Kult Oktober 2015

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kult Die besten Blogs aus kult.ch. Oktober 2015.

kult ist die erste Blog-to-Print-Zeitung der Schweiz: Unzensierte Kommentare zum täglichen Leben und dem, was sich in den Medien so abspielt.

LEUTE, DIE AUF FACEBOOK ALLES MIT «UND IN CHINA IST EIN SACK REIS UMGEFALLEN» KOMMENTIEREN… 3. Oktober 2015 Midi Gottet …gehen mir sowas von auf den Sack. Diese Leute kann nichts, aber auch gar nichts mehr beeindrucken. Dabei sind sie mit ihrem Sack-Reis-Kommentar etwa so originell wie Prostatakrebs im Endstadium. Jedesmal, wenn ich diesen Kommentar lese, muss ich mich ein klein bisschen in meinem Mund übergeben und kriege Atemnot. Wenn ich dann auf Facebook poste, dass ich fast erstickt bin, schreibt einer dieser Idioten bestimmt wieder “Und in China ist gerade ein Sack Reis umgefallen”. Und es sind immer jene Leute, die sonst nie was kommentieren. Sie haben der Gesellschaft nichts zu sagen, ausser ihrer verdammten Reis-Line. Sie warten den ganzen Tag, bis einer wieder was postet wie “Christoph Mörgeli mit Conchita Wurst auf frischer Tat beim Cristal Meth fixen im Asylantenheim ertappt” und kommen dann mit ihrem vorgeschusterten “Und in China ist heute ein Sack Reis umgefallen”Kommentar. Bumm…! Als wären sie fucking John Wayne in einem WesternDuell. Wer interessiert sich schon für Mörgelis Wurst-Case-Scenario, wenn man mit dem oberschlauen Sack-ReisAnkommer auftrumpfen kann? Aber wissen diese Leute auch, was es bedeutet, wenn in China ein Sack Reis umfällt? Nein, wissen sie nicht. Sonst würden sie nicht so leichtfertig

mit diesem Satz um sich schiessen. Kürzlich ist mir in der Küche eine offene Packung Hörnli runtergefallen. Das war eine Explosion. Ich brauchte ein Bäseli und Schüfeli, einen Dyson Handstaubsauger, zwei Valium und verdammt viel Geduld um diese Hörnli wieder einzusammeln. Und das waren ja NUR Hörnli. Die sind ja etwa zehn mal grösser als ein Reiskorn. Stellen sie sich mal vor, was passiert, wenn in China tatsächlich ein Sack

TSCHULDIGUNG, LIEBE FRIEDHOFSVERWALTUNG

Reis umfällt. Horror…! Ein Feuerwerk an Reiskörnern, die durch die Bude fliegen. Und die Chinesen haben keinen poshen Dyson Handstaubsauger wie wir. Kein Bäseli und Schüfeli. Nein, die haben nicht mal Messer und Gabel. Die armen Chinesen müssen jedes einzelne Reiskorn mit ihren Ess-Stäbchen auflesen und wieder zurück in den Sack befördern. Reisfresser halt. Die haben da nix anderes. Und hier auf Facebook haben diese Schmeiss-

fliegenhirnis nichts besseres zu tun, als mit ihren Wixgriffeln tagtäglich “Und in China ist übrigens ein Sack Reis umgefallen” auf mein Profil zu gichten. Dieser Satz ist doch eine Self Fullfilling Prophecy, eine sich selbsterfüllende Prophezeiung. Jaha, da lachen jetzt alle hämisch, wenn ich das hier schreibe, aber was bedeutet das, Self Fullfilling Prophecy? Es bedeutet, die Chinesen kommen nicht mehr nach mit Reiskörner aufpicken, die Wirtschaft bricht zusammen und China ist gezwungen alle eingekauften Staatsanleihen der Amis zu verhökern, was den Dollar in den Keller sausen lässt, was wiederum die amerikanische und somit die westliche Welt in den Hintern reitet und PÄNG, ehe wir uns versehen, landen wir alle auf einen Schlag wieder zurück in der Steinzeit. Jaha, jetzt lacht keiner mehr. Aber sie können sicher sein, wenn wir dann alle mit einem Knochen in der Frisur ums Lagerfeuer sitzen und uns darüber beklagen, dass wieder irgend so ein dahergelaufener Neandertaler uns über seinen vergerbten Steinzeit-Penis gestülpt hat, kommt genau dann so ein beknackter MongoSapiens um die Ecke und sagt: “Ach wirklich? Und in China ist gerade ein Sack Reis umgefallen.” Ihr Sack-Reis-Luschen seid bei mir auf dem Profil sowas von fünf vor defriend, aber sowas von.

für alle, die nicht einen monat lang auf die kultzeitung warten wollen

Wir haben uns selber überholt Wir haben uns selber überholt. Nur die Technik ist noch schneller, drum glauben wir, dass wir immer noch im Rückstand sind. Und versuchen krampfhaft, diesen Rückstand aufzuholen. Diesen Rückstand an Wissen, an Glauben, an Möglichkeiten, an Weit-, Über- und Durchsicht. Wir glauben, dass wir in all den verschiedenen Dingen, die uns beschäftigen, noch nicht weit genug sind. Und wollen immer noch weiter. Und in dieser Hektik, immer schneller immer noch weiter zu müssen, werden wir immer flüchtiger, immer schluddriger, lassen das Wesentliche unsortiert liegen und hetzen dem Phantom der Perfektion hinterher. Dabei werden wir nicht besser. Nur lauter. Und lauer. Erfinden Werte, die keine sind, in der Hoffnung, keiner merkts, in der Hoffnung, dass der Junge am Strassenrand, welcher ruft, dass der Kaiser ja gar keine Kleider anhat, grad in den Ferien ist, oder krank, erfinden Begriffe, die nichts aussagen, für diese Werte, die keine sind, während der Karren immer mehr stottert. Dabei suchen wir dann die Schuldigen für das Stottern des Karrens, die, die links vom Karren laufen beschuldigen die, die rechts vom Karren laufen, und umgekehrt, während der Karren selber gar keiner mehr ist, nur noch die Erinnerung an eine Zeit, in der er ein Rennwagen war und ihm alle verzückt hinterherjubelten. Die Wahrheit sieht anders aus: Wir drehen uns im Kreis. Nur die Lautstärke und die Heftigkeit in unserem Denken und Tun unterscheidet sich von jenem von gestern und vorgestern. Da ist kein Rückstand, den wir aufholen müssen. Stattdessen sollten wir einfach mal anhalten und erst mal all das in Ordnung bringen, was wir haben. Wer immer gleich ein neues Auto kauft, nur weil beim alten der Aschenbecher voll ist, wird in immer kürzeren Abständen vor den immer gleichen Problemen sitzen, ungeachtet, ob das Steuerrad auf der linken oder auf der rechten Seite des Sitzbankes angebracht ist. Herzlich, Rainer Kuhn

seit 1997 Erscheinungsweise: Monatlich (12 x pro Jahr) Auflage: 20‘000 Exemplare Verbreitungsgebiet: Stadt Zürich Herausgeber: Kult GmbH, 8006 Zürich

8. Oktober 2015 Reinhold Weber. Aber mein Opa war schon immer ein Messi.

5. Oktober 2015 Rainer Kuhn. www.kult.ch - 3 x täglich neu. Egal wo Sie sind. Ist übrigens schon seit 2009 so. Habens einfach noch nicht alle gecheckt. Drum bringen wirs hier mal.

Chefredaktion: Rainer Kuhn Autoren: Reinhold Weber, Alex Flach, Midi Gottet, Pete Stiefel, Christian Platz, Dominik Hug, Jelena Keller, Michèle Binswanger Gestaltung: Fredy Heritsch Kontakt: rainer.kuhn@kult.ch http://www.facebook.com/kult.ch Kultzeitung, kult.ch, kultradio.ch sind Unternehmungen der kult gmbh.

Nächster Halt: Zuckerberg. www.facebook.com/zuerilinie


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JUGGLE IT JUST A LITTLE BIT 25. September 2015 Midi Gottet Auf der riesigen Blatterwiese am Zürisee traf ich mich mit Nico Rietmann, dem Jongleur meines Vertrauens. Nico trug schwarze Klamotten, ein kariertes Altherrenkäppi und braune Halbschuhe. Ich schreibe diese Sportkolumnen seit über zehn Jahren, doch die Person, die mich jeweils folterte, trug nie Halbschuhe, sondern Turnschuhe. Sollte das hier womöglich ein Spaziergang im Park werden? Ja genau, und wovon träumst du nachts Midi Gottet? Nico drückte mir fürs Erste nur einen einzigen Ball in die Hand und dieser eine Ball sollte mich während der nächsten halben Stunde ziemlich beschäftigen. Nico stand mir gegenüber und forderte mich auf, den Ball einfach von einer in die andere Hand zu werfen. Klingt einfach, ist es auch, bis Nico einem sagt, was man zu tun hat. Ich solle den Ball nicht fokussieren, sondern einfach mein Blickfeld scannen um den Überblick zu gewinnen. Und siehe da, ich sah den Ball auch, obwohl ich ihn nicht direkt fokussierte. Zudem sollten meine Oberarme stets an meinem Oberkörper bleiben und mit meinen Unterarmen einen 45 Grad-Winkel beschreiben. Ich durfte also meine Arme nicht ausstrecken, um einen „schlechten“ Schuss abzufangen. Nein, dafür hat der Jongleur ja Beine. Ich begann also, wie ein aufgeklapptes Sackmesser auf der Wiese, herumzuhüpfen, um allen abverreckten Würfen nachzurennen. Der Gärtner, der gerade auf seinem Rasenmäher vorbeifuhr, begriff spätestens jetzt, wer von uns zweien der Amateur war. Und eins lernt man bei der Jonglage sehr schnell: Jeder Fehler wird mit einmal Bücken bezahlt. Denn Nicos Job war es lediglich, mir das jonglieren beizubringen, nicht meine Bälle aufzuheben. Und dann verlangte Nico von mir, dass ich meinen Kopf in die entgegengesetzte

GEFALLENE HELDEN: JENNIFER LIEN

28. September 2015 Dominik Hug 21 Jahre alt und bereits zu den Hauptdarstellern einer Star Trek-Serie zählend, nein, Jennifer Liens Karrierestart war alles andere als schlecht. In der Rolle der Kes spielte Lien während den ersten drei Seasons von Star Trek: Voyager. Mit Beginn der vierten Staffel durfte Lien jedoch ihren Spind räumen, da die Produzenten mit Darstellerin Jeri Ryan eine Prise mehr Sex in die Serie bringen wollten. 1998 spielte sie neben Edward Norton im Drama American History X. Ebenso war sie als Synchronsprecherin für einige Zeichentrickproduktionen wie Men in Black oder König der Löwen 2 tätig. Danach wurde es sehr ruhig um Lien. In den letzten Jahren geriet Jennifer Lien des öfteren mit dem Gesetz in Konflikt (unter anderem wegen Körperverletzung. Ende August 2015 entblöste sich Lien während eines Nachbarschaftsstreits vor einigen Kindern und wurde wegen Exhibitionismus verhaftet. Was genau Jennifer Liens Seele plagt wissen wir nicht. Die Darstellerin ist erst 41 Jahre alt, wirkt auf aktuellen Bildern jedoch einiges älter, total aufgeschwommen und mitgenommen. Wir wünschen ihr und ihrer Familie viel Kraft.

