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Förderungen: Transparenz ist gefragt

Förderungen transparent machen!

Fehlende einheitliche Definitionen und Open Data Formate erschweren zusätzlich

das Sichtbarmachen. von Thomas Prorok

Österreich ist ein Förderdschungel. 2.393 Förderleistungen listet die Transparenzdatenbank auf, 605 vom Bund, 1.698 von den Ländern. Ein umfassender Überblick über die Förderungen der Gebietskörperschaften ist nicht vorhanden. Hauptursache dafür sind die unterschiedlichen Definitionen von Förderungen, die zur Anwendung kommen.

Das Europäische System der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG2010) zeigt, dass Österreich 2015 5,4 Prozent des BIP für staatliche Förderungen ausgab. Das sind 18,2 Mrd. Euro. Der Durchschnitt der Eurozone lag bei 4,9 Prozent. Ein Senken der Österreichischen Förderungen auf das Niveau der Eurozone würde demnach theoretische Einsparungen von 1,7 Mrd. Euro bedeuten.

Problem bei dieser Berechnung ist, dass das ESVG keinen Förderbegriff kennt, sondern alle Subventionen, Vermögenstransfers und „sonstige laufende Transfers“ des Gesamtstaates zusammenfasst. Subventionen sind Zahlungen des Staates an Unternehmen, welche hierfür keine direkte Gegenleistung erbringen. Dies betrifft zum Beispiel die Arbeitsmarktpolitik, Forschungsprämien, Landwirtschaftsförderungen und den Personennah- und Regionalverkehr.

Vermögenstransfers sind vor allem Investitionszuschüsse (z. B. U-Bahnbau, Hochwasserschutz), Schuldenübernahmen von ausgegliederten Einrichtungen und Kapitalzuschüsse. „Sonstige laufende Transfers“ sind Zuschüsse des Staates an private Organisationen ohne Erwerbscharakter (z. B. V ereine), private Haushalte (ohne Sozialtransfers) sowie die internationale Zusammenarbeit (inkl. EU-Beiträge).

„Unterschiedliche Begriffsverwendungen führen zu unterschiedlichen Berechnungen, die teils drastisch voneinander abweichen.“

Unter Subventionen, Vermögenstransfers und „sonstigen laufenden Transfers“ werden also auch Posten eingerechnet, die nicht als Förderungen zu kategorisieren sind beziehungsweise in anderen Staaten unterschiedlich organisiert sind: z. B. Öffentlicher Verkehr, EU-Beiträge, Zahlungen an ausgegliederte Einrichtungen. >

in Mio Euro

Bund Länder Gemeinden Sozialversicherungen Sektor Staat Subventionen

3.179,0 889,1 485,6 126,6 4.680,3 Vermögens- transfers 2.591,1 880,7 880,4 133,6 4.359,3 Sonst. laufende Transfers 4.854,6 2.512,9 1.755,7 53,7 9.176,9 Summe

10,624,7 4.282,7 3.121,7 187,3 18.216,5 in % des BIP 3,1 1,3 0,9 0,1 5,4

Tab. 1: Förderungen gemäß Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnung (ESVG 2010) für 2015 Quelle: Förderbericht des Bundes 2016 [nachgebaut]

in Mio Euro Förderungen Gesamtauszahlungen Bund Anteil

Tab. 2: Förderungen des Bundes Erfolg 2013 5.157,2 75.566,7 6,8% Erfolg 2014 5.299,2 74.652,5 7,0% Erfolg 2015 4.876,6 74.589,5 6,5% BVA 2016 5.613,4 76.452,2 7,3%

Quelle: Förderbericht des Bundes 2016 [nachgebaut]

Die Unterschiede sind beträchtlich. Die Summe der „Förderungen“ des Bundes sektors gemäß ESVG beträgt 10,6 Mrd Euro. Im gleichen Jahr 2015 weist der Förderbericht des Bundes hingegen nur 4,9 Mrd. Euro aus.

