Boswil aktuell November 2015 Januar 2016

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BOSWIL AKTUELL November 2015 – Januar 2016 Über das Üben … E r i n n e r u n g e n a n J á n o s Ta m á s Lieben Sie Brahms?


Inhalt

November 2015 – Januar 2016

Programm (Übersicht auf der Rückseite) Boswiler Meisterkonzerte 2016

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Boswiler Akademie Frühjahr 2016

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Flautando: Praxistipps für den Übungsalltag

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Erinnerungen an János Tamás von Claudia Storz JOFuture – Komponistin Jeannine Läuffer Warum ich bei Brittens «Sankt Nikolaus» ein Taschentuch brauche Lieben Sie Brahms?

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Förderverein Pro Boswil News

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Programmübersicht

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Grüezi

A l l e s n e u m a c h t  … der November 1829 veröffentlichte der deutsche Lehrer und Schriftsteller Hermann Adam von Kamp den Liedtext «Alles neu macht der Mai» auf eine Volksmelodie des 18. Jahrhunderts. (Kamp scheint übrigens auch eine frühe Version «unserer» Heidi-Geschichte geschrieben zu haben, welche Johanna Spyri fünfzig Jahre später aufgriff …) Seither gehört «Alles neu macht der Mai» zu den bekanntesten Volksliedern überhaupt. Der Mai ist noch in weiter Ferne, doch wir ­k önnen unser Grusswort heute mit «Alles neu macht der … November» betiteln. Denn Sie halten nicht nur ein komplett neu gestaltetes «Boswil aktuell» in Händen, sondern Ihnen wird eventuell auch schon das neue Logo des Künstlerhauses aufgefallen sein? Beides hat eine lange Vorgeschichte… Die erste Nummer des «Boswil aktuell» erschien bereits im ­D ezember 1980! Nicht weniger als 158 Nummern sind seither erschienen, im Laufe der Jahre zwar ab und zu leicht adaptiert, jedoch insgesamt weitgehend im ­g leichen Gewand. Die bisherige Erscheinungsform hat uns jedoch je länger je weniger befriedigt: Mit der ­n euen Ausgabe behalten wir zwar den Titel bei, der als «Marke» etabliert ist und mit den beiden Stichworten Boswil und aktuell zusammenfasst, was den Inhalt ­ausmacht. Inhaltlich aber möchten wir das Heft nicht nur grafisch auffrischen, sondern auch lesenswerter machen, mit Zusatzbeiträgen, die Sie als Leserin und Leser bereichern und informieren und allgemein Lust an der Musik wecken sollen.

1: 1953

2: 1996

3: 2003

Das Logo des Künstlerhauses hat ebenfalls eine lange Geschichte. Legendär ist das frühe Logo mit ­S onne und Mond (1), welches um die Jahrtausend­ wende leider aufgegeben wurde (2 und 3). Das damals eingeführte neue Logo haben wir 2007 leicht modernisiert (4) und in dieser Form ­w eiterverwendet. Mit dem neuen Logo möchten wir die Aufgabe des Künstlerhauses als «Ort der Musik» fassbarer machen (5) – das Logo erklärt sich resp. das, was das Künstlerhaus ausmacht, nun selber. In diesem Sinne freuen wir uns auf «Alles neu macht … der ­November» und hoffen, dass Sie unsere Freude teilen.

Peter Wipf Präsident Stiftungsrat

4: 2007

Michael Schneider Geschäftsführer

5: 2015

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Boswiler Meisterkonzert

Radu Lupu Ausverkauft Radu Lupu, Klavier

Johannes Brahms (1833–1897) Variationen über ein eigenes Thema op. 21/1 Ludwig van Beethoven (1770–1827) 32 Variationen über ein eigenes Thema in c-Moll WoO 80 Wolfgang Amadé Mozart (1756–1791) Variationen über ein Menuett von Jean-Pierre D ­ uport KV 573 Franz Schubert (1797–1828) Klaviersonate G-Dur D 894

Boswiler Akademie

Flautando – Flöte Werkstatt-Tag: Jazz Flute-Beatboxing – ­Flötenensembles – Duo L­ iteratur

Mit dem rumänischen Pianisten Radu Lupu gastiert ein Ausnahmekünstler und eine der beeindruckendsten Musikerpersönlichkeiten der Gegenwart bei den Boswiler Meisterkonzerten. Sein aussergewöhnliches Musikverständnis und seine herausragenden Interpretationen haben ihm seit seinem Debut in den 1960er Jahren und der Salzburger Premiere unter Herbert von Karajan 1978 Kultstatus verschafft. Im Zentrum seines Repertoires stehen unter anderem die Werke von ­Mozart, Beethoven, Schubert und Brahms, denen er sich auch in Boswil widmet.

Der Werkstatttag richtet sich an Flötenpädagogen, Studenten und Amateure, welche Neues auf verschiedensten Flöten-Gebieten erfahren möchten. Flautando 2015 steht einerseits im Zeichen von Jazz Flute-Beatboxing mit Dirko Juchem, dem Pionier des Beatboxing auf der Flöte, andererseits den Flötenensembles: vom Profi ­E nsemble «Intercity Flute Players» über das «Winter­ thurer Querflötenensemble» bis zum Ensemble Flau­ tastico Basel. Andreas Stahel wird die TeilnehmerInnen eine Geschichte ad hoc vertonen lassen und Sabina Bürger wird mit Stefan Keller Duo-Literatur spielenderweise vorstellen. Ein Tag mit reich gefülltem Programm, abgerundet mit drei Konzertblöcken sowie der traditionellen Flötenbeiz erwartet die Besucher. Eine hochkarätigen Flöten-Ausstellung mit dem Musikhaus Gurtner Meilen, Musikpunkt Lohri Luzern, ­K lassodern Olten und Miyazawa umrahmt die Veranstaltung.

