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EU-Förderungen: Gestärkt aus der Krise

Gestärkt aus der Krise

Warum auch in Österreich an EU-Mitteln kein Weg vorbeiführt.

von Alexandra Schantl und Nikola Hochholdinger

Alexandra Schantl

Nikola Hochholdinger

Einen Betrag von 1,8 Billionen Euro nimmt die Europäische Union in den kommenden sieben Jahren in die Hand, um Europa aus der Krise zu führen und wieder auf Schiene zu bringen. Mit beinahe doppelt so vielen Mitteln wie für den Zeitraum 2014–2020 ist zu Recht vom größten EU-Konjunkturpaket aller Zeiten die Rede. Damit soll Europa „grüner, digitaler und krisenfester“ werden.

Neben den klassischen EU-Förderungen und Finanzierungen des mehrjährigen EU-Haushaltes (2021–2027) wie etwa den EU-Strukturfonds oder den thematischen Förderprogrammen (z.B. das EU-Umweltprogramm LIFE oder das EU-Bildungsprogramm ERASMUS) gibt es ein zeitlich befristetes Aufbau-Instrument, das unter dem Namen „NextGenerationEU“ firmiert. 750 Milliarden Euro ist dieses Finanzierungspaket schwer und setzt sich aus drei Komponenten zu sammen:

2.

REACT-EU, die Corona-Aufbauhilfe für den sozialen und territorialen Zusammenhalt, im Rahmen derer zusätzliche Mittel in der Höhe von 47,5 Milliarden Euro über den ESF

1, den EFRE

2 und den FEAD

3 bereit-

gestellt werden.

3. Last but not least werden weitere Programme wie etwa das EU-Forschungsprogramm HORIZON Europe, InvestEU, das

Nachfolgeprogramm des Juncker-Fonds oder der ELER4 bis 2022 massiv aufgestockt, um die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen

Auswirkungen der Corona Pandemie abzufedern.

Was bedeuten diese Zahlen nun für Österreich und inwieweit können diese Mittel dazu beitragen, auch Österreichs Städte und Gemeinden aus der Krise zu führen und nachhaltig resilienter zu machen? Gleich vorweg, es zahlt sich jedenfalls aus, an die aktuellen und neuen EU-Fördermittel zu

1.

Der Aufbau- und Resilienzfazilität mit

Darlehen und Zuschüssen in der Höhe von knapp 673 Milliarden Euro, um notwendige Post-Corona Reformen und Investitionen in den Mitgliedstaaten anzustoßen.

„EU-Mittel zur Stärkung der Gemeindeebene einsetzen.“

1 Europäischer Sozialfonds. 2 Europäischer Fonds für Regionale Entwicklung. 3 Europäischer Hilfsfonds für die am stärksten benachteiligten Personen. 4 Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes. 5 Gemäß europäischer Mittelzuweisung liegt der österreichische

Anteil an der EU-Aufbau- und Resilienzfazilität bei rund 3,5 Mrd. Euro. denken, auch wenn vieles noch in Schwebe ist. Ein Umstand, der im Übrigen auch Corona geschuldet ist. Eine stockende Programmplanung auf nationaler Ebene, zieht den Genehmigungsprozess auf euro päischer Ebene in die Länge und verzögert damit naturgemäß auch den Programmstart von EU-Förderungen.

Der nationale Aufbau- und Resilienzplan und REACT-EU

4,5 Milliarden

5

Euro möchte Österreich aus der EU-Aufbau- und Resilienzfazilität lukrieren und hat dafür am 30. April 2021 seinen nationalen Wiederaufbauplan an die Euro päische Kommission übermittelt. Der Fokus liegt dabei auf Investitionen in den

Klimaschutz mit 46 Prozent und in die Digitalisierung mit 41 Prozent der veranschlagten Mittel. Allein für den Breitbandausbau möchte Österreich 890 Mio. Euro von der EU abholen. Für Städte und Gemeinden liegen die Förderpotenziale des Plans primär im Bereich Klimaschutz, Bildung und Pflege. Knappe 300 Mio. Euro sollen in die Förderung von emissionsfreien Bussen und Nutzfahrzeugen sowie von E-Ladeinfrastrukturen fließen und mit zusätzlichen 28,4 Mio. Euro aus dem EU-Topf möchte man die Elementarpädagogik weiter ausbauen. Unter dem Titel „resiliente Gemeinden“ sollen einerseits Maßnahmen unterstützt werden, die dazu beitragen, Stadt- und Ortskerne „Klima-fit“ zu machen. Andererseits soll das System des sogenannten „Community Nursing“ aufgebaut werden. Insgesamt wurden dafür 104 Mio. Euro bei der EU beantragt.

Schließlich können Städte und Gemeinden auch den Investitionsfonds „Klimafitte Kultur-

„Für Städte und Gemeinden liegen die Förderpotenziale des nationalen Aufbau- und Resilienzplans vorrangig in den Bereichen Klimaschutz, Bildung und Pflege.“

betriebe“ für ihre eigenen Kulturinfrastrukturen nutzen. Dieser ist mit 15 Mio. Euro dotiert. Wieviel Geld Österreich tatsächlich aus der EU-Aufbau- und Resilienzfazilität zugewiesen wird, hängt letztlich aber nicht bloß von der endgültigen Wirtschaftsentwicklung in Österreich zwischen 2019 und 2021 ab, sondern auch davon, ob die Europäische Kommission den Plan in seiner jetzigen Ausgestaltung genau so genehmigt.

