KOLT #47

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www.kolt.ch

NUMMER ZWÖLF 2013 // CHF 5.-

013

SIE BRAUCHEN JETZT HILFE VON OBEN

IM GESPRÄCH Richtig guter Kaffee in Olten! FREAKS Johnny Depps Pistole hängt in Fulenbach STERNSCHNUPPEN Rapper Greis ganz ruhig KOLUMNE Chris von Rohrs Tirade gegen Kröten IM RAMPENLICHT Vom Vatikan nach Trimbach


16 Standorte in der ganzen Schweiz, mit dem Herzen in der Region Olten: www.nussbaum.ch

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IMPRESSUM

VERLAG / HERAUSGEBER Verlag 2S GmbH Leberngasse 17 4600 Olten verlag@v2s.ch www.v2s.ch VERLAGSLEITUNG Yves Stuber, Matthias Sigrist REDAKTIONSLEITUNG Nathalie Bursać (nb) redaktion@kolt.ch

"Was man heute in vielen Gastronomiebetrieben als Kaffee serviert bekommt, kann ich nur als Frechheit bezeichnen."

EDITORIAL

Eugenio Gullo Seite 13

Illustration von Daniel Bracher www.bildwandel.com

FINANZEN Matthias Gubler INTERNETAUFTRITT Mathias Stocker LAYOUT / SATZ Christoph Haiderer, Gaia Giacomelli REDAKTIONELLE MITARBEIT Fabian Saner, Caspar Shaller, Désirée Klarer, Stephanie Schumacher, Franziska Monnerat, Seraina Scherer, Pedro Lenz, Kilian Ziegler, Christian „Ché“ Dietiker, Dino Lötscher, René „Fribi“ Freiburghaus ILLUSTRATION Gaia Giacomelli, Anna-Lina Balke, Jamie Aspinall, Daniel Bracher, Manuel „Ti“ Mathys, Pascal „Tokijad“ Hofer, Céline Fallet, Petra Bürgisser

Cover fotografiert von Michael Isler

FOTOGRAFIE Michael Isler, Janosch Abel, Yves Stuber, Florian Amoser LEKTORAT Hannes Zwicker LESERBRIEFE leserbriefe@kolt.ch www.kolt.ch/leserbriefe AGENDA agenda@kolt.ch www.kolt.ch/agenda ABO Jahresabonnement CHF 49.—(inkl. MwSt) Gönnerabonnement CHF 99.—(inkl. MwSt) abo@kolt.ch www.kolt.ch/abo INSERATE inserate@kolt.ch www.kolt.ch/inserieren KONTAKT www.kolt.ch hallo@kolt.ch AUFLAGE 1'500 DRUCK Dietschi AG Druck und Medien Ziegelfeldstrasse 60 CH-4600 Olten © 2013, Verlag 2S GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit Genehmigung. Die Urheberrechte der Beiträge bleiben beim Verlag. Keine Gewähr für unverlangt eingesandte Manuskripte, Fotos und Illustrationen.

KOLT

Dezember 2013

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ätten Sie es gewusst? Dass die Oltner Stadtkirche die Kirche der Christkatholiken ist? Ich nicht. Ich weiss nur, dass ich dort einmal während meiner Schulzeit mit meiner Altflöte aufgetreten bin -– eine Erinnerung, die verdrängungswürdig ist. Brigitta Köhl hingegen hat viele gute Erinnerungen an dieses Gebäude, ja, sie kennt es sogar in- und auswendig. Die 72-Jährige amtet seit anfangs Jahr als Präsidentin der christkatholischen Kirchengemeinde und war schon als Kind stolz darauf, ein wenig anders als die anderen zu sein. Es ist keine einfache Aufgabe, der sie sich nun angenommen hat, denn die Pendenzenliste hat es in sich: Geld auftreiben für die dringend notwendige Sanierung der Stadtkirche und gleichzeitig mal eben schnell dafür sorgen, dass die jetzt schon kleine Gemeinde nicht noch weiter schrumpft. Die Titelgeschichte dieses Heftes ist eine Geschichte über Oltner Kirchenrevolutionäre und ihre gegen die Zeit und das Vergessen kämpfenden

Nachkommen. Es ist eine Geschichte über das Hoffen auf einen Neuanfang – und deshalb passt sie gut in die Dezember-Ausgabe. Im diesem KOLT lesen Sie auch über Eugenio Gullo, der die Hoffnung auf guten Kaffee noch nicht verloren hat (Seite 13) und weil doch bald Weihnachten ist, gibt es auf Seite 14 eine schöne Lesegeschichte. Sie handelt von der Hexe von Olten, die es tatsächlich gegeben hat – oder vielleicht auch nicht. Die Wahrheit kennt wohl nur Autor Stephan Habegger, der mit diesem Text den Oltner Literaturwettbewerb „Stadtlesen“ gewonnen hat.

mit freundlicher Unterstützung von:

DRUCK&MEDIEN OLTEN

Ich wünsche Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, viel Vergnügen bei der Lektüre dieser Ausgabe und hoffe, sie geniessen die kommende Advents- und Weihnachtszeit. Und nicht vergessen: KOLT lässt sich ganz leicht verschenken - wir übernehmen auch das Verpacken und Vorbeibringen, versprochen. Olten, im November 2013 Nathalie Bursać

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MEHR ALS EINE DRUCKEREI .... DIETSCHI PRINT&DESIGN AG

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INHALT

DEZEMBER 2013

13 03 EDITORIAL / IMPRESSUM 06 PREVIEWS

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Highlights im Dezember 2013

11 CINEMA Der alte Mann und das Meer // 5 Fragen an Adrian Stern, Musiker

13 DAS KLEINE JOB-INTERVIEW Eugenio Gullo, Barista

18

14 STADTLEBEN Die Hexe von Olten

16 IM EXIL Menschen aus der Region berichten aus der Welt: Los Angeles, Hidden Valley, Bo Thong, Levanto

18 Sie brauchen jetzt Hilfe von oben Gestatten, die Christkatholiken von Olten!

26 HÖREN & LESEN

31

26 Chris von Rohr "Das Märchen von der Kröte" // La Vache Kili "Winter ade" 27 Schon gelesen...? // KOLT liest... 28 Pedro Lenz "Die Unterscheidung der Räume" // Flavia Obrist "Ich hab noch nie einen Menschen ertrinken sehen" 29 Ché‘s Bro Tipps // Deeno‘s Review // Fribi‘s Metal News

30 IM RAMPENLICHT

32

30 Argentinisches Temperament in Trimbach // Reise in den Schneepalast 31 "Ich war lange Zeit laut"

32 FREAKS BRAUCHT DAS LAND "...am liebsten E.T.s Raumschiff!"

34 DAS LIEBSTE ZUM SCHLUSS Die besten Dinge des Monats

KOLT

Dezember 2013

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PREVIEWS

29. JAHRESAUSSTELLUNG DER SOLOTHURNER KÜNSTLERINNEN UND KÜNSTLER Ausstellung des Kunstvereins Olten KUNSTMUSEUM OLTEN www.kunstvereinolten.ch www.kunstmuseumolten.ch

NICOLE BERNEGGER & THE KITCHENETTES

FRITZ HALLER UND DIE SOLOTHURNER SCHULE

Konzert Vortrag

1. Dezember 2013 – 26. Januar 2014

Die Jahresausstellung bietet einen vielfältigen und repräsentativen Überblick über das aktuelle Kunstschaffen von Künstlerinnen und Künstler mit Bezug zum Kanton. In diesem Jahr haben sich 189 Kunstschaffende mit 679 Werken für die Teilnahme beworben, 57 von ihnen wurden ausgewählt. Das künstlerische Spektrum ist vielseitig, das Altersspektrum breit: von Jahrgang 1988 bis 1927. Ein abwechslungsreiches Rahmenprogramm begleitet die Ausstellung. Die Werkbetrachtungen „Kunst zum Zmittag“ und auch die „Kunstlupe“ für Kinder finden im Dezember und Januar statt (4.12. und 8.1. bzw. 14.12. und 11.1.), die neue Reihe „Führungen für Seniorinnen und Senioren“ offeriert am 12.12. und 9.1. einen Ausstellungsrundgang, zwei öffentliche Sonntagmorgen-Führungen gibt es (15.12. und 12.1.) und der Januar wartet gleich mit zwei Premieren auf: Der 1. Oltner Kunst-Stammtisch, eine offene Gesprächrunde zu aktuellen Themen, findet am 21.1. in der Ausstellung statt und der 1. Oltner Künstlerball wird am Samstag 25.1. ab 20 Uhr einen kräftigen und farbigen Schlussakzent setzen.

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Im Rahmen der Sonderausstellung: Moderne Architektur im Kanton Solothurn – 1940 bis 1980.

EGGIMAARUNDIFROU

SCHÜTZI OLTEN www.bromusic.ch

Theater

Fr 6. Dezember 2013

HISTORISCHES MUSEUM OLTEN Konradstrasse 7 4600 Olten 062 212 89 89 www.historischesmuseum-olten.ch

THEATERSTUDIO OLTEN www.theaterstudio.ch

Türöffnung: 20 Uhr Konzert: 21 Uhr

Fr 6. Dezember 2013, 20.15 Uhr Sa 7. Dezember 2013, 20.15 Uhr

Vorverkauf: www.starticket.ch

Vortrag: Mo 2. Dezember 2013, 19.30 Uhr

Vorverkauf: Leotard, Ringstrasse 28, Olten

Ausstellung: bis 14. September 2014 Öffnungszeiten: Di bis Sa 14-17 Uhr So 10-17 Uhr

Die Schweizer Nachkriegsarchitektur wurde nachhaltig geprägt durch die Arbeiten einiger Solothurner Architekten, die man später unter der Bezeichnung „Solothurner Schule“ zusammengefasst hat. Zu ihnen gehörte auch Fritz Haller (1924-2012), der nicht nur durch bedeutende Bauwerke wie die Maschinenfabrik Agathon (im Bild) bekannt wurde, sondern auch durch das nach ihm benannte Möbelsystem „USM Haller“. Professor Dr. Georg Vrachliotis vom Karlsruher Institut für Architekturtheorie stellt in seinem Vortrag Fritz Haller und die „Solothurner Schule“ näher vor.

„EggiMaaRundiFrou“ ist ein verspieltes Konzert auf theatralischem Boden mit Texten des Langnauer Lehrers und Dichters Ernst Eggimann. Er macht in seinen Mundart-Gedichten unseren Alltag wiedererkennbar und vollbringt mit ironischem Wortwitz den Spagat zwischen rauem Dasein und feinsten Träumen. Der Pianist und Komponist Willy Schnyder hat Eggimanns Poesie vertont. Ihm gelang eine ungewohnte Symbiose zwischen Sprache und Musik. Die Vokalkünstlerin Agnes Hunger und der Sänger Thomas Leu beseelen die Zwischenräume ums Beizen-Buffet, den Stammtisch und den Scheitstock. „EggiMaaRundiFrou“ ist ein kultureller Leckerbissen, gewürzt mit sprachlichen und gesanglichen Delikatessen. Eine sehenswerte Kleinkunst-Trouvaille und ein entzückendes Theaterereignis – laut und leise, urchig und gschpürig.

Mit einer grossartigen Performance und dem Sieg bei „The Voice Of Switzerland“ hat sich die Powerlady endgültig in die Herzen der Schweiz gesungen und eindrücklich klar gemacht, dass sie für die grosse Bühne geboren ist. Nicole hat die stampfenden Rhythmen, heissen Bläserklänge und die Leidenschaft des Northern Soul im Blut und ist kaum zu bändigen, sobald sie das Mikrofon ergreift. Im Oktober erschien ihr mit Stress und Fred Hermann produziertes Album „The Voice“, das sie am Freitag, 6. Dezember in der Schützi Olten zusammen mit ihrer zehnköpfigen Band The Kitchenettes vorstellen wird. Aktuell ist sie mit ihrer ersten Single „The Fool“ an den Radios zu hören. Dieser Song sei zu einem grossen Teil auch biografisch zu verstehen. „The Fool“ findet sich irgendwo zwischen Duffy, Amy Winehouse und Adele wieder.

Dezember 2013

KOLT


DEZEMBER 2013

Tipp des Monats

GUSTAV - THE HOLY SONGBOOK TOUR Konzert presented by WortWelten Kollektiv powered by art i.g. und Schützi Olten SCHÜTZI OLTEN www.schuetzi.ch Do 12. Dezember 2013 Barbetrieb ab 19:30 Uhr Konzert ab 20:30 Uhr Vorverkauf: www.starticket.ch

Ausstellung

GHOST TOWN TRIO Konzert Jazz in Olten VARIO BAR www.ghosttowntrio.ch

KUNSTMUSEUM OLTEN www.kunstmuseumolten.ch

PARTY MIT SIMU&SIMU

bis Sommer 2014

Party präsentiert von Procap Reisen & Sport

Öffnungszeiten: Di–Fr 14–17 Uhr Do 14–19 Uhr Sa/So 10–17 Uhr

Sa 7. Dezember, 21 Uhr KULTURZENTRUM SCHÜTZENMATTE www.simusimu.ch www.procap.ch Sa 7. Dezember 2013, 19 Uhr Eintritt frei

Das Ghost Town Trio macht aus PopHits und Rock-Klassikern Jazz. Also nicht so richtigen Jazz. Sondern einfach interessante Musik, gespielt von Jazzmusikern. Das Trio um den Gitarristen Urs Vögeli macht sich über alles her, was von anderen Coverbands gefürchtet wird: Queen, die Beatles, Dire Straits oder Mani Matter. Und so wird aus einem bombastisch produzierten Rock-Song ein karges, verletzliches Stück oder aus einem Techno-Stampfer eine sanfte Ballade. Aufgeführt wird das alles mit viel Humor und Schalk. Durch den grossen Erfolg und die vielen Konzerte wirkt das Trio cooler als manche Rockband.

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DISTELI – KELLER – WARHOL

Der neue Reisekatalog 2014 wird getauft und die Highlights der kommenden Saison werden vorgestellt. Zudem sind auch die schönsten Bilder des Reisejahres 2013 zu sehen. Ab 19.30 Uhr heizt die VolksmusikBand „Simu & Simu“ so richtig ein! Also nicht verpassen – wir freuen uns über jeden Besuch!