Richtung des Balls drehe, nachdem ich ihn geworfen hatte. So lernte ich den Ball blind aufzufangen oder besser gesagt, ich lernte den Ball vom Boden aufzuheben. Bei jedem mal Bücken wurde ich demütiger, ängstlicher, schlechter. Die Pace, mit der Nico mich durch die verschiedenen Aufgaben führte, war ziemlich hoch. Es blieb also nicht viel Zeit um mich zu schämen zwischen meinen Joggling-Fails. Nun beschrieben wir mit dem Ball eine liegende Acht in der Luft. Das konnte sogar ich, denn ich durfte den Ball dabei nicht loslassen. Ha! Dann sollte ich ihn werfen und mit der anderen Hand umschweifen und unten wieder auffangen. Das war die Grundlage der Jonglage, die liegende Acht, ein Symbol für die Ewigkeit – oder für ewiges Bücken. Ich weiss gar nicht mehr, was ich mit diesem Ball alles gemacht habe. Teilweise gings zwischen den Beinen oder hinter dem Rücken durch. Auch den Ball auffangen zwischen oder neben den Beinen wurde von mir verlangt. Schwierig,

schwierig. Dass ich dabei ohne Knoten in den Extremitäten davongekommen bin, ist ein Wunder. Nico zeigte viel Geduld, als es für mich darum ging, den Ball hochzuwerfen und ihn nach einer Drehung wieder zu fangen. Oder den Ball hochzuwerfen, nach hinten zu blicken, den Ball zu fangen und danach zu berichten, wieviele Finger Nico hochgehalten hat. Ein lustiges Spiel – für alle Passanten am See und natürlich den Gärtner, der mich vermutlich schon aufgegeben hatte. Nico drückte mir endlich den zweiten Ball in die Hand. Jetzt ging alles beidseitig und vor allem gleichzeitig los. Mit zwei Bällen üben heisst aber auch, sich nach zwei Bällen bücken zu müssen. Jonglieren ist definitiv gut für die Rückenmuskulatur. Nico übte mit mir zum Schluss Siteswaps mit drei Bällen. Das heisst: Zwei Bälle rechts, ein Ball links. Rechte Hand wirft einen Ball hoch, rechte Hand wirft den zweiten in die linke Hand, linke Hand wirft den dritten Ball hoch bevor sie den zweiten Ball fängt und wieder zurück zur rechten Hand wirft. Dann geht alles wieder von vorne los. Im Endlos-Loop würde man das dann jonglieren mit der Notation 423 nennen. Aber daraus wurde bei mir nichts. Ich zerschellte förmlich an dieser Aufgabe und warf das Handtuch, also die Bälle, auf den Boden. Sie wissen schon, ich gab auf. Nach 75 Minuten waren meine Hirnsynapsen am japsen. Doch bei mir wurde definitiv der Ehrgeiz geweckt, irgendwann diesen 423 Siteswap zu schaffen. Der Optimist Nico meinte, morgen würde das schon viel besser klappen. Ja genau, aber danke Nico, für deine Geduld. Vielleicht siehst du in 20 Jahren einen Youtube-Clip, in dem ich jonglierend von einem Gärtner niedergemäht werde. Suchbegriff: „Old Man Joggling Fail“.

REKLAME, DIE WIR GERNE ÖFTER SÄHEN, HEUTE: FLORA CIGARREN

6. Oktober 2015 Reinhold Weber Weil: Natürliches Produkt (bio), echt (!), Flora (nicht Fauna), keine Baseballmütze, glückstrahlende Mimik, rote Bäckchen, gepflegte Zähne, adrette modische Fliege, aus dem Aargau. Und das alles in korrekter Orthogaphie, hübschen Farben, ohne “Entdecken Sie …”-Schlagzeile und ohne jeglichen billigen Sexismus.

MUSS MAN HABEN: EIN SAFTIGES STEAK, EINE WÜRZIGE SAUCE, EINE NEUE MATRATZE

18. September 2015 Reinhold Weber Dazu empfehlen wir einen Besuch in der Bettwaren-Abteilung von IKEA, und zwar vor dem romantischen Candlelight Dinner.

BREAKING NEWS: GALAXUS WERBUNG IST NICHT MEHR PEINLICH

23. September 2015 Midi Gottet Auch schon aufgefallen? Die Zeit der peinlichen Glaxus-Auftritte ist vorbei. Tja, da gibt’s nix mehr zu meckern. Okay Textchen, okay “Schnappschuss”, okay

Freizeitmodel. Verdammt, so macht’s einfach keinen Spass mehr. Ein herzliches “Gern geschehen für die gratis Beratung durch unser Bashing hier” in die PR-Abteilung von Galaxus.


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TEUFLISCHES TREIBEN IM SUMPF DER SEXUALMAGIE 14. September 2015 Christian Platz Hinter dem Häuschen mit dem windschiefen Dach steht die Nganga. Im tiefen Bauch des rostigen Kessels schmoren die Ingredienzien einer gehaltvollen magischen Suppe gemächlich vor sich hin, über einem hübschen Feuerchen: Die Knochen eines Bestattungsunternehmers, die Zunge eines Papageis, vor Jahrzehnten von einer sonnigen Karibikinsel entführt, dann gefühlte Ewigkeiten in der guten Stube einer feinen alten Schweizer Dame angekettet, an eine vergoldete Stange, am Ende elendiglich ausgetrocknet, im Alter von 250 Jahren, das taufrische Hirn einer Hair Stylistin, der Kadaver einer Kobraschlange und viele andere schöne Dinge, in denen magische Potenzen stecken… Heute Nacht wird der Sud seine volle okkulte Wirkung entfalten. Unter den epischen Beschwörungen des Paleros, die er in einem besonders vulgären Spanisch – mittelamerikanischer Prägung – intoniert. Dann werden die Feinde dieses Mannes, der einst aus Skandinavien hierher gezogen war, in die tropischen Sümpfe des tiefen Südens, die seine heutige Wirkstätte sind, reihenweise fallen. Die Einheimischen nennen ihn Voodoo Joe, was nicht gerade originell ist, den Nagel aber recht gut auf den Kopf trifft – und vielleicht handelt es sich dabei ja um einen jener Nägel, mit denen einst ein Mann an einem Stück Holz befestigt worden ist, weil er die Geldwechsler und Schacher mit seiner Peitsche für immer aus dem Tempel vertreiben wollte, der Börse seiner Zeit. Die Zeit bis zum Abend vertreibt sich Voodoo Joe – eigentlich ist er eben ein Palero, einer von der dunklen Judio-Tradition, die vor keinem Blutopfer, vor keiner Leichenfledderei zurückschreckt, und klar, Palo ist mit Voodoo, wenn wir dieses währschafte Bündel synkretistischer, afro-karibischer Religionen denn mit einem derart unpräzisen Begriff bezeichnen wollen, verwandt, doch Palo verbirgt seine Geister und Gottheiten aus dem Herzen Afrikas, im Gegensatz zu Voodoo, nicht hinter katholischen Heiligen -, vertreibt der Palero sich also seine kostbare Zeit, indem er mit Linda und Belinda, zwei wohlgestalten, phantasievollen, sexfreudigen Cousinen vom Stamm der Alligatoren-Häuter, wieder einmal eine Orgie betreibt, derart ausschweifend, derart unzüchtig, dass ihr Anblick wohl sogar dem göttlichen Donatien Alphonse François die Schamesröte in die fetten Arschbacken getrieben hätte. Und wahrlich, die voluptuösen Arschbacken von Linda und Belinda, diese sind herrlich sonnengebräunt, weil sich die beiden Cousinen splitternackt den Strahlen jenes heissen Gestirns, das unsere Welt warm hält, auszusetzen pflegen, hoch oben, über dem Sumpfland, in den Baumkronen, auf hölzernen Liegen, die ihr gemeinsamer Ehemann, Alain Deveraux, ebendort für sie installiert hatte, werden mächtig gezwickt, geknetet, gespreizt. An diesem fröhlichen Nachmittag, im Häuschen des Paleros, mit seinem windschiefen Dach, umgeben von Sümpfen, die nur so strotzen vor reptilischem, amphibischem, ichthyologischem Leben. Der Zivilstand unserer beiden Ladies spielt im Rahmen dieses lustigen LustTrios übrigens keinerlei Rolle, denn der Bigamist Alain Deveraux ist froh, dass der Palero ihm die Cousinen hin und wieder für einen langen Nachmittag abnimmt, schliesslich kann er deren wildes Begehren selbst nicht einmal ansatzweise erfüllen, er ist sowieso schon ganz wund unten, zudem erhofft er sich,

dass eine magisch-sexuelle Übertragung der okkulten Kräfte des Voodoo Joe auf seine eigene Person – als Folge dieser Orgien – zustande kommen könnte. Diese Orgien, Linda und Belinda tragen zu den Anlässen übrigens am liebsten Wäsche aus der “Ultra-Sexy”Kollektion von Frederick’s of Hollywood, werden begleitet von Zydeco, jenem rattenscharfen Blues- und Rhythmus-Gebräu aus den Sümpfen, mit dem muskulösen Akkordeon, der elektrischen Gitarre, stechend wie eine Horde Moskitos, dem elektrisch pulsierenden Bass und dem unerbittlichen Pulsschlag der Batterie: Laissez les bon temps rouler! Nur die besten Zydeco-Platten werden auf Voodoo Joes Computer gebrannt, um während seinen hemmungslos frivolen Nachmittagen den Takt vorzugeben, im Shuffle-Modus; zum Beispiel „Boogaloosa Boogie“ (1975 von Chris Strachwitz produziert) von Clifton Chenier und seiner Red Hot Louisiana Band, die tönende Perlen wie „Take off your Dress“, „Ride ‘Em Cowboy“ oder „M’Appel Fou“ enthält. Wenn die erotische Hitze dann in den roten Bereich steigt, was zumeist nach einer vier- bis fünfstündigen Aufwärmphase der Phall ist, erklingen Tracks wie Buckwheat Zydeco’s „Old Times La La“, Beau Choque’s „Slide and Dip It“ oder „Stay In Or Stay Out“ von Chris Ardoin & Double Clutchin’ als Soundtrack. Als postkoitale Musik ist Boozoo Chavis beliebt, vor allem „Lula Lula Don’t You Go To Bingo“. Wobei postkoital bei diesem Trio zumeist und gleichzeitig präkoital bedeutet. Bevor sich der Vorhang zum nächsten Akt hebt, ziehen sich unsere famosen Drei gerne noch weisse und blaue kosmische Blitze durch die Nase hoch, direkt in ihre Stammhirne, die da zucken und zittern. Vor lauter heiliger Ekstase. In den Pausen zwischen den einzelnen Akten rauchen sie dicke Blunts, trinken sie hochprozentiges Florida Wasser, verrührt mit klebrigem, ungefiltertem

Zuckerrohr-Saft – und diskutieren über allerlei altehrwürdige philosophische Fragen. Dabei spielen Linda und Belinda jeweils die Rollen zweier Geistesgrössen, dafür kleben sie sich die Schnauz- und Barttrachten dieser Denker in ihre rosigen Antlitze, so rosig wie die Schamlippen der Aurora, Göttin der Morgenröte. Und Voodoo Joe amtet als Schiedsrichter. Da macht also Linda den Platon, während Belinda den Aristoteles mimt, da gibt Linda den Augustinus von Hippo und Belinda den Pelagius, da verkörpert Linda den Immanuel Kant und Belinda den Georg Willhelm Friedrich Hegel, da erweckt Linda den grossen Sigmund Freud zum Leben, während Belinda als Carl Gustav Jung agiert. Es gibt keinen Bereich des Geisteslebens, der bei diesen intellektuellen Spielchen Tabu wäre. Dort draussen, hinter dem Häuschen des Paleros, mit seinem windschiefen Dach, kocht immer noch der Sud in der Nganga vor sich hin, die Ingredienzen werden zu einem homogenen Eintopf, der nun bald seine volle Wirkung entfalten darf. Und auf der anderen Seite der Welt, jener dunklen Seite, drüben halt, im Irgendwo-Nirgendwo, machen sich die Geister und Gottheiten des Palo Majombe für ihren nächtlichen Einsatz bereit. Ogun poliert seine Schwerter, Chango vollführt einige kraftvolle TrainingsAxtschwünge und Ochosi bespannt seinen Jagdbogen mit einem nagelneuen Darm. Im Häuschen mit dem windschiefen Dach schreiten Linda, Belinda und Voodoo Joe nun zum letzten vergnüglichen Akt des Tages, er beinhaltet ausschliesslich die gesuchtesten, die seltensten Ausschweifungen, bevor die ernsthafte magische Arbeit der Nacht beginnt, in welche die beiden Cousinen heute erstmals einbezogen werden, obwohl sie einem anderen mystischen Pfad folgen als der Palero. Sie haben sich nämlich ihr eigenes eklektisches Religionsgebäude zusam-

