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CHF 8.DAS OLTNER STADT- UND KULTURMAGAZIN N°81 / Januar 2017
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EDITORIAL Januar 2017
Liebe Leser_innen
Ich wünsche Ihnen gute Unterhaltung und freue mich auf die vielen Geschichten, die wir Ihnen im 2017 erzählen dürfen. Nathalie Bursać
IMPRESSUM VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH, Leberngasse 17, 4600 Olten, verlag@v2s.ch, www.v2s.ch VERLAGSLEITUNG Yves Stuber (ys) REDAKTIONSLEITUNG Nathalie Bursać (nb), redaktion@kolt.ch FINANZEN Matthias Gubler INTERNETAUFTRITT Roger Burkhard LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer REDAKTIONELLE MITARBEIT Kilian Ziegler, Marc Gerber, Daniel Kissling, Pierre Hagmann, Ueli Dutka (ud), Franziska Monnerat, Elia Blülle ILLUSTRATION Petra Bürgisser, Anna-Lina Balke FOTOGRAFIE Janosch Abel, Ellen Mathys, Remo Buess KORREKTORAT Mirjam Läubli LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch, www.kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch, www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 79.—(inkl. MwSt), Gönnerabonnement CHF 150.— (inkl. MwSt), abo@kolt.ch, www.kolt.ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch, www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch, hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'800 ISSN 1664-0780 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien, Ziegelfeldstrasse 60, CH-4600 Olten. © 2017, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.
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Cover fotografiert von Ellen Mathys
Willkommen im 2017! Diese KOLT-Ausgabe ist für Sie die erste in diesem neuen Jahr, für uns auf der Redaktion ist es gefühlsmässig die letzte des Jahres 2016, schicken wir die «nächste Ausgabe» doch immer noch im alten Monat in die Druckerei, damit sie pünktlich zum Monatsbeginn in Ihren Briefkästen liegt. Und während Sie also erst gerade noch eine frohe Silvesternacht feiern durften, steht dem KOLT-Team der ganze Feiertagsmarathon noch bevor. Ich hoffe jedoch, dass wir gemeinsam auf ein wunderbares KOLTJahr zurückblicken können. Es war ein Jahr voller Geschichten, die wir in Olten finden durften. Geschichten gibt es noch genug, die Lust, diese Geschichten auf unsere Art umzusetzen – nämlich mit genauem Blick und der Unterstützung von talentierten Schreibern und Fotografinnen – die ist mit jeder guten Geschichte gewachsen und wird es hoffentlich weiterhin. Das schönste Geschenk (und ich schrieb bereits, Weihnachten steht uns de facto noch bevor) für eine Magazinredaktion wie die unsere ist es, wenn wir merken, dass unsere Geschichten gelesen werden. In diesem Sinne hoffe ich, dass auch diese Ausgabe Sie neugierig macht und Sie mitnimmt in hoffentlich unbekannte Welten. In dieser Ausgabe lesen Sie von einer Begegnung eines Meisterpianisten mit dem von ihm hochgeschätzten Oltner Steinway-Flügel. KOLT war dabei, als Radu Lupu das Klavier des Stadttheaters kurz vor seinem Konzert einspielte. (Seite 12) Auf Seite 26 lesen Sie das Interview mit dem Leiter des hiesigen Naturmuseums. Elia Blülle sprach mit Peter Flückiger nicht nur über die wortwörtlich steinalten Kostbarkeiten des Museums, sondern auch darüber, wie die Tätigkeit des Jagens und die Arbeit des Museumleitens zusammenpassen.
INHALT
8 Neuer Winkel
6 Im Gespräch
Die Winkelunterführung hätte ein Upgrade verdient, doch es fehlt der Stadt an Initiative. Nun will ein Einzelner nachhelfen.
Corinne Köpfli will den Oltner Fachhochschulstudenten die Stadt näher bringen
GENUSS 20
KOLUMNEN
Film Iranisches Meisterkino
24 NaRr
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«Schreibt...»
Musik
Kilian Ziegler Ein Draufgänger versucht es mit der Sicherheit
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12 Piano Superstar
Der Steinway-Flügel des Stadttheaters ist nicht nur über fünfzig Jahre alt, er ist auch eine Berühmtheit.
Petra & Désirée
Zwei, die mutige Musik machen
22 Literatur
«Nakupenda Sana»
Über das Werk des Literaten Leonard Cohen
STADT
34 Der koltige Monat
10
Wünsche für die Zukunft
Meinung Matthias Tschopp über Selbstverwirklichung, die allen hilft
26 Der Museumsdirektor
KOLT hat Peter Flückiger im Naturmuseum besucht und mit ihm über seine wertvollsten Schätze aus längst vergangener Zeit geredet – und darüber, was die Zukunft bringt.
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DAS GESPRÄCH
«Unser Bewegungsradius ist nicht sehr gross» Corinne Köpfli ist die Vizepräsidentin der Fachschaft Wirtschaft an der FHNW Olten und verrät, was die Fachschaft unternehmen will, um den Studenten die Stadt etwas schmackhafter zu machen – und was der Oltner Nebel damit zu tun hat. Interview von Nathalie Bursać Porträt von Janosch Abel
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orinne Köpfli, auf der FacebookSeite eurer Fachschaft sehe ich viele Fotos, die euch beim Trinken und Party Machen zeigen. Entspricht das nicht etwas gar stark dem Klischee? Die Realität entspricht nicht mehr in jeder Hinsicht diesem Klischee. Das Studentenleben hat sich verändert. Früher wollte man diese Zeit geniessen, heute gehen viele Studierende an die Fachhochschule, um zu lernen, und damit hat es sich. Bei vielen findet der Studienalltag zwischen 9 Uhr morgens und 17 Uhr nachmittags statt, und wenn die Vorlesung vorbei ist, fahren sie heim. Alle, die an der FHNW ein Studium beginnen, haben schon einmal gearbeitet und sind im Durchschnitt 22 Jahre alt. Jemand, der Teilzeit studiert, sieht das Studium möglicherweise schon so, dass er dort neue Freunde kennenlernen will. Aber es ist auch gut möglich, dass er mit der Arbeit und dem Studium schon genug zu tun hat.
Einmal im Monat veranstaltet ihr Pub-Touren. Wie bringt ihr die Studierenden dazu, daran teilzunehmen? Wir veranstalten die Pub-Touren jeweils am Donnerstagabend, weil die Teilzeitstudierenden freitags nicht an der FHNW sind und am Samstagmorgen um 8 Uhr Vorlesung haben. So können sie trotzdem dabei sein. Habt ihr mit den Barbetreibern Spezial-Deals? Diejenigen von uns, welche die Pubtours organisieren, sind aus Olten. Meistens kennen sie den Betreiber einer Bar und versuchen für uns ein Angebot herauszuholen. Wir kündigen uns auch immer an und bemühen uns, die Bars regelmässig zu wechseln, damit auch die Oltner Gastroszene erfährt, dass es noch uns gibt und sie uns ansprechen könnten. Den Studenten wollen wir zeigen, dass es in Olten mehr als nur das Terminus gibt. Verstehst du, wenn sich die Leute in Olten fragen, wo ihr Studierenden alle bleibt? Ja, das verstehe ich. Doch gerade weil die FHNW gleich beim Bahnhof liegt, ist unser Bewegungsradius nicht besonders gross. Im Sommer ist das dann ein wenig anders. Dann besuchen wir die Badi,
gehen etwas trinken oder grillieren irgendwo draussen in Olten. Olten hat einfach den Nachteil, dass es immer schlechtes Wetter hat. Dieser Nebel macht es uns nicht einfach. Was müsste Olten denn besser machen? Braucht es mehr Cafés oder alternative Lernorte wie beispielsweise Co-Working-Spaces? Schwierig zu sagen. Die Fachhochschule bietet uns so viel, dass wir gar nicht raus in die Stadt müssen. Ist es denn so toll an der Fachhochschule? Ich muss zugeben, das Gebäude an der Von Rollstrasse ist wirklich schön. Dort haben wir eine Bibliothek, Computer, Gruppenräume und Arbeitsinseln.
«Früher wollte man die Studienzeit geniessen, heute gehen viele Studierende an die Fachhochschule, um zu lernen, und damit hat es sich.» Es gibt eine grosse Mensa, und wenn man sich zurückziehen will, gibt es dafür spezielle Aufenthaltsräume. Beim Kraftwerk haben wir seit letztem Sommer Räumlichkeiten, wo wir kochen können. Es hat ein Sofa, eine Stereoanlage, einen Ruheraum und viel Platz. Ich bin aber auch der Meinung, dass Olten sich allgemein nicht optimal positioniert. Olten ist gemütlich und diejenigen, die es bereits kennen, schätzen es. Diejenigen, die es nicht kennen, versucht man gar nicht zu erreichen. Es wird einem auch nichts gezeigt oder schmackhaft gemacht. Eure Fachschaft plant nun, dieses Thema selbst in die Hand zu nehmen. Wie genau? Unsere Idee ist es, ein Booklet über Olten und seine Angebo-
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te mit Erfahrungsberichten, unter anderem von Austauschstudierenden, zu machen. Unser Ziel ist es, bis im Sommer ein solchen Booklet zu drucken, das dann zum Beispiel ins Welcome-Package gelegt wird, das alle Erstsemestrigen erhalten. Ihr wollt also die Studenten und die Region Olten einander näher bringen. Genau. Und davon spricht auch die FHNW. Diesen Gedanken versuchen wir weiterzuziehen. Nach den Studipartys und Pub-Touren wollen wir auch etwas mehr in die Tiefe gehen und wertvolle Inhalte mit akademischem Zusatz nachhaltig vermitteln. Wir wollen Unternehmen und das Gewerbe auf uns aufmerksam machen und dabei möglichst viel für die Studis rausholen. Wir haben zudem eine Art Ted-Talk angedacht, eine Vortragsreihe mit Unternehmern und Persönlichkeiten aus der Wirtschaft, die uns von ihren Erfahrungen erzählen sollen. Diese Vortragsreihe ist auch als Networking-Gelegenheit gedacht, um den Studierenden die Chance zu geben, wichtige Kontakte für ihr späteres Berufsleben zu knüpfen. Sind einige der Aufgaben, derer ihr euch annehmt, nicht auch die Aufgabe der FHNW-Leitung? Das ist eine gute Frage. Da die Fachhochschule so gross ist, ist es für uns als Fachschaft oder auch allgemein schwierig, für jedes Anliegen den richtigen Ansprechpartner zu finden. Das Positive ist aber, dass wir dadurch sehr grosse Freiheiten haben. Uns wird nichts verboten, man lässt uns freie Hand. Es ist eigentlich alles nur eine Frage der Eigeninitiative.
