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Make.org Interview Sarah Delahaye

Transformation durch Dialog und Partizipation

Sarah Delahaye, Geschäftsführerin von Make.org Deutschland mit Sitz in Berlin. Seit 2021 ist sie verantwortlich für die Organisation und die Entwicklung der Geschäftsaktivitäten.

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Deutsch-französische Jugenddialoge in Lille, November 2021 IM GESPRÄCH | Energiewende, Digitalisierung und Bürgerbeteiligung –um sich den Herausforderungen und Veränderungen der Zukunft zu stellen, braucht es dezentrale und partizipative Prozesse. Make.org ist eine europaweit agierende, neutrale und unabhängige Organisation, die eine digitale Konsultationsplattform entwickelt hat, über die Millionen Menschen in partizipatorische Demokratieprozesse mit einbezogen werden können. Wir sprachen mit Sarah Delahaye, Geschäftsführerin von Make.org Deutschland.

Frau Delahaye, was ist unter digitalen Beteiligungsprozessen zu verstehen? Bei Make.org haben wir die Vision, die Zivilgesellschaft bei großen gesellschaftlichen Transformationen miteinzubeziehen. Im öffentlichen Sektor unterstützen wir Ministerien, Bundesländer und Städte bei der Erarbeitung von Transformations-Strategien mittels eines partizipativen Ansatzes. Unsere Plattform und Methodik können genutzt werden, um mit den Bürgerinnen und Bürgern in Kontakt zu treten. Beteiligungsprojekte sollten offene und breite Fragen beinhalten, die zu konkreten Antworten führen; wie zum Beispiel: Was können wir tun, um unseren Energieverbrauch zu reduzieren? Ein Team aus den Bereichen Soziologie und Data Science leitet auf Basis quantitativer und qualitativer Methoden aus den beliebtesten Vorschlägen der Teilnehmenden den Konsens ab, der wiederum als Grundlage für die Entwicklung konkreter Maßnahmen und Strategien dient. Welche Vorteile kann eine Teilhabe von Bürgerinnen und Bürgern haben, zum Beispiel bei der Energiewende? Um große gesellschaftliche Transformationen wie die Energiewende zu gestalten oder den Energieverbrauch zu mindern, müssen Verhaltensweisen, die schon lange bestehen, in der Tiefe verändert werden. Die Menschen müssen informiert, ihre Meinungen abgefragt und ein Raum für Diskussionen geöffnet werden. Wenn gemeinsam an einer zukünftigen Strategie gearbeitet wird, erzeugt das eine neue Dynamik und schafft Verständnis füreinander. Die Schwarmintelligenz der Bevölkerung kann kanalisiert und genutzt werden, zum Beispiel um die Demokratisierung und Dezentralisierung der Energieversorgung voranzubringen. Zum Thema Energiewende und -versorgung gibt es viel, was die Bürgerinnen und Bürger beitragen können.

Konsultationsplattform von Make.org mit ihrer einzigartigen Vorschlagssequenz

Wie schaffen es Kommunen und Unternehmen, potenziell Teilnehmende zu erreichen? Zunächst müssen die Kommunikations-Kanäle analysiert und deren unterschiedliche Potenziale herausgefunden werden. Sprich, wie viele Menschen über diese Kanäle tatsächlich erreicht werden können. Eine Rekrutierung von Teilnehmenden kann zum Beispiel über unsere digitalen Medienkampagnen erfolgen. Eine Vorgehensweise ist auch das Versenden von Mailings an Multiplikatoren wie Vereine, Organisationen und Bürgerenergiegenossenschaften. Darüber hinaus haben wir ein Widget, das in Artikel ausgesuchter Medien integriert werden kann. Auf diesem Weg können wir eine breite Leserschaft, bei einem Projekt im Vorfeld der Präsidentenwahlen in Frankreich waren das 800.000 Menschen, in den Beteiligungsprozess miteinbeziehen. Unternehmen können die Plattform auch intern nutzen, um Mitarbeitende zu strategischen oder organisatorischen Themen oder im Sinne einer gesellschaftlichen Unternehmensverantwortung zu befragen und mitzuwirken zu lassen.