Zu den unterschiedlichen Fördersummen kommt es, da der Förderbericht des Bundes die Förderdefinition des Bundeshaushaltsgesetzes (§ 30 Abs. 5 BHG 2013) heranzieht: „Unter einer Förderung ist der Aufwand für zins- oder amortisationsbegünstigte Gelddarlehen, Annuitäten-, Zinsen- oder Kredit kostenzuschüsse sowie sonstige Geldzuwendungen zu verstehen, die der Bund einer natürlichen oder juristischen Person für eine von dieser erbrachten oder beabsichtigten Leistung, an der ein erhebliches, vom Bund wahrzunehmendes öffentliches Interesse besteht, gewährt.(…) ohne dafür unmittelbar eine angemessene geldwerte Gegenleistung zu erhalten.“

Neben den Definitionen des Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (ESVG) und des Bundeshaushaltsgesetzes (BHG 2013) gibt es noch weitere Förderdefinitionen im Transparenzdatenbankgesetz 2012 (TDBG 2012), den Allgemeinen Rahmenrichtlinien für die Gewährung von Förderungen aus Bundes mitteln (ARR 2014) und der Voranschlagsund Rechnungsabschlussverordnung (VRV 2015) für Länder und Gemeinden. Bestre-

„Die VRV 2015 wird die Förderabgrenzungen an das Bundeshaushaltsgesetz angleichen.“

bungen zur Harmonisierung sind vorhanden. Mit der Umsetzung der VRV 2015 wird es zu einer Angleichung der Förderabgrenzungen an das Bundeshaushaltsgesetz kommen.

Förderungen der Bundesländer Während der Bund mit einem eigenen jährlichen Förderbericht versucht, Transparenz über die Förderausgaben herzustellen, zeigt sich bei den Bundesländern ein differenziertes Bild. Die Steiermark verfügt über einen gesamthaften Förderbericht ähnlich dem Bund. Auf den Websites von Oberösterreich und Tirol finden sich alle Förderungen als Einzel-PDFs oder Einzellinks. Wien und Land Salzburg veröffentlichen Subventionsberichte, welche einen Überblick über Subventionen ohne gesetzliche oder rechtsverbindliche Verpflichtung ermöglichen. All diesen Berichten gemeinsam ist die geringe Übersichtlichkeit. Teilweise fehlen Gesamtsummen und die Anforderungen von Open Data werden weder von Bund noch den Ländern erfüllt.

Förderungen der Städte Ein ähnliches Bild zeigt sich auch auf der kommunalen Ebene. Förderberichte sind rar. Jedoch gibt es Vorreiter wie die Städte Salzburg, Linz, Wels und Bregenz, welche die kommunalen Förderungen auf der Plattform offenerhaushalt.at detailliert veröffentlichen.

Die Plattform offenerhaushalt.at weist bei den Förderungen die Transfers der Städte an die Länder für Sozialhilfe, Mindestsicherung, Behindertenhilfe, Jugendwohlfahrt, Spitäler und Landesumlage aus. Diese machen – im Falle der Stadt Salzburg – mit 88 Mio. Euro die Hälfte der Förderauszahlungen aus.

Um mehr Transparenz in die kommunalen Förderungen zu bringen, sollten weitere Städte das Angebot der Plattform offenerhaushalt.at nutzen und ihre Förderungen darstellen. Diese Transparenz ist notwendig, um die Förder- und Transfersysteme weiterzuentwickeln. So haben die Gemeinden Österreichs 2015 insgesamt 1,47 Mrd. Euro an Förderungen ausbezahlt, an private Haushalte, Organisationen ohne Erwerbszweck und Unternehmen. Das sind 6,9 Prozent der kommunalen Gesamtausgaben. Die größten kommunalen Förderbereiche sind Daseinsvorsorge und ihre Betriebe, Soziales, Kultur, Schule, Kinderbetreuung und Sport. Allerdings machen alleine die Sozialtransfers an andere Gebietskörperschaften – hauptsächlich Länder – mit 1,38 Mrd. Euro annähernd gleich viel aus wie die kommunalen Förderungen. Insgesamt wenden die Gemeinden für verpflichtende intergovernmentale Transfers mit 3,43 Mrd. Euro mehr als das Doppelte der Förderungen auf. Der Spielraum für die Gemeinden bei Förderungen ist demnach ein geringer.

Nächste Schritte Was wir jetzt brauchen ist mehr Transparenz. Nur damit lässt sich der Förderdschungel lichten. Bund, Länder und Gemeinden sollten Förderberichte erstellen und die Informationen in Open Data Formaten veröffentlichen. Städte und Gemeinden können hierfür die Plattform offenerhaushalt.at nutzen und ihre Förderungen transparent machen. <

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Finanzausgleich 2017

Die „Baustellen “ werden in die Arbeitsgruppen verlagert.

von Karoline Mitterer

Das neue Finanzausgleichsgesetz 2017 ist etwa ein Jahr in Kraft. Kennzeichnend ist, dass viele Reformprojekte grundsätzlich fixiert wurden, deren Detailausarbeitung jedoch in Arbeitsgruppen verlagert wurde. Für die Gemeindeebene von besonderer Bedeutung sind hierbei die Aufgabenorientierung bei den Gemeinde-Ertragsanteilen sowie die Reform der Länder-Gemeinden-Transferbeziehungen. Der folgende Beitrag soll einen Überblick über die noch offenen Reformbereiche geben.