19.00 Uhr: Boswil im Gespräch, Konzerteinführung mit dem Musikwissenschaftler Thomas Gartmann

Detailprogramm: www.kuenstlerhausboswil.ch

Donnerstag, 5.11.2015, 20.00 Uhr Seite 23: Diskographie von Radu Lupu 4


heute

Zu Gast am Künstlerhaus

Emotionen! Yuka Matsuoka Limacher, Sopran Natia Janikashvili, Klavier

Samstag, 7.11.2015, 9.00 – 21.30 Uhr Abendkasse ab 19.30 Uhr Eintritt inkl. Verpflegung: CHF 120.– / 60.– (Studenten) Anmeldung: office@kuenstlerhausboswil.ch Auf Seite 18 finden Sie den ­P raxistipp «Über das Üben …» von Stefan Keller

Yuka Matsuoka Limacher präsentiert, begleitet von ­Natia Janikashvili am Klavier, ein attraktives Programm mit Liedern und Opernarien von Robert Schumann, Gustav Mahler, G.F. Händel, W.A. Mozart, Vincenzo Bellini, Henry Purcell und Gaetano Donizetti. Samstag, 14.11.2015, 17.00 Uhr Tickets: im Vorverkauf CHF 35.–, Bäckerei Spiekermann ­C onfiserie, Kriens oder ­m atsuoka@bluewin.ch / an der Abendkasse CHF 40.–

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Boswiler Meisterkonzert

Sharon Kam & Chaarts Sharon Kam, Klarinette Chaarts Ottorino Respighi (1879–1936) Antiche danze et arie per liuto, Suite No.3 Heitor Villa Lobos (1887–1959) aus Bachianas Brasileiras für Streicher Nr. 5 und 9 Ermanno Wolf-Ferrari (1876–1948) Serenata und Danza Napolitana aus «I gioielli della Madonna» Giacomo Puccini (1858–1924) Storiella d’amore Wolfgang Amadé Mozart (1756–1791) Konzert für Klarinette und Orchester A-Dur KV 622 Virtuos wandelt die israelische Klarinettistin Sharon Kam als gefeierte Orchestersolistin und Kammer­ musikerin auf musikalischen Pfaden zwischen ­Mozart und Penderecki. Nach einem Solorezital

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2012 kehrt sie nun nach Boswil zurück, dieses Mal in Partnerschaft mit dem Chamber Aartists ­O rchestra «Chaarts». 16.00 Uhr, Boswil im Gespräch: Andreas Fleck, Cellist und Künstlerischer Leiter der «Chaarts», im Gespräch mit der Klarinettistin Sharon Kam Sonntag, 15.11.2015, 17.00 Uhr Eintritt: CHF 70.– / 55.– /45.– Vorverkauf: www.kulturticket.ch Abendkasse ab 16.30 Uhr Konzertmenü: CHF 48.–


Familienkonzert

Die Zauberflöte argovia philharmonic Duo Calva Stellt euch vor: Ihr übt und übt und übt für das grosse Konzert und dann läuft alles schief auf der Bühne, was schief laufen kann! So fühlt sich das Orchester, wenn es heute Mozarts Oper «Die Zauberflöte» spielen will. Glücklicherweise sind aber zwei Aushilfscellisten ­d abei! Zusammen mit ihnen rettet sich das Orchester aus der Patsche und kann die Oper mehr oder weniger ­f ehlerfrei über die Bühne bringen. Ein Riesenspass für die ganze Familie! Schweizerdeutsch, Dauer ca. 1 Stunde, für Kinder ab 5 Jahren. In Kooperation mit argovia philharmonic und dem Duo Calva. Kinder können ihr eigenes Sitzkissen mitnehmen. Sonntag, 15.11.2015, 11.00 Uhr Eintritt: CHF 25.– / 10.– (Jugendliche 13–20 Jahre) / 5.– (Kinder), Plätze unnummeriert Vorverkauf: www.kulturticket.ch oder office@kuenstlerhausboswil.ch Tageskasse ab 10.30 Uhr

Symposium

Der Komponist János Tamás Referenten: Anna Dalos, Budapest; Thomas Dratva, Basel; Jean-Jacques Dünki; Basel, Peter Laki, ­C leveland; Thomas Meyer, Mettmenstetten; Verena Naegele, Rombach; Michael Schneider, Aarau; Claudia Storz, Aarau Musik: Alexander Besa, Violine; Fabio Di Càsola, ­K larinette; Adrienne Elisha, Flöte; Eva Oertle, Flöte; Kurt Widmer, Bariton; Jean-Jacques Dünki, Klavier; Thomas Dratva, Klavier Zum 20. Mal jährt sich im November 2015 der Todestag des schweizerisch-ungarischen Komponisten János Tamás. Tamás, der 1956 aus Ungarn in die Schweiz emigrierte, im solothurnischen Schönenwerd wohnte und seinen künstlerischen Arbeitsschwerpunkt als Komponist, Dirigent und Pädagoge im Aargau hatte, hinterliess ein vielschichtiges kompositorisches Oeuvre. Am 21. November widmet sich erstmals ein eintägiges Symposium am Künstlerhaus diesem musikalischen Nachlass, der seit vier Jahren in der Basler Paul Sacher-­Stiftung aufbewahrt wird. Samstag, 21.11.2015, 10.00 – 18.00 Uhr Anmeldung: www.symposiumjanostamas.ch oder office@kuenstlerhausboswil.ch Unkostenbeitrag für das Mittagessen Seite 19: Die Aarauer Schriftstellerin Claudia Storz ­erinnert sich an ihre Zusammenarbeit mit János Tamás 7


Spiel Zimmer Musi k


Jugendorchester Freiamt

Spiel Zimmer Musik Jugendorchester Freiamt Markus Fleck, Leitung Anne-­Cécile Gross, künstlerische Leitung Jeannine Läuffer, Komponistin Die MusikerInnen des Jugendorchesters Freiamt sitzen diesmal im Spielzimmer. Ein lustiger Abend mit Werken aus dem klassischen und auch weniger klassischen Repertoire, in denen Spielsachen aus dem Kindermuseum Baden als Solisten auftreten. Das Werk «Mechanical Toy» der 19-jährigen Komponistin Jeannine Läuffer wird im Rahmen von JOFuture uraufgeführt. Mit JOFuture bietet das Jugendorchester Freiamt (JOF) jungen talentierten KomponistInnen und InstrumentalistInnen ein Podium. Edmund Angerer (1740­– 1794) (M. Haydn/L. Mozart zugeschrieben) Berchtoldsgaden­- Musik, bekannt als Kindersinfonie (ca. 1760/70) Robert Schumann (1810­– 1856) Kinderszenen op.15 (1838), bearbeitet für Streich­orchester Jeannine Läuffer (*1996) Mechanical Toy (2015), Uraufführung im Rahmen von JOFuture

Auf Seite 20 erfahren Sie mehr über die ­JOFuture-Komponistin ­Jeannine Läuffer und ihre Komposition «Mechanical Toy»

Freitag, 27. 11.2015, 19:30 Uhr Sins, Gasthaus Einhorn Samstag, 28.11.2015, 17:00 Uhr Baden, Sebastianskapelle* Sonntag, 29. 11.2015, 17:00 Uhr Boswil, Alte Kirche Eintritt frei, Kollekte  * In Kooperation mit dem ­S chweizer ­ Kindermuseum Baden

