Gegenentwürfe. Ostdeutsche Graphik. 1945-1990 | 30.4. - 3.10.2022 Die deutsche Zeitgeschichte wurde in den Jahren 1989/90 durch einen einzigartigen Vorgang geprägt: Nach vierzig Jahren der Trennung leitete der Fall der Berliner Mauer die Wiedervereinigung beider deutscher Staaten ein. Die anschließende gesellschaftspolitische Transformation der östlichen Bundesländer schloss auch die visuelle Verdrängung der jüngeren Vergangenheit in Form musealer Bilderstürme ein. Diejenigen Kunstwerke, die eine allzu deutliche formale oder inhaltliche Nähe zur DDR-Doktrin aufwiesen, wurden aus öffentlichen Sammlungen und Ausstellungen verbannt. So erhielt sich das Vorurteil einer staatskonformen Auftragskunst, die kaum über eine eigenständige ästhetische Qualität verfügte. Erst mit zunehmender Distanz zu den historischen Ereignissen beginnt man sich für die Rezeption ostdeutscher Kunstgeschichte zu öffnen, die neben den bekannten, polarisierenden Protagonisten - Bernhard Heisig, Wolfgang Mattheuer, Willi Sitte, Werner Tübke - noch eine Fülle an künstlerischen Positionen aufzuweisen hat. Dies soll die
NEUESTE LEIPZIGER INTERVENTION 30.4. - 3.10.2022
umfangreiche Sonderschau "Gegenentwürfe. Ostdeutsche Graphik. 1945-1990" zeigen, die in Kooperation mit der Kunstsammlung Gera entstanden ist. Aus deren umfangreichen Beständen zur "Handzeichnung der DDR" sind 130 Werke ausgewählt, die verschiedenen Epochen und Traditionslinien dieser vergangenen Kunstlandschaft zu repräsentieren. Dabei liegt ihnen eine ungewöhnliche Vielfalt an Techniken, Motiven und Stilen inne, die es zu entdecken gilt - und die unerwartete wie ergänzende Blicke auf die Lebenswelt der späten DDR wirft. Am Samstag, den 30. April 2022, um 14 Uhr führen Holger Saupe, Direktor der Kunstsammlung Gera, und Antje Kraus, wissenschaftliche Mitarbeiterin des MRM, ein Ausstellungsgespräch unter dem Titel: "Ostdeutsche Kunst. Was war, was bleibt."
Faszination "Leipziger Schule/n". Was in den späten 1960er Jahren als Gegenbewegung zur restriktiven DDR-Kunstdoktrin des 'Sozialistischen Realismus' begonnen hat, ist längst zum Mythos geworden - trotz oder gerade wegen seiner ideologischen Ambivalenz. Hierin gewährt die Sonderausstellung "Gegenentwürfe. Ostdeutsche Graphik. 1945-1990", die vom 30.4. bis 3.10.2022 im Mittelrhein-Museum zu sehen ist, umfassenden Einblick. Die Traditionslinie setzen die Vertreter*innen der "Neuen Leipziger Schule" fort, deren kometenhafter Aufstieg in den 2000er Jahren auf der brillanten Neuinterpretation ihres künstlerischen Erbes beruht. Seitdem ist mit diesem Begriff eine farbintensive Malerei verbunden, die erzählreiche Bildwelten zu eröffnen mag. Dem Prinzip der Selbstverjüngung folgend, haben sich bereits nächste Generationen von Absolvent*innen der HGB aufgemacht, als "Neueste Leipziger Schüler*innen" den 'Kunststandort Leipzig' zu hinterfragen. Dabei blicken sie auf eine Vergangenheit, die ihnen nur aus der Perspektive junger Heranwachsender vertraut ist. Bewusst oder unbewusst, konkret oder indiskret knüpft ihr Diskurs an die Beobachtungen und Erfahrungen der ostdeutschen Transformation seit 1989/90 an. Hieraus resultiert dessen enorme Erweiterung auf disziplinärer, formaler und motivischer Ebene. Die "Neueste Leipziger Intervention" umfasst sieben Arbeiten, die an kunsthistorisch oder thematisch markanten Stellen der "Gegenentwürfe" eingelassen sind. Sie kommentieren, ergänzen oder führen jenen Themenkomplex fort, der ihnen historische Referenz sein kann. So wandert der Blick zwischen Vergangenheit und Gegenwart und eröffnet den Dialog zwischen den Künstler- Generationen, deren gemeinsame Klammer ihre ostdeutsche Herkunft ist.
30.4. - 3.10.2022 30.4. - 3.10.2022
GEGENENTWÜRFE Ostdeutsche Graphik. 1945 - 1990
NEUESTE
LEIPZIGER INTERVENTION HENRIETTE GRAHNERT · MARGRET HOPPE SVEN JOHNE · YVETTE KIESSLING · SEBASTIAN NEBE · JOHANNES ROCHHAUSEN SEBASTIAN SPECKMANN
Ausgabe KO 04|2022
Expo
09