Corinne Köpfli, 25, studiert im 5. Semester Business Administration (International Management). Sie ist Vize-Präsidentin der Fachschaft Wirtschaft Olten und leitet deren Kommunikationsteam. Die Fachschaft Wirtschaft hat 32 aktive Mitglieder und finanziert ihre Arbeit über einen Freiwilligenbeitrag von 10 Franken pro Studierende und Semester. Corinne Köpfli ist in St. Urban (LU) aufgewachsen und wohnhaft.
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Frischer Wind im Winkel Die Winkelunterführung ist eine der unschönsten Ecken der Stadt. Während zahlreiche Vorstösse im Parlament und eine Volksinitiative bisher nichts erreichen konnten, versucht nun ein einzelner Player das Ruder herumzureissen. Text von Franziska Monnerat
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in Donnerstag im Dezember, die Dunkelheit bricht über Olten herein. Die Weihnachtsbeleuchtung über der Alten Holzbrücke taucht Fussgänger und Velofahrende in warmes Licht. Eingangs Winkelunterführung dekorieren zwei Mitglieder einer Oltner Partei unter hellen Neonröhren ihre Vitrine winterlich. Kostenlos zur Verfügung gestellt hat ihnen die Fläche, auf der nun etwas verloren Schneemänner auf Watte um ein gerahmtes Schweizerkreuz stehen, die Einwohnergemeinde Olten. Die Stadt ist Eigentümerin des Eingangs der Winkelunterführung beim Wildsauplatz sowie der beiden Ausgänge zur Hauptpost und zur Fachhochschule hinauf. Der Boden, der sich unter dem Bahnhofquai befindet, gehört dem Kanton. Was vor der steilen Rampe unter den Gleisen liegt, ist im Besitz der SBB. Die ganze Strecke dazwischen, vom Prestige 97 bis zu den blauen Schaukästen und den orange-weissen Fugen am anderen Ende der Unterführung, ist im Privatbesitz der SMP Invest AG. Vier Parteien teilen sich also die Winkelunterführung. Es ist ein komplexes Eigentumsverhältnis, das für viel Unmut sorgt, wie Vorstösse im Gemeindeparla-
ment, ein eigens gegründetes Komitee, eine Volksinitiative, Leserbriefe und Diskussionen in der Oltner Facebook-Gruppe zeigen. Dass der bauliche Zustand der zentralen Verbindung zwischen den beiden Stadtseiten zu wünschen übrig lässt und dass etwas geschehen muss, darüber sind sich die Eigentümer einig. Wie man dabei vorgehen will, darüber jedoch nicht. So schrieb Stadtpräsident Martin Wey in der Antwort auf «Winkel wird freundlicher für Velofahrer», den jüngsten Vorstoss im Gemeindeparlament, «dass es für die vielfältigen Herausforderungen keine befriedigende Lösung gibt». Wey bezieht sich auf eine vor vier Jahren vom Stadtrat in Auftrag gegebene Machbarkeitsstudie, in der die Metron Bern AG in verschiedenen Varianten aufzeigte, wie die Winkelunterführung aufgewertet werden könnte. Das unabhängige Dienstleistungsunternehmen für die Fachbereiche Architektur, Raumentwicklung, Verkehr, Landschaft und Umwelt zog im Kurzbericht das Fazit, dass «sich der Spielraum ganz wesentlich öffnet, wenn die Stadt die Winkelüberbauung kauft». Ein Schluss, zu dem auch Hugo Saner, Mitinitiant des Netzwerks Olten Ost, kommt. Saner, der 25
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Jahre lang leitender Kardiologe am Kantonsspital Olten war und zu den international führenden Personen seines Fachs zählt, setzt sich gerne für die Stadt ein, in er zur Welt kam. Er ist bekannt für sein vielfältiges und initiatives Engagement für die Stadt Olten (siehe KOLT Juni 2016, Anm. d. Red.). Besonders am Herzen liegt ihm die rechte Stadtseite. Aufgewachsen im Bifangquartier, sammelte er mittels Sponsoring und Crowdfunding Geld für die dortige Weihnachtsbeleuchtung. Nun nimmt Saner die seiner Meinung nach zentrale unterirdische Verbindung zwischen Olten Ost und Olten West ins Visier und versucht, auf eigene Faust zu vermitteln. Er will in der Winkelunterführung das erreichen, was dem Oltner Stadtrat und dem Eigentümer bisher misslang: einen Konsens. Seit mehreren Monaten trifft Saner hinter den Kulissen Abklärungen und führt Gespräche mit – wie er selbst sagt – «Experten verschiedenster Richtungen: Verkehrsplanern, Ingenieuren, Architekten, Immobilienspezialisten und Politikern». Trete die Stadt weiterhin als Miteigentümerin auf, werde ein «Flickwerk» entstehen, meint er. Auch wenn die Einwohnergemeinde ein Baurecht besässe, den fremden Boden also für eine befristete Dauer umnutzen könnte, so
«Dass der bauliche Zustand der zentralen Verbindung zwischen den beiden Stadtseiten zu wünschen übrig lässt und dass etwas geschehen muss, darüber sind sich die Eigentümer einig. Wie man dabei vorgehen will, darüber jedoch nicht.»
würde zwar der Hypothekarzins tiefer ausfallen, der Eigentümer könnte aber Einfluss auf die Art der Bebauung nehmen, indem er diese zum Beispiel vertraglich einschränkt. Ein Verkauf an die Stadt Olten ist laut Saner die «einzige wirklich gute Lösung». Denn so hätte die Stadt freie Hand bei der Neugestaltung. Von dieser Neugestaltung betroffen wäre die Unterführung, also alles, was sich unter der Erde befindet, nicht aber die Gebäude und deren Innenhof oberhalb. Wie die beiden Objekte voneinander abzugrenzen sind, wirft juristische Fragen auf. Antworten auf diese müsste der jetzige Eigentümer Erik Rischmann finden. Für eine Stellungnahme war er aufgrund von Ferienabwesenheit nicht zu erreichen. Es bleibt also offen, ob er einen Verkauf überhaupt in Betracht zieht. Bekanntlich muss die Stadt Olten sparen. Bei einer allfälligen Übernahme der Winkelunterführung durch die Einwohnergemeinde wäre es mit einer einmaligen Investition nicht getan. Eine Sanierung wäre notwendig, und auch diese würde mehrere Millionen kosten. «Ein Kauf wäre zwar die beste, aber auch die teuerste Lösung», argumentiert der für die Baudirektion zuständige Stadtrat Thomas Marbet. Unter der «gegebenen, angespannten Situation» könne er sich
«nicht vorstellen», dass die Stadt die Mittel für die notwendigen Investitionen, also den Kauf und die Sanierung, aufbringen könnte. Die Prioritäten liegen momentan gemäss Marbet anderswo, beispielsweise bei der Personenunterführung Hammerallee-Olten SüdWest. Saner sieht eine bessere Verbindung zwischen den beiden Stadtseiten als dringlicher an als die Verbindung zwischen dem Quartier SüdWest mit der Innenstadt. Das Geld könne «im Moment im Winkel sinnvoller eingesetzt werden», findet er. 15 Millionen Franken sind für die Erschliessung von Olten SüdWest vorgesehen. Bürgerliche Stimmen erheben im Gemeindeparlament immer wieder Einsprache gegen diesen Planungs- und Umsetzungskredit. Damit sich etwas an der aktuellen, vermeintlich ausweglosen Situation ändert, übt Saner auch Einfluss auf die Legislative aus – zumindest gewann man diesen Eindruck, als in der Gemeinderatssitzung Mitte November sein Name fiel. Neben dem Postulat zum Thema Veloverkehr diskutierte das Oltner Gemeindeparlament auch die Motion «Winkel wird freundlicher für alle», die einen Neuanstrich des Winkels in hellen Farben und eine bessere Beleuchtung forderte. Eine Pinselsanierung bringt Saners Meinung
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nach nichts. Ihm schwebt vielmehr ein internationaler Gestaltungswettbewerb vor, «damit etwas Tolles entsteht, das man auch ausserhalb Oltens als attraktiv und vorbildlich erkennt». Kurz vor der Abstimmung im Gemeindeparlament wandelte Antragssteller Ruedi Moor (SP/ Junge SP) die Motion in ein Postulat um. Zwar überwies das Parlament diese, doch muss der Stadtrat die Situation nun lediglich prüfen, statt Massnahmen zu ergreifen und zu handeln. Das verschafft Saner Zeit. Zeit, um Stadtrat und Eigentümer von seiner Vision zu überzeugen.
LESERPOST
«Das sind die Resultate, wenn man nicht vernetzt und in Prioritäten denken kann! Verpasste Chancen hatten wir in der Vergangenheit mehr als genug. Leider lernt man nicht daraus und wurstelt einfach weiter. Es fehlt an mutigen Machern, die nicht an ihre Wiederwahl denken.»
Reaktion in der FacebookGruppe «Olten» auf einen Post zu unserer «off the record»Glosse «Unglaubwürdig» (KOLT Dezember 2016).