Gustavs Bühnenpräsenz ist weitum bekannt. Der Ausnahmekünstler aus Freiburg unterhält sein Publikum mit Schalk, Witz und Ironie, und mit seiner wilden Spontanität, lässt er die Leute teilhaben an seiner stürmischen Kreativität. Man singt, klatscht, pfeift, tanzt, hüpft, buht oder kniet auch mal spontan auf den Boden. Gustavs Konzerte sind ein Abenteuer – für Musiker und Zuschauer. „The Holy Songbook – Live“ ist ein improvisiertes Musikspektakel mit drei Begleitmusikern und unzähligen Instrumenten. Gustavs Publikum wird Teil der Band, musiziert, tanzt oder singt (oft ungefragt) mit. Ein vielseitiger, humorvoller und zugleich tiefgründiger Liederabend, multiinstrumental und dreisprachig.

Im Rahmen der Ausstellungsreihe „Disteli-Dialog“ realisiert der Schweizer Konzeptkünstler San Keller (*1971) unter dem Titel «Disteli – Keller – Warhol» ein Kunst- und Filmprojekt, das sich um eine aussergewöhnliche Tausch-Aktion dreht: Es ist sein erklärtes Ziel, den Gründungsbestand des Kunstmuseums Olten, die Sammlung von rund 2000 Werken des Karikaturisten und politischen Zeichners Martin Disteli (1802–1844) gegen ein Gemälde von Andy Warhol aus einer amerikanischen Sammlung zu tauschen.

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PREVIEWS

DEZEMBER 2013 HAMMER NIGHT – SILVESTERPARTY Party GALICIA BAR www.bromusic.ch Di 31. Dezember 2013 Doors: 22 Uhr Vorverkauf: Galicia Bar, Unterführungsstrasse 20, 4600 Olten

BEA VON MALCHUS / WIND IN DEN WEIDEN Theater THEATERSTUDIO OLTEN www.theaterstudio.ch

NACHTFIEBER "FAMILIE-SCHLUUCH"

Fr 13. Dezember 2013, 20.15 Uhr Sa 14. Dezember 2013, 20.15 Uhr Vorverkauf: Leotard, Ringstrasse 28, Olten

Late Night Show mit Famiglia Rossi

ADRIAN STERN

www.nachtfieber.ch

Konzert präsentiert von BOZ1000

Sa 28. Dezember 2013 22.01 Uhr

SCHÜTZI OLTEN Fr 20. Dezember Türöffnung: 19.30 Uhr Konzert: 21 Uhr Willkommen im England von Queen Victoria. Es geht mal wieder um alles! Wagner, Gandhi, die Queen, Florence Nightingale – vor allem aber um Kenneth Grahame. Er war Vize-Chef der Bank von England und liebte Boote. Er schrieb „The Wind in the Willows“, einen Bestseller, der von einem Maulwurf, einem Kröterich, einer dichtenden Ratte und einem furzenden Dachs handelt. Um Grahame zur Niederschrift dieses Werks zu bringen, musste zunächst ein Sozialist im Büro drei mal auf ihn schiessen - freundlicherweise daneben... Wir verbringen den Abend mit Grahame, seiner Familie und seinen tierischen Freunden. Wir fahren Oldtimer zu Schrott, hören Countrymusik, erfahren, was Banker wirklich treiben, rudern wahnsinnig viel, trinken Scotch, kraulen durch den Ärmelkanal, singen, verstehen endlich die Weltgeschichte und schämen uns wegen unserer T-Shirts von H&M. Danach sagen wir bis zum Schlafengehen Reime auf, die sich nicht reimen. „Wind in den Weiden“ – ein tierisch britischer Abend, oft lustig und wenn nicht, dann angemessen traurig.

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Vorverkauf: www.starticket.ch

Über 50'000 verkaufte Alben von „Herz“, über 90'000 verkaufte Singles von „Amerika“. Nach einer kreativen Pause und intensiver Studiozeit meldet sich der leidenschaftliche Liedermacher zurück. Er zupfte Saiten, drückte Tasten, feilte an neuen Melodien und Texten. Und man darf sich freuen: Adrian Stern ist in Hochform! Mit eingängigen und berührenden Melodien und Geschichten mit der richtigen Prise Charme und Witz, beweist er einmal mehr, warum er zu den beliebtesten und besten Mundartkünstlern der Schweiz zählt. Mit dem neuen Album „1&1“ ab 4. Oktober im Plattenladen, am Freitag, 20. Dezember live in der Schützi Olten.

Wie sagt der Volksmund: „Man kann mit der Familie feiern, oder ein gemütliches Fest machen.“ Nachtfieber hat sich für Ersteres entschieden und gleich die Famiglia Rossi eingeladen. Mit ihr zusammen beschliesst Oltens Late-Night-Show fürs Mittelland sein sechstes Jahr. Rossis sind eine grosse Portion musikalische Italianita aus dem Basler Gundeli-Quartier. Rossis schmachten bis die Fetzen fliegen. Wenn auch die Nicht-Eingeladenen kommen, wenn die Enterbten ihren Pflichtteil einfordern, wenn sich Eine um Kopf und Kragen redet um nichts zu sagen, wenn Schwarze Schafe neben Silberrücken sitzen müssen, wenn die Höflichkeit über Ausfälligkeiten hinwegtäuscht, wenn man aus Neid nicht über Geld spricht, wenn geheuchelt und gemeuchelt und am Ende trotz allem gesungen wird, heisst dies: „Familie-Schluuch“. Wir freuen uns viele alte und neue Gesichter der Nachtfieber-Familie zur 30. Ausgabe zu begrüssen!

Ins neue Jahr startet die Oltner KultParty „Hammer Night“ im Light-Format. Die „Hammer Night“ ist ein Event mit Musik aus der Beat-Generation der 60er-, 70er- und 80er-Jahre sowie neuerem Sound mit Vintage-Flair: Flower-Power-Classics, Roots-Rock, Blaxploitation, Real Funk, Soul- und Reggae-Goodies, Afro-Beat, Blues-Burners, Psychedelic-Rock, Rock’n’Roll, Old-School-Hits, Crossover und andere Bad-Ass-Grooves laden zum Abtanzen ein. Das neueröffnete Lokal GALICIA bietet die ideale Plattform für die Retro-Party im Club-Format. Hier kann man in gemütlicher Atmosphäre tanzen und chillen. An den Plattentellern wird DJ Tom Tom, bekannt von den legendären Hammer-Nights in der Schützi, die Flower-Power-Gefühle von damals aufleben lassen. Der Hammer war in den 60er Jahren eine der ersten Schweizer Diskotheken und wurde schnell zum landesweit Treffpunkt für Fans guter Musik. Zu nationaler Berühmtheit gelangte das Lokal durch den allerersten Schweizer Auftritt der Kultband Pink Floyd im Jahr 1968. Die „Hammer Night“ steht in der Tradition dieser musikalisch wegweisenden, hochemotionalen Epoche.

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KOLT


KULTURSPLITTER

MONATSTIPPS DER PARTNERMAGAZINE AUS AARAU | BASEL | BERN | LUZERN | ST. GALLEN | VADUZ | WINTERTHUR | WWW.KULTURPOOL.BIZ

stehen, 68 Stunden jährlich warten wir am Telefon ... Obwohl oder gerade weil es sich beim Warten auch um eine alltägliche Erfahrung handelt, stellen wir uns selten die Frage, was es eigentlich bedeutet zu warten. «Le monde attend – Die Kunst des Wartens», die Ausstellung im Forum Schlossplatz in Aarau bietet Gelegenheit dazu. Mit Arbeiten von Georgette Maag, Sebastian Marbacher (Bild), Bessi Nager, Christoph Ruckstuhl, Corina Rüegg, Sabine Trüb, Nives Widauer

TEUFEN: LEIDENSCHAFT IN HOLZ

u.a. sowie mit Hörbeiträgen von Autorinnen, Zeitfor-

Er träumt von einer «Ein-Kubikmeter-Holz-pro-Kopf-

schern, Taxifahrern und anderen Menschen zwischen

Gesellschaft» – der Holzbauvisionär, gelernte Zim-

9 und 90 Jahren.

mermann und Bauingenieur Hermann Blumer wird

Bis 9. Februar 2014,

70 Jahre alt. Anlass ein reichhaltiges Arbeitsleben ins

Infos unter www.forumschlossplatz.ch

Licht zu rücken. Anhand von vielen Arbeiten werden seine innovativen Holzbauentwicklungen mit Plänen, Zeichnungen, Modellen und Bildern aus seinem Privatarchiv beim Grubenmann-Museum gezeigt. Erweitert Kulturmagazin wird die Ausstellung mit Werken unter anderem von Winterthur

Gabriela Brühwiler, Pascal Lampert, Ursula Palla, Stefan Rohner, oder Hans Schweizer. bis 9. März 2014, Zeughaus Teufen www.zeughausteufen.ch

AUSSTELLUNG GERMAINE RICHIER Sie hat ein ähnlich beeindruckendes Werk wie Alberto

LUZERN: AUF DEM TRIP

Giacometti geschaffen, mit dem sie bekannt war.

Auf mehreren Ebenen der Visualität tanzen sich die

Die französische Plastikerin Germaine Richier schuf

drei Künstlerinnen Fang Yun Lo, Hyun-Jin Kim und

Skulpturen, die den Menschen in seiner existentiellen

Deborah Gassmann aus Luzern durch Motive wie Be-

Unsicherheit zeigen. Ein Markenzeichen waren zudem

wusstsein, Kontrolle und Macht. Beamer-Projektionen,

ihre Mischwesen aus Mensch und Tier, die sie aus

Rauchschwaden sowie der schleppende Post-Rock von

mythischen Geschichten ableitete. Das Kunstmuseum

Schlagzeuger Patrick Zosso und Sänger Philipp Burrell

Bern zeigt die erste Retrospektive zu Richier in der

(beide ehemals Marygold) gehören zum Repertoire des

Schweiz und präsentiert rund 60 Plastiken aus dem

WINTERTHUR: DEZEMBER-AUSSTELLUNG

Performance/Tanz-Trios. Von Artikeln einer koreani-

gesamten Schaffen. Richier fand zu Lebzeiten interna-

Die Dezember-Ausstellung hat in Winterthur

schen Tageszeitung inspiriert, beschäftigt sich das Kol-

tional Anerkennung, heute ist sie eine beeindruckende

jahrzehntelange Tradition. In diesem Rahmen wird

lektiv im diesjährigen Projekt mit dem Phänomen des

Wiederentdeckung.

jeweils eine breite Überblicksschau über das regionale

Stalkings. «Die Anderen» handelt von emotionalen Ge-

Kunstmuseum Bern. Ausstellung bis 6. April 2014

Kunstschaffen und im Folgejahr eine fokussierte

fangenschaften, die in Raum und Zeit erkundet wer-

www.kunstmuseumbern.ch

Ausstellung gezeigt. Die diesjährige Ausstellung bietet

den – und sich im Tanz emanzipieren?

34 Künstlerinnen und Künstlern eine Plattform, ihre

Polymer DMT: Die Anderen, MI 12.,

aktuellen Arbeiten in der Kunsthalle und den Räumen

DO 13. und FR 14. Dezember, Südpol Luzern

des Kunstmuseums Winterthur vor Publikum zu bringen. Dieses Jahr spielen zahlreiche der ausgestellten Werke mit unseren Sehgewohnheiten – irritieren und bringen einen, durch die visuell reizvolle Art Material zu thematisieren, zum Staunen. Kunstmuseum Winterthur, 8. Dezember bis 5. Januar www.kmw.ch

BASEL: KUNST GRENZÜBERSCHREITEND Rund 600 Kunstschaffende aus dem Raum Basel haben sich mit Dossiers beworben oder wurden von Kunst-

SCHAAN: SPURENSUCHE

häusern direkt eingeladen: nach diesem Auswahlver-

Eine spannende Fotoausstellung ist noch bis 15. De-

fahren ist an der <Regionale> lokale Kunst zu sehen,

zember im Domus in Schaan zu sehen. Der ehemalige

die internationale Strömungen spiegelt. Beteiligt sind

Blick-, Schweizer-Illustrierte- und Keystone-Fotograf

Arrivierte oder Newcomer, die nicht selten den Ort der

Eddy Risch verbrachte 2010 drei Monate in Berlin

Präsentation einbeziehen – 16 Kunsträume der trinati-

und begab sich auf eine fotografische Spurensuche.

onalen Region. Begleitete Bustouren, Filme, Gespräche,

Er dokumentierte eindrücklich das jüdische Leben in

Lesungen und Performances erweitern die Schau zu

AARAU: BITTE WARTEN …

Berlin – das Gestern und das Heute.

einem vielfältigen Stelldichein.

Sechs Monate unseres Lebens warten wir vor roten

Eddy Risch, Spurensuche in Berlin,

14. Regionale, zeitg. Kunst im Dreiländereck:

Ampeln, fünf Jahre verbringen wir beim Schlangen-

bis 15. Dezember im Domus in Schaan

Do 28.11. bis So 5.1., www.regionale.org

KOLT

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AM LIEBSTEN NACH HAUSE

Ich bestelle ein Jahresabonnement für CHF 49.-und erhalte KOLT Monat für Monat. Ich möchte KOLT unterstützen und bestelle ein Gönnerabonnement für CHF 99.-und erhalte KOLT Monat für Monat. Ich möchte KOLT in meinem Betrieb auflegen und bestelle für CHF 149.-5 Exemplare

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Rechnung per E-Mail (E-Banking) Rechnung per Post (+ CHF 5.00)

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CINEMA

AM HANG CH 2013 // DRAMA 5. bis 9.12., Kino Lichtspiele Markus Imboden („Der Verdingbub“) verfilmte den gleichnamigen Roman von Markus Werner und erzählt eine Geschichte über Leidenschaft und Sicherheit, Treue und Unverbindlichkeit. Felix ist um die 50 und kehrt an den Ort zurück, wo seine Ehefrau ihn nach 15 Jahren verlassen hatte. Als er dort auf einen Mann trifft, der sich als Ex-Liebhaber seiner Frau entpuppt, beginnt ein abgründiges Verwirrspiel um Rache, verletzte Männlichkeit und gekränkte Eitelkeit.

GLORIA CL/ES 2013 // DRAMA 26. bis 30.12., Kino Lichtspiele Die alleinstehende 58-jährige Gloria lernt den etwas älteren Rodolfo kennen. Was liebevoll beginnt, wird für Gloria jedoch zu einer emotionalen Achterbahnfahrt. Es ist das genaue Beobachten und Beschreiben seiner kraftvollen Hauptfigur, das Regisseur Sebastián Lelio antreibt. Das kommt einem mitunter recht nahe, sowohl Glorias Angst vor der Einsamkeit, wie auch ihre Trauer über die verlorene Jugend. Paulina García erhielt für ihre Darstellung der Gloria dieses Jahr den Silbernen Bären.

