hörbar
Das Magazin des Konzerthaus Dortmund
Partnerstiftung
Hauptsponsoren
Sponsoren
Förderkreise
Förderer
Danke für: So klingt nur Dortmund.
Begegnungen
Welchen Komponistinnen oder Komponisten wären Sie gerne begegnet? Mozart, Beethoven, John Lennon? Zu schade, dass die meisten Werke, die wir heute im Konzertsaal erleben, von Menschen erdacht und aufgeschrieben wurden, die schon lange nicht mehr leben. Gerne würde ich Bach nach seinem Glauben befragen, Haydns Humor kennenlernen und mit Fanny Mendelssohn über Komponistinnen im 19. Jahrhundert sprechen. Deshalb freue ich mich besonders darauf, im Oktober wieder einen lebenden Komponisten im Konzerthaus zu feiern, dessen Werk und Schaffen wir ein paar Tage lang mit ihm gemeinsam erforschen dürfen. Wenn Sie Lust auf Neue Musik haben und offen dafür sind, wenn es nicht immer harmonisch zugeht, dann darf ich Sie herzlich zu unserer Zeitinsel Beat Furrer einladen.
Fünf Tage lang wird uns einer der wichtigsten Komponisten unserer Zeit zu seinem 70. Geburtstag in Dortmund beehren. Gleich den ersten Abend am Mittwoch, dem 2. Oktober, beginnen wir mit einem Salon, bei dem wir über sein Leben als Komponist und natürlich seine Werke sprechen werden. Der »Enigma«-Zyklus
rund um die Prophezeiungen von Leonardo da Vinci am Donnerstag ist vermutlich das eingängigste seiner Werke, in der »Happy Hour« am Freitag wird es sinfonisch, am Samstag tauchen wir tief ein in seinen Klangkosmos und zum Abschluss am Sonntag erleben wir seine Oper »Begehren« rund um den Orpheus-Mythos.
Schon die Planung war für mich eine faszinierende Reise mit Beat Furrer. Unsere erste Begegnung im Felsmassiv des österreichischen Nationalparks »Gesäuse« wird mir lange in Erinnerung bleiben, genau wie seine besondere Klangsprache. Die vielfältige Natur zwischen schroffem Gestein und blühenden Wiesen und den Weiten der Berggipfel erzählt viel davon, was Furrer musikalisch ausmacht. Ich freue mich darauf, gemeinsam mit Ihnen die Zeitinsel und viele weitere Höhepunkten in diesem Herbst zu erkunden.
Auf bald im Konzerthaus Dortmund.
Ihr Dr. Raphael von Hoensbroech Intendant und Geschäftsführer des Konzerthaus Dortmund
Mi + Do 09. + 10.10.2024 20.00 Uhr
Naturally 7
Ganz ohne Instrumente, aber mit dem Sound einer ganzen Band singen Naturally 7 R ’n’ B und Soul, Pop und Rock.
06 Interview
Was uns antreibt
Beat Furrer über seine Arbeit als Komponist, Natur und Stereotype
10 Saisoneröffnung
Alles an seinem Platz
Mit Anne-Sophie Mutter in eine neue Saison
14 Internationale Orchester
Magische Bruckner-Momente
Dirigent Christian Thielemann beschenkt das Publikum zum Bruckner-Jahr mit dessen 1. Sinfonie.
17 Meisterpianisten
Die richtigen Worte
Sie lässt das Klavier für sich sprechen: Yulianna Avdeeva
20 Neuland
Abend mit KULT-Faktor
Das Orchester im Treppenhaus wirft steife Etikette über Bord.
22 Cabaret + Chanson
Zeit zu feiern!
Von hochpubertären Blasmusik-Buben zum Profi-Ensemble: 20 Jahre Federspiel
24 Große Stimmen
Musik ohne Grenzen
Die amerikanische Sängerin Julia Bullock geht eigene Wege.
25 Sonntagskonzerte
Durchsichtig
Klangzauberer Philippe Herreweghe macht Musik glasklar.
03 Editorial
04 Einblick
05 Inhalt
26 Augenblick
28 Gästebuch
29 Ausblick / Rätsel / Impressum
30 Haus und Verkauf
Was uns antreibt
Es ist sicher nicht übertrieben zu sagen, dass Beat Furrer die Musikgeschichte weiterschreibt und -denkt. Der Schweizer Komponist gilt als einer der wichtigsten Komponisten der Gegenwart. 2018 hat er den »Ernst von Siemens Musikpreis« gewonnen, das ist sozusagen der »Nobelpreis« der klassischen Musik. Furrer wird oft als Klangsammler bezeichnet – eine passende Beschreibung, wie sich im Interview herausstellt. Denn er geht mit offenen Ohren durch die Welt und sammelt Klänge tatsächlich ein, so lang, bis daraus ein Werk entsteht. Wie genau das funktioniert, welche Rolle die Natur dabei spielt und wie er dem Elfenbeinturm-Vorurteil der Neuen Musik begegnet, erklärt er unserer Konzertplanerin Marie-Sünje Schade im Interview.
Beat Furrer, heute bist du einer der großen Komponisten unserer Zeit. Aber wie bist du eigentlich zur Musik gekommen?
Ich habe schon sehr früh eine große Affinität zur Musik gehabt. Ich hatte immer schon das Gefühl, dass ich mir Klänge vorstellen kann, sie höre und spiele, aber dann auch aufschreiben möchte. Das war lange bevor mir bewusst war, dass das ein Beruf sein könnte.
Kannst du dich an deine erste Platte erinnern?
Meine erste Platte war »A love supreme« von John Coltrane. Diese Art von Improvisation hat mich fasziniert. Sie entfernt sich weit von den Formen des Jazz, geht in Richtung Freejazz. Ich habe, als ich nach Wien gekommen bin, mit einem Schlagzeuger und einem Saxofonisten gespielt. Das war aber plötzlich vorbei, als ich angefangen habe, Komposition zu studieren.
Warum?
Ich hatte das Gefühl, mich im Kreis zu drehen. Ich musste mir erst mal klar machen, was Improvisation eigentlich ist. Improvisation ist nicht möglich ohne ein System von Regeln. Auch da kommt man irgendwann zu einem Formdenken, damit man weiß, was die Finger machen sollen. Das war für mich nicht mehr befriedigend.
Was bedeutet Improvisation denn heute für dich?
Ich würde sagen, die Improvisation war eine Bedingung für die Entwicklung der Offenheit der Form in meinen Kompositionen. Die kommt darin in verschiedener Weise zum Ausdruck. Zum Beispiel als Stimmen, die sich nicht synchronisieren lassen und die sich dominoartig in zwei verschiedenen Zeitlichkeiten nebeneinander entwickeln. Allerdings würde ich zu meiner Arbeit heute eher sagen, dass die Offenheit nur noch reduziert vorhanden ist.
Wie kann man sich deine Arbeit als Komponist vorstellen? Wie entsteht die Musik?