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Weihnachtskonzert

Zu Gast am Künstlerhaus

Paul Phoenix, Tenor Georgijs Novikovs (junger Nicolas) Kammerchor Ars Vocalis Zürich Eleonora Em, Klavier Christian Döhring, Orgel Pit Gutmann/Reto Baumann, Perkussion Streicher des Jugend-Sinfonieorchesters Aargau Claudio Danuser, Leitung

Andreas Müller, Violoncello Judith Flury, Klavier Hanspeter Müller-Drossaart, Sprecher

St. Nikolaus Kantate

Benjamin Britten (1913–1976) St. Nikolaus Kantate (1948) Das traditionsreiche Weihnachtskonzert des Fördervereins des Künstlerhauses Boswil. Im Anschluss gibt’s Christstollen und Weihnachtspunsch. Der englische Tenor Paul Phoenix (ehem. Kings Singers), der ­Zürcher Dirigent Claudio Danuser mit seinem Chor Ars Vocalis Zürich und ein ad hoc-Instrumentalensemble führen am Weihnachtskonzert des ­Fördervereins ein Werk auf, wie es nicht besser zum Aufführungstag, dem 6. Dezember passen könnte: Benjamin Brittens Kantate «Sankt Nikolaus». Sonntag, 6.12.2015, 17.00 Uhr, Alte Kirche, Boswil Eintritt: CHF 30.–/20.– (Förderverein) / 20.– (Stud./Lehrl.) / Kinder bis 12 Jahre freier Eintritt Vorverkauf: office@kuenstlerhausboswil.ch Sonntag, 6. Dezember 2015, 11.00 Uhr Prediger kirche Zürich (Eintritt frei, Kollekte) Seite 19: «Warum ich bei Brittens St. Nikolaus ein ­Taschentuch brauche» 10

An die Hoffnung

Ludwig van Beethoven (1770–1827) «An die Hoffnung», op. 32 (1805) «An die Hoffnung», op. 94 (1813–1815) Dmitri Schostakowitsch (1906–1975) Sonate für Violoncello und Klavier d-Moll op. 40 (1934) Aus der «Suite nach Gedichten von Michelangelo» op. 145 (1974) für Bass und Klavier Ludwig van Beethoven Sonate A-Dur für Violoncello und Klavier op. 69 (1808) Zwischen Beethoven und Schostakowitsch lassen sich trotz der grossen zeitlichen Entfernung ihrer Epochen vielschichtige Beziehungen und Verbindungen ent­ decken. Im Programm sollen verschiedene Aspekte ­e rlebbar werden, denn ­n eben den berühmten und grossartigen Sonaten für Violoncello und Klavier der beiden Komponisten erklingen auch ausgewählte ­Werke ihres Liedschaffens. Da hier aber ein Instrument die Singstimme übernimmt, wird der Fokus beim Gesang auf die Melodieführung und auf das Kammermusikalische der Komposition gelenkt, ­w ährend in den Sonaten eine neue Perspektive eröffnet und das Kantable hervorgehoben wird. Judith Flury wird mit diesem Projekt als ProArgoviaArtist 2015/2016 unterstützt. Samstag, 12.12.2015, 19.30 Uhr Eintritt: CHF 25.– / 15.– Abendkasse ab 16.30 Uhr (kein Vorverkauf )


Zu Gast am Künstlerhaus

Give a hand, take a hand – Gospelkonzert Christina Jaccard, Gesang Dave Ruosch, Piano Céline-Guila Voser, Cello Simon Heggendorn, Violine Deborah Morat, Bratsche Willie Jordan, Perkussion Die Zürcher Sängerin Christina Jaccard ist berühmt für ihre «schwärzeste» aller weissen Stimmen. Seit ­v ielen Jahren pflegt sie zusammen mit dem bekannten Blues-, Stride- und Boogie-Pianisten Dave Ruosch die afroamerikanische Musik. In ihrer Gospel Tour pflegen sie die grosse Tradition berühmter Interpreten wie etwa Mahalia Jackson, Sister Rosetta Tharpe, ­l assen aber auch den Pop nicht zu kurz kommen.

Zu Gast am Künstlerhaus

Swiss Tenors ­Christmas Andri Calonder, Tenor Enrico Orlandi, Tenor Valentin Akçag ˇ, Violine Gordon Schultz, Klavier Die bekannten Tenöre Andri Calonder und Enrico ­O rlandi machen auch auf ihrer diesjährigen Tournée in Boswil Halt. Wer sie gehört hat kommt gerne ­w ieder. Zusammen mit Pianist Gordon Schultz und Geiger ­Valentin Akçağ, haben sie ein buntes Programm zusammengestellt. Mal besinnlich, mal heiter – stets ­u nterhaltsam erklingen Klassiker aus ganz ­Europa, Gospel und Weihnachtslieder aus den USA, ergänzt durch virtuose Instrumentaldarbietungen. Weihnachtliche Stimmung und Besinnlichkeit, ein Genuss für Aug und Ohr! Samstag, 19.12. 2015, 19.30 Uhr

Sonntag, 13.12.2015, 17.00 Uhr Eintritt: CHF 35.– / 30.– (AHV, Studenten) /  Kinder bis 12 Jahre freier Eintritt Vorverkauf: office@kuenstlerhausboswil.ch Abendkasse ab 16.15 Uhr

Eintritt: CHF 40– / 20.– (Studenten, Lehrlinge) / Kinder bis 12 Jahre gratis Vorverkauf: www.kulturticket.ch oder office@kuenstlerhausboswil.ch Abendkasse ab 19.00 Uhr

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B a­c h — ianas


Jugend-Sinfonieorchester Aargau

Bachianas Hu Jung, Klavier Hugo Bollschweiler, Leitung

Johann Sebastian Bach (1685–1750) Ricercar aus dem Musikalischen Opfer BWV 1079, für Klavier solo J. S. Bach, arr. A. Webern (1883–1945) Fuga (2. Ricercar) a 6 voci für Orchester (1935) Ernest Bloch (1880–1959) Concerto grosso Nr. 1 für Streichorchester und ­ Klavier (1924–1925) Johannes Brahms (1833–1897) Sinfonie Nr. 4 op. 98 e-Moll, 1885 Die Zusammenstellung dieses Programms steht ganz im Geiste Johann Sebastian Bachs. Die ausgewählten Werke beziehen sich in vielfältiger Weise auf seine Komponierkunst. Anton Webern hat sich in seiner pointillistischen Klangfarben-Meisterleistung dem ­b arocken Urvater in grösstem Respekt genähert und gleichzeitig seiner eigenen künstlerischen Identität ­u nmissverständliches Profil gegeben. Es ist vielleicht die persönlichste, aber auch dem Bachschen Geiste verwandteste Transkription, die jemals ein Werk von Johann Sebastian Bach erfahren hat. Bei Bloch ist die Concerto grosso- Form als dezente (und klanglich spektakuläre) Verneigung vor dem Instrumentalstil des 18. Jahrhunderts zu verstehen – wobei das obligate Klavier die zeitgenössische Variante des Cembalos ­s imuliert. Ein an Johann Sebastian Bach angelehntes Thema aus dem Schlusschor seiner Kantate «Nach dir, Herr, verlanget mich» (BWV 150) verarbeitet Brahms prominent im letzten Satz seiner vierten und letzten Sinfonie. Über der grossangelegten strengen Passacaglia-­ Form lässt Brahms 30 Variationen laufen, die durch den immer wiederkehrenden Bachschen Cantus Firmus getrieben in einer grandiosen Schlusssteigerung dunkel verglühen.

