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hörbar

DAS MAGAZIN DES KONZERTHAUS DORTMUND

S E P T E M B E R 0 1 2 0 13 14

YA N N I C K N É Z E T- S É G U I N PARTNER DES KONZERTHAUS DORTMUND


DER PARTNER

DIE SPONSOREN

DIE PARTNER-STIFTUNG

DIE HAUPTSPONSOREN

So klingt nur Dortmund. DIE FÖRDERER

DIE FÖRDERER


TITELFOTO: SONJA WERNER FOTO: ACHIM MULTHAUPT

DES INTENDANTEN TUGEND

Als Intendant lernt man, geduldig zu sein. Dinge entwickeln sich langsam, die Beziehungen zu Dirigenten gehören dazu. Daher lautet die Devise »geduldig warten«, oft nach den Konzerten hinter der Bühne, direkt vor dem Dirigentenzimmer. Dort spielen sich die wichtigen Dinge ab. Man muss nur erst einmal hinkommen, oft am Bühnenpförtner vorbei oder, wenn man sich auskennt, gleich rein durch die Seitentür an der Bühne. Zum Glück kennen mich viele Kollegen anderer Häuser (weniger die Pförtner), das macht die Sache einfacher. Warten muss ich dennoch, z. B. auf Valery Gergiev. Nach einem Konzert in St. Petersburg stand eine nicht enden wollende Schlange hinter der Bühne. Alles Freunde, keine Frage; alle wollten seine Aufmerksamkeit, selbstverständlich. Ich natürlich auch. Er sah mich, lächelte und sagte zu den Anwesenden, er müsse noch einmal auf die Bühne und proben. Ein unüberhörbares Seufzen ging durch die Reihen, alles richtete sich auf weitere Stunden ein. Er nickte mir zu und raunte mir ins Ohr, ich solle seinen Wagen nehmen und mit zwei weiteren Freunden schon mal in das Restaurant voraus fahren. Ich wüsste schon wo, er komme gleich nach. Es wurde dann ein Uhr nachts, bis Valery Gergiev schließlich kam, aber es war ein wunderbarer Abend über den Dächern von St. Petersburg. Und das Warten hatte sich gelohnt: Gergiev nahm die erneute Einladung nach Dortmund an. Beredtes Warten ist eine Kunst. Man darf nicht aufdringlich wirken, man sollte auch nicht allzu

oft irgendwo herumstehen. Gut ist es, wenn man vorgestellt wird und ins Gespräch kommt. Aber entscheidend ist die überzeugende Geduld. Vielleicht liegt hier auch der Grund, warum Claudio Abbado nun ins KONZERTHAUS DORTMUND kommt. Zum ersten Mal. Denn als das Mahler Chamber Orchestra, dessen Gründer Abbado ist, Residenzorchester am Konzerthaus wurde, schwang immer auch die leise Hoffnung mit, dass der Maestro selbst eines Tages endlich den Weg nach Dortmund findet. Viele Male habe ich ihn besucht. In Luzern bei den Festspielen stand ich hinter der Bühne. Und ähnlich wie bei Valery Gergiev war die Schlange derer lang, die etwas von ihm begehrten. Es sind dann bestimmte Blicke, kleine Gesten, das VorgelassenWerden, der kurze Händedruck sowie das SichErinnern, die über die Dinge entscheiden. Und Claudio Abbado hat sich entschieden: Er wird sein Orchester in Dortmund dirigieren. Das Warten hat sich gelohnt und die jahrelange Geduld zahlt sich aus. Von der Begegnung mit unserem neuen Exklusivkünstler Yannick Nézet-Séguin in den Katakomben der Mailänder Scala und backstage in Philadelphia erzähle ich ein anderes Mal. Ihn können sie aber bereits im September live auf der Bühne des KONZERTHAUS DORTMUND erleben – ohne langes Warten. Ihr Benedikt Stampa Intendant und Geschäftsführer des KONZERTHAUS DORTMUND

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Mi 02.10. 2013 · 20.00 Uhr

FATOUMATA Fatou

DIAWARA

Groß, elegant und mit einem einnehmenden Lächeln verwandelt Fatoumata Diawara, genannt Fatou, Elemente aus Jazz und Funk zu einem zeitgenössischen Folk-Sound.

04 einblick


06 interview

03 editorial

Grande Dame des Klaviers

04 einblick

Elisabeth Leonskaja, Residenzkünstlerin der ersten Stunde, kehrt ins Konzerthaus zurück

05 inhalt

10 titel

26 augenblick

Mit einem Bein in Kanada

28 briefe

Die Karriere des Shootingstars der Dirigentenszene, Yannick Nézet-Séguin, hat ein starkes Fundament

29 ausblick I rätsel I impressum

14 orchesterzyklus

30 haus und verkauf

An der Reißleine gezogen

Die ehemalige »Junge Wilde« Janine Jansen hat einen besonnenen Karriereweg gefunden

17 mco residenz nrw

Der rare Priester

Altmeister Claudio Abbado gibt in Dortmund eines seiner seltenen Konzerte

20 sonderkonzert

Diven wider Willen

Countertenor Philippe Jaroussky erlaubt einen Blick in die vergangene Epoche der Kastraten

22 große stimmen

Alles bleibt neu

Auch nach dem Ende seiner Gesangskarriere bleibt Thomas Quasthoff ein Bühnenmensch

FOTOS: DAVID KAYONDO, JO SCHWARZ, HARALD HOFFMANN · DG, THOMAS KARSTEN

24 orchesterzyklus

Auf der Überholspur

Hochgeschwindigkeitsfan mit Mut zum Risiko: Tenor Vittorio Grigolo

25 cabaret + chanson

Herzöffner

Liedermacher Konstantin Wecker und Mezzo-Star Angelika Kirchschlager machen gemeinsame Sache für das Lied

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GRANDE DAME DES KLAVIERS Elisabeth Leonskaja ist wie kaum eine Künstlerin mit dem Konzerthaus von Anbeginn an verbunden: In der Eröffnungssaison 2002| 03 wirkte die im georgischen Tiflis geborene Pianistin als Residenzkünstlerin am Konzerthaus, trat in Klavierabenden auf, musizierte in der Folge mit verschiedenen Orchestern und in zahlreichen weiteren Konzerten. Immer war der Flügel, auf dem sie spielte, quasi ihr »eigenes« Instrument: Den ersten Konzertflügel hatte Elisabeth Leonskaja im Auftrag der Philharmonie für Westfalen bei Steinway & Sons in Hamburg ausgesucht. In der Konzerthaus-Passage schmückt das von dem Kölner Maler Oliver Jordan geschaffene Porträt Elisabeth Leonskajas den Durchgang zwischen Brück- und Reinoldistraße. Nun kehrt »La dernière grande Dame de l’École Soviétique«, die letzte Große der berühmten sowjetischen Klavierschule, wie ein französischer Kritiker sie nannte, ins Konzerthaus zurück. Werke von Ravel, Debussy und Schubert beinhaltet das Programm ihres Klavierabends. Doch auch Ungewohntes bringt Elisabeth Leonskaja mit nach Dortmund: die Klaviersonate von George Enescu.