5 Fragen an... Adrian Stern, Musiker

Der alte Mann und das Meer Der Mensch im existenziellen Kampf mit der Natur und sich selbst hält dieses Jahr Einzug ins Kino. Zuerst mit Gravity und jetzt mit All Is Lost. von Caspar Shaller

R

egisseur J.C. Chandor lässt die einsame Hauptfigur, gespielt von Robert Redford, in seinem gewaltigen und doch intimen Film gegen die Natur kämpfen, gegen den Massenkonsum und gegen das Alter. Redford segelt gerade stoisch glücklich durch den Pazifik, als ein an der amerikanischen Wirtschafsmacht kratzender chinesischer Container seine Segelyacht rammt. Ein Rinnsal billiger Turnschuhe ergiesst sich ins Meer, welches wiederum in die Yacht drängt. Redfords mittlerweile 77 Jahre sind beim Überlebenskampf kein Hindernis, im Gegenteil: Sein verbrauchtes Gesicht und die offensichtliche Mühe, mit der er den Mast erklimmt oder durch das hereinströmende Wasser watet, macht das Ringen mit der Natur um so glaubwürdiger – und packender. Wir erfahren nichts über den Mann auf seiner 10 Meter langen Yacht, seine Geschichte nicht, seinen Namen nicht. Ausser einem Brief, den er am Anfang des Films vorliest und dem einen oder anderen „Hilfe!“ oder

Was ist Ihr Lieblingsfilm? Ich habe keinen Lieblingsfilm, aber dafür habe ich einen Lieblingsregisseur: Quentin Tarantino!

„Fuck!“ sagt er nichts. Der Mann wird nur durch seine Taten erkennbar, die Redford mit einer schauspielerischen Höchstleistung vollbringt: Ohne Radio und Navigationsgerät versucht er in die viel befahrene Sumatrastrasse zu gelangen, in der Hoffnung, dort gerettet zu werden. Auf dem mühsamen Weg dorthin flickt er eigenhändig das Loch im Bug und segelt trotz widriger Umstände und einsetzender Erschöpfung weiter durch die Stürme. Selbst im grössten Sturm schafft er es – ganz Mann – sich noch zu rasieren. Ist es Selbstdisziplin oder Eitelkeit? Wir erfahren es nicht. Dasselbe könnte man auch Redford selbst fragen. Warum dreht er, der alles gewonnen hat, was man als Schauspieler, Regisseur, Produzent und Drehbuchautor gewinnen kann, noch Filme? Eitelkeit oder Selbstdisziplin? Was bleibt ist Hemingwayscher Pathos: Es mag alles verloren sein, doch “ein Mann kann vernichtet werden, aber nicht besiegt.”

Welchen Film haben Sie zuletzt im Kino gesehen? Das war "About Time", eine berührende romantische Komödie.

ALL IS LOST

Adrian Stern, Freitag, 20. Dezember 2013 Türöffnung 19.30 Uhr Konzert 21 Uhr, Schützi Olten www.boz1000.ch

USA 2013 // DRAMA Ab 19.12.13, youcinema

Das ganze Oltner Kinoprogramm für den Monat Dezember: youcinema.ch und lichtspiele-olten.ch

Bei welchem Film hätten Sie gerne die Hauptrolle gespielt? In einem Dokfilm mit Ewan McGregor: "The Long Way Around". Darin fährt Ewan mit seinem besten Kumpel in 115 Tagen mit dem Motorrad um die Welt. Mit welchem Filmstar würden Sie am liebsten einmal einen Kaffee trinken? Mit Scarlett Johansson wer will das nicht? Worüber würden Sie gerne einen Film drehen? Ich würde gerne einen Dokumentarfilm über die Songwriter in Nashville drehen. Die kommen aus der ganzen Welt dorthin und versuchen den nächsten grossen Hit zu landen.

Olten • Oftringen • Brugg

Planen Sie Ihren nächsten Anlass im Kino! Deliah Kyburz General Manager Red Carpet KOLT

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Dezember 2013

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Tip Challenge: Mitmachen und gewinnen!

Willst du dich gegen Nadia Styger und Bruno Kernen durchsetzen? Dann mach mit bei der Tip Challenge Ski Worldcup 2013/14 und gewinne einen der attraktiven Preise. Und so funktionierts: Tip Challenge ist ab sofort online. Du erspielst dir Punkte, indem du deine Favoriten auf das Podest und auf die genaue Platzierung setzt. Nach jedem Rennen siehst du, wo du in der Rangliste stehst – und ob du besser oder schlechter als unsere prominenten Experten liegst. Die Punktejagd startet mit den Weltcup-Rennen vom 14./15. Dezember 2013 und endet am 2. Februar 2014. Viel Erfolg beim Mitmachen! Weitere Informationen unter www.fanpower.ch 12

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DAS KLEINE JOB-INTERVIEW

Barista mit Mission Sein Beruf ist Kaffee brauen. Eugenio Gullo, 47, erzählt von der Vielseitigkeit des braunen Goldes und wie er die Menschen dafür sensibilisieren möchte. Interview von Stephanie Schumacher Foto von Yves Stuber

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err Gullo, wie sind Sie zum Barista geworden? Meine Leidenschaft für Kaffee war schon immer da. Als ich und mein Bruder das KaffeemaschinenGeschäft meines verstorbenen Vaters übernahmen, begann ich damit, mich intensiver mit Kaffee zu befassen. Ich besuchte Barista-Kurse, wo ich lernte, den Kaffee richtig zu trinken und das Herz des Kaffees zu extrahieren. Was macht einen guten Kaffee aus? Die Essenzen des Kaffees: Fruchtigkeit, Säure, Süsse und Bitterkeit sollen eine Harmonie bilden. Zuerst riecht man an einem Kaffee, um seine Aromen zu erkennen. Dann schwenkt man ihn und kann so die Fruchtigkeit riechen. Beim zweiten Schluck, dem retronasalen, merkt man erst, was mit einem perfekten Kaffee gemeint ist. Der Kaffee hat eine riesige Geschmacksbandbreite: Das ist, als schaute man zum Fenster hinaus und kann den Horizont sehen - und in jede Richtung gehen.

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sie ihre eigene Kaffeemaschine optimal einstellen können. Ich werde in meinem Atelier auch Kaffee rösten. Die Kaffeeszene in der Schweiz ist im Begriff aufzuleben und ich möchte dies zusätzlich forcieren. Im nächsten Jahr nehmen Sie zum dritten Mal an der Barista-Schweizermeisterschaft teil. Welche Disziplinen müssen Sie bewältigen? Ich habe mich für die Barista-Disziplin entschieden: In 15 Minuten macht man 4 Espressi, 4 Cappuccini und 4 Eigenkreationen. Den Espresso muss ich zuvor beschreiben: Wie er schmecken wird, in welcher Form er aufbereitet wurde, aus welchem Land er stammt. Dann degustiert die Jury meinen Espresso und je nachdem, wie zutreffend meine Beschreibung war, vergibt sie Punkte.

Nimmt nächstes Jahr zum vierten Mal an der BaristaMeisterschaft teil: Eugenio Gullo.

Vor wenigen Tagen haben Sie an der Leberngasse in Olten das "Il cabarolino"-

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Barista-Atelier eröffnet. Was bewegte Sie dazu? Was man heute in vielen Gastrobetrieben als Kaffee serviert bekommt, kann ich nur als Frechheit be-

zeichnen. Mit meinem Atelier möchte ich die Menschen für Kaffee sensibilisieren. Ich biete einen Barista-Homeworkshop an, wo Leute lernen, wie

Welchen Kaffee mögen Sie am liebsten? Den Reserva 360 aus Puerto Rico. Er hat einen exotischen Touch und man kann ihn beim Rösten in viele verschiedene Richtungen steuern. Er hat zudem eine sehr gute Balance. Dieser Kaffee schmeckt als würde dir ein Engelchen den Hals runter pinkeln.

OLTEN über die Welt

Olten muss sparen wie würden Sie den Haushalt der Stadt sanieren? Wo sehen Sie Sparpotenzial? Nadine Weibel, 29, Olten Es wäre ein Anfang, bauliche Veränderungen gut zu durchdenken, nicht dass - so wie in der Vergangenheit mehrmals geschehen - Unsummen durch kleinste Korrekturen entstehen. David Degen, 33, Olten Als Standort attraktiver werden, Finanzpositionen kritisch prüfen, Steuersatz um fünf bis zehn Prozent erhöhen, Grossprojekte zurückstellen und so kleinere wertvermehrende Positionen erhalten. Benjamin Fasnacht, 28, Olten Statt bei der Stadtpolizei Stellen zu streichen, würde ich noch mehr Polizisten damit beauftragen, noch mehr Parkbussen zu verteilen.

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STADTLEBEN

Die Hexe von Olten Text von Stephan Habegger Illustrationen von Gaia Giacomelli

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eine Erzählung beruht auf Ereignissen, welche sich vor ein paar Jahrhunderten in Olten zugetragen haben. Na ja, zumindest einzelne Bruchstücke davon. Den Rest habe ich einfach dazu gedichtet, genauer gesagt: erstunken und erlogen! Alles Andere ist exakt und detailgetreu wiedergegeben. Versprochen! Wir blicken zurück auf Geschehnisse im 14. Jahrhundert - in unseren Breitengraden generell eine katastrophenreiche und unruhige Zeit geprägt von Pestepidemien, Hungersnöten und blutigen Kriegen. Das allwissende Wikipedia liefert eine zehn Seiten lange Liste der Schweizer Schlachten: Da wären Blockbuster wie die "Schlacht von

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Sempach" oder derjenigen "am Morgarten". Unscheinbar wirkt dagegen ein Eintrag der Jahre 1383 - 1384 aus dem "Burgdorferkrieg": 1383 - Belagerung von Olten: Bern, Solothurn und Verbündete gegen Neu-Kyburg (Belagerung misslungen). Beim genauen Studium erfährt der Leser, dass die Belagerung Oltens bereits nach wenigen Stunden erfolglos abgebrochen worden war. Was damals vor unseren Stadttoren passierte - und wie Olten dabei zu einem Hexenturm gelangte - möchte ich Ihnen nun erzählen. Das tapfere Olten stand in jenen Zeiten gerade unter der Herrschaft der Neu-Kyburger und dessen Oberhaupt Graf Rudolf II, Landvogt von Burgund. Dieser war geplagt von chro-

nischem Geldmangel und zerstritten mit den aufstrebenden Ständen um die Herrschaft in der Landgrafschaft Burgund. War es dank des Einflusses lokaler gegorener Traubensäfte oder aus schierer Geldnot: Fakt ist, dass Rudolf im Jahr 1382 einen völlig missglückten Überfall auf die Stadt Solothurn unternommen hatte. Diese Provokation bot den Solothurnern und verbündeten Bernern, einen willkommenen Anlass den Neu-Kyburgern einen saftigen Denkzettel zu verpassen.

ALS AUFLOCKERUNGSÜBUNG FASSTEN SIE EINEN ANGRIFF AUF DAS AARESTÄDTCHEN OLTEN INS AUGE, SPÄTER SOLLTEN DANN ANDERE ORTE IM BESITZ DES LANDGRAFEN EROBERT WERDEN.

Die Stimmung glich eher der Vorfreude auf einen entspannten Ausflug als den Vorbereitungen zu einem Feldzug und so wurde am Abend davor tüchtig gebechert. Am nächsten Morgen machte sich der muntere Tross hoch zu Ross, noch etwas verkatert, aber stolzen Hauptes und unter voller Beflaggung auf den Weg nach Olten. Der Kommandant liess die Truppen in Sichtweite des westlichen Stadttores, auf der heutigen Schützenmatte, die Zelte aufschlagen, denn die Dreitannenstädter sollten mit eigenen Augen sehen, welches Übel ihnen drohte. Derweil wunderten sich die belagerten Oltner über die ungeschickte Quartierwahl der Aggressoren schliesslich wusste hier jedes Kind, dass die Schützenmatte sich zwar bei normalen Verhältnissen über-

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aus lieblich präsentiert, jedoch nach jedem auch nur mittelgrossen Unwetter durch die hochgehende Dünnern unter Wasser gesetzt wird. Und so geschah es dann auch. Während sich die verbündete Streitmacht der Solothurner und Berner gerade gemütlich einrichtete, näherte sich über die nordwestlich gelegenen Jurahügel eine Gewitterfront und ein paar Stunden später öffnete die unterdessen tief hängende, pechschwarze Wolkendecke ihre Schleusen. Über den unglückseligen Belagerern entlud sich ein Inferno, als ob es mit der Welt zu Ende gehen würde. Erst als die böigen Winde Stunden später abflauten und das donnernde Krachen nach und nach verstummte, schöpften die gebeutelten Truppen Zuversicht. Es regnete zwar immer noch in Strömen, jedoch schien es nun möglich, die militärische Ordnung wieder halbwegs herzustellen. Manch ein Oltner, der sich in den frühen Morgenstunden auf den Zinnen und Türmen der Stadtmauern eingefunden hatte, konnte sich vor Schadenfreude kaum satt sehen an dem sich nun abspielenden Drama. Tatsächlich war die nahe gelegene Dünnern im Verlauf der letzten Stunden zu einem veritablen Fluss angeschwollen und hatte langsam aber unaufhaltsam das ganze Lagergelände überflutet. So dauerte es nicht mehr lange, bis das vormals stattliche und frohgemute Heer die Nase gestrichen voll hatte und sich innert Tagesfrist bis auf die Knochen durchnässt und wild fluchend vom Acker gemacht hatte. Den kriegserprobten und erfolgsverwöhnten Solothurner und Berner Kommandierenden war freilich klar, dass die erlittene Schmach einer plausiblen Erklärung bedurfte.

NOT MACHT BEKANNTLICH ERFINDERISCH – UND SO EINIGTE MAN SICH AUF DIE VERSION, DASS EINE HEXE AUF DEM TURM AN DER SÜDWES T-ECKE DER OLTNER RINGMAUER ERSCHIENEN SEI UND DAS UNWE TTER AUF DIE BELAGERER GEHE TZT HABE. So kurios dies klingen mag - exakt diese Version ist in die Annalen der Geschichtsschreibung eingegangen!