Seite 22: «Lieben Sie Brahms?», von Hugo Bollschweiler

Hu Jung Aufgewachsen in Taiwan erhielt Hu Jung bereits mit vier Jahren Klavierunterricht. Nach seinem High School Abschluss nahm er sein Studium am internationalen Internat Ecole d’humanité in der Schweiz auf und studiert seit 2011 an der Hochschule Luzern – Musik bei Konstantin Lifschitz. Als Solist tritt Hu Jung vor allem in Taipei und Shanghai auf, unter anderem im März 2014 in der KHS Hall Taipei mit acht Beethoven-Klaviersonaten. Daneben tritt er mit unterschiedlichen Kammermusik-Formationen auf.

Sonntag, 3.1.2016, 11.00 Uhr Boswil, Alte Kirche Donnerstag, 7.1.2016, 20.00 Uhr Zürich, Kirche St. Peter Freitag, 8.1.2016, 20.00 Uhr Zofingen, Stadtkirche Sonntag, 10.1.2016, 11.00 Uhr Aarau, Kultur- und Kongresszentrum Eintritt: CHF 40.– / 15.– (Stud./Lehrl.) / Kinder bis 12 Jahre freier Eintritt 13


Julia Fischer Quartett

Zu Gast am Künstlerhaus

Vorschau

Ingolf Turban, Violine Sebastian Bohren, Violine Dmitri Demiashkin, Klavier

Die Konzertreihe von internationalem Format bietet Kammermusik vom Feinsten, Solisten von Weltruf, junge umwerfende Talente der Klassikszene oder Konzerte mit führenden Kammerorchestern und Ensembles. Grosse Namen, Highlights der Musikliteratur aus fünf Jahrhunderten und neu (wieder) zu entdeckende Musik bieten einem breiten Publikum das Beste, was die Alte Kirche zum Klingen bringt. Vor oder nach dem Konzert beleuchten die Begleitveranstaltungen «Boswil im Gespräch» verschiedene Aspekte des Konzertprogramms oder suchen das Gespräch mit den ­Interpreten. Das Konzert können Sie auf Vorbestellung kulinarisch mit einem Meisterkonzert-Menü im Künstlerhaus ausklingen lassen, zubereitet und serviert vom Gasthaus Sternen, Boswil. Aufgrund der vorgesehenen Bauphase des Kirchenfoyers finden 2016 nach der Sommerpause nur zwei Meisterkonzerte statt.

Von Raff bis Reger Joachim Raff (1822–1882): Erste Sonate op. 73 Tannhäuser-Duo Max Reger (1873–1916): Allegro A-Dur Moritz Moszkowski (1854–1925): Suite op. 71 Pablo de Sarasate (1844–1908): Navarra Ingolf Turban aus München, welcher zwischen 2000 und 2006 sämtliche Violinsonaten des Schweizer Komponisten Joachim Raff auf vier CDs veröffentlicht hat, spielt zusammen mit dem russischen Meisterpianisten Dmitri Demiashkin und dem jungen Aargauer Geiger Sebastian Bohren (Festival Artist Boswiler Sommer 2015) ein virtuoses Programm mit romantischen und feurigen Werken zum Beginn des Reger-Jahres 2016. Sonntag, 17.1.2016, 17.00 Uhr Abendkasse ab 16.30 Uhr Eintritt: CHF 65.– / 42.– / 30.– Vorverkauf: www.cresc.ch

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Boswiler Meisterkonzerte 2016

Programmation und künstlerische Leitung: Andreas Fleck, Michael Schneider, Peter Wipf Vorverkauf ab Anfang Dezember 2015


Calmus Ensemble Leipzig

Contemporary Percussion Music Academy

Vorschau

Boswiler Akademie Frühjahr 2016 Sonntag, 21. Februar 2016 Stefan Temmingh, Blockflöte La Folia Barockorchester Sonntag, 17. April 2016 Marie-Elisabeth Hecker, Violincello Martin Helmchen, Klavier

Die Boswiler Akademie umfasst ein professionelles musikalisches Weiterbildungsangebot von Meisterkursen, Symposien und Forumsveranstaltungen mit Dozentinnen und Dozenten von Rang. Das Spektrum der Boswiler Akademie umfasst den Bogen von der Alten zur ­Neuen Musik, instrumentenspezifische Themen oder Impulse für die Jugendförderung. Die Resultate der ­Kurse werden an öffentlichen Konzerten präsentiert. Anmeldung / Infos: office@kuenstlerhausboswil.ch

Donnerstag, 5. Mai 2016 Julia Fischer-Quartett Freitag, 6. Mai 2016 Tine Thing Helseth, Trompete Chaarts Samstag, 4. Juni 2016 Akademie für Alte Musik Berlin Sonntag, 11. September 2016 Mariam Batsashvili, Klavier Sonntag, 20. November 2016 Calmus Ensemble Leipzig

März – September 2016 Young Composers Project, 6 Module Benjamin Lang, Bettina Skrzypczak, Roman Digion 26.–28. Februar 2016 Workshop Performance für Streicher, Duo Calva 9.–13. März 2016 Harp Academy (3 Generations), David Watkins, NaokoYoshino, Alexander Boldachev 19.–23. März 2016 Masterclass Dirigieren, Douglas Bostock, argovia philharmonic 29. März – 4. April 2016 CAMP, Contemporary Percussion Music Academy Mircea Ardeleanu et u. a. 15


