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Wassersport-Freunde Weiß

Das Wunder vom Ardéche

Jedes Jahr treffen sich Kanuten vom Kanu-Club Grün-Gelb Köln in Südfrankreich, um die „Gorges d‘ Ardéche“, eine der schönsten und grandiosesten Schluchten Europas, zu befahren. Neben ein bisschen Adrenalin durchflutet ein heiliger Schauer den Körper angesichts der gewaltigen Natur und dem Wissen, dass vor zig tausenden Jahren hier Menschen lebten und eine einzigartige Kultur geschaffen haben.

In der Septemberausgabe des „Weisser Dorfecho“ wurde von dem Aufenthalt des berühmten Brühler Maler, Grafiker und Bildhauer Max Ernst am Fuße der Ardécheschlucht berichtet. Der war in den Dreißiger Jahren auf der Flucht vor den Nazis in dem kleinen Örtchen St. Martin gelandet. Einige seiner surrealistischen Kunstwerke sind in seinem damaligen Domizil erhalten geblieben und stehen unter dem Schutz der französischen Kulturverwaltung. Hatte auch ihn der Hauch dieser uralten Kultur berührt?

Am 18. Dezember 1994 entdeckten Höhlenforscher in einer verschütteten Grotte ganz in der Nähe des Naturwunders „Pont d‘Arc“ die wohl ältesten Kunstwerke der Welt. Als Jean-Marie Chauvet und sein Team mehr durch Zufall die Grotte entdeckten, trauten sie ihren Augen nicht, denn Zeichnungen und Gemälde waren von derartiger Qualität, dass man zunächst glaubte, irgendwelche Graffiti-Künstler hätten sich vor einiger Zeit hier vergnügt. Doch die umsichtigen Forscher holten sich klugerweise wissenschaftlichen Rat und so wurde ihre Entdeckung zum „Wunder vom Ardéche“.

Das Ergebnis: Unglaubliche 36.000 Jahre alt sind die ältesten Zeichnungen und Gemälde und von einer Qualität, wie sie in tausenden Jahren nicht wieder entstehen sollten. Erst in den Höhlen von Lascaux im Perigord und Altamira in Nordspanien wurde rund 16.000 Jahre später Vergleichbares geschaffen. Und erst um 8.000 v. Chr. entstanden die ältesten steinernen Monumente, wie die Tempelstadt Göbekli Tepe in der Osttürkei oder die Pyramiden in Ägypten.

Nach dieser Feststellung wurde die Grotte für weitere Besucher gesperrt, um diese einmaligen Kunstwerke zu schützen. Nur Wissenschaftler mit besonderer Ge-

nehmigung durften die Grotte betreten. Ausnahme war der deutsche Regisseur Werner Herzog, der im Jahre 2011 eine Dokumentation in 3-D Technik drehte und die Grotte damit zum ersten Mal weltweit bekannt machte. Zu Ehren ihres Entdeckers wurde die Grotte nach Chauvet benannt.

Was ist in diesen unendlichen Zeiträumen geschehen oder besser, nicht mehr geschehen, obwohl die Menschen schon so früh dazu befähigt waren? Eine Erklärung könnte sein: Um 40.000 v. Chr. ging die letzte große Eiszeit - die „Würm-Kaltzeit“- allmählich zu Ende. Nur noch die Alpen, die Cevennen und die Pyrenäen waren mit dicken Eispanzern bedeckt. In den Ebenen machte sich eine weite tundra-ähnliche Landschaft mit viel jagdbarem Wild breit. Es war der jüngere Abschnitt der Altsteinzeit und der Beginn des Jungpaläolithikum. Vom Süden wanderten die „anatomisch modernen Menschen“ (Homo Sapiens) ein und verdrängten den Neandertaler. Sie hatten schon brauchbare Waffen und waren gute Jäger, so dass sie sich leicht ernähren konnten und offensichtlich erstmalig Muße fanden, sich mit anderen Dingen als der ständigen Nahrungssuche zu beschäftigen.

Aber diese schöne Zeit war nicht von Dauer. Schon bald kam es zu neuen kleineren Eiszeitperioden, die das Überleben zum Kampf machten. Erst um 15.000 v. Chr. stabilisierte sich das Klima und vom Süden besiedelten erneut „Sapienser“ Mitteleuropa. Sensationell ist der Fund eines Grabes in Oberkassel bei Bonn aus dieser Zeit: Ein Mann mit einer jüngeren Frau wurden mit einem Hund und kunstvollen Grabbeigaben beigesetzt. Das bedeutete, dass die Menschen bereits ausgeprägte religiöse Rituale kannten und der Hund ihr treuer Begleiter war. Aber noch immer gab die Erde keine Ruhe. Vom Eise befreit begann sie zu rumoren. Im gesamten Gebiet des mittleren Europas begann die Periode des neuzeitlichen Vulkanismus, die bis ungefähr 10.000 v. Chr. andauerte. Die Vulkane und Maare der Eifel bis hin zur Auvergne mit dem Puy de Dome entstanden in dieser Zeit und machten die Entwicklung der Menschheit erneut zu einem reinen Überlebenskampf.

Weshalb ist die Grotte Chauvet so einmalig und rätselhaft? Was hat die Menschen vor so langer Zeit befähigt und angetrieben, diese Kunstwerke zu schaffen? Die Wissenschaft ist sich nicht einig. Die einfachste Deutung ist, dass die Menschen versuchten, wie zu allen historischen Zeiten und so auch bis heute, die vermuteten Götter oder Geister milde zu stimmen, um für Jagdglück, Gesundheit oder sonstige Zuwendungen zu bitten oder für bereits gewährte Gunst zu danken.

Die Grotte muss tausende Jahre benutzt worden sein. Das Ende war wohl ein Erdrutsch oder ein Erdbeben, das die Höhle bis zur Entdeckung 1994 verschloss und die Kunstwerke für die Menschheit von heute bewahrte. Sie ist ein einmaliges Zeugnis für das frühe Seinsbewusstsein unserer Vorfahren und dass wir modernen Menschen mit all unseren technischen Errungenschaften kulturell nicht unbedingt weiter sind als vor rund 40.000 Jahren.

Eine weitergehende Deutung ist, dass die Menschen dieser Zeit eine ganz andere Verbundenheit zur Natur und den Lebewesen hatten. Die Jagd und die Tötung eines großen Säugetieres unter eigener Todesgefahr könnte eine geradezu mystische Bedeutung gehabt haben. Und es sind weniger die Jagdszenen, als viel mehr die Darstellung der Natur in Verbindung mit menschlichen Zeichen und Symbolen, die diese Interpretation stützen.

In mehrjähriger Arbeit haben die Stadt Vallon Pont d‘Arc und das Departement Ardéche mit internationaler finanzieller Unterstützung am Rande der Stadt die Grotte Chauvet nach besten wissenschaftlichen Erkenntnissen exakt mit allen Zeichnungen und Gemälden in einem großen futuristisch gestalteten Bau nachgestaltet, so dass man die ältesten Kunstwerke der Menschheit als Reproduktion bewundern kann.

Wegen des großen Besucherinteresses sollte man sich unbedingt vorher erkundigen bzw. anmelden.

Text und Fotos: Wolfgang Lambert

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