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In den historischen Chroniken der Stadtberner ist in mittelalterlicher Sprache die Rede "von dem grossen regen der zuo Olten mit zouberie gemacht wart". Nun sind und waren Hexen damals wie heute eher dünn gesät. Es war also keine einfache Sache, eine glaubhafte Verdächtige aufzutreiben. Die Nachforschungen der Solothurner ergaben aber, dass sich in besagtem Turm an der Südwest-Ecke der Oltner Ringmauer ein Gefängnis befand und dass sich dort am betreffenden Tag eine gewisse Metzina Wächter aus der Klus aufgehalten hatte. Und ja:

ES KÖNNE FREILICH SEIN, DASS SIE EINE HEXE SEI, TATSÄCHLICH HABE SIE WÄHREND IHRES AUFENTHALTS FÜRCHTERLICH FLUCHEND MIT IHREM SCHICKSAL GEHADERT UND AUCH IHRE NASE SEI NICHT ZWEIFELSFREI GANZ GERADE. Dass diese Metzina Wächter zum befragten Zeitpunkt alles andere als freiwillig zugegen war, wollte der Informant in Anbetracht der ihm entgegen gestreckten Münzen dann doch lieber für sich behalten. Metzina Wächter aus der Klus hat wahrhaftig existiert. Sie verdiente ihren Lebensunterhalt mehr schlecht als recht mit Taglöhnerei und hatte in jenen schicksalsschweren Tagen auf dem Markt in Olten in einem Anflug von Hunger und Verzweiflung bei einem lokalen Händler einen unbedeutenden Diebstahl begangen. Ein flinker Ordnungshüter schleppte sie kurzerhand aufs ärmliche Revier, wo sie ohne viel Federlesens für ein paar Stunden in eine übelriechende Zelle gesteckt wurde, denn dies war damals die übliche Strafe für Bagatelldiebstähle. Wir werden nie wissen, ob die eingesperrte Metzina vom Aufmarsch des Solothurner und Berner Heeres etwas mitbekommen hatte. Sehr unwahrscheinlich ist jedoch, dass sie zum betreffenden Zeitpunkt ihre Zelle verlassen und auf den Turm steigen konnte – und schier unmöglich ist es, dass sie unter den Blicken der Belagerer von den Zinnen des heutigen Hexenturms Verwünschun-

gen und Zaubersprüche ausgestossen hatte. Trotzdem kam es, dass die Jäger Metzina Wächter in ihrer schäbigen Behausung aufsuchten, schnurstracks in Ketten nach Solothurn verfrachteten und dort vor dem Zeitglockenturm öffentlich an den Pranger stellten. Die Nachricht von der Gefangennahme der mit allerlei furchterregenden Attributen ausgestatteten Magierin löste in Solothurn riesiges Interesse aus. Es zeigte sich jedoch, dass nicht alle Bürgerinnen und Bürger des Patrizierstädtchens gleichermassen über den bevorstehenden Schauprozess erfreut waren, denn offensichtlich bemerkte jeder, der nur halbwegs bei Trost war, dass die vermeintliche Hexe nicht allzu viel Zauberkraft und Boshaftigkeit besass. Letztlich erbarmten sich die Ehefrauen von gleich vier ehrbaren Solothurner Ratsherren und riefen Ihre Gatten zur Räson. Dank dieser einflussreichen und nachhaltigen Fürsprache wurde Metzina Wächter in einer Nacht- und Nebelaktion befreit und über den oberen Hauenstein bis an die „Baslische Grenze“ spediert. Sie musste schriftlich versichern, dass sie Zeit ihres Lebens nie wieder einen Fuss auf bernisches Gebiet setzen würde. Dies dürfte ihr freilich nicht allzu schwer gefallen sein. Damit endet die Überlieferung. Diese kurze Episode wird bis heute bei jeder Oltner Stadtführung genüsslich erzählt, während sich die Solothurner lieber über ruhmreichere Kapitel ihrer vielfältigen Geschichte unterhalten. Die Oltner Schützenmatte ist heute einer der Orte, an denen die motorisierten Gäste des Städtchens ungestraft ihre Automobile abstellen dürfen. Und immer noch kann es dort nach besonders heftigen Unwettern zu einem veritablen Hochwasser kommen. Besucher aus dem Bernischen oder der Solothurner Kantonshauptstadt sollten vor dem Abstellen ihres Fahrzeugs also unbedingt einen prüfenden Blick zur Südwest-Ecke der Oltner Stadtmauer riskieren. Falls sie dort keine weibliche Gestalt auf einem Turm entdecken ist die Luft rein und es kann ihnen nichts passieren. Ehrenwort!

„Die Hexe von Olten“ (gekürzte und überarbeitete Version): Geschrieben an einigen lauen Sommerabenden des Jahres 2013 – anlässlich des Schreibwettbewerbs „Stadtlesen Olten“, prämiert mit dem 1. Rang der Jury. Stephan Habegger, geboren 1968 in Lausanne, lebt in der Umgebung Oltens, verdient seinen Lebensunterhalt mit profanem Tagwerk und schreibt aus purer Lust an der Literatur. Dies ist seine erste Veröffentlichung.

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IM EXIL

Anderswo läuft das Leben gerade in Slow Motion ab Menschen aus der Region berichten aus der Welt – diesmal unter anderem über stille Momente in L.A., wilde Tiere in Hidden Valley, bockige Büffel in Thailand und kälteresistente Surfer in Italien.

LOS ANGELES, KALIFORNIEN HIDDEN VALLEY, KALIFORNIEN

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ie wenigsten Menschen, die ich kenne, mögen Los Angeles. Das mag vielleicht daran liegen, dass es für Touristen tausend schönere Orte gibt, als diese 14-Millionen-Stadt am Pazifik. Die Vielseitigkeit von Los Angeles entdeckt man erst, wenn man sich wie die Locals bewegt. Es gibt sie tatsächlich, diese gemütlichen Kaffees, die selbst gebackenen Kuchen anbieten und in denen man sich vor der lauten Stadt verstecken kann. Und Los Angeles ist laut! Die Sirenen der Rettungsfahrzeuge sind ständig zu hören, die Helikopter der Polizei fliegen nachts über die Stadt und Penner brüllen durch die Gegend. Und plötzlich sind da diese Momente, in denen es ganz still wird. Wenn der Verkehr zum Stillstand kommt, man sich von den grossen Strassen entfernt oder die Sonne im Meer versinkt. Da bleibt die Zeit stehen und es wird friedlich... Deliah Kyburz, 31, kommt aus Olten, und studiert an der UCLA Filmbusiness und -marketing.

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itte November und noch kein Regen in Sicht. Die Felder sind dürr von der brühend heissen kalifornischen Dauersonne der vergangenen Sommermonate. Ihre goldene Farbe ist nebst dem berühmten Goldrausch von 1848, für den offiziellen Übernamen „The Golden State“ verantwortlich. Ich sitze in einem Café in Hidden Valley, einer abgelegenen und bewachten Wohnsiedlung im Norden Kaliforniens. Weit und breit nichts als Felder und Hügel. Ab und zu watschelt eine wilde Truthahnfamilie die Strasse entlang oder ein Hase hopst um ein wildes Reh herum, das sich im Schatten ausruht. Die warme Herbstsonne schimmert goldig durchs Fenster. Selten hab ich diese Jahreszeit so zart und warm erlebt. Es scheint, als ob sie sich hier in Slow Motion abspielen würde und so langsam ihre farbige Pracht atemberaubend zur Schau stellt. Raphaela Bordoni, 33, Schauspiererin, kommt aus Olten, lebt in London und verbringt ein paar Monate im Jahr in Kalifornien.

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IM EXIL Wer im Ausland lebt oder seine Ferien jenseits der Grenze verbringt, ist herzlich eingeladen, uns einen Beitrag für diese Rubrik zu schicken: Ein Bild und max. 1000 Zeichen Text an redaktion@kolt.ch.

LEVANTO, ITALIEN

BO THONG, CHONBURI, THAILAND

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m behaglichen Städtchen Bo Thong, östlich der pulsierenden Metropole Bangkok, veranstalten die Landleute jedes Jahr das berühmte "Water Buffallo Race". Am Morgen gibt es zuerst einen Schönheitscontest, wo das schönste Tier im Land gewählt wird. Am Nachmittag liefern sich dann die Büffel im frischgeschnittenen Kornfeld ein Rennen. Ok, zugegeben, so einfach ist es auch wieder nicht, die 800-1200kg schweren Viecher auf Kommando "drei" (bzw.: neung, song, sam) zum Rennen zu bringen. Bei einer Hitze von gefühlten 100 Grad Celsius bleiben die meisten Tiere stehen wie bockige Esel und werden mit kübelweise kaltem Wasser und Stockhieben zum rennen angespornt. Die Wasserbüffel werden meist von ihren Besitzern geritten. Da das Risiko auf die Hörner genommen zu werden zu gross ist, sitzen die jungen Reiter auf den Hintern, damit sie jederzeit schnell abspringen können. Denn so manch ein Büffel ist noch weit über das Ziel hinausgeschossen und bis ans Ende des Feldes gelaufen. Jo Schlapbach, 30, kommt aus Wisen und lebt und arbeitet in Bangkok.

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ie meisten Touristen, welche die ligurische Küste besuchen, tun dies zwischen Juni und September und erleben mit allerhöchster Wahrscheinlichkeit das Meer so unbewegt wie den Lago Maggiore. Aber sobald der Herbst ins Land zieht und die Strandbars für den Winter verbarrikadiert werden, kommt mit den ersten Herbststürmen Bewegung ins Wasser. Mit den aufziehenden Wellen pilgern hunderte von Surfhungrige aus ganz Europa hierher. Sie verfolgen zuhause die Dünungsprognosen im Internet, lesen täglich die Wellenkarten, und sobald sich ein "Swell" abzeichnet, der surfbare Wellen verspricht, bepacken sie das Auto und fahren los. Und so füllen sich die eben noch verlassenen Parkplätze in den verschlafenen Fischerdörfern mit alten VW Bussen und die älteren Einheimischen schütteln den Kopf, wenn sie zuschauen, wie sich die Surfer in ihre engen Gummianzüge quetschen um gegen die stürmische, kalte See anzupaddeln. Cyril Müller, 32, kommt aus Fulenbach und arbeitet als freischaffender Fotograf.

Feinste Kaliber von NOMOS Glashütte.


TITEL

WAS MACHEN SIE FALSCH? So sieht es in der Stadtkirche fast immer aus. Das stört auch die Christkatholiken von Olten, denen sie gehört. Deshalb wollen sie jetzt all ihre Kräfte sammeln. Fotos von Michael Isler

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WAS MACHEN SIE FALSCH?

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TITEL

DIE OLTNER KIRCHENREVOLUTION

1.

Öffentlicher und feierlicher Protest gegen das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes.

2.

Mitteilung dieses Protestes a) an den Bischof von Basel in Solothurn, b) an die Regierung mit dem nachdrücklichen Gesuch, dass sie energische Massnahmen treffen möge, die Lehre und Praxis des angeführten Dogmas in Kirche und Schule zu verhindern.

3.

Erklärung aufrichtiger Sympathie mit den Gemeinden von Starrkirch und Dulliken in ihrer festen Haltung in dem Streite des Herrn Bischofs gegen ihren Herrn Pfarrer. Aufruf des Liberalen Vereins Olten an den Gemeinderat der Stadt Olten

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WAS MACHEN SIE FALSCH?

Die Christkatholiken von Olten hatten den Mumm, den Papst in Frage zu stellen. Sie eroberten die Stadtkirche und zwangen die Römisch-Katholischen ins Exil. Ein Blick in die Geschichtsbücher. Text von Fabian Saner

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ie Christkatholische Kirche ist die kleinste der drei christlichen Landeskirchen. In der Region Olten sind die Christkatholiken aber traditionell stark verankert; ihnen gehört auch das zentral gelegene Oltner Gotteshaus, die Stadtkirche. Die Trennung von den Römisch-Katholiken in der Kulturkampfzeit der 1870er-Jahre hatte mehr mit Politik als mit dem Glauben zu tun. Symptomatisch fasst der Aufruf (siehe Seite 20) des Liberalen Vereins Olten an den Gemeinderat der Stadt die Stimmungslage zusammen, die in den Kulturkampfzeiten der 1870er-Jahre herrschte: Die Konfrontation in der Auslegung des katholischen Glaubens entzündete sich zwar an den Beschlüssen des Vatikanischen Konzils (das die Unfehlbarkeit und absolute Macht des Papstes postuliert hatte), war aber eingebettet in die politischen Kämpfe um die Ausgestaltung des noch jungen liberalen Schweizer Bundesstaats, der historischen Verschiebung der machtpolitischen Zentren des Ancien Régime zur föderalen Demokratie. Der Kulturkampf erhielt seine Härte, weil die aufgeklärte Generation der Bundesstaatsgründer nicht nur die strikt hierarchische geistige Leitung der Gläubigen, sondern auch den Anspruch der Kirche auf die Vorherrschaft im Staat nicht mehr akzeptieren wollte. Auslöser waren dabei oft Konflikte auf lokaler Ebene. Nicht von ungefähr waren es liberale (freisinnige) Katholiken aus der Region Olten und dem Niederamt gewesen, bei denen der Anspruch auf Zentralisierung der Macht des Papsttums durch das Vatikanische Konzil das Fass zum Überlaufen brachte. Die Vereine freisinniger Katholiken

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riefen am 1. Dezember 1872 zu einer Versammlung in Olten auf. An diesem „Oltner Tag“ wurde der Beschluss gefasst, eigene Gemeinden und eine kirchliche Organisation zu schaffen. Da Gemeinde-, Bürger- und Kirchgemeinden rechtlich nicht im heutigen Sinn getrennte Einheiten waren, führte dieses Ansinnen zu weitgehenden Friktionen, in die nicht nur das kirchliche Bistum Solothurn, sondern auch die Stadt- und Kantonsregierung involviert waren. Nicht die Praxis des Glaubens, sondern die innerkirchliche Hierarchie, das damit verbundene Menschenbild und machtpolitische Ansprüche etwa im Schulwesen bildeten den Kern für die Entzweiung. Der Zwist führte mitten durch die Familien, wie sich im Briefwechsel zwischen dem damaligen Oltner Stadtammann Jakob Benedikt Schmid und dessen Bruder, Pater Alexander Schmid, zeigt. Auf den Vorwurf, wonach er verblendet und mit „Gewissenstyrannei gegen die Treugebliebenen“ „Olten aus der katholischen Kirche“ herausgeführt habe, entgegnet der Stadtammann seinem Bruder: „Ich kann kein Heuchler werden, ich kann mein eigenes Selbst nicht verläugnen. Sie sind nun 1/2 Jahrhundert im Kloster, Sie sehen vieles in anderem Licht als wir Laien und so glauben Sie auch ganz loyal das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes, während von 100 Laien 99 dasselbe als einen Unsinn, als einen Götzendienst, als eine Gotteslästerung betrachten. (...) Ganz Olten, vom 86-jährigen alt Ammann Munzinger bis zum jüngsten Bürger theilen diese Grundansicht.“

DEMITGLIEDER STELLTE SICH GEGEN DIE VERBLIEBENEN ROMTREUEN RUND UM DEN DAMALIGEN STADTPFARRER, DER IN EINEM EIGENTLICHEN AMTSENTHEBUNGSVERFAHREN AUSGEBOOTET WURDE, MIT SEINEN GETREUEN FORTAN INS "GETTO" ZOG UND IN EINEM BAUERNHAUS AN DER SOLOTHURNERSTRASSE GOTTESDIENST HIELT. Mit der Gründung einer schweizweiten Christkatholischen Kirche und deren erster Versammlung 1875 ging auch die zwischen 1806 und 1814 gebaute Oltner Stadtkirche in die neue kirchenrechtliche Organisation über. Die romtreuen Katholiken mussten erst Geld sammeln, bevor sie mit dem Bau einer „Notkirche“ und später der St.-Martinskirche wieder einen eigenen Versammlungsort in Olten erhielten. – Und heute? Die unerbittliche Rhetorik des 19. und frühen 20. Jahrhunderts hat sich zugunsten einer relativ entspannten ökumenischen Zusammenarbeit gelegt; so bietet die Stadtkirche heute auch offenen Foren des interreligiösen Dialogs eine Stätte. Schweizweit blieb die Christkatholische Kirche nebst ihren historischen Stammlanden in der Region Olten, im Aargauer Fricktal und im Bischofssitz Bern mit rund 12‘000 Mitgliedern die bei weitem kleinste Landeskirche. Der Mitgliederschwund konnte aber, dies im Gegensatz zu den beiden grossen christlichen Landeskirchen, gestoppt werden. Quelle: Martin E. Fischer: Olten im Kul-

DIE POLITISCHE UND WIRTSCHAFTLICHE ELITE DER STADT UND DIE MEHRHEIT DER GEMEIN-

turkampf, in: Olten 1789-1991. Vom Untertanenstädtchen zum Wirtschaftspol, hg. Einwohnergemeinde Olten, 1991, S. 121-159.