Es ist eigentlich immer so, dass ich erst mal Ideen und Klänge sammle. Die schreibe ich mir in einem Notizbuch auf. Das mache ich so lange, bis ich das Gefühl habe, einen gewissen Raum abgetastet zu haben. Es ist mir wichtig, Dinge nicht zu früh festzulegen. Ich lasse mir die Form lange offen, ohne harmonisches oder rhythmisches Konzept. Erst wenn ich mir sicher bin, dass ich genug Material habe, kann ich anfangen zu komponieren. Erst dann
Steckbrief
Beat Furrer
Geboren 1954 in Schaffhausen
1975 Dirigier- und Kompositionsstudium an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Wien
1985 Gründung Klangforum Wien und bis 1992 künstlerische Leitung, weiterhin eng als Dirigent verbunden
1996 Composer in Residence der »Luzerner Festwochen«
2006 Auszeichnung mit dem »Goldenen Löwen« der »Biennale di Venezia« für das Werk »FAMA«
2018 Auszeichnung mit dem »Ernst von Siemens Musikpreis«
Live im Konzerthaus: Mi 02.10. – So 06.10.2024
Zeitinsel Beat Furrer
frage ich mich, wie ich die Klänge zusammensetzen kann und wie ich die Geschichte erzähle. Ich habe dann ein Konvolut von vielleicht zwanzig oder fünfzig Blättern. Und dann kann ich damit jonglieren. Ich beginne auch nicht bei Takt eins, sondern baue um die wesentlichen Ideen herum.
Welche Rolle spielt die Natur in diesem Prozess für dich? Du bist bei deiner Arbeit umgeben von der Natur in den Bergen des Gesäuses. Im Wesentlichen ist es die Möglichkeit, sich ohne Ablenkung zu konzentrieren. Und es ist ein Klangraum mit einer unfassbaren Vielfalt. Es ist unglaublich inspirierend, sich in diesem Raum zu bewegen. Es ist aber auch ein schwieriges Thema, weil ganz starke Klischees wirksam sind bei der Vorstellung von einem Komponisten in der Natur.
Nervt dich das Thema?
Ja. Denn es besteht die Gefahr, dass der Eindruck des Klischees des Komponisten im Elfenbeinturm bestätigt wird, der nichts von seiner Umwelt wahrhaben will. Ich glaube aber im Gegenteil, dass der Konflikt unserer Zivilisation mit der Zerstörung der Natur etwas ist, das wir nicht mehr übersehen können. Wir leben heute in
einer anderen Welt als der, in die ich hineingeboren bin. Denn da war die Hoffnung da, dass sich die Natur immer wieder durchsetzen wird. Aber die Natur ist eine Vielfalt von Geschöpfen. Und das Bewusstsein, dass wir nicht Objekten gegenüberstehen, sondern anderen Geschöpfen und ein Teil dessen sind und abhängig davon, ist wichtig. Flüge zum Mars sind meiner Meinung nach infantil. Wir müssen erst mal auf dieser Erde leben können, auch mit anderen Menschen. Das ist mein Naturverständnis.
Begegnet dir denn oft so ein Elfenbeinturm-Vorwurf?
Ja, zum Beispiel in der Frage, warum ich »dicke« Texte benutzte. Das sei eine vergangene Welt. Aber ich glaube im Gegenteil, dass wir ohne Besinnung und Erinnerung gar nichts produzieren können und nicht fähig wären, kreativ zu sein. Denn Kreativität bedeutet nicht, etwas aus dem Nichts zu schaffen, es ist immer schon etwas anwesend. Gerade im Musiktheater, wenn ich mich mit Texten beschäftige, dann muss es etwas sein, das existenziell berührt. Wie die Texte von Pythagoras, die ich in dem Werk »Akusmata« verwende, das sind wie archäologische Funde, die aber zeitlos sind.
Das passt ja auch zu deiner Oper »Begehren«, der der Mythos von Orpheus zugrunde liegt – eine jahrhundertealte Liebesgeschichte. In deiner Oper geht es um zwei, die sich nicht treffen können. Was ist da das Zeitlose?
Diese Kraft, die uns zum Handeln bringt. Und das Begehren, das uns antreibt, auch zwischen Menschen. Ich nutze in der Oper verschiedene Schichten der Erzählung, aus unterschiedlichen Zeiten von Vergil, Cesare Pavese, Hermann Broch und Günter Eich. Das dann wiederum mit einer Sprache von heute zu kombinieren, hat mich fasziniert. Dass sich da Texte von vor Jahrhunderten mit einer zeitgenössischen Sprache überlagern.
Du kuratierst bei uns ja dein eigenes Festival. Wie blickst du darauf?
Ich glaube am meisten freue ich mich auf den Saal, ich habe schon so viel darüber gehört. Und das ist so wesentlich, denn Musik stellt sich so anders dar in verschiedener Akustik. Und den »Enigma«-Zyklus habe ich noch nie in Gänze gehört. Darauf freue ich mich auch.
Das Interview führte Marie-Sünje Schade.
an seinem Platz
Fulminanter könnte die Saison 2024/25 wohl kaum beginnen: Anne-Sophie Mutter, das Pittsburgh Symphony Orchestra und Manfred Honeck adeln das Event des Jahres.
Solistinnen und Solisten entwickeln zuweilen Schrullen, wenn es um die Vorbereitung auf ein Konzert geht. Manche setzen auf ein Nickerchen oder aufs Meditieren. Andere küssen die Manschettenknöpfe eines väterlichen Freundes, wie Leonard Bernstein. Die Geigerin Anne-Sophie Mutter dagegen schwört auf ungesüßten Saft und Müsli, die ihr den letzten Schwung geben. Sie verschmäht auch einen Wodka nicht. »Es stimmt, dass ich manchmal nach möglichst hochprozentigem Alkohol frage. Der ist eben sehr gut zum Saitenputzen.« Ein Schlückchen vor dem Konzert, das wäre für sie völlig undenkbar. Aber selbst dann würde sie das Violinkonzert von Felix Mendelssohn Bartholdy wahrscheinlich noch so vollendet spielen, als führe ihr der Komponist selbst Bogen und Hände.
Diese Verbundenheit mit dem Werk hat eine Geschichte: »Was meine Leidenschaft für Musik und für die Violine überhaupt erst entfacht hat, ist eine Platte mit den Konzerten von Mendelssohn und Beethoven, gespielt von Yehudi Menuhin und dirigiert von Wilhelm Furtwängler. Meine Eltern haben sie damals so oft gehört, bis sie völlig hinüber war.« Anne-Sophie Mutter ist noch ein Geigen-Wunderkind, als sie mit diesem Konzert auftritt, zum ersten Mal begleitet von einem großen Orchester. 1981 nimmt ihr Entdecker und Mentor Herbert von Karajan eine LP mit ihr und dem Mendelssohn-Konzert auf. Mit ihrer Leistung damals ist sie heute nicht mehr ganz zufrieden. »Vielleicht war ich da noch zu jung und zu überschwänglich, um
die feineren Linien und inneren Stimmen dieses Konzertes zu verstehen«. Danach hat sie das Stück viele Jahre links liegen gelassen. Kurt Masur ist es, der sie dazu bringt, die Noten wieder aufs Pult zu legen. Mendelssohn in Leipzig, noch dazu mit seinem Gewandhausorchester – da hat es magische Momente gegeben, die auch auf Tonträger verewigt sind. »Alles hat da plötzlich seinen Platz gefunden«, schwärmt sie.
