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Der Hunger hat die Stadt verlassen
M E N S C H E N B I L D E R Im Frühjahr 2003 überreichte Friedensnobelpreisträger Michail Gorbatschow Gerhard Trousil die Auszeichnung „Styrian Award for Humanity“ bei seinem bisher einzigen Besuch in Graz. Denn der Apotheker ist mit seinem Helferkreis einer der stillen Engel unserer Tage. 40 Hilfstransporte hat Gerhard Trousil bisher nach Oberwischau in Rumänien organisiert. Vor allem Spitalsausstattung – vom OP-Tisch bis zu den Betten, Arzneimittel und vieles mehr.
Ein gebrauchter Notarztwagen vom Spital in Bad Radkersburg: günstig angekauft als Ersatz für das alte Rettungsauto mit knapp 800.000 (!) km.
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SEIT 17 JAHREN ORGANISIERT DER FÜRSTENFELDER APOTHEKER GERHARD TROUSIL MIT FREUNDEN HILFSTRANSPORTE NACH OBERWISCHAU
DER HUNGER HAT DIE
eit 1. Jänner ist RumänienSEU-Mitglied. Damit verschwindet nicht die Armut, aber mit einem Schlag die unzähligen Schikanen der Zöllner und der Bürokratismus der Behörden. „Tage brauchten wir oft, um nur die Zoll- und Einfuhrdinge zu lösen“, so Gerhard Trousil. Anfang Mai soll der nächste Transport starten und das Herzeigen der Pässe reicht. „Ich glaube es erst, wenn wir es selbst erlebt haben.“ Seit 1989 hilft Fürstenfeld seiner rumänischen Partnerstadt „Oberwischau“ = „Viseu de Sus“. Diese kleine Stadt mit etwa 20.000 Einwohnern liegt ganz im Norden des Landes in den Karpaten, hart an der Grenze zur Ukraine und weitab von den immer besser entwickelten Zentren im Zentralraum. Es wohnen dort unterschiedliche Volksgruppen. Diese wurden, wie wir immer wieder hören, bis zur Wende 1989 von der Zentralverwaltung gegeneinander ausgespielt. Neben den Rumänen und kleineren Anteilen aus den angrenzenden Nachbarländern sind vor allem die deutsche und die ungarische Minderheit zu nennen. Entsprechend katastrophal waren die Zustände unmittelbar nach dem Zusammenbruch des Kommunismus.
Am meisten leiden die Kinder unter den schwierigen Lebensbedingungen. Arbeitslosigkeit und Alkohol lösen viele Familienprobleme aus. Attila Krafcsik hat aufgrund der Hilfsinitiative von Gerhard Trousil (li.) eine neue Hüftgelenksprothese bekommen. Nostalgie pur und erfreulich: Eisenbahnfreunde von überall reisen nach Oberwischau, um eine der letzten noch funktionierenden uralten Holz-Waldbahnen zu erleben.
Gerhard Trousil: „Wir leben im Überfluss, auch die Kinder dort sollen es besser haben.“
IN RUMÄNIEN – DURCH EU-BEITRITT SIND SCHIKANEN DURCH ZÖLLNER VERGANGENHEIT
STADT VERLASSEN
Bei unseren ersten Besuchen in der Stadt stand die Bevölkerung seit Monaten vor völlig leeren Geschäften, es herrschte schreckliche Hungersnot. Die Versorgung erfolgte praktisch nur über den Schwarzmarkt. Im Spital waren im Winter nur die Zimmer auf knapp 16 Grad geheizt, die anderen Räume ungeheizt. Das Personal trug Mäntel über der Dienstkleidung. Seit damals hat sich viel geändert. Der Zustand ist ungleich besser, es ist zwar niemand wohlhabend, aber der Hunger hat die Stadt verlassen. Unsere Partner aus der Schweiz haben mit enormem Aufwand die aus Material- und Geldmangel seit Jahren desolaten Dächer der Spitalsgebäude neu gedeckt und so weit gedichtet, so dass der Regen nicht mehr bis zum Erdgeschoss über die Wände läuft. Sie haben in der Stadt auch neue Wasserleitungsrohre verlegt (1997 abgeschlossen), so dass kein Wasser mehr versickert und seither die Versorgung nicht mehr täglich für Stunden zusammenbricht. Im Spital ist nach mehr als fünfzehn Jahren unserer Tätigkeit die Versorgung mit Arzneimitteln und Einmalgerät deutlich besser, aber noch immer auf einem tiefen Standard. Die technische Ausstattung war darüber hinaus ein eigenes Kapitel. So war es uns z.B. erst 1997 möglich, im Operationssaal eine neue Beleuchtung zu installieren. In der alten Lampe brannte seit Jahren nur mehr eine Glühbirne. Für das über 50 Jahre alte Modell konnten wir in ganz Europa keine Glühbirnen auftreiben und für eine neue Anlage fehlte das Geld. ❖
Auch Spitallaboreinrichtung wurde im Zuge der Hilfsaktionen des Fürstenfelder Apothekers übergeben.
