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Basecap statt Pickelhaube
from MJ23_3
Mehr als 400 Bismarcktürme wurden im 19. Jahrhundert geplant, rund 240 wurden gebaut. Ausgerechnet Berlin, wo Otto von Bismarck als preußischer Ministerpräsident und Reichskanzler wirkte, hat keinen. Macht nichts. Eine Liste für Verehrer und Verächter.
Bismarckdenkmal
Eiserne Fans können dem Reichskanzler a. D. am prosaischen Bismarckstein in Weißensee huldigen oder im Tiergarten. Am nördlichen Rand des Großen Sterns steht das neobarocke BismarckNationaldenkmal von Reinhold Begas. Es zeigt Bismarck klassisch: heroisch aufgesockelt im Offiziersmantel samt Säbel und Pickelhaube.
Bismarckstraße
1500 Meter lang erstreckt sich die Bismarckstraße schnurgerade vom SophieCharlottePlatz zum ErnstReuterPlatz. Eine Umbenennung wird in der 2021 vom Land Berlin beauftragten Studie zu »Straßen und Platznamen mit antisemitischen Bezügen« nicht empfohlen: Bismarck habe zwar »intensive Kontakte in das antisemitische Lager des Kaiserreichs« gehabt, sei aber selbst »nicht für antisemitische Äußerungen bekannt«.
Bismarckzimmer
Das Bismarckzimmer im Auswärtigen Amt gibt es nicht mehr, dabei hatte Bismarck die Institution einst gegründet. Doch die Bundesministerin des Auswärtigen Annalena Baerbock fühlte sich mit dem Namen des Besprechungsraums unwohl, benannte um und wertete es auf: Nun ist das Zimmer ein Saal und der Deutschen Einheit gewidmet.
Bismarckhering
Von Bismarck keine Ahnung (zumindest bis vor wenigen Wochen) hatte Baerbocks Parteigenossin Emilia Fester. Jedenfalls gab sich die grüne Bundestagsabgeordnete in einem Fernsehquiz mit dem zet de effigen Titel »MrWissen2go« auf die Frage nach einem Mann, »nach dem sogar ein Hering benannt wurde«, die Blöße: »Ach was, wirklich? Der war Kanzler? Witzig!« Es gibt unsympathischere Wissenslücken.
Bismarcksänger
Militarismuskult? Sozialistenverfolgung? Kolonialismus? Wer lieber alles über den Eisernen Kanzler vergessen möchte, dem sei das erste Soloalbum von Otto von Bismarck empfohlen: »Zu viele Erinnerungen«. Der SingerSongwriter trägt Basecap statt Pickelhaube und besingt Berlin nicht als Preußenmetropole, sondern als »abgefuckteste Stadt« der Welt.
Bismarckpalme
Ein Nachfahre Ottos räumt mit dessen Nachhall in der Gegenwart wie der eigenen Biografie gerade auf: der Künstler Julius von Bismarck. Seine Auseinandersetzung mit dem Kolonialismus bismarckscher Prägung wird zurzeit in der Berlinischen Galerie ausgestellt und – auch museumsintern – kontrovers diskutiert.