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Auf ein Kölsch im Hellers

Zum 30.Geburtstag des Bioladens in diesem Jahr hatten wir das Bier der einzigen Bio-Brauerei Hellers hier aus Köln ausgeschenkt, das an dem heißen Tag sehr gut ankam. Schon bei der Abholung in der Produktionsstätte in der Roonstraße dachte ich, dass es doch interessant wäre, eine solch kleine und besondere Brauerei mal zu besichtigen, um der häufig gestellten Frage „was macht ein Bio-Bier denn aus?“ einmal fachmännisch begegnen zu können. Gesagt, getan! Über den Bürgerverein Rodenkirchen, in dessen Vorstand ich seit gut einem Jahr agiere, konnte ich in diesem Jahr noch einen Termin für eine Führung vereinbaren.

So fanden sich Ende Oktober zwölf Neugierige bei fast sommerlichen Temperaturen vor den Toren der Brauerei ein, die an diesem Standort auch ein sehr geräumiges Wirtshaus betreibt (das am Abend knallvoll war – ohne Reservierung kein Tisch zu bekommen!!).

Erste Eindrücke Steffen Potratz-Hellers, Biersommelier und Ehemann der derzeitigen Chefin, begrüßte uns freundlich in einem der Produktionsräume mit einer Kiste Bier, damit wir alle schon mal eingestimmt wurden. Zu sehen gab es dort die Bandbreite des Sortiments, das aus insgesamt acht Sorten besteht: Kölsch, Wiess, Weizen, Pils, Maibock, Leichtes Weizen und Winterbock. Tatsächlich hatte die Brauerei bis vor Kurzem auch ein Alt in der Produktion, das aus Kostengründen in der Coronapandemie das Sortiment verlassen hat!! Um es gleich vorwegzunehmen: die Brauerei ist klein; kein Vergleich mit den Großen der Branche – man produziert dort 3.600 - 4.000 hl pro Jahr, was eine Brauerei, wie z.B. Veltins in 8 Stunden durchführt!! Darum fand ich die Führung so spannend, da man den gesamten Produktionsprozess in kleinen Einheiten anschauen konnte, ohne riesige Hallen durchlaufen zu müssen.

Kölsch auf Position 1 50% des Absatzes entfallen auf die Sorte Kölsch, dicht gefolgt von dem Wiess, das ein unfiltriertes Kölsch ist und gleichermaßen als Flaschen- oder Fassbier angeboten wird. Auf unsere Frage, warum es denn kein alkoholfreies Bier im Sortiment gibt, antwortete man mit dem zu hohen Aufwand und den damit verbundenen Kosten. Es gibt aber ein leichtes Weizenbier mit nur 2,8% Alkohol! Ein Radler wird auch nicht produziert, da es nach Aussage von Steffen jedem Brauereimeister in der Seele weh tut, wenn in sein gutes Bier Limo gekippt wird!

obergärig - untergärig Somit produziert man hier ein Bier mit

unterbrochener Gärung, so dass mehr Süße im Produkt verbleibt. Alle Biere hier sind obergärig und ökozertifiziert, d.h. alle Zutaten stammen aus kontrolliert biologischem Anbau (kbA), wobei auch die Brauerei selbst jedes Jahr vom Bioverband kontrolliert wird. Die Zutaten der Bierproduktion wurden uns dann auch in großen Gläsern zum Anschauen und Schnuppern gereicht. Neben der besonderen Braugerste waren das Weizen, Hopfenpellets, Spelzgetreide (das man zur Klärung braucht) und ein Malzprodukt. Das Wasser kommt von der Rheinenergie und ist das normale Trinkwasser, das wir alle aus dem Wasserhahn erhalten.

Ausbildung zum Braumeister In Spitzenzeiten arbeiten 60 Mitarbeiter in der Produktion und v.a. in der Gastronomie (Wirtshaus in der Roonstraße und großer Biergarten im Volksgarten). In jedem Jahr wird auch ausgebildet zum Braumeister – stolz berichtete Steffen von den Lehrlingen vergangener Jahre, die den Hopfengarten kreiert haben, ein Jahrgangsbier, das so gut gelungen ist, dass die Brauerei es in ihr Sortiment aufgenommen hat!

Den Produktionsprozess konnten wir uns in den übereinander gelagerten Kellern genau anschauen und dabei neben den bekannten Kupferkesseln auch solche Maschinen entdecken wie den Filter, der mit Kieselgur die nicht-trüben Biere klärt.

Ökologisch, nachhaltig ….. Hellers Biere werden alle im Pfandsystem verkauft, die Flaschen sind alle mit Bügelverschluss versehen und sowohl in Plastik- wie auch Holzkisten zu haben. Der Pfandbetrag ist dabei hoch (0,5 €/Flasche und 3,50 € pro Plastikkiste), was bewusst gewählt wurde, um einen zügigen Rücklauf zu begünstigen. Mit den gerade steigenden Energiekosten (man bezieht sämtlichen grünen Strom über den Anbieter Naturstrom) wird dieses System noch einmal überdacht werden müssen - auch im Hinblick auf Mitbewerber, wie Steffen verriet.

Zum Abschluss der rund 1,5-stündigen Führung erhielten wir alle noch einmal ein Kölschglas, das wir mit dem Bier unserer Wahl befüllen durften. Im Anschluss an diese sehr interessante Runde bot sich die Einkehr ins Wirtshaus an, wo wir glücklicherweise einen Tisch reserviert hatten und von der gut durchdachten Speisekarte (ich probierte die Hopfenbratwurst! Empfehlenswert!) auswählen konnten.

Was ist der Unterschied zwischen ober- und untergärigem Bier? Um Alkohol herzustellen, benötigen Bakterien den im Gersten-Malz vorhandenen Zucker und wandeln diesen mit Hilfe von Hefen in Alkohol um. Das nennt man Gärung. Dieser Prozess ist temperaturabhängig. Während obergärige Hefen bei höheren Temperaturen (16-22°C) sogenannte Sprossverbände bilden, die verbunden bleiben und durch entstehende Kohlensäure nach oben gebracht werden, benötigen untergärige Hefen eher niedrige Temperaturen (9-12°C), bilden keine Sprossverbände und sinken während der Gärung nach unten. Lange kannte man nur obergärige Brauverfahren wie das für Kölsch, Alt und Weißbier (auch als ALE bezeichnet) und erst seit der Erfindung der Kühlmachinen kann man ganzjährig Pils (untergäriges Verfahren) herstellen.

Text und Fotos: Mechthild Posth

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