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Frau Leonskaja, jetzt stören wir Sie in Ihrem Urlaub per Mobiltelefon, womöglich sind Sie gerade am Strand? Nein, nein, ich bin wieder zu Hause in Wien. In dieser einzigartigen Musikstadt lebe ich seit mittlerweile 35 Jahren, nachdem ich in Moskau Klavier studiert habe. Ich muss sehr viel üben. Ab dem 24. Juli gebe ich zum Beispiel einen Meisterkurs beim »Schleswig-Holstein Musik Festival« und spiele dort Ende des Monats unter Valery Gergiev das Klavierkonzert von Grieg. Es ist wunderbar mit ihm und dem Orchester des St. Petersburger Mariinsky-Theaters zu konzertieren, es gibt mir ein Gefühl von Heimat. Und nicht zuletzt bin ich am 11. Oktober auch wieder in Dortmund zurück mit einem Klavierabend... In der Gründungsphase des Konzerthauses waren Sie hier Residenzkünstlerin und haben für eine Saison auch in Dortmund eine Heimat gefunden... Natürlich erinnere ich mich genau daran. Zu Anfang, gleich im Oktober, und zum Schluss standen einrahmende Klavier-Recitals – auf dem Steinway-Flügel übrigens, den ich in Hamburg für das Konzerthaus hatte auswählen dürfen. Ferner gab es ein Kammerkonzert mit dem Ensemble Wien-Berlin und das zweite Rachmaninow-Klavierkonzert mit dem TschaikowskySinfonieorchester des Moskauer Rundfunks. Bei der »Aids-Gala« habe ich mitgewirkt, und es stand ein Philharmonisches Konzert mit den Dortmunder Philharmonikern auf dem Programm – eine sehr schön ausgefüllte und reprä-


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sentative Residenz. Mit den Philharmonikern habe ich übrigens 2009 zum letzten Mal im Konzerthaus konzertiert: Brahms’ Klavierkonzert Nr. 2. Es wurde sogar die Idee entwickelt, diejenigen Künstler, die in der ersten Saison besonders hervortraten, also auch Kent Nagano, der Komponist Matthias Pintscher sowie CircusRoncalli-Direktor Bernhard Paul, von einem Maler porträtieren zu lassen ... ... das Porträt von Oliver Jordan – finden Sie sich darin wieder? Sicher. Jeder Künstler, jeder Maler hat selbstverständlich die Freiheit, seinen eigenen Stil und seine eigene Bildsprache zu entwickeln und Dinge hervorzuheben, die man selbst so vielleicht nicht gesehen hat. Aber ja: Ich erkenne mich darin. Sie entstammen der legendären sowjetischen Klavierschule ... Mit sieben Jahren begann mein Klavierunterricht, zwei Monate später habe ich zum ersten Mal öffentlich gespielt. In der damaligen Sowjetunion war das nicht unbedingt etwas Besonderes. Meine Mutter war dafür die Auslöserin. Ihr und meinem Leben, meinem Talent, fühle ich mich nach wie vor verpflichtet, es ginge nicht ohne die Musik. Meine Mutter hatte auf diese Weise den Grundstein gelegt, nachdem sie selbst unter schwierigsten Bedingungen in der Sowjetunion Musik studiert hatte. Sie fand es das Schönste für ihre Tochter und hat sich selbst wohl nicht vorstellen können, dass es auch ein schwerer Beruf ist: das viele Reisen, früh morgens aufstehen, um zu einem Konzertort zu gelangen, unausgeschlafen in eine Probe kommen ... In Russland sind wir Kinder einer großen musikalischen Kultur, wir haben viel russisches Repertoire gelernt, und, übrigens, wo russisch gesprochen wird, da kommt mir gleich alles vertraut vor. Die Musik und die Sprache meines Heimatlandes sind das Fundament, die Sprache korrespondiert gewissermaßen mit den langen musikalischen Phrasen. Man hat oft gesagt, ich

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spielte Beethoven oder Schubert russisch – ohne dass ich es selbst bemerkt hätte oder genau wüsste, was es eigentlich bedeutet. Wir spielen Beethoven und Schubert mit dem Herzen, glauben, dass es so irgendwie »stimmt«, und schließlich lebe ich jetzt in dieser unglaublichen Stadt, die ihre Musik immer noch atmet. Deutsch habe ich in der Schule gelernt, und meine Interpretationen der Wiener Klassiker werden sich inzwischen verändert haben. Ich lebe in Wien, bin aber keine Wienerin. Den echten Wienern ist das Verständnis Schuberts womöglich eher in die Wiege gelegt als mir; ich muss mir den »Kosmos« dieses erstaunlichen Genies immer wieder erarbeiten, die Arbeit an Schubert kennt kein Ende. Und die Stadt erscheint mir auf besondere Weise verführerisch und gefährlich zugleich: wie ein Stück Sachertorte, die zum Genuss verführt – während man aber doch eigentlich gefordert ist, konstant weiter an sich zu arbeiten. Aber dennoch ist das Leben hier voller Musik und unvergleichlich inspirierend. Sie sind in der Sowjetunion sehr von Swjatoslaw Richter beeinflusst worden ... Nicht als Studentin, nicht als Schülerin, sondern mehr durch seine Präsenz, seine Persönlichkeit und Ausstrahlung, das Musizieren und die Proben mit ihm. Über meinen damaligen Mann, den Geiger Oleg Kagan, entstand der Kontakt. Mit Richter habe ich Schumanns »Andante und Variationen« spielen dürfen, und als wir beim Studium von Edvard Griegs Bearbeitungen der Mozart-Sonaten für zwei Klaviere waren, erhielt ich das Ausreisevisum nach Israel, eine einmalige Chance – und für mich eine sehr schwierige Entscheidung. Ich traf diese Entscheidung zur Emigration, und im November 1978 machte ich auf der Reise nach Israel Zwischenstopp in Wien, für ein Konzert im Konzerthaus mit den Wiener Symphonikern, nur mit dem Notwendigsten samt


Fr 11.10. 2013 · 20.00 Uhr

KLAVIERABEND Die »Anti-Diva« gehört seit Jahrzehnten zu den gefeierten großen Pianistinnen unserer Zeit, in der Tradition der sowjetischen Musiker wie David Oistrach, Swjatoslaw Richter oder Emil Gilels.

ELISABETH Geboren in Tiflis, Georgien. Studium am Moskauer Konservatorium Preise bei den Klavierwettbewerben Enescu, Marguerite Long und Queen Elisabeth 1978 verlässt Elisabeth Leonskaja die Sowjetunion, um Wahlwienerin zu werden. Gefeierter Auftritt bei den »Salzburger Festspielen« 1979

LEONSKAJA

GEMÄLDE: OLIVER JORDAN

Abendkleid und Zahnbürste ausgestattet. Dort bin ich geblieben. Swjatoslaw Richter hat mich hier noch häufig besucht. Es entstand eine enge Freundschaft. Trotzdem – und trotz allem Stolz über diese Zusammenarbeit mit ihm – war ich mir immer bewusst, was er konnte und was ich konnte. Er blieb immer der Maßstab.

Konzerte mit dem New York Philharmonic, Los Angeles Philharmonic, London Philharmonic Orchestra, den Berliner Philharmonikern unter Kurt Masur, Sir Colin Davis, Christoph Eschenbach, Mariss Jansons u. a. Gast bei den »Salzburger Festspielen«, dem »Lucerne Festival«, »Schleswig-Holstein Musik Festival« und den Klavierreihen der großen musikalischen Zentren Zahlreiche CD-Aufnahmen

Welches Programm werden Sie in Dortmund spielen? Sehr bekannte Werke wie Maurice Ravels »Valses nobles et sentimentales«, einige Préludes von Claude Debussy und Schuberts »Gasteiner Sonate«. Außerdem spiele ich George Enescus fis-moll-Klaviersonate Nr. 1, ein weniger bekanntes Stück. Während der abgeschlossenen Zeit der Diktatur in Rumänien war Enescu mehr oder weniger die Sache einiger rumänischer Musikwissenschaftler. Nach der Öffnung kommt nun auch Enescu zunehmend in die Öffentlichkeit – einfach wunderbare Musik. Ich freue mich auf diesen Klavierabend; das Dortmunder Publikum ist sehr besonders, sehr herzlich und aufnahmefähig, auch fähig zur Konzentration, was ich wichtig finde. So kann ich meiner Verpflichtung, die ich fühle, gerecht werden: die Verpflichtung der Musik gegenüber und gegenüber den Menschen, die mit offenem Herzen kommen, um diese Musik zu hören und in sich aufzunehmen. Ich bin ein echter Freund und Fan des Konzerthauses. Tatsächlich stellt es einen großen kulturellen Gewinn dar, sowohl für die Region wie für das Musikleben überhaupt. Für alle, die Musik lieben, ist es zum Magneten geworden. Und ich selbst fühle mich im Konzerthaus immer wohl, auf der Bühne (selbst wenn es manchmal etwas aufregend zugeht ...) und genauso, was auch schon einige Male vorgekommen ist, als Zuhörerin – voller Neugier und Begeisterung. Das Interview führte Jan Boecker.

