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Wirtschaftsförderung WIS GmbH Landkreis Sigmaringen 120 Überlingen

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„Überlingen ist Einkaufs und Erlebnisstadt“

Im Gespräch mit Oberbürgermeister Jan Zeitler und Wirtschaftsförderer Stefan Schneider in Überlingen.

Stadt Überlingen Münsterstraße 15-17 D-88662 Überlingen www.ueberlingen.de

Oberbürgermeister Jan Zeitler Tel. +49 (0) 7551 99 1001 ob@ueberlingen.de Kann man schon ein Fazit ziehen, wie Gastronomie und Handel in Überlingen durch das Jahr 2020 gekommen sind? Jan Zeitler: Wir hatten einen fulminanten Start in das für Überlingen so wichtige Jahr 2020, mit dem Auftakt zu unserem 1250-jährigen Stadtjubiläum und dem Narrentag, als 25.000 Besucher in die Stadt kamen – um dann plötzlich auf null herunterzufahren. Ein besonders fordernder Prozess war die Fragestellung, was mit der Landesgartenschau im Jahr 2020 geschieht. Letztlich bin ich dem Land Baden-Württemberg dankbar für eine großzügige finanzielle Beteiligung an den Aufwendungen, die wegen der Verschiebung auf 2021 entstehen. Der Sommer 2020 war dann einer der touristisch erfolgreichsten überhaupt. Mit Zuwachsraten, die wir uns zuvor niemals erhofft hatten, davon haben Gastronomen, Hoteliers und Handel profitiert. Im September konnten wir nochmals zulegen und haben bis zu Beginn des zweiten Lockdowns an Maßnahmen für eine weitere Saisonverlängerung gearbeitet. Bisher ist der Handel recht gut durch das Jahr gekommen, ohne Arbeitsplätze abbauen zu müssen. Die 75%-Reglung für die Gastronomie hilft enorm, und einige nutzen den zweiten Stillstand für Umbauten. Stefan Schneider: Wegen der bevorstehenden Landesgartenschau waren die Lager im Einzelhandel im März bereits voll, als die Geschäfte schließen mussten. Das war eine schwierige Situation, vor allem für den Textilhandel. Im Sommer wurde uns die Bedeutung des Tourismus für Einzelhandel und Gastronomie nochmals deutlich vor Augen geführt. Im Sektor Dienstleistung, Handel und Gewerbe sind 70 % unserer Arbeitsplätze angesiedelt. Wir leben durch den Tourismus. Sobald aber die Gastronomie wegfällt, bricht die Frequenz in der Stadt ab. Die Kombination aus Essengehen und Shopping gehört bei uns eindeutig zusammen. Mit mehr Insolvenzen ist kurzfristig nicht zu rechnen, weil das Insolvenzrecht gelockert wurde und die Hilfen der öffentlichen Hand greifen. Und Banken die Füße stillhalten. Für die Folgejahre ist das aber nicht auszuschließen, vor allem im Textilhandel. Dort gab es schon vor der Pandemie eine Krise.

Wohin geht der Überlinger Weg im Einzelhandel? Mehr Digitalisierung oder Vororteinkauf? Stefan Schneider: Wir haben während des ersten Lockdowns damit begonnen, gemeinsam mit Überlingen Marketing und Tourismus die vorherigen Gutscheinakti-

Wir legen unseren Fokus eindeutig darauf, eine Einkaufs- und Erlebnisstadt zu sein und unterscheiden uns elementar vom Onlinehandel oder einer Shoppingmall. Dabei setzen wir auf Aufenthaltsqualität.

Jan Zeitler Oberbürgermeister Stadt Überlingen Stefan Schneider Wirtschaftsförderer

onen des Handels und aus der Bürgerschaft heraus zu professionalisieren und zu digitalisieren, zusammen mit der Buchungsplattform reservix.de. Gewissermaßen war das eine Digitalisierung light. Für den Einzelhandel ist es wichtig, online sichtbar zu sein. Ein eigener Online-Shop ist aber eine andere Kategorie und mit sehr viel Arbeit, zusätzlichem Personal und größeren Lagerkapazitäten verbunden. Die Überlinger Innenstadt ist, was die Ladenstruktur angeht, aber sehr kleinteilig. Untersuchungen vom Händlerverband haben gezeigt, dass beim Multi-Channel-Vertrieb nur rund 10% des Umsatzes online und 90 % stationär gemacht werden. Was boomt sind sogenannte Gastro-Retail-Hybride, also Geschäfte, die neben einem Verkauf gastronomische Angebote bieten. Jan Zeitler: Wir legen unseren Fokus eindeutig darauf, eine Einkaufs- und Erlebnisstadt zu sein und unterscheiden uns elementar vom Onlinehandel oder einer Shoppingmall. Dabei wird einerseits auf Aufenthaltsqualität gesetzt. Diese Fülle an Erlebnismöglichkeiten auf kleinster Fläche bietet am See kaum eine andere Stadt. Anderseits ist es das sehr gute Angebot unserer Händler. Bei uns gibt es wenige Filialisten, dafür aber zahlreiche inhabergeführte Geschäfte mit individuellen und qualitativ hochwertigen Sortimenten. Exemplarisch für die von Herrn Schneider angesprochenen Gastro-Retail-Hybride steht die Greth: hochwertig Einkaufen und Essengehen mit Front-Cooking-Erlebnis. Das kommt gut an und passt zu Überlingen mit einem soliden Einkommensgefüge in weiten Teilen der Bürgerschaft.