Anne-Sophie Mutter ist ein Weltstar der Klassikszene. Ihr vibratoreiches Spiel und der – wie Mutter ihn selbst beschreibt – »tigerhafte Klang« ihrer berühmten Stradivari »Lord Dunn-Raven« ist wahrlich unverwechselbar. Sie ist ein musikalisches Kraftwerk, unendlich neugierig, grenzenlos temperamentvoll, bis ins Allerletzte perfekt und dazu noch überwältigend sympa thisch. Die Geigerin hat in London unterrichtet, Stiftungen gegründet, den Nachwuchs gefördert und
auch manch Sperriges, wobei der Trick ist, dass man aus ihren Händen auch Musik von Penderecki, Lutosławski oder Gubaidulina aufmerksam entgegennimmt.
Abseits von außergewöhnlichen Projekten wie jüngst mit dem Übervater der Filmmusik, John Williams, ist das Mendelssohn-Konzert Fixpunkt und Schicksalsstück für Anne-Sophie Mutter geblieben. Jetzt ist sie wieder damit unterwegs, gemeinsam mit Manfred Honeck und seinem Pittsburgh Symphony Orchestra. Da vereinen sich drei Dinge, die einfach zusammengehören, meint Mutter. »Meine Verbindung mit dem Orchester reicht 30 Jahre zurück. Sie ist die engste künstlerische Beziehung mit einem amerikanischen Orchester, die ich habe. Immer ist es eine Freude, mit diesen wunderbaren Musikern zu arbeiten und mit Manfred Honeck, sei es in Pittsburgh oder auf Tournee.«
Bei diesen engen Banden zum Orchester hat auch der Dirigent, Komponist und Pianist André Previn eine Rolle gespielt. Mit ihm ist AnneSophie Mutter verheiratet gewesen, und er hat auch das Pittsburgh Symphony für einige Jahre geleitet. Es ist ein ausgesprochenes TourneeOrchester, das seit seiner Gründung 1895 immerhin 36 internationale Reisen absolviert hat. Unter den Chefdirigenten finden sich klingende Na-
men: Victor Herbert zum Beispiel, der berühmte Light-Music-Komponist, Fritz Reiner, William Steinberg, Lorin Maazel oder Mariss Jansons. Manfred Honeck begleitet das Orchester seit 2008 durch so manche finanzielle Stromschnelle und trägt es hinauf zu vielen künstlerischen Gipfeln. Den Klang seines Orchesters umreißt er so: »Das Pittsburgh Symphony Orchestra ist präzise, aber trägt auch eine große Liebe zur Expressivität und zur Wärme in sich. Die Musiker können leicht und elegant spielen, aber auch zupacken und besitzen eine große Energie. Ich finde das sehr interessant, weil das Orchester eine Persönlichkeit hat und es alles spielen kann, gleichzeitig aber immer auf der Suche nach neuen musikalischen Farben ist.«
Für die Sinfonien von Gustav Mahler ist der Pittsburgh-Klang wie geschaffen. In der Sinfonie Nr. 5 klingt der Trauermarsch mit typisch amerikanischem Blech außergewöhnlich strahlend und rund. Und für den zentralen Walzer findet der Österreicher Manfred Honeck sicher einen ganz eigenen, wienerischen Schwung. Warm, leicht und elegant, so klingt auch der Mendelssohn mit Anne-Sophie Mutter und dem Pittsburgh Symphony. »Was mir am Violinkonzert am besten gefällt ist, dass es diesen Mitsommernachtsgeist in sich trägt«, sagt Mutter. »Es hat den AppassionataCharakter dieses sehr jungen Mannes, jugendlich, stürmisch, aber zugleich auch sehr zart und pur.« Sie möchte diese Ungeduld des Herzens hörbar machen, übrigens auch im langsamen Satz. Den Elfentanz des Finales empfindet sie als typisch für den Komponisten. »Dieses Dahinhuschende, Entschwebende, Geisterhafte ist enorm virtuos, diese Leichtigkeit ist eine Herausforderung für den Interpreten.« Am Ende vereine das Violinkonzert alles, was große Musik ausmache, sagt sie, »Leidenschaft, Virtuosität, Reinheit des Ausdrucks, Tiefe der Empfindung, bedingungslose Hingabe an den musikalischen Ausdruck«. Ein Stück Unsterblichkeit, unterstützt durch Müsli und Saft. Und vielleicht mit einem Schuss Wodka. Für die Saiten.
Sa 31.08.2024 19.30 Uhr
Anne-Sophie Mutter & Pittsburgh Symphony Orchestra
Pittsburgh Symphony Orchestra, Manfred Honeck Dirigent, Anne-Sophie Mutter Violine
Festliche Saisoneröffnung mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy und Gustav Mahler
Magische
Bruckner-Momente
Ihre gemeinsame Bruckner-Reise führt Christian Thielemann und die Wiener Philharmoniker in diesem Jahr nach Dortmund – nur wenige Tage, nachdem sich der Geburtstag des Komponisten zum 200. Mal jährt.
Fast 20 Jahre ist es her, doch das Erlebnis ist noch genauso präsent wie damals. Christian Thielemann dirigierte die Münchner Philharmoniker im Konzert haus Dortmund. Auf dem Programm: Bruckners 5. Sinfonie. Und dann passierte es, im zweiten Satz, diesem gewaltig dahinströmenden Adagio mit seiner sehnsüchtigen Oboemelodie, die und zarten Streicher-Pizzicati. Dieser Satz wurde zu einer Offenbarung, mit einer Intensität, die kaum zu ertragen war, die das Publikum, mucksmäuschenstill, auf die oft zitierte Stuhlkante zwang. Es sind diese Momente, auf die wir im Konzert hoffen, und die manchmal wirklich geschehen: Momente, in denen die Zeit für einen Augenblick stillzustehen schein.
Bei den »Bayreuther Festspielen« hat er ebenfalls für exemplarische Interpretationen gesorgt. »Thielemann ist der berühmteste und beste Wagner-Dirigent der Welt«,
war etwa in der »Welt« zu lesen. Schon in den 1970erJahren hat er als Wagner-Stipendiat in Bayreuth »Götterdämmerung« und »Parsifal« gehört. Im Sommer 2000 gab er dann mit den »Meistersingern von Nürnberg« sein Debüt als Dirigent auf dem »Grünen Hügel«. Über 20 Jahre lang war er jährlich in Bayreuth zu erleben, 2015 stieg er gar zum Musikdirektor der Festspiele auf. 2020 lief der Vertrag nach einem Streit mit der Festspielchefin Katharina Wagner aus. Doch 2025, so ist zu hören, soll Thielemann nach Bayreuth zurückkehren, um »Lohengrin« zu dirigieren.
