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Ölverbrauch wird noch steigen“
„Bis 2030 wird globaler Ölverbrauch noch steigen“
Energie- und Erdöl-Experte Karl Rose zu den Klimazielen. „Danach wird erstmals der Einfluss der E-Mobilität spürbar im globalen Verbrauch“, so Rose.
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Der Steirer Karl Rose – er lehrt auch an der Universität Graz als Professor – gehört zu den Gefragten in seiner Zunft. Die letzten fünf Jahre (2016 bis 2021) war er hochbezahlter persönlicher Berater des Erdöl-Chefs und Technologie-Ministers in Abu Dhabi in den Emiraten. Diesem Job ging ein monatelanges
Auswahlverfahren voraus. „Die wollen stets mit den Besten arbeiten. Das sind bestens ausgebildete Leute aus Stanford, Oxford oder Berkeley. Das sind keine Putins, die sich mit Leuten umgeben, die ihnen immer Recht geben.“ Zuvor war Karl Rose 25 Jahre Chef-Stratege des Öl-Multi Shell.
Abu Dhabi fördert nur Öl in Premium-Qualität, das heißt mit dem geringsten CO2-Abdruck. Nahezu die gesamte Produktion geht
nach Asien, Japan, Korea, Indien, Thailand, Singapur. Und das oft mit langfristigen Lieferverträgen. Sein Öl wird nicht ausgehen, die Vorräte reichen weit über 100 Jahre. Und dennoch: Abu Dhabi war im Mittleren Osten das erste Land, das erklärte, man wolle 2050 CO2neutral sein. Und die Verantwortlichen werden das Emirat zu einer Großmacht in Sachen Wasserstoff machen. Rose: „Die Planung für den Übergang ist schon voll im Gang. Das sind wirkliche Umsetzer – natürlich auch bedingt durch das politische System. Da gibt’s keine Opposition. So viel Veränderung wie in den fünf Jahren in Abu Dhabi habe ich in 25 Jahren meiner Zeit bei Shell nicht erlebt.“
Auf einem seiner Elektro-Jetflyer in Lieboch (e-netic GmbH): „Jeder Liter Erdöl, der gefördert wird, jeder Liter Treibstoff erzielt hohe Preise. Das bleibt leider so.“
Düstere Zukunft
„Solange Putin den Krieg nicht verliert, kommt es zu keinem Totalstopp bei Gaslieferungen. Allerdings wird er den Druck erhöhen und er hat ein großes Instrumentarium zur Verfügung. Zum Beispiel eine Minderung des Exports von Heizöl. Dieses ist kaum zu ersetzen.“
„Ich halte eine Verdoppelung der Preise kurzfristig leider für realistisch.“ Die Preise werden sich nach der Krise, wie sonst oder früher üblich, nicht mehr an vorige Niveaus angleichen. Das ist vorbei. „Um die Energiewende zu erreichen, brauchen wir höhere Preise, die auch zu Änderungen im Konsumverhalten führen.“
„Wer fragt schon die CEOs der großen Produzenten, was sie denn für die nächsten Jahrzehnte planen.“
„Welcher Kunde hätte denn ohne Not hohe Energiepreise bezahlt?“ (zur fehlenden Krisenvorsorge)
„Und egal, wie viel wir hier in Österreich, in Europa für den Klimawandel durch Alternativenergie ersetzen – jeder Liter Erdöl, der gefördert wird, jeder Liter Treibstoff wird mit hohen Preisen verkauft werden.“ Abu Dhabi werde, so Rose, daher in den nächsten Jahren seine Öl-Produktion erhöhen, trete aber gleichzeitig auch für strengere Regeln in Sachen Umweltschutz ein, fordere sie sogar, denn dann „bleiben nur die Besten übrig. Denen wird das Öl auch nicht ausgehen“, versichert Karl Rose.
Dem in der heftigen Debatte um den nötigen Klimawandel eines große Sorgen macht: „Die Kluft zwischen politischen Zielsetzungen und der realen Entwicklung war noch nie so groß wie jetzt. Der Energiehunger in Asien wird von Europa und den USA völlig falsch eingeschätzt.“ Ein weiterer Kritikpunkt von seiner Seite sei, „dass mit den großen Erdöl-Produzenten es nicht wirklich eine Diskussion gibt. Man spricht nicht wirklich miteinander. Wer fragt schon die CEOs der großen Produzenten, was sie denn für die nächsten Jahrzehnte planen. Und: Die Umweltminister in Europa geben politische Ziele vor, aber die reduzieren die Öl-Nachfrage und den Öl-Verbrauch in Asien um keinen Liter. Da kann man in Österreich eine Ticketsteuer von 12 Euro und mehr einführen. Das hat keine Auswirkungen global auf den Ölverbrauch.“
Die Prognose von Karl Rose ist glasklar: Bis 2030/32 werde wenig sichtbar sein, da erhöhe sich der globale Öl-Verbrauch sogar und dann werde er sich stabilisieren. Danach werde man erstmals auch den Einfluss der Elektromobilität spüren. Bis 2050 werden PKW in den Regionen Europa, China und Nordamerika bereits zu 90 Prozent elektrifiziert sein. Da es aber keine globale Ordnungsmacht, keinen „grünen Diktator“ gebe, der den weltweiten Verbrauch einfach bestimmen kann, der Energiehunger nach Öl in Entwicklungsländern weiter bestehe, werde der Klimawandel weit mehr kosten, uns abverlangen und auch länger dauern, weil es weltweit so viele unterschiedliche Interessen gäbe, schätzt Rose die Zukunft ein. Österreich sei dabei sogar noch in einer begnadeten Situation, da man den Strom in mittlerer Zukunft zu 100 Prozent aus erneuerbarer Energie erzeugen werde können. „Andere Länder produzieren ihn zu 80 Prozent heute noch aus Kohle.“
Den Menschen werde eine gewisse Opferbereitschaft abverlangt werden. Bei Straßenbefragungen wird jeder für Einsparungen und den Klimawandel sein. Energiepolitik sei eigentlich so lange unpolitisch, bis zu dem Punkt, wo es um die Frage geht: Wer zahlt das? Unsere Generation und die nächste, so Karl Rose, werde die Kosten tragen müssen. Und die künftige Generation der Enkel werde dann die Früchte ernten. „So wie wir heute von den Anstrengungen der Generationen nach den beiden Weltkriegen noch immer profitieren.“ (Rose)
Karl Rose ist im Jahr 1961 in Graz geboren worden. Er studierte Erdölwissenschaften an der Montanuniversität in Leoben und ist auch Professor am Institut für Unternehmensentwicklung der Uni Graz. In seiner beruflichen Laufbahn war er unter anderem Chef-Stratege von Shell und Adnoc in Abu Dhabi, sowie Direktor im World Energy Council in London. Er ist Aufsichtsrat der OMV und stellvertretender Aufsichtsratschef der Energie Steiermark. Ob er Energieberater der Bundesregierung wird, lässt er offen. Karl Rose investiert und beteiligt sich an Start-Ups, wie z.B. e-netic