Praxistipp

Über das Üben ... Was mir am Üben besonders gefällt ist, dass niemand, es ist gleich auf welchem Level, der ein Instrument spielen möchte, daran vorbei kommt. Alle, ausnahmslos, sind davon positiv betroffen. Ich sage bewusst «positiv», da in diesem Falle für alle dasselbe gilt. Der einzige Unterschied ist die Häufigkeit, die Zielgerichtetheit und schlussendlich das Ergebnis. Das Ergebnis ist für jeden Übenden ein anderes: Die Einen versuchen, die allerersten Töne aus einem Instrument heraus zu bringen, ­Andere arbeiten intensiv an Klang und Timbre, wieder andere beschäftigen sich mit technisch komplizierten Abläufen und nochmals Andere legen das erste Mal die Finger auf ein Griffbrett oder auf Klappen oder auf eine Tastatur. Aber, nochmals, für alle gilt dasselbe: Es geht nicht ohne «learning by doing», und dies beruhigt ungemein. Es gibt keine Abkürzung, welche nur Auserwählte kennen, keine Tricks, die alles beschleunigen, keine ­Hintertürchen, die sich nur dem Könner erschliessen bzw. auftun. Alle müssen sich mit dem Üben und damit mit sich selbst, intensiv auseinandersetzen und für sich das passende finden. Dieser Weg kann sehr kurz oder auch mit vielen Umwegen gespickt sein. Schlussendlich ist es immer etwas ganz Individuelles und Persönliches, was wiederum für den ganzen Prozess spricht. Es gibt nicht DIE einzige und glücklich machende Übetechnik, ­s ondern soviele, wie es Menschen gibt. Ich kann gerne ein paar Tipps beisteuern, welche aus jahrzehntelanger Erfahrung wirken. Übung 1 Die eine Übung, welche sehr anspruchsvoll aber hochwirksam ist, ist die «Einundzwanziger Übung». Aus der Feldenkrais Methode weiss man, dass eine Handlung 21 mal ruhig, gelöst, langsam und ohne Fehler vollbracht werden muss, bis die neu zu lernende Finger – Arm – Zunge Bewegung (je nach Instrument) im Hirn eine messbare Reaktion gibt. Es wird ein Engramm ­e ingebrannt, die Handlung ist ab jetzt fest verankert. (Genau gleich, wie wir alle gehen gelernt haben.) Dies ist praktisch für alle Abläufe wie Tonleitern, ­D reiklänge, heikle technische Stellen, etc. Wirkt bei ­j edem Instrument, muss aber sehr sorgfältig ausgeführt 16

werden. Wenn bei der fünfzehnten Wiederholung ein Fehler ­p assiert, geht es nochmals von vorne los ... Übung 2 Die zweite wirksame Übung ist, vor der unüberwind­ baren Stelle anzuhalten, zwei Sekunden warten, dann im selben Tempo weiter spielen. Natürlich in langsamem und spielbarem Tempo. Diese «unfreiwillige» Pause bei jedem Durchlauf etwas verkürzen, bis diese nicht mehr wahrnehmbar ist, aber für den Übenden nach wie vor «stattfindet»! Konsequent durchgezogen, führt auch ­d iese Methode zum Ziel. Üben ist also sehr individuell, ist immer mit «­ learning by doing» und mit einem gewissen Zeitaufwand verbunden. Wenn diese Zeit sinnvoll und akkurat genutzt wird, also zielgerichtetes Üben, dann hat man auf allen Stufen, vom Anfänger bis zum Profi, Erfolg. Nicht der Weg ist das Ziel, sondern die zu meisternde Stelle. Der Weg ist Mittel zum Zweck. Ich wünsche allen, welche sich in irgendeiner Weise mit einem Instrument auseinandersetzen, kurz­ weilige und intensive Übe-Erfahrungen! Niemand kann Ihnen diese jemals wieder wegnehmen! Sie prägen und bereichern unser musisches Leben!

Stefan Keller Flötist und Projektleiter ­F lautando Boswil www.flutetrends.ch

Seite 4: Flautando, 7. November 2016


Einblick

Erinnerungen an János Tamás An der Aufführung 1983 von «Das Gewicht eines Vogels» – für die Janos Tamas Gedichte von Erika Burkart vertont hatte – sprachen wir zum ersten Mal länger ­miteinander. Ein paar Monate später, im Sommer, kam János auf mich zu und sagte: «Jetzt möchte ich etwas von dir zu Musik machen, am liebsten etwas Lustiges. Einmal im Leben möchte ich eine lustige Oper schreiben, entwirf mir ein Libretto, doch ich muss nächste Woche schon den Antrag stellen.» «Da bin ich vielleicht der ­falsche Mensch, zögerte ich … setzte ich mich aber doch hin und innert weniger Tage verfasste ich ein Konzept und einige Gedichtzeilen zum Thema Arche Noah und ihre Bezüge zur nuklearen Aufrüstung der Gegenwart und zu Noahs Tochter, die sich dem Druck ihrer Familie verweigern will. «Das kann ich schreiben, antwortete ich János etwas verzagt, einzig das! –» Wir stritten uns auch. Seit dem März war Michail Gorbatschow in den Medien, Wörter wie Glasnost und Perestroika tauchten auf wie fremde Fanale. Abrüstung und Annäherung, Transparenz und Beschleunigung, Öffnung des eisernen Vorhangs. Wörter, die mich begeisterten, die bei János alte Aengste auslösten und ihn erzählen liessen, von seiner Kindheit in Ungarn und seiner einsamen Flucht in den Westen 1956 als Zwanzigjähriger. Traut den Russen nicht, unterstrich er seine Erzählungen, es gibt keinen Kommunismus mit menschlichem Gesicht! Sie haben uns um unsere ­Zukunft betrogen und auch die Tschechen im Prager Frühling! Die Amerikaner dürfen ihr Waffenarsenal nicht verkleinern, nicht abrüsten, denn einzig die Stärke ­Amerikas garantiert unsere Sicherheit! – Ich lernte seine Angst, seine Sehnsucht nach dem Lachen, nach einer heilen Welt und dann auch seine ­Niedergeschlagenheit zu verstehen. Aber ich spottete, wenn er sagte: «Claudia, nächstes Jahr werde ich fünfzig Jahre alt, schrecklich, schrecklich! Mit fünfzig beginnt das Alter! Die grösste Gnade ist es für einen Künstler, jung zu sterben!» (Einen Satz, den ich wenige Monate später von Hermann Burger nochmals hören sollte.)