Noch mehr Oper gibt’s ab diesem September, dann nämlich übernimmt Thielemann den Posten des Generalmusikdirektors an der Staatsoper Unter den Linden in Berlin. Dort tritt er die Nachfolge von Daniel Barenboim an, dessen Assistent er mit zarten 19 Jahren war. Vor allem das
Fr 13.09.2024 19.30 Uhr
Wiener Philharmoniker, Christian Thielemann Dirigent
Christian Thielemann & Wiener Philharmoniker
Werke von Robert Schumann und Anton Bruckner
deut sche romantische Repertoire wird dort vermutlich in seinen Händen liegen, das zu seinen absoluten Schwerpunkten gehört. Neben den Opern von Wagner ist vor allem Strauss einer seiner zentralen Komponisten; erst im letzten Jahr hat er dessen »Frau ohne Schatten« in einer prominent besetzten Wiederaufnahme an der Wiener Staatsoper dirigiert.
Und auch im sinfonischen Repertoire sind die Romantik und Spätromantik seine ureigene Domäne. Hier fühlt er eine besondere Verbindung, trifft den üppig-schwelgerischen Klang, ohne die nötige Transparenz dranzugeben. Auf diesem Feld, bei Strauss, Brahms, Bruckner und Mahler macht ihm kaum jemand etwas vor. Das waren auch schon seine Säulenheiligen als Chefdirigent der Sächsischen Staatskapelle Dresden, die er in diesem Sommer nach zwölf erfolgreichen Jahren verlässt. Bereits im März hat er sich mit Strauss’ »Frau ohne Schatte n« an der Semperoper verabschiedet, der ständigen Wirkungsstätte der Staatskapelle.
Thielemann und die Sächsische Staatskapelle – das war eine Kombination, die geradezu zwingend erschien, denn schon Richard Wagner schwärmte von diesem Klangkörper als seiner »Wunderharfe«, in Dresden wurden u. a. sein »Fliegender Holländer« und »Tannhäuser« uraufgeführt. Und bis heute ist die Staatskapelle für ihren dunkelwarmen, romantischen Orchesterklang berühmt.
Aber natürlich ist Christian Thielemann, der 1959 in Berlin geboren wurde, auch viel gefragter Gast bei internationalen Elite-Klangkörpern. Enge Zusammenarbeiten verbinden ihn z. B. mit den Berliner und Wiener Philharmonikern, deren Neujahrskonzert er 2019 und 2024 dirigierte. Und mit den Wiener Philharmonikern kommt er nun nach Dortmund. Im Gepäck: natürlich Anton Bruckner, dessen sämtliche Sinfonien er gerade gemeinsam mit den Wienern eingespielt hat. Sozusagen ein Jubiläumsgeschenk für den österreichischen Sinfoniker, dessen Geburtstag sich 2024 zum 200. Mal jährt. Dabei kann das Orchester auf eine lange und glorreiche Bruckner-Tradition zurückblicken: 1892 hob es die zweite Fassung von dessen 2. Sinfonie aus der Taufe, und bereits 1881 spielten die Wiener Philharmoniker die Uraufführung der 4. Sinfonie.
Auch Thielmann hat sich intensiv mit dem Schaffen Anton Bruckners auseinandergesetzt, wobei ihm seine langjährige Beschäftigung mit den Opern von Wagner geholfen hat, wie er im Interview mit »BR Klassik« verriet: »So eine Bruckner-Sinfonie ist wie der ›Ring‹ in anderthalb Stunden. Und das habe ich besser und natürlicher hinbekommen, nachdem ich einen ›Tristan‹ oder ›Ring‹ disponiert hatte.« Bis heute ist es jedoch eine Herausforderung für ihn, sich von Bruckners Musik bei der Aufführung nicht überwältigen zu lassen. Als Publikum haben wir dieses Problem glücklicherweise nicht, können uns ganz hingeben, diesem magischen Bruckner-Moment.
Do 26.09.2024 19.30 Uhr
Klavierabend
Werke von Chopin, Szpilman und Liszt
Yulianna Avdeeva
Ohne Klavier sei sie ohne eigene Stimme, sagt Yulianna Avdeeva. Denn ein Flügel besitzt unterschiedliche Charaktere, »ein wenig wie Menschen«. Daher ist das Klavier für sie das ideale Ausdrucksmedium, manchmal noch eher als die Sprache.
Nicht immer läuft alles wie geschmiert. Vor allem im Sport. In solch kritischen Momenten sind meist die Trainer gefragt. Sie können nicht alle Probleme lösen, aber ihren Schützlingen eine mögliche Marschroute vorgeben, wenn Wehrhaftigkeit gefragt ist, mental wie physisch. Häufig fällt dann der Begriff von der Resilienz. In der Musik wird dieser Begriff eher selten zum Thema. Dabei gibt es durchaus Schnittmengen zwischen Sport und Kunst: eine positive Grundeinstellung als möglicher Erfolgsfaktor etwa, oder geistige und körperliche Belastbarkeit. Dennoch wirkte es ein wenig überraschend, als die Pianistin Yulianna Avdeeva vor gut einem Jahr ein Album mit dem Titel »Resilience« veröffentlicht hat. Es war auch und nicht zuletzt ein Ergebnis der vorausgegangenen Corona-Erfahrungen. Doch bei Avdeeva besitzt der Begriff Resilienz in erster Linie eine historische Komponente. Er bezieht sich auf die Entstehungsumstände der Stücke, die sie ausgewählt hat. Etwa auf die Musik von Władysław Szpilman, von dem sie auch bei ihrem Klavierabend im Konzerthaus Dortmund zwei Werke präsentieren wird. Am 23. September 1939 war Szpilman der Protagonist im letzten Live-Konzert des polnischen Rundfunks, während draußen schon die deutschen Bomben niederprasselten. Szpilman, der erst
2002 durch Roman Polanksis Film »Der Pianist« einer größeren Öffentlichkeit bekannt geworden ist, hat das, was wir heute Resilienz nennen, oft in seinem Leben beweisen müssen – wie so viele bekannte oder weniger bekannte Musikerinnen und Musiker vor und nach ihm.