Mit dem FAG 2017 wurden erste Schritte einer Finanzausgleichsreform gesetzt. Konkrete Ergebnisse der Fortführung des Reformprozesses lassen aber noch auf sich warten.

Reformen der Länder-GemeindeTransfers stehen noch aus Mit dem FAG 2017 wird eine klare Verantwortlichkeit der Länder 1 geschaffen, einen

Tab. 1: Offener Reformbedarf bei LänderGemeinde-Transferbeziehungen nach dem FAG 2017 reformierten Ressourcenausgleich zwischen den Gemeinden herzustellen, welcher auf bestehende landesrechtliche Finanzkraftregelungen Bedacht nimmt. Konkretere Ausführungen, wie die Länder dieser Verantwortung nachkommen sollen, erfolgten nicht. So ist nicht geklärt, in welchem Ausmaß etwa die ressourcenausgleichenden Wirkungen der Umlagen bei einer Neuregelung miteinzubeziehen sind. Ebenso ungeklärt ist, ob und wieweit hierfür ein gemeinsamer Beratungsprozess mit den Vertretern der regionalen Verbände von Gemeindebund und Städtebund geführt werden wird. 2

Nicht zuletzt aufgrund dieser unklaren Zielvorgaben lassen die Ergebnisse der Reformen der Länder-Gemeinde-Transfers auf sich warten. In Anbetracht der bescheidenen Ergebnisse des FAG 2017 bleibt eine Gesamtreform der Transfers daher auf der

1

2 Vgl. Pkt. 6 der Erläuterungen zum Entwurf des FAG 2017: Vgl. Kremser/Sturmlechner/Wolfsberger: Zum Paktum des Finanzausgleichs 2017, 2017, S. 209. Leiss u. Gschwandtner: Finanzausgleichsgesetz 2017 bis 2021, 2017, S. 352.

Quelle: Eigene Darstellung auf Basis Finanzausgleichsgesetz 2017 und Paktum über den Finanzausgleich ab dem Jahr 2017.

Tagesordnung. Um diese voranzutreiben, wäre nun ein politischer Beschluss für einen Grundrahmen einer Länder-Gemeinde-Transferreform notwendig, welcher insbesondere eine Transferreduzierung und -entflechtung sowie eine stärkere Ausrichtung der Transfers an abgestimmten konkreten Zielen vorsehen muss. 3

Aufgabenorientierung lässt auf sich warten Mit dem Finanzausgleich 2017 wurde die Elementarbildung (Kinder bis sechs Jahren) als Pilotprojekt für eine verstärkt aufgabenorientierte Finanzierung auf Gemeindeebene festgelegt (Teil 1 in Tabelle 2). Die Ausarbeitung einer konkreten Regelung war für September 2017 geplant. Ein Jahr später soll ein zweites Projekt im Bereich Pflichtschulen folgen. Die Beratungen der zur Umsetzung einberufenen Arbeitsgruppe sind jedoch noch nicht abgeschlossen.

Vgl. Biwald, Haindl, Mitterer: Transferreformen auf Länder- und Gemeinde-Ebene, 2017, S. 507 ff. Noch ungeklärt ist v. a. die Frage, wie eine aufgabenorientierte Mittelverteilung in die bestehende Ertragsanteilsverteilung integriert werden kann, ohne massive Eingriffe in die bestehenden Verteilungswirkungen auf die Gemeinden nach sich zu ziehen. Bezweifelt wird auch, ob die Datenqualität der Kindertagesheimstatistik ausreicht, um daran die Finanzierung zu knüpfen. Aufgrund unterschiedlicher länderweisen Erhebungen zur Kindertagesheimstatistik (KTH-Statistik) ist die Datenqualität bundesweit nicht einheitlich (z. B. Definition der Gruppe, Altersstruktur in der Gruppe). Ebenfalls ungeklärt ist die Wahl und Gewichtung von Indikatoren, da die Auswahl der Indikatoren von der unterschiedlichen Interessenlage der Verhandlungspartner erschwert wird und kein gemeinsames Steuerungsziel definiert wurde. Auch fehlen fundierte Referenzwerte, um Gewichtungen der Indikatoren festzulegen.