OFF THE RECORD
Mittelmass im Mittelland N
eues Jahr, neue Vorsätze. Die beiden Worte wecken zwar Hoffnung, jedoch bleibts leider meist dabei. Womit wir beim Thema Politik landen. Im März wird die Oltner Stadtregierung neu gewählt. Die aktuelle Regierung hat vier Jahre lang versprochen, Kernaufgaben der Stadt Olten zu definieren und Prioritäten zu setzen. Diese ihre Kernaufgaben hat sie allerdings bis dato nicht definiert – diese Aufgabe erfordert Visionen, Ideen, Mut, Rückgrat und viel Arbeit –, und Prioritäten hat sie nur die eine gesetzt: Sparen. Erreicht wurde „Sparen“ dadurch, indem Budgets dort gesenkt wurden, wo die politische Gegenwehr gerade noch erträglich war. Das Resultat ist ein Flickwerk, das – immerhin – in schwarzen Zahlen resultierte. Die Verantwortlichen werden das als Erfolg werten, denn alle ihre Prioritäten und damit verbundenen Ziele wurden erfüllt. Investitionen flossen in erster Linie in den Werterhalt. Wohingegen die Entwicklung der Stadt an auswärtige Investoren delegiert wurde, dabei aber die notwendige Infrastruktur – wie beispielsweise neue Schulen und Kinderbetreuung für arbeitende Eltern – vernachlässigt blieben. Das Projekt „Andaare“ wurde vom Stimmvolk an der Urne angenommen und im Nachhinein von der Oltner Regierung storniert (darf man das?). Die Realisierung der – wahrscheinlich dem Eigentümer des Areals Olten SüdWest versprochenen – Hammerunterführung als Verbindung vom grössten städtischen Entwicklungs-und Siedlungsgebiet Olten Südwest zum bestehenden Stadtgebiet konnte der Stadtrat gegenüber dem Parlament nicht begrün-
den. Trotzdem wurden im Vorfeld viel Zeit und Geld mit Studien und Wettbewerben verloren. Die Regierung möchte jetzt erneut Geld sprechen für eine neue Studie zur Erarbeitung einer kostengünstigeren Variante (wurde „kostengünstig“ im ersten Anlauf nicht berücksichtigt?). Apropos Studien: Es wurde unter anderen eine Studie in Auftrag gegeben zur Aufwertung der Alten Aarauerstrasse und noch eine, welche das Entwicklungspotenzial der Brache Schützenmatte untersucht. Mit Studien zeigt man Interesse (es wird etwas getan!), delegiert die Verantwortung an die Auftragnehmer und lässt weitere Taten beliebig offen. Ein Projekt hat die Regierung selbst erarbeitet und an der Urne Zustimmung erhalten: „Das Haus der Museen“. Aus der Ferne betrachtet ein Konstrukt, welches wiederum der ersten Priorität und dem „Investitionsplan“ dient: Dem Sparen und dem Werterhalt. Apropos Werterhalt: Es wurden diverse städtische Liegenschaften an strategisch attraktiver Lage veräussert, unter anderem das Gebäude des Cultibo. Auch die Jugendbibliothek wurde verkauft. Das brachte kurzfristig Geld, langfristig betrachtet, verzichtete die Stadt dabei jedoch auf Einfluss. Rückblickend auf die letzten vier Jahre erkennt man keine Attraktivierung der Stadt Olten, die den angepeilten Bevölkerungszuwachs ermöglichen und halten könnte. Die geografische Lage bleibt der Standortvorteil und Olten bleibt weiterhin Mittelmass im Mittelland. Es existiert auch nach dieser Amtsperiode von vier Jahren leider keine Vision, die zeigt, wohin sich diese Stadt bewegen soll.
«Diese Aufgabe erfordert Visionen, Ideen, Mut, Rückgrat und viel Arbeit –, und Prioritäten hat sie nur die eine gesetzt: Sparen.»
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MEINUNG
Matthias Tschopp, 28, arbeitet Teilzeit als Baumpfleger und Forstwart, engagiert sich im Netzwerk «Olten im Wandel» und ist in der Freizeit gerne in den Bergen oder mit dem Velo unterwegs. Nach einigen Wanderjahren wohnt er wieder in seiner Heimatstadt Olten.
Unser Olten
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ch weiss nicht, ob mir zum Lachen oder zum Weinen zumute ist, denn das Ausmass der Ironie übersteigt schon fast das Blickfeld meiner Wahrnehmung. Tages-, ja wochenweise versinke ich selbst immer wieder im Sumpf des kollektiven Glaubens an die individuelle Selbstverwirklichung. Ratlos stehe ich dann vor dem Katalog meiner Möglichkeiten und meiner Bedürfnisse – begleitet von der Frage: Wie werde ich zur besten Version meiner selbst? Viele scheinen sich in ihrer Selbstverwirklichung im Kreis zu drehen und werden geplagt von der Frage: «Weshalb gelingt es mir trotz des breiten Angebots an Möglichkeiten nicht, meine Zufriedenheit zu finden?» Aber stellt die grenzenlose Selbstverwirklichung denn tatsächlich ein Grundbedürfnis dar, oder ist sie nicht eher eine Forderung unserer wachstumsgeprägten Wirtschaft nach fortwährender Maximierung unserer Leistungen? Ich für meinen Teil fühle mich jedenfalls wohler in Umgebungen, die nicht von einem blinden Wachstumszwang geprägt sind, sondern von gemeinsamen Werten und Interessen. In vielen NGOs und Firmen, aber auch in Nachbarschaften und Gemeinden wird bereits heute eine sol-
che Kultur gelebt. Die Realisierung von gemeinsamen und konkreten Werten ermöglicht dem Einzelnen, seine Fähigkeiten zu entdecken, sich sinnvoll einzubringen und damit mit seiner persönlichen Entwicklung zur kollektiven Entfal-
«Unzählige Initiativen aus nah und fern könnten uns als Inspiration für weitere Ideen dienen.» tung der Gemeinschaft beizutragen. Ich glaube, dass diese individuelle und die kollektive Entfaltung untrennbar miteinander verbunden sind und es an der Zeit ist, einen Weg einzuschlagen, der diesem Sachverhalt gerecht wird. Es ist ja nicht so, dass wir dafür das Rad neu
erfinden müssten. Es reicht, wenn wir uns den Luxus gönnen, unseren Gemeinbesitz gemeinsam zu nutzen, anstatt ihn zu privatisieren, um somit unser Leben, Wohnen und Arbeiten wieder mehr in Beziehung zu setzen mit unserer Umgebung. In Olten ist ein breites Bedürfnis spürbar, sich gemeinsam für die Interessen des unmittelbaren Umfelds einzusetzen. Crowdfunding für Weihnachtsbeleuchtung und Stadt-Sofas, ein lebendiges Cultibo als Begegnungszentrum, ein offener Bücherschrank, eine Restessbar und vielfältige kulturelle Angebote zeugen von realen Möglichkeiten. Unzählige Initiativen aus nah und fern könnten uns als Inspiration für weitere Ideen dienen. Nachbarschaftliches Car-Sharing, Tauschbörsen, partizipative politische Strukturen oder genossenschaftliche Wohn-, Landwirtschafts- und Energieversorgungsformen sind nur eine kleine Auswahl aus bestehenden Initiativen. Der Kern der Sache: in Beziehung zu treten mit dem Umfeld, aber nicht orientierungslos mitzueifern, sondern sich selbst treu zu bleiben und die eigenen Werte und Interessen zu leben – das klingt für mich nach unserem Olten!
KOLT ONLINE «Das Zusammenspiel funktioniert – ich fühle mich plötzlich zurückversetzt zu den Besuchen im Altersheim Ruttigen bei meiner Grossmutter, wo ich ähnliche Dialoge erlebt habe und mir damals schon gedacht habe, dass dies Realsatire sei, wie betagtere Menschen unfreiwillig komisch ihr Dasein fristen.» Auszug aus der Review zur 10-jährigen Jubiläumsausgabe von Strohmann-Kauz von Marie-Christine Friedli. Die Review gibts in voller Länge unter kolt.ch/altersheim KOLT
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Piano Superstar Text von Daniel Kissling Fotos von Ellen Mathys
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Vor ein paar Monaten erzählte mir jemand eine Geschichte. Es stehe in Olten ein Flügel, der sei von solch hoher Qualität, dass manche Meisterpianisten darauf bestünden, nur auf ihm zu spielen, gastierten sie in der Schweiz. Ein Stück Olten auf den renommiertesten Bühnen des Landes? Dieses Bild gefiel mir. Doch was steckt wirklich hinter dieser hübschen Stadtlegende?
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So sieht der Steinway-Flügel in seiner Freizeit aus: schön verpackt auf der Hebebühne des Stadttheaters.
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ls wir beim Stadttheater ankommen, empfängt uns der Techniker Erich Vezzaro. «Ihr wollt also unseren Rolls Royce sehen?», fragt er mich und die Fotografin. Wir nicken. «Dann gehen wir jetzt Lift fahren», lacht Erich und führt uns in den Konzertsaal. Vor dessen Bühne befindet sich eine Hebebühne. Fährt man sie hoch, vergrössert sie die Bühne. Doch wir schweben gemächlich hinunter Richtung Keller. Auf halber Strecke zeigt Erich auf eine gerade mal 1.50 Meter hohe und 1.30 Meter breite Luke. «Früher wurde der Flügel dort drin gelagert», erzählt er, «Damit habe ich sofort aufgehört, als ich hier zu arbeiten angefangen habe; viel zu eng. Die paar Schrammen, die er hat, reichen.» Ein Stock tiefer, zwischen aufgetürmten Stühlen und einem Standard-Klavier, steht er dann, gross zwar in den Dimensionen, doch unter seiner Abdeckung doch unscheinbar: der Rolls Royce von Olten. «Eigentlich schon verrückt», sagt Erich, «die meiste Zeit seines Lebens verbringt der Flügel hier unten im Dunkeln.»