interview 09


MIT EINEM BEIN IN KANADA

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Die Karriere Yannick Nézet-Séguins, der seine Exklusivkünstlerzeit am KONZERTHAUS DORTMUND in dieser Spielzeit beginnt, mutet kometenhaft an. Dabei hat sie ein starkes Fundament.

rama seiner Kunst. »Ich brauche es einfach, viel Repertoire zu dirigieren. Von Natur aus bin ich kein Spezialist.« Das stimmt zwar, jedoch nicht ganz: Besonders als Bruckner-Dirigent hat sich der 1975 in Montreal geborene Künstler profiliert. Zahlreiche CD-Einspielungen zeigen, wie ernsthaft er sich mit diesem Komponisten beschäftigt hat – ungewöhnlich für einen jungen Dirigenten.

Yannick Nézet-Séguin zählt zu der Generation junger, vielversprechender Pultstars, die derzeit die Konzertsäle und Gräben der Opernhäuser erobern. Um Yannick reißen sich alle. Das scheint nur folgerichtig, wenn man seine Karriere betrachtet. Für manchen mutet sie verdächtig kometenhaft an, sie ist aber eher stetig und dazu überaus konsequent. Gerade zwei ist Yannick, als er bereits am Klavier sitzt und das Spiel seiner Schwestern imitiert. Klavierstunden nimmt er mit fünf. Chorknabe wird er mit neun und ein Jahr später eröffnet er seinen Eltern, dass er nun Dirigent zu werden wünsche. Mit zwölf Jahren tritt er als Jungstudent ins Conservatoire de Musique de Montréal ein. Yannick Nézet-Séguin ist ein Künstler, der von der reichen musikalischen Tradition profitiert hat, die den kanadischen Bundesstaat Quebec prägt. Klassische Musiker, Chorleiter und Sänger werden in den katholischen Gemeinden besonders benötigt. Dort hat Yannick Nézet-Séguin besonders vielfältige Erfahrungen sammeln können. Sie fließen in seine Dirigate ein und übertragen sich damit auf das Orchester. »Jedes Instrument will singen, die menschliche Stimme imitieren. Eine Violine, eine Oboe, ein Kontrabass, sogar die Pauke. Natürlich ist die eine Musik manchmal lyrischer, die andere mehr rhythmisch geprägt. Aber immer geht es um die Gesangslinie.« Bald hat dann ein großes Talent den Ort gefunden, an dem es sich zum ersten Mal in großem Stil verwirklichen kann. »Ich bin Musikdirektor des Orchestre Métropolitain du Montréal geworden, als ich gerade mal 24 war. An der Oper war ich auch für den Chor zuständig. Ich hatte viel traditionelles Training abseits der internationalen Aufmerksamkeit.« Mit dem Orchestre Métropolitain, das für ihn ein musikalisches Experimentierlabor gewesen ist, verbindet Yannick bis heute viel. Die Orchestermitglieder lieben ihren jungen Dirigenten, immer noch. »Yannick dirigiert die Musik nicht: Er ist die Musik«, schwärmt die erste Oboistin, Lise Beauchamp. Von Kanada ausgehend, wird die Karriere NézetSéguins nach seinem Europa-Debüt im Jahr 2004 bald internationaler. 2008 löst er Valery Gergiev am Pult des Rotterdam Philharmonic Orchestra ab. Sein Verhältnis zu diesem Orchester entwickelte sich zwar nur langsam, ist aber heute

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ILLUSTRATION: MICHAEL THIELE

Es droht eines dieser Interviews zu werden, bei denen man sich wie ein Störenfried vorkommt. Ein erschöpfter Maestro wankt in die Garderobe, vor der Tür warten Musiker, Freunde und Organisatoren, die seine Aufmerksamkeit beanspruchen. An diesem Mittag im Rotterdamer Konzerthaus De Doelen ist das nicht anders. Doch anstatt genervt zu sein, ist Yannick Nézet-Séguin noch ganz euphorisch von seiner Probe, beseelt von der Musik. Die Begeisterung sprudelt aus ihm heraus, eine halbe Stunde lang. Auf seine zukünftigen Konzerte im Ruhrgebiet angesprochen, findet er herzliche Worte: »Dortmund und das Rotterdam Philharmonic, das sind besondere Freunde. Zunächst sind wir ja gar nicht so weit entfernt. Der Saal dort ist so dynamisch. Aber auch das Management dort ist es«, lobt Yannick, wie man den neuen Exklusivkünstler des Konzerthauses nun kurz und praktisch nennen darf. Tschaikowsky, Wagner, Mahler, Ravel und Schumann, Oper, Konzert und Sinfonik: Die ersten vier Konzerte der dreijährigen Dortmunder Residenz von Yannick Nézet-Séguin sind ein Pano-


Exklusivkünstler Yannick Nézet-Séguin

THE YANNICK

Rotterdam Philharmonic Orchestra · 19.09.2013 Der Fliegende Holländer · 20.09.2013

EXPERIENCE

London Philharmonic Orchestra · 29.03.2014 Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks · 19.06.2014

hervorragend. Sein Lob fällt groß aus, was die Rotterdamer Musiker betrifft. »Zunächst einmal ist jeder voll dabei. In anderen Orchestern hat der ein oder andere etwas von seiner anfänglichen Begeisterung verloren. Beim Rotterdam Philharmonic fühlt jeder das Feuer, die Liebe zur Musik, auch die zweite Violine und dritte Oboe.« Mit dem Rotterdamer Orchester wird sich Yannick Nézet-Séguin in Dortmund nun unter anderem dem »Fliegenden Holländer« von Richard Wagner widmen. Was ist ihm lieber, Oper oder Sinfonik? »Ich würde sagen, ich tendiere dazu, mehr sinfonische Musik zu dirigieren als Oper. Aber als Künstler brauche ich beides.« Für einen permanenten Jetlag im Leben NézetSéguins sorgen nicht nur seine Verbindungen nach Kanada. Im Jahr 2012 hat er den für so manchen vielleicht undankbar erscheinenden Job angenommen, als neuer Chefdirigent das Philadelphia Orchestra aus der tiefsten finanziellen und künstlerischen Krise seiner Geschichte zu führen. Die Verbindung zu diesem Klangkörper ist allerdings für ihn eine Art Liebe auf den ersten Blick: »Ich habe da eine wirkliche Unmittelbarkeit gespürt, eine Antwort auf meine Gesten und Ideen, wie ich es noch nie zuvor erlebt habe.« Auch zum London Philharmonic Orchestra, dessen erster Gastdirigent Nézet-Séguin ist, hat er eine besondere Beziehung. Mit dem LPO kommt er im März 2014 nach Dortmund und interpretiert dann unter anderem Gustav Mahlers Sinfonie Nr. 9. Was Yannick Nézet-Séguin mittlerweile erreicht hat, ist geradezu unglaublich. Rund 30 CD s und DVDs liegen von ihm vor. Als wären die Verbindungen zu seinen Hauptarbeitsstätten in Philadelphia, Rotterdam und Montreal nicht genug, tourt er noch als Gastdirigent um den Globus. »Ja, ja, mein Terminplan«, lacht Nézet-Séguin, wenn man ihn auf sein Leben auf der Überholspur anspricht. »Es ist ja auch wie ein Traum für mich, dass ich in den letzten Jahren fast jedes bedeutende Orchester in der Welt dirigieren konnte. Das alles wäre aber ohne meine Jahre in Kanada nicht möglich gewesen.« Und genau hier, in diesen starken kanadischen Wurzeln, liegt wohl auch das Geheimnis seines Erfolges. Die Musik ist immer dabei, egal, was er macht. Auch im Urlaub am Strand, mit Partituren als leichte Lektüre. »Und damit bin ich rundum zufrieden.«

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AN DER REISSLEINE GEZOGEN Noch bevor sie überhaupt den ersten Ton spielt, überrascht die 35-jährige Janine Jansen die meisten Leute ganz physisch, nämlich mit ihrer Größe – zumindest jene, die sie zuvor noch nicht live gesehen, dafür aber bereits die schön gestalteten Album-Cover mit Fotos der niederländischen Starviolinistin bewundert oder schon einmal auf ihrer Website in der Galerie gestöbert haben.