Die beschriebenen Umsetzungsprobleme ergeben sich vor allem aufgrund einer fehlenden Zieldebatte zur Aufgabenorien

Tab. 2: Weitere wichtige offene Maßnahmen des Finanzausgleichs 2017

Quelle: Eigene Darstellung auf Basis Finanzausgleichsgesetz 2017 und Paktum über den Finanzausgleich ab dem Jahr 2017.

tierung und einer zu engen Sichtweise des intendierten aufgabenorientierten Finanzausgleichs, welche die Wechselwirkungen mit anderen Finanzausgleichselementen zu wenig berücksichtigt. Wichtig wäre daher ein politischer Grundsatzbeschluss, welche konkreten Zielsetzungen mit einem aufgabenorientierten Finanzausgleich im Bereich der Elementarpädagogik – und dann auch bei der Pflichtschule – verbunden sind. Dazu bedarf es Klarheit, welche sachpolitischen Ziele (z. B. Betreuungsqualität, Versorgungsumfang) im Kinderbetreuungsbereich und welcher Grad der Erfüllung formaler Finanzausgleichsziele (z. B. Effizienz) erreicht werden sollen.

„Bescheidene Ergebnisse, noch keine Basis für eine Bundesstaatsreform.“

Abgabenautonomie in sehr kleinen Schritten Im Bereich der Abgabenautonomie (Teil 2 in Tabelle 2) konnte die Verländerung des Wohnbauförderungsbeitrages umgesetzt werden. Deutlich weniger rasche Ergebnisse zeigen sich im Bereich der Reform der Grundsteuer, für deren Umsetzung eine Arbeitsgruppe einberufen wurde. Die Arbeit der Arbeitsgruppe läuft noch, da insbesondere das Lösen technischer Details einem raschen Abschluss entgegensteht. Inwieweit dann ein zügiger politischer Beschluss erfolgen kann, wird die Zukunft zeigen.

Neue Steuerungsansätze noch offen Im Zusammenhang mit der im Paktum über den Finanzausgleich 2017 erneut angesprochenen Bundesstaatsreform (Teil 3 in Tab. 2) wurden Spending Reviews und Benchmarking als Instrumente der Aufgabenkritik vereinbart. Sie bilden u.a. Voraussetzungen für das Realisieren von Effizienzpotenzialen sowie für das Entflechten von Trägerschaft und Finanzierung bei einzelnen gemeinschaftlich wahrgenommenen Aufgaben. Als Pilotprojekte für Spending Reviews wurden die Themen Siedlungswasserwirtschaft sowie Schulgesundheit gewählt, deren Bearbeitung jedoch erst startet. Hinsichtlich Benchmarking zwischen Bund, Ländern und Sozialversicherungen zeigen sich noch keine konkreten Ergebnisse. Eine Arbeitsgruppe zur Bundesstaatsreform wurde noch nicht einberufen.

Für die Zukunft:

Reformziele definieren

Die bisherigen eher bescheidenen Ergebnisse lassen befürchten, dass der bei der Präsentation angekündigte „Einstieg in den Umstieg“ 4 nicht ausreichend fortgeführt wird. Wichtige Meilensteine wie etwa die Aufgabenorientierung, die Reform der Grundsteuer oder die Reform der Länder-GemeindeTransferbeziehungen konnten bisher noch nicht innerhalb des gesetzten Zeitplanes umgesetzt werden. Eine baldige Realisierung kann bezweifelt werden.

Die mit dem Finanzausgleichspaktum und dem FAG 2017 gesetzten ersten Impulse für Reformen gilt es jedoch fortzuführen. Hierzu muss aber klar sein, in welche Richtung und auf welchem Weg sich die Reformen konkret entwickeln können. Mit dem FAG 2017 zeigt sich eine Vielzahl an kleinen Schritten, welche jedoch an der überholten Grundausrichtung des Finanzausgleichs nicht rütteln. Vielmehr wiedersprechen sich die einzelnen Maßnahmen teilweise, es besteht keine gesamthafte Reformbestrebung. An diesem Punkt gilt es anzusetzen. Es bedarf daher eines klaren Rahmens, innerhalb dessen sich weitere Reformen – etwa in einzelnen Aufgabenbereichen – entwickeln können.

Insgesamt bedarf es mehr Bewusstsein für eine stärker an Zielen ausgerichtete Steuerung und einen breiteren Blick auf das Finanzausgleichssystem. Es bedarf mehr Kooperation und Koordination im Reformprozess sowie ein Mehr an politischer Ambition und Engagement. < Kommentar senden

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