men gezimmert. Einerseits verehren sie Pomba Gira, jene lüsterne kosmische Dämonenfürstin des Macumba, Vertreterin des Hause von Quimbamba, die ja oft vom guten alten Exu begleitet wird, mit seinem Zylinder und seinem Stab, dessen Silberknauf einen Totenkopf darstellt. Andererseits tauchen sie in die Mysterien der zehn Mahavidyas ein, jener gefährlich heissen, jener obergeilen Göttinnen, die auf der linken Seite des hinduistischen TantraKosmos leben und weben, deren Anführerin die schwarze Mutter Kali ist. Zudem schwimmen einige beachtliche Brocken von Thelema im mystischen Cocktail von Linda und Belinda, denn die thelemitische Frau in Scharlach, die ja so allerliebst auf dem grossen Tier zu reiten pflegt, passt prima in ihren Pantheon der primordialen weiblichen Sexualmächte, die da sind unauslotbar. Deshalb stellen ihre erotischen Orgien mit Voodoo Joe gleichsam ein ultraexplosives Aufeinandertreffen von spirituellem Nitro und mystischem Glyzerin dar, Bumms, eine Explosion, die drüben, in der Anderswelt, im Irgendwo-Nirgendwo halt, auf grosses Echo stösst. Eine vibrierende physische und psychische Jam-Session, die sogar noch den unendlichen Kosmos vortrefflich zu unterhalten vermag. Linda und Belinda sind übrigens hochgradig gebildete, elegante Damen, die gerne hohe Stiefel tragen. Sie wurden zwar hier in den Sümpfen geboren, sind hier aufgewachsen, konnten die heimischen Schamanen-Vibration also zutiefst verinnerlichen, später haben sie dann jedoch die grosse weite Welt bereist. Linda hat an der Pariser Sorbonne Philosophie und Metaphysik studiert, während sie die berühmten Nächte der Lichterstadt zu einer Koryphäe der Frivolität geformt haben. Belinda hat an der Boston University Linguistik und Altgriechisch in sich aufgesogen, gleichzeitig hat sie in der gleichen Stadt, am berühmten Berklee-College, ein Diplom als Jazzposaunisten errungen, in

den blauen Nächten von Massachusetts wurde sie von lebensfrohen Jazzmusikern zudem in die wahre Bedeutung der Wortes Funk eingeweiht, in alle Tiefen und Untiefen dieser Bedeutung, bis sie zu einer echten deep fried funky witch bitch hinan gereift ward. Voodoo Joe hatte im hohen Norden in den Fächer Ethnologie und Molekularbiologie abgeschlossen, danach zog ihn in die Black Metal-Szene in ihren Bann, infolgedessen stiess er auf die Werke von Agrippa, Eliphas Levi, Helena Petrovna Blavatsky, To Mega Therion, Israel Regardie, Monsieur LaVey, schliesslich Maya Deren, Migene González-Wippler, Adolfo de Jesús Constanzo – und viele, viele kleine Wicca-Hexen, die ihn genüsslich in die bodenlose Abgründe ihrer sexualmagischen Praktiken hinunterzogen. Alle drei sind übrigens stolz darauf, dass sie nie versuchen, ihre geisteswissenschaftlichen und naturwissenschaftlichen Kenntnisse und Einsichten mit ihren magischen Studien und Praktiken in einer Symbiose zu verschmelzen. Voodoo Joe pflegt zu sagen: „Das sind zwei mächtige Energiesäulen, die eine trägt die Nachtseite der Existenz, die andere die helle Tagseite. Ich lasse sie beide in ihrer Herrlichkeit bestehen und entrichte beiden ihren Tribut. Es interessiert mich nicht, irgendwelchen einäugigen Wissenschaftsfanatikern zu beweisen, dass meine magischen Kräfte genauso real sind wie alles, was sie unter ihrem Mikroskopen beobachten, mit ihren Teleskopen erspähen, dass die Zahlenmystik der heiligen Kabbala genauso viel Sinn macht wie die schönste Differentialgleichung, dass die kreolenfranzösischen Beschwörung des Gris-gris genauso stark sind wie Homers Odyssee. Deshalb bin ich auf beiden Seiten aktiv.“ Linda und Belinda sehen es ähnlich, obwohl sie wahrscheinlich andere Worte wählen würden, um ihre Überzeugungen auszudrücken. Sie alle wissen, dass diese beiden Energiesäulen lediglich an jenem einen geheimen andersweltlichen Ort lustvoll miteinander verschmelzen können, wo es keine grossen Worte gibt, nur willkürlich ausgestossene Kaskaden unverblümter obszöner Begriffe, die jede gute Mutter alter Schule dazu treiben würde, ihren Kindern die Mäuler mit Schmierseife auszuwaschen. Diesen geheimen andersweltlichen Ort erreichen sie im Häuschen des Paleros, mit seinem windschiefen Dach, das da inmitten der Sümpfe steht, an jenen Nachmittagen, die sie den Ausschweifungen, den Orgien, jenen schweissgetränkten Innuendos eben widmen, die für sie das wahre Zentrum des Sein bedeuten. Deshalb ist Linda ja nicht in Paris, Belinda nicht in Boston, Voodoo Joe nicht in Skandinavien geblieben. Ihre inneren Kompasse haben sie in die Sümpfe zurückgeführt und geführt, weil hier die primordialen mystischen Kräfte am stärksten sind, weil hier die rohe Essenz der Magie direkt an der Quelle abgeschöpft werden kann. Und natürlich wegen der heissen Musik – dem Rhythm&Blues, dem Funk, dem Soul, dem Zydeco -, welche den verlorenen Seelen die schönsten Tänze beibringt. Bald wird die Nacht über die Sümpfe, über das windschiefe Dach hernieder sinken. Wie eine blausamtene Decke. Und sie werden vor die Nganga treten, ihr magisches Werk vollbringen. Heulen und mit den Zähnen knirschen werden die Feinde des Voodoo Joe, wenn sie alsbald von seinen dämonischen Verbündeten in die Hölle gezerrt werden!


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Oktober 2015

WAS MACHT EIGENTLICH … ALFRED E. NEUMANN?

BÜROTYPEN, DIE DU IN JEDER FIRMA FINDEST

5. Oktober 2015 Reinhold Weber

22. September 2015 Dominik Hug

Will er US-PräsidentInX werden? Ist er bereits US-PräsidentInX? Ist er oberster Pfarrer der Bundesleitkultur Deutschland? Sitzt er im Ethikrat der FIFA? Im Aufsichtsrat des Flughafens BER? Macht er sich in Brüssel für glutenfreie Unterhosen stark? Sitzt er mit Aluhut in einem Bunker? Versprüht er Chemtrails? Schreibt er Kolumnen für die Weltwoche? Kommentare im Tagi? Macht er beim eidg. Relevanzfarbfernseh Menschen glücklich? Talkt er beim Lanz, dem Aeschbacher oder der Maischberger? Bloggt er etwa bei KULT? Ist er der Ehemann von Irina Beller? Personal Yoga-Trainer von Kim Jong-un? Schunkelt er irgendwo in der Agglo gerade in irgendeinem Oktoberfestzelt? Ist er der Hundesitter von Vera Dillier? Singt er im Werbeblock von Tele-Züri Parteischnulzen? Trägt er einen hippen Talibart? Verrichtet er im Hochbauamt der Stadt Zürich Boxen? Will er am 18. Oktober ins Schweizer Parlament gewählt werden? Ist er Jositsch? Ist er Roschee? Ist er Conchita? Par-

Der Hypochonder Kaum gehen die Temperaturen unter zwanzig Grad fängt der Hypochonder an herzumzuschnupfen. Im Winter befürchtet er stets eine Lungenentzündung zu haben. Frühling bedeutet für ihn Allergien. Und im Sommer kommt er vom Badeurlaub garantiert mit einer Lebensmittelvergiftung zurück. Er ist mit dem Betriebsarzt bereits per du und kennt alle wichtigen medizinischen Internetportale. Nimm sein Gejammer nicht zu ernst, auch wenn er behauptet, dass der Sensenmann bereits auf seiner Schulter sitzt. Der Selbstverliebte Er (männlich!) hat einen verdammten Spiegel auf seinem Bürotisch stehen! Punkt!

tylöwe der Woche? Der Bachelor? DJ Antoine? Geri Müller? Ist er Justin Bieber, ääh, Jesus? Oder … ist er am Ende – Papst?!

Nun, wir wissen es nicht. Wir können es nur vermuten: Alfred E. ist überall, überall ist Alfred E. Je suis Alfred E., sozusagen.

WIE LACHST DU?

2. Oktober 2015 Pete Stiefel Wie ich lache? Ich lache halt einfach, wirst du jetzt möglicherweise sagen. Mal laut, mal leise, mal lange, mal kurz. Dabei ist die Frage durchaus berechtigt, denn es gibt in der deutschen Sprache

155 Synonyme für das Wort Lachen. Also, nochmals zurück zur Frage: Wie lachst du? Wir alle kennen viele unterschiedliche Gründe, die uns zum Lachen bringen: Mal erzählt jemand einen Witz,

der mitten in unserem Humorzentrum detoniert, mal fällt in einem Internetvideo einer aufs Steissbein, und wir können uns vor Schadenfreude kaum auf dem Stuhl halten. Wir alle kennen Leute mit sympathischem Lachen, mit einem atemberaubendem Lächeln, mit ansteckendem Frohmut, der uns unsere Sorgen vergessen lässt – aber im Gegenzug auch Menschengestalten mit unerträglichem, krächzenden, offensichtlich gekünsteltem und aufgesetztem Gelächter. Mit solchen Menschen möchte man nichts zu tun haben, und man ist froh darüber, dass sie im Restaurant am Nebentisch sitzen und nicht am eigenen. Wer ist nicht schon auf der Strasse jemandem begegnet, der einem grinsend entgegengekommen ist, mit sich ganz alleine vergnügt, in Gedanken an etwas, an jemanden, scheinbar in einer anderen Welt? Man hat diesen Gesichtsausdruck vielleicht als leicht dümmlich empfunden, weil man den Zusammenhang zum unmittelbaren Ausdruck der Freude nicht kannte. Eventuell war man selber in einer unlustigen Laune und hätte insgeheim sehr gerne den Grund gewusst und mitgeschmunzelt. Unter Umständen war man gar etwas neidisch auf denjenigen, der da irgend etwas hat, das ihn offensichtlich glücklich macht. Wenn du selber schon grinsend durch die Gassen flaniert bist und dich gefragt hast, ob man dich deshalb vielleicht für übergeschnappt halten könnte, weisst du, was das für ein erhabenes Gefühl ist. Ein Glücksmoment, den man mit niemandem zu teilen braucht. Weshalb du lachst, spielt im Grunde genommen keine Rolle. Solange du nicht über jemanden lachst, der es nicht auch selber tut. Hauptsache, du lachst von Herzen und mit dem Herzen. Alles andere kann man dir ansehen, denn dieses ehrliche Lachen hört man nicht nur, es spricht auch aus deinen Augen. Und nur dann, wirklich nur dann, tut es dir gut und hat eine selbstheilende Wirkung. Wann hast du das letzte Mal herzhaft gelacht?

Der iPhoner Er betritt morgens das Gebäude und weisse Stöpsel prangen an seinen Ohren. Sein Blick fixiert auf sein iPhone. In den Meetings, Blick aufs iPhone. Sogar am Pissoir stehend hat der Kerl sein verdammtes iPhone noch in der einen Hand. Und das einzige was dich noch interessiert: Auf was hat der Kerl vor der Erfindung des iPhones gestarrt? Das Privatleben Sie erzählt in den Pausen (und auch sonst) einfach alles aus ihrem Privatleben. Angefangen von detaillierten Ferienberichten, hin über ihr Liebesleben bis zur kompletten Aufstellung ihres Familiensystems. Und so erfährst du auch, dass ihr Mann Probleme mit der Potenz hat, ihre Kinder verhaltensauffällige Versager sind und der Familienhund immer wieder die Couch besteigt. Und irgendwie merkst du, dass jede wei-

tere Information des Privatlebens dir einfach nur wertvolle Lebenszeit und Gehirnspeicher wegnimmt. Das Helfersyndrom Er ist ein guter Kerl. Benötigst du Hilfe bei einem Projekt, das Helfersyndrom wird dir zur Seite stehen. Kannst du den Abgabetermin von Dokument XYZ nicht alleine einhalten, kein Problem, denn das Helfersyndrom springt auch hier sofort ein und macht sich nützlich. Helfersyndrome sind Supertypen, die jedoch spätestens nach einem Jahr wieder entlassen werden, weil sie sich an jede Arbeit machen, nur an die eigene nicht. Der Spezialist Er besitzt nur eine Fähigkeit und wurde genau deshalb Teil deines Teams. Er ist der Spezialist, der sich an keine Regeln halten muss (sie sind ihm egal), an keine Meetings gehen muss (die sind ihm auch egal) und einen extrem leichten Workload hat (was ihm übrigens ebenfalls egal ist). Er ist der Kerl, der eine Datenbank am laufen hält oder Verträge managt aber garantiert nie mehr als eine Stunde am Tag arbeitet. Für den 08/15-Arbeiter sind Spezialisten verachtenswerte Geschöpfe.

