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„Wir sind kreative Wege gegangen“

Interview mit Robert Scherer, Bürgermeister der Stadt Meersburg

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Stadt Meersburg Marktplatz 1 D-88709 Meersburg www.meersburg.de rathaus@meersburg.de

Robert Scherer Bürgermeister Tel. +49 (0) 7532 440101

Robert Scherer Bürgermeister der Stadt Meersburg Herr Scherer, das neue Parkhaus an der Fähre ist eröffnet, auch der Wasserspielplatz. Wie fällt ihr Urteil aus? Und wie geht es 2021 weiter im Stadtentwicklungsprogramm 2030? Das neue Parkhaus war vom ersten Öffnungstag an sehr gut ausgelastet. Die Entscheidung, es nach Jahrzehnten der Diskussion endlich doch gebaut zu haben, war also richtig. Ebenso ist der neue Wasserspielplatz am Minigolfplatz bei Kindern und Eltern sehr beliebt und hoch frequentiert. Mit diesen zwei Projekten sind aus dem Stadtentwicklungsplan „Meersburg 2030“ aus meiner Sicht sehr gute und schöne Umsetzungen erfolgt, die angenommen werden und erfolgreich sind. Geplant war, Meersburg 2030 jährlich als roten Faden für unsere Projekte grundzulegen. Ob wir 2021 eine kleine Pause einlegen müssen, werden die anstehenden Beratungen aufzeigen. Im Moment ist es für uns Kommunen finanziell nicht gerade einfach.

Die Entwicklung eines Mobilitätskonzeptes für die Altstadt kommt ebenfalls voran: Wie ist der derzeitige Stand? Bereits 2019 erhielten wir den Zuschlag des Bundes zur Förderung der E-Mobilität in Kommunen. Darüber haben wir uns sehr gefreut. Für 2020 kam eine weitere Förderung des Landes Baden-Württemberg in diesem Bereich hinzu. Wir sind dem Förderaufruf „Elektromobile Logistik in Klein- und Mittelstädten“ gefolgt und haben unsere Bewerbung abgegeben. Im Sommer kam dann die Nachrichte, dass wir mit unserem Antrag zum Thema „Schaffung einer emissionsfreien regionalen Lieferkette für die Versorgung der Gastronomie in Meersburg und Umgebung“ den Zuschlag in diesem Förderprogramm des Landes erhalten haben. Hier kommen wir also sehr gut voran. 2019 haben wir damit begonnen, unseren eigenen, städtischen Fuhrpark mit E-Fahrzeugen und E-Cargo-Bikes zu ergänzen und konnten den Anteil im laufenden Jahr weiter ausbauen. Im Rahmen des oben angesprochenen Logistikprojekts gehen wir in Kürze den ersten Schritt für die Altstadt und zwar im Bereich der Frischware, was eine größere Herausforderung ist, als der normale Zustelldienst. Die veränderte Logistik soll nicht nur eine Verkehrs-Entlastung bringen, sondern wir bringen auch gleichzeitig die emissionsfreie Lieferkette voran.

Auch die Altstadtberuhigung ist ein aktuelles Thema: Wie könnte die aussehen? Zum Beispiel hinsichtlich des Individualverkehrs? Hier wird schon seit vielen Jahren heftig diskutiert. Ich hoffe, dass wir das Thema in 2021 nicht nur diskutieren, sondern zu Lösungen kommen.

Zu einer Stadtsanierung gehören immer Menschen, die in Gebäude investieren. Wie kann die Stadt diese Prozesse beeinflussen und Interessierte fördern, Stichwort „Dauerhaftes Wohnen auch in der Altstadt“. Die Stadtsanierung ist für den Erhalt der wunderschönen Altstadt sehr wichtig. Wir sind dem Land Baden-Württemberg sehr dankbar, dass wir nach

Wir haben uns nicht weggeduckt. Im Gegenteil. In der kritischen Phase waren wir Ansprechpartner für die TV-Medien als touristischer Zielort. Wir haben versucht, konsequent alle Kanäle für Information und Kommunikation zu nutzen.

Abschluss des vorangehenden Stadtsanierungsprogrammes sofort wieder in das nächste aufgenommen wurden. Dies zeigt, wie wichtig dem Land der Erhalt von Geschichte und Kultur sind. Gerade im privaten Sektor ergeben sich spannende Möglichkeiten und auf Wunsch werden wir künftig Hauseigentümer*innen mit unserem Fachbereich Bauen noch intensiver beraten. Das reicht von einfacher Beratung bis hin zu umfangreichen Infoveranstaltungen zu den Investitionsmöglichkeiten im Denkmalschutz. Dauerhaftes Wohnen in der Altstadt soll wieder attraktiver werden, denn nur so bleiben die Innenstädte lebendig. Und die Altstadt lebendig zu halten, ist ein wichtiges Ziel für uns. Auch die zuvor genannten Projekte und Maßnahmen sind wichtige Bausteine bei der Erreichung dieses Zieles. Sie greifen alle ineinander und sind miteinander verknüpft. Den Herausforderungen, die uns auf dem Weg begegnen, stellen wir uns gerne, denn wir müssen uns zukunftsfähig aufstellen. Unseren Bürgerinnen und Bürgern, dem Handel und dem Gewerbe aber auch den Gästen werden wir so mehr Lebens- und Aufenthaltsqualität bieten.

