Kult Mai 2014

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kult Die besten Blogs aus kult.ch. Mai 2014.

kult ist die erste Blog-to-Print-Zeitung der Schweiz: Unzensierte Kommentare zum täglichen Leben und dem, was sich in den Medien so abspielt.

DEMOKRATIE WIRD ÜBERBEWERTET 30. April 2014 Rainer Kuhn Selten wurde ein Begriff so strapaziert, verdreht und plattgeschlagen wie “Die Demokratie”. Als sei sie das höchste Gut einer Gesellschaft. Gleichwohl beschworen und missbraucht muss sie sich von jeder lauwarmen Zunge lutschen lassen und am Ende auch noch klar und allgemeingültig dastehen. Das “wählen gehen” wird zur höchsten moralischen Pflicht in einem Land, wo man das darf und kann. Jeder soll verpflichtet werden zu wählen, am besten schon dann, wenn einer in die Pubertät kommt. Dann, wenn ihm sowieso schon der Kopf explodiert wegen all dem, was sich in seinem Körper grad alles so tut. Nach gut 2 Monaten politischer Abstinenz und mehr oder weniger konstanter Verweigerung des Konsums von Massenmedien finde ich: Alles Blödsinn. Demokratie wird überschätzt. Politik wird überschätzt. Das einzige, was zählt, ist die Freiheit. Die Qualität einer politischen Gemeinschaft misst sich direkt an der Anzahl ihrer Gesetze. Je mehr Gesetze, desto mehr Gesetzesübertreter, desto mehr Gesetze undsoweiterundsofort. Und jedes Gesetz schränkt die Mitglieder dieser Gemeinschaft im Ausleben seiner Individualität ein. Das mag für ein paar Sachen sinnvoll sein. Im wesentlichen sind diese paar Sachen jedoch mit 5 der 7 Todsünden abgehandelt. Vielleicht gibts noch ein paar mehr. Auch wenns 100 wären:

Geistige Tätigkeiten Oder eine Finanzdiktatur. Oder sonst eine Diktatur, wo ein paar wenige sagen können, was alle zu tun haben. Aber darum gehts ja grad. Die Demokratie in ihrer Regulierungsgier entwickelt sich langsam zu einem Gebilde, welches sich für das Individuum zunehmends beklemmend anfühlt. Dabei geht es der Demokratie gut, je mehr sie streitet und regelt. Dem einzelnen geht es dabei immer weniger gut. Und er hat es hinzunehmen. Im Dienste der Demokratie und der Gemeinschaft.

Wieviele Gesetze haben wir zurzeit so? Eben. Und jedes Jahr kommen weitere hunderte dazu, über ein paar darf man abstimmen, über die allermeisten nicht. Sie werden beschlossen. Von irgendwem. Auf Druck von irgendwem. Oder irgendwas. Wir werden gebüsst, wenn wir beim Autofahren am Tag während dem Fahren das Licht nicht angeschaltet haben. Ein lieber Freund sagte mir einmal, dass ein System nur dann funktionieren würde, wenn es dabei der Gemeinschaft und gleichzeitig jedem einzelnen gut gehe. Ein Maximum an Freiheit bei gleichzeitigem Minimum an Regeln.

Mag sein, dass die Demokratie dieses Ziel verfolgt. Aber sie läuft zurzeit in die entgegengesetzte Richtung. Immer mehr Regeln, immer weniger Freiheit. Es ist die Freiheit, die zählt, nicht die Demokratie. Die Jungen müssen nicht zur Demokratie ermuntert werden. Sie müssen ermuntert werden, sich für ihre Freiheit einzusetzen. Klar, es gibt Leute, die sagen, dass die Freiheit nur in einer Demokratie gelebt werden kann, und dass die Teilnahme an dieser Demokratie drum wichtig sei. Ich meine: Die Demokratie ist eine politische Sache. Aber eine zweitrangige. Klar will keiner eine Militärdiktatur.

Wir sollten uns vermehrt um unsere Freiheiten kümmern. Und um die Freiheiten unseres Gegenübers. Und nicht um Regelungen und Einschränkungen. Wir müssen unsere Jungen lehren, wie sich Freiheit anfühlt. Und nicht in ein politisches Konzept drängen, welches nur vorgibt, für die Freiheit zu sorgen, sich aber am Ende nur um sich selbst sorgt. Wir sollten sie lehren, zu leben, sich um ihre eigenen Dinge zu kümmern, um ihre Träume und Wünsche. Und gegebenenfalls dem anderen zu helfen, der es vielleicht nicht grad schafft, damit der wieder auf die Beine kommt. Aber sicher nicht andauernd zu jedem Scheiss eine Meinung haben zu müssen und diese auch kund zu tun. Die Freiheit ist das höchste Gut. Dann kommt die Demokratie. Und nicht umgekehrt. Ein Frage der Gewichtung.

REKLAME, DIE WIR GERNE PARTYLÖWEN DER WOCHE ÖFTER SÄHEN, HEUTE: 9. Mai 2014 Alex Flach BOB HAHN. Zugegeben… wir waren nicht immer

1. April 2014 Reinhold Weber. Eine etwas ältere Anzeige, eine etwas ältere Miss auf der Kühlerhaube. Na ja, die Porsches, die Bob Hahn restauriert, werden ja auch nicht jünger. Klasse Klassiker.

nett zu den Nightstars-Veranstaltern und auch zu ihren Gästen waren wir bisweilen ziemlich harsch. Manchmal waren wir geradezu etwas… naja… Sie wissen schon. Wir mussten jetzt aber erkennen, dass wir Nightstars Unrecht haben angedeihen lassen, dass wir das Label und seine Macher unterschätzt und auch verkannt haben, welch enormen Effort diese Nightlife-Bereicherer an den Tag legen, ganz zu schweigen von ihrer überragenden Innovationskraft. Schauen Sie sich dieses Foto an und fragen Sie sich, WIE oft sie schon auf einer Tanzfläche standen und sich über Ihre schlecht sitzende Frisur geärgert haben. Überlegen Sie mal kurz, wie sehr Sie sich in solchen Momenten einen Hairstylisten gewünscht haben und wie traurig Sie jeweils waren, wenn dann doch keiner in der Nähe war. Tausende und abertausende Male und nie ist ein Club oder ein Veranstalter auf die Idee gekommen, diese traurige Eventlücke zu schliessen. Sie haben sich in die Hand gespuckt und den Wirrwarr auf Ihrem Schädel

Wieder ein Monat vorbei. Einer mehr ohne sich den Medien ausgesetzt zu haben. Meistens jedenfalls. Klar, dann und wann liess es sich nicht verhindern, dass meine Augen eine Newseite gestreift haben, aber es ging erstaunlich emotionslos. Krim blablabla, Brabeck blablabla, Blocher blablabla., DAX blablabla, Wetter bewölkt, manchmal Regen, manchmal Sonne, manchmal kälter, manchmal wärmer. DSDS? VOS? SOS! Sie können ausschalten, abschalten, frei walten, Sie werden sowieso nur angelogen sie werden von den anderen angelogen, sie werden von den unseren angelogen. Eine Geschichte verliert meistens irgendwo auf dem Weg zur Publikation wesentliche Teile seiner Wahrheit. Geht’s um Politik, dann erst recht. Wozu sich also anlügen lassen? Und zum Glauben an die Wahrheit der Berichterstattungen angehalten werden? Wozu Teil eines Spiels seins, wenn einem das Spiel nicht gefällt? Sie müssen sich das nicht ansehen, Sie müssen all das nicht lesen, wenn Ihnen das Spiel nicht gefällt, dann hören Sie auf, sich dafür zu interessieren. Sie denken, sie müssten, weil doch die Politik und die Wirtschaft unser Leben beeinflussen, tun sie auch, wie das Wetter, manchmal Regen, manchmal Sonne, manchmal kälter, manchmal wärmer. Weitaus wichtiger als die äusseren Einflüsse, sind die inneren Einflüsse. Schenken Sie Ihren eigenen Ideen die Aufmerksamkeit, die Sie sonst mit dem empfangen von „Informationen“ durch die Medien und der Auseinandersetzung damit verwendet haben. Sie verlieren dabei nichts. kein Geld, keine Zeit, nichts. Sie ersetzen bloss die eine geistige Tätigkeit durch eine andere. In einer Zeit, in der Sie eh nicht arbeiten oder sonst was machen, wie Kinder von der Schule abholen oder so, da lesen Sie ja auch nichts, schauen auch nicht fern, nein, die Zeit, in der Sie sich um ihre eigenen Ideen und Träume kümmern, ist die, in der Sie sonst auf einen Bildschirm gestarrt hätten. Nicht wirklich ein Verlust. So von aussen gesehen. Von innen gesehen schon gar nicht. Versuchen Sie es mal, nur mal so als Experiment, es lohnt sich. Herzlich, Rainer Kuhn

seit 1997 Erscheinungsweise: Monatlich (12 x pro Jahr) Auflage: 20‘000 Exemplare Verbreitungsgebiet: Stadt Zürich Herausgeber: Kult GmbH, 8006 Zürich

behelfsmässig und mehr schlecht als recht repariert. Selbstverständlich hat das dann nicht allzu viel gebracht und man hat Sie hinter Ihrem Rücken mit Spott und Schmähungen eingedeckt und Ihre besten Freunde wollten danach monatelang nichts mehr mit Ihnen zu tun haben. Selbst Ihre Mutter hat sich Ihrer geschämt. Tja; wären Sie damals gescheiter an eine Nightstars-Party gegangen.

Chefredaktion: Rainer Kuhn Autoren: Rainer Kuhn, Reinhold Weber, Midi Gottet, Alex Flach, Henrik Petro, Angela Kuhn, Dominik Patrick Hug, Vanessa Kunz, Christian Platz, Kaspar Isler, Yonni Meyer, Zukkihund, Jelena Perovanovic, Jan Stähli Gestaltung: Fredy Heritsch Kontakt: rainer.kuhn@kult.ch http://www.facebook.com/kult.ch Kultzeitung, kult.ch, kultradio.ch sind Unternehmungen der kult gmbh. www.kult.ch/gmbh

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Mai 2014

MUSS MAN HABEN: MARIO GÖTZES SCHWEDISCHE PENISPUMPE

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DAS LANDKIND IN MIR 22. April 2014 Yonni Meyer. Ich komme ja vom Land. Also wirklich. Nicht Altstetten oder Tiefenbrunnen. Nein, wirklich vom Land. So mit Kühen und Soili und Traktoren. Ich finde das super und es ist ein Bestandteil meines Lebens, den ich niemals würde missen wollen. Trotzdem lebe ich seit 12 Jahren in Städten – erst in Fribourg und nun in Zürich. Fribourg ist eine kleine, aber wunderschöne Stadt mitten auf dem Röstigraben. Es hat eine der ältesten Altstädte Europas und die Gässchen und Häuser triefen nur so vor Geschichte und Vergangenheit. Ich habe unheimlich gerne in Fribourg gelebt – es ist eine Studentenstadt, sehr alternativ, mit einem riesigen kulturellen Angebot. Ja, und 2011 zog ich dann nach Zürich. Und auch diese Stadt liebe ich. Diese Kleinstadt im Grossstadtkleid. Ich liebe es, dass ich zu jeder Tages- und Nachtzeit etwas erleben kann. Ich liebe den See. Und ich liebe auch hier die Kultur- und die Kunstszene.

In seltenen Momenten kommt aber wieder das Landmeitli in mir zum Vorschein. Dann nämlich, wenn ich von der Stadt und ihrem Groove vor den Kopf gestossen werde. Wenn man sich nicht die Tür aufhält, wenn man sich auf dem Korridor nicht Grüezi sagt und wenn irgendwelche jungen Menschen mir erzählen wollen, dass

„Koks chli isch wie Alk, weisch?“ Wenn Leute ausgehen, um sich abzuschiessen und nicht primär, um coole Dinge zu erleben. Wenn es cool ist, wenn man nicht mehr weiss, wie die Person hiess, mit der man geschlafen hat. Wenn man mit Leuten am Sonntag nicht um 11 Uhr abmachen kann, weil alle bis um 15 Uhr ihren Kater auskurieren müssen. Wenn man für kaputte Kleider mehr bezahlt als für ganze. Wenn man mit Freunden in Bars geht, in denen es so laut und überfüllt ist, dass einem nichts anderes übrig bleibt, als an der Bar zu stehen und einen überteuerten Drink am anderen zu kippen. Vielleicht bin ich alt. Vielleicht bin ich uncool. Besser als irgendwer bin ich garantiert nicht und jeder darf so leben wie er/sie will. Aber manchmal steht das Landmeitli dann auf der Langstrasse, schaut sich um und sagt: „What the fuck, dudes?“ Aber das ist eher selten.

ALSO, WENNS DENN UMSVERRECKEN SEIN MUSS: DER HAFENKRAN.

Midi Gottet 22. April 2014 Midi Gottet Aus offensichtlichen Gründen.

MUSS MAN HABEN: GUTE FREUNDE, DIE ALLE ROMANTISCHEN MOMENTE DEINES FERIENFLIRTS FÜR DIE EWIGKEIT FESTHALTEN

19. April 2014 Rainer Kuhn. Der Hafenkran. Unglaublich, dass man sich immer noch über sowas aufregen kann. Da hatte halt irgendwann irgendeiner die idee, dass es doch cool wäre, einen Hafenkran in Zürich aufzustellen, nicht ein neuer, nein, so ein alter verrotteter Kran aus Rostock, das wäre doch der Hammer, Hafenkran aus Rostock, direkt vors Grossmünster – Päng – das würde doch knallen, das wär sogar Kunst, und nach eine halben Jahr würde man den sowieso wieder abbauen und … äh … ja … was eigentlich? Versenken? Abmontieren und zurück nach Rostock? Einschmelzen? … egal. Wegmachen reicht vorerst. Man würde dann sagen können, Zürich sei weltoffen und so, nicht so zwinglianisch Fübü. Und dann ging dieser Gag von Amt zu Amt und am Schluss meinte die Regierung: Was kostet das? Eine Viertelmillion? Logo, machen wir, streichen wir einfach ein paar kleinere kulturelle Zuwendungen. Aber dann kamen ein paar andere und fanden das doof, dass man eine Viertelmillion ausgeben wolle für so einen Scheiss, da gäbe es wichtigere Sachen, für die man das Geld ausgeben sollte, und überhaupt, so ein Kran auf der Flaniermeile würde extrem uncool aussehen.Und sie sammelten Unterschriften ein von Leuten, die auch keinen Hafenkran wollten, und sie sammelten so viele, dass die Stadtregierung eine Abstimmung beim Volk in dieser Angelegenheit machen musste. Das

haben sie dann auch gemacht, und das Volk sagte “Ja”. Sauberer demokratischer Entscheid. Hat man gerne umgesetzt. Und jetzt steht er da. Am Limmatquai. Und in den Medien. Auch bei uns. Und in einem halben Jahr wird er wieder abgebaut, und dann ist er wieder weg. Jetzt steht da also einfach mal Sommer einen Sommer lang ein Hafenkran hier in der Stadt. Schon noch schräg. Jetzt kann man das Teil mit gutem Gewissen einen Schrott finden und absolut legitim jene auslachen können, die das als “Kunst” definieren. Man kann sich auch berechtigterweise fragen, warum überall im kulturellen Bereich gespart werden muss und dann sowas. Kann man alles. Und jetzt? Es wurde abgestimmt, es gab eine Mehrheit, die das wollte, und drum ists jetzt so. Was solls. So läufts halt. Einmal scheissts die einen an, ein

andermal die anderen. Die, die sich jetzt über diesen Kran aufregen und dagegen gewesen sind, die haben halt jetzt Pech gehabt. Vielleicht haben sie ein andermal Glück, und die Sache, die sie dann vertreten, findet eine Mehrheit. Also sollten sie endlich aufhören zu heulen. Und als einer, der das ganze Projekt damals auch ein bisschen seltsam fand, finde ich heute: Sieht doch noch witzig aus. Ist doch ok. Vielleicht verden die Leute ihn vermissen, wenn er dann wieder weg ist. Lassen wirs doch einfach so wie es ist und haben einen Sommer lang Spass daran, dass dieser ganze Shit durchgezogen wurde. Ist ja nicht für ewig. Nehmen wir ihn rein. Aber eins wollen wir klarstellen: Kunst ist das sicher nicht. Drum sollten sich jetzt gerne auch mal die Intellektuellen ein bisschen entspannen.

REKLAME, DIE WIR GERNE ÖFTER SÄHEN, HEUTE: PLAYBOY DO BRASIL.

Midi Gottet 23. April 2014 Midi Gottet Liebe Mobiliar…

15. April 2014 Reinhold Weber. Aber selbstverständlich kauften auch wir den Playboy die letzten 30 Jahre nur wegen der geilen Texte und spannenden Reportagen.