Es ist eine sensationelle Halle. Eine 4,8-Feld-Halle auf zwei Etagen, mit feststehenden Geräten in einer Geräteturnhalle und einer reinen Ballsporthalle.

Rechnen Sie mit unverändert hohen Besucherzahlen? In Planung ist ein großes Hotel an der Zimmerwiese. Jan Zeitler: Für 2021 wird die Landesgartenschau einen nochmaligen Effekt auf die Besucherzahlen haben. Zudem wird der neue Uferpark dafür sorgen, dass manch ein Besucher öfter in die Stadt kommen wird. Zu den hohen Besucherzahlen tragen auch die zahlreichen Fahrradfahrer auf dem Bodenseeradweg bei. Um das besser zu organisieren, wird die Hafenstraße derzeit umgebaut und für Radler zukünftig in beide Richtungen befahrbar sein. Eine Radstation wurde bereits auf dem Landungsplatz eingerichtet. Der Wohnmobilstellplatz Überlingen-West war 2020 gut belegt, deswegen gibt es Überlegungen, einen zweiten Standort zu etablieren. Aktueller denn je ist der Bau eines Hotels an der Zimmerwiese. Der Standort war immer Bestandteil des integrierten Stadtentwicklungskonzeptes, jetzt setzen wir es um. Und ich kann sagen, dass ich hocherfreut bin über die Interessentenlage, mit Namen, bei denen viele Städte davon träumen, dass sich nur einer von ihnen für sie interessiert. Der Standort Zimmerwiese ist begehrt wegen seiner zentralen Lage, mit unmittelbarer Bahnanbindung und der Möglichkeit, innerstädtisch alles fußläufig zu erreichen. Letztlich muss das neue Hotel die bestehenden Häuser sinnvoll ergänzen. Wir reden hier von einer Größenordnung von 120 bis 140 Zimmern, denn es sollen in Überlingen auch größere Gruppen unterkommen können. Wir sind mit den Vereinen SMCÜ und BYCÜ nunmehr stolze zweifache 1. Segel-Bundesliga-Stadt und 2021 Austragungsort, auch für solche Großveranstaltungen gibt es Bedarf. Interessant für die großen Überlinger Unternehmen wären sicher Serviced Apartments. Ergänzt werden soll das Hotel um ein Mobilitätskonzept. Eine Kooperation gibt es diesbezüglich bereits mit „Just explore Bodensee“, wo man elektrisch betriebene Fahrzeuge anmieten kann.

Überlingen wird ab 1. April 2021 die Echt-Bodensee-Card (EBC) haben. Welche Gründe waren ausschlaggebend? Jan Zeitler: Unser Beitritt ist wichtig für die gesamte nördliche Bodenseeregion. Viele Kommunen haben abgewartet, was wir tun. Ich habe immer ein Mitspracherecht über einen Beirat gefordert, immerhin geht es um viel Geld. Das wird nun kommen. Auch Lindau ist beigetreten. Wenn es uns gemeinsam gelingt, die EBC in der Region zu etablieren, inklusive Konstanz, wird die Marke Bodensee auch international nur schwer zu übertrumpfen sein.

Wird man als Stadt in Zeiten einer Pandemie automatisch digitaler? Jan Zeitler: Damit der Gemeinderat handlungsfähig bleibt, wurden nun Hybridsitzungen ermöglicht. Wobei ich persönlich kein Befürworter von Videokonferenzen bin, vor allem, wenn eine bestimmte Anzahl an Teilnehmern überschritten wird. Als Schulträger ist die Stadt Überlingen zudem für die IT in den Schulen verantwortlich. Im August wurden für die Schulen über die Soforthilfe des Bundes für 200.000 Euro Tablets angeschafft. Der Stellenwert von IT in Schulen und in der Stadtverwaltung wird weiter wachsen, Terminvereinbarungen und viele Dienstleistungen erfolgen bereits über digitalen Weg. Wir werden – mit oder ohne Pandemie – immer digitaler.

Die neue Sporthalle wurde in Betrieb genommen. Wie waren die Reaktionen? Jan Zeitler: Es ist eine sensationelle Halle. Eine 4,8-Feld-Halle auf zwei Etagen, mit feststehenden Geräten in einer Geräteturnhalle und einer reinen Ballsporthalle. Es können zeitgleich fünf Schulkassen Sport treiben. Die Herausforderung, auf einem relativ kleinen Schulcampus eine große Halle unterzubringen, wurde perfekt bewältigt. Auch die Reaktionen der Vereine, insbesondere die der Turner, waren durchweg positiv. Daneben entsteht noch die Kletterhalle des Alpenvereins. Nach Neubau und Sanierung zweier Schulgebäude wird das ein Schulcampus, der hohen Ansprüchen genügen wird.

Gibt es neue Entwicklungen in den Gewerbegebieten? Jan Zeitler: In Oberried V werden hochinteressante Unternehmen aus dem Bereich Medizintechnik, Dienstleistungen sowie eine Bootswerft ein neues

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