Auf offiziellen Fotos entspricht Janine Jansen vollkommen dem Maßstab, an dem sich junge Klassik-Stars heutzutage messen lassen müssen: Hochglanz-Schönheit. Und zwar vor allem der von der elfengleichen, zarten Art einer Alina Pogostkina, Baiba Skride oder Arabella Steinbacher. Seit kurzem komplettiert hier Pop-Geigerin Lindsey Stirling das Angebot mit einem Aussehen, das an japanische Manga-Figuren erinnert. All diese jungen Musikerinnen sind zweifelsohne unglaublich talentiert und beherrschen ihr Instrument so perfekt, dass ihr Aussehen in den Hintergrund rückt, sobald sie den Bogen ansetzen. Damit der geneigte Zuhörer aber überhaupt erst in diese Konzertsituation kommt, werden komplizierte Marketingstrategien und ausgebuffte Werbemaßnahmen von den Plattenfirmen erdacht. Sexy Fotos sind dabei ein absolutes Muss und gehören zur Standardausrüstung, um weltweit erfolgreich zu sein. Janine Jansen hat nichts gegen solche Bilder. Sie antwortete einmal in einem Interview mit der Berliner Zeitung »B.Z.« auf eine entsprechende Frage, dass sie schließlich so viel Liebe und Herzblut in ihre Aufnahmen investieren würde, dass es ihr nicht unwichtig sein dürfe, wie das Produkt am Ende aussähe. An dieser Stelle tritt ein Wesenszug von Janine Jansen zutage, der als charakteristisch für ihre Karriere bezeichnet werden kann: Sie erfüllt immer alle Erwartungen, die an sie gestellt werden – die eigenen als auf dem Gebiet der Musikalität fast konkurrenzlose Geigerin, die der Kritiker und Lehrer als technische Virtuosin und die des Plattenlabels als sich gut verkaufendes und jede Aktion mitmachendes Produkt. Die Dokumentation »Janine« des Niederländers Paul Cohen lässt einen Blick in diese von Agenturen und Plattenfirmen beherrschte Karriere zu und stellt die so verheißungsvollen Mechanismen vielleicht nicht bloß, aber doch zumindest dar. Denn natürlich

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So 08.09.2013 · 18.00 Uhr

SAISONERÖFFNUNG – Esa-Pekka Salonen Dirigent, Janine Jansen Violine

PHILHARMONIA Werke von Dean, Prokofiew und Berlioz

ORCHESTRA

Kurz bevor der Film am 24. September 2010 Premiere feierte, kam der große Knall: Janine Jansen sagte alle Konzerte ab und zog sich für drei Monate aus dem Klassik-Geschäft zurück. Sie hat etwas gebraucht, bis sie merkte, dass es so nicht weitergehen konnte. Die Dokumentation öffnete ihr vielleicht zusätzlich die Augen. Weitere kürzere Pausen und Konzertabsagen folgten der ersten – Resultat eines über Jahre im Voraus ausgebuchten Terminplans. Mittlerweile hat sie sich auf ein deutlich realistischeres Auftrittspensum eingependelt. 200 Auftritte im Jahr waren einfach zu viel. Ganz wichtig sei ihr, sagt die Geigerin, niemandem die Schuld dafür zu geben, dass sie sich so verrannt habe. Auch heute bereut Janine Jansen keinen ihrer Karriereschritte – sie würde es wieder so machen, nur vielleicht etwas langsamer. Und so stehen auch solche zeitraubenden Projekte wie das eigene Kammermusikfestival in Utrecht, das sie bereits 2003 gründete, nicht im Widerspruch mit dieser Aussage. Denn Kammermusik ist einfach das Wichtigste in ihrem Leben. Und auf diese Dinge konzentriert sie sich jetzt. Schon Janine Jansens erste Lehrerin Coosje Wijzenbeek brachte ihr bei, im Ensemble zu musizieren, gut auf die anderen zu hören und dabei das Besondere hinter den Klängen zu finden und gemeinsam zu transportieren – ungewöhnlich bei Geigenanfängern. Diese Einstellung zum Musizieren prägt bis heute das Spiel von Janine Jansen. Und das kann man der großen, schönen Violinistin direkt aus dem Gesicht ablesen, auch wenn sie als Solistin mit großem Orchester auf der Bühne steht – den Gedanken des kammermusikalischen Zusammenspiels nimmt sie einfach überall mit hin.

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FOTO: HARALD HOFFMANN · DECCA

entsteht auch ein Dokumentarfilm nicht ohne die Zusage von genau diesen Firmen. Trotzdem ist es interessant, wie solche Gespräche zwischen Künstlerin und Labelangestelltem ablaufen (können). Dieser will nämlich vor allem das Produkt »Jansen« verkaufen – koste es, was es wolle. »Fühlst du dich manchmal ausgebeutet?«, fragt der Filmemacher Janine Jansen in einer der Schlüsselszenen des Films, für den er die Geigerin drei Jahre lang begleitete. Statt einer Antwort bekommt er ein verlegenes Lachen zurück. In einer anderen Szene sieht man Janine Jansen nach einem Konzert im Auto sitzen – müde und ausgelaugt, zu keinem Wort mehr in der Lage. Und dann sagt sie doch etwas: »Ich habe das Gefühl, immer nur zu geben, geben, geben. Gut, mir macht das ja auch Spaß, ich will das auch, aber...«


FOTO: KASSKARA 路 DG

L CDA U IO ABB D O

KOMMT.

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DER RARE PRIESTER Fr 08.11. 2013 · 20.00 Uhr

MAHLER CHAMBER Claudio Abbado Dirigent, Isabelle Faust Violine

ORCHESTRA Beethoven Violinkonzert und Sinfonie Nr. 6

Noch nie war er im Dortmunder Konzerthaus, doch im Jahr seines 80. Geburtstags wird Claudio Abbado das nun endlich nachholen: Der Maestro gibt sich mit dem Mahler Chamber Orchestra die Ehre. »Die Stille nach der Musik« heißt ein wunderbarer Film, den Paul Smaczny 1996 über den italienischen Star-Dirigenten Abbado gedreht hat. 2003 folgte eine preisgekrönte Neuauflage unter dem Titel »Die Stille hören« – Titel, die wie ein künstlerisches Programm des Porträtierten wirken: Claudio Abbado liebt die Stille in der Musik, die Pausen und die Stille danach, wenn das Publikum kurz Luft holt, bevor es mit dem Applaus einsetzt. Abbado war immer ein leiser Star mit großen Ansprüchen und signifikanten Gesten. Etwa als er 2010 wieder zum Orchester der Mailänder Scala zurückkehrte, wo er 1986, nach 19 Jahren als Musikchef, im Streit ausgeschieden war. Er wählte nicht nur Mahlers als »Auferstehungssinfonie« bekannte Sinfonie Nr. 2, mit der er 1963 sein Scala-Debüt gab, sondern verlangte für sein Comeback auch ein Honorar in Form von Naturalien: Abbado forderte von der Stadt 90 000 Bäume, um ein Zeichen für die Zukunft der von Smog belasteten Metro-