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DIE EXISTENZ, KAUM AUSZUHALTEN 15. April 2014 Christian Platz. Die Existenz. Diese Leichtigkeit, diese Schwere, diese Fülle, diese Leere. Kaum auszuhalten. Als ich jene Dame damals ganz unerwartet finden durfte, da war es, als hätte sich eine Tür geöffnet. In eine phantastische neue Dimension. Wie ich sie dann wieder verloren habe, wurde diese Türe zugeschmettert. Mit einem mächtigen Knall. Und nichts ist übrig geblieben. Ausser der Gewissheit, dass es solche Türen gibt. Und geborstene Trommelfelle. Schon ist der Teufel auf den Plan getreten. Mit einem störrischen Geschöpf an der Hand, das einen borstigen roten Pelz am Leibe trug, sich nur widerwillig in die Realität dieser unserer Welt ziehen liess und immerzu vor sich hinmurmelte, während dickflüssige schäumende Speichelbäche von seinen Mundwinkeln flossen. Der Teufel wollte mir dieses Ding als Mündel andrehen. Er versprach mir im Gegenzug einen Platz im VIP-Bereich des siebten Höllenzirkels. Doch ich hatte nicht die geringste Lust auf den Deal. Ich wollte nicht noch auf etwas Zusätzliches aufpassen. Man muss ja schon auf genügend schwierige Dinge aufpassen, wenn man zu den Lebenden gehört. Zudem muss man auch noch immer alles gut beobachten, die Details im Auge behalten… Jedenfalls sagte ich ihm, dass er sich ins Knie ficken und abzischen solle. Zunächst hat er sich gesträubt. Aber ein kleines bannendes Pentagramm-Ritual reichte in diesem Fall aus, um den Gehörnten abzuwimmeln. Der Erzengel Michael ist aufgrund meiner Beschwö-

rung mit seinem Flammenschwert herbei geeilt, direkt aus dem Irgendwoher, und hat Tabula rasa gemacht. Ruckzuck. Immerhin, das stete Üben jener altehrwürdigen Rituale der Hohen Magie bringt einen vorwärts. So nimmt selbst dieses kleine, grundlegende BannungsPentagrämmchen mit den Jahrzehnten eine Wucht an, die sogar einen Höllenfürsten zu beeindrucken vermag. Für einen kleinen Moment wenigstens – und du musst nicht einmal tiefer in die Trickkiste greifen. Also habe ich meine kleine Nussschale wieder aufs pechschwarze Wasser dieses endlosen Meeres gesetzt, das ich halt schon lange befahre, nachdem ich vorher für eine halbe Ewigkeit durch seine Fluten schwimmen musste. Doch nun habe ich zwei starke Ruder zur Hand. Schon bin ich weit draussen. Sehe keinerlei Uferzonen oder Landzungen mehr. So muss es sein. Ich halte also inne, rauche eine Zigarette, zwei, drei Zigaretten, packe dann meine Stahlflöte aus – und entlocke ihr einen schrillen, kreischenden Tonreigen, ausschliesslich phrygisch, den man wohl bis zu den 62 Monden des Saturn hinauf hören kann. Und glauben sie mir, es gibt auf diesen Monden wohl Ohren, die hören können. Denn alles im Universum lebt, auf eine seltsame Weise, hört sieht, schmeckt, fühlt auf eine noch seltsamere Art. Und spricht eine Sprache, die manchmal verständlich ist, manchmal aber auch nicht… Meine Flötenklänge haben immerhin einen mächtigen Vogel angelockt.

DAS MUSS MAN NICHT HABEN: EINEN CHEEK2-CHEEK-SELFIE MIT ANGIE AUF DEM SIE JEDOCH INS ANDERE SMARTPHONE SCHIELT

7. April 2014 Midi Gottet Die Merkel muss schon ins richtige Handy schauen, sonst ist das Bild ja kein SELFIE mit ANGIE sondern ein STRANGIE. Okay, der war jetzt nicht so Hammer aber schreiben sie doch 6 mal die Woche was Lustiges hier. Wär auch lieber mit meinem Genital in der Hand hinter irgendeinem Schreibtisch am sachbearbeiten in einer blöden Versicherung, die

dann mein Taggeld nicht bezahlt weil ich meine Rechnungen nicht mehr bezahlen kann, weil ich hier halt nur 6 mal die Woche was Lustiges schreibe als Job. Ha….! Jetzt gehts mir bedeutend besser. Danke. PS: Wenn sie genügend Zeit haben um diesen Mist hier auch noch zu lesen, dann sind sie bestimmt Sachbearbeiter bei einer blöden Versicherung. PS2: Übrigens, ihr Chef steht hinter ihnen. PS3: Haha, verarscht. PS4: Okay, jetzt steht er wirklich hinter ihnen. PS5: Ich kanns nicht glauben, dass sie wieder darauf reingefallen sind. PS6: Was? Immer noch hier? PS7: PS8: Wenn sie PS7 nicht lesen konnten, brauchen sie eine Brille. PS9: Ach, leckt mich doch alle an meinem rasierten Hintern. PS10: Ach ja, und wenn sie schon mal da unten sind….

Mit meiner Steinschleuder schiesse ich ihn flugs vom Himmel, schneide ihm sodann den voluminösen Bauch auf und verzehre seine Eingeweide. Roh. Gegen Parasitenerkrankungen bin ich ja schon lange immun. Den Rest des Kadavers werfe ich ins schwarze Wasser. Futter für die Seeungeheuer. Jetzt habe ich also geraucht, gegessen, danach noch Whisky aus dem Flachmann gesaugt. Glennfarclas 105. Sie wissen schon, Fassstärke. 60 Prozent Alkohol. Feine Sache. Als nächstes will ich eine Lady besuchen. Am liebsten von innen. Wegen der Nächstenliebe. Wohin soll ich mich nun wenden? Welche Insel ist heute dran? Mit Medusa hatte ich neulich Streit, aufgrund einiger Details in Sachen Lubrikation. Astarte und Medea sind momentan auch nicht gerade gut auf mich zu sprechen, weil sie finden, dass ich einfach allzu viele Unglücksgeschichten mit mir rumschleppe. Ich würde sie nur runterziehen, haben die Damen gemeint, beide ganz unabhängig voneinander. Kali hat gerade ihre Tage. Und ertränkt deshalb fröhlich zahllose bewohnte Welten in Fluten von schwarzem Blut. Da will Mann lieber nicht stören. Ich werde also Bhairavi ansteuern, die es mag, wenn du sie mit ihrem zweiten Namen ansprichst: Tripurabhairav. Dies tue ich auch geflissentlich, wenn ich mich an ihrem Flammenleibe wärme, der eines Tages die ganze herrliche Schöpfung versengen wird.

Sie haben es schon gemerkt, ich bin ein Tantrika, einer zur linken Hand. Eigentlich wollte ich das nie werden. Aber Sie wissen ja, wie es ist. Wenn man jenen tiefen Abgrund mal überwunden hat, der da zwischen Teth und Daleth gähnt, trifft ES die Wahl. Linke Hand, rechte Hand, ab durch die Mitte, über die Brücke, da hat man selber nix zu melden. Du wirst aus diesem kosmischen Würfelbecher geschleudert, fällst sodann einfach auf das Spielfeld, das ES für dich ausgewählt hat. Das Sein ist fatal. Aber das kennen Sie sicher alles bereits. Doch ich will Sie nun nicht länger um ihre wertvolle Zeit betrügen. Ich muss schliesslich rudern, rudern, rudern, denn am Horizont kann ich schon jene Feuersäule erkennen, die mir anzeigt, dass ich mich der Dame meiner Wahl stetig nähere. Ich eile nun also zu ihr

hin. Und Sie machen am besten einfach das, was Sie gerade wollen, dürfen, müssen – oder Sie eilen halt schnurstracks in die Sonntagsschule. Wenn ich nicht verbrenne, melde ich mich dann wieder einmal, möglicherweise aus jenem Irrenhaus, das am Ende aller Wege auf Wanderer wartet, jenseits der Zeitläufe. Ha: Saim Ha: Sa: Kreem Ha: Saim. Yes. Die Existenz. Diese Leichtigkeit, diese Schwere, diese Fülle, diese Leere. Kaum auszuhalten. Vielleicht treffen wir uns ja eines Tages im Ain Soph Aur. Wenn Sie allerdings dort hin kommen wollen, müssen Sie zuerst alle Vernunft zum Fenster raus schmeissen. Mit Anlauf. Gedankenlos. So wie ich es einst getan habe, ich weiss schon lange nicht mehr, wann das gewesen sein mag…

HAPPINESS LOVES COMPANY

26. April 2014 Angela Kuhn Happiness loves company. Das sage ich mir immer wieder, und es ist wahr. Der Mensch ist ein gemeinschaftsliebendes Lebewesen. Nach Glück strebend, und Glück kommt von Liebe, und Liebe von Zweisamkeit. Einsamkeit ist anscheinend negativ. Ist ja wirklich nicht schön, wenn man einsam ist. Aber allein sein, dass hat was, wenn man erst einmal weiss, wies geht. Finde ich. Genau so wie mit gutem Sex: wenn man weiss, wies geht, kann man nicht mehr ohne. Ich bin gern allein, ich sehne mich sogar danach, wenn ich es lange nicht war. Und trotzdem, wenn ich zu lange das Alleinsein geniesse, vereinsame ich

plötzlich, manchmal lauf ich dann zum Bellevue runter, der Limmat entlang bis zum Central, durch die Bahnhofstrasse, an all den Zürchern vorbei, als Züricherin, einfach um zu merken, dass ich noch da bin, um zu sehen, was ich verpasse, achtzugeben, nicht zu viel zu verpassen, zu schauen, ob alles seinen gewohnten Gang geht, und meist tut es das auch. Ich bin dann jeweils immernoch allein unterwegs, aber als Teil der Gesellschaft. Wir sind ja alle am glücklichsten, wenn wir Teil der Gesellschaft sind. So ticken wir halt. Ob ich, die Zürcherin, ich, der FCZ fan, ich, der Medizinstudierende, ich, von der Juso, ich im Altersheim am Klusplatz. Wir, als Teil von etwas Grösse-

rem. So sind wir glücklich, bis es dann doch ein wenig anstrengend wird, dieses Nachglückstreben und Teilvonwassein, und wir uns nach dem Alleinsein sehnen, nach der kleinen Wohnung, wo niemand einen und die komischen Gewohnheiten sehen kann, von denen man glaubt niemand hätte sie, ausser man selbst, und die doch jeder hat, daheim in jeweiligen Wohnungen. Happiness loves company, mega fest. Aber auch die kleinen Pausen dazwischen, allein, denn Sex wäre auch nicht so geil, wenn – na gut, der Vergleich happert. Sex ist immer geil. Weil hapiness loves company. Eben.


WELCHES U D T S E D N I F I L K C Ä P

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UMFRAGEN

15. April 2014 Rainer Kuhn „Haben Sie heute Gemüse gegessen?“ „Nein.“ „Haben Sie vor, morgen Gemüsse zu essen?“ „Keine Ahnung.“ „Keine Ahnung geht nicht. Sie müssen JA oder NEIN sagen.“ „Wieso?“ „Weil das eine Umfrage ist. Mit einer geschlossenen Frage. Gemüse JA oder NEIN.“ „Aha, ok.“ „Und?“ „Was und?“ „Haben Sie vor, morgen Gemüse zu essen?“ „Wieso sollte ich?“ „Weiss nicht, vielleicht, weil es gesund ist?“ „In dem Fall: JA.“ „Was JA?“ „In dem Fall habe ich morgen vor, Gemüse zu essen. Weil es gesund ist.“ „Das mit dem „gesund“ ist irrelevant, einfach JA, oder?“ „Nein, nicht einfach JA. Nur JA, wenn Gemüse essen gesund ist. Sie haben mir gesagt, Gemüse essen sei gesund.“ „Ja.“ „Eben.“ „Also. Sie essen morgen Gemüse, also ein Kreuz bei JA.“ „Das habe ich nicht gesagt.“ „Sie haben doch eben JA gesagt!“ „Ja. Dass ich VORHABE, morgen Gemüse zu essen. Das heisst nicht, dass ich es dann auch MACHE.“ „Das ist egal.“ „Bitte?“ „Es ist egal, ob Sie es tatsächlich machen. Mein Formular will nur wissen, ob sie es vorhaben.“

„Wer will das eigentlich wissen“ „Eben, mein Formular.“ „Und von wem haben Sie das Formular?“ „Vom Chef.“ „Und von wem hats ihr Chef?“ „Weiss nicht, glaub von der SRG.“ „Und wieso will die SRG das wissen?“ „Das steht hier nicht auf dem Formular. Wahrscheinlich gibt’s bald eine Abstimmung über Gemüse, da wollen die immer wissen, was die Leute so denken.“ „Worüber?“ „Übers Gemüse essen.“ „Aber das haben Sie doch gar nicht gefragt.“ „Klar habe ich das gefragt.“ „Nein, Sie haben gefragt, ob ich heute Gemüse gegessen habe und ob ich vorhabe, morgen Gemüse zu essen.“ „Eben.“ „Aber nicht, was ich über das Gemüse essen denke.“ „Was denken Sie denn übers Gemüse essen?“ „JA oder NEIN?“ „Nein, nicht …“ „Also, NEIN?“ „Was NEIN?“ „ Ich weiss nicht. Eigentlich denke ich VIELLEICHT, MAL SEHEN, KANN ICH DOCH JETZT NICHT SAGEN“ „Das ist aber kein NEIN.“ „Nein.“ „Doch ein JA?“ „Nein, ein ICH WEISS NICHT.“ „Jetzt habe ich das Kreuz schon bei JA gemacht.“ „Ja dann halt“. Es wurden rund hundert Interviews gemacht. Am anderen Tag wurde kein einziges Gemüse mehr verkauft. Man vermutet, dass zuwenig Junge an der Umfrage teilgenommen haben.

DAS MUSS MAN HABEN: EINEN KRÄFTIG GEBAUTEN CHEERLEADER.

14. April 2014 Reinhold Weber. Was für ein Bild von einem Mann! Was für ein Vorbild von einem Foto!! Meint jedenfalls die Leiter unseres Gender-Ressorts.

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POLITICAL CRAZINESS 28. April 2014 Yonni Meyer Im Moment tobt ja mal wieder die Namensgebungs-Gender-EqualitySchiessmichtot-Debatte. Wo mehr Professorinnen als Professoren sind (z.B. an der Uni Leipzig), heissen die Herren nun Herr Professorin. Schön. Schön dämlich (und auch hier, oh Schreck, «däm»-lich, im Gegensatz zu «herr»-lich, ohweh ohweh, Skandal). Schnell löschen, sonst komme ich ins Gendergefängnis oder werde von Alice Schwarzer verprügelt. Um die Idiotie dann auch noch auf die Spitze zu treiben, erfand irgendein Vollpfosten oder eine Vollpfösterin das neutrale x, das man hinter jeden Begriff hängen soll, um diesen geschlechtsneutral zu machen. Professorx. Klingt wie ein Bösewicht aus X-Men. Äxgüsi, X-Menand/orWomen. X-Menand/orWomenx. Ich bin der Meinung, dass man mit solchen birenweichen Diskussionen der Genderdiskussion ihre ganze Kraft nimmt. Gleichberechtigung IST wichtig, keine Frage, aber was kümmert es mich, wenn mein Mitarbeiter Herr Psycholo-

ginx heisst, jedoch 30% mehr verdient als ich, weil er einen Penis hat? Mit sowas disqualifizieren wir Frauen unsere – durchaus realen – Anliegen doch irgendwie selber, nicht? Also, liebe Genderequalityaktivistinn erinnenx,bevor wir uns am Tisch nach

der Salzstreuerinx oder der Löffelinx erkundigen müssen, erkundigen wir uns lieber danach, was wir wirklich für unsere Gleichstellung tun können. Und das hat mit dem Herrn Lehrerin und Doktorx nun wirklich nicht so viel zu tun. Aber was weiss ich schon.

IM ZWEIFEL FÜR DIE SCHWEIZ 24. April 2014 Rainer Kuhn. Da hatten unsere Freunde von Zweifel eine lustige Idee: Sie haben ihr Publikum befragt, welche Länder es denn gerne als Weltmeister sehen würde. Brasilien, Deutschland und die Schweiz ist dabei herausgekommen. Brasilien, weil die wohl immer noch den höchsten Sympathiewert weltweit geniessen, Deutschland, weil die Umfrage in Zürich stattgefunden hat und die Schweiz weil sowieso. Dann ging Zweifel hin und fragte, welche Speisen denn mit diesem Land verbunden sind. Brasilien steht für Feijoada, Deutschland für Currywurst und die Schweiz für Älpermagronen. Irgendwas mit Käse also. Einer bei Zweifel spielt gut Fussball und der machte dann noch entsprechende Rückennummern aufs Pack. Die 10 für Brasilien, wegen Pelé glaubs, die 8 für Deutschland, wegen starkem Mittelfeld und die 4 für die Schweiz, weil die Verteidigung besser ist als der Sturm.

Und wenn Sie auch mal so einen Sack Chips zuhause machen wollen, so wird’s gemacht: 1. Tonnenweise Kartoffeln einkaufen und lagern. Aber nicht irgendeine Kartoffel. Sondern die, die dafür geeignet sind. 2. die Kartoffeln zum waschen in eine Tonne geben. Tonne muss sich drehen und Wasser muss genug rein. 3. Die Kartoffeln zum Schälen durch ein Rohr in eine andere Tonne befördern, die am Rand mit so einer Art Schmiergelpapier (vgl. Hobby-Center) ausgestattet ist und so die durch die Zentrifugalkraft an die Wand gedrückte Kartoffeln automatisch schält. Das ist einfacher als jede Kartoffel von Hand zu schälen. 4. Gewaschene und geschälte Kartoffeln über ein Föderband weiterreichen, wo sie dann mit einer anderen Maschine in feine Scheibchen geschnitten werden. Ebenfalls automatisch.

5. Die Scheibchen in einem Wasserkanal zur Friteuse weiterbefördern. Praktisch. 6. Die frittierten Scheibchen durchs ganze Haus rübertransportieren, dort, wo der Zilinder steht, in dem das Gewürz auf die Cheps gegeben wird. Warten und durchschütteln lassen. Genug Zeit einplanen, es ist wichtig, dass das Gewürz gleichmässig verteilt ist. 7.Weitergehen zur Ausgabestation, wo die Chips gewogen, über eine Falltür in Tüten rutschen und die Tüten verschlossen werden. Eine halbe Stunde, nachdem die erste Kartoffel aus dem Lager in den Waschzuber gegeben werden, können sie bereits die erste fertige Packung in den Händen halten. Pro Stunde produzieren die so rund 1700 kg Chips. Hoffen wir mal, dass die Schweizer in den Gruppenspielen nicht rausfaulen. Wär schade um die Chips.


