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Herberstein – Jetzt wird’s ernst
Seit Beginn der Ermittlungen hatte sie geschwiegen. Jetzt liegt ihre Stellungnahme an die Justiz vor. Es war nicht anders zu erwarten und ist daher nicht überraschend. Andrea Herberstein weist alle Vorwürfe über Missbrauch, Verdacht des Steuerbetrugs usw. in einem 110seitigen Konvolut zurück. Schuld sind andere. Die Staatsanwaltschaft Graz sieht das ganz anders: Zur Anklage kommt es in wenigen Wochen.
ie habe von den vorgewor-S fenen Malversationen nichts bis wenig gewusst. In den Medien war von einer Herberstein-Offensive die Rede. Eine Offensive, die allerdings sehr rasch ins Stocken geraten wird, weil die vorhandenen Belege und die Ermittlungen ein anderes Bild wiedergeben. Gegen Thomas Hampson, den Lebenspartner von Andrea Herberstein, wird jetzt
wegen des Verdachts der Abgabenhinterziehung ermittelt. Offiziell zahlt er erst seit Jänner 2005 in Österreich voll Steuern und nimmt eine Zuzugsbegünstigung in Anspruch. Sie bringt ihm als Nicht-Österreicher eine beträchtliche Steuerersparnis. Allerdings nur dann, wenn er nicht schon vor 2005 seinen Lebensmittelpunkt in Österreich gehabt hat. Nach der Aktenlage, so die Staatsanwaltschaft, habe zwischen Thomas Hampson und Andrea Herberstein aber schon Jahre zuvor eine Lebensgemeinschaft mit gemeinsamen Wohnsitz in Wien (Colloredogasse) bestanden. Bestätigt sich der Verdacht, dass Hampsons Lebensmittelpunkt schon vor 2005 in Österreich war – Andrea Herberstein und Thomas Hampson sind seit mehr als 15 Jahren ein Paar –, droht ihm ein peinliches Steuerstrafverfahren. In der von der Grazer Rechtsanwaltskanzlei Bartl & Partner verfassten Stellungnahme behauptet Andrea Herberstein, dass das Gerichtsgutachten des Sachverständigen Fritz Kleiner zahlreiche Mängel und Irrtümer beinhalte. Sie habe zwar nach ihrer Übersiedlung in die Steiermark 1973 Kenntnis über „Schwarz-Einnahmen bzw. -Ausgaben“ erlangt, jedoch habe „sie aus verschiedenen Gründen keine erfolgreichen Schritte gesetzt, diese zu unterbinden“. Sie habe zu keiner Zeit
Im Sog des Herberstein-Skandals gibt es nun auch gegen Lebenspartner Thomas Hampson Ermittlungen wegen des Verdachts der Abgabenhinterziehung.
OB DAS LACHEN HALTEN WIRD? IM MÄRZ KOMMT ES ZUR ANKLAGE IM FALL HERBERSTEIN ES WIRD ERNST!
eine effektive Kontrolle über Schwarz-Einnahmen bzw. -Ausgaben ausgeübt. Eine Kehrtwendung: Im Sommer 2005 hat Andrea Herberstein in Interviews erklärt, sie wisse nichts von Schwarzgeldgeschäften und Schwarzkassa. In der Stellungnahme führt sie nun aus, dass nur sie bis Mitte August Kenntnisse über angebliche „Rechnungsumschreibungen oder Steuerverkürzungen“ gehabt hätte. Konkret aber nur von lediglich zwei Umschreibungen in der Höhe von rund 22.000,– Euro gewusst habe. Alle weiteren Rechnungsumschreibungen – sofern es sie gibt –seien ausnahmslos durch Heinz Boxan, den ehemaligen Gutsverwalter, veranlasst worden. Boxan hatte seinerzeit Selbstanzeige erstattet und so den Fall Herberstein mit ins Rollen gebracht. Dieser wiederum will nach eigener Aussage und mit einem Konvolut von Unterlagen belegen, dass Andrea Herberstein sehr wohl über sämtliche Vorgänge und Manipulationen informiert war, weil er diese in ihrem Auftrag auszuführen hatte (siehe nebenstehende Stellungnahme von Heinz Boxan). In dem Papier von Andrea Herberstein heißt es weiter, dass sie zu keiner Zeit Förderansuchen an das Land Steiermark gerichtet bzw. andere dazu angehalten hat, dies zu tun, um sich oder Dritte zu bereichern. „Kronzeuge“ Heinz Boxan wartet auch für diesen Sachverhalt mit Unterlagen auf, die der Behauptung von Andrea Herberstein widersprechen.