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pole zu setzen. Nachdem die Stadtverwaltung jedoch ihrer Zusage nicht schnell genug nachkam, machte Claudio Abbado Ernst: Er werde nur dann wiederkommen, wenn die Bäume tatsächlich eingepflanzt würden. Abbado ist immer der geblieben, der er war – auch nach seiner schweren Erkrankung, nach der er gezeichnet, aber doch wie durch ein Wunder ans Pult zurückkehrte. Er war stets ein Freund der Jugend, ein passionierter Nachwuchsförderer: 1978 gründete er mit dem European Community Youth Orchestra sein erstes Jugendorchester. Mitglied durfte nur werden, wer noch keine 23 Jahre alt war. Für alle, die diesem Alter entwachsen waren, gründete er 1981 das Chamber Orchestra of Europe. 1986 schlug die Geburtsstunde des Gustav Mahler Jugendorchesters, dessen Geschicke der Italiener bis heute mitleitet. Aus diesem Orchester erwuchs wiederum das Mahler Chamber Orchestra. 2004 schließlich rief er in Bologna das Orchestra Mozart ins Leben. Ruhestand? Nicht die Spur. Zumal Abbado jährlich zu den Berliner Philharmonikern zurückkehrt, wo er 1989 – für viele unerwartet – zum Nachfolger Karajans als Chef gekürt worden war. Nach seinem Abschied an der Spree gründete er prompt das Festival Orches-


MCO FOTO: KASSKARA

tra in Luzern, das längst zur Pilgerstätte für die eingefleischte Abbado-Gemeinde geworden ist – für Publikum und Musiker. Sie alle sehen in ihm einen Priester des Wahren, Guten und Schönen. Solisten wie Sabine Meyer oder der Trompeter Reinhold Friedrich, der Geiger Kolja Blacher und der Kontrabassist Alois Posch kamen ohne zu zögern nach Luzern, als Abbado sie zum ersten Mal rief. Heute kommen sie, ohne dass er rufen muss. Sie alle lieben seine Art des Musizierens, die Idee von Freundschaft und Freiheit, die Freude am gemeinsamen Spiel. Abbado hat immer das Ideal einer »Orchesterfamilie« geliebt und damit seine Musiker zu Höchstleistungen animiert. Claudio Abbado ist in Mailand geboren, der Stadt, die – neben der Rivalität von Inter und AC Milan – auch von Verdianern und Puccinianern erfüllt ist. Hier wächst er in einer musikalischen Kinderstube heran, der Vater war Geiger, die Mutter Klavierlehrerin. Mit 16 kommt er aufs Konservatorium und studiert etliche Fächer, Klavier, Komposition, Harmonielehre und Kontrapunkt – nur keine Orchesterleitung. Das kommt erst später. Abbado lernt das Wesen der Musik von der Pike auf und entwickelt schon früh einen Sinn für die Moderne, der er immer ein waches Auge schenken wird. Er hat Schönberg, Nono & Co. häufiger aufgeführt als manche seiner prominenten Kollegen, 1988 gründet er mit »Wien modern« sogar ein eigenes Festival für aktuelle Musik.

Er war sicher nie ein einfacher Chef, er hatte seinen eigenen Probenstil, an dem sich der eine oder andere gestoßen hat – in Berlin erkannten einige erst, was sie an ihm hatten, als sein Abschied längst fest stand. Der Öffentlichkeit gegenüber hat er sich als mutiger PR-Verweigerer präsentiert, stattdessen seine Arbeit in einer Art elitärer Bescheidenheit stets hinter die der Komponisten zurückstellt. Abbado ist ein Mann der schattierten, der leisen, aber stellenweise auch nörgelnden Töne, dem Nachhaltigkeit in seinen Orchestern immer wichtiger war als Auskünfte gegenüber der wissbegierigen Presse. Nach seiner Erkrankung machte er sich noch rarer als zuvor – seinen Anhängern sind seine Auftritte dadurch noch teurer geworden. Man erkennt sofort die Gelöstheit, mit der er immer noch neue Repertoire-Wege erkundet, ob bei Pergolesi oder bei Mozart-Werken, um die Abbado lange Zeit einen Bogen geschlagen hat. Sein Mahler ist legendär und gehört in die erste Reihe – wie das Orchester, das den Komponisten dank Abbado im Namen trägt und sich mit seinem Gründer in Dortmund ganz Beethoven widmet.

IN DORTMUND.

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DIVEN WIDER WILLEN Do 10.10. 2013 · 20.00 Uhr

ARIENABEND Venice Baroque Orchestra, Andrea Marcon Dirigent, Philippe Jaroussky Countertenor

PHILIPPE JAROUSSKY Arien von Nicola Porpora

... waren für Philippe Jaroussky die Kastraten mit den »überirdischen« Stimmen. Für sie komponierte auch der Barockmeister Nicola Porpora, dessen Arien der Countertenor nun auf die Bühne bringt.

FOTO: MARC RIBES · VIRGIN CLASSICS

Berufswunsch: Countertenor? Das wird man wohl kaum von einem Heranwachsenden zu hören bekommen. Auch Philippe Jaroussky wäre nie auf die Idee gekommen, hätte er nicht mit 18 das Konzert des französischen Countertenors Fabrice de Falco besucht. Zu diesem Zeitpunkt studierte Jaroussky bereits Harmonielehre und Komposition und hatte sich eigentlich damit abgefunden, dass er für eine Karriere als Musiker mit 11 Jahren einfach zu spät mit dem Geigenunterricht begonnen hatte. Die Entdeckung des Countergesangs öffnete ihm dann die Tür zu einer atemberaubenden Karriere. Zwar sind Countertenöre heute nicht mehr die Exoten, die sie noch vor 15 Jahren waren, doch durch die Assoziation mit den Kastraten und ihrem Repertoire vermitteln sie das Gefühl, einen Blick in eine vergangene Epoche zu eröffnen. Zu Philippe Jarousskys Erfolg hat neben seiner einzigartigen Stimme, der jegliche Schärfe und alles Trompetenhafte fehlt, das Countertenöre häufig so markant macht, auch seine Entdeckerfreude beigetragen. Schon im Studium begab er sich auf die Suche nach unbekanntem Repertoire. Dabei machten sich sein Kompositionsstudium und die Fähigkeit bezahlt, Partituren mühelos zu lesen und sie im Kopf bereits zum Klingen zu bringen. Für Jaroussky liegt der Reiz der Ausflüge in die Archive auch in ihrer Unvorhersehbarkeit: Oft finde er ganz andere Dinge als die, nach denen er sucht. Und manchmal findet er sein Repertoire auch dort, wo andere es nicht vermuten würden – fern der Barockopern, wie zum Beispiel in französischen Liedern des Fin de Siècle. Nach knapp 20 CD-Einspielungen in nur acht Jahren (er ist ja erst 35! ) und unzähligen Konzerten, Opernauftritten und Tourneen, wagte Jaroussky zuletzt einen ungewöhnlichen Karriereschritt: Für neun Monate verabschiedete er sich vom Musikbetrieb, um einmal an völlig andere Dinge zu denken, zur Ruhe zu kommen, eine neue Art des Reisens (wieder) zu entdecken und sich anschließend mit neuem Feuer wieder der Musik widmen zu können.