Mein lyrischer Zwischentext, den die Angehörigen auf der Arche singen, begeisterte ihn. – Schon für diese sieben Zeilen lohnte es sich, das Werk zu komponieren, tröstete er mich, wenn ich ihn immer wieder auf seine ­ursprünglichen Pläne ansprach, eine lustige Oper zu komponieren. Er schrieb für Rosmarie Hofmann, die ­Noahs Tochter singen sollte, wunderbare Arien: Wir kennen die Tiere, die mit uns kommen. Wir graben in ihrer Wärme ein Nest. Und langsam glauben wir, dies sei die Welt. Doch eines Tages wird es heissen: Aussteigen! Ein leeres Land. Ein neuer Pfad. Ade, du ­Oleander und du Feigenbaum. Wir nehmen Abschied nun. Das Leben war so gut. Für uns beide wurden die zwei Sätze: «Ade, du Oleander (…) das Leben war so gut», zum Motto. Jedesmal, wenn wir uns begegneten, nahmen wir auf diese Art ­Abschied voneinander Ade, du Oleander, das Leben war so gut. Die verschiedenen politischen Interpretationen legten wir beiseite. Immer sprachen wir auch über uns selbst, unsere Familien und Wünsche. Als János Tamás fast zehn Jahre später von Schönenwerd wegzog, ganz in meine Nähe, begegneten wir uns öfter zu Fuss. Du hast den fünfzigsten Geburtstag gut überlebt, neckte ich ihn. – Claudia, stell dir vor, ich werde bald sechzig, antwortete er, ohne jegliches ­L ächeln in den Augen. – Ich konnte mir – obwohl ich von seinen dunklen Abgründen wusste, nicht vorstellen – dass er bald alle seine Zukunft auslöschen würde. Claudia Storz, Schriftstellerin, Aarau

Seite 7: Symposium «Der Komponist János Tamás», Samstag, 21.11.2015, 10.00 Uhr 17


Porträt

JOFuture-Komponistin Jeannine Läuffer Jeannine Läuffer wurde 1996 in Bern geboren und wohnt in Abtwil. 2015 schloss sie mit zweisprachiger Matur an der Kantonsschule Wohlen ab. Der Unterricht von Judith Flury an der Kantonsschule Wohlen, prägte sie musikalisch stark. Mit 16 Jahren wählte sie zusätzlich die Harfe als Nebeninstrument.

«D er Pro t agoni s t t r i fft a uf sei nem We g im Ki nder z i m­m er a uf ver s ch i e den e Sp i e l zeuge …»

Mechanical Toy Das Stück «Mechanical Toy» von Jeannine Läuffer wurde im Sommer 2015 komponiert. Die Handlung beruht auf einer fiktiven, von der Komponistin selbsterfundenen Geschichte. Inspiration fand sie im Buch «Kafkas Puppe» von Gerd Schneider oder durch Strawinskys Stück «Petrushka». Wie in den beiden Inspirationquellen wird ein (mechanisches) Spielzeug zum Leben ­e rweckt, das sich auf eine abenteuerliche Reise begibt. Der Protagonist trifft auf seinem Weg im Kinderzimmer auf verschiedene Spielzeuge wie eine Lokomotive, Frösche, eine Spielzeugtrommel, wie noch viele weitere Figuren.

Das Komponieren entdeckte Jeannine beim Unterricht des «Young Composers Project» im Künstlerhaus Boswil. In den Jahren 2013 und 2014 lernte sie dort von der Komponistin Bettina Skrzypczak und den Komponisten Benjamin Lang, Martin Derungs und Beat Fehlmann. Mit ihrem ersten Werk «Sermo Memoria Musarum» für Pianoforte und Oboe gewann sie in Lausanne den dritten Preis im Finale des Schweizerischen Jugendmusikwettbewerb 2014. Ab September 2015 studiert Jeannine Zeitgenössische Komposition an der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK), wo sie von Benjamin Lang (Komposition) und von Tamriko Kordzaia (Klavier) unterrichtet wird.

Seite 9: Konzerttournee Jugendorchester Freiamt «Spiel Zimmer Musik», 27.–29. November 2015

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Hintergrund

Warum ich bei Brittens «Sankt Nikolaus» ein Taschentuch brauche «Ich betrachte mich selber nicht als aussergewöhnlich sentimental und es gibt nicht allzu viel ­Musik, die mich zu Tränen rührt. Aber ein Moment in Brittens «Sankt Nikolaus» bewirkt genau dies auf Knopfdruck, wenn nämlich die drei wieder zum Leben erweckten Knaben ihr Halleluja singen.

«… da s s d i es es Wer k g l ei chzei t i g hi n r­ eis s end , l i e b enswer t und b ewe gend i s t – d a s i st geni ­a l .» Sankt Nikolaus-Kantate ist ein merkwürdiges Stück. Ich liebe es und würde keine einzige Note ­ä ndern. Aber die eklektische Gegenüberstellung von Variété-Knittelversen, barockem Kontrapunkt, Heldentenor-Solos, makellosem englischem Streichersatz, und einem beschwingten Fauré-artigen Abschnitt, ist ein wirkliches Sammelsurium. Zu diesem Narrenkostüm trägt die fröhliche und volkstümliche Beziehung von Worten und Musik bei, wie wir sie auch in Albert Herring finden – dies ist keine Überraschung, denn beide Libretti stammen von Eric Crozier und datieren aus derselben Zeit: den mittleren und späten 1940er Jahren. Dass all dies irgendwie zusammenpasst in einem Werk von karikaturhafter, lebhafter Unverwüstlichkeit, ist bizarr. Und dass dieses Werk gleichzeitig hinreissend, liebenswert und bewegend ist – das ist genial. Genialität zudem, die für Amateur(musiker) gedacht ist. «Sankt Nikolaus» ist ein Werk für die Gemeinde, mit Ecken und Kanten, ­d arauf angelegt, falschen Noten zu trotzen. Es gehört in Schulen und Gemeindesäle. (…)

Benjamin Britten Ein Amateurelement, dem man im «Sankt Nikolaus» nicht ausweichen kann, ist das Publikum, dessen Mitwirkung in den Gemeindehymnen so gut funktioniert, dass Britten diese Idee auch (seinen Stücken) «Little Sweep» und «Noye's Fludde» aufgriff. Diese Mitwirkung, welche eine kurze Probe vor der Aufführung bedingt, reisst den Graben zwischen Publikum und Künstlern nieder und verändert die Dynamik auf eine solch kraftvolle Art, dass man wünscht, man dürfte auch in den Bach-Passionen in die Choräle ­e instimmen.» Michael White Übersetzt von Michael Schneider Michael White wurde zu Grossbritanniens «am wenigsten langweiligen Musikkritiker» gewählt. Sein (hier gekürzter) Text über Brittens «Sankt Nikolaus»-Kantate erschien im englischen «Telegraph» im Dezember 2011.