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SZENEN EINES KONKUBINATS, TEIL 1

10. April 2014 Henrik Petro «Ich habe nichts anzuziehen!» schluchzt sie herzzerreissend. «Was hast du denn in deinen zwei Kleiderschränken – Sans Papiers?» versucht er sie aufzuheitern. In Nordkorea wäre er von ihr deswegen bereits exekutiert worden. «Idiot!» schluchzt sie weiter. «Du weisst genau, was ich meine.» «Stimmt, ich weiss was du meinst, aber ich verstehe es nicht.» «Ach nichts passt mehr so richtig…» «Weil du abgenommen hast? Habe es mir fast gedacht…» Das Todesurteil wird zu Gunsten eines Ritterschlags aufgehoben. «Oh Schatz, danke, gell, du hattest schon lange keinen Blow Job mehr?» «Lange? Ach geht so. Ich weiss nur, dass wir damals in den Sommerferien in der Toskana noch mit Lire bezahlt haben.» «Du bist echt ein Vollpfosten!» «Schatz, reden wir doch nicht immer von mir, sondern kümmern wir uns doch um deine Bedürfnisse!» «Genau. Ich brauche dringend was anzuziehen.» «Dann geh doch ins Shoppi Spreitenbach!» «Wer bist du? DJ Bobo?» «Nein, denn dann wärst du ja meine Mutter!» «Stimmt, und du hättest Geld!»

«Du bist gemein!» «Nein, nur verzweifelt!» «Kann es sein, dass du gerade etwas prämenstruell bist?» «Was? Diese klischeehafte Simplifizierung ist beleidigend, demütigend und frauenfeindlich. Ihr Männer seid alle gleich! Wie kommst du überhaupt darauf?» «Weil wir genau vor einem Monat dasselbe Theater hatten.» «Ist gar nicht wahr!» «Und weil hier deine Pillenpackung liegt.» «Oh. Stimmt, ich bekomme meine Tage, haha. Aber das hat nichts mit meiner Stimmung zu tun! Der Frauenkörper ist eben ein Mysterium.» «Ich würde Körper und Geist im Sinne der ganzheitlichen Betrachtungsweise nicht trennen.» «Du hast recht, das wäre schwierig für dich, du kannst ja nicht einmal Abfall trennen!» «Jetzt bis du es, der Ärger sucht! Wie wäre es mal mit einer Entschuldigung, weil ich recht hatte vorher?» «Hmmggfrmmppfff…» «Geht das etwas lauter und deutlicher? Ich habe kein Wort verstanden!» «Nein, ich entschuldige mich nur einmal, das muss reichen, basta. Du willst eh nur von meinem Problem ablenken.» «Will ich gar nicht – wenn es denn ein Problem wäre! Schatz, erstens hast

du zwei Kleiderschränke vollgestopft mit Klamotten und…» «Aber…» «Nichts aber! Und zweitens kannst du es dir auch gar nicht leisten! Du musst dringend mal deine Kreditkarte abbezahlen!» «Ach, du willst mir also mit anderen Worten sagen, ich sei ein Versager, weil ich nicht so einen tollen und gut bezahlten Job habe wie deine Ex, die sich ja alles leisten konnte!» «Auch sie hat über ihre Verhältnisse gelebt…» «AUCH sie? Also ich lebe über meine Verhältnisse? Schön Monsieur, es tut mir leid dass ich dich ständig beschenke mit neuen Kleidern und Parfums, einfach, weil ich dir eine Freude machen will – aus Liebe! Tut mir leid wenn ich an dich denke, was du offenbar gar nicht schätzt.» «Ach Schatz, sicher schätze ich es, aber liebe dich auch ohne die Geschenke. Es ist gar nicht nötig.» «Das sehe ich anders.» «Wie meinst du das?» «Naja, dein Kleidungsstil war ja vor meiner Zeit… hm, sagen wir mal, etwas rustikal.» «Was ist an Hoodies, Baggy-Jeans und weissen Sneakers falsch?» «Alles. Und ich mag es halt, wenn du gut riechst.» «Wieso? Hab ich früher gestunken?» «Nein, das nicht…» «DAS nicht? Jetzt bin ich grad ein wenig sprachlos.» «Wie kann man ein wenig sprachlos sein? Man kann ja auch nicht ein wenig schwanger sein? Man ist es oder ist es nicht!» «Was soll jetzt dieses Thema? Willst du mir etwas sagen?» «Sicher nicht, hallo, ich kann ja gar nicht schwanger sein, erinnerst du dich? Ich bekomme meine Tage!» «Bist du sicher?» «Natürlich! Wär ich sonst so prämenstruell? …Oh Mist!» «Yeah – Strike! High Five… nein?»

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FINAL REPRISAL

11. März 2014 Dominik Hug In der Wühlbox eines Schweizer Discounters fand ich zum absoluten Schnäppchenpreis den Film “Final Reprisal”. Eigentlich wollte ich diesen Streifen nie kaufen, überflog die DVD stets mit den Fingern, bis meine Adleraugen vor einigen Tagen den Namen Gary Daniels auf dem Cover erfassten. Inhalt: Die Freunde David, Charlie und Douglas wollen für die Ideale Amerikas kämpfen. Selbst noch halbe Kinder, melden sie sich freiwillig an die Front. Sehr schnell werden ihre idealistischen Vorstellungen von der brutalen Realität zerstört. Die ersten Feindkontakte konfrontieren sie schonungslos mit der schrecklichen Wirklichkeit. Ihre Freundschaft wird durch Misstrauen und offene Feindseligkeit erschüttert. Nach Jahren qualvoller Gefangenschaft kehrt Charlie zu seinen Kameraden als menschliches Wrack zurück. Grausame Foltermethoden haben ihn zu einem völlig gebrochenen Mann ohne Willen gemacht. Die Konflikte eskalieren. Einem fast geschenkten Gaul schaut man nicht ins Maul – oder so. Aber die

Eindrücke der ersten paar Filmsekunden liessen mich fast den Film aus dem Player reissen. Die Bildqualität ist absolut unter aller Sau und erinnert eher an ein altes verstaubtes VHS-Band als an eine DVD. Der Film ist von 1987, da erwarte ich nicht unbedingt allerbeste Farben, aber das Bild ist mehr als nur unscharf, unrein und die Farben sind total verblasst, was sehr schade ist, wurde der Film nämlich auf den Philippinen gedreht, was dank besserer Farbqualität sicher mehr Filmgenuss bedeutet hätte. Irgendwie Grindhouse pur. Der Ton hat sich zudem perfekt der Bildqualität angepasst. Auch die Synchro kann man absolut vergessen und wirkt eher wie ein Amateurporno als wie ein Actionfilm. O-Ton ist ein absolutes Muss. “Final Reprisal” ist Gary Daniels Erstling. Daniels, der vorallem im BActionbereich zu Hause ist, konnte vor einigen Jahren mit “The Expendables” mal wieder Kinoluft schnuppern. Ein grosser Darsteller ist er, wie die meisten seiner Martial Arts-Kollegen, nie geworden und in dem vorliegenden “Final Reprisal” wirkte er noch wie ein Fremdkörper, der aber in seinen Fightund Ballerszenen überzeugen konnte. Sein Filmpartner James Gaines erinnerte stark an Carl Weathers, aber auch seine Leistung war nicht überwältigend. Immerhin wirkten die amerikanischen Darsteller nicht peinlich, was man von einigen der Einheimischen so nicht behaupten kann. Die Story ist für jeden Academy Award-Fritz der absolute Horror, aber wer typische 80er Jahre-Action mag, schaut sich den richtigen Film an. Viel Action, einige nette Explosionen, viele Fights und Schiessereien, jedoch relativ wenig Blut. Fazit: Schlussendlich, trotz des absolut miesen Bildes, ist “Final Reprisal” solide Unterhaltung auf günstigem Filmniveau. Gibt definitiv schlimmeres.

GRUNDGÜTIGER…! AUSSEHEN WIE DER KÖNIG DER KÖNIGE…

PARTYLÖWE DER WOCHE So als Beispiel: „Tanz auf der Wiese“. Die Party macht man dann auf der Allmend, schmückt alles schön sommerlich mit bunten Lämpchen und bucht dazu DJs, die Bachstelzen Openairerprobt sind. Für die Promo benutzt man Mundpropaganda oder allenfalls einen kleinen, mit viel Liebe und von Hand gestalteten, Flyer. Dazu ein paar Sommerdrinks, ein kleines Waldstück in der Nähe des Feierspots und selbstverständlich alles vom Zauber des Illegalen umweht. Schon hat man sie, die perfekte Freiluftfeier für ein gelungenes Zürcher Sommerwochenende. So als weiteres Beispiel: „Vierviertel Detroit“. Da mietet man sich einen tendenziell zappendusteren Keller, den man mit einer supidupi Soundanlage ausrüstet. Der Flyer muss sehr technisch aussehen… eher starke Farben, klar unterteilt. Dann stellt man Jockeys aus der ersten oder zweiten Generation Detroit Techo an die Turntables und spitzt die ganze Kommunikation auf diese Headliner zu. Um klarzustellen, dass es um die Musik und NUR um die Musik geht. Verstanden? Nur um die Musik geht’s. Im Fall. 1. April 2014 Alex Flach. Ein stimmiges Gesamtbild ist die DNA der perfekten Party. Wenn man es schafft die Musik perfekt auf den Eventnamen und die Atmosphäre abzustimmen und das Gan-

ze dann in eine Location einbaut, die dieselbe Clubbing-Philosophie vertritt wie man (als Veranstalter) selbst, dann kann man der Party-seitigen Perfektion ziemlich nahe kommen.

….oder man hat einen Club der Halligalli heisst, einen DJ der nach Halligalli aussieht und in dessen Vertrag das Anziehen von Shirts mit Halligallisprüchen Pflicht ist. Das geht auch.

27. Februar 2014 Midi Gottet …und dann die Vorhänge im fucking Conforama gogen posten weil sie dort eben grad AKTION sind. Hab das Foto meinem Therapeuten gezeigt. Seine Diagnose: Messias-Minderwertigkeits-Komplex. Voilà.


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Mai 2014

SPRICHWÖRTLICH AWESOME 11. April 2014 Yonni Meyer. Dass ich schweizerdeutschophil bin, weiss man ja mittlerweile ein bisschen. Und eine der Eigenheiten unserer lieben Nationalsprache, die ich besonders liebe, sind Sprichwörter. Vor allem am Stamm- oder Jasstisch kommen da zum Teil Ausdrücke zum Vorschein, die an Grossartigkeit kaum zu übertreffen sind. Hier einige meiner Lieblinge: „Wänn d’Grosmueter Redli hett, wär sie es Auto“ „Oi chalberet mal na de Schiitstock“ „Wo Suufe en Ehr isch, isch Chotze kei Schand“

„Jungi Wiiber und alti Hüüser gänd z’Schaffe“ „Du bisch au em Tüüfel abem Charre gheit“ „Wänn de Fuchs nöd gschisse hett, hetter de Haas verwütscht“

„Zeige, wo de Bartli de Moscht holt“ „Uf alte Pfanne lehrt me choche“ „De tümmscht Puur hät di gröschte Härdöpfel“

Ob ihr Fussballkollege, der in der Dusche neben Ihnen steht, lieber mit Männern schläft oder nicht macht für Sie also keinen Unterschied? 6) Sind Sie ein Verfechter der Lohngleichheit? Würden Sie den Anteil Ihres Salärs, den Sie mehr verdienen als weibliche Angestellte, mit ihrer hierarchisch ebenbürtigen Mitarbeiterin teilen? 7) Sind Sie gegen überflüssigen CO2Ausstoss? Ich gebe Ihnen zwei Schlüssel in die Hand. Einer öffnet die Türen eines Toyota Hybrids, der andere lädt zur Fahrt

Und da will mir noch einer sagen, die Schweizer seinen ein stieres Volk!

im Lamborghini. Welchen nehmen Sie? 8) Sind sie gegen den umweltschädigenden Abbau von Rohstoffen in der Tiefsee? Sie möchten sich also von Ihrem Laptop und Ihrem iPhone trennen? 9) Sind Sie frei von Vorurteilen gegenüber dem Islam? Nach einem Terroranschlag wurden zwei Verdächtige in U-Haft genommen. Mohammed Al-Arab und Tim Spencer. Auf welchen tippen Sie als Täter spontan? 10) Warum tun Sie eigentlich so wenig und wem machen Sie hier was vor?

GEFALLENE HELDEN: HERVÉ VILLECHAIZE 7. Mai 2014 Dominik Hug Hervé Villechaize ist den meisten Bond-Fans ein Begriff. Der kleinwüchsige Darsteller spielte 1974 in „Der Mann mit dem goldenen Colt“ Nick Nack, den tödlichen Assistenten von Scaramanga. Drei Jahre später wurde Villechaize für die Kult-Serie „Fantasy Island“ angeheuert um die Rolle des Tattoo zu spielen. Sein Ausspruch „Da Plane! Da Plane!“ ist weltweit bekannt und wird noch heute in diversen Serien (u.a. Simpsons, 2 Broke Girls) mit Bezug auf „Fantasy Island“ zitiert. Sein Leben lang litt der 1,19 Meter grosse Villechaize unter körperlichen Beschwerden. Als seine Rolle 1983 nach Auseinandersetzungen mit den Fantasy Island-Produzenten wegen zu hoher Lohnforderungen gestrichen wurde, wurde Villechaize schwer depressiv und verfall dem Alkohol. Sei-

ne Frau verliess ihn und gleichzeitig wurde sein körperlicher Zustand besorgniserregender. Er konnte wegen Erstickungsgefahr fortan nur noch

Jugend von heute – Warum reden die so?

„Jetz isch aber gnueg Heu dune!“ „De Gschiider git naa, de Esel bliibt stah“ „Es Meitli wo jättet, isch besser als eis wo bättet“ „Wer e hübschi Frau hüratet, hät guet Nächt und böös Tääg“

10 FRAGEN, DIE SICH GUTMENSCHEN STELLEN SOLLTEN 4. April 2014 Kaspar Isler Es ist jedem freigestellt, ob er egoistisch durchs Leben gehen oder sich sozial und gerecht verhalten will. Gegenüber Mitmenschen, Minderheiten oder der Umwelt zum Beispiel. Wer sich für zweiteres entscheidet, dem gebührt Respekt. Respekt aber nur dann, wenn er sein vermeintliches Gutmenschentum nicht nur vorgibt, um Eigenwerbung zu betreiben – beziehungsweise nicht sich selbst belügt, um in den Spiegel blicken zu können. Sie müssen nachfolgende Fragen niemandem beantworten – ausser sich selbst. 1) Sind Sie für die artgerechte Aufzucht von Tieren und Fair Trade? Kaufen Sie demnach – wenn immer es ihr Geldbeutel erlaubt – lokale und etwas teurere Produkte? 2) Sind Sie frei von Rassismus? Sie sind Personalchef einer Privatbank und entscheiden zwischen zwei gleichermassen ausgebildeten Bewerben für eine vakante Stelle im Aussendienst. Stellen Sie Herrn Petrovic oder Herrn Müller ein? 3) Sind Sie gegen Kinderarbeit? Marken-Sneakers dürften demnach für Sie kein Thema sein, oder? 4) Sind Sie gegen Zwangsumsiedlungen für Grossveranstaltungen? Was machen Sie eigentlich in der Zeit, in der Ihre Freunde Olympia und WM gucken? 5) Haben Sie keine Berührungsängste gegenüber Schwulen?

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kniend schlafen. Hervé Villechaize erschoss sich am 4. September 1993 in seinem Haus in Los Angeles. Er wurde 50 Jahre alt.