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ALLES BLEIBT NEU Sa 19.10.2013 · 20.00 Uhr

LIEDERABEND Florian Boesch Bassbariton, Justus Zeyen Klavier, Thomas Quasthoff Rezitation

FLORIAN BOESCH Heinrich Heine in Wort und Ton mit Liedern von Schumann, Schubert und Liszt

2012 fällte Thomas Quasthoff eine konsequente Entscheidung und beendete seine Gesangskarriere. Einen Abschied von der Bühne bedeutete das trotzdem nicht. Was treibt ihn heute um? Nach gesundheitlichen Problemen und persönlichen Schicksalsschlägen hat Thomas Quasthoff entschieden: Entweder kommt er stimmlich mit 100% auf die Bühne zurück oder gar nicht. Als die Gesundheit ihm nicht mehr erlaubte, seinem Anspruch an sich selbst und die Kunst weiterhin gerecht zu werden, verließ er die Konzertbühne. Doch was wir uns fast schon gedacht hatten: Langweilig ist Quasthoff auch heute nicht. Die Professur an der »Hanns Eisler«-Hochschule in Berlin fordert ihren Tribut und es warten zahlreiche Auftritte: »Ich werde Schönbergs ›Gurrelieder‹ sprechen, eine Kinderoper machen, es gibt eine CD-Aufnahme von Mozarts ›Entführung‹, bei der ich den Bassa Selim sprechen werde, Hörbuchanfragen – es gibt so viel zu tun!« Auf der Bühne ist Quasthoff also durchaus zu erleben, z. B. im September wieder in Katharina Thalbachs Inszenierung von »Was ihr wollt« am Berliner Ensemble oder erstmals mit einem Kabarett-Programm, »Keine Kunst«. Doch all das mit etwas weniger Druck als früher. Anna Prohaska, »Junge Wilde« am Konzerthaus und eine ehemalige Studentin von Thomas Quasthoff, hat er einen Vorteil des Lebens als Konzert-Rentner verraten: »Dann kann man sich auch mal in Ruhe erkälten.« Das hat Quasthoff den Teilnehmern am Wettbewerb »Das Lied« voraus, mit dem er sich für das Überleben einer stiefmütterlich behandelten Kunstgattung einsetzt. Natürlich hängt seine zweite Karriere mit der ersten zusammen, und so ist der Streiter für das Lied auch im Konzerthaus bei einem Liederabend dabei. Das Programm mit Heine-Vertonungen singt Florian Boesch, der auch für ihn einsprang, als Thomas Quasthoff sein für 2012 geplantes Dortmunder Konzert absagen musste. Jetzt ist er doch noch im Konzerthaus zu erleben und rundet den Liederabend mit Texten von Heinrich Heine ab.

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AUF DER ÜBERHOLSPUR

Für Tenor Vittorio Grigolo ist Gesang wie Formel 1: »Wer nichts riskiert, wird nicht gewinnen.«

Was sich bis hierhin wie ein ganz glatter Durchmarsch liest, wurde dennoch eine Karriere mit Umwegen. Denn dank seines guten Aussehens, seines Charmes und seiner Offenheit war Grigolo auch für die Unterhaltungsbranche interessant: Er unternahm Ausflüge ins »Popera«-Genre, sang ein Duett mit der Sängerin der Pussycat Dolls und wirkte in TV-Shows wie »Dancing with the Stars« mit. Schließlich entschied er sich jedoch, sich vorerst auf seine Karriere als Opernsänger zu konzentrieren. Ein Schritt, der ihn 2010 als Einspringer für Rolando Villazón ans Royal Opera House führte, wo er das Publikum in Ekstase versetzte. Die Kritiker zogen anschließend Parallelen zwischen dem bis dato weitgehend unbekannten Tenor und Aschenputtel, Sony schloss einen Exklusivvertrag mit ihm ab und sein Kalender war schlagartig auf Jahre gefüllt. Für einen Hochgeschwindigkeitsfan wie Grigolo, dessen Stimme schon der Chorleiter der Päpstlichen Kapelle mit einem Ferrari ohne Fahrer verglich und der sich einen Porsche quasi aus Einzelteilen selbst zusammengeschraubt hat, ging damit ein Traum in Erfüllung.

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Mo 11.11.2013 · 20.00 Uhr

ORCHESTRA Andrés Orozco-Estrada

Dirigent,

FILARMONICA

Vittorio Grigolo

Tenor

Werke von Verdi, Puccini, Mussorgsky u. a.

DELLA SCALA

FOTO: JASON BELL

Von Instrumentalisten weiß man: Wer nicht frühzeitig beginnt, wird es nicht bis an die Spitze schaffen. Sängerkarrieren hingegen sind anders: So mancher spätere Opernstar hat erst als junger Erwachsener ernsthaft mit der Gesangsausbildung begonnen. Bei Vittorio Grigolo indes zeichnete sich schon früh ab, wohin sein Weg führen könnte. Mit neun Jahren wurde er in den Chor der Sixtinischen Kapelle aufgenommen und bewies schon als Knabensolist vor 4000 Zuhörern, dass er mit Lampenfieber umgehen kann. Wenige Jahre später stand er als Hirtenjunge in der Oper »Tosca« neben Luciano Pavarotti auf der Bühne, und mit 18 erreichte er eine Befreiung vom Militärdienst mit der Begründung, dass seine Stimme ein nationaler Schatz sei. Schließlich stand Vittorio Grigolo mit 23 Jahren als jüngster Tenor auf der Bühne der Mailänder Scala.


HERZÖFFNER

Di 05.11.2013 · 20.00 Uhr

KONSTANTIN WECKER –

Angelika Kirchschlager Gesang, Konstantin Wecker Gesang, Klavier, Jo Barnikel Klavier, Spring String Quartet

ANGELIKA KIRCHSCHLAGER Liedestoll

Mezzo-Star trifft Liedermacher: Angelika Kirchschlager und Konstantin Wecker sprechen und singen für die Liedform. An ihren Liedern sollt ihr sie erkennen: Konstantin Wecker singt vom »Frieden im Land« oder »weckert« hingebungsvoll vom Sommer, doch das bayerische Kraftpaket hat seine Herkunft nie vergessen. Als Sohn eines Opernsängers wuchs er ebenso mit dem Volks- wie mit dem Kunstlied auf, vertonte als Zwölfjähriger bereits einen Eichendorff -Text und genoss später eine klassische Gesangsausbildung. Verwundert es da, dass Schubert ihm bis heute heilig ist? Kaum. Eher schon, dass dieses gestandene Mannsbild vor Rührung auf die Knie geht, wenn mit Angelika Kirchschlager eine der weltbesten Mezzosopranistinnen Schumanns ›Mondnacht‹ singt: »Wenn ich mir etwas wünschen könnte, möchte ich so singen wie du ...« Doch warum in andere Rollen schlüpfen, wenn sich doch beides so trefflich zusammenfügt? Sind

es doch mitnichten zwei Welten, die hier aufeinandertreffen, wenn der Wecker nun mit der Kirchschlager das Programm »Liedestoll« für gemeinsame Konzerte formt. »Er hat halt seine Musik und ich habe meine, aber unser Ziel ist das gleiche«, hat die Österreicherin, die schon als Teenager Weckers Kraft und Kompromisslosigkeit bewunderte, während der ersten Proben erkannt. So ist ein Programm entstanden, das nicht nur musikalisch den Bogen schlägt vom ›Erlkönig‹ bis zu Weckers ›Königin von Uelzen‹: Es ist vor allem ein leidenschaftliches Plädoyer für das (Kunst-)Lied und seine Texte. Dass die »Liedestollheit« der beiden Künstler obendrein einen ganz anderen Blick erlaubt auf den (vermeintlichen) PolitBarden und die ( scheinbare) Opern-Diva, dürfte nicht nur eingefleischte Fans überraschen, sondern dem Lied auch neue Horizonte und Publikumsschichten eröffnen. Letztlich sei nämlich nicht das Wissen um die Komponisten und die Dichter für das Lied-Verständnis wichtig, sagt die Sängerin: »Entscheidend ist, sein Herz zu öffnen.«