Im Zuge der Hilfstransporte für das Spital wurde mit allgemeiner, ständig benötigter Grundausstattung (vom Infusionsgerät bis zum Antibiotikum, vom Verbandsmaterial über Laborbedarf bis zur Infusion) ausgeholfen.
Bei den letzten Transporten wurden im März 2006 über 90 Spitalsbetten u. Zubehör, im Mai 2006 Arzneimittel, chirurg. Instrumente, OP-Tische usw. und im November u.a. wieder 55 Spitalsbetten, Arzneimittel, Tische, Bänke und Tafeln für die Deutsche Schule gebracht. „Das ist das Schlimmste, was ich je gesehen habe. Die Dächer vieler Wohnblocks sind undicht, das Wasser läuft die Treppenhäuser herunter“, beschreibt Dr. Gerhard Trousil unvorstellbare Umstände in Oberwischau. Rechtes Bild: Keine Küche zum Herzeigen!
ozart war eines, Liszt,
MBeethoven, und ich meine, diese Großen der Geschichte könnten bestätigen: Auch der 24-jährige chinesische Pianist ist in Sachen Musik ein Außerirdischer. Ich habe ihn mehrere Male in Wien gehört und erlebt. Und wie er etwa die Ungarische Rhapsodie von Liszt zelebriert, der darf sich die eine oder andere Ungenauigkeit bei einem mehr als zweistündigen Konzert –letztlich wirklich nur für Kenner zu hören – erlauben. Aber das tut Langs Genialität keinen Abbruch. Nein, nicht dass andere große Pianisten „schlechter“ spielen. Doch Lang Lang kommt einfach aus einer anderen Welt. Aus China, wenn Sie so wollen, mit jenem Riesenreich, mit dem sich Europäer immer schwer taten, die Menschen dort zu verstehen und zu begreifen. Er verkörpert diese Welt, tritt dabei aber fast wie ein Popidol auf.Geboren 1982 in Schenyang, bekam Lang Lang mit drei Jahren ersten Klavierunterricht bei Professor Zhu Ya-Fen am städtischen Konservatorium. Mit fünf spielte er bereits sein erstes Recital anlässlich eines lokalen Piano-Wettbewerbs und landete auf dem ersten Platz der Schenyang Piano Competition. Mit neun wurde er an das Konservatorium in Peking zu Professor Zhao Ping-Guo empfohlen, der den Jungen in die höheren Weihen der Klavierkunst einführte. Mit beträchtlichem Erfolg, denn bald schon gewann er der Reihe nach die größten internationalen Pianisten-Wettbewerbe. Nachdem er seine Ausbildung in China abgeschlossen hatte, zog Lang Lang 1997 in die USA und ging für weitere fünf Jahre bei Gary Graffman am Curtis Institute in Philadelphia in die Lehre. Während dieser Zeit gelang ihm der öffentliche Durchbruch. Als 1999 der Solist André Watts bei der „Gala Of The Century“ des Ravinia Festivals kurzfristig erkrankte, sprang sein junger Kollege aus China ein und spielte mit den Chicagoer Symphonikern ein triumphales „Klavierkonzert Nr. 1“ von Tschaikowsky, ein Stück, das er bereits seit seinem zweiten Lebensjahr kannte und das er seit frühen Unterrichtsjahren für sich erarbeitet hatte. Dieser Zufall war der Beginn seiner internationalen Karriere, die nach dem großen Erfolg des Abends durch begeisterte Rezensionen einsetzte. Das bisher wichtigste Konzert seiner Karriere war ein Solo-Abend in der Carnegie Hall am 7. November 2003. Die Besucher seiner Konzerte –es sind hunderttausende mittlerweile oder auch Millionen – genießen es einfach, einem Genie zuhören zu dürfen. Und es spielt keine Rolle, ob das eine Crescendo, Andante oder Forte nicht genauso wiedergegeben wurde, wie es sich der Komponist vorgestellt hat. Wobei niemand weiß, wie sich das ein Liszt oder Mozart wirklich gedacht hat, da es keine Tonaufzeichnungen darüber gibt. Die Beurteilung von genialen Künstlern muss einfach anderen Kriterien und Regeln folgen. Der Schweizer Roger Federer spielt oftmals perfektes Tennis. Was aber längst nicht bedeutet, dass es fehlerfrei ist. Auch der Chinese Lang Lang spielt praktisch perfekt Klavier. Weil er ein Mensch ist und nicht ein Computer, passieren natürlich Fehler, die allerdings mit dem normalen menschlichen Ohr nicht mehr wahrgenommen werden. Genial heißt nicht fehlerfrei. Und man darf durchaus zugeben, dass diese Genialität nicht allen gefallen muss. Leicht möglich, dass japanische Zuhörer, deren Familie von den Chinesen während des Bürgerkriegs massakriert wurde, Lang Langs Musikdarbietung in völlig anderem Licht sehen. ❖
Der 24-jährige Chinese Lang Lang trat schon im Alter von fünf Jahren bei Wettbewerben auf.