29. April 2014 Jelena Perovanovic. Ey! Mann! Shit! De isch voll parat! Hebt Frässi du Opfer! YOLO Mann! Isch de behindert?! Seit geraumer Zeit beobachte ich einen wachsenden Trend. Immer wieder lese oder höre ich von Erwachsenen, die sich über Jugendliche beschweren. Oftmals, nachdem sie kurz Zeit mit ihnen verbringen mussten, an irgendwelchen Haltestellen oder bei Fahrten in irgendwelchen öffentlichen Verkehrsmitteln. Man belustigt sich darüber, wie die Jugendlichen reden, was sie sagen und wie sie aussehen dabei. Die Sprache sei verkümmert, niemand könne mehr richtig Deutsch dank den Ausländern. Alle seien sie so beschränkt. Eine katastrophale Entwicklung. Kopfschütteln. Und dass sie nur Kurznachrichten schreiben und nur MTV glotzen – darüber darf man sich gar nicht erst auslassen. Aber ihr Kind, nein, ihr Kind werde nie so, das würden sie niemals zulassen. Da frage ich mich, wie viele von Ihnen haben denn einen geigenspielenden, bücherverschlingenden, balletttanzenden, klassenbesten Gymischüler zu Hause, der sich ausser für seine Familie (und natürlich für Literatur), nur noch für Mozart interessiert? Schon der alte Grieche Sokrates soll geklagt haben: „Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wo sie arbeiten sollte. Die Jugend steht nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widerspricht den Eltern und tyrannisiert die Lehrer.“ Die Jugend war also schon vor tausenden von Jahren schlimm. Wenn ich zurück denke, sehe ich mich, wie ich überschminkt zur Schule ging. In viel zu kurzen Klamotten, in Hüftjeans, die nicht anders können, als die Arschritze zur Schau zu stellen. Wie ich in Parfüm badete, sodass es wahrscheinlich jedem in meiner Umgebung beim Vorbeigehen ein Brennen in den Augen verursacht hat. Wie ich nur über Jungs redete und mit 14 Stammgast im Kaufleuten war, mich manchmal prügelte. Wie ich mich im Solarium geschmort und meine Haare gebleicht habe, bis ich aussah wie Donatella Versace. Wie ich so Bauchfrei (mit Piercing versteht sich) auf dem Boden sitze, kiffe, SMS schreibe und sage: „Hey du Missgeburt, gib mal dere Nutte dini Nummere." Heute bin ich - wer hätte es gedacht - nicht Drogensüchtig oder warte gerade in der Sexbox auf Kunden. Es ist der Slang der Jugend. Und genau diese Jugendsprache ist gesund, denn sie symbolisiert Zusammenhalt und Zugehörigkeit zu einer Gruppe (den sogenannten Peers) sowie die Abgrenzung von den Erwachsenen. Zeigt, dass man kein Kind mehr ist und sich nun mit Anderem identifiziert. Jugendliche brauchen ihre eigene Sprache in der Pubertät, um sich wohlzufühlen. Was hinzugekommen ist, ist der stärkere Akzent sowie mehr Aggression im Ausdruck. Dies kann man natürlich an den Ausländern aufhängen. Zweifelslos beeinflussen fremde Sprachen die Unsere. Viele Fremdsprachen sind im alltäglichen Umgang offensiv und tönen übersetzt, für freundliche Schweizer

Ohren, unglaublich angriffslustig. Im Serbischen zum Beispiel, sagt man typischerweise: Ich ficke die Sonne, deine Sturheit, deine Mutter. Hauptsache man fickt irgendetwas. Das Selbe im Englischen: Fucking awesome! Fuck me! What the fuck! Are you fucking serious? Fluchen in diesem Fall, wird als verstärkendes Element benutzt. Egal ob positiv oder negativ. Ich bringe meine Emotionen zum Ausdruck. Was gemäss Psychologen übrigens, sehr gesund sein soll. Verbal Dampf ablassen lässt uns also länger leben. Genauso wie ich mein Fluchen in jedem Satz ablegte mit dem Erwachsenwerden, so taten es viele andere auch. Spätestens dann, wenn sie Kinder bekamen und in deren Gegenwart anständig bleiben wollten. Für Junge gilt: Man will durch die Sprache zeigen, dass man unnahbar (krass) ist. Erwachsen, selbstsicher, stark. Dies erklärt, wieso Jugendliche so tönen, als wären sie Gangmitglieder und hätten gerade jemanden bei einem Drive by erschossen. Ob sie später allerdings tatsächlich kriminell werden, lässt sich nicht an ihrem mündlichen Ausdruck festmachen. Irgendwann kommt die Pubertät, dann wird die Sprache eventuell unanständig und hässlich. Bei Ihrem Kind nicht? Woher wissen sie, dass ihr Schatz in der Freizeit mit seinen Freunden nicht genau so spricht, wie sie es nie wollten? Jugendliche wissen ihre Sprache am Arbeitsplatz und zu Hause sehr wohl umzustellen. Man spricht ja nur zu identifikationszwecken Slang. Mit dem Chef und dem Mami, will man sich zu diesem Zeitpunkt des Heranwachsens absolut nicht vergleichen. Linguisten sind der Auffassung, dass es, den Genitiv in 50 Jahren nicht mehr geben wird. Statt: Ich bin der Bruder seines Onkels, sagt man: Ich bin der Bruder von seinem Onkel. Statt Genitiv sagt man alles mit „von“ also im Dativ. Weil es einfacher ist. (Buchtipp: Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod) Die Sprache hat sich seit ihrer Entstehung kontinuierlich verändert. Von verkümmern kann also schlecht die Rede sein. Oder wie erklären Sie sich, dass wir Shakespeare nur mit Mühen verstehen? Sprachwandel fand schon immer statt. Wie viele Jugendliche lasen täglich, vor der Entstehung von Gratiszeitungen und Smartphones? Heute unterhalten sie sich über das, was sie gelesen haben. Und dies ist eine beachtliche positive Entwicklung. Auch wenn sich über die Inhalte Streiten lässt. Sie lesen mehr und wissen somit mehr. Wenn ich im Zug sitze und Jungen zuhöre, sauge ich ihre Sprache auf wie ein Schwamm. Ich lerne neue Wörter, Zusammenhänge, bemerke neue Trends. Zugegeben, manchmal könnte ich weinen, weil mein geliebtes Deutsch so durch den Dreck gezogen wird. Doch ich muss den Sprachwandel akzeptieren. Bei manchen Themen wird es auch mir zu viel und ich habe Angst, ein paar Hirnzellen zu verlieren. Doch ich weiss, ich war genauso. Ganz genau SO. Vielleicht auf eine andere Art, aber auch ziemlich blöd. Nur weil ich heute darüber hinausgewachsen bin, habe ich kein Recht darauf, Jugendliche in ihrem Menschsein zu degradieren.


Nina NESBITT

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ED SHEERAN • ARCHIVE JOHN SMITH • CARO EMERALD PASSENGER • TRAVIS • JOSS STONE AGNES OBEL • GENTLEMAN THE HIVES • THE SUBWAYS • KEB’ MO’ JAMES BLUNT • PALOMA FAITH FAT FREDDY’S DROP • GOLDFRAPP JAMIE WOON • SOPHIE ZELMANI SÖHNE MANNHEIMS • SIVU RITA ORA • VALERIE JUNE CHLÖE HOWL • NNEKA MARIA MENA

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MUSS MAN NICHT HABEN: DIE ÄUSSERST SCHMERZHAFTE GRÜN-GIESSKANNENEICHEL-KRANKHEIT

24. April 2014 Midi Gottet Denn es gibt nur sehr wenig Frauen, die auf diese kranke Scheisse wiklich abfahren.

DAS MUSS MAN NICHT HABEN: EINEN AN DER MÜTZE

9. April 2014 Reinhold Weber. Denn auf diese Weise kriegst du nie einen Job als Model für Hürlimann, Heineken oder Carlsberg.

IHR ZAUBERHAFTES MAKE-UP …

PROMISING TITLE 8. April 2014 Henrik Petro «Das Versprechen, das man dem Leser mit dem Titel gibt, muss man auch einhalten!», bellt der Lehrer, während er mit dem kurzen Bambusstock hinter seinem Rücken wedelt, sein Monokel besonders fest zusammenkneift, zum Bild des Kaisers blickt und die Hacken zusammenschlägt. Ja, wer das Handwerk des Journalismus lernt (das, wenn man heute die Newsportale studiert, den Eindruck erweckt, als bestehe es nur aus copy-paste), wird irgendwann auch einmal diese Regel zu hören bekommen. Will heissen: was man im Titel anreisst, soll dann auch tatsächlich im Artikel zu lesen sein, wenn nicht gar aufgelöst werden. Bei Polizeimeldungen ist das keine grosse Sache. Ein Beispiel? Die Medienmitteilung Nummer 054 der Zuger Strafverfolgungsbehörden vom 7. April, 10:55 Uhr: Hünenberg: Überholmanöver endet in Böschung Kurz vor 01:00 Uhr überholte ein 18-jähriger Automobilist auf der unbeleuchteten Maschwanderstrasse ein anderes Auto. Nach dem Überholmanöver musste der junge Mann wegen einer Linkskurve stark abbremsen. Er verlor die Herrschaft über seinen BMW 335i. Das Fahrzeug fuhr gerade aus, schlitterte eine Böschung hinunter und kam 20 Meter von der Strasse entfernt zum Stillstand. Glücklicherweise wurde niemand verletzt. Schön. Und in Basel wurde ein Teller Mehlsuppe verschüttet. Leute, hallooo, es ist Frühling, die Leser wollen, wenn schon keine handfeste Crime, dann wenigstens etwas Sex! Drama, Baby, Drama! Also, das geht auch anders. Zum Beispiel so: Hünenberg: Überholmanöver endet in Böschung Kurz vor 01:00 Uhr überholte ein vom Ausgang in Zürich sexuell aufgeladener, trotz seines jugendlichen Alters sehr gut aussehender 18-jähriger Automobilist auf der unbeleuchteten, von mythologischen Sagen umwobenen Maschwanderstrasse ein anderes Auto. Während dem testosteronbedingten Überholmanöver blickte der junge Mann kurz in den sportlichen Zweisitzer aus Sant’Agata Bolognese – und erstarrte. Am Lenkrad sass die schönste Frau auf Erden, ein Engel und Teufel zugleich, wie er erkennen musste, als sie ihn neckisch anlächelte, während der Fahrtwind ihre langen, kastanienroten Haare verwirbelte. Aus seinem Sekundenkoma erwacht, musste der junge Adonis wegen einer Linkskurve stark abbremsen. Er verlor

die Herrschaft über seinen BMW 335i, auf dessen noch warme Motorhaube er sich in der Garage auch gerne mal nackt drauflegt. Das Fahrzeug fuhr gerade aus, schlitterte eine Böschung hinunter und kam 20 Meter von der Strasse entfernt zum Stillstand. Halb bei Sinnen versuchte er, die Schwere der Verletzung zu eruieren – nicht wegen des Unfalls, sondern sein in Sekundenbruchteilen gebrochenes Herz, weil er diese epische Schönheit nie mehr sehen würde. Da legte sich eine Hand auf sein Gesicht. Er nahm den süsslichen Duft von Vanille und Moschuss wahr und hörte eine glasklare Stimme, die mit schwerem französischen Dialekt sprach: „Ist alles in Ordnüng? Bis du verlesst?“ Ein Stein fiel ihm vom Herzen, als er flüsterte: „Gott sei dank bist du keine Russin! Ich hätte schwören können, ich hätte dich im Terrasse gesehen!“ – „Psssst!“, erwiderte die atemberaubende Grazie, bei deren Schöpfung Gott einen richtig, richtig guten Tag gehabt haben musste. „Sprich nischt weiter! Isch bin so schon genüg aufgedreht und ünglaublisch froh, dass dir nischt passiert ist.» Sie beugte sich über ihn und gewährte ihm einen atemberaubenden Einblick in ihre doch sehr weit aufgeknöpfte Bluse. «Tüt es ier weh?» hauchte sie und küsste seine Stirn. Er blickte in ihre unergründlich tiefen Augen, packte sie aus einem mutigen Impuls heraus am Nacken, zog sie zu sich heran und küsste sie. Überrascht stöhnte sie auf, erwiderte aber den Kuss mit einer für ihn unbekannten Leidenschaft. Dann hielt er inne: «Warte! Ich steig aus!» – «Bist dü sicher?» Leicht benommen – wobei er nicht sagen konnte, ob vom Unfall oder von der Flut an Hormonen – richtete er sich auf. Die Frau war kleiner, als er sie eingeschätzt hatte, aber das gefiel ihm. Er zog sie zu sich, um

sie erneut zu küssen. Dabei glaubte er, explodieren zu müssen. Diese Intensität war ihm gänzlich unbekannt. «Was tun wir ier?» flüsterte sie und sah zu ihm hoch, während sie sich eine Strähne aus dem Gesicht strich. Sie wirkte verletzlicher, als er es in diesem Moment war. «Ich weiss es nicht», erwiderte er. «Aber es fühlt sich richtig an. Und gut. So verdammt gut…» Wieder küssten sie sich leidenschaftlich und pressten ihre wie von Michelangelo geformten, bebenden Körper aneinander. Seine Hand zitterte, aber sie fand den Weg unter ihre Bluse und… Pamm! Es kommt völlig unerwartet. «Aua! Autsch!!» Ich habe das Gefühl, der Bambusstock bricht meine Knöchel. «Was soll das werden?», bafft der Lehrer mit hochrotem Kopf. «Werden deine Protagonisten etwa gleich Sex haben?» – «Ähm, ja, das war der Plan..?!» erwidere ich verdutzt. «Absoluter Schwachsinn! Hast du denn gar nichts begriffen?» – «Ja doch, Storytelling und so…» – «Papperlapapp! Das meinte ich nicht! Der Titel! Ich rede vom Titel! Wie lautet der?» – «Überholmanöver endet in Böschung», antworte ich mit schmerzverzerrtem Gesicht. «Richtig! Böschung – nicht Gebüsch!», schreit der Lehrer. Die ganze Klasse glotzt mich an. Sein Monokel war längst aus dem Auge gefallen und hüpfte wild an der Schnur. Er reisst mir das Papier unter meiner Feder hervor, zerknüllt es, atmet tief durch, sein Gesicht bekommt wieder eine normale Farbe, er kneift sich das Monokel wieder ein und meint in bedrohlich ruhigem, aufgesetzt freundlichem Ton: «Also dann auf ein Neues.» Gönnerhaft tätschelt er meine Schulter, dreht sich um und lässt mich alleine in meiner Enttäuschung – und ohne happy Ending!

LEUTE, KOMMT ALLE ZUR GARTENPARTY …

6. Mai 2014 Midi Gottet …feierte in der Schattenwelt schon mal grosse Erfolge.

1. Mai 2014 Midi Gottet …die Paella wird Bombe.


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Ein Abendessen mit Gülsha Adilji Freitag, 11. April 2014 Von Rainer Kuhn

Sie haben jetzt die Leine etwas länger gemacht. Im Sommer ist sie immer 5 Meter länger ...

Auch dieses Interview aus der Reihe „Rockstars des Alltags“ kommt aus der Brasserie Lipp in Zürich. Wie immer. Weil die Moules&Frites da Kult sind. Und die Bedienung freundlich. Gegessen hab ich mit Gülsha. Zwar nicht am Mittag, aber am Abend. Weil das Mädchen ziemlich beschäftigt ist. Ich habe wieder mal das Rindsfilet genommen. Sie etwas ohne Fleisch. Hätte ihr auch meine Beilagen geben können.

... damits bis in die Kantine reicht? ... ... nein, die Kantine ist zu weit weg und es hat Messer dort, das wär zu gefährlich ... Wie lange gibts das jetzt schon? Seit drei Jahren. Hey, wir hatten eben Geburtstag gefeiert. Und Du bist von Anfang an dabei?

Wie heisst diese Pornoseite? Ja. Youjizz. Du bist also quasi der Markus Gilli von Joiz. Wie kommst Du jetzt darauf? Nein, Gilli ist ja Chefredaktor. Ja anscheinend ist ... ja ich weiss auch nicht, kürzlich musste ich so ein Foto machen, wie ich so quasi am Arbeiten bin, zurück aus den Ferien, da hat mich von hinten jemand fotografiert, wie ich vor dem PC sitze und dann hab ich youporn aufgerufen, so als Gag. Da sagte mir Julian „Spinnst Du? Das mach man nicht mehr, man geht nicht mehr auf Youporn, man geht jetzt auf Youjizz. Ja. So wars. Und ich finde einfach, es gibt keine guten Pornos für Frauen.

Das war er am Anfang auch noch nicht. Ich glaube nicht, dass ich jemals Chefredaktor von Joiz werde. Das weisst Du jetzt ja noch gar nicht. Du bist ja erst 28. Haha ... ja ... stimmt ... erst 28. Was hast Du denn vorher gemacht?

Was gibst Du denn für einen Suchbegriff ein?

Vorher war ich am studieren. Biotechnologie in Wädenswil.

Ich geb einen Suchbegriff ein: Softporn. Du hast die Matur gemacht? Softporn? Das heisst, Du willst sehen, wie sie nach dem Sex kuscheln? Nein, es nimmt mich einfach wunder, was dann kommt. Aber es kommt nichts. Was willst Du denn sehen? Einen Porno mit einer Geschichte. Ach so. Du willst Handlung. Die kannst Du glaub vergessen im Internet. Damals, als es das Zeugs noch auf Video gab, schon. Aber da musste man andauernd die „Handlung“ überspulen, weil sie nicht so relevant war.

mussten noch in den Sex-Shop und dort Hefte kaufen, die die Verkäuferin dann in einen neutralen braunen Papiersack gesteckt hat, damit man nicht so blöd aussieht, wenn man aus dem Laden kommt.

Früher hab ichs auf VOX geschaut ...

Hefte?

... Auf VOX? ...

Ja, das war noch schwierig dann, dass dann auch das Timing gestimmt hat. Man musste acht geben, dass man beim Blättern nicht plötzlich bei einem nicht sehr aufregenden Bild kam. Das wär schade gewesen.

... ja, und immer mit einem Finger an der Fernbedienung, falls jemand reingekommen wäre. Und das hat Dich spitz gemacht?

Ach so, da blättert man? Da schaut man sich nicht ein Bild an und stellt sich eine Geschichte vor?

Nicht unbedingt, nein. Sind Frauen grundsätzlich nicht so Pornokonsumenten? Das kann ich so nicht unterschreiben, ich weiss es nicht Aber ich glaube, Frauen konsumieren viel weniger Pornos, weil es einfach nicht unbedingt Pornos für Frauen gibt. Das ist alles mehr so auf die Männerwelt ausgerichtet. Ja, für uns reicht das in der Regel. Was würden denn Frauen brauchen, dass es funktioniert?

Wir machen ja Fernsehen für die Jugendlichen.

Welchen? Und was wollen die so? Popkultur halt, Musik, was auf Youtube läuft, was irgendwie beim Sex läuft, was ... Also doch? Ja, sicher, auch, was auf all den Sozialen Medien passiert. Dank dem Internet ist Fernsehen nicht mehr eine Einbahnstrasse sondern ein Hin und Her, und nicht nur ein Hin und Her, Du kannst Dich auch verbinden mit den anderen, die das schauen.