Seite 10: St. Nikolaus Kantate, 6. Dezember 2015

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Hintergrund

Lieben Sie Brahms? Françoise Sagan, Ingrid Bergman, Yves Montand und Anthony Perkins: Sie alle hatten ja so unrecht. «Aimez-­ vous Brahms?» ist nicht nur der Titel der filmischen Adaption des gleichnamigen Bestsellers von Sagan, sondern auch die Frage des jungen Simon an seine ­b egehrte Paule, als er sie zu einem Brahms-Konzert in der Pariser Salle Pleyel einladen möchte. Doch grosse

«Von B r ah m s hab e i ch ge l er nt: Ökon om i e u n d denno ch: Reich t u m » Komponisten verführen selten sinfonisch. Die entscheidende Berührung passiert in der Kammermusik. Meine Unschuld habe ich bei heftigen Affären mit den beiden Streichquintetten und -sextetten verloren – ­L iaisons, die bis heute unvermindert andauern und als subtile Türöffner für die Brahmssche Klangwelt ­g edient haben. Mit dem Seitenthema aus dem 1. Satz des Streichsextett in B-Dur allein liesse sich mühelos der Weltfrieden realisieren (so wenn denn alle zuhören würden).

Am Anfang war also die Kammermusik in ihrer sinnlichen Unmittelbarkeit. Die Sinfonik dagegen war sperriger, ausufernder. Sie erschien mir als korpulenter akademischer Akt, selbstzufrieden und füllig, eine grossbürgerliche Sitzgarnitur der musikalischen Art. Es war nicht unbedingt der Sound, den man sich als Teenager in die Kopfhörer pumpen lässt. Die Pforte zum epischen Brahms öffnete dann eine glühende Geigerin, der ich, rettungslos verfallen, 40 Minuten lang hörig folgte, als sie in Baltimores Meyerhof Symphony Hall mit Brahms’ Violinkonzert den vollklimatisierten Raum auf Siedetemperatur hochfeuerte. Während die temporäre Hingabe an die Solistin bereits beim anschliessenden Applaus abkühlte, hatte sich die Faszination für Brahms’ grossformatige Technicolor-Geste endgültig und nachhaltig etabliert. Die Sinfonien folgten zwangsläufig – im Studium als fester Bestandteil des Repertoire-Kanons, den angehenden Dirigenten zu bewältigen haben. Nun erschloss sich mir auch die analytische und formale Grossartigkeit dieser Partituren, die, aquariumsähnlichen Lebensräumen gleichend, feinste Mikrokosmen durch eine genialische Streuung frei fliessend in einem streng geplanten Grossen aufgehen lassen und dabei, ohne irgendeiner Zufälligkeit zu verfallen, nur der janusköpfigen Gleichung «Reduktion und Fülle, Kontrolle und Freiheit» gehorchen. Arnold Schönberg verneigte sich: «Von Brahms habe ich gelernt: Ökonomie und dennoch: Reichtum.» Johannes, oui, je t’aime! Hugo Bollschweiler Dirigent Jugend-Sinfonieorchester Aargau

Seite 12: Konzerttournee Jugend-Sinfonieorchester Aargau «Bachianas», 3.–10. Januar 2015

Johannes Brahms 20


Förderverein Pro Boswil

Künstlerhaus ­Förderverein

Weihnachtsspende – Revision des neueren Steinway-Flügels Im Jahre 2001 wurde der neue Steinway-Flügel des Künstlerhauses – Mod. D-274, Nr. 554’059 – angeschafft. Seither spielten eine Vielzahl von Pianistinnen und Pianisten auf diesem Instrument – das Instrument wird jedes Jahr Dutzende Male eingesetzt. Der häufige Gebrauch hat seine Spuren hinterlassen. Nachdem der ältere der beiden Steinway-Flügel des Künstlerhauses, auch mit Spenden des Fördervereins, im Jahre 2010 revidiert werden konnte, ist dies nun auch für den neueren Steinway notwendig. Die Hammerköpfe und Saiten müssen ersetzt werden, da diese abgespielt sind und sich dadurch der Klang verändert hat. Nach der Revision wird der Flügel wieder in ­e inwandfreiem Zustand sein. Die Revision wird vom Chefstimmer von Musik Hug, Dirk Jenfeldt, durch­ geführt werden, welcher auch unter dem Jahr die Stimmungen am Künstlerhaus vornimmt. Eine Kostenschätzung für die anfallenden Arbeiten beläuft sich auf CHF 19’000.–. Bitte helfen Sie mit, mit einer Weihnachtsspende ­u nseren Flügel wieder in neuem Glanz erklingen zu ­l assen!

Der Förderverein des Künstlerhauses unterstützt die vielfältigen kulturellen Aktivitäten der Stiftung. Als Mitglied sind Sie dem Künstlerhaus besonders verbunden. Sie erhalten vergünstigte Eintrittskarten und die Programme für die Meisterkonzerte und das Festival Boswiler Sommer werden Ihnen ­e xklusiv frühzeitig ­z ugestellt. Zudem bekommen Sie persönliche Einladungen für das Sommernachtsfest und für das Weihnachtskonzert sowie für die Generalversammlung. Der Jahresbericht hält Sie zusätzlich auf dem Laufenden. Der Jahresbeitrag CHF 80.– für Einzelmitglieder CHF 120.– für Paare CHF 200.– für juristische Mitglieder CHF 500.– für Gönner (gilt gleichzeitig als ­Paarmitgliedschaft) Mit Ihrer Unterstützung leisten Sie einen wichtigen Beitrag für das Wirken der Stiftung Künstlerhaus Boswil. Herzlichen Dank!

Vorstand Förderverein Künstlerhaus Peter Müller, Präsident, Merenschwand Gabriela Arnet, Waltenschwil Colette Meyer, Mühlau Claudia Penta, Bremgarten Peter Wipf, Hermetschwil-Staffeln

Spendenkonto Stichwort «Spende Flügel» Raiffeisenbank Boswil-Bünzen 5623 Boswil Konto-Nr: ­5 0-909-4 IBAN: CH34 80675000 0024 2978 4 Stiftung Künstlerhaus Boswil Flurstrasse 21 5623 Boswil 21


News

Neue Mitglieder im Stiftungsrat und Beirat des Künstlerhauses Per Mitte Jahr ergaben sich zahlreiche Mutationen im Stiftungsrat und im Beirat des Künstlerhauses. Der Musikjournalist David Schwarb demissionierte per Mitte Jahr aus dem Stiftungsrat. Die Musikfraktion im Stiftungsrat wurde auf diesen Zeitpunkt gleich um zwei Mitglieder ergänzt: um Irene Näf-Kuhn und Ivo Haag. Die Pianistin und Kulturmanagerin Irene NäfKuhn, Erlinsbach, ist Klavierlehrerin an der Musikschule der Stadt Aarau und Lehrbeauftragte für Klavier und Kammermusik an der Neuen Kantonsschule Aarau. Von 2004-2011 war sie Präsidentin des Aargauer ­Kuratoriums. Sie absolvierte zwei Nachdiplomstudien in Musikmanagement und Musikschulleitung und hat 2015 die Musikvermittlungsplattform «inmusic» ins Leben gerufen. Der Pianist Ivo Haag, Ebikon, studierte Klavier an der Musikhochschule Zürich und an der Franz Liszt-Akademie Budapest. Gemeinsam mit seiner Frau Adrienne Soós entfaltet er eine internationale Konzerttätigkeit als Klavierduo inkl. vielbeachteter CD-Einspielungen, u.a. mit Werken von Bartók und Debussy. Als Dozent unterrichtet er Klavier, Kammermusik und Klavierduo an der Musikhochschule Luzern.