HÄSCHTÄG?

22. September 2015 Midi Gottet Dann bist du hier sowas von richtig. Umziehen, aber sofort. PS: Schon mal einen Minion beim bestaunen von drei parallel gezogenen Chemtrails gesehen?


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August 2015

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DAS FEST 23. September 2015 Pete Stiefel Es dauerte nur noch wenige Tage bis zum grossen Fest. Wir alle freuten uns ungemein darauf. Ich vielleicht noch ein kleines Bisschen mehr, denn ich war als Vorsteher des Organisationskomitees verantwortlich für den reibungslosen Ablauf. Deshalb auch etwas nervöser als die anderen. Aber es konnte eigentlich nichts schief gehen, schliesslich hatten wir an alles gedacht, und alles lief wie geplant. Ich liebe es, Fester zu organisieren. Gastgeber zu sein. Glückliche Gesichter zu sehen und zu wissen: Du trägst hier ein kleines Stück Verantwortung für die paar Stunden Vergessen der täglichen Anstrengungen und Sorgen, das Beiseiteschieben von Kummer und vom stetigen Druck, Erwartungen zu erfüllen. Jeder trägt davon sein eigenes Bündel mit sich herum. Aber während eines Festes bleibt dieser Balast draussen. Drinnen spielt die Musik, duften die Speisen, verführen die Getränke. Ich kam an diesem Abend etwas später nachhause. Die letzten Vorbereitungsarbeiten haben angedauert, aber ich beklagte mich nicht. Keiner von uns. Schliesslich wollten wir alle unser Bestes geben, damit dieses Schulfest unvergesslich wird. Ich brannte darauf, daheim zu erzählen, wie sehr ich mich freute, auf das Konzert der Band, in der ich damals spielte, wie stolz ich war und vieles mehr. Zuhause wars allerdings dunkel. Ungewöhnlich für diese Zeit. Mindestens meine Mutter war üblicherweise zuhause, und es wartete ein Abendbrot auf mich, auch wenn es wie heute mal etwas später sein sollte. Diesmal war es anders. Das Haus komplett im Dunkeln. Seltsam. Neben dem Telefon eine Notiz, an deren Worte ich mich noch heute erinnere, an jeden einzelnen Buchstaben. Ich sehe den weissen Zettel vor mir und kann ablesen: Vater ist etwas passiert. Er liegt im Spital. Wir kommen dich holen. Wenige Worte – doch ich wusste, dass nichts mehr sein sollte wie vorher. Keine logische Gewissheit, sondern eine unterbewusste Nachricht, die ich mir selber überbrachte, ohne deren Tragweite erfassen zu können. Gleichzeitig war ich gelähmt, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen. Eine eiskalte Zange hatte mich beim Nacken gepackt und fortan meine Bewegungen für mich ausgeführt. Was ich danach tat, weiss ich nicht mehr. Wahrscheinlich nichts. Irgendwann klingelte das Telefon, wie durch einen Wattebäuschel hörte ich, dass man mich abholen kommen würde. Ich wartete. Keine Ahnung wie lange, wahrscheinlich eine halbe, vielleicht eine ganze Stunde. Zeit spielte für mich keine Rolle mehr, nichts spielte mehr eine Rolle. Wir sassen im Auto richtung Spital. Ich hatte nie etwas gegen Spitalbesuche, gegen den klinischen Geruchsmix aus Putzmitteln, Medikamenten und Sterilisierungsflüssigkeit. Das sollte sich an diesem Abend ändern. Mit einem dicken Kloss im Hals bewegte ich mich vorwärts, liess ich meine Füsse mich tragen, die in solchen Momenten einfach zu funktionieren wissen, ohne dass man ihnen eine Anleitung zu geben braucht. Der ganze Körper funktioniert als eigenständige Maschine, losgelöst von den Gedanken. Dafür sollte man ihm dankbar sein. Aber für Dankbarkeit hatte es in meiner dichten Nebelwolke keinen Platz. Für nichts hatte es Platz. Für rein gar nichts. Leere. Die metallene Türklinke muss sich kalt angefühlt haben, als ich die Tür aufstiess. Türklinken fühlen sich immer kalt an. Da lag er, mein Vater, zugedeckt mit einem weissen Leintuch, einer weissen Decke, angeschlossen an Geräte, die mich nicht interessierten. Regungslos lag er da. Er, der mich an diesem Morgen wie an jedem Morgen geweckt hatte. Er lag nun einfach da, in diesem fremden

weinte und war nur sehr schwer zu verstehen. Aber ich wusste in diesem Moment, dass es auch gar nichts zu verstehen gab. Bloss, dass einer meiner Brüder, sie beide waren im Spital, angerufen hatte. Dass er uns holen komme. Uns holen kommen müsse. Und er kam zur Türe herein und sagte: Es geht ihm jetzt gut. Weitere Worte, die trotz flächendeckender Erinnerungslücken ich nie wieder vergessen werde. Wir fassten für einen Blitzmoment Hoffnung, dass Vater und Ehemann aufgewacht sein könnte, dass nun wieder alles… Der Gesichtsausdruck meines Bruders liess aber erkennen, dass es keinerlei Grund für Hoffnung geben sollte. Und dass dieses gut nur für unseren Vater gelten würde. Denn er war an diesem sonnigen, warmen HerbstSamstagnachmittag von uns gegangen. Einfach so. Ohne sich von uns zu verabschieden, ohne meinen zwanzigsten Geburtstag abzuwarten, ohne einige Jahre später in den verdienten Ruhestand treten zu dürfen, denn er war bloss 58 Jahre alt geworden.

Bett. Hirnblutung. So lautete die Diagnose. Ich konnte mir nichts darunter vorstellen, ich war versteinert, meine Familie weinte, ich blieb stumm, regungslos, ahnungslos, fassungslos, besinnungslos. Ich setzte mich auf einen Stuhl neben diesem Bett, zögerte erst, nahm dann aber die Hand meines Vaters, sie war warm. Ganz normal warm, vielleicht etwas wärmer als sonst. Ich spürte den Puls, doch er bewegte sich nicht, hatte die Augen geschlossen. Ein Arzt bat uns, meine Mutter, meine beiden Brüder und mich in den Flur. Ich wollte nicht hören, was er uns zu sagen hatte. Und doch mussten wir erfahren, was es zu erfahren gab, viel war es nicht. Er habe eine starke Hirnblutung erlitten, dies könne vielerlei Ursachen haben. Man wisse derzeit nicht, wie es ausgehen werde. Man könne keine Prognose machen, wisse nicht, wie der weitere Verlauf aussehe. Wir müssten aber mit dem Schlimmsten rechnen, meinte der Mann im weissen Kittel. Es könne sein, dass mein Vater daran sterbe. Aber genauso gut, dass er es überlebe. Allerdings auch hier ohne jegliche Prognose. Wenn, so fuhr er fort, müsse mit ernsthaften Folgen gerechnet werden. Verlust der Sprache, schwere körperliche Behinderung, et cetera, et cetera. Nichts würde mehr so sein wie früher. Wie nicht so sehr viel früher. Wie heute Morgen. Und wie ich irrtümlich glaubte auch noch heute Nachmittag, während der Vorbereitungen zu unserem Fest. Wie anders alles sein würde, war ich zu diesem Zeitpunkt ausser Stande zu erfassen. Wie auch. Alles war möglich, und zugleich nichts. Heute, an diesem Tag. Am Geburtstag meines Bruders.

Wir Brüder gingen nachhause, denn es gab für uns hier nichts zu tun, nichts zu helfen. Unsere Mutter blieb, wenn ich mich richtig erinnere. Denn ich erinnere mich offen gestanden kaum mehr an etwas. Bloss daran, dass ich tief und fest schlief in dieser Nacht. Aussergewöhnlich, wie ich hinterher fand und es heute noch finde. Kaum wach holte mich aber der Schrecken ein in meinem Wattebäuschel. Was, wenn das Telefon klingelt? Was, wenn… Ich wagte es nicht, Gedanken auszuformulieren. Hüllte mich einfach ein und hoffte, dass nichts zu mir durchdringen vermochte. Und trotzdem musste ich funktionieren. Ich musste meine Schule informieren, dass ich heute nicht kommen würde. Und ich auch nicht wusste, wann überhaupt wieder. Weil mein Vater… Ich versuchte zu erklären, was ich zu erklären fähig war, denn da war nicht viel, eigentlich nichts, bloss diese erdrückende Ungewissheit. Ich erfuhr später von meinem guten Schulfreund Christoph, dass unser Rektor die ganze Schule mittels Aushang über mein Schicksal informierte. Was er bestimmt nicht getan hätte, wäre ich nicht der Verantwortliche für dieses Fest gewesen, dieses Fest, auf das ich mich so sehr gefreut hatte, und mit mir die ganze Schule. „Es ist mit seinem Ableben zu rechnen“, sei da gestanden, das Fest wurde abgesagt. Diese Worte haben sich in meine Erinnerung gebrannt. Wie konnte er so etwas sagen? Wenn nicht einmal der behandelnde Arzt eine solche klare Ansage machte? So rechnete also meine ganze Schule mit dem Tod meines Vaters, noch während meine Familie hoffte. Wohl etwas mehr als der Arzt, der vermutlich ähnlich nüchtern wie

der Rektor war, jedoch darauf geschult, mit Angehörige schohnend umzugehen, wenn es zumindest einen leisen Funken Hoffnung geben sollte. Diese Hoffnung dauerte an. Einen weiteren Tag, an dem ich am Krankenbett sass, die warme Hand meines Vaters hielt, versuchte, eine wenn auch noch so winzige Regung auszumachen. Etwas, das man als Zeichen hätte deuten können. Eine kleine Antwort auf die Frage nach dem wie weiter, wo hin, weshalb… Wir waren überzeugt, solche Zeichen zu spüren, weil wir solche Zeichen spüren wollten. Oder weil sie tatsächlich da waren. Sie zu interpretieren war allerdings unmöglich. So blieb uns einfach das da sein, weil solche Patienten die Anwesenheit ihrer Liebsten spüren würden, wie man uns sagte. Tag drei verging, ein weiterer Septembertag, an dem die Sonne warm schien, aber nicht bis zu mir vorzudringen vermochte. Ich unternahm lange Spaziergänge mit unserem Hund, weil es mir dadurch wie beim Schlafen gelang, Distanz zu schaffen, für einen Moment vor einer Realität zu flüchten, die es für mich allerdings ohnehin nicht gab. Tag vier, ein Samstag, war wieder sonnig, und ich war wieder auf einem langen Spaziergang. Mit meinem Hund und mit Angela. Angela, die sagte: Lass mich deine Freundin sein in dieser schweren Zeit. Worte, die sich ebenfalls in meinem Gedächtnis festsetzten. Ich brauchte jemanden, der mich führte und mir Halt gab. Auch wenn ich niemals jemanden darum hätte bitten können, denn ich kannte meine Bedürfnisse nicht mehr. Als wir wieder nachhause kamen, war meine Mutter sehr, sehr aufgebracht, sie

