es, auch in Zukunft eine weitgehende einheitliche Kontierung auf der kommunalen Ebene zu garantieren.

Bei der Aktualisierung wurde das Augenmerk auf das neue Haushaltsrecht gemäß VRV 2015 gelegt. Zudem erfolgte auch eine zeitgemäße Überarbeitung der bestehenden Inhalte. Die im Jänner 2018 veröffentlichte Novelle zur VRV 2015 wurde bei der Überarbeitung ebenfalls berücksichtigt.

Neue Inhalte

Der Kontierungsleitfaden 2018 wird wie auch bisher eine umfassende Beschreibung der Unterabschnitte und Kontengruppen jeweils inklusive eines Stichwortverzeichnisses enthalten. Neben diesen Inhalten wird es erstmals auch Buchungsbeispiele für laufende Haushaltsbuchungen und Abschluss- und Überleitungsbuchungen geben. Die Beispiele sollen dabei helfen, die neue Buchungslogik und ihre Auswirkungen auf die Haushalte besser zu verstehen.

Mit der VRV 2015 erhöht sich die Anzahl der erforderlichen Nachweise. Die bestehenden Nachweise wurden insbesondere um solche mit Bezug zur Vermögensrechnung erweitert (z. B. Rückstellungsspiegel). Um ein gemeinsames Verständnis der benötigten Daten zu schaffen, erfolgte eine Beschreibung der Anlagen zum Voranschlag und Rechnungsabschluss. Gerade weil einige Anlagen nicht automatisch durch Kontenzuordnungen aus dem System befüllt werden können, soll sichergestellt werden, dass bei der Befüllung möglichst wenige Fragen auftreten.

Abgerundet wird das Werk durch ein Glossar, welches neue Begriffe des Haushaltsrechts erläutert und so eine einheitliche Grundlage für die Umsetzung schaffen soll. Der neue Kontierungsleitfaden wird Ende Mai erhältlich sein.

Umsetzung in der Praxis

Österreichs Städte und Gemeinden beschäftigen sich bereits intensiv mit der Umstellung auf die VRV 2015. Derzeit wird insbesondere die Erfassung und Erstbewertung des Gemeindevermögens durchgeführt. Bei der Erstbewertung ergeben sich häufig Fragen, die durch die bereits bestehenden Leitfäden und im Rahmen von Seminaren beantwortet werden können. Erfahrungsgemäß ist ein wesentlicher Problembereich bei der Erstbewertung das Straßenvermögen. Da dies bei den Gemeinden in der Regel erstmalig erfolgt, sollte möglichst zeitnah begonnen werden.

Die Vermögenserfassung und das Sammeln von Daten für die Berechnung der Rückstellungen (insbesondere Rückstellungen für

Jubiläumsgelder und Abfertigungen) müssen bis Mitte 2019 abgeschlossen sein, da die ermittelten Daten in den Voranschlag für das Jahr 2020 eingearbeitet werden müssen. Der Voranschlag 2020 muss spätestens im Herbst 2019 erstellt werden.

Das KDZ unterstützt mehrere österreichische Städte und Gemeinden beim Umstieg auf die VRV 2015. Wesentliche Aufgaben sind dabei das Projektmanagement für das Gesamtprojekt „Umstieg auf die VRV 2015“, die Unterstützung bei Fachfragen der Vermögenserfassung und -bewertung sowie bei der Bildung von Rückstellungen. Darüber hinaus ist die Neudefinition von Prozessen im Rechnungswesen essentiell für einen erfolgreichen Umstieg. Neben dem Beratungs- und Seminarangebot bietet das KDZ eine Vielzahl an Praxisleitfäden und Praktikertools an. Diese sind für alle Städte und Gemeinden auf der Homepage www.praxisplaner.at kostenlos abrufbar. <

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Alexander Maimer maimer@kdz.or.at Robert Blöschl bloeschl@kdz.or.at

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