So wie „Dornenvögel“?

Das waren Bildstrecken. Zehn Seiten und so. Das waren irgenwie schon auch Geschichten. Irgendwie.

Ich kann nicht für alle reden. Also ich kann auch nicht für mich reden, ich glaub einfach ... also um ehrlich zu sein: Ich find das Thema einfach nicht so wahnsinnig relevant.

Was ist „Dornenvögel“?

Ja, ist klar.

Joiz ist ja auch nicht so wahnsinnig relevant.

Wie merkst Du das?

Was für einen Jahrgang hast Du?

Warum machst Du denn nicht Pornos für Frauen?

Hast Du meine Sendung schon mal geschaut?

Ich finde nicht, dass das meine Aufgabe ist. Ich habe andere Aufgaben.

Ja. Und es kommt mir jedesmal vor, als sei es ein und dieselbe Sendung. Da wird in irgendeinem Grossraumbüro moderiert, manchmal kommt einer und macht Musik, manchmal sitzen ein paar auf einem Sofa und diskutieren etwas ...

Sie chatten ja miteinander auf unserer Homepage. Über irgendein Thema, das grad läuft. Du kannst Du ja einfach über Facebook registrieren. Wir haben einen Live-Stream und einen Chat.

Ich fands einfach noch spannend. Es muss einfach eine Story haben. Eine Story, die flüssig ist ...

1985. Ach so. Da gabs noch kein Youporn, oder? Da gabs noch nicht einmal Internt. Wir

Dann bist Du ja nicht unbedingt so der Porno­ konsument.

Ja, in St. Gallen, ich hab die Matur nachgeholt. Erst hatte ich eine Lehre gemacht in einer Apotheke in Zürich, dann hab ich die Matur nachgeholt, weil ich die Lehre huere geil gefunden habe, ich habe so viele Sachen gelernt, ich dachte: Shit! Ich versteh die Welt schon ein bisschen besser! So einen Sektor dieser Welt hatte ich schon extrem gut gecheckt ...

Und das machen sie? Das machen sie, ja.

Gehr Ihr eigentlich auch mal raus? Oder hockt Ihr immer im Studio auf diesen Bürostühlen?

Der eigene Körper. Wie Du Sachen, die Den Körper falsch macht, mit so Teufelszeug von Novartis und Roche flicken kannst. Das hat mich schon fasziniert. Ich hatte ja die Matura nachgeholt, weil ich Biotech studieren wollte in Wädenswil. Und während der Matura hab ich

... ich habe so viele Sachen gelernt, ich dachte: Shit! Ich versteh die Welt schon ein bisschen besser! So einen Sektor dieser Welt hatte ich schon extrem gut gecheckt ... gemerkt, dass ich total gerne schreibe. Ich habe ordentliche Aufsätze abgegeben, welche ohne gross Aufwand oder lernen zu guten Noten führten. Und in Biologie und Chemie war ich sehr gut, auch ohne grossen Aufwand verstand ich wo diese Elektronen abgespalten werden. Das waren diese Sachen, wo ich


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Also studierte ich „populäre Kultur“ und „Filmwissenschaften“. Aber ich merkte extrem schnell, dass die Uni voll für den Arsch ist. Ich hab die Uni voll nicht gefühlt. Ich musste Arbeiten schreiben und Referate halten, über Sachen, die keine Sau interessierte ... relativ einfach gut war. Da hab ich mich entschieden, nicht Biotech zu machen, sondern „fancy“ an die Uni in Zürich zu gehen und etwas zu studieren, das „fancy“ tönt und mir dann vielleicht einen Platz in einer Redaktion verschafft. Also studierte ich „populäre Kultur“ und „Filmwissenschaften“. Aber ich merkte extrem schnell, dass die Uni voll für den Arsch ist. Ich hab die Uni voll nicht gefühlt. Ich musste Arbeiten schreiben und Referate halten, über Sachen, die keine Sau interessierte ... Zum Beispiel? Ja, ich weiss doch auch nicht, einfach so Sachen halt, die vor mir jedes einzelne Semester auch schon gemacht hat. Ich dachte mir, wieso muss ich das jetzt auch noch machen? Das wurde doch schon hunderte Male gemacht. Ich bin dann nicht mal über das Grundstudium gekommen. Dann hab ich fürs „Rockstar“ geschrieben, so ein paar Album-Reviews, weil ich das Rockstar-Magazin geil finde, die Schreibart sagte mir sehr zu. Aber sich etwas ausdenken, schreiben, vorbereiten und dann erzählen ist eben auch sehr awesome.

Immer wenn wir Geburtstag haben, haben wir eine 24-Stunden Sendung mit allen Moderationen, wo dann einer nach dem anderen bei so Challenges rausfliegt. Das haben Patricia Boser und Roman Kilchsberger auch gemacht, vor hundert Jahren, für Radio24? Wirklich? Ja. Dann startest Du also abends um 17.00 Uhr und hörst erst am anderenTag um 17.00 Uhr wieder auf? Ja

... ich kenne keine Nacktschnecken ... Ich auch nicht, aber wenn ich mal ein Buch schreibe, dann ... ... der mit den Nacktschnecken ist ein billiger Joke. Es sei denn, du hast zwei zuhause, dann könnten wir darüber reden. Hast Du wahrscheinlich aber nicht ... ... that‘s the point. Aber wenn ich „Paarungsverhalten von Nacktschnecken“ sage, dann hat doch jeder ein Bild davon im Kopf. So zwei schleimige Irgendetwas ... so ineinander ... und man kann nicht genau sagen ... Das einzige, was ich mal über Schnecken gehört habe ist, dass die Männchen und Weibchen gleichzeitig sind. Aber nichts davon haben. Die können sich also nicht selber befruchten? Ich fand auch immer, dass das doch super wäre. Sonst macht es keinen Sinn, eine Schnecke zu sein. Es macht nur Sinn, wenn man sich selber ficken kann. Und sich dann mit der linken Hand auf die rechte Schulter klopfen kann und sagen, dass man super war.

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habe. Du weisst ja gar nicht, wie ich schreibe. Aber jetzt mal was anderes, Off the Record: Du solltest mal NOIZ schauen. Einfach so, für Dich. Weil, NOIZ ist schon mein Baby, mein Herzblut, es ist nicht Bullshit oder Random, was ich da erzähle, es hat schon eine Aussage ... ... Dir passiert ja dasselbe, was mir immer passiert ist ... man schaut sich das aus lauter Halbwissen gar nicht an ... ich hab auch immer gefunden, dass das Kult eine Message hat ... Ja natürlich. ich mein, es ist ja immer so wie „den Spiegel vorhalten“. Bei uns steht ja oben „Kann Spuren von Satire enthalten“. Es ist ein Satiremagazin, ein Pressespiegel, was für Bullshit eigentlich abgeht, aber es hat doch noch genug Unterhaltungswert, dass es auch ein rtl2-Zuschauer versteht und schaut ... weisst Du, was ich meine? Es ist nicht Megadumm, es sind halt nur dumme Themen, die in den Medien stehen.

Und die, denen alle nachrennen? Kollegah und so?

Bushido?

Stört mich jetzt nicht wirklich. Mir geht mehr die Musik auf den Sack. Komm, es gibt soviele Sängerinnen, die so extrem talentiert sind. Und dann machen die das alles mit solchen Auftritten kaputt. Oder Miley Cyrus ... Und dann noch ins Hive? Ja genau, noooot. Jedesmal, wenn das vorbei ist denke ich: Scheisse, da machst du nie mehr mit. Das ist unerträglich. Das Problem ist, man denkt, 24 Stunden ist völlig easy. Aber es ist eine belastung für die Nerven! 24h Scheinwerfer, 24h Leute, 24h Lärm, 24h reden, 24h zu warm ...

Aber es gibt glaub Tiere, die das können, die gibt es schon ... aber ich wüsste jetzt auch grad nicht ... ... komm, Du hast ja Biomechanik oder so studiert ... ... Nur ein Semester. Und es war Biotechnologie, das ist etwas ganz anderes. Da werden Bioreaktoren konstruiert, für Algen und so ...

in Wattwil. Aber sie sieht viel besser aus als Al Bundy. Und sie macht es auch besser als Al Bundy. Ich weiss wie es ist, mit Kunden zu arbeiten ... völlig mühsam ... Jetzt musste Dein Vater drei Töchter grossziehen? Armer ... Ich weiss im Fall gar nicht, ob er so arm war. Er konnte es ja chillen, weisst Du, wie ich meine? Mit einem Sohn hätte er hier ins Fussball gehen müssen, dort etwas unternehmen, wir Mädchen sind ins Jugi, waren dort easy ...

Ich wüsst jetzt grad nicht was ...

Tja ...

Schau, ich sage ja, es ist nicht relevant, aber Blick, 20Minuten, Watson, alle haben es als Top-Thema gebracht, Mila Kunis ist schwanger, anscheinend interessiert sich kein Schwanz für die KrimKrise, wenn eine Kunis ein Baby erwartet.

Weisst Du was lustig ist? Du hast mich noch gar nicht gefragt, wann ich denn zum SF gehe. Das ist eine Frage, die jeder stellt ...

... ich weiss nicht, ich bin nicht soweit gekommen, nach einem Semester hat mich das Joiz geholt.

Wer ist „jeder“?

Bist Du eigentlich in der Schweiz geboren?

Das stimmt eben nicht. Die Medien bringen es einfach nicht. Das heisst nicht, dass es niemanden interessiert.

Jeder Journi.

Ich bin hier geboren. Hier zur Schule. In Niederuzwil und Uzwil, Ostschweiz. Aber ich glaube, das hört man. Wieso?

Noiz ist ja auch ein bisschen absurd. Wie Satire.

Und was auch lustig ist, jeder fragt mich, wie lange ich noch bei Joiz bleibe. Jeder meint, ich könne das genau kalkullieren und wisse ganz genau, wann ich das Mutterschiff verlasse.

Weil, mit allen, die ich über Dich rede, sagen: Ach, die Gülsha, die kenn ich schon sooo lange, schon seit sie klein war.

Ich hoffe, Du bleibst noch ein bisschen. Ich komm ja noch zu Dir in die Sendung. Was machen wir denn da überhaupt?

Kaspar Isler, zum Beispiel.

Wir können ja ein bisschen über Pornos reden, oder über das Paarungsverhalten von Nacktschnecken ...

Jetzt ist er bei uns. Wieso bist Du nicht bei uns?

... ich weiss nicht, obs Dich interessiert, aber ich erzähls Dir jetzt einfach: Heute ist der erste Tag, wo ich ohne Jacke aus dem Haus ging, scheissegal, es ist jetzt Frühling und meine Jacke bleibt jetzt zuhause.

Weil ich noch kein Angebot bekommen

Find ich super. Nur mit dieser Adidas-Jacke.

... Paarungsverhalten von Algen ...

Und was musst Du jetzt dann machen? Eine 24-Stunden Moderation?

Sprechgesang. Oder Schweizer. Da gibts ein paar.

Hör auf, ganz schlimm, das was die zelebrieren, finde ich total daneben. Ich hasse das. Auch all die Rhiannas, Shakiras, Beyonces, die sich in jedem einzelnen Clip wie Prostituierte präsentieren, ich find das nur langweilig, nur platt, das regt mich sowas von auf. Ich mein: Beyoncé ist ein fucking Weltstar, dann tritt sie auf an den Grammys, steht da mit nassen Haaren, krass geschminkt, praktisch nichts an. Und nachdem sie wie eine Prostituierte auf einem Stuhl hin- und hergeräkelt war, kam ihr Mann auf die Bühne. Ihr Mann. Jay-Z. classy angezogen, in einem eleganten Anzug, sah super aus, und sie schmiegt sich so an ihn ran, das sah einfach nur aus wie aus einem schlechten Porno. Man muss ja nicht eine Wichsvorlage darstellen, wenn man Kunst macht.

Das sind die Sachen, die die Jungen interessieren? Wollt Ihr den Jungen nicht ein bisschen Substanz beibringen? Muss es Kunis und Kutcher sein?

Jeden Tag von fünf bis halb sechs die Erstaustrahlung, dann von halb neun bis neun und dann alle drei Stunden die Wiederholung. Ausser Samstag und Sonntag.

Ich finde trotzdem, dass es andere Vorbilder braucht. Andere Frauen, die eine andere Position einnehmen, aber genauso cool und fancy sind.

Ganz schlimm ... Ich habe zwei Schwestern. Die ältere arbeitet in einem Human Recource Büro, die Jüngere leitet eine Dosenbach-Filiale

Umgekehrt ja auch nicht. Wir schreiben unsere Moderationen ja nicht auf. Wir wissen bloss, wir reden jetzt über Mila Kunis und Ashton Kutcher, weil das eine Schlagzeile war.

Ihr seid täglich auf Sendung mit Noiz?

Ich bin kein Hip-Hop Girl. Aber ich höre viel deutschsprachige Musik. Deutscher

Bist Du eigentlich ein Einzelkind?

Ist ja nicht immer so, dass das funktioniert. Ich mein, nicht alle Sachen, die geschrieben funktionieren, funktionieren auch gesprochen.

Komm jetzt, wenn Du meine Sendung schaust, und wenn Du mich jetzt so reden hörst, hast Du dann nicht das Gefühl, dass die Sachen, die ich sage Hintergrund haben? Also wenn ich über Mila Kunis und Ashton Kutcher als Schlagzeile erzähle, und dann im nächsten Satz über die Ukraine und die Krim-Krise rede: Hast Du dann nicht das Gefühl, dass ich Dir damit etwas zeigen möchte?

Bist Du ein Hiphop-Girl?

Vielleicht weil ich kein Journi bin?

Ich sag Dir jetzt was: Mit Töchtern im Haus chillst Du es nicht. Nie. Entweder sie pubertieren, und wenn sie nicht pubertieren, dann menstruieren sie, oder beides. Ja, aber es war immer easy für ihn, wenn wir einkaufen gingen. Er hat uns hingefahren, wir habens ein bisschen gehängt, es war alles easy ... ok, vielleicht muss ich ihn mal fragen ... ich trink noch ein bisschen Wasser von Dir, ok? Klar, nimm ...

Ich bin immer noch klein. Wer denn so?

Den Isler kenn ich vom Rockstar.

... wart, das ist ein armes Mädchen. Das Girl ist öffentlich, seit sie acht Jahre alt ist. Ihre ganze Jugend ist öffentlich. Wir konnten jeden Scheiss machen in unserer Jugend, es hats keiner mitbekommen ausser den Nachbarn und dem Pausenplatz, es gab kein Internet und schon gar kein Facebook, wo jeder Fehltritt weltweit einsehbar gemacht und geteilt werden kann. Unserer Jugend kannst Du nirgends nachsehen. Die ist nicht öffentlich. Bei den heutigen Kids ist das anders. Das muss man sich mal vorstellen. Ich finde trotzdem, dass es andere Vorbilder braucht. Andere Frauen, die eine andere Position einnehmen, aber genauso cool und fancy sind. Ich versuch das ja. Das ist ja genau der Punkt. Wenn ich so einen Clip zeige, dann sage ich zwar, dass das jetzt halt angesagt ist, aber dass ich das und das daneben finde. Ich habe eine Stimme, die setze ich ein. Was ich mache ist: Ich bringe das, ich rede darüber, ich ordne es neu ein. Das ist meine Art, wie ich damit umgehe.



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SONEN NAANDERI HE: DIE TAUFRISCH GEKLONTE UND DESHALB NOCH DAMPFENDE TOP5 DER ZWILLINGSTEN DOPPELMOPPEL-STUNTDOUBLES IM WELTWEITEN NETZ OHNE DOPPELTEN BODEN Midi Gottet17. April 2014 Midi Gottet.-. Wow, Jennifer Lopez’ Stuntdouble ist ein Mann mit waagrecht gestellten Ohren. Momoll, nümenüt.

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KUNSTRAD – THE UNTOLD STORY 5. April 2014 Midi Gottet Irgendwie ging alles sehr schnell damals in der Turnhalle des Schulhauses Kirchbühl in Stäfa. Kaum hatte ich mein Turnzeugs übergestreift, drückte mir Monica Tanner zielstrebig eine dicke Bibel in die Hand. Darauf stand „Internationales Reglement Kunstradsport“. „Das sind alle Vorgaben des UCI. Such dir ein paar Übungen aus, die du machen willst“, sagte sie mit einer Selbstverständlichkeit, die mich erschaudern liess. Dachte ich doch, beim Kunstrad fahren lerne ich vielleicht das „Männli“ oder sitze auf dem Lenker und fahre ein Stück rückwärts. Solche Sachen. Eine Art Edel-BMX mit Freestyle-Einlagen halt, dachte ich. Aber wie beim Ballet oder beim Eiskunstlauf gibt’s auch im Kunstradsport ganz klare Figuren und Vorgaben. Hier war ich definitiv nicht auf dem Ponyhof gelandet. Oder doch? Denn beim Warm up tanzte ich mit dem Rest der Klasse, drei etwa 11-jährigen Mädchen, eine Choreographie mit Ringelreihe-Moment zum Schluss. Erst lachte ich darüber, doch dann zog Monica das Tempo an und ich kassierte eine Ladung Schweissperlen auf der Stirn, als Quittung fürs Belächeln der ersten Runde. Die jungen Ladies stiegen frohen Mutes auf ihre Räder und zeigten Kunststücke, die manchen Zirkusdirektor offenmundig zurückgelassen hätten. Das Sportgerät ist ein stabiles Stahlrad ohne Bremsen, mit Starrlauf und einem riesigen Sattel, der hinten noch etwas hochgeschwungen ist. Wohl damit man beim „Männli“ machen nicht nach hinten wegrutscht, schlussfolgerte ich. Monica korrigierte mich. Hier nenne man dies nicht „s’ Männli“ sondern den „Steiger“. Okay, alles klar. Dann sass ich auch schon, auf Geheiss von Monica, auf diesem 4000-fränkigen Rad und drehte ein paar Runden. Im Kreis fahren war einfach. Die Tücken des Starrlaufs kannte ich ja bereits aus meinem abenteuerlichen Bahn-Race gegen Franco Marvulli auf der offenen Rennbahn Oerlikon.