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n garde! Zur Einführung des neuen Exklusivkünstlers Yannick Nézet-Séguin haben die Agentur Jung von Matt und das KONZERTHAUS DORTMUND wieder mit den Säbeln gerasselt. Oder besser gesagt: mit dem Taktstock. Der ist nämlich ein zentrales Element des Films zu Yannicks Dortmunder Residenz. Knisternde Spannung liegt in der Luft, als ein zu allem entschlossener Fechter vor einen unheimlich maskierten Obmann tritt. Ihm gegenüber, auf der anderen Seite der Bahn, positioniert sich Yannick – bewaffnet mit nichts anderem als seinem Taktstock. Ein ungleiches Duell? Mitnichten! Denn der zu Wagners »Der Fliegende Holländer« choreographierte Kampf hat einen unerwarteten Ausgang: Musik findet ihren Meister. Dass sich ein so gefragter Dirigent für einen Kurzfilm zur Verfügung stellt, ist sicher nicht selbstverständlich. Yannick hatte allerdings sichtlich Spaß an der Sache – und an den Wolfshunden, die im Film zu sehen sind. Schauen Sie mal rein unter www.konzerthaus-dortmund.de

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it für die Bühne

Mit einem riesigen Kindergeburtstag verglichen die »Ruhr Nachrichten« den JeKi-Tag, den das KONZERTHAUS DORTMUND mit der Stiftung Jedem Kind ein Instrument und der Musikschule Dortmund zum Abschluss der Saison 2012|13 ausrichtete. Und das völlig zu Recht! Von Hausdame Elke Stadler liebevoll eingekleidet, sorgten Foyermitarbeiter als Kobolde und Noten für Orientierung und das Gastronomiepersonal als Eisfee oder Cocktailmixer fürs leibliche Wohl. Rund um die beiden Familienkonzerte der Dortmunder Philharmoniker rankte sich das Programm des JeKi-Tags mit acht kleinen Foyerkonzerten, Instrumenten-Ausprobierstationen, Bastelgelegenheiten und einer Klangrallye durchs Haus mit vielen tollen Preisen. Höhepunkt des Tages war das große Abschlusskonzert im Saal, an dem ca. 250 Kinder als Instrumentalisten auf der Bühne oder als Sänger auf der Chorempore beteiligt waren, die vom Publikum mit tosendem Applaus bedacht wurden.

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x 10 Jahre

In der Popmusik reichen die Stichwörter »Waterloo« und »Sarajewo« gerade mal zu einer Spanne von ABBA bis zur Indie-Rockband Franz Ferdinand. 100 Jahre europäische Geschichte zeigen aber mit einem Blick auf die klassische Musik ein gigantisches Beziehungsgeflecht auf, wie die Reihe »Von Waterloo bis Sarajewo – ein europäisches Jahrhundert im Spiegel der Musik« beweist. Anhand kleinerer Filme, Beispielen aus der Kunstgeschichte und Zitaten aus der zeitgenössischen Literatur vermittelt der Musikjournalist und Professor für historische Musikwissenschaft Michael Stegemann einen Gesamtüberblick über die Kulturgeschichte dieser Zeit. Die 100 Jahre reichen musikalisch von Beethoven, Rossini und Schubert zu Ravel, Schönberg und Strawinsky; nur zwei Tage nach Waterloo komponiert Schubert sein GoetheLied ›Meeres Stille‹, einen Tag vor dem Attentat von Sarajewo beendet Igor Strawinsky die Orchestration seiner ›Deux Poèmes de Paul Verlaine‹. Ob es in den Vorträgen wissenschaftlich-staubtrocken zugehen wird? Nicht zu erwarten bei einem so erfahrenen Hörfunk-Mann wie Stegemann, der sein verblüffendes Wissen zuhörerfreundlich auf verständliche und unterhaltsame Weise weitergibt. Die zehn Vorträge dieser Reihe finden im Orchesterzentrum| NRW in der Brückstraße statt. Eintritt frei!

now-how für die Ohren

Karajan, Bernstein, Dudamel – wer schafft Beethovens Sinfonie »Eroica« in der Hälfte der Zeit, spielt das Werk mit kleinerem Ensemble ein oder präsentiert die neueste Erkenntnis über originale Anweisungen des Komponisten? Das neue Konzerthaus-Format »Kopfhörer« zeigt im direkten Interpretationsvergleich, wie Stücke zu verschiedenen Zeiten und von verschiedenen Interpreten verstanden wurden, welche Handschriften beim Hörer nachwirken. Dazu werden zwei Musik-Aficionados ihre Ohrensessel auf die Konzerthaus-Bühne bewegen und Aufnahmen unterschiedlicher Interpretationen gegenüberstellen. Ulrich Schardt, Autor und Einführungsreferent für die Reihe »Junge Wilde«, nennt einen begehbaren Plattenschrank sein Eigen. Schardts CD-Universum wurde mit einer Leidenschaft aufgebaut, die an den Eifer mancher Damen im Schuhbereich erinnert. Der Musikwissenschaftler und ehemalige Intendant des Konzerthaus Berlin, Frank Schneider, kontert mit seiner Bibliothek sorgfältig katalogisierter Radio-Mitschnitte. Mit dem Expertenwissen dieser beiden Profi-Hörer können »Kopfhörer«-Besucher wenig später live im Konzerthaus den Aufführungen der vorgestellten Werke lauschen.

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Boecker blickt durch Liebe Leserinnen und Leser der hörbar, »wenn du denkst, du denkst, dann denkst du nur, du denkst«, hieß es einmal in einem tiefschürfenden Schlager, was wohl soviel heißen sollte wie: Du verstehst es nicht wirklich. Einmal auf die Musik übertragen, abseits der leichten Muse – was heißt eigentlich Musik zu verstehen? Will Musik überhaupt »verstanden« werden, kann man sie verstehen, und wenn ja, wie? Und was passiert womöglich Schlimmes, wenn man sie miss-versteht? Mit letzter Gewissheit blickt Boecker das auch nicht. Folgende Einlassung ist aber trotzdem oder gerade deswegen umso mehr willkommen:

Liebes Konzerthaus, »Xerxes« konzertant mit der wunderbaren Malena Ernman in der Titelpartie war sehr schön, aber worum es bei dieser Barockoper eigentlich geht, ist mir schleierhaft geblieben. Muss ich vorher Musik studieren, um ins Konzerthaus zu kommen? Andre Hombruch, Mülheim Lieber Herr Hombruch, definitiv nein! Vielleicht müssen wir nur einige Dinge erläutern. »Wie?«, fragen wir uns oft. Sicher nicht auf die Weise von pädagogischen Vorzeit-Modellen, etwa zur allerersten Frage, was eigentlich ein Konzerthaus sei: »Da stelle mer uns janz dumm. En Konzerthaus, dat is ene jroße Raum, wo Konzerte und Opernaufführungen stattfinden. Die Opern werden ohne Bühnenbild, aber mit Text-Übertitelung gegeben. Die andern Konzerte krieje mer später.« Oder wäre der Sendung-mit-der-Maus-Stil passender? »Das ist die Malena, die kann ganz hoch singen ( = Sopran), zum Beispiel den Xerxes. Das sind ganz viele schöne Töne. Die hat der Onkel Händel sich ausgedacht, der war Komponist, und die vielen Töne nennt man Oper – klingt komisch, ist aber so. Xerxes hat einen Bruder Arsamene, mit dem zankt er sich um die schöne Romilda ...« Oder was würde der neue Dortmunder Tatort, etwas verfremdet, als Plot zu einer Konzerthaus-Folge daraus machen: Berühmte Altistin buhlt mit berühmter Sopranistin um die Gunst des Intendanten. Die traditionelle Rivalität zwischen Mezzo und Sopran tut ihr übriges dazu. Ausgang ungewiss, womöglich tödlich. Lerneffekt hieraus: Kunst ist schön, aber eben doch ein erbarmungsloses Konkurrenzgeschäft. Bei Ihnen, lieber Herr Hombruch, geht es nur um das Verständnisproblem einer wirklich verzwickten und in diesem Fall gar nicht so wichtigen Opernhandlung. Wichtig allein ist hier die großartige Musik. Mal im Ernst: Natürlich führen überspitzte Nonsens-Erklärungen wie oben kaum zu einem Verständnis. Viele Kulturinstitutionen locken aber heute mit dem Angebot: Kommt nur herein, und ihr werdet Spaß haben! Holger Noltze nennt dies in seinem gleichnamigen Buch »Die Leichtigkeitslüge«. »Meine Kritik richtet sich gegen jene in der Kulturvermittlung, die behaupten, zerstreuter Genuss wäre die Einstiegsdroge in die ernsthafte Beschäftigung mit klassischer Musik«, sagt er. »Dabei lohnt sich Anstrengung im Umgang mit Mozart, Beethoven, Haydn oder Neuer Musik, denn sie ist ein Katapult, das mich aus dem Hier und Jetzt in eine andere Sphäre bringt.« Das Konzerthaus richtet in der beginnenden Saison neue Angebote zur »Musikvermittlung« ein: Noltze gibt Einführungen in Konzerte ebenso wie Michael Stegemann, prominenter Rundfunkjournalist und gleichfalls Musikhistoriker an der TU Dortmund. Letzterer hält eine Reihe von Vorträgen über 100 Jahre Musikgeschichte bis zum Ausbruch des ersten Weltkriegs. Frank Schneider, ehemaliger Berliner Konzerthaus-Intendant, stellt auf der Konzerthaus-Bühne unter dem Titel »Kopfhörer« Interpretationsvergleiche verschiedener CD-Aufnahmen an. Wirklich große Musik kann auf unterschiedlichen Ebenen verstanden werden: Stets noch ganz unmittelbar durch konzentriert- genussvolles Zuhören. Und komplex durch die vertiefte Kenntnis verschiedenster Hintergrundinformationen. Lassen Sie sich darauf ein, unmittelbar oder komplex. »Kunst ist schön«, sagte schon Karl Valentin, »macht aber viel Arbeit.« Bis zum nächsten anregenden Gedankenaustausch grüßt Sie herzlich Ihr Jan Boecker