Für unsere Gedankenwelt unvorstellbar: Einziges Kinderspital in einer Region mit 1,8 Mio. Bewohnern und nur ein Dutzend Ärzte.
LEBENSRETTER FÜR HUNDERTE KINDER
LEOBNER KINDERARZT GERHARD KÖSTL WAR EIN HALBES JAHR FÜR „ÄRZTE OHNE GRENZEN“ IM EINSATZ
Es macht zufrieden und wirkt unauslöschbar nachhaltig: Sich seinen Studententraum zu erfüllen – einmal in einem Dschungel-Spital zu arbeiten – und dann in der Wirklichkeit für hunderte Kinder der Lebensretter zu sein. Gerhard Köstl, Oberarzt an der Kinderabteilung am LKH Leoben, ließ sich für ein halbes Jahr unentgeltlich karenzieren. Er arbeitete für „Ärzte ohne Grenzen“ an der Elfenbeinküste in Afrika, in der Rebellenzone im Norden des Landes. Für uns unvorstellbar – es gibt nur eine einzige Kinderstation dort für 1,8 Millionen Bewohner.
aps, wir finden das
Pcool“, zeigten sich auch die beiden Töchter, 18 und 16 Jahre alt, beeindruckt vom Vorhaben ihres Vaters. „Ich hab’ das natürlich mit meiner Frau vorher abgestimmt. Sie wusste von meinem Traum aus der Studentenzeit, als ich mit einem alten VW in Afrika unterwegs war und mir sagte, irgendwann möchte ich in einem Dschungel-Spital als Arzt arbeiten.“ Aber auch das Verständnis seines Abteilungsvorstandes Univ.-Prof Dr. Ingomar Mutz und der Kollegen am LKH Leoben in der Kinderabteilung erleichterte Gerhard Köstl die doch weitreichende Entscheidung. Nach einer entsprechenden Vorbereitung auf die schwierige Aufgabe durch die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ im Herbst des Vorjahres ging es im Jänner 2006 los. Wegen aufkeimender kriegerischer Auseinandersetzungen verzögerte sich der Abflug sogar mehrmals und die Anreise erfolgte auf Umwegen über Mali. „Es ist kein Land, wo man Urlaub machen kann“, beschreibt der Mediziner zurückhaltend die Rebellenregion im Norden des Landes. Die Elfenbeinküste war bis zum Jahr 2002 gleichsam das Vorzeigeland Schwarzafrikas. Und dann wurde durch den Bürgerkrieg praktisch alles zerstört. „Mein erster Eindruck bei der Ankunft war: Alles ist anders, bis hin zum Umstand, dass man sich aus Sicherheitsgründen nicht mehr frei bewegen kann und das erste Mal verspürt, was so etwas heißt“, beschreibt Köstl seine Eindrücke nach der Ankunft. Die Stadt Man liegt seit dem Bürgerkrieg in der von den Rebellen besetzten Nord-Zone. Es herrscht eine angespannte relative Sicherheit, die ein einigermaßen normales Leben der Bevölkerung ermöglicht. In dieser schwierigen Situation ist es gelungen, fachlich qualifiziertes Personal aus dem Land anzustellen und mit dem Einsatz von qualifiziertem Personal aus anderen afrikanischen Ländern und aus Europa einen leistungsfähigen Spitalsbetrieb mit ambulanter und stationärer Versorgung (Chir., Med., Gyn., Geb., Kinderheilkunde) wieder herzustellen. Aufgrund des Kinderreichtums und der Tatsache, dass viele der endemischen Krankheiten, allen voran die Malaria, besonders Kinder betreffen, ist der Anteil der Patienten im Kindes- und Jugendalter viel höher als in Europa.