Keine Kontrolle
Weil die Beträge in Schilling einfach die Dimension drastischer vor Augen führen: Rund 110 Millionen Schilling flossen Herberstein an öffentlichen Geldern zu. Hievon gab es für den Tierpark alleine fast 60 Mio. Schilling. Die Herbersteins schafften es, in dieser Zeit auch nahezu 57 Mio. Schilling privat zu entnehmen. Weitere 12 bis 15 Millionen Schilling sollen, so behauptet Ex-Angestellter Heinz Boxan, an Schwarzgeldern für verschiedene Verwendungen entnommen worden seinn. Hievon sollen an einer, ausgenommen
Kihre Familie und Lebenspartner Thomas Hampson, kennen Andrea Herberstein so lange und genau wie ihr ehemaliger Buchhalter und Gutsverwalter Heinz Boxan. Er kündigte im Jahr 2000 das Dienstverhältnis selbst auf, weil er mit der gesamten Vorgangsweise der Gräfin und einiger ihrer Vertrauten nicht mehr zurechtkam. Auch gegen Heinz Boxan laufen Vorerhebungen wegen des Verdachts des Betruges und der Steuerverkürzung. Er hat ja bekanntlich mit seiner Selbstanzeige im August 2005 den Fall Herberstein ins Rollen gebracht. Spätestens bei der Gerichtsverhandlung werde erkennbar sein, dass die jüngst der Justiz übergebene Stellungnahme von Andrea Herberstein wenig mit den tatsächlichen Geschehnissen übereinstimme. „Ich musste sie zu meinem Selbstschutz erstatten. Auch deshalb, weil die Öffentlichkeit –Behörden und Medien – damals im Sommer 2005, aufgrund der Vorgangsweise von Frau Andrea Herberstein, die neuerlich gegen mich Schuldzuweisungen erhob, meiner Person größte Aufmerksamkeit schenkte und ich folglich Erklärungsbedarf sah.“ Der Landesrechnungshof hatte bei seiner Prüfung der Causa Herberstein aufklärungsbedürftige Ungereimtheiten zutage gefördert, für die man von Seiten Herberstein Heinz Boxan verantwortlich machen wollte. Er wurde, so Boxan, annähernd 30 Jahre zur Mitarbeit bzw. Mithilfe für Machinationen angehalten und im Zusammenhang mit der Ausübung seines Dienstverhältnisses hiezu benützt und verwendet. „Bereichert, wie es mir vorgeworfen wurde, hat in allen Fällen der Machinationen sich ausschließlich Herberstein, Frau Andrea Herberstein bzw. ihre Familie. Ich und eine Reihe von Dienstnehmern waren Erfüllungsgehilfen aus existenziell begründeten Überlegungen. Dieser Stil des Hauses wurde seit Anbeginn meines Dienstverhältnisses – Anfang der 70er-Jahre – gelebt.“ Der Auslöser für sein Ausscheiden aus dem Unternehmen war eine Verleumdung, er hätte sich bei Machinationen und Manipulationen der Buchhaltung bereichert. „Ich konnte mich damals von diesem Vorwurf durch eine Offenlegung sämtlicher von mir vorgelegten Unterlagen befreien, ein rechtlich fundiertes, schriftliches Memorandum diesbezüglich ist bei meinem Anwalt hinterlegt.“ Zur Kündigung hatte sich Heinz Boxan nach langer Überlegung durchgerungen, weil er ja ein Alter erreicht hatte, das ihm jedes weitere berufliche Fortkommen nahezu unmöglich machte. Die vorhandene Schwarzkasse ist von den Einnahmen und Ausgaben her explodiert, weil die Gräfin (so nennt Heinz Boxan seine ehemalige Dienstgeberin auch heute noch) nach außen möglichst wenig aufscheinen durfte. Dies war ja eine Auflage von Otto Herberstein für seine Erben, dass seine Frau ferngehalten von seinem Vermögen werden müsse. Heinz Boxan in seiner Verantwortung: „Als ich mit exzessiver Verschwendung und offensichtlichen, wirtschaftlichen Fehlentscheidungen der Betriebsführung konfrontiert wurde, diese Vorgänge aufzeigte und entsprechende Vorschläge zur Hintanhaltung bzw. Vermeidung unterbreitete, wurde ich Opfer einer infamen Diffamierung, die mir die Existenz kosten sollte.“ ❖
Ex-Buchhalter Heinz Boxan: „Ich war weisungsgebunden, immer loyal und habe mich zu keiner Zeit bereichert. Nutznießer war ausschließlich die Familie Herberstein.“
„KRONZEUGE“ HEINZ BOXAN STAND FAST 30 JAHRE IN DIENSTEN DER FAMILIE HERBERSTEIN „WIR WAREN ERFÜLLUNGSGEHILFEN“
Glitzer, Glamour und Stil – Andrea Herbersteins Auftritte waren immer gut inszeniert.