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Meistens, aber eben nicht immer. Steht ein Klavierkonzert auf dem Programm, darf das Instrument aus dem legendären Hause Steinway & Sons schon am Morgen auf die Bühne. So auch an diesem Donnerstag im November. Auf dem Programm stehen Werke von Haydn, Debussy und Tschaikowski, rezitiert von Radu Lupu. Fragt man Kenner, dann handelt es sich bei dem Auftritt des 1945 in Rumänien geborenen und mittlerweile in Lausanne lebenden Pianisten um ein Highlight der aktuellen Saison. «Der Maestro ist kein Tastenlöwe wie andere bekannte Pianisten», sagt der Geschäftsführer des Stadttheaters, Herbert Schibler, «er ist ein Poet am Klavier.» Spricht Schibler während unseres Gesprächs von Lupu, dann nennt er ihn fast immer Maestro. Doch bevor sich der Meister persönlich ans Klavier setzt, kommt das Instrument in die Obhut von Markus Frei. Egal, wen man fragt, ob den Techniker oder den Geschäftsführer des Stadttheaters: Keiner kenne den Flügel besser als Markus Frei. Der gelernte Klavierstimmer, der sich Anfang der Neunziger unter dem Namen «Pianotechnik Frei» in Olten selbstständig mach-
«Ein Stock tiefer, zwischen aufgetürmten Stühlen und einem Standard-Klavier, steht er dann, gross zwar in den Dimensionen, doch unter seiner Abdeckung doch unscheinbar: der Rolls Royce von Olten.»
te, kümmert sich seither auch um die Tasteninstrumente im Stadttheater, ums Stimmen derselben, um ihren Unterhalt und hin und wieder auch ums Verladen. Als wir Markus Frei zuerst für ein Portrait über ihn und den Flügel anfragten, winkte er dankend ab. Auch ein Foto von ihm, wie er das Piano stimmt, hält er nicht für nötig. «Ich bin nicht wichtig», sagt er. «Das Klavier, Herr Lupu, darum geht es.» Markus Frei ist es, der den Flügel konzertbereit macht. Zwei bis drei Stunden dauert das Stimmen am Morgen des Konzerttages. Während dieser Zeit ist Frei mit dem Flügel ganz alleine. Erst am Nachmittag dann kommt der Pianist, testet das Klavier, tastet sich wortwörtlich daran heran. Und ist im besten Fall zufrieden, gibt im Normalfall Korrekturen an oder verlangt, im schlimmsten aller Fälle, dass noch einmal komplett neu gestimmt wird. Auch das hat Frei schon erlebt: «Einmal spielte ein junger Koreaner hier. Eineinhalb Stunden vor dem Konzert verlangte er noch einmal die verrücktesten Eingriffe von mir. Er schaute mir währenddessen zu und ass ein Sandwich. Solche Dinge passieren aber meis-
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tens nur bei jungen Pianisten oder Lokalmatadoren, die nervös sind. Da hat man manchmal auch eine psychologische Funktion.» Auch Radu Lupu gilt nicht gerade als umgänglich. In den letzten Jahren hat er sich mehr und mehr aus der Öffentlichkeit zurückgezogen. Interviews gibt er schon länger keine mehr, auch mit dem Aufnehmen von CDs hat er vor einiger Zeit aufgehört. «Menschen mit grossem Talent sind oft etwas speziell», meint dazu Schibler, der den Musiker seit zwölf Jahren kennt. «Er wirkt etwas scheu, doch lernt man ihn besser kennen, stellt er sich als ganz feiner Mensch mit einem wunderbaren Humor heraus.» Als der Meister später die Zustimmung dazu geben wird, sich von Fotografin Ellen beim Spielen ablichten zu lassen, grenzt das für Schibler wie für Lupus’ Agentin bereits an ein Wunder. Dass Lupu aber noch grosse Änderungswünsche anbringen wird, davon geht an diesem Tag eigentlich niemand aus. Schliesslich ist er es, der den Oltner Steinway über die Stadtgrenzen hinaus bekannt gemacht hat. Er ist es, der das Ins-
«Innige Beziehungen haben von aussen betrachtet oft etwas Unverständliches, etwas Geheimnisvolles. Zwischen zwei Menschen ist das so, und, so scheint es, auch zwischen Musikern und ihren Instrumenten.»
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meist sogar Jahre im Voraus. Doch woher kommt Lupus’ Vorliebe für den Oltner Steinway-Flügel? So richtig sagen könne man das nicht, meint Frei: «Er hat einfach eine gewisse Affinität für dieses Klavier. Die meisten Pianisten wollen ein möglichst neues Instrument. Dieses hier ist aus den Sechzigern, wurde aber vor ein paar Jahren komplett revidiert. Was noch original ist, das ist die Tastatur. Die ist noch aus echtem Elfenbein.» Innige Beziehungen haben von aussen betrachtet oft etwas Unverständliches, etwas Geheimnisvolles. Zwischen zwei Menschen ist das so, und, so scheint es, auch zwischen Musikern und ihren Instrumenten. Wobei beim Flügel noch der Klavierstimmer mit dabei ist, auch auswärts. «In Zürich meinte er, er schwächle. Ob er nicht neue Hammerköpfe haben könne, fragte er mich», sagt Frei zu Schibler mehr amüsiert als besorgt.
trument hin und wieder auf Reisen gehen lässt, nach Locarno oder nach Zürich in die Tonhalle, die selbst drei Steinways ihr Eigen nennt. Oder nach Genf in die ehrwürdige Victoria Hall, wo sich neben dem Hausflügel auch ein Klavier von einem renommierten Lausanner Geschäft befand, Lupu sich am Ende aber trotzdem für den Oltner Steinway entschied. Wenn Markus Frei der fürsorgliche Pflegevater des Klaviers ist, dann ist Radu Lupu dessen Liebhaber. Als der Pianist dann aber am Nachmittag ins Stadttheater kommt, um den Steinway zu testen, ist trotzdem eine gewisse Anspannung spürbar. Das Bild im Konzertsaal gleicht einer Inszenierung: Der Maestro, der vor praktischen leeren Rängen spielt. In der vordersten Reihe: Lupus’ Schweizer Agentin, die sich, im Stadttheater angekommen, bei Herbert Schibler als allererstes nach dem Gemütszustand ihres Schützling
erkundigt hatte. In der hintersten Reihe: Klavierstimmer Frei, aufmerksam, konzentriert, mit beinahe sichtbar gespitzten Ohren. Als Lupu stoppt und seinen Blick in den Publikumsraum wendet, steht Frei sofort auf, bereit, dem Maestro zu helfen. «They're sleeping» – «Sie schlafen», sagt er und meint damit seine Finger. Lupu ärgert sich nicht über den Steinway, sondern über sich selber: «I look everyday on the bloody notes, but...» Er schüttelt den Kopf, lacht schelmisch, schaut kurz hoch zur Fotografin – und setzt sein Spiel fort. «Für uns ist das natürlich eine Ehre und eine ganz spezielle Bewerbung unseres Hauses», sagt Schibler, «Aber auch ein Geschäft. Die Ausleihe ist nicht ganz gratis.» Und auch nicht ganz unaufwändig. Angeliefert wird der Flügel schon Tage vor dem Konzert, damit er sich an den Raum akklimatisiert. Die Reservation erfolgt Monate,
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«Die meisten Pianisten wollen ein möglichst neues Instrument. Dieses hier ist aus den Sechzigern, wurde aber vor ein paar Jahren komplett revidiert. Was noch original ist, das ist die Tastatur. Die ist noch aus echtem Elfenbein.»
«Und heute? Ist er zufrieden?», fragt Schibler. «Ich glaube, er fühlt sich wohl. Das merkt man anhand seiner Gestik und Mimik.» Wir kehren zurück in den Konzertsaal. Lupu spielt noch immer. Zwischendurch kommentiert er eine Stelle, die ihm nicht gelungen erscheint,
mit einem Seufzer. Als er gerade eine besonders elegische Passage spielt, unterbricht er plötzlich. Er schaut zu seiner Agentin, spricht sie an, vermutlich auf Russisch. Sie steht auf, geht zum Bühnenrand. Sie reden vertraut. Als sie sich wieder umdreht, wischt sie sich mit einem Taschentuch die Augen. Vor Rührung hatte sie zu weinen begonnen. Nach eineinhalb Stunden, wie im Zeitplan vorgesehen, packt Radu Lupu seine Noten zusammen. Mühselig rafft er sich vom Stuhl, kein klassischer Piano-Hocker, sondern ein normaler Stuhl mit Rückenlehne, auf. Seine Beine zittern leicht. Er stützt sich dabei aufs Klavier, das ihm wortwörtlich Halt zu geben scheint. Als er vorhin daran sass, seine Finger über die Tasten gleiten liess, hätte man nicht sagen können, ob Radu Lupu 55 Jahre alt ist oder eben 71. Nun sieht man ihm das Alter an. Im Frühling, so der Plan, wird er das letzte Mal über den Atlantik fliegen, um noch einmal mit den renommiertesten Orchestern in den grössten Sälen der USA zu spielen.
«How about coffee?», fragt Lupu seine Agentin, die seinen Arm nimmt, und richtet dann das Wort an Frei. Ich verstehe nicht alles, irgendetwas ist mit dem C in der ersten Oktave nicht in Ordnung. Frei verspricht ihm, sich drum zu kümmern. «Ich mache eine kurze Pause und komme dann um 17 Uhr wieder», sagt Frei zu Lupu, und der Meister entgegnet: «Und was ist, wenn Sie keine Pause machen?» Beide lachen. Im Hintergrund steht der 50 Jahre alte Steinway mit den Elfenbeintasten, glänzt schwarz im Bühnenlicht, bereit für seinen grossen Auftritt. Etwas mehr als eine Stunde wird dieser dauern, danach geht es wieder hinunter in den Keller. Doch der nächste Ausflug mit dem Meister folgt bestimmt.
Diese Hände mögen es, wie sich die Elfenbein-Tasten des Grand Pianos anfühlen.
KOLT
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SERIE
FILM
Zwei Menschen in der Stadt Das nächste Glanzstück aus dem Iran: The Salesman erzählt von einem Teheraner Paar, das mit Gewalt und mit sich selbst konfrontiert wird.