Die richtige Trauer setzte bei mir noch nicht ein. Nicht an diesem Samstagabend, als ich mit meinem Bruder auf einer Wiese sass und den blutroten Sonnenuntergang und die auffälligen Wolken beobachtete, nicht die folgenden Tage, an denen wir alle weiterhin einfach funktionieren mussten. Nicht an der Beerdigung, nicht die Tage und Wochen danach. Ich befand mich weiterhin in dieser Wolke, die mich abschirmte und mich davor bewahrte zu realisieren, was es bedeuten sollte, dass nun nichts mehr so sein wird, wie es war. Erst drei, vielleicht vier Wochen später in der Kathedrale Notre-Dame in Paris während eines Konzertes. Ich hatte beschlossen, dass es gut für mich sein würde, die vor diesen Ereignissen geplante Reise mit Freunden trotzdem anzutreten. Die Stimme dieser Sängerin öffnete mein Herz, und es begann bitterlich zu weinen, brach in mir zusammen und war froh, meine Freunde Christoph, Stefanie und Sonja um mich zu wissen. Nicht um mir zu helfen oder Ratschläge zu geben, sondern einfach um da zu sein. Das ist nun dreiundzwanzig Jahre her, und trotzdem scheint es mir, als sei es eben erst passiert. Dieses Erlebnis sollte einen anderen Menschen aus mir machen. Ich wollte mir Menschen nicht mehr zu nahe kommen lassen, nicht damit leben müssen, dass ich mich auch von ihnen wieder zu verabschieden haben werde. Ich wollte nicht mehr lieben, um nicht noch einmal diesen tiefen Fall erleben zu müssen. Ich wollte mich vor der Tatsache verschliessen, dass es wieder geschehen wird, ob ich mich dagegen zur Wehr setze oder nicht. Zumindest mit meinen Familienmitgliedern, denn vor denen kann ich nicht einfach fliehen. Trotzdem habe ich mich wieder geöffnet. Und ich habe wieder loslassen müssen. Auch Menschen, die weiter leben und nah oder fern, aber nicht mehr Bestandteil von meinem Leben sind. Und ich habe wieder und wieder heftig geweint und war versucht, mich erneut zu verschliessen. Aber ich wusste, und das hatte ich gelernt: Das Leben besteht darin, anzunehmen, zu geben, zu geniessen, zu spüren – und auch wieder loszulassen. So schmerzhaft das auch immer und immer wieder ist. Es lässt uns Lektionen lernen, uns selber zu begegnen und zu verstehen. Oder dann und wann zu akzeptieren, dass es manchmal einfach keine Erklärungen gibt, wie wir uns selber auch nicht stets zu erklären wissen. Doch dann tragen uns unsere Füsse weiter, funktioniert unser Körper und gibt uns nicht auf, denn es wird weitergehen. Und weiter. Und weiter.


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DAS BESTE AUS ZÜRICHS NACHTLEBEN VOM NÄCHSTEN MONAT

31. Oktober: Marek Hemmann im Café Gold

Marek Hemmann ist ein Nerd und zwar einer von der Sorte, die nicht mit Journalisten spricht. Das düpiert die Schreibenden bisweilen, lässt sie etwas eingeschnappt werden. Auch geht das Gerücht, dass Hemmann sein Erfolg gar

nicht wirklich recht ist. Doch er hat ihn trotzdem und zwar seit er mit „Gemini“ einen den denkwürdigsten Dancefloorknaller der letzten zehn Jahre veröffentlicht hat. Hemmann veröffentlicht seine Kunst vorwiegend auf dem Freude am Tanzen-Imprint, aber auch auf Raum… Musik. Mit seinem Freude am TanzenKompagnon Mathias Kaden bildet er zudem das Duo Hemmann & Kaden. Seit zehn Jahren wohnt der Produzent in Jena und damit etwas abseits des alles überschattenden Berlin. Das passt gut zu diesem bisweilen etwas introvertierten Kreativen, kann er doch so in aller Ruhe und fernab des Gigacity-Jubeltrubels seinem Handwerk nachgehen. Wer das musikalische Universum Hemmanns erfassen möchte, der kauft sich bestenfalls eins seiner Alben wie das aktuelle „Bittersweet“.

31. Oktober: Ibiza Reunion im Alice Choo

Ulises Braun ist das Stonehenge des Zürcher Nachtlebens: Irgendwie war er schon immer da, aber welche Urvölker ihn mal installiert haben weiss heute keiner mehr. Über die vielen, vielen, vielen Jahre seiner Aktivzeit hat er mit seinem Label Ibiza Reunion die unterschiedlichsten Schweizer Clubs beehrt. Mal war er dort, mal war er da, aber in seinem Schlepptau brachte er stets die schrillsten Paradiesvögel aus Ibiza mit. Das wird er wohl auch an diese Party, denn immerhin ist Halloween und da

haben schrille Vögel ja Hochkonjunktur. Was hingegen mit letzter Sicherheit gesagt werden kann ist, dass es hier gute Musik zu hören geben wird: Sergio Mussa, Dazzla und Javier Rodriguez spielen ein Potpourri aus Deep House, House und Mash Up und wer der vollmundigen Ankündigung Glauben schenkt, der darf sich auf Folgendes freuen: „Und Halloween im Wunderland wird wahnwitzig verrückt und alle Eure Vorstellungen übertreffen. Kommt vorbei, sonst gibt’s Saures!“

6. November: Gambling Night Swiss Casinos Zürich

Das Swiss Casinos Zürich (das s das hier überflüssig scheint gehört zur CI des Casinos und ist im Fall nicht unser Fehler) hat ein Herz fürs Nachtleben. Dieses (Herz) manifestiert sich in regelmässig

stattfindenden (alle halbe Jahre) Nightlife Pokerturnieren, um die ein ziemlicher Hype entstanden ist. Nun… wer Herz fürs Nachtleben zeigt, dem zeigen wir auch Herz. Daher möchten wir unseren werten Lesern die Gambling Night ans Herz legen: Black Jack, Rocket 7, Roulette, American Roulette, Verlosungen (beispielsweise ein Fiat 500 Vintage im Wert von CHF 20‘000, eine Las Vegas-Reise für 4 Personen im Wert von 15‘000 samt Unterkunft im MGM Grand oder einfach „nur“ 10‘000 CHF in bar)… all das gibt es hier. Dass das Zürcher Casino das grösste und schönste der Schweiz ist haben wir wohl bereits schon erwähnt. Was fehlt noch… ah ja: Die bezaubernde und hochintelligente DJ Zsu Zsu spielt hier eins ihrer Sets und den ganzen, grossen Rest bestellt die überaus freundliche und hilfsbereite Swiss Casinos Zürich-Crew.

7. November: Jamie Jones im Basler Nordstern

“Best DJ of the year”. Es gibt nur wenige Plattformen die befugt sind, einen solchen Titel zu vergeben und das DJ Mag zählt nicht mehr dazu: Dieses Blatt ist immer mehr zu einer Art RTL II für Clubmusikfreunde geworden in den letzten

Jahren… schrecklich. Wer einen solchen Titel aber nach wie vor mit Fug, Recht und jeder Beglaubigung vergeben darf, ist der Resident Advisor und ebendort wurde Jamie Jones vor ein paar wenigen Jahren mit diesem Titel geehrt. Völlig zu Recht (und auch all seine anderen Awards hat er sowas von verdient), denn der Mann ist nicht nur ein begnadeter Produzent, er zählt auch zu jener ganz dünnen Schicht DJs, die ihr Handwerk zu einer Kunstform erheben können. Kurzum: Jamie Jones zählt zum Besten, was die elektronische Musik in den vergangenen Jahren zu bieten hatte und sein Imprint Hot Creations ist längst zur weltumspannenden Qualitätsmarke avanciert und ist eine Plattform für ein paar der aufregendsten und stilbildendsten Clubmusiker unserer Zeit.

12. November: Sean Nicholas Savage in der Zukunft Sean Nicholas Savage stammt aus Kanada. Von dort derzeit derzeit ja viel gute Musik, aber Savage ist dennoch herauszustreichen: Er ist eines der federführenden Mitglieder von Arbutus Records und eine der Galionsfiguren der kanadischen Indieszene. Sean Nicholas Savage ist verquerer Philosoph, begnadeter Singer/ Songwriter und ein Reisender durch musikalische Gezeiten mit einem ziemlichen Drall in die 80’s; wäre er damals nicht erst zur Welt gekommen (Jahrgang 1986), er wäre wohl ein herausregender Vertreter der New RomanticBewegung gewesen. Mit „Other Death“ hat er kürzlich ein neues Album veröffentlicht. Aufgenommen in Santa Monica und eingespielt mit diversen Arbutus-Kollegen, ist er auf dieser Scheibe etwas mehr uptempo und ein Bisschen stärker upbeat geworden. Im Gegensatz zu seinen früheren Longplayern, könnte man hier

jeden der zwölf Track problemlos auskoppeln und Indieromantikern als Single aufs Öhrchen reiben. Kurzum: Hier kommt ein ganz grosser Verführer in die Zukunft.

13. November: Ho99o9 im Gonzo Ho99o9 spricht sich „Horror“ aus. Darauf muss man erstmal kommen. Ho99o9 kommen aber auch noch auf ganz Anderes: Hier prallt Hip Hop/Rap auf Punk, hier kommen dreckige Beats unter schmutzige Rhymes, die sowas von jenseits der political correctness sind, dass selbst Howard Stern bisweilen übel werden dürfte. Die Punk und Thrash Crossover Formation wurde 2012 in Newark, New Jersey von theOGM (Jean) und Yeti999 (Eaddy) gegründet und schoss seither in der Underground-

Szene durch die Decke. 2014 standen Ho99o9 bereits auf der Liste des Rolling Stone Magazins "10 New Artists You Need To Know" und die Zeitung "The Guardian" kürte sie zur "New Band Of The Week." Es folgten Auftritte beim "SXSW Festival", dem "Afropunk Festival" sowie dem noch anstehenden "Reading Festival." Bisher haben Ho99o9 in der Schweiz die Rote Fabrik und das Bad Bonn bespielt, nun ist also die Reihe an unserem allerliebsten Wohnzimmer mit Bedienung, dem Gonzo.

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DAS BESTE AUS ZÜRICHS NACHTLEBEN VOM NÄCHSTEN MONAT

20. November: Alle Farben im Hangar 11

Der knapp Dreissigjährige platzte in die länderübergreifende Electronica-Community wie ein Platzregen in eine laue Sommernacht. Erst vor sechs Jahren entschied er sich ausschliesslich Musik zu machen (und die Malerei Malerei sein zu lassen). Ein Entscheid den er nicht bereuen sollte: Schon drei Jahre später (2012) gelang ihm der endgültige Durchbruch als er an einem Festival auf dem alten Berliner Flughafen Tempelhof vor 30‘000 begeisterten Zuhörern spielen durfte. Angespornt von diesem Erfolg

machte er sich an die Aufnahmen zu seinem Debütalbum „Synesthesia“, das prompt die Albumcharts in Deutschland, Österreich und der Schweiz knackte. Seinen grössten Erfolg bisher feierte er jedoch mit der Single „Supergirl“ (Anna Naklab feat. Alle Farben & Younotus), der es in Deutschland bis auf Platz 2, in der Schweiz bis auf Platz 5 und in Österreich gar auf den ersten Platz der Single-Hitparade schaffte. An diesen Abend wird er von seinem Buddy Younotus begleitet.