Aus dem REACT-EU Instrument stehen für das Jahr 2021 zusätzliche 219 Mio. Euro zur Verfügung. Damit wird das laufende Programm „Investitionen für Wachstum und Beschäftigung“ (IWB/EFRE) um 124 Mio. Euro oder ein Viertel aufgestockt, um regionale Projekte zu unterstützen. Entsprechend der regionalen Verteilung der EFRE-Mittel kann die Steiermark aus diesem Topf mit 29 Mio. Euro rechnen, Niederösterreich mit 23 und Oberösterreich mit 18 Mio. Euro. Projekte können bereits seit Anfang Mai eingereicht werden.6 Knapp die Hälfte dieser Mittel betreffen KMU-Förderungen im Pro-

6 Die zuständigen Förderstellen sind unter www.efre.gv.at/foerderungen/foerderkompass zu finden, Details zu den Fördermaßnahmen unter www.efre.gv.at/foerderungen/massnahmen.

Die Corona-Krise mit Hilfe von EU-Mitteln überwinden.

Foto: iStock

duktionssektor und im Tourismus. Ein weiteres Viertel soll in inner- und überbetriebliche Forschungs- und Innovationskapazitäten fließen. Gut ein Fünftel betreffen Klimaschutzmaßnahmen. Damit können beispielsweise thermische Gebäudesanierungen oder Sanierungen von Gebäudehüllen einschließlich Verschattungssysteme mehrgeschoßiger Wohnhäuser unterstützt werden. Förderfähig wären hier auch relevante Eigenbetriebe von Gemeinden. Im Bereich nachhaltige Stadtentwicklung können bauliche Maßnahmen gefördert werden, die zur Attraktivierung des Raumes hinsichtlich der Aufenthaltsqualität beitragen, wie etwa die Verbesserung der Freiflächensituation oder eine bessere Durchwegung insbesondere zu öffentlichen Einrichtungen. Aber auch Investitionen in Stationsbereiche des öffentlichen Verkehrs sind förderfähig.

Klimaschutz und Digitalisierung im Fokus

Klimaschutz (Stichwort EU-Green Deal) und Digitalisierung stehen auch bei den anderen EU-Förderinstrumentarien für die kommenden sieben Jahre ganz oben auf der Agenda. Beinahe über alle Programme werden EUMittel verstärkt in klimarelevante Investitionen und Maßnahmen fließen. Im Bereich Digitalisierung gibt es mit „Digital Europe“ nicht nur ein eigenes neues Programm, sondern auch die EU-Programme für Forschung und Entwicklung, Kultur, Verkehr oder Energie weisen eigene Digitalisierungsförderschienen auf. Fördermöglichkeiten, die auch von Österreichs Städten und Gemeinden genutzt werden sollten, um resilient und nachhaltig zu investieren. Welche städtischen Potenziale die neuen EU-Strukturfondsprogramme bzw. das künftige Programm für die ländliche Entwicklung in Österreich haben werden, ist momentan noch nicht wirklich einschätzbar, da die Programmierung noch im Gange ist. Fest steht, dass nachhaltiger Stadtentwicklung im Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) ein eigenes politisches Ziel gewidmet ist und zumindest sechs Prozent der EFRE-Mittel dafür Zweck zu widmen sind. Durch die stärkere Unterstützung funktionaler Räume in den EU-Verordnungen sowohl innerhalb der Mitgliedstaaten als auch im Rahmen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit erhöhen sich zudem die Fördermöglichkeiten für Österreichs Stadtregionen. Dies gilt insbesondere auch für das neue Programm für die ländliche Entwicklung. Hier ist im Rahmen von LEADER geplant, die Förderfähigkeit auf Städte bis 70.000 Einwohner Innen auszuweiten. Zudem soll eine neue Maßnahme Investitionen in die Stärkung von Stadt- und Ortskernen ermöglichen und soziale Dienstleistungen sollen weiterhin gefördert werden. Letztere Förderoptionen betreffen allerdings weiterhin ausschließlich Städte und Gemeinden mit einer maximalen Einwohnerzahl von 30.000.

Ausblick

„Resilienz“ ist spätestens seit der aktuellen Corona-Krise in aller Munde und die „krisenfeste Stadt“ hat die „nachhaltige Stadt“ im öffentlichen Diskurs abgelöst, obwohl Resilienz ein zentraler Indikator für Nachhaltigkeit ist. Resilienz bedeutet nicht nur akutes „Krisen management“, sondern auch „Krisenprävention“. Um die Corona-Krise zu überwinden, bedarf es also nicht bloß ausreichender finanzieller Mittel, sondern auch zukunftsgerichteter Investitionen. Dafür sollten die zur Verfügung stehenden EU- Mittel bestmöglich genutzt werden, auch von Österreichs Städten und Gemeinden, um gestärkt aus der Krise zu kommen.

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