D
von Pierre Hagmann
as Nervige an Krimiserien ist ja meistens, dass wir Zuschauer unweigerlich nach dem Mörder suchen müssen. Der gesunde Menschenverstand hilft uns dabei selten weiter, wollen die Macher doch genau, dass wir alle Figuren unter Generalverdacht stellen, nur um am Schluss überrascht zu sein, wenn dann doch beim Verdächtigen Nr. 3 das Rädchen zum Stehen kommt. «Broadchurch» ist zu schade für solche GlücksradSpielchen. Lieber sollte man die tollen Bilder, die vielen guten Charaktere und die raffiniert aufgebaute Geschichte geniessen. Alles beginnt mit einem Mord am 11-jährigen Danny Latimer im überschaubaren Küstenort Broadchurch. Die Polizistin und gute Freundin der Familie Latimer, Ellie Miller (gespielt von der wieder einmal brillanten Olivia Colman), übernimmt nach ihrem Schwangerschaftsurlaub zusammen mit ihrem neuen Vorgesetzten Alec Hardy (sympathisch arschig gespielt von David Tennant) die Ermittlungen am Mord. Über acht Episoden zeigt uns «Broadchurch», wie dieser Kindsmord an der Dorfidylle rüttelt und die Familie Latimer in den Abgrund zu stürzen droht. Die Auflösung der Geschichte befriedigt, ebenso der überraschende Cliffhanger zum Schluss, der vielversprechend in die zweite Staffel überleitet. (nb)
Broadchurch
2013, 2 + Staffeln, 16 Episoden, Krimi, ITV, GB
DIE
5
A
sghar Farhadi, 2012 vom Time Magazine zu den 100 einflussreichsten Menschen des Planeten gewählt, hat einen neuen Film im Kino. «The Salesman» spielt in der iranischen Hauptstadt Teheran, und wie fast immer, wenn Farhadi einen Film gedreht hat, wird er mit Lob und Awards überschüttet. Im grossen Stil war das bei «A Separation» der Fall: Der Film aus dem Jahr 2011 gewann eigentlich alles, was es zu gewinnen gibt, darunter den Oscar für den besten fremdsprachigen Film. Nun, fünf Jahre später, steigt auch «The Salesman» ein ins Rennen um diesen Preis – mit intakten Chancen auf die Krönung. Wobei die Konkurrenz enorm ist: Die Longlist besteht aus 85 Eingaben aus aller Welt, ein Rekord; nur fünf schaffen die Nomination. Zu den Favoriten zählen unter anderem der deutsche Beitrag «Toni Erdmann», «Chevalier» aus Griechenland und die italienische Dokumentation «Fuocoammare» (KOLT, 9/16). Allesamt unbedingt sehenswert, und das Gleiche gilt, mit wenigen Abstrichen, auch für «The Salesman» von Farhadi. Die Iraner erkennen sich in der Geschichte offensichtlich wieder: In der Heimat hat das Drama alle Zuschauerrekorde gebrochen.
ALBEN MEINES LEBENS
Bob Marley & The Wailers Burnin` Wiegenlieder! Revolutionär und positiv, der Sound aus einem Guss, so ehrlich – und dieses Hohner D6 Clavinet: stand up!
Es ist eine etwas lang geratene Geschichte über Emad und Rana, ein modernes Paar aus der urbanen Mittelschicht von Teheran, beide in einem Theater beschäftigt, wo sie Arthur Millers Klassiker «Tod eines Handlungsreisenden» («Death of a Salesman») inszenieren. Dann aber, nach dem Umzug in eine neue Wohnung, wird Rana in der Dusche von einem Unbekannten brutal attackiert. Fortan entfaltet sich ein ungehöriger Druck auf die beiden und ihrer Beziehung. Rana ist traumatisiert, weigert sich aber, Anzeige zu erstatten; Emad betreibt Selbstjustiz, verliert peu à peu die Fassung. Es steht viel auf dem Spiel: Gerechtigkeit, der Ruf, die Liebe. Regiemeister Farhadi involviert die Zuschauer mittels seines bewährten Rezepts der subtilen Nähe: Ohne aufdringlich zu werden, lässt er uns nah an zwei Menschen heran, deren Wertekompass in der Alltagsrealität einer Stadt des rasenden Wandels zu kapitulieren droht. Teheran, sagt Farhadi, erinnere ihn an das alte New York in Arthur Millers Theaterstück. Es gibt viel zu deuten.
von Baptiste Beleffi von Palko!Muski
Various Artists The Rough Guide To The Music Of Russian Gypsies Diese Sammlung von Hymnen, Klassikern und Interpretationen der russischen Zigeuner-Musikhöre und singe ich in jeder Lebenssituation.
Iggy Pop Avenue B Iggy Pop ist der Grösste; mir gefallen alle seine Alben, am meisten die mit den Stooges. Avenue B ist aber mein persönlicher Soundtrack. Details gerne mal bei einer Flasche Rotwein.
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The Roots Do You Want More?!!!??! Als die Platte 1995 veröffentlicht wurde, hatte ich soeben ein Fender Rhodes erworben und spielte darauf alle Songs dieser Platte nach. Das Album hat mein Keyboardspiel geprägt.
The Beatles The White Album Es gab zuhause immer den elterlichen Streit: Rolling Stones (Vater) vs. Bob Marley (Mutter). Aber bei den Beatles konnte niemand etwas einwenden. Dieses Album ist mein wichtigstes. Ich höre es auf Vinyl und bin davon jedes Mal k.o.
MUSIK
U ns e r e E i g e nk o l l e k t i o n
Mutig Der Zürcher Fai Baba macht mit Domi Chansorn mutige Musik. von Marc Gerber
Ein Stück Natur auf der Nase
«S
ad and Horny» ist das sechste und neuste Werk des Solokünstlers Fabian Sigmund, wobei Solokünstler nicht ganz stimmt. Für das neue Album spannte der Zürcher mit Domi Chansorn zusammen. Ihr kennt ihn vielleicht als Solokünstler oder als Drummer von Knackeboul. Fakt ist, Domi Chansorn ist ein Tausendsassa, der wahrscheinlich sogar mit ein paar alten Topflappen Musik machen könnte, ja, so gut ist dieser Herr aus dem Oberaargau. Vielleicht auch darum ist er langjähriger Drummer bei Knackeboul oder hat als Solokünstler beim m4music 2012 den «Demo of the Year»-Preis gewonnen. Fabian Sigmund aka Fai Baba rockte hingegen vor allem in der Zürcher Szene, ob auf der Bühne mit der Zürcher Band Demolition Blues oder im Publikum. Es gab Zeiten, da sah man ihn an fest jedem Konzert. Natürlich nur dann, wenn er nicht gerade mit dem Einspielen neuer Musik beschäftigt war oder sich in New York von anderen Künstlern inspirieren liess. Gerade in dieser kalten Jahreszeit möchte man
KOLT
entfliehen. Mit «Sad and Horny» hast du die passende Musik mit dabei. Es ist ein Chrüsmüsi aus verschiedenen Balladen wie «Don't Belong Here» und ich-renn-so- schnell-wie-ichkann-Rock-Songs a la «Can't Get over You». Es ist Sound für den Heimweg nach einer langen Nacht: schön, aber zugleich auch sehr destruktiv, mit Gitarrenparts, die auf deiner Stirn Schweissausbrüche verursachen. Man darf den zwei Herren zu ihrem Mut gratulieren, denn ihre Musik ist einzigartig, hochkarätig und kompromisslos; etwas, was ich in der heutigen Zeit bei vielen Bands vermisse. Fai Baba tourt bis März durch Deutschland. Einziger Termin in der Schweiz ist der 17. Januar im Kaufleuten in Zürich – von Olten her gibts da zum Glück gute Zugverbindungen. Und es lohnt sich, versprochen.
Fai Baba
«Sad and Horny» VÖ: 25.11.2016 atreeinafieldrecords.com/artists/fai-baba/
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Bartlomé Optik AG Brillen und Kontaktlinsen Hauptgasse 33 - 4600 Olten www.bartlome-optik.ch
........................ KOLT liest ........................
BUCH
von Daniel Kissling
Eigentlich geht es immer um Liebe
DER RAUHE BERG von Einar Turkowski
Der Autor und Illustrator Einar Turkowski schafft mit seinem Bleistift bunte Bilderwelten. Geht nicht? Doch. «Der rauhe Berg» ist eine Parabel über einen Mann, der einen sagenumwobenen, als unbezwingbar geltenden Berg hinaufsteigt. Mit jedem Schritt verändert sich seine Wahrnehmung. Die detailverliebten Illustrationen von wundersamen Gestalten, die ihm auf seinem Weg begegnen, nehmen manchmal eine ganze Seite ein, manchmal nur einen Streifen, ab und zu streut Turkowski gar Bilder zwischen die Worte. Es bleibt viel weisse Fläche und damit Raum für die eigene Fantasie. Franziska Monnerat, Journalistin
PFERDE STEHLEN von Per Petterson
Ein Roman wie ein Fluss und tatsächlich spielt das Ganze an einem Fluss, an einem norwegischen: Es geht um Sohn und Vater, Jung und Alt, Unglück und Geheimnis. Schön! Pierre Hagmann, KOLT-Filmkolumnist
Beautiful Losers von Leonard Cohen
K
ürzlich wurde ein Poet ausgezeichnet und einer wurde begraben. Bob Dylan erhielt den Nobelpreis und Leonard Cohen starb. Letzteres hat mich doch ziemlich berührt. Cohens letztes, noch taufrisches Album «I Want It Darker» ist der Soundtrack meines Herbstes. Nur schon für dieses dunkle Requiem hätte er nämlich ebenfalls den Nobelpreis verdient. Und hätte ihn wohl auch nicht erstmal schnoddrig abgelehnt, wie Dylan dies tat, sondern sich galant dafür bedankt. Und ehrlich dafür gedankt, denn was vielleicht nicht alle wissen: Bevor Cohen zu einem der grössten Songwriter des 20. Jahrhunderts avancierte, war der Kanadier aus jüdischer Familie eigentlich Dichter und Schriftsteller; und als ich Mitte November vom Tod Cohens erfuhr, konnte ich mich nicht erwehren und bestellte mir bald seine halbe Werkliste nach Hause. Neben unzähligen Gedichten mit oder ohne Musik gehören auch zwei Romane dazu. «Beautiful Losers» heisst der zweite; er erschien 1966 und führt seine Leser in die Welt, welche Cohen-Fans aus seinen Songs kennen: in die Welt der Sünder und Säufer, des Begehrens, des Versagens, der Leiden und Leidenschaften. Und es geht um Indianer. Und um den Tod, denn damit beginnt das Buch: mit dem Tod der Frau des Ich-Erzählers, die von einem Fahrstuhl zerdrückt wurde. Selbstmord? Die Beziehung, das erfährt man bald, war jedenfalls alles andere als harmonisch. Bringen wir es auf den Punkt: In «Beautiful Losers»
geht es um die Liebe. Bei Leonard Cohen geht es immer um die Liebe, um deren Scheitern, und keiner weiss das Thema aller Themen sinniger in Worte zu fassen als er, keiner findet stimmigere Bilder für das Hin und Her zwischen zwei Menschen. Wie in seinen Songs jagt dabei ein wortwörtlich merkwürdiger Einzeiler den nächsten. Würde man mit einem Leuchtstift alles anstreichen, was einem in diesem Buch alles einfährt, so wäre jede Seite voll von Farbe. Auf leonardcohenfiles.com, einer Homepage, die sich der Katalogisierung des cohen'schen Werkes verschrieben hat, findet sich «A note to the reader», eine Nachricht an den Leser von «Beautiful Losers» publiziert in der ersten chinesischen Übersetzung, die im Jahr 2000 erschien. «Jedenfalls bedanke ich mich für dein Interesse an dieser komischen Sammlung von Jazz-Riffs, Popkultur-Witzen, religiösem Kitsch und genuschelten Gebeten», schreibt Cohen. Der Satz würde sich auch in einer Dankesrede für den Nobelpreis gut machen. Dass Cohen ihn verdient gehabt hätte, dafür ist «Beautiful Losers» ein weiterer, zur Abwechslung prosaischer Beweis.