Kurz danach meldete Marvulli seinen Rücktritt aus dem Radsport an. Ich hoffe, da besteht kein Kausalzusammenhang – aber ich schweife ab. Monica schnallte mir einen Gurt um die ausladende Hüfte und hielt mich daran fest. Erst schaute ich sie ungläubig an, aber offensichtlich war der Gurt ernst gemeint. Monica fordere mich auf, um sie herumzufahren, wie ein Pferd in einer Zirkusnummer. Etwas zittrig fuhr ich los. Ohne viel Zeit zu verlieren, verlangte sie einen „Dornstand“ von mir. Da steht man mit Schwung auf die etwas verlängerte Hinterachse. Ging ganz passabel. War ich etwa talentiert? Nein. Talentiert wäre ich gewesen, wenn ich auf Anhieb den Dornstand freihändig gemacht hätte. Machte ich aber nicht, denn ehrlich gesagt, war ich noch nicht bereit für dritte Zähne. Also hielt ich den Lenker fest und feiert meine erste Figur mit einem „Judihui!“. Die Mädchen kicherten. Ich liess mich nicht beirren und feierte Sekunden später einen gelungenen „Seitenstand Fussantrieb“. Da steht man mit einem Fuss auf dem rechten Hinterraddorn und mit dem anderen auf dem

linken Pedal. Mein Antrieb eierte und die Stilnoten wollen wir gar nicht erst einfordern, doch rein technisch lieferte ich die Figur durchaus ab. Monica lobte mich, legte aber gleich noch einen drauf. Ein „Seitenknien Fussantrieb“ folgte und darauf ganz mutig eine flüchtige „Fusssteuerung“. Tja, und das wars dann auch schon mit den „ungefährlichen“ Figuren. Alle anderen Figuren hätten mein gutes Aussehen oder die Funktionsfähigkeit meines Unterleibs stark gefährdet. Doch von einem unerklärlichen Ehrgeiz getrieben forderte ich von Monica noch den „Steiger“. Amüsiert durch meinen Mut, stellte sie mich mit dem Bike neben die Sprossenwand. Ich klammerte mich wie blöd an den Sprossen fest und Monica machte dasselbe mit meinen Ledergurt. Ich versuchte die Balance auf dem Hinterrad zu finden, fiel jedoch dauernd nach hinten weg, was Monicas ausgeprägte Auffangtechnik auf die Probe stellte. Immer wieder fing sie mich auf, als wär ich ein Baby, das vom Wickeltisch fällt. Also, den „Steiger“ würde ich heute wohl nicht mehr lernen, aber wenigstens den sogenannten „Kehrlenkersitz“ wollte ich noch schaffen. Doch mein Gehirn war zu versessen aufs Vorwärts fahren und versagte im Rückwärtsgang total. Monica musste mich dauernd wieder auf die richtige Bahn bringen und zwar mit vollem Körpereinsatz. Das wurde mir als erwachsener Mann dann irgendwann doch zu peinlich und ich winkte ab. Zum Schluss verfolgte ich die Kür, welche die Mädchen als Training für die nächsten Schweizermeisterschaften vorführten. Ich filmte alles mit meinem iPhone, um meiner 10-jährigen Tochter zu Hause zu zeigen, dass man in der Freizeit auch noch andere Dinge tun kann, als nur auf dem iPod Touch rumzuhämmern. Vielen Dank für deine Mühe Monica. Du hast mir gefühlte 20 Mal das Leben gerettet und ich möchte hiermit feierlich verkünden, dass ich mich offiziell zur Adoption für dich freigebe.


Foto Lutz Häfner: Ch. Wurm©

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Mai 2014

AUGEN UND SCHLÜSSEL 4. März 2014 Christian Platz Meine wackere Grosstante BertaLouise selig, Bärti genannt, wahrlich eine Dame aus Stahl, hatte einen klaren Notfall-Plan im Kopf. Dieser Plan basierte auf jenem Gedanken, der da besagt, dass es nach Einbruch der Dunkelheit auf dieser Welt gefährlich wird. Mit der Dämmerung, die langsam übers Land hereinbricht, kommt auch die Gefahr; täglich – wie zwei brave Schwestern schreiten die beiden voran. Hand in Hand. Wenn meine Grosstante also nach 17 Uhr noch auf der Strasse unterwegs war, ballte sie ihre rechte Hand um den dicken Schlüsselbund herum zur Faust. Zwischen die Finger klemmte sie die einzelnen Schlüssel. Das ganze Arrangement wirkte gleichsam wie ein Schlagring mit fiesen langen Metallspitzen. „Und wenn mir einer blöd kommt“, sagte sie gerne und genüsslich, „stecke ich ihm den grossen Schlüssel direkt ins Auge. Mit Anlauf. Wenn er verwirrt auf den Schrecken und den Schmerz reagiert, seine Hand unkontrolliert zur Verletzung im Gesicht hochfahren lässt, steche ich ihm den Schlüssel gleich noch ins andere Auge. Dann laufen ihm seine Augäpfel aus. Er erblindet und greift gewiss keine ältere Damen mehr auf der Strasse an. Vor einem weissen Stock muss ich keine Angst haben. Hehehe!“ Der “grosse Schlüssel“ meiner Grosstante war natürlich so ein urgemütliches altmodisches Stück mit Bart. Die „Augäpfel laufen aus“, das ist mir immer ganz besonders eklig vorgekommen. Sie laufen also aus. Der Augensaft läuft dir in die Nase, sodann in den Mund – und schmeckt dort wahrscheinlich so salzig-ölig-umami. Obwohl

du unter derartigen Umständen wohl kaum auf den Geschmack achten wirst. Geschweige denn auf das Bouquet oder den Abgang. Ich habe mir den Augapfel – in meinen ach so unbeschwerten Kindheitstagen – deshalb ein bisschen wie ein rohes Ei vorgestellt, das da ausläuft, wenn seine Schale zerbricht. Erst Jahre später habe ich herausgefunden, dass der Augapfel in Wirklichkeit ein fast kugelförmiges, recht solides Teil ist. Als ich nämlich jenen Kampfkunst-Trick erlernen durfte, bei dem man seinem Gegenüber den Augapfel mit einem gut gezielten seitlichen Stoss aus der Höhle ploppen lässt. Plopp. Mit etwas Glück und Geschick kann man den Bulbus oculi dann in sein Nest zurück versorgen – und alles ist wieder gut. Wenn der Trick von echten Könnerinnen oder Könnern durchgeführt wird, läuft nicht einmal gross Kammerwasser aus. Kein Licht geht verloren. Im Idealfall. Aber die Schockwirkung ist für den Gegner beträchtlich! Auf der Transsibirischen Eisenbahn, irgendwo zwischen Omsk und Irkutsk, habe ich mal zwei russische Boxer kennergelernt, eiserne Muskelprotze, mit Ikonen volltätowiert bis über die Hemdkragen, keineswegs ungebildet, der eine hatte seinen Uni-Abschluss in Meteorologie absolviert, der andere in Quantenphysik, beide sprühten nur so vor Humor, wobei sie vor allem Mordund Selbstmord-Witze zum Besten gaben. Die haben sich jeden Abend gegenseitig die Augäpfel rausgeprügelt – und dann wieder sorgsam in den Höhlen versorgt. Zum Spass. Und zur Unterhaltung der anderen Gäste im Speisewagen. Das war eine recht fröhliche Angelegenheit! Wenn man jemanden hingegen den grossen Schlüssel – genauso wuchtig, wie blitzschnell – in ein offenes Auge rammt, ist die Chance gut, dass der ganze Ball durchstochen wird, mit Anlauf durch die Hornhaut, die Linse und den Glaskörper. So man den Schlüssel, dessen Bart in einem derartigen Fall ja wie ein regelrechter Widerhaken wirken kann, nicht einfach im Auge stecken lässt, sondern ihn wieder kräftig zurückzieht, reisst man seinem Gegenüber wahrscheinlich

das ganze Auge aus der Höhle, komplett mit Anschlusskabel. Schon hat man ein saftiges Augapfel-Spiessli mit SehnervSchwänzchen in der Hand, braucht dann eigentlich nur noch Kaiser Sauce – und der Snack ist perfekt. Eigentlich eine saubere dreckige kulinarische Verlockung, wäre durchaus auch als Garnitur für einen supertrockenen Dirty Martini denkbar. Ich weiss zwar nicht, ob sich meine Grosstante Berta-Louise selig, Bärti genannt, das mit dem Augapfel so vorgestellt hat. Trotzdem bewundere ich ihre Haltung in dieser Sache noch heute. Sie war eine ältere Dame mit einem klaren Plan. Und das braucht unsere müde Welt: Menschen mit Plänen! Sowie einem Schlüsselbund… (((Wir könnten hier natürlich, nebst der kulinarischen, noch die psychosexuelle Komponente der Augenthematik ansprechen, könnten die Parallelen zwischen Blendung und Kastration ins Spiel bringen, die – dank Ödipus (???? vor Christus – ???? vor Christus) und seit Sigmund Freud (1856 – 1939) – zu den schönen Stücken im Leierkasten der Psychoanalyse gehören, könnten Georges Bataille (1897 – 1962) und seine “Geschichte des Auges” (1928), den göttlichen Bunuel (1900 – 1983) und seine Augenspalterei in “Un Chien Andalou” (1929) erwähnen, auf Ken Russels (1927 – 2011) “Gothic” (1986) verweisen, wo Nippel, die mächtige Titten zieren, plötzlich zu blinzelnden Äuglein mutieren, könnten die Idee ins Feld führen, dass es – nebst der Vagina mit Reisszähnen, der vielzitierten Vagina dentata eben – auch die Vagina mit dem hypnotischen Auge gibt, geben muss – und könnten dann noch LouLou (geboren 1986, ich weiss nicht, ob sie noch lebt) hinzufügen, jene extraordinäre Stripperin, sie trat in einem Nacht-Club in Manila auf (2009), zu Halloween, die harte Zuckerguss-Augäpfel aus ihrer Pussy gespickt hat, direkt in die Cocktailgläser der werten Gäste hinein, eine artistische Meisterinnenleistung bestimmter Muskeln, wohl trainiert; aber das wollen wir heute schön bleiben lassen!)))

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MUSS MAN NICHT HABEN: DESERT-Y HIGH HEELS

25. März 2014 Midi Gottet Als anonymer Fussfetischist muss ich zugeben, dass ich auch schon den einen oder anderen schlüpfrigen Gedanken in Richtung oraler Einverleibung des weiblichen Körperabschlusses gehegt habe – aber das hier, geht deutlich zu weit. Du meine Güte. Frauen, die dieses Fusskleid allen Ernstes zu einem Date tragen, benutzen bestimmt auch Floskeln wie “Ich muess na schnäll es Düschi go risse, gell?”, oder haben diese kleinen Balletschuhe aus Porzellan über ihrem Bett mit Kuscheltiere-Berg hängen, oder spielen leidenschaftlich gern in ihrer Guggenmusig “Joggelitoggeli” und zwar

das motherfucking TRIANGEL. PS: Hätte noch mehr Bilder davon. Aber wer zum Beischlaf braucht diese Scheisse schon.

DAS MUSS MAN HABEN: EN AFF, DU AFF

17. März 2014 Reinhold Weber Wieso immer nur mit einer drögen PET-Flasche in der Hand herumlaufen? Wo es doch auch herzige Äffchen gibt? Könnte man statt der Freundin mit ins Kino nehmen oder statt eines BigMäcs mit ins Tram. Auch der Scheff wird

sich über den Kleinen freuen, ebenso wie der Kleine sich über dein vegetarisches Lieblingslokal. In jedem Fall wirst du sofort stadtbekannt, und das, ohne mitten auf dem Bellevue die Höschen auszuziehen.


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Mai 2014

DER WHITE RUSSIAN AUS «THE BIG LEBOWSKI» 25. April 2014 Dominik Hug Stylisch trinken wie der Dude aus “The Big Lebowski”? Hier das Rezept für einen White Russian. Ihr benötigt: 4 cl Wodka 2 cl Kaffeelikör (z.B. Kahlua) 3 cl Sahne Eiswürfel Den Kaffeelikör mit Kahlua rühren und in eine Cocktailschale abseihen. Anschliessend die Sahne über einen Löffelrücken auf den Drink giessen. Fertig. Anstelle von Sahne kann man auch Vollmilch verwenden, so machts auch der Dude im Film. www.seeninascene.com

Und was hast du so?

29. April 2014 Jelena Perovanovic. Kennt ihr das, wenn ihr nach vielen Jahren wieder einmal Bekannte oder alte Freunde trefft. Sei es an einem Klassentreffen, an einem Geburtstag oder sonst einer Veranstaltung. Automatisch fühlt man sich zu denen hingezogen, welche man früher gut kannte. Man freut sich anfangs, mustert natürlich, ist gespannt auf die Lebensgeschichten. Voller Erwartungen lässt man sie reden. Und sie erzählen vom gleichen Job wie vor zehn Jahren, manche haben zusätzliche Kurse besucht und dürfen nun Lehrlinge ausbilden, manche haben die Berufsgattung gewechselt. Dann erzählen sie vom Auto, es sei nicht mehr der alte Punto, sondern ein Audi, von der Eigentumswohnung und der neuen Einrichtung. Dann noch wie toll die teure Hochzeit mit 300 Leuten war. Natürlich auch der freudig entgegengestreckte Diamantring. Manchmal von Nachtklubs, in denen man zusammen vor ebenfalls fünfzehn Jahren abhing. Man hat den Eindruck, dass ihre Jugend viel interessanter war als ihr Jetzt. Manchmal sprechen sur noch über die Familie. Sehr gerne über andere Leute. Doch meist handelt es sich um Dinge. Um Besitz. Dann fragen sie: „Und was machst du so?“ Aber eigentlich wollen sie sagen: „Und was hast du so?" Ich antworte: „Nichts, ich besitze nichts dergleichen. Ich habe kein Auto, ich habe keine Wohnung. Ich habe nur einen Hund und ein paar Bücher." Sie schauen ganz verdutzt und mitleidig, denken, ich hätte mein Leben vergeudet. Sie klopfen sich in Gedanken auf die Schulter und sagen: " Puuh. Zum Glück habe ich gespart, immer schön gearbeitet, war nie in finanziellen Schwierigkeiten, habe mein Leben geplant und erfolgreich gemeistert.“ Ich erzähle dann von ständig wechselnden Hobbies, vom Studium, von den vielen verschiedenen Jobs, vom Nichtstun, von der Liebe, den Trieben, dem Nahtod, den gefährlichen Situationen, der Mittellosigkeit, der Verzweiflung, der Umorientierung, den Fehlern, den Begegnungen mit vielen Menschen, dem steten streben nach Wissen und dem Le-

ben als jemand, der alles anfängt und nichts beendet. Sie schauen zuerst fassungslos, dann fragend. Zu gerne hätten sie sich mit mir über etwas Anderes unterhalten. Sie denken, meine vielen Jahre seien einfach verpufft, nichts hätte ich mir aufgebaut. Welch verantwortungsloses Verhalten. Ich sei doch schon immer so eine gewesen. Eine mit dem Kopf in den Wolken. Eine, die sich nicht verändert hat in all den Jahren. Ich sehe ihnen ihre Gedanken an, doch ich lächle. Wie manch einer, weiss ich, was es heisst krank zu sein, davon zu träumen, im Sonnenschein schwimmen zu gehen. In der Einsamkeit des dunklen Zimmers fast zu verzweifeln. Ich weiss, was es heisst, keinen Job zu haben, zu dem man mit dem Audi hinfahren könnte, wenn einen Existenzängste quälen. Ich weiss, was es heisst, einen geliebten Menschen zu verlieren. In solch düsteren Zeiten hatte ich mir noch nie eine schönere Wohnung oder ein besseres Auto gewünscht, denn helfen, hätten sie mir sowieso nicht können. In schwarzen Momenten mache ich die Augen zu und denke an all die schönen Reisen, die Lacher mit Freunden, Meeresbrisen mit Wind im Haar, das Kribbeln im Bauch in unvorhergesehenen Situationen und dem Gefühl, das Glück sei für die Ewigkeit an meiner Seite. Dies gibt mir die Gewissheit, dass das Leben absolut wundervoll sein kann und dass ich Schwierigeres überstanden habe. Meine Erinnerungen, Risikobereitschaft und wenig materieller Besitz geben mir Freiheit und Unabhängigkeit. Ich fühle mich sicher im Leben, man kann mir nichts wegnehmen, denn um glücklich zu sein, brauchte ich nur mich und meine Gedanken. Nur wenn die Tiefs sehr tief sind, können die Hochs auch unglaublich hoch sein. Dann frage ich: "Was ist deine Leidenschaft?" Und sie wissen das erste Mal keine Antwort. Ich lächle, denn ich weiss, der Audi lässt sich nicht ins Grab nehmen. Meine Erfahrungen allerdings, begleiten mich überall hin.