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TITEL

"BEI UNS TRETEN DIE LEUTE NICHT AUS, SIE STERBEN WEG" Interview von Nathalie Bursać

Brigitta Köhl möchte dem schrumpfenden Grüppchen der Oltner Christkatholiken zu neuem Selbstbewusstsein verhelfen. Keine leichte Aufgabe.

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s ist einer der wenigen Nachmittage im November, an denen die Sonne zögerlich auf die Chilegass hinunter scheint. Ein paar Teenager kauen an ihrem verspäteten Mittagessen, das sie aus den braunen Papiertüten klauben. Gleich daneben, auf dem Kirchenmäuerchen, rauchen eine äl-

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tere Dame und ein Mann Anfangs Vierzig eine Zigarette. Dass die Kirchgemeindepräsidentin der Christkatholischen mit ihrem Pfarrer vor der Stadtkirche eine Zigarette raucht, an diesen Anblick werden sich die Oltner und Oltnerinnen wohl bald gewöhnen. Als die Zigaretten verglimmt sind, springt Pfarrer Fehringer in Strickja-

cke mit einem Satz auf die Mauer. Brigitta Köhl geht derweil um die Mauer herum und erklimmt gemütlich die beiden kleinen Steinstufen. Der Herr Pfarrer schliesst die Seitentür der Stadtkirche auf und verabschiedet sich. In der Kirche ist es kalt, dennoch ist Brigitta Köhl einverstanden, dass das Gespräch innerhalb der dicken Mauern stattfindet. Man setzt

sich auf die mit rotem Samt gepolsterten Hocker, links vor dem Altar -– dort, wo während des Gottesdienstes normalerweise die Ministranten auf ihren Einsatz warten. Brigitta Köhl schlägt lässig die Beine übereinander und versichert, dass ihr nicht zu kalt sei. Und auf dieser Meinung beharrt sie – bis zum Ende des 90-minütigen Interviews.

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WAS MACHEN SIE FALSCH?

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rigitta Köhl, wie oft werden Sie mit der Tatsache konfrontiert, dass jemand nicht weiss, dass es einen Unterschied gibt zwischen der römisch-katholischen und christkatholischen Kirche? Die, die sich dafür interessieren, wissen es. Aber das sind natürlich nur wenige Leute. Es geschieht oft, dass Leute nach dem Unterschied fragen. Was ist dann Ihre Antwort? Natürlich gibt es einen Unterschied: unsere Haltung zum Papst. Es gibt noch andere: Frauen sind zum Priesteramt zugelassen, Homosexualität wird toleriert. Ja, das ist so. Aber die Frage nach dem Unterschied ist eigentlich nicht so wichtig. Die Christen müssten sich finden, wenn sie allen Säkularisationsbewegungen standhalten wollen. Es ist nicht unbedingt wichtig, ob jemand römischoder christkatholisch ist – wichtig ist christlich. Und schliesslich gibt es das Frauenpriestertum bei den Christkatholiken auch erst seit den 1980er-Jahren. Sie bezeichnen sich als Ur-Christkatholikin. Diese Diskussion haben Sie damals also mitbekommen. Natürlich. Wir Frauen hofften, dass das durchkommt und waren glücklich über das Ergebnis. Sind sie stolz darauf, Christkatholikin zu sein? Nicht unbedingt stolz. Mein Grossvater war ein liberaler Lehrer im stockkonservativen Thal. Er getraute sich damals, dem Pfarrer die Meinung zu sagen und musste als Konsequenz mitsamt der ganzen Familie das Thal verlassen und zog nach Olten. Hier musste er zu den Christkatholiken wechseln, weil das damals die Bedingung war für alle, die als Lehrer angestellt werden wollten. Das war 1904. Die Geschichte meines

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Grossvaters hatte einen grossen Einfluss auf meine Familie. Damals als Kind, kamen wir uns vielleicht ein wenig speziell vor. Inwiefern denn? Unsere Schulkameraden waren oft römisch-katholisch, und es war selbstverständlich, dass sie samstags zur Beichte mussten. Wir waren froh, dass wir zuhause bleiben durften. Zugegeben, vielleicht beneideten wir die Römischen manchmal um die schönen Kränzchen, die sie an der Erstkommunion tragen durften -– so wie Kinder nun mal sind. Als es letztes Jahr darum ging, eine neue Präsidentin des Kirchenrats zu bestimmen, haben Sie sich als einzige Person zur Wahl gestellt... Nein, das stimmt so nicht. Ich wurde vom damaligen Kirchenrat gefragt. Ich habe mich nicht beworben. Nicht mehr in meinem Alter. Warum haben Sie dennoch zugesagt? Das hat vermutlich damit zu tun, dass ich mich mit dieser Gemeinde von Kindsbeinen an verbunden fühle und wusste, dass sie dringend jemanden suchen. Zeit hatte ich auch genug. Hatten Sie im Vorfeld bereits Ideen, wie sie diese Aufgabe erfüllen wollten? Fakt ist: Wir können im Moment nicht viel ändern. Wir müssen zuerst dafür sorgen, dass wir vorwärts kommen. Die Renovation der Stadtkirche war und ist das grosse Thema. Wir wollen nach einem zweijährigen Unterbruch das Thema endlich wieder anpacken. Die 200-Jahr-Feier war sicherlich die einfachere und angenehmere Aufgabe. Wir hoffen, dass wir bald damit anfangen können, Geld für die Renovation der Kirche zu sammeln. Aber es müsste an vielen Stellen etwas getan werden. Die da wären? Wie alle Kirchengemeinden verlieren wir Mitglieder. Bei uns treten die Leute jedoch nicht aus, sie sterben weg. Damals, in den

"VIELE BETRATEN DIE KIRCHE, SETZTEN SICH HIN UND SCHWIEGEN ANDÄCHTIG. DIE LEUTE WAREN ÜBERRASCHT, DASS DIE KIRCHE INNEN SO SCHÖN IST."

Jahren nach der Gründung, herrschte grosser Elan, weil alles so neu war. Mit der zunehmenden Säkularisierung werden die Leute gleichgültiger und die Kirche interessiert sie nicht mehr. Freikirchen hingegen haben einen grossen Zulauf. Die Frage, die alle Kirchen angeht, ist: Was machen wir falsch? Offensichtlich haben Sie sich dieser Frage gewachsen gefühlt, sonst hätten Sie sie nicht angepackt. Das würde ich so nicht sagen. Das wäre überheblich. Ich sage es jetzt mal so: Ich hatte mich gefreut, dass ich angefragt worden war. Zugleich kommunizierte ich klar, dass ich die Unterstützung von allen brauche – vom Kirchenrat gleichermassen wie von der Kirchgemeinde. Die Gemeinde verlangt neuen Schwung. Wie sieht der aus? Mehr Leute in der Kirche, mehr Leute, die an Anlässen teilnehmen oder noch besser: Anlässe organisieren. Früher veranstalteten wir Familienabende oder Reisen. Es geht uns momentan noch gut, aber auch wir merken, dass unsere Steuerzahler weniger werden. Der neue Schwung würde eher bedeuten, die jüngeren Leute in die Kirche zu holen. Und wie wollen Sie das erreichen? Wenn ich das wüsste! Dann wäre ich ja eine Prophetin! Wir brauchen jetzt wohl, mal mit kirchlichen Worten ausgedrückt, göttliche Unterstützung von oben! Nein, mal ernsthaft: So etwas klappt nur, wenn man optimistisch eingestellt ist und vielleicht ein paar erste Schritte erfolgreich gemacht wurden. Damit meinen Sie das Kirchgassenfest? Unser Kirchen-Beizli war eine grosse Überraschung: Erstens weil so viele unserer Leute spontan geholfen und fünf Tage lang jeweils bis Mitternacht gearbeitet haben und zweitens, weil es so gut bei den Leuten ange-

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TITEL Sie steht wie eine Festung mitten in der Stadt und muss dringend saniert werden: die christkatholische Stadtkirche St. Martin.

"DAMALS, IN DEN JAHREN NACH DER GRÜNDUNG, HERRSCHTE GROSSER ELAN, WEIL ALLES SO NEU WAR."

kommen ist. Wir waren erstaunt, wie viele Besucher bis 23 Uhr blieben. Viele betraten die Kirche, setzten sich hin und schwiegen andächtig. Die Leute waren überrascht, dass die Kirche innen so schön ist. Für Sie ein Moment der Offenbarung? Wir bedauern schon lange, dass wir die Kirche nicht öffnen konnten. Wir mussten die Kirche schliessen, weil die Leute nicht mehr wussten was es bedeutet, Respekt vor einem Gotteshaus zu haben. Zu der Zeit, als die Kirchentreppe Treffpunkt von Randständigen war, wischten wir regelmässig Fäkalien und Erbrochenes auf. Das war sehr unangenehm. Doch so wurde es zum Normalzustand, dass die Stadtkirche geschlossen war. Mit dem Umbau der Kirchgasse ist die Stadtkirche nun wieder prominenter geworden. Und die Oltner und Oltnerinnen wollen, dass sie wieder ein Teil des Stadtlebens wird. Das ist begreiflich. Aber wir paar Christkatholiken sind schlichtweg nicht in der Lage, dies alleine zu bewerkstelligen. Wir sehen es als Vorteil, dass unser neuer Pfarrer Kai Fehringer ab März an der Kirchgasse wohnen wird. Er will die Kir-

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che mehr öffnen, vor allem auch im Sommer. Jetzt, da die Kirchgasse verkehrsfrei ist, ist es erst Recht ein Katzensprung zwischen Kirchgemeindehaus und Stadtkirche. Zwischen 3.5 und 6 Millionen soll die Sanierung der Stadtkirche kosten. Das sind gewaltige Zahlen. Die Substanz zu erhalten kostet ungefähr 3.5 Millionen. Das heisst, wir sanieren das Dach, die Gebäudehülle und die elektrischen Installationen sowie die Heizung. Dann sieht man noch keine Veränderungen. Was ist der Plan? Die öffentliche Diskussion darüber, was mit der Stadtkirche passieren soll, hat gezeigt, dass allgemein der Wunsch besteht, dass die Stadtkirche ein Ort der Stille bleibt. Dennoch erwarten die Leute, dass man die Veränderung sieht. KOLT (siehe Ausgabe Oktober, S.13) hat eine ETH-Architektin beauftragt, die Oltner Stadtkirche in einen modernen und nichtkommerziellen Ort der Begegnung zu verwandeln. Haben Sie diese Ideen in Betracht gezogen? Nicht gross, nein. Die Pläne sahen gut aus, doch das Problem ist, dass wir so etwas nicht umsetzen können. Der

Denkmalschutz verlangt, dass es eine Kirche bleibt. Uns sind die Hände gebunden. Was werden Sie also tun? Ich denke, genau so wichtig wie der Mut, die grosse Aufgabe anzugehen, sind die guten Ideen. In meinen Augen hat Priorität, dass die Kirche im Winter nicht mehr so ungemütlich ist. Es gibt Pläne, den Bereich beim Eingang mit einer Glasscheibe abzutrennen und dort ein Kirchencafé einrichten. Wer soll die Renovation bezahlen? Wir haben das Geld nicht. Die Denkmahlpflege muss etwas beisteuern, wir hoffen, dass die Stadt, die momentan kein Geld hat, etwas bezahlt, der Kanton, eventuell der Bund und die Kirche selber. Aber das alles reicht niemals. Die Kirchengemeinde will einen Fundraiser mit der Beschaffung der Geldmittel beauftragen. Wir sind daran, dies abzuklären. Wir hoffen, dass wir nächstes Jahr wissen, wer diese Aufgabe übernimmt. Sobald wir das Geld haben, kann es losgehen. In der Stadtkirche findet nur einmal im Monat ein christkatholischer Got-

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WAS MACHEN SIE FALSCH?

tesdienst statt. Das ist nicht besonders viel Programm. Unsere Kirchgemeinde hat insgesamt vier Kirchen: in Olten, Trimbach, Starrkirch-Wil und Hägendorf. Das macht es schwieriger, weil die Gottesdienste in allen Kirchen je einmal stattfinden. Ab nächstem Jahr wollen wir zweimal im Monat in Olten sein. Schwieriger ist die Tatsache, dass unsere vier Hauptgemeinden seit der Fusion noch nicht so richtig zusammen gewachsen sind. Das heisst, wenn in Trimbach Gottesdienst ist, bleiben die Oltner und Oltnerinnen zu Hause? Die Oltner sind diejenigen, die am ehesten in die Aussengemeinden fahren. Aber die anderen kommen seltener nach Olten. Weshalb? Ich weiss, man kann nicht alles damit entschuldigen, aber vermutlich gibt es einen historischen Grund. Die christkatholische Bewegung hat eigentlich in Starrkirch-Wil begonnen und weil Olten so zentral lag, entschied man sich, hier die christkatholische Kirche der Schweiz zu gründen. Jede einzelne Gemeinde

"VIELLEICHT BEGREIFEN DIE JUNGEN DAS NICHT MEHR, ABER EINE KIRCHE KANN MAN NICHT EINFACH SO AUFGEBEN."

hat dann dafür gekämpft, eine eigene Kirche zu erhalten. Die Gemeinden sind immer noch sehr stolz darauf. Die Kirche in Hägendorf ist beispielsweise erst 75 Jahre alt. Alle haben sich ihre eigene Identität erkämpft. Vielleicht begreifen das die Jungen nicht mehr, aber eine Kirche kann man nicht einfach so aufgeben. Sie als Präsidentin der Kirchgemeinde setzen sich jeden Sonntag ins Auto und fahren nach Trimbach, Starrkirch oder Hägendorf? Nein, ich gehe nicht jeden Sonntag in die Kirche. Darf man das als Präsidentin? Das weiss ich nicht. Ich nehme mir diese Freiheit einfach. Ich bin ja nicht der Pfarrer. Aber ich versuche, in allen Gemeinden präsent zu sein. Pfarrer Fehringer wird die Aufgabe haben, alle vier Kirchen bedienen zu müssen. Wenn man uns mit der römisch-katholischen oder reformierten Gemeinde vergleicht, so haben wir mit einem Pfarrer und total 650 Schäfchen eine luxuriöse Situation.