Auf deutsch: Leonard Cohen: Beautiful Losers BTB, 2013. 230 S. 978-3-442-73988-2 Im englischen Original: HarperCollins, 2009. 283 S. 978-0-00-731838-4
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AnziehungskrAft
liegt in unserer nAtur. KOLT
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AM TRESEN
Diese Bar ist ja eigentlich schön gelegen, so mitten in der Altstadt. Und man sieht auch so gut hinein, wenn man draussen vorbei flaniert und eher zu der Sorte Mensch gehört, die ungeplante Begegnungen vermeiden will. Ein Blick in die Kreuz Bar, und man weiss, ob der nervige Arbeitskollege oder die Neue vom Ex beim Bier sitzen. Ist die Luft rein, geht’s hinein. Man schreitet durch den Haupteingang des Restaurants, schiebt den schweren Vorhang zur Seite und biegt rechts ab in die Bar des Hauses hinein. Das Ambiente dort hat etwas von AprésSki-Hütte, Eidechsen-Terrarium und Hotellobby in einem. Holz, Stein, Leder und Flachbildschirme dominieren die Inneneinrichtung und in der Luft wabern die Gerüche sämtlicher Speisen, die auf der Menü-Karte zu finden sind. An diesem Abend im Dezember ist es besonders voll in der Kreuz-Bar. An den hohen Tischen wird nicht der Bierseligkeit gefrönt, sondern dem Verspeisen von Pizzen und grossen Salatportionen. Die Bar ist, so scheint es, heute die Verlängerung der Gaststube, und weil der Tresentester an diesem Abend eigentlich Lust hat auf richtiges Barfeeling ohne Skispringen im Hintergrund, gehts nach einem Bier den gleichen Weg zurück, nach draussen an die kalte, frische Luft.
Kreuz Bar
Hauptgasse 18
WO SPIELT DIE MUSIK?
Dieses Jahr wird
«Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band» von den Beatles 40 Jahre alt. Ohne nostalgisch zu werden: Wieso ist das wichtig? Es ist eine Gelegenheit zur Würdigung und Reflektion. Die Künstlerin Solange veröffentlichte letztes Jahr das Album «A Seat at the Table». Ein geniales R&BAlbum, das eine altbekannte Stimmung aufbaut, dann aber in experimentellen Pop mündet. Aber was hat dies mit den Beatles zu tun, die vor bald 40 Jahren in der Londoner Abbey Road musizierten, komponierten und experimentierten? Nun eben, dass sie es taten. Ohne Übertreibung sind die Beatles wohl die wichtigste Band überhaupt; Väter und Innovatoren der Popmusik, wie wir sie heute kennen. Zusammen mit ihrem Produzenten George Martin krempelten die Beatles die Ärmel hoch und entwarfen in 700 Stunden «Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band»; eine unglaublich aufwändige und kreative Musikproduktion. Wenn wir also Solanges innovativen R&B hören, dann erkennt man in ihren technischen und kreativen Spielereien die Arbeitsweise der Beatles. Grund genug, wieder einmal die alte Beatles-Platte auszugraben und sich inspirieren zu lassen. (ud)
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MOST WANTED
Stadtbibliothek Man mag gar nichts mehr sagen zu altbekannten Spitzenreitern in der Stadtbibliothek. Darum interessiert diesen Monat umso mehr der Roman auf Podestplatz Nummer drei. drängt mit seinem Thriller an die Spitze. Wie es dort ausschaut, das weiss der deutsche Autor und Journalist aber bereits: Schliesslich gehört er zu den meistverkauften Krimiautoren Deutschlands.
Sebastian Fitzek «Das Paket»
Jugendbibliothek In der Jugendbiblio macht die Lotta dem Greg Konkurrenz. Der zehnte Band der Reihe
«Mein Lotta-Leben» aus der Feder von Alice Pantermüller heisst «Der Schuh des Känguru» und hat gute Aussichten auf den ersten Platz der Beliebtheitsliste. (nb)
KILIAN ZIEGLER
NaRr von Flavia Obrist
Liebe im Zeitalter des iPhone Der Bildschirm leuchtet. Sie hat geschrieben. Ihm geschrieben. Er nimmt das Handy in die Hand, entsperrt, ignoriert das andere Zeugs, Interaktionen, Möglichkeiten und Dringlichkeiten, die ihm entgegenleuchten. Er liest ihre, nur ihre Nachricht. Lächelt. Freut sich drüber, antwortet auf ihre Fragezeichen und gibt sich dabei grosse Mühe. Auch das verlangte Selfie macht er. Doch sie schreibt nicht zurück. Trotz Fragezeichen. Zwei sogar. Wie ihr Tag aussehe, fragt er. Wie sie seine Frisur finde, fragt er. Sie schaut das letzte Selfie noch einmal an. Es gefällt ihr. Er gefällt ihr. Lächelt endlich mal. «Gefällt mir. Du lächelst endlich mal», tippt sie. Und löscht es dann wieder. Er ist online. Sie sieht das. Unter seinem Namen steht: online. Und sie weiss auch: Wenn sie tippt, steht unter ihrem Namen, auf seinem Bildschirm: «schreibt...» Mit drei Punkten. Erwartung. Das weiss sie. Das hat sie auch schon gespürt. Und löscht ihn darum wieder, ihren Text. Er hält sein iPhone in der Hand. Aus den Kopfhörern dröhnt immer noch Sound. Er bemerkt es gar nicht mehr, ist ganz bei ihr, bei ihren Worten. Online. Schreibt... Online. Schreibt... Online. Und dann: «Zuletzt online um 14:57 Uhr». Vor zwei, vielleicht auch nur eineinhalb Minuten. Liebe im Zeitalter des iPhone.
Flavia Obrist (1994) wohnt normalerweise in Basel, momentan aber in Wien. Sie studiert Medienwissenschaften und schreibt. u.a. fürs Narr. www.dasnarr.ch
Luftpolsterfolie
E
r führte ein Leben am Limit. Nicht nur ein bisschen, nein, er war krass drauf. Er ging bei Gelb über die Strasse, benutzte nur jeden zweiten Tag die Zahnseide, las Mails nicht nochmals durch, bevor er sie abschickte. Eben die harte Tour. Er war ein Draufgänger, ohne drauf zu gehen. Bis eines Tages, als er wieder einmal dabei war, Kopf und Kragen zu riskieren, etwas geschah, das sein Leben veränderte. Er wollte gerade einen nicht ausreichend frankierten Brief in den Briefkaten werfen, als er sich an einer Kante des Couverts schnitt. Man könnte behaupten, es war nicht mehr als eine Schramme, ein Wündchen, ein Bobo (das Wort Bobo stammt übrigens aus dem Französischen und wird eigentlich «beau beau», übersetzt «schön, schön» geschrieben, was heisst, dass kleinen Verletzungen auch Schönes innewohnt), doch für ihn war dieser Schnitt ein Einschnitt, eine Zäsur. Das Leben, das wurde ihm klar, war eine einzige Gefahrenzone; Gefahren waren die Gefährten des Alltags, und er musste sich vor ihnen schützen. Er schwor sich, ab jetzt auf sich acht, ach was, achteinhalb zu geben. Von nun an würde er stets auf der sicheren Seite sein. Sein neues Motto: «No risk, no problems» – nicht umsonst endet das Wort Risiko mit «K.O.» Er begann ein neues, sicherere(rere)s Leben. Zunächst suchte er sich den behütetsten Job, den er
finden konnte: Er wurde Beamter. Dann schloss er nicht nur sein Haus ab, sondern auch zahlreiche Versicherungen. Er verliess sein Daheim nicht mehr ohne Helm, seine Jacke hatte keine Kapuze, sondern einen Airbag und sowieso glich sein Outfit der Ausrüstung eines Eishockey-Goalies. Bevor er den Fussgängerstreifen überquerte, schaute er nicht nur nach links und rechts, sondern auch rauf, runter und zurück. Auf dem Sofa schnallte er sich an. Er imprägnierte sein Handy und klebte an seinem Laptop nicht nur die Webcam, sondern den ganzen Bildschirm ab. Er badete nur mit Schwimmweste (und ohne Wasser), er trank kein Bier und rauchte nicht. Er träumte nicht von Supermodels, sondern von Schutzengeln, und seine neue Lieblingslektüre waren die Sicherheitsinstruktionen in Flugzeugen. Er führte ein Leben in Luftpolsterfolie, eingenistet in der Komfortzone, zu allen Risiken hielt er Sicherheitsabstand. Sein Dasein war so sicher, das Pentagon hätte zu ihm in die Nachhilfe gekonnt. Er wurde hundertfünfzig Jahre alt, dann starb er an Alterschwäche. Vielleicht aber auch an Langeweile.
«Sein Dasein war so sicher, das Pentagon hätte zu ihm in die Nachhilfe gekonnt.»
Eine sichere Zeit Kilian Ziegler P.S.: Der perfekte Musik-Tipp für die Komfortzone: die Band «Comfort and Sons».