Per 1. Juli traten Christoph Steiner und Rosmarie Gomer nach langjährigem Engagement aus dem Beirat des Künstlerhauses zurück. Auf dasselbe Datum hin wurde der Beirat neu mit gleich vier Mitglieder verstärkt: Marco Canonica, Klingnau, Geschäftsleiter der Werbeagentur Schaerer & Partner Baden; Hanspeter Leimgruber, Wohlen, Regionenleiter Freiamt der ­Neuen Aargauer Bank; Thomas Leitch, Wohlen, Grossrat und Präsident der Kommission Bildung, Kultur und Sport des Grossen Rates, sowie Stephan Schmidt, Basel, Direktor der Musikhochschulen FHNW sowie der Musik Akademie Basel.

Irene Näf-Kuhn

Ivo Haag

Partner Kanton Aargau, Departement Bildung, Kultur und Sport (Hauptträger); Kanton Aargau, SWISSLOS-Fonds; ­G emeinde Boswil; Bundesamt für Kultur; Josef Müller-Stiftung Muri; Koch-Berner-Stiftung; Theodor und ­B ernhard Dreifuss-Stiftung; Josef + Margrit Killer-Schmidli-Stiftung; Ernst von S­ iemens-Stiftung; Migros Kultur­prozent; Schüller-Stiftung; Schweizerische Gesellschaft der Freunde Finnlands; Neue Aargauer Bank AG (Hauptsponsor JSAG); Feldmann Immobilien Muri (Hauptsponsor JOF); Cellpack AG; Robert Huber AG; ­Kasimir Meyer AG; Hypothekarbank Lenzburg; Allianz Versicherung; Chapiteau; Hunn Gartenmöbel; ­ Gasthaus Sternen Boswil; Lions Club Baden-Wettingen; Physiotherapie Nordstern, Muri Hauptsponsor JSAG

Hauptsponsor JOF


Diskographie von Radu Lupu Seit 1970 hat Lupu bei Decca sein bevorzugtes Kernrepertoire – nebst den in Boswil gespielten ­Mozart, Beethoven, Schubert und Brahms auch Schumann – in mustergültigen Interpretationen eingespielt. Trotz erdrückender Konkurrenz auf diesem Gebiet bleiben sie die Referenz, unterstützt durch herausragende Klangqualität. Zwei diskographische Höhepunkte ­i llustrieren seine poetische Gestaltung ohne jegliche Übertreibung, Forcierung oder Hetze: die Schubert Impromptus (Decca 4609752, 1982) und die Brahms Klavierstücke (Decca 4175992, 1991); mit seinen dynamischen Schattierungen und zartem Anschlag kommt die Melancholie dieser kleinen Juwelen voll zur Geltung. Es wäre aber töricht angesichts seines reichhaltigen Angebots an Sonaten und Konzerten sich nur ­d arauf zu beschränken: zum Glück erscheinen gerade rechtzeitig zu seinem Boswiler Konzert seine gesammelten Aufnahmen (auch mit kongenialen Partnern wie Murray Perahia und Kyung-Wha Chung) in einer Box mit 28 CDs zum Sonderpreis von nur Fr. 80.–.

Impressum Nr. 159 November 2015 – Januar 2016 Redaktion: Michael Schneider, Bianca Theus Gestaltung: Heusser Comunicates AG, Zürich Druck: Kasimir Meyer AG, Wohlen Auflage: 5800 erscheint 5 x jährlich Erscheinungsdatum des nächsten «Boswil ­A ktuell»: Ende Januar 2016

Vorverkauf +41 ( 0  ) 56 666 12 85 office@kuenstlerhausboswil.ch www.kuenstlerhausboswil.ch www.kulturticket.ch

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7.11. Samstag 9.00 – 21.30 Uhr Boswiler Akademie Flautando – Flöte heute 14.11. Samstag 17.00 UhrZu Gast am Künstlerhaus Emotionen! Opernarien und Lieder

Herr Peter Mustermann Beispielstrasse 8000 Musterstetten

5.11. Donnerstag 20.00 Uhr Boswiler Meisterkonzert Radu Lupu

P.P. CH-5623 Boswil

Programm 11.2015 –1.2016

15.11. Sonntag, 11.00 Uhr Familienkonzert Die Zauberflöte 15.11. Sonntag, 17.00 Uhr Boswiler Meisterkonzert Sharon Kam & Chaarts 21.11. Samstag 10.00–18.00 Uhr Symposium János Tamás zum 20. Todestag 29.11. Sonntag, 17.00 Uhr, Alte Kirche, Boswil 28.11. Samstag, 17 Uhr, Sebastianskapelle, Baden 27.11. Freitag, 19.30 Uhr Gasthaus Einhorn, Sins Jugendorchester Freiamt Spiel Zimmer Musik 6.12. Sonntag, 17.00 Uhr Weihnachtskonzert «St. Nikolaus Kantate» Paul Phoenix & Ars Vocalis 12.12. Samstag 19.30 Uhr Zu Gast am Künstlerhaus An die Hoffnung 13.12. Sonntag, 17.00 Uhr Zu Gast am Künstlerhaus Give a hand, take a hand: Gospelkonzert 19.12. Samstag, 19.30 Uhr Zu Gast am Künstlerhaus Swiss Tenors Christmas 2016 3.1. 7.1. 8.1. 10.1.

Sonntag, 11.00 Uhr, Alte Kirche, Boswil Donnerstag, 20.00 Uhr, Kirche St. Peter, Zürich Freitag, 20.00 Uhr, Stadtkirche Zofingen Sonntag, 11.00 Uhr, Kultur- und Kongresszentrum Aarau Jugend-Sinfonieorchester Aargau Bachianas

17.1. Sonntag, 17.00 Uhr Zu Gast am Künstlerhaus Von Raff bis Reger

Künstlerhaus Boswil Flurstrasse 21 CH–5623 Boswil +41 (0)56 666 12 85 office@kuenstlerhausboswil.ch www.kuenstlerhausboswil.ch


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