Wie gross ist die Hoffnung in den neuen Pfarrer Fehringer? Wir haben jetzt mit ihm einen Pfarrer, der einer anderen Generation angehört und besser weiss, wie man die Jungen holen kann. Pfarrer Fehringer passt gut in unsere Gemeinde, weil er junge und moderne Ideen mitbringt. Den Predigen lauschen und beten, das ist der Hauptbestandteil der Gottesdienste. Ist das noch zeitgenössisch? Die Liturgie, also der Ablauf, ist gegeben. Wir müssen einen Weg finden, diesen interessanter zu gestalten. In unserer schnelllebigen Zeit ist das nicht so einfach. Aber es heisst nirgends, dass man in einer Kirche nur beten darf. Man könnte singen und tanzen – ich denke da an die Gospelchöre. Aufbruch würde bedeuten, dass wir auch einmal etwas Neues ausprobieren. An Weihnachten und Heilig Abend haben wir einen russischen Chor zu Gast – dies ist doch schon einmal ein Anfang.

ZUR PERSON Brigitta Köhl, 72, ist in Olten aufgewachsen, studierte in Zürich Linguistik und arbeitete als Berufsschullehrerin in Olten. Sie waltet seit anfangs Jahr als Präsidentin der christkatholischen Kirchgemeinde Region Olten. Sie ist geschieden und hat zwei Töchter, die den Glauben ihrer Mutter weiterleben: Die eine Tochter war jahrelang Ministrantin in BadenWettingen, die andere ist Kirchgemeinderätin und Katechetin in Solothurn. KOLT

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HÖREN & LESEN

Das Märchen von der Kröte Wer bis jetzt immer noch nicht verstanden hat, wieso die Welt in einer tiefen Wirtschaftskrise steckt, kann das jetzt vielleicht nachholen. Eine Gastkolumne von Chris von Rohr

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olitiker und Zentralbanken erzählen gerne Märchen, damit die Bürger besser schlafen können. Sie sagen: Wir können mit künstlich erzeugtem Geld Wohlstand schaffen und nebenbei den Euro und den Dollar retten. Das klingt so, als müssten wir einfach nur einem als Kröte getarnten Prinzen ein teures Küsschen aufdrücken und alles wird gut. In Wirklichkeit mästen wir eine hässliche Kröte namens Staatsverschuldung. Diese Kröte müssen spätestens unsere Kinder schlucken – und sie wird sich sicher nicht in einen Prinzen verwandeln.

Bald jedoch begannen die Banken mit der Unart, Gelder in Umlauf zu bringen, die gar nicht gedeckt waren und der Geist des Geldes löste sich endgültig von seinem materiellen Körper. Mittlerweile sind nur noch etwa fünf Prozent des gesamten Geldes Scheine und Münzen. Geld ist zu einer digitalen Zahl geworden, und wenn die Banken leise über diese Zahlen sprechen, hat es die Anmut einer christlichen Beichte. Der erhoffte Anstieg des Bankkontos gleicht einem Glaubensbekenntnis. So leitet sich das Wort Kredit vom lateinischen Wort Credo ab: Ich glaube.

Wenn man das Theater an den Finanzmärkten betrachtet, kann einem schon mal trümmlig werden. Wer verliert? Wer gewinnt? Sind unsere Ersparnisse und Jobs noch sicher? Um dieses böse Spiel besser zu verstehen, müssen wir zuerst die Geschichte des Geldes kennen.

Das Währungsproblem ist ein Schuldenproblem. Längst schon wütet der Slogan: Buy now – pay never! Kauf jetzt – bezahle nie! Das ist eine Haltung, die es so noch nie gab. Gewisse Länder werden ihre Schulden nie bezahlen können. Die weltweite Balance ist völlig aus den Fugen geraten. Die einen schwimmen im Geld, kaufen alles auf, wie im Monopolyspiel, den anderen fehlt es am Allernötigsten. Randale wie in England sind vorprogrammiert, denn ein Grossteil der Jugend folgt nicht mehr der Erkenntnis: „Ich denke, also bin ich“, sondern „ich bin nur, wenn ich kaufe“.

Bevor es Geld gab, tauschten die Menschen Sachen, die sie brauchten, oder sie machten sich nützlich für andere, um dafür etwas zu bekommen. Bald erfanden sie das Zwischentauschmittel. Alle Dinge, die für wertvoll befunden wurden, konnten als Geld verwendet werden. Jemand kam dann auf die Idee, aus Gold und Silber Scheibchen zu machen: Münzgeld! Münzen hatten den Vorteil, die immer gleiche Grösse, das gleiche Gewicht und Aussehen zu besitzen – statt zu wiegen, konnte man sie abzählen. Daraufhin folgten die Scheidemünzen, deren Zahlungswert höher war als ihr eigentlicher Materialwert. Das war der Anfang des Kreditgeldes, das man auch schlechtes Geld nannte. Im 11. Jahrhundert tauchte in China Papiergeld auf. Dessen Gegenwert lag auf der Bank und diese achtete darauf, nicht zu viele Noten zu drucken, damit diese jederzeit wieder gegen Münzgeld eingetauscht werden konnten.

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Die Grundregeln der Economy an der Grundschule einzuführen, wäre keine schlechte Idee – dafür kann man ein paar nutzlose andere Fächer streichen. Im Märchen der Grimmbrüder wird der Frosch übrigens nicht geküsst, sondern an die Wand geworfen. So etwas ist politisch kaum durchsetzbar, aber mehr Kostenvernunft und eine gesunde Marktwirtschaft sind absolutes Muss. Wir sollten beim Schuldenmachen und Gelddrucken immer an die Kröte denken – und an unseren Nachwuchs.

Winter ade von Kilian Ziegler

Die Kälte war nicht auszuhalten. Eine Wohnung sollte Wohnung sein und nicht Eishockeystadion. Der Nachmittag dunkel; der Winter Bluessänger. Wäre die kalte Jahreszeit so, wie es Kataloge versprechen, weisser als Dr. Bests Zähne, Idyll durch und durch, dann hätte er sie vielleicht gemocht. Aber nein, die Sonne arbeitete Teilzeit und der Nebel legte sich in jede freie Ritze. Wann würde es endlich wieder Sommer und the living wieder easy? Deprimiert blickte er in die Eiszeit. So konnte es nicht weitergehen, er wollte nicht nur da sitzen und schlottern. Zwar verkörperte der Winter einen Viertel seiner Lieblingspizza, aber diesen Kälteterror würde er sich nicht gefallen lassen. Er beschloss in den Kampf zu ziehen, den Kampf gegen niedrige Temperaturen und die Ungemütlichkeit – er wollte den Winter zerstören. Er wartete nicht lange und sammelte in seiner Wohnung alles ein, was Wärme erzeugen oder speichern konnte. Er öffnete den Backofen und stellte ihn auf die Höchststufe, riss den Radiator aus der Wand und band ihn sich auf den Rücken, steckte sich eine mit warmer Bouillon gefüllte Bettflasche in die Unterhose, klemmte Wärmebeutel hinter die Ohren und rieb sich mit Frostschutzmittel ein. Dazu installierte er einen Wärmestrahler und zündete Kerzen an. In der linken Hand hielt er einen Fön, in der rechten ein Raclette-Öfeli. Er war bereit. Bald hätte der Winter hitzefrei, Schneemänner schwitzten und Schneeflocken kehrten wieder um. Alles würde schmelzen. Dann riss er Fenster und Türen auf und schrie: „Winter, komm her, wenn du dich traust!“ Der Winter liess sich nicht zweimal bitten und stand wenige Sekunden später vor ihm – in unerwarteter Form: Frau Holle. „Die Stadt ist zu klein für uns zwei“, sagte sie. „Das hier ist ein Dorf.“ „Egal. Mach dich auf etwas gefasst.“ Frau Holle erwies sich als kaltblütige Gegnerin und liess alles auffahren, was ihre Frost-Armee zu bieten hatte: Russische EishockeyRiesen, tollwütige Tiefkühltruhen, Yetis, Frisco-Raketen und vieles mehr. Schnell war er umzingelt und fror plötzlich mehr als je zu vor. Es fiel ihm schwer Gedanken zu fassen: „Hätte ich bloss Thermounterwäsche angezogen.“ Es war zu spät. Während er sich langsam in einen Eiswürfel verwandelte, sang in der Ferne eine Schnee-Eule „ice, ice baby“. Sein letzter Gedanke galt dem Frühling, ihm wurde warm ums Herz. Eine gute Zeit La vache d’hiver

Chris von Rohr, 62, ist Gründungsmitglied der Band Krokus, Musikproduzent sowie Buchautor und lebt in Solothurn.

PS: Warum ist es in Haifischmäulern immer warm? Darin hat es Haizungen.

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HÖREN & LESEN

Schon gelesen..?

KOLT liest...

Buchtipps von Seraina Scherer

Seraina Scherer ist Fachreferentin an der Bibliothek der FHNW Olten. fhnw.ch/campus-olten/bibliothek facebook.com/Bibliothek.FHNW.Olten Und Initiantin eines Online-Lesezirkels www.twitterlesezirkel.ch

NACHT IST DER TAG

WER WIR SIND UND WAS WIR WOLLEN

von Peter Stamm

von Philipp Riederle

Tag und Nacht. Man kann sich kaum einen grösseren Unterschied vorstellen, sind doch Tag wie auch Nacht ganz eigene Welten. Es empfiehlt sich, die beiden nicht zu vergleichen, sondern sie vielmehr aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu betrachten. Mit verschiedenen Perspektiven arbeitet auch Peter Stamm in seinem neusten Werk: Da ist einerseits Gillian, die im wahrsten Sinn des Wortes gerade das Gesicht verloren hat und diesen Verlust verarbeitet. Die Leserschaft erfährt in Vergangenheitsform aus ihrer Sicht nach und nach, was ihr zugestossen ist. Und da ist andererseits Hubert, ein Künstler, der seine grössten Erfolge bereits hinter sich hat und momentan gerade unfreiwillig sein Zuhause und seine Familie verlässt. Aus seiner Perspektive taucht man ein in ein anderes, neues Leben, in dem auch Gillian eine zentrale Rolle spielt. Stamm wäre nicht Stamm, wenn da nicht zwischen seinen Zeilen stets Schwermut mitschwingen würde, wenn da nicht im Hintergrund stets eine Art bedrohliches Brummen wahrzunehmen wäre – wenn auch deutlich weniger intensiv als bei seinen Kurzgeschichten in „Seerücken“. Der Roman „Nacht ist der Tag“ ist sprachlich zum Lesen ein wahrer Genuss und eine Empfehlung für alle Freunde von mehrschichtigen Geschichten.

Der Autor ist 1994 geboren und gehört somit zu den sogenannten „Digital Natives“, den Eingeborenen des digitalen Zeitalters. Bei einem grösseren Publikum wurde Philipp Riederle bekannt durch seinen Podcast „mein iPhone und ich“. In seinem Erstling versucht Riederle, das Verhalten dieser – seiner – Generation anschaulich darzulegen: Wie bewegt sich diese Generation in und mit den neuen Medien? Wie kann der durch die Digitalisierung verstärkte Generationen-Graben überwunden werden und wie sollen ältere Mitmenschen mit jungen Leuten umgehen, die die soziale Vernetzung laut Autor „mit der Muttermilch aufgesogen“ haben? In 13 Kapiteln erhält die Leserschaft einen Einblick in deren Denkweise und Verhalten und bekommt beispielsweise durch das „Manifest der Digital Natives“ eine konkrete Vorstellung davon, wie diese jungen Menschen denn so ticken. Dieses Sachbuch ist eine Empfehlung für all diejenigen, die gerne augenzwinkernd mehr über die heutige Jugend und deren Medienund Kommunikationsverhalten erfahren möchten. Man darf sich von der wiederholten direkten Anrede „ihr Alten“ und dem rasanten Tempo nicht abschrecken lassen, dann erhält man interessante Einblicke in die Denkart der beschriebenen Generation.

THE MODERN MAGAZINE VISUAL JOURNALISM IN THE DIGITAL ERA von Jeremy Leslie Leslie zeigt anhand zahlreicher visuellen Referenzen und Gesprächen mit Chefredakteuren und Kreativdirektoren, wohin sich die Magazinlandschaft im digitalen Zeitalter bewegt. Print muss seine Vorteile ausspielen, sich dem Erzählen von Geschichten widmen sowie Design, Bild und Text zu einer geballten Ladung Überraschung entwickeln. Yves Stuber, Co-Verlagsleiter AUTOBIOGRAPHY Morrissey Der charismatische wie seltsame Leadsänger der 80er-Kultband The Smiths verpackt sein Leben voller Musik und Drogen in ein enigmatisches und faszinierendes Buch. Auf sein Verlangen hin publiziert von Penguin Classics – Morrissey also auf Augenhöhe mit James Joyce oder Charles Dickens. Doch es ist gerade sein Narzissmus, der ihn liebenswert macht. Caspar Shaller, redaktioneller Mitarbeiter IN PLÜSCHGEWITTERN von Wolfgang Herrndorf Wieder ein Autor, der viel zu früh sterben musste. Herrndorf, bekannt durch sein unglaublich erfolgreiches Jugendbuch "Tschick", erzählt die Geschichte eines verlorenen Typen, der mit seiner Freundin Schluss macht, nach Berlin zieht und sich trotzdem nicht findet. Nathalie Bursać, Redaktionsleiterin

STO-Saisoninserat_Kolt_2013-14_viertelseite_grafikmeier 02.07.13 14:59 Seite 2

grafikmeier.ch

ts h g i l h g i H zember i m D e

Mi 4. Dez. 2013, 19.30 Uhr Heisse Zeiten Wechseljahre – Weiblich 45plus – na und!?!