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JA. LEBEN! 4. April 2014 Christian Platz Und wenn es dann Scheisse vom Himmel regnet, wenn sie Dich am Arsch haben, wenn das Konto leer ist, das Herz schwer, kannst du nur eins tun: Die Macht des Irrationalen anerkennen. Und vielleicht sogar vor der Fatalität auf die Knie sinken. Schon in der Morgenfrühe liegen die Nerven blank. Am Abend zitterst du immer noch. Schlafen kannst Du auch nicht. Und bald schon donnert der Wecker los. Jetzt musst du wieder da raus gehen, den Leuten den ganzen Tag über vormachen, dass du etwas bist, dass du etwas weisst. Weil es alle anderen auch tun. Weil du denkst, dass alle anderen sonst merken, dass du eigentlich nichts weisst. Ja nicht einmal wirklich weisst, was zum Teufel du eigentlich bist… Das denkst du, weil du davon ausgehst, dass die anderen wissen, wer sie sind, dass die anderen Dinge wissen, die du nicht weisst. Das Dumme daran ist nur: Die anderen wissen es auch nicht. Sie spielen es der Welt nur vor. Genauso halt, wie du es tust. Denn eigentlich ist hier unten, auf diesem Planeten, den wir unsere Welt zu nennen pflegen, nichts erklärt, kaum etwas enthüllt oder auch nur ansatzweise verständlich. Nicht einmal die Wörter helfen uns. Wörter sind wie Vogelgesang, wie Meeresrauschen, wie das Sirren von

Telegraphendrähten im Wind. Sie können alles bedeuten und umfassen… Ausser dem, was wirklich ist. Denn das war schon vor den Wörtern da. So spielen wir uns also gegenseitig den ganzen Tag Bedeutsamkeiten vor. Um uns in der Welt zu verankern. In einer Welt, auf der wir nur zeitweise zu Gast sind. Nur einen Augenblick lang. Um dann wieder zu gehen. Wohin? Das wissen wir nicht. Und an einem derart unsicheren Ort sollen wir vor Anker gehen?! Das ist doch eine veritable Zumutung. Auf TripAdvisor hätte so ein Menschenleben als Ferienort wohl durchwegs beschissene Bewertungen, vielleicht eine einzige supergute, vom Unternehmer, der hinter dem Angebot steckt. Unter falschem Namen. Aber wer kennt schon den Unternehmer? Oder seinen Namen? Ich wiederhole. Weil es gerade so schön ist. Für mich zumindest. Da kommt man irgendwo her. Man weiss nicht einmal, wo man vorher war. Dann ist man hier. Weiss aber nicht, wie lange der Aufenthalt überhaupt dauert. Am Ende, das gewiss immer zu früh kommt, muss man wieder gehen: Bestimmungsort unbekannt. Entschuldigung – dürfte ich bitte mal den Direktor dieser Anstalt sprechen? Aber wer kennt schon den Direktor? Oder seinen Namen?

Kein Wunder, dass wir unter solchen Bedingungen wenigstens etwas sein, etwas darstellen, wenigstens ein kleines bisschen etwas wissen wollen. Umso weniger wir uns jedoch mit der Fatalität und dem Irrationalen, die im Kern unseres Seins stecken und es gleichzeitig umgeben, arrangieren können, desto unerbittlicher müssen wir unsere unhaltbaren Behauptungen über uns selbst – und unser vermeintliches Wissen – verteidigen. Und schon haben wir einen Krieg aus unserem Leben gemacht. Bravo! Denn alle Behauptungen sind letztlich ganz und gar unhaltbar. Heutzutage sind wir mehr denn je damit beschäftigt, das Irrationale, das Fatale komplett zu verdrängen. Wir wollen alle Drachen aus ihren Höhlen zerren und Schosshündchen aus ihnen machen. Alle Götter von ihren Thronen stürzen – und sie durch einen Sack voller billiger Tricks und halbschlauer Methoden ersetzen. Wir wollen wissen, was morgen sein wird. Obwohl wir ja nicht einmal genau wissen, was heute alles so ist. Deshalb ergreifen wir Massnahmen, setzen Richtlinien und implementieren Spielregeln. Doch die Realität spielt dummerweise nicht mit. Unsere Massnahmen können nicht greifen, weil das Sein einfach kein greifbares Material sein will. Zudem übertritt der gemeine Alltag mit seinen Zumutungen jede gesetzte Linie. Immerzu. Schon eher bedauerlich. Wir könnten stattdessen dem Irrationalen einen Tempel errichten, vielleicht mit Alkoholausschank, in dessen Zentrum sich ein mächtiger Altar erhebt, der Fatalität geweiht. Vor diesem Altar könnten wir dann – mit Fug und Recht – auf die Knie fallen, nackt und demütig, vielleicht noch mit Himbeersauce oder Blut beschmiert, von Kopf bis Fuss. Könnten – wimmernd, kreischend, schreiend – bekennen, dass wir nichts wissen. Wirklich nicht!!! Um dann wieder rauszugehen und – endlich – zu leben. Ja. Leben! Doch wenn es dann Scheisse vom Himmel regnet, wenn sie Dich am Arsch haben, wenn das Konto leer ist, das Herz schwer, kannst du nur eins tun: Weitermachen! Oder vielleicht sogar aufgeben…


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Mai 2014

10 POTENTIELLE PROFILBILDER FÜR MÄNNER 10. April 2014. Kaspar Isler. Frauen haben es aus fünf Gründen viel leichter ein – fürs andere Geschlecht – ansprechendes Profilbild zu erstellen: 1. Sie sind generell das schönere Geschlecht. 2. Männer sind einfacher zu motivieren, ein Bild mit einem Däumchen zu honorieren (s. Gründe 3-5) 3. Sie haben Brüste. 4. Sie haben Brüste. 5. Sie haben Brüste. Kein Wunder also, dass wir Mannsgewehre derweil unter enormem Druck stehen, um uns möglichst ansprechend zu inszenieren. Grund genug der internationalen Bruderschaft der vereinigten Samenspender mit nachfolgender Liste mit einer Wegleitung unter die Arme zu greifen. 1 Der Menschenmagnet Umgeben Sie sich mit möglichst vielen, möglichst schönen Menschen. Wenn sich unter ihren Beiwerken der ein oder andere Szeni oder Promi tummelt, umso besser.

Der Nachteil: Der Vergangenheit hinterher zu trauern hat doch etwas ziemlich Verzweifeltes. 4 Der Geschäftsmann Zeigen Sie sich von Ihrer professionellen Seite.

Businessman on the phone Der Vorteil: Ein Bewerbungsfoto haben Sie eh schon – ausser Sie sind Spargelstecher. Der Nachteil: Sich privat über Ihren Job zu definieren, könnte auf eine alarmierend langweilige Persönlichkeit schliessen lassen.

Der Nachteil: Sie sehen dabei ziemlich übel aus.

2 Der Weltenbummler Flugticket kaufen, verreisen, Handy zücken, los! Um Ihr Interesse an fremden Kulturen zu untermauern, kleiden Sie sich am besten in traditionelles Gewand der entsprechenden Destination.

Der Vorteil: Sie schauen über den Tellerrand und sind damit ein potentiell interessanter Gesprächspartner. Der Nachteil: Wenn Sie pausenlos in den Ferien rumgurken, feilen Sie parallel vermutlich nicht gerade an der steilsten Karriere der Welt. 3 Der Ewiggestrige Kramen Sie im Fotoarchiv und zeigen Sie was für ein Schmuckstück sie vor 20 Jahren waren. Der Vorteil: Als Sie jung waren, sahen Sie richtig gut aus.

Ob Karate, Gym oder Fussball, zeigen Sie der Welt, wie aktiv Sie sind. Neu_Sport Der Vorteil: Keiner mag Schlaffis. Der Nachteil: Keiner mag Angeber. 6 Der Partyhengst Sie sind immer an den angesagtesten Feten der Stadt unterwegs – raus mit dieser Info.

Der Vorteil: Sie wissen, was läuft und sind eine gute Partie, um es krachen zu lassen. Der Nachteil: Sie haben am nächsten Morgen alles vergessen – das Internet nicht. 7 Der Unschöne Zeigen Sie Mut zur Hässlichkeit!

Der Vorteil: Sie sind selbstbewusst genug, um sich auch mal in unschmeichelhafter Pose ablichten zu lassen.

Wenn du nicht an Gott glaubst, woran glaubst du dann?

8 Der Autofahrer Hurra! Endlich lange genug gespart, um sich die überteuerten Leasingraten leisten zu können.

Der Vorteil: Sie sind mobil und stolzer Herr über Dutzende von starken Pferdchen. Der Nachteil: Sie kennen ja das proportionale Verhältnis von der Stärke des Wagens zur Grösse des Geschlechtsteils. 9 Der Werbeträger

5 Der Sportler

Der Vorteil: Sie sind beliebt und gehören dazu. Der Nachteil: Wenn Sie sogar für ein Profilbild optische Hilfe von anderen benötigen, zeugt das nicht gerade von enormem Selbstwertgefühl.

Seite zwanzig

Facebook hat Sie zum Verleger gemacht. Nutzen Sie diesen Kanal auch für wirtschaftliche Zwecke. Der Vorteil: Zeigen Sie Ihrem Arbeitgeber oder Ihrem Kunden, wie loyal Sie sind. Der Nachteil: Erwarten Sie dafür bloss keine Begeisterung von Ihren Freunden. 10 Der Gezeichnete Jemand hat sie mit Stift oder Pinsel verewigt? Das muss Ihr Netzwerk erfahren.

Der Vorteil: Sie dürfen sich über ein Privileg freuen, welches in der nur Regel Weltstars und Staatsoberhäuptern vorbehalten bleibt. Der Nachteil: Vorsicht bei der Wahl des Illustratoren. Es gilt als Faustregel: Lieber vom Leben gezeichnet als von einem zweitklassigen Künstler gemalt. Und das Fazit der Geschichte: In punkto einsetzbaren Reizen sind wir nun mal gottlos unterlegen. Deal with it! Äusserlich: Finden Sie sich damit ab und nehmen Sie es wie ein echter Kerl. Das alleine reicht vollkommen aus, um ihren Mann zu stehen – und darauf reagiert das schönere Geschlecht bekanntlich immer noch am besten. Innerlich: Denken Sie immer dran, dass beim Armdrücken keine der Grazien eine Chance gegen sie hätte, einmal im Monat die Regel zu kriegen und Kinder zu gebären mit Sicherheit kein Spass ist und Sie tendenziell mehr Geld für gleiche Arbeit erhalten. (Sexismus und Chauvinismus off)

29. April 2014 Jelena Perovanovic. 2010 landeten meine beste Freundin und ich auf unserer Kalifornien-Reise auf der anderen Seite der Golden Gate Bridge, in Oakland. Im verarmten Teil. Im Ghetto. In dem Gebiet der Stadt, vor dem man uns gewarnt hatte. Jeder, dem wir von unserem Vorhaben erzählten sagte, wir sollten mal lieber nicht dort hin mit unserem jugendlichen Leichtsinn. Und wenn, dann nur ins "weisse" Gebiet. Selbsternannte Linke, selbsternannte nicht-Rassisten hatten so geredet. Es musste wirklich etwas dran sein. Oder sie waren alle Heuchler. Unser Gerechtigkeitssinn und die Überzeugung, man müsse selbst gesehen und gefühlt haben, bevor man urteilen darf, brachte uns doch dorthin. Auf dieser Reise erlebten wir endlose Gastfreundschaft, Offenheit, tiefe Freundschaft und lernten mehr über das Leben, denn je. Mit einem Freund besuchten wir verschiedene Familienmitglieder in Oakland. Von den Wohlhabenderen zu den Armen. Eines hatten sie gemeinsam: ihre Leidenschaft für Obama und das Christentum. Überall der Präsident und christliche Symbole in den Häusern. Wir redeten und redeten. Es ging es nur darum ob man für oder gegen Obama war. Ich fragte, was sich denn verändert habe seit der Obama an der Macht sei. Nichts, sagten sie, nichts. Ausser vielleicht, dass die Welt anders auf Schwarze schaue. Und das sei schon viel. Es freute mich, dass sie zumindest eine kleine Veränderung zu bemerken dachten. Einmal sassen wir in einem verlotterten, dunklen Holzhaus mit einem ebenso düsteren, zugemüllten Garten (das Entsorgen von Sperrmüll sei zu teuer). Wir besuchten die Cousine des besagten Freundes, die mit 22, bereits drei Kinder hatte und bei ihren Eltern leben musste. Als wir hinein gingen begrüsste uns niemand. Die Tür stand einfach offen. Wir setzten uns auf Sofa und sollten warten. Die Cousine, im pinken Trainer, Joint in der Hand, setzte sich gegenüber. Dann musterte sie uns, sagte kein Wort. Ich musterte ebenso. Die Situation verlangte kein "Hallo", ich wusste, dass man hier nicht viel Wert legte auf Privatsphäre, dass Leute ein und aus gingen und sich meist wenig zu sagen hatten. Ich sah, wie sich ihr süsser, kleiner, etwa vierjähriger Sohn um ihre Gunst bemühte, sie ihn dafür nur zu beschimpfen wusste. "Stop it, motherfucker. Stop that shit." Ich spielte ein wenig mit ihm. Das Gesicht hinter der Hand verstecken und dann zwischen den Fingern hervorkucken. Er lachte immer wieder lauthals, wie die Babys in den meistgesehenen Youtube Videos. Sie blies mit düsterer Miene Haschwolken in die Luft, die dem Raum noch mehr Licht nahmen. Draussen

schien die Sonne, doch ich fühlte mich unglaublich befangen. Hunderte von Familienfotos, Kruzifixe und Jesusbilder an der Wand. Irgendwann fragte sie: "Glaubst du an Gott?" Ich antwortete: "Nein." Ihr starrer, harter Gesichtsausdruck veränderte sich nicht. Dann sagte sie kühl: "Ich habe Angst vor Menschen, die nicht an Gott glauben. Sie haben nichts zu befürchten." Sie fixierte mich abermals mit ihrem Blick und sagte: "Wenn du nicht an Gott glaubst, woran glaubst du dann?" Ich überlegte eine Weile, denn ich hatte mir die Frage so nie gestellt. Ich glaubte an so viele Dinge, dass ich sie gar nie zu fassen versucht hatte. Dann antwortete ich: "Ich glaube daran, dass man Gutes tun kann, nicht nur aus Angst, sonst in die Hölle zu kommen oder bestraft zu werden. Ich glaube daran, dass man Menschen gleich behandeln sollte, wie man selbst behandelt werden möchte. Ich glaube daran, dass man manchmal aus Selbstlosigkeit handeln und damit glücklich werden kann. Ich glaube daran, dass man seine Kinder zu starken, selbstbewussten Menschen erziehen, dass man sie nie erniedrigen, sie in ihrem Tun stützen, ihnen Liebe und Geborgenheit bieten sollte, auch wenn man diese selbst nie erfahren hat. Ich glaube daran, dass ich jeden Tag selbst entscheide, was richtig ist und dass man nicht auf dieser Welt ist, um einem vorgegebenen Weg zu folgen. Ich glaube daran, dass die Liebe zur Familie und Gott nicht an der Wand manifestiert werden kann, sondern im Herzen. Ich glaube daran, dass jeder Mensch seine individuelle Realität und Wahrheit in sich trägt und dass man diese respektieren sollte. Ich glaube daran, dass zu Glauben und zu Beten wundervoll ist, doch dass Taten noch wundervoller sind." Sie blies Rauch durch die Nase und sah mich weiterhin teilnahmslos an. Entgegnete dann: "Ich bete für deine verlorene Seele." -"Ich danke dir." Es tat mir leid, dass ihre Vergangenheit sie zu diesem kühlen, misstrauischen Menschen gemacht hatte. Zu jemandem, der keine Perspektiven gehabt hatte und sie sich nicht schaffen konnte. Sie hatte es nicht verdient, dass man sie der Lebensfreude beraubt hatte. Es tat mir weh, dass sich der Teufelskreis mit der nächsten Generation zu schliessen schien. Und da verstand ich, dass nur dieser Glaube ihr ein kleines bisschen Halt bieten konnte. Eine Hoffnung auf Besserung. Wir hatten uns nichts mehr zu sagen und die Zeit schien in der eindringlichen Atmosphäre stillzustehen. Bis wir gingen, und ich das Bild von ihrem süssen Jungen in meinem Herzen festhielt, sodass es mir heute noch präsent ist.


kult

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Mai 2014

SEX AM OPEN-AIR FRAUENFELD

10. April 2014 Rainer Kuhn Es ist das grösste Hip-Hop-Festival der Welt. Ok. Von Europa. Eigentlich sei es ja gar kein Hip-Hop-Festival, sondern ein „Urban-Festival“. Aber Hip-Hop-Festival habe sich halt so eingebürgert. Mir egal. Ich geh jedes Mal hin, egal wer spielt. Weil ich da mit dem Auto praktisch vor den Eingang fahren kann und nicht stundenlang auf einen Berg kraxeln oder in ein Tobel kriechen muss. Wenns schifft, bin ich also mehr oder weniger

safe. Dieses Jahr freu ich mich auf den Doppelhammer am Donnerstag: Outkast und Pharell. Wir bleiben dann bis zum Schluss und rufen Skor ein lustiges „YOLO“ zu. Denn seit den SMA wissen wir, dass Skor darauf steht, wenn man etwas intelligentes sagt. Freitag wird auch schön werden. Macklemore&Ryan Lewis und Wiz Kalifa. Vielleicht machen wir da am Abend zusammen mit dem ClashClub eine kleine Party im VIP-Zelt. Aber das ist noch nicht verhandelt. Mehr so

ein Wunsch im Moment. Samstag wär dann Nas und Samy Deluxe, mit dessen Sohn letztes Jahr meine kleine Tochter unter der Bühne abgehangen hatte. Ich muss da noch was klären mit ihm, so von Vater zu Vater. Aber der eigentliche Höhepunkt ist auch dieses Jahr das Fehlen von Lil’Wayne. Wir sind jetzt schon nervös. Ach ja, der Titel hat nichts mit dem Text zu tun. Hatte einfach Angst, dass Sie ihn sonst nicht lesen würden. Ist ja mehr oder weniger einfach PR.