21. November: Sofia Kourtesis und Extrawelt im Basler Hinterhof Das Duo Extrawelt dürfte mittlerweile jeder kennen. Nicht nur weil sie ziemlich oft in der Schweiz spielen, sondern auch weil sie sind was sie sind: Ein Garant für durchjubelte Nächte und verschwitzte Shirts. Also sagen wir an dieser Stelle lieber was zu Sofia Kourtesis. Himmel sieht die Frau gut aus… nicht eben die beste Voraussetzung um sich auf ihre Musik zu fokussieren. Sollte man aber trotzdem tun. Die in Berlin und New York ansässige Kourtesis releast bei Duchess Box Records und ihr Sound klingt trotz einem Schlag ins Minimale mystisch und vielschichtig. Sie war bereits am Melt, zugange, aber auch am Dockville, dem Play Me und im Berghain. Sie hat mit Gold Panda gespielt, mit Kele Okereke, Busy P, The Gossip, Sebastian, Kavinski und vielen mehr. Für Gold Pandas “An English House” hat sie gar die Vocals

geliefert. Das Multitalent bildet den perfekten Counterpart zum doch eher maskulinen Sound von Extrawelt. Auch optisch. Wie gesagt…

21. November: Terrazzza mit Solomun im Tessiner Vanilla Club

21. November: Dapayk & Padberg live im Hive

Marco Diener ist mittlerweile der emsigste Schweizer Solomun-Bucher. Erst letztens hat er ihn auf den rappelpappelknallvollen Üetliberg gebracht, nun präsentiert er ihn im Tessin: Dank Diener kommt der Diynamic-Headhoncho somit an die schönsten Plätze der Schweiz (ein ehrliches Nichtsfürungut an alle Interlakener, Engadiner und Zermatter). Obwohl das Vanilla nicht so unseres ist… zwar bringen die immer wieder Mal was Feines wie Carl Cox beispielsweise, aber der Club ist irgendwie auch die Reichskanzlei des Schweizer Clubbings: Viel zu gross, viel zu viel von

Supermodel Eva Padberg und Niklas Worgt alias Dapayk sind nicht nur privat ein Paar, sondern auch auf künstlerischer Ebene. Kennen tun sich die beiden seit Sandkastenzeiten: Eine Liebe fürs Leben, also, wobei Dapayk der hauptmusikalische Part des Duos und als Solo-Elektroniker ebenfalls sehr, sehr erfolgreich ist. Nun aber kommt das Tandem, das seit vielen, vielen Jahren gemeinsam durchs Leben radelt, wieder Mal auf einen Gemeinschaftsgig nach Zürich und ins Hive. Dabei werden die beiden mit Sicherheit auch ein

paar Songs ihres letzten Albums „Smoke“ intonieren. Das vierte Album von Dapayk & Padberg ist vor zwei Jahren erschienen und ist nicht unbedingt für den Dancefloor gedacht sondern mehr im Home-Listening-Bereich angesiedelt. Dabei kamen auch Elemente aus dem Dubstep zum Einsatz, der damals ja gerade ziemlich heisser Scheiss war. Nun ja… Dubstep spielt heute keine allzu grosse Rolle mehr, was an Dapayk & Padberg prallt solcher Hype-Ungemach ja ab wie Wasser an einem Entenhintern.

allem. Aber was Diener in den letzten Monaten so macht, ist von tadelloser Qualität. Also… hindackeln. Trotz des Vanillas und wegen Solomun, dem Tessin und Diener. Jetzt haben wir noch etwas Platz übrig, sehen wir gerade… wir könnten jetzt noch ein Bisschen was über Solomun oder Diynamic schreiben, aber da gibt’s wohl nicht viel das nicht sowieso schon jeder weiss… Wie wär’s mit einer Liste der Helvetenjockeys die da auch spielen, wie beispielsweise Mirco Caruso? Ach nein… kann man ja auf Facebook nachlesen…. Ah! Jetzt sind’s genügend Zeichen. Super.

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IST VAN DAMMES NEUER STREIFEN “POUND OF FLESH” MEHR SCHWEINSGHACKTS ODER FEINES ENTRECOTE?

21. September 2015 Dominik Hug “Es Pfund Fleisch bitte.” Nein, Jean-Claude Van Dammes neuer Film Pound of Flesh wurde nicht in einer Metzgerei gedreht. Er spielt auch keinen Fleischwarenfachverkäufer dem ein Pfund Wagyu-Fleisch gemopst wurde. Inhalt: Deacon (Van Damme) wacht eines Morgens in einem Hotelzimmer in China auf und fühlt sich ziemlich beschissen. Kein Wunder. Sein warmes Bett scheint er mit einer Badewanne voller Eis getauscht zu haben. Zudem ist der ganze Raum voller Blut. Und das heisse Babe, welches seine letzte Nacht angenehmer gestaltet hatte ist ebenso nicht mehr aufzufinden. Deacon realisiert, er wurde Opfer eines Organhandelringes und ihm wurde seine Niere geklaut. Doch genau diese Niere wollte er eigentlich seiner schwerkranken Nichte schenken. Zusammen mit seinem Bruder George (John Ralston) macht sich Deacon auf die Jagd nach seinem vermissten Pfund Fleisch… Man darf Jean-Claude Van Damme immerhin zugestehen, in den vergangenen Jahren ein besserer Schauspieler geworden zu sein. Er wirkt natürlicher, kann auch stillere Szenen ohne Peinlichkeiten überstehen und man kauft ihm mehr Ernsthaftigkeit ab als einigen seiner Actionkollegen. Als erstes fällt auf, dass der Film an nicht komplett uninteressanten Plätzen gedreht wurde. China und Kanada werden als Shooting Locations gelistet. Dies gibt dem Film einen wesentlich cooleren Touch als die in der B-Szene üblichen Drehorte wie Bulgarien oder Rumänien. Jedoch, noch in den ersten Szenen wird ein mühsamer Farbfilter über das Bild gelegt. Farbfilter plus Van Damme, da war doch schon mal was. Richtig. Van Dammes Assassination Games, ich nenne ihn auch gerne den Sepia-Movie, wurde komplett mit einem hässlichen Farbfilter versehen. Regisseur bei beiden Filmen: Ernie Barbarash. Erwarten mich nun ebenfalls über 100 Minuten voller verfärbter Szenen? Glücklicherweise nicht. Barbarash fiel nur zu Beginn von Pound of Flesh kurz in alte Gewohnheiten zurück. Das erste Drittel des Filmes kann ich gerne als vielversprechend bezeichnen. Setup Time gibts praktisch keine. Der

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Film startet direkt, etwas Vorgeschichte wird in kurzen Rückblenden gezeigt. Und das erste Drittel hatte alles. Sex, Fights, die genreübliche Clubszene und einen ziemlich nackten Van Damme. Really? Really! Der 54jährige zieht blank und präsentiert dem Zuschauer seine trainierten Hinterbacken gleich mehrmals. Da fühlt man sich doch gleich in die frühen 90er versetzt. Hätte nicht sein müssen, aber lieber der Arsch von Van Damme als der von Seagal auf dem Schirm. Okay, jetzt ist mir übel. Mich stört es, wenn Actionstars wie Van Damme ihre eigentlichen Martial Arts-Fähigkeiten nicht wirklich zeigen dürfen. In Pound of Flesh gibt es grundsätzlich genug Action zu sehen, jedoch richtig knackig umgesetzt wurde diese nicht. Der Clubfight würde cool daherkommen, wäre das Bild nicht von misslichen Schnittgewusel zerstört worden. Man erkennt kaum was auf dem Screen passiert. Und leider ist die rassant umsetzbare Geschichte ein absolut zähes Stück Fleisch. Nach dem ordentlichen Startdrittel folgt ein gefühlt unendlich langer Mittelteil mit viel Gerede, noch mehr Gerede und noch viel mehr Gerede. Nichts gegen Dialoge. Aber dies scheint offensichtlich ein oberflächlicher Actionstreifen zu sein, also will ich nicht Van Damme und seinem Filmbruder beim Austragen von Familienstreitigkeiten bewundern, sondern will Blut, Schweiss und Tränen sehen. Neben dem ordentlich agierenden Van Damme spielt John Ralston die zweite Hauptrolle. Grundsolide Arbeit liefert Ralston hier ab. Wie etwa Gökhan Inler bei den meisten seiner Länderspiele. Durchschnittliches Handwerk, aber mehr geht halt nicht. Der Rest des Casts kann man fast aussen vor lassen. Bis auf den Bad Guy. Dieser wurde gespielt von Darren Shahlavi, einem Stuntman und Martial Arts-Künstler, bekannt aus Filmen wie 300, Ip Man 2, The Package und vielen weiterne Werken. Pound of Flesh ist jedoch einer seiner letzten Filme, denn der Actionmann verstarb anfang des Jahres an Arteriosklerose. Fazit: Das erste Drittel ist brauchbar, der finale Twist passt eigentlich auch, aber dazwischen liegt etwa eine mühsame Stunde in der nicht viel passiert. Pound of Flesh ist so leider näher beim Gammelfleisch als beim Kobesteak.

KORREKTER LEBEN, HEUTE: ZOMBIES KOMPOSTIEREN

11. September 2015 Reinhold Weber Wenn du dann endlich einen Kita-Platz gefunden hast, wo ein Sozialpädophiler deinen Bengel korrekt verzieht, willst du natürlich nicht, dass der sich auf dem Nachhauseweg ob eines Zombies von Beteigeuze zutode erschrickt. Also sofort die Platte kaufen und in deiner Mülltrennvorrichtung entsorgen.

EBEN GERADE EINGETRETEN:

DIE MIT DEM KICKSTART ANGEWORFENE TOP5 DER SCHÖNSTEN BLONDEN KAMERAFRAUEN IM NETZ, DIE BIS JETZT NOCH KEINE VORBEIRENNENDEN FLÜCHTLINGE INS SCHIENBEIN GETRETEN HABEN

21. September 2015 Midi Gottet Ja, es gibt sie noch: Die netten blonden Kamerafrauen.


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PLATTENWICHTELN

6. Oktober 2015 Alex Flach Für KULT zu schreiben ist eine wunderbare Sache. Keine Regeln, keine Scham, keine Bedenken und bisweilen auch kein Anstand. Folgendes: Dominik André hat uns geschrieben, ob wir nicht was übers Plattenwichteln machen würden. Würden wir uh gerne, da eine feine Idee. Aber wir sind andererseits auch ziemlich faul. Nun hat aber der Adi Hoenicke was für die Page von GDS. FM (bestestes Radiosender von Welt) getextet. Und das klauen wir jetzt einfach. Erstens: Guter Text. Zweitens: Alles drin. Drittens: …ist es eben GDS.FM und kann damit bedenkenlos adaptiert werden. Nichts für ungut, Adi. Aber

Du wirst schon mit einverstanden sein, gell? Falls nicht: Shit happens. “Wir lieben gute Ideen. Vor allem diejenigen von Rosi. Ausnahmsweise ist diese hier nicht von ihm, sondern von den Jungs at 45rpm.ch: Plattenwichteln. Alles klar? Wichteln kennt man vielleicht noch von der Primarschule her. Jeder zieht ein Lösli, oder besser gesagt einen Namen, und derjenigen Person, die man gezogen hat, muss man ein Geschenk machen (im Wert von XX Franken). Der Witz an der Sache: Der Beschenkte weiss nicht von wem er oder sie das Geschenk kriegt. Bei der Aktion von 45rpm.ch handelt es sich, wie es der Name schon sagt, um Platten (Vinyl!). Natürlich haben wir uns alle

Weil das ZFF halt einfach anders ist und crazy, oder weil Grün Stadt Zürich vielleicht irgendwann mal noch ein Sponsor war, oder weil die schwarzen Audis mit den ZFF-Linsen drauf alle so umweltfreundlich und grün sind. Da fällt mir gerade ein: “Dürft ich bitte mal kurz ihr Abgastest-Heftli sehen?” (Pointentusch) Wie auch immer, nichts ahnend fuhr ich also, im Tram sitzend,

FRISCH GETAGT: DIE BADMOTHER­ FUCKERISCHSTE WEIL BIS GERADE EBEN NOCH EASY IN EAZY-ES POPO VOR SICH HIN GÄRENDE TOP5 DER LUSTIGSTEN STRAIGHT OUTTA COMPTON MEMES IM WELTWEITEN HAAR-NETZCHEN

bei GDS.FM bei der Chose angemeldet. Immer wollte ich schon mal eine Platte von Chrigi geschenkt bekommen. Und Rosi eine von mir im Tütü. Und Alisha von Frick, oder umgekehrt? Aber vielleicht ist es ja doch spannender ein Geschenk von Ramona Büttikofer aus Dietikon* zu kriegen. Wer weiss? Findet ihr auch? Dann einfach hier anmelden und mitmachen. Die Idee ist fast so gut wie die des „Record Store Day“, nur irgendwie unkompliziert unkommerzieller. Also, hopp mitmachen! „What goes around comes around“, oder wie man auf Deutsch etwas minder schön sagt: „Du erntest, was du säst“. Bitte einfach keine Dire Straits-, Coldplay-, Progtechhouse-Platten an mich!”

ICH AM ZFF

30. September 2015 Midi Gottet Ich habs genossen, am diesjährigen Zürich Film Festival. Und zwar die ganzen 3 Sekunden, die ich da war. Minding my own business und gerade unterwegs ins Theater, sass ich im 4erTram, als ich mich plötzlich, für kurze Zeit, auf dem grünen Teppich des ZFF befand. In Zürich ist der GlamourTeppich ja nicht rot, sondern grün.