„Andrea Herberstein und Kinder“ rund 5 Mio. Schilling geflossen sein, auch Thomas Hampson soll mit über einer Mio. Schilling bevorschusst worden sein. Während andere Förderungswerber peinlichst kontrolliert werden, erfolgte das bei den Herbersteins in keinster Weise. Erst als im Frühjahr 2005 die damalige Landeshauptfrau und Herberstein-Freundin Waltraud Klasnic den Herbersteins weitere Millionen-Förderungen zuschanzen wollte, kam es zum Aufschrei. Alle übrigen Parteien reagierten darauf mit wochenlangen Attacken. Der Landtag beschloss daher erstmals im Frühjahr 2005 die Einschaltung des Landes-Rechnungshofs und von da an kam der Skandal Stück für Stück ans Tageslicht. So mir nichts dir nichts hatten Klasnic und Co. den Tierpark zum „Leitbetrieb“ hochstilisiert – ein Prädikat, das ihm aufgrund der Vorkommnisse nicht wirklich zusteht. Da gibt es andere Unternehmen in der Region – Thermen und Gewerbebetriebe –, die weit eher die Kriterien eines echten Leitbetriebes erfüllen.
SYSTEM DER SCHWARZGESCHÄFTE*
INVOLVIERTE UND DEREN FUNKTIONEN
Otto Herberstein (B/N)
Otto Herberstein († 1994) – Andrea Herberstein (B/N)
Andrea Herberstein (B/M/N)
1 2 3 4 5 6
Heinz Boxan Kellermeister Geschäftsführer der Gastro Kassiere im Tierpark Tierparkleiter, Bootskassiere
Buchhaltung, Lohnverrechnung, Sekretariat
7
Zentrale Aufzeichnung, Verwaltung der Schwarzgeldkasse
Nutznießer Herberstein Legende:
Otto Herberstein: Beauftragender, Nutzender B/N Andrea Herberstein: Beauftragende, Teilweise Mitwirkende, Nutzende B/M/N 1–6: Beauftragte Schwarzlohnempfänger 7: Auch zum Selbstschutz erfolgte Aufzeichnungen Die Urne ihres Ex-Gatten Otto Herberstein, der ‘94 verstorben ist, in der Schlosskapelle
Aufklärungsbedürftig: Vorgehen der Finanz
Am 2. August hatte Heinz Boxan seine Selbstanzeige gemacht, wie er erklärt. Seine Vorwürfe hat er auch mit Unterlagen dokumentiert. Am 11. August diese gegenüber dem Steuerfahnder Frowald Gruber mittels einer schriftlichen Anzeige ausgeweitet. Und siehe da: Nur zwei Tage später kommt es durch „den berühmten Zufall“ zur Selbstanzeige der Herbersteins und ihrer Helfer. Diese wird in der Folge von der Finanz als solche akzeptiert, weil angeblich noch keine „Verfolgungshandlungen und Tatentdeckungen“ durch die Finanz gesetzt waren, heißt es. Eine äußerst merkwürdige und umstrittene Entscheidung. Ein Detail aus der Kategorie geschmacklos: Bei der Schlussbesprechung der Finanz saß als Parteienvertreter und „Verteidiger“ für die Herbersteins plötzlich Ex-Finanzlandespräsident Pfungen am Tisch. Er, der jahrelang auch Vorgesetzter jener Finanzbeamter am Tisch war und somit auch Letztverantwortlicher für allfällige Steuerstrafen. Die endgültige Bewertung der Selbstanzeige – rechtzeitig oder nicht –wird letztendlich das Gericht beim