M4MUSIC, KAKKMADDAFAKKA! … DIE AUFM BILD HEISSEN ECHT SO

28. März 2014 Alex Flach Es gibt ein paar Gründe, wieso man seine Lebensmittel gescheiter in der Migros kauft als im Coop. Die grenzdebile Coop-Biowerbung beispielsweise. Oder die Sache mit dem Coop-Gammelfleisch. Oder die seltsamen Coop-Preisausschreiben, welche die Gewinner ruinieren weil sie die Steuern für den Gewinn nicht zahlen können. Aber auch weil „Supärcaaaard?“ halt doch etwas penetranter in den Ohren klingelt als „Cumulus?“. Oder, last but not least, weil die Kombi MigrosDenner die besseren Weine abwirft als ein ein Sololauf im Coop, was zwar nicht an der Migros liegt sondern am Denner, aber dennoch… Der wichtigste Grund für

uns ist aber der Umstand, dass die Migros mit ihren Einnahmen feine Sachen macht wie das Kulturprozent, aus dem auch das m4music bezahlt wird, das Festival, das an diesem Wochenende in Zürich und Lausanne ausgerichtet wird. Wir machen jetzt einfach mal ein bisschen Namedropping: Wye Oak, Slaves, Fryars, Skor, Animal Trainer, Manuelle Musik, Manuel Moreno, Mighty Oaks, RY X, Wolfman, Monotales, Blood Red Shoes, We Are Scientists, Tycho, Araabmuzik, Kakkmaddafakka, Left Boy, Who Made Who, Rootwords, Open Season, Glass Animals, Shazam Bell, Death of a Cheerleader, Kassette, The Lonesome Southern Comfort Company, Delakeyz, Parkcity, Look Like, Puts Marie, Ira May,

Pablo Nouvelle, Da Cruz, Charli XCX, Pedro Lehmann, Yokko, Little Dragon (DJ-Set), Broken Bells, Bonaparte, Dillon, The Rambling Wheels, Kapnorth, Me, Valentine & You, Nadine Carina, Jeans For Jesus, Adieu Gary Cooper, Milchmaa, Ekat Bork, Kyasma, Jügr Halter, Danielle Picciotto, etc., etc. und das verteilt auf Exil, Moods, Schiffbauhalle und Box. … uff…. aber hallo. Wenn Ihnen das jetzt alles zu schnell gegangen ist: Wir mögen’s also nicht nochmal wiederholen. Aber Sie können’s hier nachlesen: http://www. m4music.ch/Media/Home/m4m_Beilage_DCH_LowRes.pdf So. Und zu guter Letzt spielen wir jetzt noch was von den Glass Animals…

Seite einundzwanzig

DAS MUSS MAN NICHT HABEN: EIN ARCHITEKTURBÜRO

14. April 2014 Reinhold Weber Muss man nicht haben? Momentmoment, wir begründen gleich. In 20 Punkten. «Architektur ist das kunstvolle, korrekte und großartige Spiel der unter dem Licht versammelten Baukörper“, soll der alte Le Corbusier gesagt haben. Ewiggültige Worte also, die man nach zwei Flaschen Rotwein eben so sagt. In der aktuellen Epoche der Kunstgeschichte geht Architektur allerdings so: 1. Du vernimmst von einem Architektur-Wettbewerb, sagen wir Schulhaus in Zürich, sagen wir Affoltern, sagen wir Bausumme 55 Millionen. Sagst du: das interessiert mich. 2. Du gehst zu den amtl. Schalterstunden zum amtl. vorgeschriebenen amtl. Schalter, legst mehrere hundert Franken amtl. Ausschreibungsgebühr auf denselben und behändigst im Gegenzug a) die 40-seitigen amtl. Ausschreibungsunterlagen sowie b) ein 50 Kilo schweres und entsprechend handliches Gipsmodell der Topographie, wo die amtl. Lehrstätte dannzumal draufbetoniert werden soll. 3. Du holst dir beim Runtertragen des Gipstrümmers einen Leistenbruch, was dir die Gelegenheit gibt, im Spitalbett zu versuchen, die 40seitige Ausschreibung zu kapieren. 4. Du brauchst einen Drink. 5. Du erfährst, dass sich ausser dir 85 weitere Architekturbüros für die Ausschreibung interessiert haben, wovon letztlich 56 am Wettbewerb teilnehmen werden. Die anderen sind bereits in der Anfangsphase irgendwo irgendweshalb verschütt gegangen. 6. Trotz umfangreicher und namhafter Konkurrenz machst du mit. Schliesslich bist du ETH und SIA und ein Hart-Ei. 7. Du legst dein Architekturbüro die nächsten zwei, drei Monate lahm für dieses Projekt, überlegst, entwirfst, verwirfst, zeichnest, planst (zwei- und dreidimensional), telefonierst, e-mailst, rechnest und lässt nachrechnen und nagelst zuletzt in drei Tagen und drei Nachtschichten die Präsentationsunterlagen zusammen (Pläne, Projektbeschreibung, Modell usw.) 8. Betriebswirtschaftlich betrachtet produzierst du damit einen Aufwand von rund 50 000 Franken, es sei denn, du arbeitest mit einem Partnerbüro in Shanghai, Zagreb oder Casablanca zusammen, wo die Löhne noch tiefer

sind als in deinem Büro. Dann kommst du auf lediglich noch 30 000 Franken Präsentationsaufwand. 9. Diesen bezahlt dir natürlich keiner. 10. Da dieser Aufwand aber auch all den 55 Mitbewerbern nicht bezahlt wird, macht das dann nach Adam Riese insgesamt ca. drei Millionen Fränkli Architekturleistungen aus, für die keiner aufkommt, und womit man ein 10-köpfiges Architekturbüro schätzungsweise zweieinhalb Jahre lang betreiben könnte. 11. Dein Treuhänder braucht einen Drink. 12. Dann der Tag X. Abgabetermin, bis punkt 16.00 Uhr. Zwei Minuten danach ist Sense. Du stemmst das schwere Gipsmodell sowie die anonymisierten Präsentationsunterlagen an den Ort der Jurierung (4. Etage rechts, Zimmer 201) und haust möglichst unerkannt wieder ab. 13. Eine 13 ExpertenInnen umfassende Fachjury nimmt sich drei Tage lang Zeit, die 56 Projekte zu begutachten. Das sind rund 40 Minuten pro Projekt. Also etwa so lange, wie ein Busfahrer braucht, um das Menu 2 (mit Kompott oder Salat) in der Quartierbeiz zu verdrücken. 14. In der Jury sitzen/stehen a) VertreterInnen aller „involvierten Ämter“, b) ArchitektenInnen sowie c) Organe des Lehrkörpers (PädagogenInnen? Pädagogende?). Ist ja egal. Hauptsache Experten, die man unlängst noch Lehrer nannte. Rassige Zweifarb-Kurzfrisuren, Cordhosen, ihr wisst ja. 15. Dann erhält ein (1) Architekt den Zuschlag, also schon wieder nicht du. 16. Du brauchst einen Drink. 17. Und einen Joint. 18. Du teilst deinen Kolleginnen und Kollegen im Büro mit, dass schon wieder nichts war, aber eigentlich sei man froh, einen Bau nicht erneut unter BSA/SIA-Tarif ausführen zu müssen, sich nicht mit Beamten der Stadt und den Anwälten des Generalunternehmers herumzuschlagen, und am Schluss seiche es wegen dieser elenden Kostendrückerei schon am ersten Tag ins Flachdach hinein. Wie beim Puls 5 in Züri-West. 19. Da könne man ja gleich eine Beiz aufmachen oder eine Boutique oder ein Nagelstudio oder eine Werbeagentur. 20. Oder ein Architekturbüro.


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OUTKAST

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Mai 2014

Seite dreiundzwanzig

Warum stehen Männer auf hüpfende Brüste?

29. April 2014 Jelena Perovanovic. Ob ihre Titten wohl immer noch wippen? Ja, ich bin eine Frau. Und nein, ich kann nicht in Männerköpfe hineinsehen. Aber ich kann eure aufgerissenen Augen sehen, wenn der Vorbau wackelt. Wie ein vom Auto-Scheinwerfer erfasstes Reh seht ihr aus. Wenn Frauen Joggen und ihr euch trotz Kinderwagen und bildhübscher Frau (mit riesen Hupen)

an der Hand, umdreht, als sei gerade Batman im Batmobil vorbeigeflitzt. Männer trauen sich Voyeure zu sein und das ist auch gut so. Es sichert das Überleben der Menschheit. Jedenfalls erlaube ich mir solche Fragen zu stellen, weil sie wichtig sind. Wir Frauen schämen uns nämlich meistens für unsere hüpfenden weiblichen Komponenten. Für uns ist das ein Error. "I came in like a wrecking ball, yeah, I

1’000 GRÜNDE, WARUM ANNA KÄNZIG EIN AKUSTISCHES JUWEL IST

5. Mai 2014 Kaspar Isler Die gäbe es, ehrlich. Aus Zeitgründen muss ich mich auf deren 10 beschränken, die mir bei meinem Besuch im Stall 6 am Samstag mal wieder unmissverständlich in Erinnerung gerufen wurden. 10) Anna ist die Schwester von Lisa. Lisa ist die einzige Frau in Zürich, die den Mumm hatte, in einem grandiosen, clubübergreifenden und promillegeschwängerten Dance-Battle gegen mich leichtfüssige Grazie anzutreten. Über den Ausgang des Wettbewerbes schweigen wir vornehmlich – unter anderem, weil meine Erinnerung erhebliche Lücken aufweist. 9) Anna schreibt und komponiert selbst (ja, das gibt es noch). 8) Anna klingt auch zwei Stunden nach der Landung aus Kalifornien und mit dickem Jetlag um Längen besser als alles, was wir hierzulande zur „besten Stimme der Schweiz“ gekürt haben. 7) Anna schafft es, dich akustisch so zu entführen, dass dir selbst der nassgeschwitzte Hippie, der sich am Konzert gerade zum zehnten Mal zwischen dir und der Wand durchzwängt, total egal ist. 6) Das stimmliche Duett von Anna Känzig und ihrem Bühnenpartner Tobey Lucas lässt sich am besten so erklären: Stelle einen richtig verfressene Buben vor die Wahl zwischen einem Banana

Split und einem Coup Dänemark. Dann sag ihm, dass er nun beide zusammen verschlingen darf. 5) Singer-Songwriter klatschen in der Regel viel und viel falsch. Anna klatscht taktgenau wie ein Metronom. 4) Anna ist auf der Bühne zu jeder Zeit präsent und dabei herrlich unangestrengt. 3) Katie Melua ist auch nicht ohne aber ob es nun 3 Millionen Velos in Peking hat oder nicht, ist mir dann doch herzlich egal. Die Songs von Anna haben Botschaft. 2) Anna ist der Typ Schweizer Promi, der lieber einmal einen Artikel weniger macht, als komplett deplatzierte Dinge aus ihrem Privatleben für eine Story auszuschlachten. Ich möchte hier ja keine Namen nennen. ähemräusperveradillier. 1) Anna hat den Überraschungsmoment. Nein, nicht diesen komplett ausgeleierten, hochstilisierten „Mann sieht die übel aus – wow, die kann ja singen“-Moment, den man aus Castingshows kennt. Anna ist hübsch. Eine Wundertüte ist sie trotzdem: Fernab des Mikros dezent und unaufdringlich, auf der Bühne stimmgewaltig und raumfüllend. Der geneigte Leser bemerkt: Ich bin Fan – und ihr solltet es werden. Check out: http://www.annakaenzig. com

just closed my eyes and swung". Es ist so, als hättet ihr eine Unterhose an, doch eure Eier ziehen nach unten. Nach links, rechts, rauf runter. Hurricane Kathrina ist gerade zu Besuch. Ihr macht dann Sport, wollt vollgas geben und eure verdammten Klöten klatschen euch immer wieder fast an den Kopf und ihr habt Angst, den Typen neben euch vom Laufband zu katapultieren. Dann gibts da noch die weibliche Doppelbrust. Jesses Maria! Ich hoffe, dass wir uns wenigstens in diesem Punkt einig sind. Rocky Horror Picture Show. Ein viel zu eng sitzender BH, der einzig den Zweck erfüllt, aus unseren zwei Brüsten, vier Stück zu machen. Camel Toe mal zwei. Wie diese Geburtstagsballons, mit denen man Hunde und weiss Gott was alles formen kann. "He Mama, wann kommt denn der Doppelbrust-Clown mit den vier Chicken Nuggets?" Bei euch Männern wäre das so, als wäre gerade Ostern, aber alle Kinder sind traurig, weil die Ostereier nicht versteckt sind und zerquetscht wurden. Übersetzt: Frauen HASSEN es, wenn etwas nicht stimmt mit der Schwerkraft und dem Aussehen ihres Vorgebirges. Ausser die mega-Emanzen, die eh keine BH's tragen weil das ja ach so einschränkt und Zwang ist und blablabla. Schätzchen, mit 40 haste so Hängebesen

wie die Angolanischen Himba Stammesfrauen. Good Luck. Und komm mir bloss nicht mit der Oberflächlich Schiene. Wenn du dann Knieschmerzen hast vom Draufschlagen deiner Möpse, wirste an mich denken. Niemand will sein Holz, das vor der Hütte liegen müsste, im Wald suchen gehen. Ihr Männer allerdings, seid total fasziniert. Ihr würdet uns doch am liebsten auf Hüpfbällen zur Arbeit springen sehen. Oder immer auf dem Trampolin in der Küche stehend. Daueraerobic. Cindy Crawford, FKK Springseilhüpfen, Wet T-Shirt Contest mit Gummi-Twist Challenge. Am naheliegendsten war, zuerst meinen Freund zu fragen. Der sagte dann nur mit Herzchen in den Augen und einem verliebten Blick, mit dem er mich schon fünf Jahre nicht mehr angesehen hatte: "Wie meinst du das? Kannst du mir zeigen wie du das ganz genau meinst?" In seinem Kopf war gerade Weihnachten. Als wäre ein neues Call of Duty erschienen. Jackpot! Ich konnte leider keine wissenschaftlichen Artikel zum Thema finden (Komisch. Höchste Zeit für einen Klub der Bouncing-Breasts Forscher), weswegen ich jetzt einfach mal behaupte: Einerseits sieht der Mann auf seine Aktion eine Reaktion. Wenn er also ei-

nen Stoss gibt, kommt gleicht das Wippen. Wie die Zwischenlösung bei einer schwierigen Algebra Aufgabe. Die komplette Lösung wäre dann der Orgasmus. Da Männer (meistens) logisch denken, muss das einer der Gründe sein. Des weiteren kommt noch hinzu, dass rundliche Frauen vor zig Jahren begehrter waren, also als fruchtbarer galten und somit Nachkommen und das Überleben sicherten. Damit es auch alle verstehen: Dicke Euter und breite Hüften sowie Fettreserven, ergaben gesündere Kinder. Auch naheliegend wäre: Da in Pornos oft so krass gerammelt wird, dass Brüste nicht anders können als zu springen, ist so ein Idealbild des Wackeldackel-Sex entstanden. Unsere visuelle Vorstellung von Erotik, geformt von der Pornoindustrie und dann auf andere Medien übertragen, in beispielsweise CollegeFilmen wie American Pie. Und zu guter Letzt die Anziehungskraft der Weiblichkeit. So seid ihr sicher, dass ihr es gerade nicht mit einem haarigen Mann zu tun habt. Ich finds toll. Der Umgang mit Männern ist so einfach und klar. Ich habe meine zwei Waffen der Manipulation immer bei mir. Wenn ich von meinem Mann mal nicht kriege was ich will, bestell ich mir einfach eine Hüpfburg nach Hause.

JA, DU BIST COOL

5. Mai 2014 Reinhold Weber Und smart. Und good looking. Und sexy. Dein Hündchen ist süss. Deine Katze herzig. Der Hafenkran toll. Deine Schreibe originell. David Bowie der Grösste. Dein Cabrio geil. Der Maurer ein Arsch. Dein Citybike knallrot. Der Geburtstag von Kylie heute. Deine politische und generelle Einstellung und so

tolerant. Die Merkel ein Ferkel. Clooney sicher schwul. Dein Chef scheisse. Der Montag voll kacke, Religion des Teufels und dein Urlaub ist total relaxed. Der Brunch war lecker, der Prosecco süffig, der Himmel blau, der Spaziergang schön, die Gartenbeiz lauschig, und was Einstein so gesagt hat genial. Deine neuen Heels sind high, deine Arschbacken knackig, Big-Mäc-Esser zu

dick, deine Beine gebräunt, die Fleischfresser Mörder, die Löhne zu tief und Haare am Sack totaaal gruuusig. Du hast eine neue Frisur, einen neuen Freund, einen neuen Lieblingssong und von all dieser Oberflächlichkeit die Schnauze voll. Na ja, du weisst schon.


Das Universum...

Lichtjahre entfernte...

...ein Mensch je war.

Fremde Himmel...

...Sonnensysteme....

...Planeten und Monde...

Wo noch nie...

..und W端sten...

...verdammt.

Mehr Abenteuer voM zukkihund: fAcebook.coM/zukkihund


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