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13. August 2015 Midi Gottet Wer diese Top5 nicht schätzen kann, ist entweder zu alt oder zu jung. in diesen Sudden-Fame-Moment hinein. Gott sei Dank VBZ-Monatskarte. Die Leute glotzten mich an als hätten sie noch nie einen Typen gesehen, der sie aus einem fahrenden Tram heraus anglotzt. Ich glaube das ZFF ist das einzige Filmfestival auf der Welt, bei dem die Stars über den Teppich vorbei an der Sponsorenwand geknipst werden und die Star-Sitterin plötzlich unterbrechen muss mit: “Tschuldigung Herr Schwarzenegger. Jetzt müssen sie es biz aufpassen, da kommt gleich das 4erTram. Ja genau, das Tram. Wie bitte? Aha ja, die Tram heissts natürlich. Die Tram kommt angefahren. Die Strassenbahn Herr Schwarzenegger! Ist wie ein Zug, einfach kleiner. Ist wie eine U-Bahn, einfach über der Erde. Ist wie die City-Cobra, einfach leiser. Ist wie Maria Shriver, einfach noch schmerzhafter. Aha, jetzt hat er’s begriffen. Bravo. “Luege, lose, laufe” heissts bei uns in Zürich Herr Schwarzenegger. Wer das nicht beachtet, kann beim ZFF ziemlich schnell verhaftet werden. Fragen sie mal Herrn Polanski, der kann ihnen ein Kinderlied davon singen.” (Pointentusch)

WIE DU DICH ALS DJ NICHT NENNEN SOLLTEST

16. September 2015 Dominik Hug Wie kam DJ Mayonnaise Hands zu seinem Namen? Hat sein Alter Ego etwa beim Fischstäbli essen versehentlich Mayo auf seine Hand geschmiert und sich dann gedacht: “Das war Schicksal! Auf zum Musikolymp!” Wir wünschen DJ Mayonnaise Hands jedenfalls viel Erfolg und ganz viel fette Beats und schmierige Gig


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Oktober 2015

LIEBESGRÜSSE ÜBER DEN ABGRUND SENDEN

5. Oktober 2015 Christian Platz Ein Abgrund, tausend Meter tief, 111 Meter breit, 33’678 Kilometer lang, trennt zwei Landmassen. Lange Zeit gab es keinerlei Verbindung zwischen ihnen. Bis findige Menschen jene gewaltige Brücke bauten, die alles veränderte. Ein gigantisches Unterfangen, das viele Leben gekostet hatte. Jahrzehnte der Planung waren den Bauarbeiten vorausgegangen. Denn sie fanden auf einem Planeten statt, dessen Bewohner keine Elektrizität, keine Dampf- oder Benzinmotoren kannten. Nur Muskelkraft, jene der Menschen – und jene, die gezähmten Tieren abgetrotzt werden konnte. Unter Drohungen und Schmerzen. Nach der feierlichen Einweihung der Brücke gab es plötzlich Austausch zwischen den beiden Seiten, Handel und Verkehr. Was sich einst fremd war, kam sich nun näher. Güter und Personen wechselten die Seite. Vorsichtig am Anfang, dann immer freizügiger, bis es zur Gewohnheit wurde. Es gab Leute, die nur selten hinübergingen, wie man zu sagen pflegte, es gab andere, die täglich die Seite wechselten. Je nach Neugier und Charakter. Eigentlich waren sie gar nicht so verschieden, die Bewohnerinnen und Bewohner der beiden Landmassen. Auf der einen Seite wurden spitze Hüte und gestreifte Klamotten getragen, auf der anderen waren runde Hüte und karierte Stoffe die bevorzugte Kleidung. Was sich auf dem Grund des Abgrunds befand, wusste übrigens niemand. Es war unmöglich, hinunterzusteigen, zu steil, zu glatt waren die Felswände. Und eine seltsame Nebelschlange, die etwa in 200, 300 Metern Tiefe waberte, verdeckte die Sicht nach unten. Sonst hätte man die Untiefe erforscht, denn geschliffene Gläser, mit denen man Fernrohre fertigen kann,

waren auf dieser Welt schon seit einiger Zeit bekannt. Die Maschinen, mit denen man das Glas bearbeitete, wurden mit Fusspedalen angetrieben. Wie so vieles hier. Auf der eine Seite des Abgrunds hatte man es sogar geschafft, kleine Äffchen dafür abzurichten, dass sie in die Pedale traten, mittels gezieltem Nahrungsentzug und Stockhieben, die nach einem ausgeklügelten System verabreicht wurden. Ja. Es waren barbarische Zeiten. Die Kulturen der beiden Seiten kamen sich bald näher. Hier begann man plötzlich Gefallen an karierten Stoffen zu finden, dort drüben kamen spitze Hüte in Mode. Mit der Zeit gab es sogar Leute, die auf der einen Seite wohnten, auf der anderen arbeiteten. Zu Anfang hatte dieser Austausch allerlei heftige Diskussionen ausgelöst. Auf beiden Seiten gab es Stimmen, die vor einer Mischung der Kulturen warnten. Nach einer Weile stellte die grosse Masse der Menschen allerdings fest, dass aus dieser Mixtur nichts Böses hervorging. So wurden die Diskussionen immer gelangweilter und verschwanden schliesslich – bis auf kleine Reste, von Leuten betrieben, welche von der grossen Allgemeinheit, “die Hirnlosen” genannt wurden. Und natürlich waren sie auf der einen Seite glücklich darüber, dass sie von den Anderen in die Geheimnisse der Äffchendressur eingeweiht wurden, gerade auch in jene Feinheiten, die mit der korrekten Verabreichung von Stockhieben zu tun haben, und nun nicht mehr selber in die Pedale treten mussten. Nicht nur Waren, Leistungen und Fertigkeiten wurden ausgetauscht, sondern alsbald auch Körperflüssigkeiten. Zwischen den Bewohnerinnen und Bewohner beider Seiten kam es nämlich zu

jenem Phänomen, das man Zuneigung nennt, aus dem bekanntlich urplötzlich brennende Liebe entstehen kann. In deren Rahmen kommt es manchmal bekanntlich zu körperlichen Begegnungen, die oft ganz oder teilweise nackt ausgeführt werden, dabei können allerlei Beschauungen, Berührungen, Bewegungen ausgeführt werden. Beidseitig. Eines der ersten dieser Liebespaare, wie man sagt, die Dank der Brücke zusammenkamen, bestand aus Kohannaus und Aura. Er trug einen karierten Sakko, sie ein allerliebstes gestreiftes Röckchen. Schon bei ihrer ersten Begegnung tauschten sie ihre Hüte aus. Dabei stellten sie fest, dass sie beide Kopfbedeckungen der Grösse XL benötigten, mindestens Nummer 61, optimalerweise Nummer 62. Sie wegen ihren prachtvollen Locken, er wegen dem beträchtlichen Umfang seiner Hirnschale. „Ach so reizend sieht sie aus mit meinem runden Hut“, dachte er. „Mein spitzer Hut steht im ausserordentlich gut“, dachte sie. Tief in seinem Kopf (oder war es in seinem Herzen?) formte sich ein Frage, doch verbot er seinem Mund, diese auszusprechen. „Das kann man doch niemanden Fragen, den man eben erst kennengelernt hat“, sagte der innere Zensor in seinem Schädel zu Kohannaus. Er konnte nicht wissen, dass sich dieselbe Frage auch in Auras Kopf geformt hatte, aber ebenfalls nicht bis zu ihrer Zunge vorgedrungen war. Er dachte nur: „Diese Augen, diese Augen…“ Nach diesem ersten Treffen fühlten sie sich wie Vögel, die stürmisch neuen Horizonte entgegen fliegen. „Willst Du Dich wirklich verlieben?“ Fragte der Zensor in seiner Dachstube kritisch. „Wie Du weisst bringt dies nur Umtriebe und Schmerz.“ Doch die nörgelnde Stimme konnte sich nicht durchsetzen, denn unser Kohannaus war schon hoffnungslos verloren: Aura hiess sein neues Zauberwort! Und so kam es, wie es kommen musste. Die beiden wurden ein Liebespaar, wie man sagt. Waren bald unzertrennlich. Sie klebten aneinander, SouvenirMagnete gleich, die an so mancher Eisschrank-Tür haften. Sie übernachteten mal auf der einen Seite, mal auf der anderen, schlenderten tagtäglich Arm in Arm über die Brücke, sprichwörtliche Nachtfalter in ihren Bäuchen. Sie sprachen oft darüber, dass es bald Zeit würde, in eine gemeinsame Wohnung zu ziehen. Doch sie konnten sich nicht einigen, auf welcher Landmasse dieses Heim sein solle. Irgendwie wollten beide auf ihrer jeweiligen Seite bleiben – und den Partner zu sich hinüberziehen. Von einer Einigung waren sie sichtlich noch ein gute Stück entfernt. Es war also eine wunderschöne Liebesbeziehung. Manchmal, wenn sie beide auf der Arbeit waren, schickten sie einander Liebesgrüsse über die Brücke, die sie einem abgerichteten Äffchen um den Hals banden, das sie flugs überbrachte, ohne sich zu verweilen, wie sie es ihm durch gezielten Nahrungsentzug und geschickt dosierte Stockhiebe beigebracht hatten. Das Dressieren von Äffchen war nämlich ein Freizeitvergnügen, dem sie gemeinsam und leidenschaftlich frönten. Sie planten, es eines Tages zu

ihrem Beruf zu machen, im Rahmen einer eigenen Firma. Sie waren davon überzeugt, dass man auch andere Tierarten mit ähnlichen Mitteln dressieren könnte, die sie bei den Äffchen so erfolgreich anwandten: Heuschrecken zum Beispiel oder Gottesanbeterinnen. Doch es sollte nicht so weit kommen. Das Schicksal führte Schlimmes für Aura und Kohannaus im Schilde. Ficken wollte es die beiden. Und dies nicht zu knapp. Denn eines Tages – Aura weilte gerade auf der einen, Kohannaus auf der anderen Seite des Abgrunds – brach die Brücke plötzlich in Stücke. Und die Stücke fielen in die Tiefe, verschwanden in der Nebelschlange. Hunderte von Menschen kamen an diesem Tag ums Leben. Tausende von Beziehungen und Bekanntschaften wurden auf einen Schlag getrennt. Es war wieder wie vor dem Brückenbau: Ein Abgrund, tausend Meter tief, 111 Meter breit, 33’678 Kilometer lang, trennt zwei Landmassen, zwischen denen es keinerlei Verbindung gibt. Niemand wusste, warum das Bauwerk eingestürzt war. Manche sprachen von Bodenerschütterungen, andere von Sabotage, wieder andere von architektonischen Grundfehlern, die bei der Konzeption der Brücke gemacht worden seien. Doch stichhaltig nachweisen liess sich nichts. Für unser Liebespaar war der Brückenfall erst recht eine Katastrophe. Mit einem Schlag war die Verbindung zwischen ihnen abgerissen. Ihre Herzen bluteten, ihre Körper litten Entzugserscheinungen, die sie fast zum Wahnsinn trieben. Zum Glück verfügten sie beide über Ferngläser. Sie trafen sich also nächtens, beide standen am Rand des Abgrunds, an einsamen Stellen, ausserhalb ihrer

Städte. Dort entfachten sie zwei Feuerchen und beobachteten einander mit Hilfe der geschliffenen Gläser. Etwas über 111 Meter waren sie voneinander entfernt. Und sie unterhielten sich doch. Mittels Schildern, angefertigt aus teurem, dickem Papier, auf die sie herzerweichende Botschaften kritzelten. Mit der Zeit bürgerte es sich ein, dass sich Aura an ihrem Feuer langsam auszog für ihren Kohannaus. Und sodann nackt für ihn tanzte. Was ihn ungemein erregte. Aber auch deprimierte. Denn der nackte Körper am anderen Ende des Abgrunds, der durch die geschliffenen Gläser so nahe schien, liess ihn Auras Unerreichbarkeit noch deutlicher spüren. Eines Nachts erschien er leicht angetrunken zum Treffen am Rande. In dieser Nacht zeigte sie ihm ihren Körper besonders ausführlich, im rötlichen Schein der Flammen, besonders wild. Um sie noch besser beobachten zu können, machte er einen verhängnisvollen Schritt zu viel nach vorne. Und stürzte prompt in den Abgrund. Sein Körper verschwand in der Nebelschlange. Infolgedessen entfuhr Aura ein furchtbarer Schrei. Und auch sie stürzte sich in den Abgrund, eine Kurzschlusshandlung, nackt, bis auf die hüfthohen Schnürstiefel, die sie heute trug, um ihm eine Freude zu bereiten. So endete die Geschichte von Aura und Kohannaus. Während die Weisen auf beiden Seiten des Abgrund eine neue Brücke planten, die in einigen Jahrzehnten wieder als Verbindung zwischen den beiden Landmassen dienen würde. Teilweise übrigens gebaut von abgerichteten Äffchen, die mittels gezieltem Nahrungsentzug und Stockhieben, nach einem ausgeklügelten System verabreicht, in ihre Arbeit eingewiesen wurden.