MEHR ALS EINE DRUCKEREI
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PETRA & Désirée
Nakupenda Sana von Désirée Klarer (Text) und Petra Bürgisser (Illustration)
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s ist widerwärtig. Alter, weisser, schrumpeliger Mann. Junge, bildhübsche, schwarze Frau. Oder umgekehrt. Alte, weisse, meist pummelige Frau und junger, bildhübscher, schwarzer Mann. Das sind die Paare, die in Mombasa die Landschaft stören. Oder mich beim Frühstück in der Cafesserie. Das scheint der Ort zu sein, an den man seine Beute erst einmal mit hin bringt, bis man sich ihrer sicher ist. Dann kann man sie auch getrost ins Hotel mitnehmen, wo es von solchen Paaren nur so wimmelt. Der Anblick ist so ekelhaft, dass man sich schämt, selbst weiss zu sein. Auch wenn ich mit meinen 30 Jahren noch nicht zu diesen alten, sabbernden Wasungu, zu diesen alten Ausländern, gehöre. Und bei den Gestalten, die man in Kenia antrifft, hat der Zahn der Zeit nicht nur länger an ihnen genagt, sondern tief in sie reingebissen. Das ist wohl auch der Grund, warum sie in der Heimat nicht fündig geworden sind. Doch nicht alle sind so blauäugig. Es gibt auch solche wie Kunigunde, deren Gespräch ich kürzlich mithören durfte. Gerade als ich in mein mit Aprikosenkonfitüre bestrichenes Croissant beissen wollte, setzte sie sich
gemeinsam mit ihrer Busenfreundin Erika neben mich auf die Bank, denn der Rest der Cafesserie war besetzt. Auf der Bank war es zudem ein bisschen ruhiger als im Rest des Lokals – mitunter ein Grund, weshalb ich mich gerne dort aufhalte. «Er heisst Ketah. Gross, Rastas. Mitte zwanzig.» Und «Oh, er ist ein begnadeter Tänzer», hörte ich Erika sagen, deren Augen leuchteten, als sie Kunigunde von ihrem Typen erzählte. «Denkst du nicht, er macht das für Geld?» «Was jetzt,
das Tanzen? Nein, nein. Er hat einen anderen Job. Er ist Geschäftsmann.» Das war offenbar nicht das, worauf Kunigunde hinauswollte. Also fragte sie ihre Freundin etwas genauer: «Geschäftsmann, soso. Und womit handelt er?» Sie blickte verstohlen an einen der Nebentische, an dem sich gerade eine andere «Liebesgeschichte» abspielte. «Er handelt mit Rohstoffen. Er hat gesagt, er macht Rohstoffe zu Geld.» «Aha. Rohstoffe.» Wieder blickte Kunigunde zum Paar am Nebentisch. Dieses Mal ein bisschen offensichtlicher. Ein Wink mit dem Zaunpfahl unter Freundinnen. «Ja. Und weisst du was? Ich glaub ihm das. Und ich glaub ihm auch, dass er mich wirklich mag.» «Warum?» «Er hat mir gesagt: Nakupenda sana». «Und was heisst das?» «Das heisst Ich liebe dich auf Suaheli.»
Désirée Klarer lebt in Zürich, studiert an der ZHAW und schreibt meistens über das, was um sie herum passiert.
Wir liefern die Energie fürs Leben in der Region.
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Aare Energie AG Solothurnerstrasse 21 Postfach 4601 Olten Telefon 062 205 56 56 Fax 062 205 56 58 info@aen.ch www.aen.ch
Mit Staunfaktor Seit 12 Jahren hegt und pflegt Peter Flückiger die Schätze des Naturmuseums Olten. Ein Gespräch mit dem Biologen und Jäger über die Wichtigkeit von Museen, Glücksfunde und die wertvollsten Stücke der Oltner Sammlung.
Interview von Elia Blülle Fotos von Remo Buess
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Der Wert dieses IchthyosaurierSch채dels ist unsch채tzbar und seine Ber체hmtheit reicht weit bis 체ber die Oltner Stadtgrenze hinaus.
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Peter Flückiger, ich behaupte, dass Museen aussterben und sie die Digitalisierung nicht überleben werden. Das Internet und neue Techniken wie virtual reality übersteigen das Potential der Museen. Was antwortest du? Der Erfolg der Museen widerlegt diese These. In den letzten Jahren gab es einen eigentlichen Boom, viele neue Museen entstanden, und sie werden von allen Bevölkerungsschichten stark frequentiert. Museen sind keineswegs überholt: Sie erfüllen viele Bedürfnisse der Menschen.
Welche? Die reale Präsenz der Objekte ist die entscheidende Stärke der Museen. Wir haben der virtuellen Welt unserer Zeit immer etwas voraus. Wir haben die Dinge in Echt – zum Bestaunen, Anfassen und Ausprobieren! Die Mona Lisa im Louvre betrachtet man, weil sie ein Original ist. Für eine Reproduktion dieses Bildes würde niemand stundenlang anstehen. Verstehst du das Museum also als Gegenstück zur Virtualität? Der technische Fortschritt verläuft zu
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schnell, als dass ausstellungstechnisch alle Möglichkeiten ausgereizt werden könnten. Es gibt im Alltag eine grosse Übersättigung von virtuellen Inhalten; da springen wir Museen ein. Die Konkurrenz der Museen wächst, Aufmerksamkeit ist ein begrenztes Gut. Wie müssen sich Museen anpassen, damit sie ihr Publikum nicht verlieren? Sie müssen ihre zentralen Funktionen wahrnehmen: Sammeln und Dokumentieren, Erforschen und Vermitteln. Museen sind das
Von der Natur fasziniert, seit er denken kann: Biologe und Museumsleiter Peter Flückiger.
«Wir haben der virtuellen Welt unserer Zeit immer etwas voraus. Wir haben die Dinge in Echt – zum Bestaunen, Anfassen und Ausprobieren!»
Franken. So viel kosten heute an manchen Orten zwei Tassen Kaffee. Die meisten übrigen Angebote und Vorträge sind gratis. Aber wenn das kein grosser Budgetposten ist, sollte es als Museumsleiter doch in deinem Interesse sein, so viele Besucher wie möglich ins Museum zu locken. Du könntest dies durch das Streichen der Eintrittspreise erreichen. Das Naturmuseum Olten wird auch beim geltenden Eintrittspreis sehr gut besucht. So konnten wir letzte Woche (Anm. d. Red.: 24. November 2016) den zehntausendsten Besucher in diesem Jahr begrüssen. In Olten lief in den letzten Jahren eine erbarmungslose Spardebatte; die Stadt kränkelt finanziell, alle Museen standen auf der Sparliste. Du hast dich nie geäussert und auch im Vorfeld dieses Interviews erwähnt, dass du keine museumspolitischen Fragen beantworten möchtest. Warum? Es ist nicht meine Aufgabe, als Museumsleiter Politik zu betreiben. Ich überlasse das den Politikern.
Objektgedächtnis einer Gesellschaft und stiften Identität. Wichtig ist die erlebnisorientierte Vermittlung. Wer dabei Emotionen weckt, gewinnt. Britische Museen haben 2001 die Eintrittspreise für die ständigen Sammlungen abgeschafft. Darauf verzeichneten sie einen enormen Besucherzuwachs. Ist das eine Option für dich? Wir haben ein sehr niederschwelliges Angebot. Bei einer Familie mit minderjährigen Kindern bezahlen lediglich die beiden Elternteile insgesamt 10
Auch wenn durch diese Politik dein fundamentales Interesse – die Weiterexistenz deines Museums – gefährdet war? Ich hatte den Auftrag, einen Bericht zu verfassen, in welchem ich darlegte, welche Auswirkungen eine allfällige Schliessung des Naturmuseums auf die Stadt Olten hätte. Dieser Bericht hat sicher auch mitbewirkt, dass das Museum weiterexistieren kann. Mit dem Haus der Museen haben wir nun eine neue, wundervolle Perspektive. Das Haus der Museen: Ein beschönigter Begriff für eine Sparübung? Nein, das stimmt nicht. Sonst wären die Museumsleitungen nicht geschlos-
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sen hinter der Vorlage gestanden. Das Volk hat im Juni dem Projekt, das Naturmuseum Olten, das Historische Museum Olten und das Archäologische Museum Kanton Solothurn an einem Ort zusammenzuführen, mit einem überwältigenden Mehr von 82 Prozent zugestimmt. Dieses Resultat hat gezeigt, dass die Museen von der Bevölkerung positiv wahrgenommen werden und für die Standortattraktivität der Stadt Olten wichtig sind. Das Haus der Museen bietet Vorteile. Der Flächenreduktion steht ein inhaltlicher Mehrwert gegenüber: Dank Unterstützung aus dem Lotteriefonds des Kantons Solothurn erhalten die Museen neue, zeitgemässe Dauerausstellungen. Die moderne Infrastruktur und Technik, der hindernisfreie Zugang zu allen Räumen und die museumsübergreifende Zusammenarbeit sind weitere Vorteile. Das Haus der Museen ist für alle ein Mehrwert. Trotzdem hast du einen Drittel weniger Platz. Das muss doch eine enorme Einschränkung sein? Nein. Im heutigen Naturmuseum gibt es teilweise eine Mischnutzung von Flächen. Das wird im Haus der Museen nicht mehr der Fall sein. Sonderausstellungen müssen nicht mehr inmitten der Dauerausstellung präsentiert werden und für Workshops steht uns ein eigener Raum zur Verfügung. Der neue Ort hat somit viel Potential. Die Zukunft des Naturmuseums ist gesichert. Damit sind die Spardiskussionen vorerst vorüber. Trotzdem musst du mit einem sehr kleinen Budget arbeiten. Wie kann man damit noch ein gutes Museum betreiben? Ich habe auch in Zeiten der Hochkonjunktur, als es noch keinen Spardruck gab, immer auf die konsequente Zusammenarbeit mit anderen Museen und zielverwand-
ten Institutionen gesetzt. Wir haben uns als Naturmuseum die Nachhaltigkeit nicht nur auf die Fahne geschrieben, wir leben sie. Die in Koproduktion mit anderen Häusern realisierten Wanderausstellungen sind jahrelang unterwegs, beispielsweise die aktuelle Ausstellung «Baumeister Biber». Finanzielle Mittel sind übrigens immer beschränkt, auch in grossen Museen. Mich interessiert der Konjunktiv «was-wäre-wenn» nicht. Meine Aufgabe als Museumsleiter ist es, mit den finanziellen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen, das Optimum herauszuholen. Vor zwei Monaten hat das Naturmuseum beeindruckenden Zuwachs bekommen. Ja! Wir haben einen 1,12 Meter langen, acht Kilo schweren Stosszahn einer Mammutkuh erhalten. Um 7:30 Uhr wurde mir in einem Anruf mitgeteilt, Traxführer Andy Wirz habe in der Kiesgrube Härkingen einen Mammutzahn gefunden. Am selben Morgen noch haben wir den Zahn abgeholt und die Fundstelle dokumentiert.