Sa 14. Dez. 2013, 15 Uhr Die kleine Meerjungfrau Kindermusical ab 5 Jahren

Di 10. Dez. 2013, 19.30 Uhr Tod auf dem Nil Kriminalklassiker von Agatha Christie

Do 19. Dez. 2013, 19.30 Uhr Christmas in Swing Andrej Hermlin & his Swing Dance Orchestra Dan Levinson, Klarinette

KOLT

Dezember 2013

stadttheater-olten.ch Tel.: 062 289 7000

So 22. Dez. 2013, 17 Uhr Cappella Gabetta Weihnachtskonzert Sol Gabetta, Violoncello Werke von Bach, Vivaldi, Platti

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HÖREN & LESEN DIE NaRr-KOLUMNE

IN EINEM ZUG

Ich hab noch nie einen Menschen ertrinken sehen

Die Unterscheidung der Räume

von Flavia Obrist

von Pedro Lenz Illustration von Petra Bürgisser

Bernhard und Fred sitzen auf einer Bank am Fluss. Beide tragen sie verschlissene Kleidung, verlebte Gesichter. Beide halten sie eine Dose Bier in der einen, eine Zigarette in der anderen Hand. „Ich hab noch nie einen Menschen ertrinken sehen“, sagt Bernhard. „Ich auch nicht“, sagt Fred und zieht an seiner Zigarette, „Ich hab noch überhaupt nie einen Menschen sterben sehen.“ – „Ich schon“, sagt Bernhard, „Als ich 11 war, ist etwa 2 Meter vor mir ein Mann aus dem siebten Stock eines Wohnblocks auf die Strasse geklatscht. Und wenn ich sage geklatscht, dann meine ich das auch.“ Bernhard klatschte in die Hände, dann mit flacher Hand auf den Boden neben der Bank. „Klatsch und tot. Er war sofort tot. Bewegte sich jedenfalls nicht mehr, nicht einmal mehr ein Zucken, wie bei den Hühnern, wenn man ihnen den Kopf abschlägt. Einfach nichts mehr, tot. Damals glaubte ich, es wäre ein Unfall gewesen. Heute bin ich mir ziemlich sicher, dass es Selbstmord war.“ Bernhard zieht an seiner Zigarette, trinkt einen Schlucken Bier und schaut auf den Fluss. Fred nickt und zieht an seiner Zigarette, trinkt ebenfalls und überlegt, wie viele Menschen sich wohl schon in diesem Fluss umgebracht haben. Flavia Obrist, 19 Jahre alt, zog nach der Matura aus der Agglomeration nach Basel, wo sie nächsten Sommer ihr Studium der Medien- und Gesellschaftswissenschaften beginnen wird. Bis dahin vertreibt sie sich ihre Zeit mit schlechten Jobs und Schreiben, u.a. für das Literaturmagazin NaRr. www.dasnarr.ch

E

s gibt Dinge, die wir Menschen im geschützten Raum der eigenen vier Wände tun. Und es gibt Dinge, die wir ausserhalb unserer Wohnung tun. Der eine Raum nennt sich Privatsphäre. Der andere Raum nennt sich Öffentlichkeit. Diese Unterscheidung mag uns auf den ersten Blick recht banal und eindeutig erscheinen. Aber sie hat ihre Tücken. Was ist zum Beispiel mit den Verrichtungen, die wir innerhalb unserer Wohnung tun, für die wir uns aber auch dort noch einmal zurückziehen, in die Toilette oder ins Schlafzimmer zum Beispiel? Und was ist mit den Dingen, die wir früher im geschützten Rahmen des eigenen Heims getan haben, die wir aber immer mehr nach draussen tragen? Ist es Privat, am Sonntag in Trainer und Pantoffeln am Bahnhof die Zeitung zu holen? Für die einen mögen Trainer und Pantoffeln privat sein. Anderen macht es nichts aus, sie an die Öffentlichkeit zu tragen. Genau so verhält es sich bekanntlich mit den Telefongesprächen. Was dem einen peinlich ist, kann andern nicht öffentlich genug sein. Nun sind Hausschuhe im Bahnhof oder Telefongespräche im Zug zwar nicht allen gleich sympathisch, aber sie tun auch niemandem weh. So gesehen könnten wir sagen, dass jeder Mensch frei ist, anzuziehen und zu sagen was ihm gerade beliebt und wo es ihm gerade beliebt.

Begehrte Begleiter für kalte Wintertage.

www.bernheim.ch

Pedro Lenz, 48, ist Schriftsteller und lebt in Olten gleich beim Bahnhof. Er ist praktisch täglich im Zug unterwegs.

Ein klein wenig schwieriger wird es allerdings bei der Wohnungseinrichtung. So lange die Menschen nur ihre Wohnungen einrichteten, war alles kein Problem. Jede und jeder musste sich bloss um die eigene Wohnung scheren. Wem die Wohnung eines Mitmenschen nicht gefiel, konnte sie meiden. Ausgerechnet in den letzten Jahren aber, wo in immer mehr Zügen immer engere Platzverhältnisse vorherrschen, scheinen immer mehr Menschen den Drang zu verspüren, sich in den Bahnabteilen wohnungsähnlich einzurichten. Was gehört zum gemütlichen Wohnen? Mit relativ wenigen Gegenständen lässt sich schon ein recht wohnliches Feeling hinzaubern. Man kann zum Beispiel links neben sich die Kleider legen, vor sich die ausgezogenen Stiefel, gegenüber ein Menu ausbreiten und schräg gegenüber eine Musikanlage aufbauen und ein paar Taschen drapieren. Einzelne Bahnreisende trauen sich dann nicht mehr zu fragen, ob in der fremden Wohnung noch ein Plätzchen frei sein. Man möchte halt die Privatsphäre seiner Mitmenschen nicht unnötig stören. Deswegen gibt es immer mehr Bahnreisende, die sich entschuldigen wenn sie Platz suchend durch den Zug gehen. So wie man sich entschuldigt, wenn man aus versehen in eine fremde Wohnung eingetreten ist. «Largo se le hace el día a quien no ama» (Claudio Rodríguez)


HÖREN & LESEN

Fribi's Metal News

Deeno‘s Reviews

www.bromusic.ch

www.outsider-shop.ch

CHASTAIN Surrender to no one (Leviathan Records) Nach zehn Jahren Pause und drei Alben mit Ersatzsängerin Kate French kehrt Chastain mit der einzigen und wahren Sängerin, sprich Leather Leone, zurück auf das Battlefield of Life! Filigrane Gitarrenarbeit, mehrstimmige Refrains plus eine Shouterin, die man schon in den Achtzigern als weibliches Pendant für Ronnie James Dio nannte, zeichnen dieses Werk aus. Songs wie „Deep Down Darkness“ krachen voller Inbrunst aus den Speakern und der dazu gehörige Refrain lässt einem nicht mehr los. „Rise Up“ als amtlicher Stampfer oder die anschliessende Halbballade „Save Me Tonight“ zeigen die Band in Höchstform und eine Sängerin, die einem mit ihrer rauen und kraftvollen Stimme packt. Spätestens beim Titeltrack „Surrender To No One“ , einer amtlichen Speed-Nummer, wird klar, dass dieses Comeback unumgänglich war!

ANDERS OSBORNE RUN THE JEWELS Same (Big Dada) Run The Jewels, das ist eine Album-Collaboration des Rappers und Produzenten El-P und des Stimmakrobaten Killer Mike. Beide machten schon mehrmals Solo auf sich aufmerksam und verbuchten bis dato grossartige Erfolge in der Indie Hip-Hop Szene. Auf ihrem selbstbetitelten Erstling verbinden die beiden nun das Beste aus ihren Welten und dies kratzt gewaltig an der Bassmembrane. Über grimmige und verzerrte Beats wird hier gerappt und geflowt als wär das das einfachste der Welt. Ein selten-innovatives Rap-Album auf dem sich zwei grossartige Musiker gegenseitig auf das nächste Level pushen.

MONKEY 3

LEE BANNON

5th sun (Napalm Records)

Alternate / Endings (Werkdiscs)

Das bereits vierte Album des Westschweizers Trios Monkey 3 darf man wohl als ihr bis dato bestes Werk bezeichnen. Bester Instrumental-Postrock wie man ihn höchstens von Bands wie Leech, Russian Circles und Red Sparrows kennt. Ein grosser Unterschied zu vorgegebenen Bands ist jedoch, dass der Sound von Monkey 3 auf einem samtweichen aber nie überdimensioniertem Synthie-Teppich angelegt wurde. Der unglaublich atmosphärische Sound sowie die packenden Gitarren-Arrangements lassen den Zuhörer nicht mehr los und werden zum absoluten Trip für jeden Musik-Freak. Wohlfühlmusik für Kerzenscheinabende, die einem vom ersten Moment an packt. Unbedingt einmal auf Vol. 10 mit Kopfhörer testen – ist ein unglaubliches Erlebnis.

Lee Bannon ist ein noch junger Produzent aus Sacramento. Inspiration findet der angeblich stets nervöse junge Mann vor allem in Filmsoundtracks oder sogenannten Field-Recordings. Früher noch mit beiden Beinen im Hip-Hop verankert, tüftelte Bannon die letzten Monate vor allem an neuen Sounds und Rhythmen. Vor allem Drum&Bass ist auf seinem Debüt der musikalische Leitfaden.

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Ché's Bro Tipps Peace New Orleans-Institution Anders Osborne begeistert auf „Peace“ mit seinem genialen Mix aus groovendem Swamp-Rock, intensivem Bluesrock und erdigem Roots-Rock versetzt mit PsychedelicSpuren.

HENDRIX ACKLE Logbook Einer der begnadetsten Schweizer Musiker startet endlich seine Solo-Karriere. Man kennt und liebt Hendrix als Keyboarder bei Philipp Fankhauser oder früher als Sänger und Keyboarder bei The Funky Brotherhood. Mit dem US-Bassisten Richard Cousins bildete der Badener die Band Hendrix/Cousins. Nun entführt uns der Mann an den Tasten in sein eigenes Musik-Universum an der Schnittstelle von Folk und Soul. Live, 25.April 2014, Galicia Bar, Olten

CASS McCOMBS Big Wheel And Others Über Rock’n’Roll, zu Blues bis hin zu Jazz- und Country-Facetten, wandelt Cass McCombs auf der Suche nach Wahrheit und menschlichem Verständnis.

IVAN NEVILLE DUMPSTAPHUNK Dirty Word Das All-Star-Kollektiv mit Ivan Neville (vocals, B3, clavinet), den beiden Bassisten/Sängern Tony Hall und Nick Daniels III, dem Gitarristen Ian Neville und dem Drummer Nikki Glaspie, veröffentlicht ihr drittes Studio-Album. Mit den zwei Bässen wird hyperknackiger Funk im Low End zelebriert. Red Hot Chili Peppers’ Flea spielt den dritten Bass als Gaststar, weitere Gäste sind Trombone Shorty, Ani DiFranco, The Rebirth Brass Band und Ivan’s Onkel Art „Poppa Funk“ Neville.

RED HOT + FELA „Alternate / Endings“ ist ein sehr kraftvolles und lautes Stück elektronische Instrumental-Musik. Von bitterbösen Drum-Attacken, bis hin zu eindrucksvoll eingängigen Melodien wird hier aus dem Vollen geschöpft. Starkes Album, aber nix für schwache Nerven!

The Voice Zum 75. Geburtstag von Fela Kuti, dem Grossmeister des Afrobeat, erscheint die Tribute-Compilation „Red, Hot & Fela“. U.a. mit Angelique Kidjo, Questlove, dem Kronos Quartet und Tony Allen.

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IM RAMPENLICHT

Argentinisches Temperament in Trimbach Martin Palmeri hat bereits für den Papst gespielt und tritt diesen Monat mit dem St. Martins-Chor in Trimbach auf. Der berühmte Komponist wollte es sich nicht nehmen lassen, persönlich mit dem Chor für den grossen Auftritt zu üben. Text von Nathalie Bursać Foto von Yves Stuber

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in kleiner, bärtiger Mann steht am Klavier und gestikuliert wild. Vor ihm sitzen 29 Männer und Frauen und hören aufmerksam zu, als dieser ruft: „Crazy! Crazy! You must feel like crazy people!“ Der kleine Mann heisst Martin Palmeri und ist ein erfolgreicher argentinischer Komponist und Dirigent, bei den sitzenden Frauen und Männern handelt es sich um die Mitglieder des Trimbacher Kirchenchors St. Martin. Seit dem Sommer hat der Chor geübt, um gut für den Moment vorbereitet zu sein, wenn der Maestro seine Arbeit mit ihnen beginnt. Und dieser ist zufrieden: „You know the piece perfectly!“ lobt er die Chormitglieder, dennoch will er, dass der Chor die letzte Passage noch etwas mehr „crazy“ singt. Berühmt wurde der Komponist mit seinem Stück „Misatango“, das schon auf der Welt aufgeführt wurde – zuletzt diesen Oktober zu Ehren des

neuen Papstes Franziskus im Vatikan. Auch der St. Martins-Chor sang „Misatango“ schon einmal, das war 2009. Dies ist also die zweite Zusammenarbeit Palmeris mit dem St. Martins-Chor. Auf dem Programm für das Weihnachtsoratorium steht dieses Jahr Palmeris weniger bekanntes Stück „Oratorio de Navidad“, das er 2001 komponiert hat und das genauso wie seine anderen Werke Elemente des „Tango Nuevo“ mit sakralen Klängen vereint. Dass Palmeri im Dezember den Taktstock bei diesem Stück selber in der Hand halten wird, ist eine Weltpremiere. „Leider kann ich viel zu selten mit einem Chor eines meiner Stücke üben und es dann auch gleich dirigieren“, sagt Palmeri. Bis dahin bleibt noch Zeit zum Üben. „Mui bien, jetzt alle susamen, tres qua und..!“ ruft Palmeri und der Chor

stimmt die nächsten Töne an, nur um gleich wieder unterbrochen zu werden. "No, no, no. Not like dracula opening his sakrophag", ruft Palmeri und mimt den Dracula-Darsteller Bela Lugosi nach. Lachen im Saal. Ein Komponist des 21. Jahrhunderts müsse schwierige Stücke schreiben, sonst würde er es zu nichts bringen, entschuldigt er sich und wartet erneut, bis das Lachen verklungen ist. Er hebt den Kopf, legt die Hände auf die Klaviertastatur, wartet einen kurzen Moment... „tres, qua und!“. Weihnachtsoratorium 10. und 11. Dezember 2013 Am 11. Dezember zusätzlich Konzert des Kinder- und Jugendchor Trimbach mit einem eigens für diesen Anlass komponierten Stück von Martin Palmeri, einstudiert von Franziska Steggerda-Häring. Konzert: 19 Uhr Mauritiusskirche Trimbach Kollekte

Reise in den Schneepalast Für das 10-jährige Jubiläum haben sich die Macher von "Spectacolo" eines der anspruchsvollsten Märchen von Hans Christian Anderson ausgesucht.