Und was bedeutet Resilienz nun für Yulianna Avdeeva selbst? In einem Rundfunk-Interview hat sie dazu Stellung bezogen: »Für mich ist Resilienz nicht nur eine Anweisung an das alltägliche Leben, sondern auch eine Charaktereigenschaft, die sich in der Haltung eines Menschen zeigt. Gerade wenn es unkomfortabel und ungemütlich wird, also in einer Lage, die viel Kraft und eine starke innere Haltung verlangt, um zu überleben und sich als Mensch weiter treu zu bleiben.« Diese Qualitäten waren für sie bereits gefragt, als sie sich im Jahr 2010 der Konkurrenz beim berühmten Warschauer »Chopin-Wettbewerb« stellte – und Avdeeva, die sich mehr oder weniger spontan zur Teilnahme entschlossen hatte, am Ende als Siegerin feststand. Sie selbst hat die drei Wochen in guter Erinnerung behalten: »Ich habe die Wettbewerbssituation eher verdrängt und nur an die Musik gedacht.« So hat sie auch die Stadt erlebt, denn »jede Straße in der Altstadt von Warschau erinnert an Chopin«. Seine Musik stellt für Avdeeva ohnehin ein »ganzes Universum« dar. »In Chopins Werken findet man jede Art von menschlichen Gefühlen und all das, was die Menschen im Leben einfach beschäftigt.« Das gilt ganz besonders für die Mazurken, diese vielschichtigen Mikrokosmen: »Sie sind wie eine Essenz.«
Yulianna Avdeeva, in Moskau geboren, stammt aus einem musikliebenden Elternhaus – »aber meine Eltern waren keine professionellen Musiker«, eher Hobby-Pianisten. Dank einer großen Schallplattensammlung war Musik ständig präsent. »Als ich fünf Jahre alt war, ist meine Mutter mit mir zur staatlichen Gnessin-Schule gegangen, um einen Aufnahmetest zu machen.« So begann ihre Ausbildung, die sie später unter anderem zu Konstantin Scherbakow nach Zürich geführt hat. Sechs Jahre ist sie in der Schweiz geblieben, dann nach München gezogen. Das erklärt auch ihre umfassenden deutschen Sprachkenntnisse. »Sie helfen mir, wenn ich Stücke deutschsprachiger Komponisten spiele. Auch Franz Liszts Muttersprache war Deutsch.«
Manchmal ist die Musik für Avedeeva sogar ein besseres Kommunikationsmittel als die Sprache: »Es kommt vor, dass ich für bestimmte Gefühle nicht die richtigen Worte finde. Dann fällt es mir leichter, es mit Musik auszudrücken.« Entsprechend vielfältig ist ihre Art, durch das Klavier zu sprechen. Ihr Anschlag ist sehr flexibel von robust bis zart, ihr Spiel lebt von großer Klarheit und ist immer auf den Punkt gerichtet, als wohne ihm eine innere Logik inne. Vielleicht kann man darin auch die passionierte Schach-Liebhaberin erkennen, die sich in ihrer Freizeit gelegentlich mit der Analyse von WM-Partien beschäftigt. Hört man sie mit der Fuge aus dem letzten Satz von Beethovens »Hammerklavier«-Sonate, so erkennt man darin die umsichtige Strategin, die behutsam Triller auf Triller türmt, die einzelnen Stimmen sorgsam abwägt und ein Tempo wählt, das unkalkulierbare Risiken meiden hilft. Auch das eine Form von Resilienz? Die Beschäftigung mit Kunst ist schließlich immer eine Gratwanderung. Je sorgsamer man sich darauf vorbereitet, desto größer sind die Chancen, in ihr ein Maximum an Gefühlen zu finden und diese dem Publikum zu vermitteln.
Abend mit -Faktor
Mit seinem jüngsten Konzertformat »KULT« setzt das Orchester im Treppenhaus die Tradition fort, klassische Musik auf frische und überraschende Weise zu präsentieren.
Fr 20.09.2024 19.30 Uhr
Ein Spiel mit bekannten Konzertritualen
KULT mit dem Orchester im Treppenhaus
Das Orchester im Treppenhaus ist wie geschaffen für unsere Reihe Neuland, die mit ihrem experimentierfreudigen Programm zeigt, wie Formate abseits des klassischen Konzertablaufs begeistern. Seit dem Gründungsjahr 2006 hat das Ensemble eine Vielzahl von Projekten entwickelt, die die Grenzen zwischen verschiedenen Kunstrichtungen aufbrechen und den Fokus auf ein besonders intensives Erlebnis von Musik setzen. »Ich glaube, dass es an der Zeit ist, den Konzertsaal etwas zu erfrischen. Es gibt ja wirklich seit sehr langer Zeit das Sinfoniekonzert-Format, das immer genau gleich ist, mit immer den gleichen Ritualen. Das ist auch toll. Doch ich finde, jetzt kann man auch mal eine Alternative auf die Bühne bringen«, meint Thomas Posth, Künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des Orchesters.
»KULT« lässt das Publikum bereits am Eingang des Konzertsaals zu einer großen Gemeinschaft werden, die zusammen diesen Abend erlebt. Eine kleine Karte mit Piktogrammen erklärt, wie sich die Zuhörerinnen und Zuhörer an verschiedenen Stellen zu verschiedenen Zeitpunkten verhalten können. »Es gibt lauter neue Rituale, die etwas anders sind, als die Üblichen, die ja vor allem aus Klatschen und Verbeugen bestehen«, erklärt Posth. Natürlich steht weiterhin die Musik im Mittelpunkt und hier stehen mitreißende Stücke auf dem Programm: »Vor allem ›Scheherazade‹ von Nikolai RimskyKorsakow, das ja ein ganz faszinierendes und rauschhaftes Stück ist. Außerdem spielen wir ›Fractured Time‹ von Anna Clyne, ein ganz neues Stück, ganz spannende Klänge«, zählt Thomas Posth auf. Die Konzerte des Orchesters im Treppenhaus sind mehr als nur Aufführungen – sie sind Erlebnisse, die das Publikum auf eine Reise durch die Welt der Klänge und Emotionen mitnehmen.
Zeit zu feiern!
Do 12.09.2024 20.00 Uhr
Federspiel
Blasmusik neu definiert
Zwei Jahrzehnte voller Musik, Freundschaft und unvergesslicher Momente: Das Blas-Ensemble Federspiel feiert blechernes Jubiläum.
Die Reise durch 20 Jahre Federspiel beginnt, wie sie beginnen muss: mit traditioneller Volksmusik, so wie sie die damals hochpubertäre Truppe von sieben Blasmusikern in der österreichischen Region Wachau erstmals zusammen gespielt hat. Im Sommer 2004, auf den alten Dielen eines Wirtshausbodens begann alles mit Polka und Walzer – natürlich ohne Noten, dafür mit offenen Ohren. Schon bald kamen etwas unbekanntere traditionelle Stücke wie die »Schleunigen« aus dem Salzkammergut dazu, und das Ensemble Federspiel reifte wie der gleichnamige Wein seiner Heimat. Von diesen musikalischen Wurzeln spannt sich der Bogen weiter zu den ersten etwas gewagteren Arrangements und dem mittlerweile so prägenden Gesang, der auch im Jubiläumsprogramm nicht zu kurz kommt: mal ein archaischer Jodler aus den Alpen, mal ein geschmetterter Csárdás aus Ungarn.
Als künstlerisches Schwergewicht mit federleichten Kompositionen und charmanten Frechheiten im Gepäck entwickelte Federspiel seine eigene Tonsprache im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne, von Volksmusik bis zu Pop und lateinamerikanischen Einflüssen. Längst bespielt das Ensemble die großen Konzertbühnen weltweit. Doch Völkerverständigung drückt sich bei den sieben Musikern auch im Miteinander von sechs Blechbläsern und einem Holzbläser an der Klarinette aus. Für das harmonische Zusammenspiel sorgt da ein feines Händchen beim Arrangieren und Komponieren der gemeinsamen Stücke. Mit neuen Kompositionen im typischen Federspiel-Sound, aber natürlich auch mit Lieblingsstücken und Anekdoten aus vergangenen Zeiten feiert das Ensemble sein Jubiläum als Fest für sich und sein Publikum. Wenn Federspiel Sie mit auf die Zeitreise nimmt, wird gemeinsam zurückgeblickt und zugleich freudig die Zukunft umarmt!