«Museen sind das Objektgedächtnis einer Gesellschaft und stiften Identität.» Was passiert jetzt mit dem Stosszahn? Bevor er in die Ausstellung kommt, muss er langsam getrocknet und konserviert werden, damit er nicht spröde wird. An der Uni Bern macht man im Moment eine C14-Analyse der entnommenen Proben, um das Alter des Zahnes zu bestimmen. In den letzten Jahren wurden in unserer Region verschiedene solche Funde gemacht, die dann in unsere Sammlung kamen und erforscht wurden. Was ist das für ein Gefühl, wenn du einen solchen Anruf bekommst? Überwältigend. Solche Funde sind Glücksfälle für das Museum und die Wissenschaft. Seit dem letzten Fund eines Überrestes eines eiszeitlichen Tiers wurde in der Kiesgrube Härkingen eine halbe Million Kubikmeter Kies abgebaut, bis Andy Wirz diesen Stosszahn fand. Ein solches Relikt kann man nicht suchen. Man findet es. Neben dem Mammut, das vor langer Zeit beim Bahnhof Olten gefunden wurde, ist der Ichthyosaurier-Schädel das beste Stück des Museums. Wieso? Die «Neue Zürcher Zeitung» nannte ihn den Kamikaze-Ichthyosaurier. Die Überreste dieser urzeitlichen Fischechse, die vor 190 Millio-
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Den Überresten des Mammuts, das man einst in der Nähe des Oltner Bahnhofs fand, gebührt ein Ehrenplatz in der Ausstellung des Naturmuseums.
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Auch das Naturmuseum hat seine Schatzkammer: Peter Flückiger im Kulturgüterschützraum der Stadt Olten.
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«Wer fokussiert, wer sich nicht ablenken lässt, kommt besser zum Ziel. Das habe ich beim Jagen gelernt.»
nen Jahren gelebt hat, wurde in einer Tongrube auf dem Unteren Hauenstein gefunden. Einzigartig ist, dass der Schädel senkrecht in die versteinerten Meeressedimente eingebettet war. Nicht parallel, wie das zu erwarten wäre, sondern mit der Schnauze voran. Dabei hat er seine dreidimensionale Form behalten. Unser Exemplar ist weltweit der am besten erhaltene Ichthyosaurier aus dieser Zeit. Für Kreationisten gilt er sogar als Beweis für die Sintflut. Wie bitte? Kreationisten glauben an die biblische Schöpfungsgeschichte und lehnen die Evolutionstheorie ab. Ihrer Ansicht nach muss eine gewaltsame Bewegung, ausgelöst durch Wassermassen,die senkrechte Lage des Fossils herbeigeführt haben. Diese Theorie wurde in kreationistischen Foren weltweit diskutiert. Es gibt eine religiöse Fernsehstation, die den Fund besprach, und auch eine kreationistische Zeitschrift aus Australien griff diese Geschichte auf, mit Bildern von mir und dem Ichthyosaurier aus Olten. Es ist spannend zu sehen, wie Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen zu verschiedenen Schlüssen kommen. Man kennt dich auch als begeisterten Jäger. In deiner Freizeit erlegst du Tiere, im Museum präservierst du Tiere für die Ewigkeit. Wie passt das zusammen? Das ist kein Widerspruch. Ich habe eine sehr enge Beziehung zur Natur. Bereits im Vorschulalter habe ich, während die übrigen Familienmitglieder noch schliefen, Vögel beobachtet. Aufgrund meiner Naturbegeisterung habe ich Biologie studiert und doktoriert. Ich enga-
gierte mich beruflich und ehrenamtlich im Naturschutz. Als ich vor zehn Jahren Jäger wurde, verschaffte mir dies einen anderen und neuen Zugang zur Natur. Ich erachte es auch als Privileg, dass ich Fleisch von Wild essen kann, das ich selbst erlegt habe. Wie wichtig ist beim Jagen der Respekt vor der Natur? Der Respekt vor der Mitwelt ist für den Jäger oder die Jägerin essentiell. Er äussert sich in der Weidgerechtigkeit. Wir sind keine Schiesser und Wildtöter. Wir sind Jäger. Was hat deine Arbeit als Museumsleiter mit der Tätigkeit des Jägers gemeinsam? Die Konzentration: Wer fokussiert, wer sich nicht ablenken lässt, kommt besser zum Ziel. Das habe ich beim Jagen gelernt. Die Entschlusskraft: Als Jäger ist man oft mit Situationen konfrontiert, die schnelle Entscheidungen erfordern. Das hilft mir enorm, auch in meinem Berufs- und Privatleben. Die Jagd ist eine Bereicherung für mein Leben, eine Liebe auf den ersten Blick. Es hat noch keinen Tag gegeben, seit ich jage, an dem ich nicht an die Jagd gedacht oder mich damit auseinandersetzte habe. Dasselbe gilt auch für das Museum. Du bist in Olten aufgewachsen, du bist naturverbunden. Wo gefällt dir die Natur in Olten am besten? In meiner Kindheit spielte der Bannwald eine grosse Rolle. Das war mein Wald! Dort beobachtete ich Vögel, dort spielten wir Indianer und fanden abgeworfene Rehgeweihe. Später dann waren es der Obergösger Schachen und
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der Jura. Mein Vater war Präsident des Schweizerischen Juravereins, und wir wanderten viel. Die Sunnenweid ob der Froburg, von wo aus ich auf die Stadt und die Alpen am Horizont blicken kann, ist ebenfalls ein Ort, den ich sehr gerne mag. Und natürlich bedeutet mir der Bornwald viel, den ich zu allen Zeiten erlebe, zum Beispiel um Mitternacht im Schneetarnanzug auf der Wildsaujagd unter dem Sternzeichen des Orions – dem Jäger am Firmament.
Dr. Peter Flückiger (57) ist in Olten aufgewachsen. Er studierte an der Universität Zürich Biologie und promovierte an der Universität Basel. Seit 1998 leitet der Zoologe das Naturmuseum Olten, dem unter seiner Führung 2010 von der Akademie der Naturwissenschaften Schweiz (SCNAT) der renommierte «Prix Expo» für langfristiges Engagement verliehen wurde. Er präsidiert auch die Naturforschende Gesellschaft des Kantons Solothurn. In seiner Freizeit ist der Museumsleiter und Familienvater begeisterter Jäger.
DER KOLTIGE MONAT
Das KOLT-Team wünscht dir mit diesem Bild ein gigantisches Jahr 2017! Annelies Elsenberger macht jeweils am Oltner Guetzliwettbewerb mit und hat mit den «Mailänderli für die Kirchgasse» den zweiten Platz erreicht.
Was wir uns für die Zukunft wünschen: >> Ein Tram, das im 10-Minuten Takt von 5 Uhr früh bis 00.30 Uhr spät vom Oltner Bahnhof bis nach Trimbach, Dulliken und Hägendorf fährt und den Grundstein legt für eine richtig koltige Entwicklung dieser Stadt >> Eine Zwischennutzung «Bahnhofsmeile» an der Tannwaldstrasse (bit.ly/bahnhofsmeile) >> Ein Kreativzentrum, das junge Musiker, Gestalterinnen, Fotografen, Journalistinnen und Startups von Basel, Zürich und Bern anlockt, weil es in ihrer Stadt keinen bezahlbaren Platz mehr gibt >> Eine erfolgreiche, neue, politische Kraft, die parteiunabhängig städtische Politik betreibt, um diese Stadt ohne Vorurteile in die Zukunft zu entwickeln >> Einen Wavegarden auf dem Areal Olten Südwest, der eingebettet in einen Park mit Baggersee Wellenreiter aus der ganzen Schweiz auf die Oltner Wellen lockt und ein neues Tourismusangebot schafft (wavegarden.com)
>> Keine Geldsorgen mehr, also bitte bestellt KOLT-Geschenkabos, danke! >> Ja klar, wir wollen noch immer diese ENZO-Möbel auf der Kirchgasse >> Wir wünschen uns im Sommer ein attraktives Aare-Ufer mit Bars, Cafés und Liegewiesen
Vor allem aber wünschen wir dir weiterhin viel Spass mit KOLT und auch, dass wir dich weiterhin zu unseren sehr geschätzten KOLT-Abonnenten zählen dürfen. Wenn Dir einmal etwas (nicht) passt, dann schreib uns doch eine Mail auf hallo@kolt.ch. Wir freuen uns wirklich über positive und negative Rückmeldungen!
Weitermachen, los! Vielleicht sehen wir uns in der Stadt. Dein KOLT
10. bis 20. Mai 2017
Reservieren Sie sich jetzt schon folgende Termine: BUNDESORDNER, SATIRISCHER JAHRESRÜCKBLICK
Schützi Olten Di, 31. Januar und Mi, 1. Februar 2017
6. OLTNER KABARETT-CASTING
Schwager Theater Fr, 17. Februar / Fr, 17. März / Fr, 7. April 2017 Finalabend Di, 16. Mai 2017 KOLT (während des Festivals)
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Aarau • Affoltern am Albis • Bern • Grenchen • Langenthal • Olten Solothurn • Thun • Winterthur • Wohlen • Zug • Zumikon • Zürich
r e s a l n Auge 50.– 17 F H C ab RK) uge, P (pro A
«Ich spiele so gerne Klavier, dass ich es auch umsonst tun würde. Gott sei Dank wissen das meine Konzertagenten nicht.» Arthur Rubinstein
COVER wünscht Ihnen ein leidenschaftliches 2017!
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