Das Regierungspräsidium verlangt für die zukünftige Vergabe von Fördergeldern ein Tourismuskonzept von der Stadt Meersburg. Unabhängig davon, wer es erstellt: Was sollte dort drinstehen? Was wichtig sein wird, ist zum einen die Betrachtung und Auswertung des Ist-Zustandes. Dann braucht es klare Empfehlungen für die zukünftige touristische Ausrichtung von Meersburg. Der Tourismus wird sich verändern, Covid-19 beschleunigt dies nun noch. So ist nicht nur unser Empfinden, sondern darin sind sich auch Experten einig. Dass wir diesen wichtigen Wirtschaftsfaktor der Stadt auf fundierte Füße stellen, wird entscheidend für eine zukunftsfähige Ausrichtung sein. Gerade deshalb ist der Blick von außen, ist die Expertenmeinung im Verbund mit unserer eigenen Expertise extrem wichtig. Eine überarbeitete Tourismuskonzeption muss für die nächsten 10 – 15 Jahre die Bedeutung Meersburgs als eines der wichtigsten Urlaubsziele am Bodensee sichern.

Die Stadt Meersburg will eine neue Ausrichtung für die Meersburg Therme. Was soll sich ändern? Bereits 2019 haben wir mit dem Findungsprozess zu einer zielgenaueren Ausrichtung und optimalen Marktpositionierung begonnen. Coro-

Schachbrett-Liegewiese na bedingt ist die derzeitige Lage von Thermen und Bädern allerdings äußerst schwierig, so auch in Meersburg. Auf diese veränderte Situation müssen wir zusätzlich reagieren, was eine verlässliche Antwort im Moment fast unmöglich macht. Mit Bestimmtheit sagen kann ich aber, dass wir das Saunaangebot im Gesamtkonzept auf jeden Fall erhalten wollen.

Im Gemeindeverwaltungsverband Meersburg steht ein weiterer Schritt im Breitbandausbau bevor. Was ist für Meersburg zu erwarten? Der Gemeindeverwaltungsverband hat sich sehr frühzeitig für den Ausbau des Breitbandnetzes entschieden. Dies war aus meiner Sicht richtig, auch wenn dadurch die erforderlichen Bearbeitungsprozesse und in Folge dessen die konkreten Arbeiten nicht immer zeitnah umgesetzt werden konnten. Wir haben im Jahr 2020 den zweiten Bauabschnitt abgeschlossen und die Fördermittel für den dritten Bauabschnitt sind teilweise schon bewilligt. Die restlichen Mittel werden sicherlich bald folgen. Damit können wir dann im dritten Bauabschnitt die noch vorhandenen „weißen Flecken“ angehen. Dies ist für unsere Bürgerschaft und für die Gewerbetreibenden eine wichtige Grundlage.

Die Stadt investiert in den Schulstandort Meersburg. Was wurde beschlossen? Die Stadt hat sich 2012/13 für den Schulstandort einer Gemeinschaftsschule entschieden. In diesem Jahr wurde der aktuelle Bauabschnitt beendet, und wir konnten zu Schuljahresbeginn im September die neue Mensa sowie neue bzw. umgestaltete Räumlichkeiten in Betrieb nehmen. Dies hilft Schülerschaft und Lehrkräften, den täglichen Ablauf zu optimieren. Weitere Modernisierungsmaßnahmen an den bestehenden Schulgebäuden sowie der Ausbau der Digitalisierung stehen an.

Meersburg musste wegen der Bedeutung des Tourismus für die Stadt 2020 sehr flexibel und kreativ sein. Mit welchen Gefühlen blicken Sie auf das Jahr 2020 zurück? Und kann man aus den Konzepten und gewonnen Erkenntnissen möglicherweise Positives für die Zukunft mitnehmen oder erarbeiten? Wer mich kennt, weiß dass ich kreative Lösungen für wichtig halte und auch innerhalb der Belegschaft wünsche und fordere. Die Situation 2020 mit dem Lockdown war für uns alle nicht einfach, sei es in der Stadt selbst, den touristisch ausgerichteten Betrieben und dem Einzelhandel aber auch innerhalb der Stadtverwaltung. Niemand war zuvor schon einmal in einer solchen Situation. Wie auch? Im Frühjahr haben wir versucht, mit schneller Kommunikation die Bürgerschaft vor Ort mit Informationen zu versorgen aber auch gleichzeitig gemeinsam die grundsätzliche Stimmungslage eingeordnet. Wir haben uns nicht weggeduckt. Im Gegenteil. In der kritischen Phase waren wir Ansprechpartner für die TV-Medien als touristischer Zielort. Wir haben versucht, konsequent alle Kanäle für Information und Kommunikation zu nutzen. Wir haben mit kleinen Maßnahmen versucht, Verbundenheit zu zeigen und sichere Lösungen zu finden. Kreative Mitarbeiter haben unsere über die Region bekannte Liegewiese in ein schachbrettartiges Muster mit „Wegen“ aufgeteilt. Damit konnten wir eine drohende Schließung der Liegewiese wegen zu vieler Menschen im Hochsommer vermeiden. Diese Idee führte zu einem wahren Medienhype, und sogar in der weltweiten Presse war unsere Schachbrett-Liegewiese Thema. Mein Fazit: wir sind kreative Wege gegangen, die Lösungen möglich gemacht haben. Das wird auf dem Weg zu einem veränderten Tourismus in Meersburg hilfreich sei. Ebenso kreativ müssen wir aber auch neue Felder beackern und uns im Ganzen breiter aufstellen. Das nehme ich als positives Signal aus dieser Corona-Erfahrung mit. Für einen erfolgreichen Tourismus und eine starke Wirtschaft nach Corona müssen wir in der Bodenseeregion gut und zukunftsfähig aufgestellt sein.

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