Musik ohne Grenzen
Do 05.09.2024 19.30 Uhr
Liederabend Julia Bullock
Julia Bullock Sopran, Bretton Brown Klavier
Lieder von Richard Strauss bis Bob Dylan
Julia Bullock versteht sich nicht als Sopranistin, sondern einfach als »klassische Sängerin«, die in ihren Programmen eine enorme Wandlungsfähigkeit unter Beweis stellt.
Mit der Wärme ihrer Stimme im tiefen Register und ihrer brillanten Höhe entzieht sich Bullock wirklich klassischen Zuschreibungen. Jenseits der Terminologie geht es ihr aber insbesondere um die Suche nach verbindenden Elementen über kulturelle Grenzen hinweg. Denn ebenso wie sich Bullock klassischen Stimmfachzuschreibungen verweigert, konzipiert die US-Amerikanerin ihre Programme: »Schon während meiner Studienzeit hatte ich Programme mit sehr großer Sorgfalt und Achtsamkeit zusammengestellt, verworfen und verändert«, schildert sie im Interview. Und so ist es kein Wunder, dass sie inzwischen für ihre Liederabende abseits des geläufigen Repertoires bekannt ist.
Die Sängerin, die mit dem deutschen Dirigenten Christian Reif verheiratet ist und seit einigen Jahren in München lebt, wuchs als Tochter eines schwarzen Vaters und einer weißen Mutter in Missouri auf. Diese Herkunft beschreibt sie selbst als prägend: »Ich wusste, dass ich nie als weiß gelten würde, aber ich wollte auch nie als schwarz gelten – gemischt, ja, aber nicht ganz schwarz. Es fällt mir heute schwer, das zuzugeben, aber meine Reaktion resultierte aus dem heimtückischen Rassismus, der alle Kreise durchdrang, in denen ich verkehrte. Erst als ich mich schließlich entschloss, meine Energie in die klassische Musik zu investieren – ein Genre, das überwiegend von Weißen westlicher Abstammung geschrieben, organisiert und aufgeführt wird –, stellte ich mir zum ersten Mal die Frage: Verleugne ich einen Teil meiner Identität?«
So begann Bullock, sich mehr mit ihrem kulturellen Erbe zu beschäftigen und Werke (afro-)amerikanischer Komponistinnen und Komponisten zu entdecken. Auch im Programm ihres Konzerthaus-Debüts finden sich hierzulande unbekannte Namen wie Elizabeth Cotten – eine mit einem »Grammy« ausgezeichnete Folk- und BluesMusikerin – oder Singer-Songwriterin Connie Converse neben Samuel Barber, Francis Poulenc und Richard Strauss.
Durchsichtig
Für Dirigent Philippe Herreweghe ist es eine Herzensangelegenheit, Werke im Originalklang auf die Bühne zu bringen. In Dortmund taucht er mit Werken von Felix Mendelssohn Bartholdy und der zu Lebzeiten als »weiblicher Beethoven« gefeierten Emilie Mayer in die romantische Sinfonik.
Er gilt als Hohepriester der Alten Musik. Doch Philippe Herreweghe lässt sich schon längst nicht mehr nur auf dieses Repertoire beschränken. Auch klassische oder romantische Werke füllen den Konzertkalender des Dirigenten. Ob nun aber Bach, Beethoven oder Bruckner, eines haben sie dann alle gemeinsam: Unter den Händen des 77-Jährigen erlebt man sie immer im Originalklang, auf den Instrumenten der jeweiligen Zeit. Neben dieser Verpflichtung zum authentischen Klangbild bestechen seine Dirigate durch eine unvergleichliche Transparenz – für Herreweghe essentiell: »Was mir am wichtigsten ist, ist Klarheit. Ich möchte die Musik gewissermaßen durchsichtig machen.« Verschiedene Klangfarben, die Bedeutung einzelner Orchestergruppen und die Balance zwischen den Instrumenten treten so viel deutlicher hervor.
Neue Perspektiven auf bekanntes Repertoire zu eröffnen reizt den gebürtigen Belgier dabei genauso wie das Bekanntmachen mit selten gespielten Werken. Bei seinem Dortmunder Konzert mit dem Kammerorchester Basel bringt er beides zusammen. Zunächst stehen Mendelssohns Erste Sinfonie, die der Komponist mit gerade einmal 15 Jahren schrieb, und sein Erstes Klavierkonzert mit Bertrand Chamayou als Solist auf dem Programm. Nach der Pause geht es in der Romantik weiter, mit einer Komponistin, die zu Unrecht in Vergessenheit geriet: Emilie Mayer war im 19. Jahrhundert die erste hauptberufliche Komponistin und wurde als »weiblicher Beethoven« in ganz Europa für ihre zahlreichen Werke, darunter acht Sinfonien, gefeiert. Die Hingabe fürs Komponieren war es jedoch auch, die der Popularität ihrer Werke nach ihrem Tod zum Verhängnis wurde. Zeitlebens unverheiratet, ohne Kinder oder Enkel, gab es niemanden, der sich um die Wahrung ihres Œuvre für die Nachwelt gekümmert hat. Erst allmählich erhält Emilie Mayers Musik wieder Aufmerksamkeit, ihre größtenteils nie gedruckten Kompositionen werden mühsam aufbereitet. Ein lohnender Aufwand, von dem man sich im Konzerthaus Dortmund Ende Oktober selbst überzeugen kann.
usik in Gemeinschaft
Für unser Community-Music-Team war nach dem letzten Konzert der Saison noch lange nicht Schluss. Vor der Sommerpause gab es noch zwei große Aktionen: die Community-Sinfonie und das Sommerferienprojekt. Bis zum großen Sommerpicknick mit gemeinsamer Aufführung im Juni haben die Teilnehmenden der Community-Sinfonie ein eigenes Stück über Einsamkeit und Gemeinschaft, Herausforderungen und Zusammenhalt entwickelt, gesungen und gespielt. Jugendliche, Erwachsene, Familien und Kinder sind aus verschiedenen Workshops und Ensembles wie dem Familienorchester oder über die Unterstützung beim Basteln der Kostüme und Requisiten zusammengekommen. Musik für alle und mit allen bei strahlendem Sonnenschein! Im Juli ging es dann mit 80 Kindern weiter, die eine Woche lang Freundschaften knüpfen, Musik machen und kreativ werden konnten. Ein vielfältiges Programm für unterschiedlichste Menschen, denn: »Zusammen macht es mehr Spaß als einzeln«, bringt es eine Teilnehmerin auf den Punkt.