Kontakt Per Post an: Konzerthaus Dortmund, Stichwort: Leserbrief, Brückstraße 21, 44 135 Dortmund · Per Fax an: 0231- 22 696 155 Per E-Mail an: info@konzerthaus-dortmund.de, Betreff: Leserbrief · Über unser Kontaktformular auf: www.konzerthaus-dortmund.de Wenn Sie wollen, dass Ihre Zuschrift in der hörbar abgedruckt wird, geben Sie uns bitte schriftlich Ihr Einverständnis zur Veröffentlichung. Wir behalten uns zudem vor, Leserbriefe gekürzt zu veröffentlichen.

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Impressum

Ausblick

Herausgeber Konzerthaus Dortmund GmbH Intendant und Geschäftsführer Benedikt Stampa, V.i.S.d.P. Redaktion Dr. Jan Boecker, Marion Daldrup,

NOVEMBER 02 2013 14

Katharina Kierig

FAZIL SAY Bewundernswert unorthodox

Autoren Dr. Jan Boecker, Markus Bruderreck,

TILL BRÖNNER Leichtfüßiger Trompeten-Könner

Marion Daldrup, Judith Jordans,

KLAUS FLORIAN VOGT Zwischen Wagner und Wagnis

Katharina Kierig, Benedikt Stampa,

ANDREA MARCON Alte Musik mit neuen Ohren

Renske Steen, Christoph Vratz Gestaltung Kristina Erdmann Anzeigenmarketing Marion Daldrup

Das hörbar-Rätsel

T 0231-22 696 213 Druck RRD Rhein-Ruhr Druck Gmbh & Co. KG Termin- und Programmänderungen sowie Druckfehler vorbehalten. KONZERTHAUS DORTMUND Brückstraße 21 44135 Dortmund T 0231 - 22 696 0 F 0231 - 22 696 222 info@konzerthaus-dortmund.de www.konzerthaus-dortmund.de www.pop-abo.de Tickethotline T 0231 - 22 696 200

Besuchen Sie uns auf Facebook: www.facebook.com/Konzerthaus. Dortmund

FOTO: SUSIE KNOLL

www.facebook.com/Popabo

Der gesuchte Künstler war das letzte Mal 2011 im Rahmen der Bartók-Zeitinsel mit dem Budapest Festival Orchestra unter der Leitung von Iván Fischer im KONZERTHAUS DORTMUND zu Gast. Der kroatische Musiker ist bekannt für seine erfrischenden Interpretationen des klassischen Repertoires. In Dortmund wird er sich mit dem Komponisten Johannes Brahms auseinandersetzen. Neben seiner erfolgreichen Solokarriere ist der gesuchte Künstler ein passionierter Kammermusiker und Komponist.

Wenn Sie die Lösung wissen, schicken Sie sie uns auf einer Postkarte mit dem Stichwort »hörbar-Rätsel« an: KONZERTHAUS DORTMUND, Judith Jordans, Brückstraße 21, 44135 Dortmund oder per Fax an: 0231- 22 696 159 oder per E-Mail an: judith.jordans@ konzerthaus-dortmund.de Einsendeschluss ist der 04.10.2013. Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir fünfmal zwei Freikarten für den Liederabend Florian Boesch mit Rezitationen von Thomas Quasthoff am 19.10.2013. Viel Glück! Die Lösung des letzten hörbar-Rätsels: Paavo Järvi

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Zahlungsarten Barzahlung und per Kreditkarte (MasterCard, American Express und VISA). Bei Bestellungen bis spätestens zehn Werktage vor der jeweiligen Veranstaltung ist auch eine Zahlung per Lastschrift möglich. Bitte Postlaufzeiten berücksichtigen.

gen Veranstaltung. Die Hörplätze werden an der Abendkasse ausschließlich nach Verfügbarkeit ausgegeben. Anspruch auf Bereitstellung der Hörplätze besteht nicht, eine Reservierung dieser Plätze ist nicht möglich. Je Interessent wird nur eine Karte ausgegeben.

Internet Ticketshop auf www.konzerthaus-dortmund.de

Service für Rollstuhlfahrer Bitte buchen Sie frühzeitig, damit wir Ihre gewünschten Plätze und unseren Extra-Service garantieren können. Falls Sie keine Begleitperson mitbringen, stellen wir Ihnen kostenfrei einen Servicemitarbeiter zur Verfügung.

Abendkasse Die Abendkasse im Foyer des KONZERTHAUS DORTMUND öffnet 90 Minuten vor der jeweili-

nicht möglich. Je Interessent

Nutzer von Hörhilfen wird nur eine Karte ausgegeben. Für Nutzer von Hörhilfen gibt es auf denGebühren: meisten Plätzen eine InBei einem Kartenkauf über das duktionsschleife. Bei der PlatzKONZERTHAUS DORTMUND wahl berät Sie unser Ticketing.

werden bei Eigenveranstaltun-

AGB gen eine Servicegebühr von Die allgemeinen Geschäftsbe10 % vom Grundpreis und eine dingungen des KONZERTHAUS Systemgebühr von 1,00 € erDORTMUND können im Tickehoben. Bei Versand Einzelting des Konzerthauses, im von Interkarten kommt eine Versandnet und in der Saisonbroschüre pauschale von 2,00 € (bzw. eingesehen werden.

6,00 € bei Einschreiben) hinzu.

Preiskategorien Service für Rollstuhlfahrer: Alle Saalpläne finden Sie unter Bitte achten Sie darauf, frühzeiwww.konzerthaus-dortmund.de/ tig zu buchen, damit wir Ihre getechnik.html

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wünschten Plätze und unseren Extra-Service garantieren können. Falls Sie keine Begleitperson mitbringen, stellen wir Ihnen gerne kostenfrei einen unserer Servicemitarbeiter zurVerfügung. Unser Partner für auswärtige Gruppen: Westfälischer Besucherring im KONZERTHAUS DORTMUND, Brückstraße 21 Telefon: 02 31/1 85 79 99 Fax: 02 31/1 85 79 87 AGB: Die allgemeinen Geschäftsbedingungen des KONZERTHAUS DORTMUND können im Ticketing des Konzerthauses, im Internet und in der Saisonbroschüre eingesehen werden.

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