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Steirische Kern-Kraft

Steiermark ist Kernöl-Land Nr. 1 in Österreich

2.100 Kernölbauern erzeugen rund 3 Millionen Liter Kernöl pro Jahr

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Der Kürbis tauchte erstmals in den Geschichtsbüchern auf, als Kolumbus nach Indien wollte und die neue Welt fand. Erste Aufzeichnungen über den Kürbis in der Steiermark finden sich in der Inkunabel aus dem Jahre 1551 im Stift Vorau. Erst um das Jahr 1770 bestätigt die Kaiserliche Hofkanzlei, dass das Öl der prallrunden, gelben Plutzer als Heilmittel eingesetzt werden darf.

Was uns beim Betreten der kleinen Ölmühle Pechmann in Ratschendorf sofort ins Ohr geht, ist ein dumpfes, monotones, aber regelmäßiges „Tuk, Tuk, Tuk, Tuk“, mit dem ein Riemen ein Rad und dieses wiederum eine Pumpe antreibt. Fast wie in einer alten Schmiede, stiege einem da nicht dieser unverwechselbare, belebende, nussige Geruch von steirischem Kernöl in die Nase. Es ist noch dazu angenehm warm. Durch das Ofentürl erkennt man die Feuerglut aus Holz.

Früher wurde steirisches Kernöl als Wagenschmiere diffamiert. Inzwischen ist es selbst für Feinschmecker zum Inbegriff gesunden Essens geworden – das Kernöl. Haubenlokale locken mit Kernöl-Spezialitäten Gäste an, die EU anerkannte 1996 den Begriff „Steirisches Kernöl g.g.A.“ als geschützte Herkunftsbezeichnung.

Hans, der Müller und Herr des grünen, kernigen Teigs röstet diesen gerade – so lange, bis kein Wasserdampf mehr über dem Kessel sichtbar ist. „Das Rösten dauert zwischen 20 und 35 Minuten“, erklärt Irmgard Schober, Chefin von „Pechmanns Alte Ölmühle“. „Es ist wie beim Kochen. Jeder Kern nimmt eine unterschiedliche Menge an Wasser auf und gibt die Feuchtigkeit dann beim Rösten wieder ab. In unserer kleinen Mühle können wir den Röstvorgang noch händisch mitsteuern, weil wir kleine Mengen rösten. Das garantiert dann beim Öl auch eine Top-Qualität.“

Bei einem Pressvorgang verarbeiten Müller Hans und sein Kollege 25 kg Kerne. „Daraus werden rund 10 Liter Öl und das Ganze dauert etwa 2 bis 2,5 Stunden“, so Irmi Schober. Sie hat mit dem Kernölpressen bereits am elterlichen Bauernhof in Purkla begonnen und war damals die jüngste KernölMüllermeisterin der Alpenrepublik. 1994 begannen ihr Mann Herbert und sie mit der „Mostschenke im Gewölbe“. Die Ölmühle wurde von Purkla nach Ratschendorf „übersiedelt“. Die Mostschenke ist, mehrfach gewachsen, heute ein Besuchermagnet für die Region. Zu bewundern gibt’s dort von den Kamelen, Lamas, Alpakas, Hasen, Schildkröten, Ziegen, über Motorräder, Traktoren, Oldtimer bis hin zu Jets, einer Hochseeyacht oder einem Propellerflugzeug. „Ich bin in Österreich schon viel herumgekommen, habe sowas aber noch nie anderswo gesehen“, zeigt sich ein Gast aus Oberösterreich völlig überrascht.

Das Ölpressen ist heute somit nur eine „Aktivität“ bei den Schobers. „Aber wir pressen das ganze Jahr über“, erzählt Irmgard Schober. Wenn alles gut läuft, so sind es an einem Tag an die 100 Liter. Es geschieht vor allem am Wochenende, sodass auch die Gäste in der Mostschenke das Pressen mitverfolgen können und sich dann auch die meisten mit Produkten der Schobers eindecken.

Früher, da wurden die Kürbisse händisch geerntet. Heute erledigen diese Arbeit Erntemaschinen mit rotierendem Schneidwerk. „Auspatzeln“, nennt man das Herauslösen der Kerne aus dem Fruchtfleisch auf gut steirisch.

Steirische

KLIPP in Ratschendorf – wo Kerne zu „Grünem Gold“ werden

Wichtig für die Qualität der Kerne ist, dass diese nach der Ernte rasch gewaschen und getrocknet werden. Denn dann bleiben die gesunden Inhaltsstoffe erhalten. Das sind Vitamine wie A, B1, B2, B6, C, D, E, sowie ungesättigte Fettsäuren, Mineralstoffe, Kalzium, Selen, Zink. Das Öl oder die Kerne sind auch ein probates Mittel gegen Prostata-Beschwerden und gut für vieles Andere.

„Die Kerne kaufen wir bei unserem Bauern“, so das Ehepaar, „die werden dort zuerst gewaschen, auf eigenen Anlagen mit Heißluft

Steirische Kern-Kraft

KLIPP in Ratschendorf – wo Kerne zu „Grünem Gold“ werden

Kerne über ein Gebläse ...

... in die Mühle

in den Rührbottich

getrocknet und dann angeliefert.“ Da die getrockneten Kerne noch durch Staub und andere Partikel verunreinigt sind, wandern sie erst über ein spezielles Gebläse in das eigentliche Mühlwerk. Danach kommen die gemahlenen Kerne in einen Bottich mit einem Rührwerk. Dazu kommen dann ca. drei Liter Wasser und in der Folge wird der „Kürbisteig“ durchgeknetet, bevor er in die Röstpfanne „übersiedelt“. Irmgard Schober: „Dort entscheidet sich nämlich beim Rösten die Qualität des künftigen Öls. Zu viel Wasser macht nix, aber bei zu wenig Wasser brennt der Teig an und wird grauslich bitter. Du kannst dann alles wegwerfen. Daher muss man immer dabei sein, probieren und schauen, dass alles gut abläuft.“ Der Röstvorgang ist das Herzstück, denn da entstehen die Haltbarkeit, die Farbe und das nussartige Aroma. Nach dem Röstvorgang kommt die ursprünglich 25 kg schwere Kernölmasse in Schichten in einen Zylinder. Auf jede Schicht wird eine Stahlplatte gelegt. Diese werden dann mit 360 Atü Druck zusammengepresst, während das Öl in den vorbereiteten Bottich rinnt. Übrig bleibt dann der so genannte Ölkuchen.

der Ölsterz vor dem Rösten

und dann geht‘s ab

in die Ölpresse rösten so lange, bis das Wasser verdampft ist

2 Stunden hat‘s gedauert, bis das „Grüne Gold“ fließt

Selbst der Ölkuchen ist noch wertvoll

Zum Schluss zwei alte Tricks: Auf einem weißen Teller einen Tropfen Kernöl geben. Wurde das Kernöl mit anderen Ölen verschnitten oder mit Wasser verdünnt, läuft der Tropfen auseinander und der Panscher ist entlarvt. Und: Wenn es Kernöl-Flecken auf Kleidungsstücken oder anderen Textilien gibt – nur in die Sonne hängen! Sie bleichen dann aus.

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