Enthüllung eines Star-Dirigenten
Fünf Bilder zum 25. Geburtstag: Das ambitionierte Kunstprojekt »5 mal 5« wurde 2023 von der Kulturstiftung Dortmund initiiert. Bis 2027 fertigt der Kölner Maler Oliver Jordan fünf Porträts, die im Konzerthaus ihren Platz finden und die kulturelle und musikdramaturgische Geschichte des Hauses dokumentieren. Nachdem letztes Jahr die Dirigentin Mirga Gražinytė-Tyla porträtiert wurde, entstand dieses Jahr ein 2,28 mal 1,62 Meter großes Bildnis von Yannick Nézet-Séguin. Der Dirigent war von 2013 bis 2016 Exklusivkünstler des Hauses und kehrt seither regelmäßig nach Dortmund zurück. Die feierliche Enthüllung fand am 1. Mai 2024 unter Anwesenheit des Künstlers Oliver Jordan, Konzerthaus-Intendant Raphael von Hoensbroech und Yannick Nézet-Séguin statt. »Das Konzerthaus Dortmund ist für mich ein ganz besonderer Ort, an den ich immer wieder gern zurückkehre. Der Gedanke, mit einem Gemälde für immer an den Konzerthaus-Wänden verewigt zu sein, bewegt mich zutiefst«, sagt Yannick Nézet-Séguin nach der Enthüllung des Gemäldes.
Te chniker von Weltrang
NDrei große Steinway-Flügel stehen im Konzerthaus für den Konzertbetrieb bereit, bei der Anschaffung in einem langen Vergleichsprozess ausgesucht von den Meisterpianisten Fazıl Say, Pierre-Laurent Aimard und Víkingur Ólafsson. Jetzt hat sich ein weiterer Meister seines Fachs mit den Instrumenten beschäftigt: Georges Ammann. Er ist nicht auf den großen Bühnen zu sehen, zumindest nicht vor großem Publikum. Der Klaviertechniker stimmt, repariert, justiert und stellt ein, immer in Millimeterarbeit, bei der mechanisch alles miteinander zusammenhängt. Als Spezialist, der das Vertrauen von Klavierperfektionisten wie Alfred Brendel genießt, ist er international unterwegs. Im Konzerthaus war ein Schwerpunkt seiner Arbeit, die Konzertflügel in ihrem jeweiligen Charakter von perlig über kraftvoll bis zum Allrounder mit großer Bandbreite zu schärfen. »Wenn man vor einer Klaviatur sitzt«, sagt Ammann, »da liegt eigentlich die ganze Musik vor einem«. Um für jede Musik das passende Instrument zu haben, war zwischen Hammerfilzen und Stimmwirbeln große Handwerkskunst gefragt.
eue Wilde
Seit 2006 wählt das Konzerthaus Dortmund alle drei Jahre seine »Jungen Wilden«: aufstrebende Musikerinnen und Musiker, deren Namen man sich unbedingt merken sollte. Schon viele ehemalige »Junge Wilde« haben Weltkarrieren hingelegt und auch die neue Generation ist auf dem besten Weg dorthin. Die junge Cellistin Julia Hagen teilt bereits regelmäßig mit den großen Namen der Klassikwelt die Bühne und begeistert mit Natürlichkeit, Wärme und Mut zum Risiko. Die musikalische Begabung ist ihr quasi in die Wiege gelegt: Ihre Mutter ist Bratscherin, ihr Vater gründete mit seinen Geschwistern das berühmte Hagen Quartett. Anfangs war nur der Cellokasten des Vaters fürs Versteckspielen interessant, schnell aber auch das Instrument selbst. Als Fünfjährige begann sie zu spielen, doch erst Enrico Bronzi hat die volle Begeisterung entfacht: »Dank seines Unterrichts wusste ich einfach, dass ich das für den Rest meines Lebens machen will.« Jetzt steht sie kurz vor ihrem Konzerthaus-Debüt und wird am 25. September die siebte Staffel »Junger Wilder« einläuten.
Vom Blatt – Grüße von Iván Fischer
Lieben Sie Brahms? Iván Fischer auf jeden Fall inbrünstig, wie er mit seinem Budapest Festival Orchestra unter Beweis stellen wird. Als Dirigent, Komponist, Opernregisseur und Pädagoge ist Fischer einer der visionärsten Musiker unserer Zeit, doch für den beschei denen Ungarn steht im Mittelpunkt immer die Musik. Schon zum 17. Mal kommt er deshalb am 12. Oktober ins Konzerthaus.
Eintrag vom 14. November 2004 nach Iván Fischers erstem Auftritt im Konzerthaus Dortmund
Impressum
Herausgeber
Konzerthaus Dortmund GmbH
Intendant und Geschäftsführer
Dr. Raphael von Hoensbroech, V.i.S.d.P.
Redaktion
Marion Daldrup, Katharina Dröge, Nicole Richter
Texte
Markus Bruderreck, Marion Daldrup, Katharina Dröge, Anastasia Päßler, Nicole Richter, Teresa Saxe, Verena Wengorz, Christoph Vratz, Bjørn Woll
Gestaltung
Kristina Erdmann
Anzeigenmarketing
Marion Daldrup, T 0231 – 22 696 213
Druck
druckpartner
Druck- und Medienhaus GmbH
Termin- und Programmänderungen sowie Druckfehler vorbehalten.
Konzerthaus Dortmund
Brückstraße 21 44135 Dortmund
T 0231 – 22 6960
F 0231 – 22 696222
info@konzerthaus-dortmund.de www.konzerthaus-dortmund.de
Tickethotline T 0231 – 22 696200
Besuchen Sie uns
Konzerthaus.Dortmund
@Konzerthaus_DO
@Konzerthaus_DO
KonzerthausDortmund
Ausblick
Ausgabe 02 /2024 /25
Abel Selaocoe Ein Cellist für alle Genres
Julian Prégardien Kein Blick zurück
Sabine Devieilhe Wir sind keine Stars
Klaus Mäkelä Unerschrocken im Getümmel
Was wäre dem Publikum doch alles entgangen, wäre aus unserem gesuchten Künstler tatsächlich ein Mathematiker geworden, so wie er es zunächst geplant hatte. Der Vater von vier Kindern, der laut »New York Magazine« »das Aussehen und die Lässigkeit eines Rockstars« besitzt und vor zwei Jahren die österreichische Staatsbürgerschaft annahm, ist nicht nur unter Klassikfans eine Berühmtheit. Im Herbst dieses Jahres wird der fünf Sprachen fließend sprechende Kosmopolit auch noch in die Intendantenrolle schlüpfen, um sich kurz nach seinem Amtsantritt endlich mal wieder auf den Weg nach Dortmund zu machen.
Wenn Sie die Lösung wissen, schicken Sie sie uns auf einer Postkarte mit dem Stichwort »Nashorn-Rätsel« an: Konzerthaus Dortmund, Verena Wengorz, Brückstraße 21, 44135 Dortmund, per E-Mail an verena.wengorz@konzerthaus-dortmund.de oder per Fax an 0231– 22 696 159
Einsendeschluss ist der 08.10.2024. Unter den richtigen Einsendungen verlosen wir fünfmal zwei Freikarten für die konzertante Oper »L’Orfeo« von Monteverdi mit Julian Prégardien am 12.11.2024 um 19.30 Uhr. Viel Glück! Die Lösung des letzten Nashorn-Rätsels: Tabea Zimmermann
Abo- und Einzelkarten: So kommen Sie an Ihre Tickets
Persönlich
Ticketing und Abonnementberatung
Ludwigstraße/ Ecke
Reinoldistraße, 44135 Dortmund
Öffnungszeiten
Montag bis Freitag von 10.00 bis 18.30 Uhr, Samstag von 11.00 bis 15.00 Uhr
Per Telefon
T 0231–22 696 200
Per Fax
F 0231–22 696 222
Per Post
Konzerthaus Dortmund, Vertrieb, Brückstraße 21 44135 Dortmund
Zahlungsarten
Barzahlung und per Kreditkarte (MasterCard, American Express und VISA). Bei Bestellungen bis spätestens zehn Werktage vor der jeweiligen Veranstaltung ist auch eine Zahlung per Lastschrift möglich. Bitte Postlaufzeiten berücksichtigen.