VOVES UND SCHÜTZENHÖFER LASSEN HERBERSTEIN WEITERE 23 MILLIONEN EURO ZUKOMMEN UNVERSTÄNDLICHE POLITIK
„Keinen Euro mehr für die Herbersteins“, kündigten Franz Voves und Hermann Schützenhöfer im Vorfeld der Wahlen im Jahr 2005 vollmundig an. Im Sommer 2006, also vor wenigen Monaten, geschah dann das Unfassbare, Experten meinen auch – das Unverantwortliche: Das Land Steiermark pachtete den Tierpark. Neuerlich müssen Millionen in die Hand genommen werden und die Rede ist diesmal von Euro. Auf 20 Jahre läuft die Pacht mit den Herbersteins. Jährlich sind dafür 92.500,– Euro nötig. Das Land hat die Pacht für 20 Jahre bereits vorausbezahlt. Obwohl die Ermittlungen gegen die Verantwortlichen noch nicht abgeschlossen sind, erhält Herberstein auch in Hinkunft vom Land Geld, ganz egal, was die Gerichtsverfahren ergeben. Zumindest 23 Millionen Euro werden im Laufe der Pacht aus Steuergeldern nach Herberstein fließen. Grüne und KPÖ sind gegen diesen Beschluss, auch innerhalb der beiden Großparteien gibt es Bedenken. Denn pro Jahr erwartet man durch Verluste und Investitionen einen weiteren Aufwand von einer Million Euro! Prozess am Straflandesgericht vornehmen müssen.
Unschuldiger Weltstar?
Gegen Thomas Hampson, den Lebenspartner von Andrea Herberstein, wird nun im Sog des Skandals wegen des Verdachts der Abgabenhinterziehung ermittelt. Offiziell zahlt er erst seit Jänner 2005 in Österreich voll Steuern und nimmt, wie vorher erwähnt, eine so genannte „Zuzugsbegünstigung“ in Anspruch. Sie soll Nicht-Österreicher - Hampson ist US-Amerikaner - dazu ermuntern (§103, Einkommenssteuergesetz), sich in Österreich auch steuerlich niederzulassen. Statt 50 Prozent Höchststeuersatz gibt es dann nur 35 Prozent als Privileg. Dies aber nur dann, wenn vorher kein steuerlich relevanter Wohnsitz in Österreich begründet war. Für die Staatsanwaltschaft besteht nun der Verdacht, dass Hampson aufgrund seiner Lebenspartnerschaft mit Andrea Herberstein und seiner Wohnung in der Colloredogasse in Wien schon vor dem Jahre 2005 seinen Lebensmittelpunkt in Österreich hatte. Andrea Herberstein und er haben ja bereits seit 1986 eine Lebenspartnerschaft. Hampsons Jahreseinkommen soll 800.000,- Dollar betragen. Es droht ihm ein peinliches Verfahren, das auch eine Abgabennachzahlung in beträchtlicher Höhe (bis zu 500.000,– Euro plus eine allfällige Strafe) zur Folge haben könnte. Die Anwälte von Hampson und Herberstein widersprechen dieser Darstellung, alles sei immer in enger Abstimmung mit dem Finanzministerium erfolgt. Laut Staatsanwalt sei Anfang März mit einer Entscheidung über die Anklage zu rechnen. Mit dem Beginn des Strafverfahrens und der Gerichtsverhandlung kann man erst nach allfälligen Einsprüchen im Frühherbst dieses Jahres rechnen. Dort wird endgültig auf den Tisch kommen, wer die Guten und wer die Bösen im Fall Herberstein sind oder waren. ❖