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Was hat sich verändert? Neue Risiken
Digital leben …
Pandemie Wie geht es dir?
Keine Begegnung, bei der diese Frage nicht gestellt wird. In Corona-Zeiten ist sie mehr als eine höfliche Floskel.
nigen Kontaktmöglichkeiten haben mich mehr belastet, als ich dachte. Ich bin ängstlicher geworden. Dinge des täglichen Lebens, über die ich früher gar nicht nachgedacht habe, werden heute bisweilen zu einer Herausforderung. Neulich musste ich in einen Außenbezirk Münchens, am anderen Ende der Stadt. Die Fahrt dorthin habe ich vorbereitet, als wäre ich an einem fremden Ort, und entsprechend groß war das Erfolgserlebnis, nachdem natürlich alles reibungslos geklappt hatte. Nach mehreren Wochen, in denen Spaziergänge im Wald mein einziges Unterhaltungsprogramm und Höhepunkt des Tages waren, wurde ich unruhig. Auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk bemühte ich nicht den Bestellservice, sondern beschloss, wieder einmal das Erlebnis eines Stadtbummels zu genießen. Im eingeschränkten Lockdown und Dank der Erfindung Click & Meet des Einzelhandels war das eine Erfahrung der besonderen Art. Ich habe den passenden Termin in einem Geschäft digital gebucht und los ging’s. Der Stadtbummel war schnell zu Ende, weil jedem angemeldeten Kunden nur eine Verweildauer von 30 Minuten im Laden blieb. Als ich wieder in der wenig belebten Fußgängerzone stand, hatte ich ein sonderbares und dennoch vertrautes Gefühl. Da kamen Erinnerungen aus Kindheitstagen hoch, als ich etwas gemacht hatte, was zwar nicht verboten, aber von Sophie ist meine beste Freundin seit mehr als 50 Jahren und Patentante meines Sohnes. Nach dem Abitur haben wir nicht mehr am selben Ort gelebt. Wir Natürlich unterhalten wir uns bei jedem Gespräch auch über Corona. Da gibt es viel Stoff zwischen Großbritannien und Deutschland. Im Februar rief sie mich an und erzählte begeistert, sie sei gerade den Eltern (und in diesem Fall den Politikern) ungern gesehen wurde. Die Einkaufsfreude hielt sich in Grenzen. Während ich diesen Text schreibe, ist Ostern gerade vorbei. Mit Festen ohne die familiären Rituale haben wir ja im zweiten Pandemie-Jahr schon Erfahrung. Reisen sind beide Journalistinnen, den Beruf aber geimpft worden – und das mit 63. Damit ging und geht nicht, es sei denn das Ziel haben wir an unterschiedlichen Stellen der hätte sie nicht im Traum gerechnet, zumal heißt Mallorca. Verwandtenbesuche sind Welt ausgeübt. Immer waren wir telefo- sie dem staatlichen englischen Gesund- nicht gerne gesehen. „Stay at home“ heißt nisch miteinander verbunden, haben ge- heitssystem „NHS“ kritisch gegenüberstehe. es auch in London. Noch kann Sophie, schrieben und gefaxt, als von Digitalisie- Aber beim Impfen wäre Großbritannien mehr als zwei Monate nach der Impfung, rung noch keine Rede war. Heute lebt straff durchorganisiert. In einer kurzen von größeren Ausflügen nur träumen. ImSophie mit ihrer Familie in SMS habe man ihr am merhin verkündet zu diesem Zeitpunkt PreLondon. Sie ist wie ich be- Samstag mitgeteilt, sie kön- mierminister Boris Johnson den Beginn ruflich nicht mehr fest einge- ne noch am selben Tag ei- neuer Öffnungen in Großbritannien. Gespannt, hat mehr Zeit für nen Impftermin wahrneh- schäfte und Friseure stehen ihren Kunden sich und ihre beiden erwach- men. Jetzt, freute sie sich, wieder zur Verfügung. Das Leben und ein senen Kinder. Jetzt könnten könne sie bald wieder nach bisschen Normalität kehrt zurück. Vor alwir uns wieder häufiger se- München kommen. Der lem, würde Sophie jetzt sagen, müssen wir hen, sollte man meinen. Das strenge Lockdown in Lon- uns frei bewegen können, um die Insel wieGegenteil ist der Fall. Dank don hätte sie sehr beschäf- der mal verlassen zu können. Wenn alles Corona bleibt uns bisher wieder nur eine digitale BeBarbara Herles, 63, besuchte die Deutsche Journalistenschule tigt, weil sie sich natürlich an alle Auflagen halten gut läuft, sehen wir uns im Sommer wie gewohnt wieder, schlendern durch die belebgegnung. Immerhin stehen und studierte an der Ludwig- musste. Sie fühlte sich be- te Innenstadt, sitzen bei schönem Wetter die Neuigkeiten heute nicht mehr auf der Fax-Rolle. Wir Maximilians-Universität in München. Mehr als 20 Jahre lang organisierte sie für eine überrevormundet. Das verstehe ich. im Biergarten und stoßen auf eine schwierige Zeit an, die wir nun geimpft langsam sind elektronisch mit der gionale Tageszeitung nationale Corona hat auch bei mir hinter uns lassen können. Zeit gegangen (das haben wir manchen Ämtern hier und internationale Veranstaltungen. Seit Anfang 2020 arbeitet sie freiberuflich. Spuren hinterlassen. Die lange Zeit der mangelnden voraus). Beweglichkeit und die we-