Internet
Ticketshop auf www.konzerthaus-dortmund.de
Abendkasse
Die Abendkasse im Foyer des Konzerthaus Dortmund öffnet 90 Minuten vor der jeweiligen Veranstal-
LEISE FLÜSTERT
tung. Die Hörplätze werden an der Abendkasse ausschließlich nach Verfügbarkeit ausgegeben.
Anspruch auf Bereitstellung der Hörplätze besteht nicht, eine Reservierung dieser Plätze ist nicht möglich. Je Interessent wird nur eine Karte ausgegeben.
Service für Rollstuhlfahrer*innen
Bitte buchen Sie frühzeitig, damit wir Ihre gewünschten Plätze und unseren Extra-Service garantieren können. Falls Sie keine Begleitperson mitbringen, hilft Ihnen unser kostenloser Begleitservice gerne: T 0231–22 696 200.
Preiskategorie
Preiskategorie
Preiskategorie
Keine volle Podiumssicht
Hörplätze sind 90 Minuten vor Beginn der Veranstaltung erhältlich (Sonderregelungen vorbehalten) *
Informationen zu Hörhilfen
Für Nutzer*innen von Hörhilfen gibt es auf den meisten Plätzen eine Induktionsschleife. Bei der Platzwahl wird Sie unser Ticketing gerne beraten.
AGB
Die allgemeinen Geschäftsbedingungen des Konzerthaus Dortmund können im Ticketing des Konzerthauses sowie im Internet eingesehen werden.
Preiskategorien
Alle Saalpläne finden Sie unter www.konzerthaus-dortmund.de/ de/technik
Ob forte oder piano – ab sofort kontrollieren Sie selbst Anschlag und Tonvolumen Ihres Steinway Klaviers. Mit dem Dolce Pedal für feinen, leisen Klang erleben Sie noch mehr Klangfülle und V
m Klavier Töne, wie es bisher nur bei einem Flügel möglich war steinway modell k-132. das klavier.
Maiwald – Klaviere & Flügel im Konzerthaus Brückstraße 21 · 44135 Dortmund · Tel.: 0231 2 26 96-145 www.steinway-dortmund.de
Die Botschafterinnen und Botschafter des Konzerthaus Dortmund
Georg Abel, Mercedes Benz NL Dortmund · Liselotte und Dr. Helmut von Achten · Prof. Dr. Lutz Aderhold · Dr. Andreas Bellmunt · Anja Berninghaus · Heinrich Böckelühr, Regierungspräsident der Bezirksregierung Arnsberg · Britta und Roland Bracht · Gabi und Dr. Michael Brenscheidt · Lilo und Frank Bünte · Peter Cremer · Heidrun und Dr. Hans von Dewall · Dr. Stephen Dunker, DHPD Wirtschaftsprüfer u. Steuerberater · Susanne und Udo Dolezych · Sabine und Dr. Klaus Engel · Dr. Ansgar Fendel, REMONDIS · Dr. Fatma Michels und Dr. Bukurije Plasger, Frauenarztpraxis Michels und Plasger · Christa Frommknecht · Ingrid Gantenbrink · Beatrice und Thomas Goeke · Iris und Volker Goeke · Johannes Großpietsch, Busche Verlagsgruppe · Benjamin Heinig · Christoph Helbich, SHA Scheffler Helbich Architekten · Inka und Dr. Mazen Hilal · Uta Höfling · Detlev Höhner, Murtfeldt Kunststoffe · Martina und Hans Jörg Hübner · Ann-Grit und Peter N. Jülich · Hans-Jörg Karthaus · Prof. Dr. Stefan Kirmße · Annette und Dr. Uwe Kiszka · Dr. Wolfram Kiwit, Verlag Lensing-Wolff · Dr. Martin Kleine · Sarah und Herbert Kleinewiese · Michael Kohler, audalis Kohler Punge & Partner · Felix Krämer, Aug. Krämer Kornbrennerei · Traudel Kroh · Dr. Alice L. und Dr. Jochen Kühner · Dr. Gunther Lehleiter · Margrit und Ulrich Leitermann · Dr. Thomas Lichtenberg · Dr. Eva und Dr. Rainer Löb · Johanna Lonnemann, LD Medienhaus André Maiwald, Maiwald Klavier & Flügel Galerie · Michael Martens, Dortmunder Volksbank · Jutta und Hans-Hugo Miebach · Lukas Minssen · Dietrich Nill · Margarete und Axel Nill · Susanne und Medard Nolden · Christian Oecking, Haus & Grund Dortmund · Marc T. Oehler · Renate und Dr. Jochen Opländer · Prof. Dr. Tido Park, PARK Wirtschaftsstrafrecht. Ines Pohlmann-Feuerhake-Fund und Peter Pohlmann · Beatrix Polchau · Marie-Luise Kauermann und Prof. Helmut Riester · Michael Sander · Wolfgang Scharf, Creditreform Dortmund Scharf · Dirk Schaufelberger · Cornelia und Thomas Schieferstein · Marie-Theres Schnarrenberger-Weitkamp · Dr. Arne Schneider, Elmos Stiftung · Familie Schneider Dr. Wolfgang Schröder · Christoph Schubert, Husemann Eickhoff Salmen & Partner GbR · Angelika Ullm und Architekt
Ralf Schulte-Ladbeck, A-SL-Baumanagement · Reinhold Semer · Mechtild und Paul Th. Steinau · Marie Elise und Dr. Hans Stetter · Helma und Dr. Heinz-Siegmund Thieler · Prof. Dr. Detlev Uhlenbrock, MVZ Prof. Dr. Uhlenbrock & Partner
Emil und Christiane Underberg · Prof. Dr. Angela und Wilfried Utermann · Iris Woerner und Axel Vosschulte · Martina und Thomas Wrede und weitere Botschafter und Botschafterinnen, die nicht genannt werden möchten.
Die Botschafterinnen und Botschafter werden im Botschafterboard ehrenamtlich vertreten von:
Detlev Höhner (Sprecher), Iris Woerner (2. Sprecherin), Johannes Großpietsch, Dr. Jochen Opländer, Dirk Schaufelberger, Martina Wrede
Danke für: So klingt nur Dortmund.
Freunde werden
Gemeinsam mit über 450 Freundeskreis-Mitgliedern verleiht Dennis Waldhoff seiner Liebe zur Musik Flügel. Leidenschaft verbindet, und das schon seit 25 Jahren im Freundeskreis – machen Sie mit!