D Spectacolo: Schneekönigin Jugend- und Kinder-Tanztheater Samstag, 7. Dezember 2013, 18 Uhr Sonntag, 8. Dezember 2013, 16 Uhr Stadttheater Olten Vorverkauf: Baloise Bank Soba

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as Jugend- und Kinder-Tanztheater „Spectacolo“ vermochte letztes Jahr sogar gestandene Stars zu überzeugen: „Jöh, seid ihr herzig!“, lautete DJ Bobos Urteil, der in der Jury von „Die grössten Schweizer Talente“ sass und zuvor gespannt den Auftritt der beiden 8-Jährigen, Manuela und Till, mitverfolgt hatte. Spätestens seit dieser Tanzeinlage im Schweizer Fernsehen, ist das Oltner Jugend- und Kinder-Tanztheater nun auch in der restlichen Schweiz berühmt.

In wenigen Tagen bietet sich eine neue Gelegenheit, „Spectacolo“ auf der Bühne zu sehen. Zum zehnten Mal tritt die 120-köpfige Truppe unter der Leitung der erfahrenen Choreografin und Tänzerin Victoria Gsell auf. Für die Jubiläumsshow wählte das Team rund um Gsell dieses Jahr ein anspruchsvolles Märchen des dänischen Dichters Hans Christian Andersen aus: „Die Schneekönigin“. Die Geschichte handelt von Gerda, die ihren Freund Kay aus den Fän-

gen der bösen Schneekönigin retten will und sich deshalb auf eine abenteuerliche Reise in den Schneepalast macht. Die Zuschauer dürften also gespannt sein auf gewaltige Bühnenbilder und prächtige Kostüme. Letztes Jahr lockte das Kindertanztheater mit dem Stück „Der Nussknacker“ rund 1300 Zuschauer ins Stadttheater Olten - ein Rekord, den das Spectacolo-Team dieses Jahr knacken will. nb

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IM RAMPENLICHT

"Ich war lange Zeit laut" Als Rapper "Greis" ist Grégoire Vuilleumier bekannt geworden. Zusammen mit dem Gitarristen Benjamin Noti stimmt er nun als Noti Wümié neue, ungewohnt ruhige Töne an und packt dabei in Blues-Manier alte Räubergeschichten aus. Text von Franziska Monnerat Foto von Janosch Abel

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oti Wümié, das sind Du am Mikrofon und Benjamin Noti an der Gitarre. Warum so ruhig? Das hat mit der Entwicklung meines musikalischen Geschmacks zu tun, genauer gesagt mit dem Fokus, der jetzt mehr auf Chanson und ruhig als auf pompös und heroisch liegt. Hip-Hop, Chanson und elektronische Musik mochte ich schon immer. Im Moment höre ich zum Beispiel viel Stahlberger und Camille. Ja, und ruhig... vielleicht liegt es auch daran, dass ich lange Zeit laut war. Es tut mir gut, zur Abwechslung mal etwas Ruhiges zu machen.

Konstrukt ist. Die Tageszeit, bevor es losgeht und nachdem es abgegangen ist. Am Nachmittag vor dem Konzert würde ich mir überlegen: Was könn-

von IAM - also von all meinen Lieblingsbands. Das gibt aber noch keine gute Geschichte her... (überlegt) ah, jetzt habe ich eine: Ich habe mal

Was reizt Dich an dieser musikalischen Reduktion aufs Minimum? Ich habe Mühe, mich kurz zu fassen. Es ist für mich wie ein Modul meines eigenen Lehrgangs Musik. Wie kann ich mich knapp halten? Wie kann ich Pausen nutzen? Wie kann ich Zeilen setzen, die nicht bei Schlag eins beginnen und bei Schlag vier fertig sind, sondern dazwischen? Du bist in der Hip-Hop-Kultur verwurzelt, Benjamin Noti im Pop. Wie kommt es, dass Du keine Berührungsängste mit anderen Musikrichtungen hast? Berührungsängste habe ich vielleicht keine, aber Ehrfurcht und Angst davor, es nicht zustande zu bringen, wenn ich mich in einer neuen Musikrichtung versuche. Dank der Plattform, die mir Benjamin mit seinen Produktionen gibt, fühle ich mich zum ersten Mal wirklich sicher. Mit Noti Wümié improvisierst Du. Wie würde das Lied klingen, das genau jetzt, an einem Dienstagabend in der X-Tra-Bar in Zürich, entstünde? Du würdest darin vorkommen. Das Fumoir, weil ein Fumoir ein abstruses

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Durchdrehen ist. Ich bin zu ihr hingegangen und habe versucht, sie zu beruhigen. Es war klar, dass diese Frau in Obhut gehörte, sie war eine Gefahr sich selber und anderen gegenüber. Ich weiss nicht mehr, ob ich die Polizei gerufen habe oder ob es jemand anderes war. Jedenfalls stand dann der Kastenwagen da, aber sie hatte Panik davor, einzusteigen. Da bat mich die Polizistin, sie zu begleiten. Auf dem Polizeiposten ging ich mit ihr zusammen in eine Zelle, um dort auf die Vernehmung zu warten. Das Lustige ist: Ich befand mich in der gleichen Zelle, in der ich wegen einer Graffiti-Geschichte ein halbes Jahr zuvor für eine Nacht eingesperrt war. An diesem Abend konnte ich aber nach kurzer Zeit aus der Zelle raus, zurück in die Bar, um mein zweites Set zu spielen. Was hat diese Geschichte mit den Geschichten gemein, die Du mit Noti Wümié aufgreifst? Geschichten über Randständige assoziiere ich mit Blues. Und zwar wegen Chlöisu Friedli, der für viele Berner genauso wichtig ist wie Mani Matter. Zu Beginn habe ich mich oft bei seinem Repertoire bedient. Weil er ist für mich der Blues, den ich kenne. Das, was ich bei Noti Wümié an Improvisation mache, ist zwischen Rap, Freestyle und Blues-Improvisation, bei der man Geschichten erzählt.

War schon einmal eine Nacht im Gefängnis: Grégoire Vuilleumier aka Greis.

Greis zu Gast bei Wortklang, 22. Dezember in der Vario Bar

te ich Lustiges über das X-Tra erzählen? Was habe ich hier schon erlebt? Dann würde ich im ersten Lied eine alte Räubergeschichte auspacken. Zum Beispiel? Ich war hier Vorgruppe von De La Soul, von Public Enemy,

in der Bar auf der anderen Strassenseite ein Konzert gegeben. In der Pause ging ich raus, um eine Zigarette zu rauchen. Da sehe ich vor dem X-Tra eine junge Frau, die barfuss umher rennt, schreit, Viecher am Boden sieht, die sie beissen wollen, also am

und bei «23 Sternschnuppen», dem Oltner Kultur-Adventskalender, 1. bis 23. Dezember, jeweils um 18.15 Uhr, Kino Lichtspiele. www.23sternschnuppen.ch

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FREAKS BRAUCHT DAS LAND

Der kleine Mann im Bild ist Frodo. Und der noch kleinere daneben sein Stuntdouble Kiran Shah - der kleinste Stuntman der Welt. Das Tonbandgerät an der Wand ist aus "A Beautiful Mind".

"...am liebsten E.T.s Raumschiff!" Zuhause in Fulenbach hat sich Rinaldo Somaini ein Mini-Kino eingerichtet, das auch gleich Museum für seine kostbaren Filmrequisiten ist. Der 32-Jährige sucht auf der ganzen Welt nach seinen Wunschobjekten - und das ist nicht immer ganz leicht. Text von Désirée Klarer Fotos von Florian Amoser

5. Winterkino Langenthal 27. bis 30. Dezember www.winterkino.ch

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enn man hört, dass jemand Hollywood-Requisiten sammelt, denkt man an Menschen, die sich für die Premiere des nächsten "Star Wars"-Films in Darth Vader verwandeln, Batman-Unterwäsche tragen und Klingonisch beherrschen, als wäre es ihre zweite Muttersprache. Doch Rinaldo Somaini ist da anders. „Ich wehre mich ein bisschen gegen den Begriff Freak“, so Rinaldo. Er empfängt seine Gäste nicht im Batman-Kostüm, sondern in Hemd und Bundfaltenhose. Rinaldo ist 32 Jahre alt, hat stets ein Lächeln auf den Lippen und seine Augen glänzen, wenn er davon erzählt, wie er mit dem Sammeln begonnen hat – und sie strahlen, wenn seine kleine Tochter „Cärmeli“ ihn fragt, ob sie ihre Finken ausziehen dürfe, ihm etwas zeigt oder ihn einfach nur anlächelt. Seine vierköpfige Familie steht bei ihm an erster Stelle. So nimmt er sich trotz seiner 100-Prozent-Stelle als Wirtschaftsanwalt bei der Alpiq jeden Abend Zeit, um seinen Kindern

etwas vorzulesen oder ihnen eine Geschichte zu erzählen. Und „Cärmeli“ darf natürlich tatkräftig mithelfen, damit das sechsplätzige, rot ausgekleidete Heimkino schon bald in vollem Glanz erstrahlen kann.

Neben Requisiten sammelt er auch Fossilien, früher wollte er sogar einmal Archäologe werden. Diesen Traum hat er aber aufgegeben – Fossilien findet er trotzdem nach wie vor sehr interressant.

Geht man in den Keller hinunter, steht da schon das erste Prachtstück: eine komplette Rüstung aus Narnia, alles handgearbeitet und aus der gleichen Schmiede wie die Kostüme von Herr der Ringe. Wie viel er dafür bezahlt hat, verrät der Anwalt nicht. Lieber will er sich keine Gedanken darüber machen, wie viel Geld er bisher schon für sein Hobby ausgegeben hat.

Gerne würde er seine Sammlung um ein richtiges Dinosaurier-Ei erweitern. Bis dahin genügt ihm aber auch das aus „Jurassic Park“, oder die anderen Dinge, die an der „Hollywood Wall“ in seinem Heimkino zu bestaunen sind: Ein komplettes „Men in Black“-Kostüm, ein Zauberstock aus „Harry Potter“ oder eine Goblin-Maske aus „Narnia“, von der es weltweit lediglich zwei Stück gibt.

Acht Jahre macht er das nun bereits, doch ein Sammler ist er seit Kindesbeinen an. Sein Vater war viel in den USA unterwegs und brachte von seinen Reisen immer mal wieder Action-Figuren mit. Unter anderem auch solche der „Hero Turtles“, die Klein-Rinaldo dann seinen Freunden im eigens gegründeten „Hero Turtle Fanclub“ präsentieren konnte.

Es geht ihm nicht um den Personenund Schauspielerkult, sondern um die Machart des Filmes und seiner Musik. Und natürlich: Seit er Requisiten sammelt, fokussiere er sich auch mehr darauf, wie diese gemacht sind. Stuntexemplare sind aus Gummi oder Kunstharz, damit sich niemand verletzt, Exemplare für die Nahaufnah-

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Wehe, die putzt jemand: Original Stück aus "Pirates of the Caribbean".

me sind hingegen meist viel detaillierter gestaltet und aus Metall. An seiner Pistole aus „Fluch der Karibik“, seien sogar noch Spuren von Schwarzpulver zu sehen, erzählt Rinaldo. Die Computeranimation, die derzeit gerade die Filmbranche revolutioniert, kommt seinem Hobby nicht gerade entgegen. So würden für die neuen Filme, wie beispielsweise James Cameron Avatar, fast keine physischen Requisiten mehr hergestellt. Rinaldo steht auf Mainstream-Kino. Der Zauberstab aus der „Harry Potter“ -Reihe, nach dem er so lange gesucht hatte, wäre nicht mal annährend so cool, wenn er aus einem Independent-Movie stammen würde. Zudem steigert der Bekanntheitsgrad der Filme auch den Wert der Requisiten. Gerne wäre er im Besitz eines Originalstücks aus dem Kult-Film „E.T.“ „ ...aber nicht einfach etwas kleines, am liebsten E.T.s Raumschiff!" Viele seiner originalen Requisiten und Kostüme kommen aus den USA oder England. Über Ebay würde Rinaldo nie etwas bestellen, das ist ihm zu undurchsichtig. Ein Grossteil der Geschäfte läuft deshalb über Händler, die meist direkt mit den Filmstudios zusammenarbeiten. Vertrauenswürdige Kontakte sind in dieser Szene sehr wichtig: „Leute, die Originale anbieten und dann Replikate verkaufen, sind keine Seltenheit.“ Seine Sammlung und sein Wissen

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behält er nicht für sich: Für das diesjährige Winterkino in Langenthal organisiert er eine Ausstellung und lädt einen Stargast ein. Letztes Jahr war es der kleinste Stuntman der Welt, Kiran Shah, mit dem er heute eine gute Freundschaft pflegt. Dieses Jahr hat er David Prowse eingeladen, den Darsteller des Darth Vader in „Star Wars“. Ein Teil seiner Requisiten ist immer an Ausstellungen, der Rest seiner Sammlung befindet sich Zuhause. Dort, wo er sich bald „Kater Mikesch“ mit seiner Tocher anschauen wird, oder: „ab und zu mal eine Schnulze“ mit seiner Frau.

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So sieht Sammler-Stolz aus: Rinaldo Somaini mit seinem Darth-Vader-Helm.

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20. Dezember 2013, 18.30 Uhr

Anmeldung bis 17.12. unter info@pure-olten.ch Riggenbachstrasse 10, 4600 Olten www.pure-olten.ch


Die Zukunft sollte man nicht voraussehen wollen, sondern möglich machen. Antoine de Saint-Exupéry

Wir wünschen Ihnen einen guten Start ins 2014!

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