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Schweden – Orientierungshilfe für Österreich?

jährlich). Die anderen Säulen des Pensionsmodells sind erwerbs- und leistungsabhängig und erhöhen die Pension. Diese kann übrigens erst ab dem 65. Lebensjahr bezogen werden, das Pensionsantrittsalter ist für Männer und Frauen gleich.

2. Es gibt mehr Menschen im Arbeitsprozess = mehr Steuerzahler

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Das erklärte Ziel der schwedischen Regierung ist es, die Frauen im Arbeitsmarkt zu halten. Um dies zu erreichen, wird viel in eine qualitätsvolle Kinderbetreuung investiert. Schweden hat die höchste Frauenerwerbsquote in der EU und hat dennoch eine der höchsten europäischen Geburtenraten. Der Beruf der Hausfrau ist praktisch ausgestorben, Frauenerwerbsarbeit ist eine gesellschaftliche Selbstverständlichkeit. Wie weit die Unterstützung der arbeitenden Eltern geht, zeigt der Anspruch auf 120 (!) Tage Pflegeurlaub im Jahr. Teilzeitarbeit ist verbreiteter als bei uns – und zwar sowohl bei Männern als auch Frauen. Je nach familiären Bedürfnissen kann das Ausmaß der Teilzeitarbeit verändert werden. Die hohe Erwerbsquote gemeinsam mit dem späten Pensionsantrittsalter führt zu einem hohen Steuereinkommen, das wiederum die hohen Sozialleistungen finanzieren kann.

3. Der Wirtschaftstandort Schweden boomt

– und zwar trotz der hohen Steuerlasten für Betriebe. Das Land hat mit seinen starken Gewerkschaften (Schweden hat den höchsten Organisationsgrad der Welt!) ein relativ hohes Lohnniveau und gute Arbeitsschutzbedingungen. Doch für viele internationale Firmen sind die gut ausgebildeten A r b e i t n e h m e r I n n e n und die hohen Forschungsausgaben des Staates viel wichtiger als das hohe Niveau der Löhne und Steuern. Die wirtschaftliche Krise der frühen 90er Jahre konnte durch maßvolle und sozial verträgliche Einschnitte in das Sozialsystem sowie durch große Investitionen in eine aktive Arbeitsmarktpolitik und in den Bildungsbereich bewältigt werden. Die Arbeitslosenzahl sank von 10 % auf ein niedrigeres Niveau, das allerdings immer noch über dem Österreichs liegt. Innerhalb weniger Jahre erreichte Schweden wieder einen Spitzenplatz in den Wirtschaftsdaten der EU. Sowohl das Wirtschaftswachstum als auch die Entwicklung der Löhne liegen seit 2001 über dem Niveau Österreichs, zugleich ist das Budgetdefizit geringer.

Stabiler Sozialstaat

Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Schweden seine Krisen in der Vergangenheit gemeistert hat, ohne die Kernpunkte des schwedischen Sozialstaats aufzugeben. Immer noch ist Schweden das Land, in dem der Unterschied zwischen Arm und Reich weltweit am geringsten ist. Das soziale Netz ist noch immer ausreichend eng geknüpft und die Staatsfinanzen sind trotzdem ausgeglichen. Daher sind auch von der neuen Regierungskonstellation trotz einiger sozialpolitischer Einschnitte keine substanziellen Änderungen zu erwarten. ❖

Bei uns neu, in Schweden schon seit Generationen: „weibliche“ Verkehrsschilder. VORBILDLICHES GESETZ ÜBER DIE PRESSEFREIHEIT FÖRDERT DIE POLITISCHE UND DEMOKRATISCHE HYGIENE

MEHR MORAL –SCHWEDEN IST ANDERS

In Österreich kommt es kaum vor, dass ein Politiker wegen persönlicher Fehler zurücktritt. Was im persönlichen Bereich passiert, wird allemal entschuldigt. Karl-Heinz Grasser ist da wohl das bekannteste Beispiel dafür. Ob Privatfahrten mit dem Dienstauto für Familienmitglieder, ob private Nutzung von Infrastruktur – alles gilt als erlaubt. Schweden ist da anders, weist vorbildliche politische und demokratische Hygiene auf. V o n J ü r g e n L e h n e r

eil die Ministerin

Wein Kindermädchen schwarz beschäftigt hat, ihre Fernseh- und Radiogebühren nicht bezahlt hat, musste sie jüngst zurücktreten. Als sie noch dazu erklärte, nicht das Geld dazu gehabt zu haben, um legal ein Kindermädchen für die Kinder zu beschäftigen, trat sie neuerlich ins Fettnäpfchen. Ein Blick ins öffentlich zugängliche Steuerregister zeigte, dass die Kurzzeit-Ministerin mit ihrem Mann rund 150.000,– Euro im Jahr verdiente. Die gläsernen Politiker im hohen Norden sind nichts Ungewöhnliches. So stürzten auch in der Vergangenheit prominenteste Vertreter über Kleinigkeiten, wie zum Beispiel über die Tatsache, dass die eigenen Kinder mit dem Dienstfahrzeug von Italien aus den Ferien abgeholt wurden. In unseren Breiten würde das die eine oder andere Schlagzeile bedeuten, aber Zündstoff oder Grund genug für einen PolitikerRücktritt ist das allemal keiner. Freiheit der Medien

Schweden scheint als erstes Land der Welt die Pressefreiheit eingeführt zu haben. Bereits 1766 nahm der schwedische Reichstag ein Pressegesetz in die Verfassung auf. Das derzeitige Pressegesetz stammt aus dem Jahr 1949 und wurde seither mehrfach geändert. 1992 wurde eine ähnliche Gesetzgebung für Rundfunk, Fernsehen, Film und sonstige Medien in Form des Gesetzes über die Freiheit der Meinungsäußerung verabschiedet, ebenfalls ein Grundgesetz.

Einzigartige Garantien

Der schwedische Gesetzgeber schützt die Pressefreiheit durch eine Vielfalt durchdachter Maßnahmen. Als Wichtigstes wäre der Begriff des verantwortlichen Herausgebers zu nennen, der die Alleinverantwortung für den Inhalt trägt und der als Einziger wegen Verstoßes gegen das Pressegesetz angeklagt werden kann. Ist der Herausgeber aus irgendeinem Grund nicht greifbar, dann fällt die Verantwortung auf den Ei-

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