Über welche Größenordnung einzelner Online-Beteiligungsprojekte sprechen wir im Allgemeinen? Die ganze Methodik greift durch die Sammlung von genügend Abstimmungen und Beteiligten. Wichtig ist insbesondere, dass ausreichend Beiträge zum Thema eingehen. Damit ein digitaler Ansatz funktioniert, braucht es deswegen mindestens 5.000 Teilnehmende. In einer Region wie hier am Bodensee mit zahlreichen kleineren Gemeinden wäre es denkbar, dass sich mehrere Orte zusammenschließen, um ein Beteiligungsprozess zum Beispiel zu Energieeinsparmaßnahmen durchzuführen. Für ein Projekt ist es zielführend, eine breite Beteiligung durchzuführen, um die Gesellschaft möglichst repräsentativ abbilden zu können. >

Transformationsworkshops im Nachgang der Konsultation „Bekämpfung der Ungleichheiten gegenüber Frauen “ , um konkrete Maßnahmen zu erarbeiten

Eine breite Beteiligung ist zielführend, um die Gesellschaft möglichst repräsentativ abbilden zu können. «

(oben) Abschlussbericht „Bürgerinnen und Bürger aus NRW: Wie wollen wir Europa konkret neu gestalten?“ , Quelle: MAKE.ORG

Diskussion der Ergebnisse der Konsultation „Unser Zukunft, unser Europa “ im Rahmen eines Zukunftsforums in Berlin, Juni 2022 Können Beteiligungsprozesse demnach eine unmittelbarere Form der Demokratie fördern? Die asynchronen Prozesse auf der Online-Beteiligungsplattform geben mehr Menschen die Möglichkeit zur Teilhabe. Menschen, die sonst nie teilgenommen hätten oder sich nicht legitimiert dazu gefühlt hätten, einen Vorschlag zu machen oder ihrer Meinung Ausdruck zu verleihen. Online wird ihnen ein Raum gegeben. Auf diese Weise können durch einen partizipativen Ansatz viele Menschen informiert und mitgenommen werden, um eine breite Basis und einen Konsens zu schaffen, mit dem dann kleinere Expertengruppen arbeiten können. Durch eine partizipative Demokratie können so die Bedürfnisse der Bürgerinnen und Bürger besser verstanden und frühzeitig Maßnahmen ergriffen werden. Beteiligungsformate sind dafür geeignet, Bürgerinnen und Bürger für gewisse Themen zu sensibilisieren. Außerdem kann mittels der Teilhabe an Diskussion von Vor- und Nachteilen die Akzeptanz von Projekten gesteigert werden. Beim Thema Energieeinsparung zum Beispiel ist es zentral, die Bürgerinnen und Bürger mithilfe eines Bottom-Up-Ansatzes mitzunehmen, bei dem aus der gemeinsamen Erarbeitung von Teillösungen eine Gesamtstrategie erstellt wird.

Wie ist der zeitliche und inhaltliche Ablauf eines solchen Prozesses? Eine Konsultation sollte mindestens sechs Wochen dauern. Anschließend gibt es eine Analyse mit einer darauffolgenden Präsentation der Ergebnisse, welche mit den Bürgerinnen und Bürgern in kleinen Workshops diskutiert werden. Die Gemeinde könnte zum Beispiel überlegen, ob sie Expertinnen und Experten aus der Wissenschaft, Wirtschaft und ausgewählte Bürgerinnen und Bürger zusammenbringt, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten – das wäre ein Weg. Wichtig ist vor allem, dass den an der Beteiligung Teilnehmenden eine komplette Transparenz über die Ergebnisse, und was mit diesen passiert, gewährt wird. Das Ziel ist es, einen offenen und ehrlichen Dialog mit den Teilnehmenden zu führen und für einige, nicht alle, Konsultationen transparente und konkrete Lösungsstrategien zu schaffen. Von Anfang an sollte klar sein, was mit den Ergebnissen einer Bürgerbeteiligung passiert.

Das Gespräch führten Sara Salmani und Holger Braumann

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