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Oktober 2015

BÜROTYPEN, DIE DU IN JEDER FIRMA FINDEST

OKAY, WER WAR DAS?

25. September 2015 Dominik Hug Das Ausrufezeichen Er benutzt nach jedem Satz ein Ausrufezeichen! Das macht er einfach so um seinen Worten mehr Gewicht zu verleihen! Oder aus Spass! In seinen Mails kommt er rüber wie der Gunnery Sergeant Hartman in Full Metal Jacket! Dies wohl ohne Absicht! Und doch wird er nie verstehen, warum seine Mails bei seinen Mitarbeitern stets missverstanden werden und er an keinen Abschiedsapero oder Geburtstagslunch eingeladen wird! Der Seifenverweigerer Du hast ihn beim Spülen und Verlassen der stinkenden Kabine erwischt. Ohne dich zu sehen lief er schnurstracks an dir vorbei und verliess mit RoadrunnerGeschwindigkeit die Toilette. Und du musst seit diesem Zeitpunkt mit dem Wissen leben, dass a) er nach dem grossen Geschäft die Hände nicht wäscht und b) die gute Schwarzwäldertorte von letzter Woche von ihm stammt. Würg. Das pikante Foto Du würdest dir am liebsten die Augen ausreissen, denn du hast versehentlich das pikante Foto erblickt. Vielleicht auf ihrem Bildschirm beim Vorbeigehen oder weil sie dir ihre Kamera geliehen hat und du so versehentlich bemerktest, dass doch noch einige Bilder auf dem Speicher waren. Und wären die Bilder mit Lumpi am See doch noch ganz herzig gewesen, die Bikinibilder mit sexy Pose waren es einfach nicht.

Das ehemalige Pausenhof-Opfer In seiner Schulzeit war er der Aussenseiter. Heute ist er in einer höheren Position anzutreffen, im Wissen so Beachtung und Respekt zu finden. Seine zwischenmenschlichen Defizite sind jedoch geblieben. Ignorieren kannst du das ehemalige Pausenhof-Opfer leider nicht mehr, gehört er wohl zur Führungsetage.

telefonierst. Die Nervige wird kommen und dich unterbrechen. Und zwar nicht weil das Gebäude brennt oder der Franz hinten rechts gerade einen Herzinfarkt erlitt. Nein, sie wird dich nerven wegen dem verstopften Drucker, der verkalkten Kaffeemaschine oder einfach weil sie nicht weiss warum ihr Bildschirm momentan schwarz ist. Viel Kraft.

Die Nervige Sie kommt stets im falschen Moment in dein Büro, zum Beispiel dann, wenn du gerade in deiner Mittagspause bist und herzlich in dein Cordon Bleu beisst. Oder du gerade mit deinem Schätzeli

Der Freiwillige Er hat sich freiwillig für Projext X gemeldet. Und er meint wirklich, dass ihm diese Arbeit im weiteren Karriereweg Vorteile verschaffen wird. Hahaha!

GEIZ IST UNGEIL kaum mehr Platz für die gehäuften Haufen, und für einen Anbau reut ihn jeder Batzen. Grosszügigkeit ist ihm ein Graus, jedenfalls jemand anderem gegenüber als sich selbst. Sich gönnt er dann und wann ein kleines Bisschen Luxus – aber auch bloss, um damit anzugeben und vor anderen zu prahlen, und um ihn darauf zu seinen Kostbarkeiten zu gesellen. Was ihn zu einem noch viel schlechteren und unbeliebteren Menschen macht. Er wird gemieden, verspottet, geächtet und von der Gesellschaft ausgeschlossen. Der Anfang vom Ende.

Bild: gratisography.com 6. Oktober 2015 Pete Stiefel Wir befinden uns in einer Epoche, in welcher man uns weiszumachen versucht, dass Geiz geil sein soll. Geiz ist aber ganz und gar ungeil, im Gegenteil: Geiz ist ein stechend beissendes, ätzend triefendes Geschwür, das einen nach und nach von innen auffrisst. Geiz hat viele Gesichter, und Sie kennen ganz bestimmt Menschen in Ihrem Umfeld, die Sie als geizig bezeichnen würden. Vorsicht: Geiz hat nichts mit Sparsamkeit zu tun. Geizig ist einer nicht, weil er am Hungertuch nagt und deshalb jeden Rappen zweimal umdreht, bevor er ihn wieder in den Sparstrumpf zurück legt, um ihn für noch schlechtere Zeiten aufzuheben. Jemand, der sorgsam mit seinem Ersparten umgeht, weil es zum Überleben zu wenig und zum Verrecken zu viel ist, hat einen diametral

entgegengesetzten Bezug zu Besitz im Vergleich zum krankhaften Geizhals. Den Geizigen plagen keine anderen Sorgen in seinem kümmerlichen Leben, als dass er etwas von seinem wohlbehüteten Besitz abgeben müsste. Dabei spielt es ihm keine Rolle, ob er einem hungernden Bittsteller ein paar Krumen von seiner Stulle abgeben, oder ob er einfach ein kleines Bisschen von seinem gehorteten Schatz unter die Leute bringen sollte – um des Genusses willen, der Gesellschaft, des Lebens. Viel lieber hockt er gierig auf seinem Eigen, als müsste er es bis nach seinem Tode verteidigen. Dabei gibt es überhaupt keine Bedrohung, keinen, der ihm ans Lebendige will. Der Besitz kann zur Sucht werden, die stets nach Sättigung verlangt, ohne dass eine solche jemals zu erreichen wäre. Mehr, immer mehr, dabei hat er

Wer das Gefühl vom Teilen kennt, hat einen grossen Brocken vom Sinn des Lebens verstanden. Teilen zu können bereitet allergrösste Lust! Geteilte Freude ist nicht nur doppelte Freude, sondern eine vielfache. Entdecken Sie das Schenken, ohne eine Gegenleistung zu erwarten, wenn Sie das nicht schon längst getan haben. Freude bereiten und dabei Freude in jedewelcher Form zu empfangen ist etwas vom Schönsten überhaupt. Ein Lächeln, ein strahlendes Gesicht, ein ehrlich gemeinter Händedruck… Wer gibt, dem wird gegeben ist nicht einfach so ein lauer Spruch. Er vereint alles in sich, was einen grosszügigen Menschen ausmacht. Einer, der gibt, ganz egal, ob er viel besitzt oder wenig, ist angesehen. Geteilt werden können bei weitem nicht nur materielle Dinge, sondern mit Vorzug auch vielerlei unfassbare, unertastbare, un(be)greifbare: Erlebnisse, Erfahrungen, Momente des Glücks, der Überraschungen – aber auch einmal der Stille. Seien Sie kreativ in der Art und Weise, wie Sie etwas davon abgeben, wovon Sie ohnehin genug besitzen, und seien Sie nicht verstaunt, wenn es mit dem Teilen noch weiter wächst. Sie werden ausgezeichnet schlafen und verblüfft sein, wie gerne Sie am Morgen wieder aufwachen.

19. August 2015 Midi Gottet Wir suchen den Mann, der diese Pizza gelegt hat. Es könnte natürlich auch eine Frau gewesen sein. Aber die letzen 20 Mal als ich beobachten durfte, wie jemand auf die Strasse gereiert hat, wars immer ein Mann. Also das klingt jetzt fast so, als wäre es mein Hobby, nachts betrunkenen Männern beim fremdkotzen zuzuschauen. Grundgütiger, negativ. Und die 20 mal kotzen waren auch nur eine grobe Schätzung, um ihnen eine Zahl zu geben. Die Leute brauchen immer eine Zahl. Und die 20 mal sind auf mein ganzes Leben verteilt. Ich bin jetzt 49 Jahre alt. Das macht dann rund alle 2 Jahre einen Reiermann beim hergeben beobachten. Geht ja noch. Okay, eigentlich wäre der Zyklus kürzer – aber wer braucht schon eine genaue Zahl? Wie auch immer, wir suchen eben diesen Mann, der hier gekotzt hat. Dem Sprühwinkel seiner Ladung zu entnehmen, ist der Herr etwa 1.78 m gross und hat braune Haare. Okay, das mit den braunen Haaren war eine grobe Schätzung, trifft aber auf 67 % der männlichen Bevölkerung in der Schweiz zu und ist somit eine verdammt grosse Hilfe um den Täter zu fassen. Pfrrrrrt….! Der Farbe der Pizza nach zu urteilen, könnte der Mageninhalt von “Lee’s Take away” stammen, der gleich um die Ecke ist. Ich gehe seit 30 Jahren zu “Lee’s Take away” und bestelle immer Menü 28. Immer. I’m lovin’ it. Das hier am Boden sieht nicht wie die 28 aus. Eher wie die 49 oder wie Cornflakes mit Tomatensauce “Napoli” von Barilla. Man ist ja nie ganz sicher, weil das Zeug schon dem Zersetzungsprozess der Gallenflüssigkeit zum Opfer fiel. Eigentlich bringt Kotze immer die dünne Version dessen zu Tage, was man als letztes gegessen hat. “Gallensäure was here..!”(Dramatischer Akkord) Deshalb riecht Kotze auch immer nach Kotze, weil die Gallensäure so riecht. Eigentlich müsste man sagen:

“Hey, hier riechts irgendwie nach Gallensäure.”, aber dann wüsste keine Sau was gemeint ist also sagen alle immer noch “Was zum Fick stinkt hier schon wieder nach Kotze?!”. Wie auch immer, der Täter hat offensichtlich den Pfosten zum abstützen benutzt, damit er sich nicht über die Schuhe lurcht. Cleveres Kerlchen das. Dazu sind die Pfosten auch da, um sich abzustützen, falls der Reiermann unverhofft an der Tür klingelt. Gute Pfosten sind das. Schade nur, dass Kult-Autor Pete Stiefel gerade damit beschäftigt ist, genau diese, von der Stadtverwaltung gestreuten Kotzpfosten, entfernen zu lassen. Sehr schade Pete, sehr schade. “Friendly Fire” nennt man das in der Fachsprache aber item. Wieviele Male war ich diesen Sommer schon froh um diese Kotzpfosten? Dank dieser Pfosten sind meine beigen Rivieras-Schlarpen immer noch beige und nicht vierfruchtfarben, wenn sie wissen was ich meine. Erst gerade am letzten Samstagabend, nach einem Besuch bei Howie Haueter in der Bar Münster, war ich wiedermal enorm froh um einen dieser Pfosten. Mein Mageninhalt, bestehend aus 86 Laugenbretzeli und 17 Moscow Mules, entleerte sich spontan in den Zürcher Nachthimmel, um genau vor einem dieser Pfosten der Erdanziehung Tribut zu zollen. Geistesgegenwärtig stützte ich mich ab. Dank des Pfostens blieben meine Schuhe einmal mehr sauber. Fast hätte es meine beigen Rivieras bös erwischt aber nur fast. Vor lauter Freude setzte ich mich in die warme Pizza und schrieb mit einem grauen Edding das Wort “fast” auf den Kotzpfosten……. Äh, Moment mal. Verdammte Scheisse. Tja, okay. Wissen sie was? Vergessen sie einfach die letzten 3 Minuten ihres Lebens.

SCARFACE RELOADED

7. Oktober 2015 Midi Gottet So hätte Tony Montana in der Schlussszene von Scarface ausgesehen, wäre er ein irischer Drogenboss mit latentem Hang zum Tagträumen gewesen. Einfach süss, nicht?


Photo: Jรถrg Wilczek


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